Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
das andere Dein und das dritte Deinem Bruder. Ich menge
sie unter einander und nun zeige mir Leins. K. Dies
hier. V. Woran kennst Du es aber? sic sind ja alle drei
roth. K. Meines war das längste. V. Gut, also war hier
die Länge Dein Kennzeichen. Ferner, hier sind zweierlei
Fleckchen Zeug. Sie sind beide blau, und sind auch von jeder
Art große und kleine. Die zur rechten Hand liegen, sind
von Wolle, und die zur linken Hand liegen, sind von Seide.
Siehe sie beide recht an, und greif sie an, und merke Dir
Etwas, woran Du die wollenen von den seidenen unter-
scheiden kannst. — K. Nun habe ich mir Etwas gemerkt. V.
Gut; ich will sie unter? einander mengen, und nun lies mir
ein seidenes und ein wollenes heraus. 5k. Hier ist ein seide-
nes, und da ein wollenes. V. Woran kennst Du sie denn ?
K. Die wollenen sind rauh, und die seidenen glatt. V.
Recht wohl. Das siehest Du, und wenn Du es auch
nicht sähest, so konntest Du es fühlen. Das ist ein gutes
'Kennzeichen. Noch etwas. Hier stehen drei Gläser. In
dem einen ist Wein; in dem andern Essig; in dem dritten
Wasser. Es ist ein Glas so groß und so voll, als das
andere; der Wein sieht roth aus; der Essig roth und das
Wasser auch. Woran wolltest Drt nun wol sehen, in
,welchem Glase der Wein, in welchem der Essig, und in
welchem das Wasser ist? K. Ich müßte sic kosten. V.
Weißt Dn denn, wie Wein und wie Essig schmeckt? K. Ja,
das weiß ich recht wohl. V. Nun, das wäre ein Kenn-
zeichen, nämlich der Geschmack. Aber, gesetzt nun, Du
dürftest sic nicht kosten, und wolltest doch gern wissen,
was in jedem Glase wäre; woran würdest Du es sonst
merken können? K. Wenn ich es nicht kosten dürfte, so
weiß ichs nicht. V. Ich will Dir noch ein Kennzeichen
sagen, den Geruch. Wein hat einen andern Geruch als
Essig; und Wasser hat, wenn cs rein ist, gar keinen Ge-
ruch. — Kennest Du deinen Bruder Karl? 5t. Ja, den
kenne ich recht gut. V. Woran kennst Du ihn denn? K.
An seinem Gesichte. V. Recht! also, wenn gleich fünfzig
andere Knaben da ständen, so würdest Du von allen Fnns-
zigen keinen einzigen für Deinen Bruder Karl ansehen:
denn kein einziger würde gerade ein solches Gesicht ha-
den, als er; und Du hast Dir in seinem Gesichte Kenn-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
148
Bruder erfährt seine Neue und Besserung, und seinen
Aufenthalt zu Ed in bürg, in Schottland. Voll
Freude schreibt er ihm auf das zärtlichste, er möchte in
aller Eile zu ihm nach London kommen, und Übermacht
ihm das Reisegeld. Der ältere Bruder erscheint. So-
gleich umarmt ihn der jüngere auf das zärtlichste und
erklärt unter Freudenthränen: „Mein Bruder! Durch .
das Testament, was Du hier sichest, hat mich unser Vater
zum einzigen Erben seines ganzen Vermögens eingesetzt.
Allein er hat gewiß nur den ungerathenen Sohn, der Du
damals warst, enterben wollen, und nicht den gebesserten
Menschen, der Du fetzt bist. Hier gebe ich Dir also den
Theil, der Dir gebührt."
Gute Kinder sind der Schmuck ihrer Eltern.,
Cornelia, die Tochter des großen Scipio, und Ge-
mahlin des Consuls Scmpronius, zweier berühmter
Römer vor Christi Geburt, war einmal in Gesellschaft
Römischer Damen, welche mit Edelsteinen, goldnem Schmuck
und Putz ein großes Gepränge machten. Man bat die
Cornelia, doch auch von den ihrigen etwas zu zeigen; und
die Römerin ließ so gleich ihre Kinder kommen, welche sie
in allen Tugenden zum Ruhme des Vaterlandes sorgfältigst
erzogen hatte. Sie zeigte sie ihnen mit den Worten : „Da
sehet ihr meinen Putz, meine Pracht, meine Kleinodien
und besten Kostbarkeiten!" — Gewiß, gute Kinder sind
der Stolz ihrer Eltern! Im Herbste ihres Lebens blühen
dann den glücklichen Eltern die schönsten Blumen, — wohl-
gerathene, allgemein geschätzte Kinder: aber böse Kinder
sind die Schande und das Verderben der Eltern.
r>?
Das Vogelnest.
An einem dichten Busche hatte
Em Vögelchen sein Nest gebaut,
Und froh sang ihm sein lieber Gatte ,
Manch Liedchen, eh' der Tag noch graut.
Bald
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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Extrahierte Personennamen: Cornelia Scipio Scipio Christi Cornelia
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
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- 165 -
Der größte Thor.
Ein leichtsinniger Fürst hatte unter seinen Räthen
einen, mit dem er sehr vertrant umging, und von dem
er sich Manches sagen ließ, das ein anderer nicht zu
sagen wagen durfte. Einst sprach er zu ihm, er möchte
gern wissen, wer der größte Thor wäre, und gab
ihm darauf einen Stock, mit dem Befehle, ihn demjeni-
gen zu geben, den er dafür hielte. — Der Rath nahm
den Stock und behielt ihn lange, ohne ihn abzugeben.
— Etliche Jahre nachher ward der Fürst krank. Sein
Rath besuchte ihn. Da ihm der Fürst sagte, daß er ihn
bald verlassen müßte, so fragte er: „Und wohin
willst Du denn?" — In eine andere Welt, antwor-
tete der Fürst. — „Und wann willst Du wieder-
kommen? Etwa innerhalb vier Wochen?" —
Rein!—„Innerhalb eines Jahres?" — Nein!
„Wenn dann?" — Niemals! — „Und womit hast
Du Dich auf eine so weite Reise und zu Dei-
nem Aufenthalte an dem Orte, wohin Du rei-
sest, versorget?" — Mit nichts! — „Wie, mit
gar nichts?" — versetzte der Rath: — „Da, nimm
meinen Stock!' Bist Du im Begriff, auf ewig
wegzureisen, und hast keine Anstalt gemacht,
noch dafür gesorget, wie Du in der andern
Welt, von der Du niemals zurück kommen
wirst, glücklich und vergnügt leben könnest? —
Da! nimm hin meinen Stab; denn einer sol-
'chen Thorheit macht sich kein Verständiger
schuldig. Du bist der größte Thor, den ich
kenne! Ich habe keinen größer» gefunden,
als Dich!" —
* ;
* *
Herr! lehre Du uns bedenken, daß wir ster-
den müssen, auf daß wir klug werden!
Masrü
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
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Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
166
digt, die sie aber gleich ihrer Obrigkeit überlieferte, um
auch dies Geld zur Erbauung eines Kothens für sie auf-
zubewahren ; sie sagte aber dabei: „Weil der liebe Gott
mich durch gute Menschen so reichlich segnet, so bitte ich,
mir einen halben Gulden von dem Gelde zu besserer
Pflege meiner armen kranken Eltern zu geben; ich will
cs immer Ehrlich anzeigen, wenn ich zu ihrer Pflege etwas
brauchen werbe."
Verehrungswürdige, fromme Seele! Wie oft wohnt
die größte Tugend in armseligen Hütten!
Der Ostinclische Wilde.
F.
alter katholischer Geistlicher, der sich aus eige-
nen» Berufe nach Ostindien unter die Wilden begeben
hatte, sie besser und glücklicher zu machen, erzählte
folgende Geschichte :
Einst gegen Abend kehrte ich mit, meinen Hausge-
nossen von einem Spatziergange zurück, und wir hörten
an der Oessnung des Waldes Klagetöne; gingen ihnen
nach und fanden unter einem Baume einen W ilden,
der alt und entkräftet auf sein Ende zu warten schien.
Anfangs wollte er nicht mit uns reden. Ach! sagte er
endlich, heute Morgen, als der Himmel roth
wurde, machte ich mich au f uucl h ofi te
nach meiner Heim a th zu kominen. Nun h ab'
ich mich verirrt; cs wird dunkel, ich bin
müde, nun muss ich liier liegen bleiben,
liier werden Schlangen oder wilde Thiere
oder meine Feinde mich in der Nacht um-
bringen. Ach, mein armes Weib und meine
K i i» der!
Uns jammerte seiner. Ich bat ihn, mitzugeben. Aber
Du kennest mich nicht. „Ich brauche Dich nicht
zu kennen," sagte ich, „komm!" und wir führten ihn in
meine Hütte. Nachdem er die nöthige Stärkung zu sich
genommen hatte, bereitete ich ihm ein Lager, dicht an
meinem Bette, so dass wir nur eine dünne leinene Wand
, zwischen
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
— 80 -
Yin. Urtheil.
i
<*Osltcr. Hier siehst Du zwei verschiedene Handschriften
liegen: welche von beiden ist wol die schönste? Siehe sie
recht an, und dann, sage mir Dein Urtheil darüber.
Ä. Ich soll Dir mein Urtheil sagen; aber ich weiß jci nicht,
was ein Urtheil ist. V. Wenn ich zu Dir gesagt hätte:
Sage mir Deine Meinung darüber, — so würdest Dn
mich verstanden haben : aber das Wort Urtheil ist Dir noch
fremd, ob Du gleich Urtheile sprichst, so oft Du den Mund
aufthust. K. Ich? — Urtheile? V. Allerdings. 5)ast Du in
Deinem Leben wol eine Zitrone gesehsn? K. Ja, mehr als
Eine. V. Weißt Du noch, wie sie aussahen ? K. Ich weiß
es noch recht gut. V. Du hast also eine Vorstellung von
der Zitrone. — Hast Du auch wol semals gelbe Blumen,
gelbe Bänder und Tücher gesehen? K. Oft habe ich der-
gleichen gesehen. V. Hast Du auch rothe und blaue Blu-
men gesehen? K. Auch solche sehr oft. V. Sehen die ^ro-
then, gelben und blauen Blumen ganz einerlei aus? K.
Nein, nicht einerlei. Gelb sicht anders ans, als roth;
und roth anders, als blau. V. Du hast also eine Vor-
stellung von diesen verschiedenen Farben. Nun denk» ein-
mal an die Zitrone, erinnere Dich auch der gelben, rotbcn
und blauen Blumen, und sage mir: Welcher von diesen
dreien Blumen waren die Zitronen am ähnlichsten? Sl Den
gelben. V. Worin bestand die Aehnlichkeit? K. Die Blume
sah gelb aus, und die Zitrone sah auch gelb ans. V.
Siehe, Du verbindest also die Vorstellung von der gel-
den Farbe mit der Vorstellung von der Zitrone, denkst
und sprichst: Die Zitrone ist gelb. Und diese Verbindung
nennet man ein Urtheil. Sah die Zitrone nicht auch blau
ans? K. Nein, blau sah sie nicht ans. V. Indem Dn
dieses sagst, denkst Dn an die Zitrone und auch an die
blaue Farbe: und weil Dn diese beiden Vorstellungen nicht
mit einander verbinden kannst, so sprichst Du: Die Zitrone
sah nicht blau, aus. Auch das ist ein Urtheil; aber ein
verneinendes, weil Dn ans meine Frage: „Sah die Zitrone
blau ans?" —.antwortetest: Nein, blau sah sie nicht
ans. — Ich sagte vorhin: Du sprächst Urtheile aus, so
oft
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
183
fest zu schlafen schien. Kunz hatte Mitleiden mit ihm,
und aus Besorgniß, daß er erfrieren möchte, näherte er sich
ihm, uin ihn aus dem Schlafe zu wecken. Aber so viel
er ihn auch rüttelte, so erwachte er doch nicht. Den kannst
Du lange rütteln, rief Klaus lachend, er wird nicht auf-
wachen, er ist betrunken; laß den Kerl liegen, und komm,
es ist kalt. Nein, antwortete Kunz, so unbarmherzig kaun
ich nicht sein ! Wie leicht könnte der arme Mensch erfrieren!
und mag er immerhin betrunken sein, er ist ein Mensch,
und zwar ein hilfsbedürftiger Mensch; ich will thun, was
ich kann, um ihm das Leben zu retten. Nun, so mache,
was Du willst, rief Klaus unwillig, ich mag nicht länger
hier stehen und frieren; und damit ging er weiter. Kunz
bedeckte nun eiligst den Schlafenden mit Schnee, weil er
gehört hatte, daß der Schnee wärme, und lief dann so
schnell als möglich nach dem nächsten Dorfe, nm einen
Wagen zu holen. Glücklicher Weise fand er auch gleich
einen menschenfreundlichen Bauer, der eben aus der Stadt
gefahren kam, und mit dessen Hilfe er den halbtodten
Fremden sehr bald ins Leben brachte. Fröhlich wanderte
er nun nach Hause.
Ein guter Denkspruch ist ein Freund in
der Noth.
33alentin, ein junger Bauer, der gute Sohn eines
bösen Vaters, hatte noch bei Lebzeiten desselben den äußerst
verschuldeten und vernachlässigten Ackerhof übernommen,
um seiner Mutter ein ruhiges Alter zu verschaffen. Der
arme Valentin hatte eine große Last auf sich geladen. Mit
Kummer erwachte er am Morgen, mit Sorgen leg'te er
sich Abends zur Ruhe. Er hatte nicht einmal so viel Geld,
nm Korn zur Aussaat zu kaufen, oder die Bestellung sei-
nes Ackers zu bezahlen. Zwar hatte ein Nachbar aus
Mitteiden sich erboten, ihm einen Theil seines Ackers bis
zur Besäung zu bestellen; aber woher sollte der arme Va-
lentin das Geld nehmen, um Saatkorn zu kaufen? Er
sann 4i
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Kunz Klaus Kunz Klaus Kunz Valentin
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
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186
wuschen sich die Hände und das Gesicht und spulten den
' Mund mit frischem Wasser aus. Nun kamen sie wieder
zum Vater, und Hannchcn fragte ungeduldig: Atachst Du
uns nun ein Fest? — Da ist's! rief der Vater und warf
jedem Kinde eine Kappe über den Kopf. Vor den Augen,
der Nase und dem Munde war ein Gitter von Drath,
und der ganze übrige Kopf war mit einem Tuche bedeckt.
' Merkt ihr etwas? sprach Bernhard zu den andern
Kindern, der Vater schneidet gewiß Honig.
Nichtig! sagte der Vater, gefällt Euch dieser Spaß?
O ja! o ja! riefen alle lind folgten dem Vater, der
nun auch eine Kappe über den Kopf nahm und jedem
Kinde etwas zu tragen gab. Bernhard trug eine Pfanne
voll Kohlen, die glühend waren; Karl ein Büschel Wer-
muth; von den Mädchen jedes ein langes Messer; der
Vater selbst trug eine Gölte, und die Mutter folgte mit
einem Siebe und einem, paar Schüsseln nach.
Jetzt kam der ganze Zug tut Garten an, und nun ging
das Fest recht an. Der Vater machte das Hans auf, in
dem die Bienen waren, und trug jeden Stock von seinem
Platze weg! dann nahm er ein Büschel Wermuth, das er
auf die Kohlen gelegt hatte, und ließ den Rauch davon in
den Stock ziehen. Da zogen sich die Bienen zurück, und
der Vater schnitt nun erst Wachs heraus, welches er in
das Sieb legte, dann auch große Stücke Honig. Das
war eine Freude! Nun trug man den Honig in die
Stube; die Kinder folgten, und die Mutter hotte Sem-
meln, auf welche sie Honig für die Kinder streichen wollte.
Auch der Vater ging fort und sagte: Kinder, nun mache
ich Euch noch ein Fest, ich lasse für Euch Honig auf
Semmeln streichen; aber nasche mir niemand!
Kein Kind naschte, außer — Hannchen. Diese war
lüstern, schlich sich an den Tisch, nahm ein Stück Honig
ails der Schüssel und steckte cs in den Mund. Auf ein-
mal schrie sie aber so schrecklich auf, daß cs durch das ganze
Haus schallte. Die Brüder und die Schwestern traten
ängstlich um sie und fragten: Was fehlt Dir, Hannchen?
Vater und Mutter liefen herbei und fragten: Was fehlt
Dir? Aber Hannchen hielt den Mund auf und schrie, als
w mn sic am Spieße stäke. Die Mutter sah in den Mund,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier]]
Extrahierte Personennamen: Bernhard Bernhard Karl Karl Hans
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
275
schlag, Flüsse, Kopf- und Zahnschmerzen, und besonders
schimme Augen. Am wenigsten dürfen sic dann einen Hut
oder eine Mütze aufsetzen, wenn sie einen ausgeschlagenen
Kopf haben.
Dicke Halstücher, besonders wenn sie fest zugeschnürt
werden, sind schädlich, und cs ist sehr heilsam, mit bloßem
Halse zu gehen. Der Unterleib muß vorzüglich warm
gehalten werden. Durchfälle, Koliken und Rhur können
von Erkältung des Unterleibes entstehen. Auch die Füße
vertragen mehr Wärme. Nur ein gesunder und abge-
härteter Mensch darf barfuß gehen.
Die »engen, spitzigen Schuhe gehören zu den schädlichen
Kleidungsstücken. Sie verderben die Füße, machen die
Gelenke der Zehen steif und erzeugen die schmerzhaften
Hühneraugen, woran viele im Alter für die Eitelkeit
ihrer Jugend büßen müssen.
Hütet Euch, Kleider zu tragen, welche kranke Men-
schen getragen haben; denn viele Krankheiten sind an-
steckend, und Mancher, der sonst sehr gesund war,
wurde krank, und mußte wol gar früh sterben, weil er
die Kleider eines Schwindsüchtigen getragen hatte.
12. Von der Lust.
Es kommt viel darauf an, daß die Luft, welche wir
cinathmcn, frisch, rein und trocken sei; denn sonst
kann sic uns nicht stärken, nicht frisch und fröhlich ma-
chen. Reine und trockne Luft muntert auf zur Arbeit,
vermehrt den Hunger, macht, daß uns die Speisen wohl
bekommen, und gibt einen ruhigen, sanften Schlaf. Nicht
wahr, Tlr ist ängstlich und peinlich zu Muthe, wenn Du
mit vielen Menschen in einer kleinen Stube lange bei-
sammen sein mußt, und weder Fenster noch Thüren ge-
öffnet werden? — Schlechte, vcrdorbne und unreine
Luft schwächt den Menschen, macht ihn träge und ver-
drießlich, und zieht ihm, wenn er lange' darin lebt,
allerlei Krankheiten, besonders Fieber, zu.
Frische und reine Luft ist also dem Menschen eben so
nothwendig, wie Speise und Trank, und wie dem Fische
das frische Wasser. Habt Ihr nicht gesehen, daß Psianzen
S 2 in
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
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Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
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276
in der besten Erde, und Thiere bei dem besten Futter, ohne
frische Luft, verderben ? Wie könnte der Mensch ohne
frische Luft gedeihen und leben, gesund und froh sein?
Wie sehr freuet Ihr Euch, wenn Ihr lange in der Stube
habt sitzen müssen, und nun auf einmal vor's Thor in
die frische Luft kommet! Nicht wahr, da ist Euch noch
einmal so wohl, als in der dunstigen Stube.
Wollet Ihr wissen, wodurch die Luft verdirbt? Das
sollt Ihr hören. Aber merkt es Euch auch! — Wenn in
einer kleinen Stube viel Menschen bei einander sind, und
besonders darin bei einander schlafen, so verdirbt die Luft.
Was ist nun da zu thun? Man muß Morgens, und be-
sonders des Mittags die Fenster und Thüren auf einige
Minuten öffnen, und die frische Luft von aufiem herein
lassen. Aber thun das wol alle Menschen? Ist es Winter,
oder Herbst, so sagen die Meisten, es wäre sa Schade,
wenn man die schöne Wärme wollte zum Fenster hinaus
gehen lassen! Und im Sommer haben sie wieder andere
Einwendungen. Aber ist es nicht besser, ein wenig zu
frieren, und dabei gesund sein, als warm zu sitzen und
dabei kränklich, schwach und verdrießlich zu werden?
Noch schlimmer ist es, wenn in der Stube, aüsier den
Ausdünstungen der Menschen, auch noch der Dainpf von
Oel-Lampen, Talglichtern oder Lichtschnuppcn, oder vom
Bügeln und vom Plätten der Wäsche, oder vom Woll-
kämmen und von brennenden Holzkohlen die Luft verderbet.
Dann können die Menschen nicht nur krank werden, sondern
sogar ersticken. Ein Windofen ist ein guter Luftreiniger.
Wer in einer Stube schläft, in welcher frische Wäsche
zum. Trocknen aufgehängt ist, setzt sich in die größte Ge-
fahr, plötzlich an einem Schlagsiusse zu sterben, oder
wenigstens unerträgliche Kopfschmerzen und heftigen
Schwindel zu bekommen.
Eben so schädlich sind die Ausdünstungen stark riechen-
der Blumen, und frisch mit Kalk übertünchter, oder mit
Farben angemalter Wände.
In einer ordentlichen und reinlichen Wohnstube sicht
man keine Spinngewebe, nur wenig Fliegen, keinen
Staub, kein Stroh und keinen Unrath, also z. B. keine
Aepfelschaalen, oder Knochen. Die Fenster sind hell
. und
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
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137
Lebenögeschichte des jungen Allwill.
2»^er junge Allwill hatte wohlhabende Eltern und
wurde von ihnen ihrem Stande gemäß erzogen. Sie
suchten ihm aber früh fronnne Gesinnungen einzuflößen
und sagten ihm besonders sehr oft, daß er sich allein auf
Gott, und nicht auf irdische Güter verlassen müsse.
Der junge Allwill merkte sich das, obgleich er damals
noch nicht einsehen konnte, warum ihm fcute Eltern gerade
diese Ermahnung so oft wiederholten.
Es entstand ein Krieg, wo Allwills Eltern so unglücklich
waren, daß ihnen ihr Haus abgebrannt und fast alles,
was sie hatten, weggenommen wurde. Sie gcricthen da-
durch in die traurigsten Umstände und behlelten nur so
viel übrig, um äußerst nothdürftig davon zu leben. Der
junge Allwill mußte nun einen schlechten Rock anziehen,
und mit geringer Kost vorlieb nehmen, auch außer der
Schulzeit seinen Eltern arbeiten helfen. Manche von sei-
ncn Mitschülern verachteten ihn wegen seiner Armuth und
schlechten Kleidung. Dies schmerzte ihn freilich; allein
er dachte an die Rede seiner Eltern, man müsse sich nicht
auf irdische Güter, sondern allein auf Gott verlassen,
welcher es immer gut mit uns meine und alle unsere
Schicksale zu unserm Besten lenke. Nun wurde auf ein-
mal sein Herz ganz leicht, und er fühlte in dem Gedanken
eine himmlische Beruhigung. Er zog vergnügt seinen
schlechten Rock an, ertrug die Verachtung seiner Mit-
schüler und nahm gern mit geringer Kost vorlieb.
Als er schon ein alter Mann war, sagte er oft, er danke
Gott für die Unglücksfälle, die er ihm schon in seiner Ju-
gend habe tragen lassen; denn die Arbeit und geringe Kost
hätten seinen Körper gesund und stark gemacht; durch die
Verachtung seiner Mitschüler habe er schon früh gelernt,
Beleidigungen zu ertragen, ohne auf Rache zu denken;
ja dadurch und wegen seiner schlechten Klcidmrg, sei sein
Stolz, der ihn würde unglücklich gemacht haben, ver-
scheucht worden : er müsse also die unendliche Weisheit Got-
tes anbeten und bekennen, daß sic ihn nicht ohne Ursache
in seiner Jugend habe arm und dürftig werden lassen.
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