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1. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 54

1897 - Stuttgart : Bonz
54 Hauswirtschaft. No. 29. 30 Zerbrich es nicht! Betrachte alle Welt Als einen Ring nur, der dies Kleinod hält, Dein dieses Kleinod selbst erst Wert verleiht; Denn wo es fehlt, da ist die Welt entweiht. Doch würdest du dem ärmsten Bettler gleich, Bleibt dir dein Freundesherz, so bist du reich; Wer auch den höchsten Königsthron gewann Und keinen Freund hat, ist ein armer Mann. Fr. v. Badenstedt. 30. Der liebe Gott ist tot. ^8ei Meister Martin war die Not zu Haus, Aus jedem Winkel guckte sie heraus; Sie machte sich in Küch' und Keller breit, Sie saß am leeren Tisch zur Mittagszeit Und legte selbst am Abend schadenfroh Sich mit den Müden ans die Schütte Stroh. Und ob's der Meister noch so emsig trieb, Arbeitend halbe Nächte munter blieb — Umsonst; es wuchs die Not mit jedem Tag, Und mutlos ward der Meister allgemach, Ließ ruhn die fleiß'ge Hand und seufzte schwer Und wankte wie ein Schatten bleich umher. Und mahnte ihn sein Weib, auf Gott zu trau'n. Zog er zusammen finstrer noch die Bran'n. Und brummte: „Weib, laß mir das Trösten sein; Uns kann vom Elend nur der Tod befrein." Da schwieg die Frau und sprach kein Wörtlein mehr Und wankte wie ein Schatten bleich umher. Saß müßig an dem Rocken stundenlang, Tief in Gedanken, still, und seufzte bang. Da sprach der Mann: „Was fehlt dir nur, Marie?" Und als sie schwieg, drang er noch mehr in sie; Sie solle ihn: ihr Leiden doch gestehn, Er könne sie nicht mehr so traurig sehn. Und sie darauf: „Ach, in verwichner Nacht Hat mir ein Traum das Herz so schwer gemacht; Ja, bester Mann, ich will dir's nun gestehn: Ich hab' im Traum den lieben Gott gesehn; Er lag im Sarg, sein Haar war silberweiß, Und weinend standen Engel rings im Kreis. Der Helfer starb; nie endet unsre Not; Der liebe Gott — der liebe Gott — ist tot." Da lächelte der Mann nach langer Zeit Zum erstenmal und sprach mit Freundlichkeit:

2. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 55

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 30. 31. 32. Hauswirtschaft. 55 „Ei, ei, Marie, wie du so thöricht bist! Weißt du deun nicht, daß Gott unsterblich ist, Daß er, erhaben über Raum und Zeit, Regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit?" „Wie", sprach die Frau, „so glaubst du, lieber Mann, Daß Gott im Himmel niemals sterben kann, Daß er derselbe bleibe fort und fort, Und wählest ihn doch nicht zu deinem Hort Und setzest deine Hoffnung nicht auf ihn, Des Hilfe stets zu rechter Zeit erschien?" Da fiel's wie Schuppen von des Mannes Geist: „Ja, Gott ist treu, er hält, was er verheißt! Dank, liebes Weib, du wecktest mein Vertraun, Auf Gottes Hilfe will ich freudig baun, Und zag' ich jemals wieder in der Not, Dann frag' ich nur: Ist denn der Herrgott tot?" Julius Sturm. 31. Wenn du noch eine Mutter hast. 1. Ä^enu du noch eine Mutter hast, so danke Gott und sei zufrieden! Nicht allen auf dem Erdenrund ist dieses hohe Glück beschieden. Wenn du noch eine Mutter hast, so sollst du sie mit Liebe pflegen, Daß sie dereinst ihr müdes Haupt im Frieden kann zur Ruhe legen. 2. Sie hat vom ersten Tage an für dich gelebt mit bangen Sorgen; Sie brachte abends dich zur Ruh' und weckte küssend dich am Morgen. Und warst du krank, sie pflegte dein, den sie mit tiefem Schmerz geboren, Und gaben alle dich schon auf, die Mutter gab dich nicht verloren. 3. Sie lehrte dich den frommen Spruch, sie lehrte dich zuerst das Reden; Sie faltete die Hände dein und lehrte dich zun: Vater beten. Sie lenkte deinen Kindessiun, sie wachte über deiner Jugend; Der Mutter baute es allein, wenn du noch gehst den Pfad der Tugend. 4. Wie oft hat nicht die zarte Hand auf deinem lock'gen Haupt gelegen! Wie oft hat nicht ihr frommes Herz für dich gefleht um Gottes Segen! Und hattest du die Lieb' verkannt, gelohnt mit Undank ihre Treue, Die Mutter hat dir stets verziehn, mit Liebe dich umfaßt aufs neue. 5. Und hast du keine Mutter mehr, und kannst du sie nicht mehr beglücken, So kannst du doch ihr frühes Grab mit frischen Blumenkränzen schmücken. Ein Muttergrab, ein heilig Grab, für dich die ew'ge, heil'ge Stelle! O wende dich an diesen Ort, wenn dich umtost des Lebens Welle! W. Kaulisch. 32. I)er Mutter letztes Vermächtnis. Drei Jahre war Martha Beschliesserin bei einer vornehmen Dame gewesen. Die treue Dienerin hatte eine gütige Herrin und wünschte

3. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 58

1897 - Stuttgart : Bonz
58 Hauswirtschaft. No. 32. 33. 34. „Liebe Martha, erzählen!“ da klopfte ihr Herz so glücklich, und ihre Augen suchten das Bild der Mutter, das epheuumrankt aus der Fenster- nische überm Nähtisch blickte, und sie sprach leise vor sich hin: Mutter, ich fühle den Segen der Arbeit, den Dein Brief mir verheissen! 63. Am Grabe riebe sei um diesen Grabstein her! Sanfter Friede Gottes! Ach, sie haben Einen guten Mann begraben, Und mir war er mehr. Träufte mir von Segen dieser Mann, Wie ein milderstern aus bessernwelten! Und ick) kann's ihm nicht vergelten, Was er mir gethan. Aus dem Münchener Lesebuch. meines Katers. Er entschlief; sie gruben ihn hier ein. Leiser, süßer Trost, von Gott gegeben. Und ein Ahnen von dem ew'gen Leben Weh' um sein Gebein! Bis ihn Jesus Christus, groß und hehr, Freundlich wird erwecken! Ach, sie haben Einen guten Mann begraben, Und mir war er mehr. Claudius. 34. O lieb, so lang du lieben kannst. 1. ^ lieb, so lang du lieben kannst! O lieb, so lang du lieben magst! Die Stunde kommt, die Stunde kommt, Wo du an Gräbern stehst und klagst. 2. Und sorge, daß dein Herze glüht Und Liebe hegt und Liebe trägt, So lang ihm noch ein ander Herz In Liebe warm entgegenschlägt. 3. Und wer dir seine Brust erschließt, O thu ihm, was du kannst, zu lieb! Und mach ihm jede Stunde froh, Und mach ihni keine Stunde trüb! 4. Und hüte deine Zunge wohl, Bald ist ein böses Wort gesagt! O Gott, es war nicht bös gemeint — Der andre aber geht und klagt. 5. O lieb, so lang du lieben kannst! O lieb, so lang du lieben magst! Die Stunde kommt, die Stunde kommt, Wo du an Gräbern stehst und klagst. 6. Dann kniest du nieder an der Gruft Und birgst die Augen trüb und naß — Sie sehn den andern nimmermehr — Ins lange, feuchte Kirchhosgras 7. Und sprichst: „O schau auf mich herab. Der hier an deinem Grabe weint! Vergieb, daß ich gekränkt dich hab'! O Gott, es war nicht bös gemeint!" 8. Er aber sieht und hört dich nicht, Komnit nicht, daß du ihn froh empfängst; Der Mund, der oft dich küßte, spricht Nie wieder: „Ich vergab dir längst!" 9. Er that's, vergab dir lange schon; Doch manche heiße Thräne siel Um dick und um dein herbes Wort — Doch still, — er ruht, er ist am Ziel! 10. O lieb, so lang du lieben kannst! O lieb, so lang du lieben magst! Die Stunde kommt, die Stunde kommt. Wo du an Gräbern stehst und klagst. Ferd. Freiligrath.

4. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 67

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 38. 39. Volkswirtschaft. 67 Wer ohne Stab auf unbekannten Wegen durch den Schnee geht, der kann leicht ausgleiten und fallen. Wer ohne Steuer in die See fährt, der wird mit feinem Schiff von Wind und Wellen umherge- trieben, verfehlt sein Ziel und geht wohl gar zu Grunde. Mancher gerät auf Abwege, an denen das Verderben lauert; er fällt von einer Sünde in die andere und wird elend an Leib und Seele wie der ver- lorene Sohn. Er vergißt sein Vaterhaus und das Ziel seiner himm- lischen Berufung. Darum mahnt das Sprüchlein an einen kräftigen Stab und an ein sicheres Steuerruder. Das Gebet ist dein Stab; denn wenn du not leidest, wenn deine Kräfte dich verlassen, dann hilft ein Gebet zu Gott, der unser Helfer und Begleiter ist. Das giebt Hoffnung, die nicht zu Schanden werden läßt. Das Wort Gottes ist dein Steuerruder, das deinem Leben Richtung giebt. Wenn die Ver- suchung dich auf Abwege führen will, dann ruft es dir zu: „Wandle vor mir und fei fromm!" Wenn dein Herz sich der Lust dieser Welt zuwendet, dann mahnt es: „Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist!" Gehst du mit Gebet und Gottes Wort ans deinem Vater- hause, so geht mit dir, wie mit dem jungen Tobias, ein leitender Engel Gottes; ja es ist dir, als würde das Vaterhaus selbst dich begleiten. Kein Verzagen kommt in deine Seele, kein Wanken und Schwanken in dem, was Gottes Wille ist. Die Verführung bekommt dich nicht in ihre Gewalt; Ehre und Gewissen bleiben unbefleckt. Nach O. v. Horn. B 39. Sehüt dich Gott! ehüt dich Gott, geliebtes Kind, In deinen Locken spielt der Wind, Das Hündlein wedelt, springt und bellt, Der Mut ist frisch und schön die Welt. Behüt dich Gott! Behüt dich Gott, mein Herz ist schwer, Ich kann dich hüten nimmermehr; Doch send ich dir als Engelwach' Geflügelte Gebete nach. Behüt dich Gott! Behüt dich Gott an Seel und Leib, Daß Not und Schmerz dir ferne bleib; Des Vaters Aug', der Mutter Hand, Sie reichen nicht ins fremde Land. Behüt dich Gott! Behüt dich Gott an Leib und Seel' Vor Sünd' nndschand', vor Fall und Fehl; Dein kindlich Herz, vom Argen rein, O hüt es wohl wie Edelstein! Behüt dich Gott! Behüt dich Gott! Und nun zum Schluß Von Mund zu Mund den letzten Kuß, Von Herz zu Herz das letzte Wort: Auf Wiedergeben hier und dort! Behüt dich Gott! K. Gerok.

5. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 68

1897 - Stuttgart : Bonz
68 Volkswirtschaft. 40. Der beste Empfehlungsbrief. No. 40. 41. 42. •i -Huf die Bekanntmachung eines Kaufmanns, welcher einen Lehrling in sein Geschäft suchte, meldeten sich 50 Knaben. Der Kaufmann wählte sehr rasch und verabschiedete die andern. „Ich möchte wohl wissen," sagte ein Freund, „warum du gerade diesen Knaben, der doch keinen einzigen Em- pfehlungsbrief hatte, bevorzugtest." — „Du irrst," lautete die Antwort;, „dieser Knabe hat viele Empfehlungen. Er Putzte seine Schuhe ab, ehe er ins Zimmer trat, und machte die Thüre zu; er ist daher sehr sorgfältig. Er gab ohne Besinnen seinen Stuhl jenem alten, lahmen Manne, was seine Aufmerksamkeit und Herzensgute zeigte. Er nahm seine Mütze ab, als er hereintrat, und antwortete aus meine Fragen rasch und sicher; er ist alsa höflich und hat Manieren. Er hob das Buch auf, welches ich absichtlich auf den Boden gelegt hatte, während alle übrigen dasselbe auf die Seite stießen oder darüber stolperten. Er wartete ruhig und drängte sich nicht heran — ein gutes Zeugnis für sein anständiges Benehmen. Ich bemerkte ferner, daß sein Rock gut ausgebürstet, feine Hände und sein Gesicht rein waren. Nennst du dies alles keinen Empfehlungsbrief? Ich gebe mehr darauf, was ich von einem Menschen weiß, nachdem ich ihn zehn Minuten laug gesehen, als auf das, was in schön klingenden Empfehlungsbriefen ge- schrieben steht." Magdsburger Ztg. 41. Übung macht den Meister. Vss ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, ist auch noch kein Meister geboren worden; die Meisterschaft kommt nur nach und nach, leise und langsam, nicht von selbst sondern durch Übung. Wer noch soviele Gaben und Anlagen besitzt und bildet sie nicht ans, sondern legt sich aus die Bärenhaut, der kann wohl ein ausgezeichneter — Nichtsnutz werden, aber ein Meister nimmermehr. Wissen, Können nnv Wollen, das ist's, was einer besitzen muß, um in einem Fache Meister zu werden; vor allem aber das Wollen. Denn wer nicht will, der lernt nichts, der weiß nichts, der kann nichts — wird kein Meister, sondern bleibt ewig ein fauler Gesell oder ein. dummer Junge. Enslm. 42. Sprichwörter und Denkfprüche. Ä^er fleißig ist in seinem Stand, den segnet Gott mit milder Hand. — Fleiß bringt Brot, Faulheit Not. — Zeit ist Geld. — Unrecht Gut gedeiht nicht und kommt selten aus den dritten Erben. — Die Augen auf oder den Beutel! — Besser ohne Abendbrot zu Bette gehen als mit Schulden aufstehen. — Trägheit geht langsam voran, Armut holt bald sie ein. — Mit vielem hält man haus, mit wenigem kommt man auch aus. — Früh auf und spät nieder bringt ver-

6. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 69

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 42. 43. Volkswirtschaft. 69 lorenes Gut wieder. — Wenn Kinder und Narren zu Markte gehen, lösen die Krämer Geld. — Barzahlen ist billiger. — Die Axt im Hause erspart den Zimmermann. — Arbeitsamkeit ist die beste Lotterie. — Bet und arbeit, so hilft Gott allezeit. — Arbeit hat bittere Wurzel, aber süße Frucht. — Lust und Lieb' zu einem Ding macht alle Müh' und Arbeit ring. — Wer viel an- fängt zu gleicher Zeit, macht alles halb und nichts gescheid. — Viele Streiche fällen die Eiche. — Frisch gewagt ist halb gewonnen. — Fang deine Arbeit munter an, so ist sie auch schon halb gethan. — Wer will haben, der muß graben. — Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht ans morgen. — Nach gethaner Arbeit ist gut ruhn. 43. Goldene Lebensregeln von Benjamin Franklin. Es giebt keinen Vorteil ohne Anstrengung. Wollt ihr, dass euer Geschäft gehe, so müsst ihr selbst darnach gehen; wollt ihr es nicht, so schickt darnach. Wer vom Pfluge reich werden will, muss ihn selbst führen. Das Auge des Meisters schalst mehr als seine beiden Hände. Habt ihr auf eure Arbeiter nicht acht, so stellt ihnen eure Börse zur Verfügung. Zu viel Vertrauen in andere ist der Ruin guter Menschen. Was ihr heute thun könnt, verschiebt nicht auf morgen. Stäter Tropfen höhlt den Stein, und mit Geduld zernagt die Maus das stärkste Tau. Verlasst nicht ohne Not euren Ort. Ein Baum, der oft versetzt wird, trägt wenig Früchte, und drei Umzüge bringen einer Familie denselben Schaden als einmaliges Abbrennen. Bedenket, dass Zeit auch Geld ist, und nützt sie gewissenhaft aus! Wer im Tag 2 Mark verdienen kann, die Hälfte dieses Tages spazieren geht und auf seinem Spaziergang nur 20 Pfennig ausgiebt, der hat nicht nur 20 Pfennig, sondern 1 Mark und 20 Pfennig verthan und weggeworfen. Wollt ihr den Wert des Geldes kennen, so versucht, welches zu leihen! Bedenket, dass sich Geld seiner Natur nach schnell und stark vermehrt. Geld zeugt wieder Geld. Die junge Brut ist gleich wieder fruchtbar, und so geht es fort. Setze in einem Jahr 5 Mark viermal um, so hast du, wenn du fünf vom Hundert nimmst, schon eine Mark Protit. Setze diese 6 Mark abermals viermal um, so hast du schon 7 Mark 20 Pfennig, und so wächst das anfäng- liche Kapital schnell und schneller weiter, bis zuletzt 100 Mark daraus werden. Bedenke, dass 100 Mark, aufs Jahr verteilt, pro Tag ungefähr 27 Pfennig geben; 100 Mark sind aber der Zins von 2000 Mark Kapital zu 5°/o. Erspart ein Mann sich also täglich nur 27 Pfennig, so kann er damit den beständigen Kredit und Gebrauch von 2000 Mark haben. Nächst der Thätigkeit und Sparsamkeit trägt nichts mehr dazu bei, einem jungen Mann emporzuhelfen, als Pünktlichkeit und Ehr- lichkeit in allen Geschäften. Ein guter Bezahler ist Herr von anderer

7. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 83

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 51. 52. Volkswirtschaft. 83 er zu dem Landmann, „ich bin in großer Not, und wenn Ihr wollet, könnt Ihr mir helfen. Ich habe eine Summe Geldes zu bezahlen, die mir augen- blicklich fehlt. Das Geld braucht Ihr mir nicht zu geben; wollet Ihr mir aber diesen Zettel unterschreiben, dann wäre mir geholfen." Der gute Land- mann, welcher in der Jugend nicht fleißig gelernt hatte, wußte nicht, was der Zettel bedeute. Unvorsichtig unterschrieb er denselben und freute sich, seinem guten Bekannten geholfen zu haben. Bald hernach wurde er aufge- fordert, eine beträchtliche Geldsumme zu bezahlen. „Ich bin ja niemand etwas schuldig," antwortete er. „Ihr habt aber einen Wechsel für einen Bekannten unterschrieben," erwiderte man ihm; „den müßt Ihr jetzt einlösen, Ihr mögt wollen oder nicht." In seiner Angst zog nun der Mann einen Rechtsgelehrten zu Rate. Dieser konnte ihm aber nicht helfen; denn die einmal gegebene Unterschrift hatte Gültigkeit. Der Landmanu mußte bezahlen und fast sein ganzes Vermögen aufopfern. Jetzt sah er freilich ein, wie unklug er gehandelt hatte; aber die Reue kam zu spät. Seine Unwissenheit und Unklugheit brachten ihm Kummer und Not ein. Oft warnte er seine jüngeren Nachbarn später, unbedacht etwas zu unterschreiben, dessen Bedeutung sie nicht kennen; auch mahnte er die Kinder, in der Schule fleißig zu lernen, damit Unwissenheit sie nicht in großen Schaden bringe. Eisässer Lesebuch. 52. Dom Preise der Maren und von der Konkurrenz. ^en Wert eines Gegenstandes, in Geld ausgedrückt, nennt man dessen Preis. Man unterscheidet den Kosten- oder Herstellungspreis, den natürlichen Preis und den Marktpreis. Der K o st e n p r e i s be- rechnet sich aus den Auslagen für Stoffe, aus den Arbeitslöhnen und Ge- schäftsunkosten, Kapital- und Mietzinsen, Transportkosten, Versicherungs- prämien u. s. w., kurz aus der Summe aller Auslagen, welche auf die Her- stellung eines Gegenstandes verwendet werden. Diesen Herstellungs- oder Fabri- kationspreis nennt mau S e l b st k o st e n p r e i s. Es muß aber auch die Mühe des Herstellers angemessen belohnt werden; daher ist der Handwerker berechtigt, sür seinen Zeit- und Kraftaufwand einen Gewinn zu beanspruchen. Rechnet man diese Vergütung zum Selbstkostenpreis, so ergiebt sich der natürliche Preis. Der Gegenstand wird aber nicht immer nach diesem natürlichen Preis abgesetzt, sondern unter Umständen über und unter demselben. Den Preis nun, den man zu irgend einer Zeit für eine Ware lösen kann, nennt .man Marktpreis. Letzterer hängt zunächst von Angebot und Nachfrage ab. Ist die Nachfrage nach einem Gegenstände stark, d. h. wird er viel begehrt, während der Vorrat weniger stark ist, so steigt der Preis; umgekehrt fällt derselbe, wenn die Nachfrage schwach, das Angebot stark ist.

8. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 281

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 144. Geschichte. 281 wesen; drei Tage und drei Nächte braucht man, um sie alle zu be- graben. Die Krankenwagen kommen nur langsam herbei, um die Ver- wundeten nach den nächsten Dörfern oder Städten abzuholen, wo sie verpflegt und geheilt, wo vielen von ihnen erst noch die zerschmetterten Arme und Beine abgenommen werden sollen. Ach! wie lange dauert es, bis sie alle an die Reihe kommen, wie lang und schmerzvoll ist die Fahrt auf dem Wagen für die Unglücklichen; denn bei der Menge der Verwundeten fehlt es an Wagen wie an Krankenwärtern. Und wenn dann auch die Unglücklichen im Lazäret anlangen, wo Lebensmittel, Wasser und Verbandzeug reichlich vorhanden sind, so müssen sie doch noch zum grossen Teil verhungern, verdursten und verkommen; denn es sind nicht Hände genug da, sie zu speisen, zu tränken und zu verbinden. Grässlich waren diese drei Tage, die auf die Schlacht folgten. Hunderte von Menschen starben dahin unter schrecklichen Schmerzen, nur weil ihre Wunden durch Mangel an Pflege verschlimmert, durch Hitze und Staub vergiftet wurden. Viele, in denen noch ein Fünklein des Lebens war, wurden in der Hast sogar mit den Toten verscharrt; sie wurden lebendig begraben. Inmitten aller dieser Schrecken sah man einen jungen Mann, der umherging und die Dienste des barmherzigen Samariters übte. Es war ein Schweizer aus der Stadt Genf, und sein Name Henri Dunant ist jetzt überall bekannt. Die Soldaten nannten ihn den weissen Herrn, weil er wegen der Sonnenhitze ganz weissekleider trug. Er war auf einer Reise durch den Krieg aufgehalten worden und hatte so der Schlacht beigewohnt. Da er dieses Elend sah, liess ihm sein Herz nicht zu, dass er weiter reiste. So ging er über das Schlachtfeld von einem Verwun- deten zum andern mit einem Eimer Wasser und etwas Charpie (aus- gezupfte Fäden von alter Leinwand). Er tränkte die Dürstenden und kühlte und wusch ihre Wunden. Bald fand er einige andere Reisende und nötigte sie fast, ihm zu helfen. Dann warb er Gehilfen und Wär- terinnen und errichtete in einer Kirche ein Hospital für 500 Mann, deren Wunden wenigstens gewaschen, die in Decken gehüllt und mit Suppe gelabt wurden. Die Frauen und Jungfrauen des Ortes fügten sich seinen Anordnungen, gingen ihm wacker zur Hand und scheuten weder Beschwerden noch Ekel noch Opfer. Mehrere Wochen blieb Dunant bei dieser segensreichen Arbeit; dann kehrte er nach Genf zurück. Bescheiden und still wartete er mehrere Jahre. Dann erst schrieb er ein Büchlein, das er „Ein An- denken an Solferino“ nannte. Darin erzählte er, was er bei Solferino erlebt und gethan; hauptsächlich aber wollte er dadurch andere anregen, dasselbe zu thun. „Wäre es nicht möglich,“ so fragte er, „schon in

9. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 285

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 144 a. Geschichte. 285 mein Vater. „Bitte Gott, daß dir erspart bleibt, was ich in meiner fugend erleben mußte." — Mit denen, die f870 und 7 s im Kampfe wider den Erbfeind standen, weiß aber auch ich von den Schrecknissen des Krieges aus eigenster Erfah- rung zu reden; bin ich doch damals als Feld- und Lazaretprediger mit nach Frankreich gezogen. Als ich bei Weißenburg den französischen Boden betrat, war einige Tage vorher dort heiß gestritten worden; die tapfern Bayern hatten die Stadt genommen, die heldenmütigen Preußen den steilen Geißberg erstürmt. Da lagen sie noch, die Toten, zum teil mit entstellten Zügen; da ragten Lselmspitzen und andere Montierungsstücke aus der Erde hervor, wo man die Leichen notdürftig bestattet hatte — mit Schaudern sah ich zum erstenmal ein Schlachtfeld. Die ganze Gegend, wo das Gefecht gewütet, glich einer Wüste. Za, wenn ich später in blutigem Ringen ganze Reihen meiner deutschen Brüder fallen sah; wenn ich das Stöhnen der Verwundeten vernahm oder in den Lazareten die Klagen der Sterbenden hörte; wenn ich zur Nachtzeit in das Flammenmeer Straßburgs schaute und später beiin Einzuge die Ver- wüstungen betrachtete: dann habe ich verstanden, warum unsre Alten fast jeden Abend den Vers beteten: verleih uns Frieden gnädiglich, M Gott, zu unsern Zeiten; (£s ist doch ja kein andrer nicht, Der für uns könnte streiten, Als du, verr Christ, alleine! Der große Schlachtendenker Moltke hat einmal den Ausspruch gethan: „Zeder Krieg, auch der glorreichste, ist ein nationales Unglück." Dieses Unglück besteht nicht nur in den ungeheuren Opfern an Menschenleben und materiellen Gütern, die der Krieg fordert, nicht m dem Verlust unsrer Väter, Brüder und Söhne allein, die mit ihrem Blut des Landes Ehre bezahlen, sondern vielmehr in der Verrohung der Volksseele, in der Abwendung von den idealen Dingen, wie sie so oft nach einem Kriege eintritt. Darum herrlich der Friede! Schiller sagt: Schön ist der Friede, ein lieblicher Knabe Ruht er gelagert am murmelnden Bach. Als der dreißigjährige Krieg beendet war und die Kanonen der Stadtbasteien von Münster den lang ersehnten Friedensgruß donnerten, stimmte j)aul Gerhardt das Lied an: Gottlob, nun ist Erschollen Das edle Fried- und Freudenwort, Daß nunmehr ruhen sollen Die Spieß' und Schwerter und ihr Mord!

10. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 288

1897 - Stuttgart : Bonz
288 Geschichte. No. 145. preußischen Monarchie. Als kaum siebzehnjähriger Jüngling durfte Prinz Wilhelm nach der Schlacht bei Leipzig an den Befreiungskriegen in ihrem weiteren Verlauf teilnehmen. In der Schlacht bei Lar sur Aube empfing er die Feuertaufe, indem er sich hier dem heftigsten Feuer aussetzte und eine fo große Kaltblütigkeit au den Tag .legte, daß ihn der Vater dem Kaiser Alexander als einen seiner wackersten Offiziere vorstellte und ihm das eiserne Kreuz verlieh. Durch den Ernst der Zeit früh gereift und in seinem Charakter ge- stählt kehrte Prinz Wilhelm aus dem Felde zurück. Davon zeugt das von ihm selbst verfaßte Glaubensbekenntnis, das er bei feiner Konfirmation am 8. Juni 1815 in der Schloßkapelle zu Charlottenburg ablegte. „Mir soll," bekennt er u. a., „alles heilig sein, was den Menschen heilig sein muß. — Auf Gott will ich unerschütterlich vertrauen und mir im Glauben au seine Vorsehung einen getrosten Mut zu erhalten suchen. Ich weiß, daß ich ohne ihn nichts bin und nichts vermag. — Mein fürstlicher Stand soll mich immer an die größeren Verpflichtungen, die er mir auferlegt, erinnern. — Meine Kräfte gehören der Welt, dem Vaterland. Ich will ein aufrichtiges, herz- liches Wohlwollen gegen alle Menschen, auch gegen die geringsten, bei nur erhalten und beleben; denn sie sind alle meine Brüder." Wahrlich, das sind goldene Worte und edle Entschlüsse eines edlen Jünglings, die wohl wert wären, auf der Haustafel jedes deutschen Mannes zu stehen. 2. In den auf die Befreiungskriege folgenden Friedensjahren war das- ganze Streben des Prinzen Wilhelm darauf gerichtet, sich selbst zu einem tüchtigen Kriegsmauue auszubilden und seinerseits wiederum die Kriegs- tüchtigkeit des vaterländischen Heeres mehren und fördern zu helfen. Das wichtigste Ereignis seines Lebens in diesen Jahren war seine am 11. Juni 1829 erfolgte Vermählung mit der Prinzessin Augnsta von Sachsen-Weimar, die, von kunstsinnigen Eltern sorgfältig erzogen und alle Vorzüge des Geistes und Herzens in sich vereinigend, fast sechzig Jahre hindurch Freud' und Leid mit ihm geteilt hat. Als im Jahre 1840 sein Bruder nach dem Tode des Vaters als König Friedrich Wilhelm Iv den Thron bestieg, wuchs der Einfluß des Prinzen Wilhelm als des dem König am nächsten Stehenden zusehends, und immer deutlicher trat inmitten der neuen Erscheinungen der Zeit und ihrer frei- heitlichen Bewegung seine Person als die feste Stütze der staatlichen Ord- nung und des Thrones in den Vordergrund. Zu einer besonders schweren Prüfungszeit sollte dem Prinzen das Jahr 1848 werden. In den März- tagen dieses Jahres häufte sich der ganze Haß des von Aufwieglern irre- geleiteten Volkes auf seine Person. Er allein sollte an allein Unheil schuld sein. Mit Mühe und Not nur konnte sein Palais durch die Inschrift „Nationaleigentum", welche auf der Thüre angebracht war, vor gewaltsamen
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