Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
— 141 —
Sie hielten ihr Wort, und des Vaters Segen ruhte auf
ihnen.
Sophiens Besserung.
(Sí5 ophie war die einzige Tochter reicher Eltern. Sie
hatte den großen Fehler an sich, daß sie keinem gern etwas
zu Gefallen that. Und doch bildete sie sich ein, daß alte
andere Leute schuldig wären, ihr zu dienen. Ihre
Eltern waren sehr betrübt darüber, denn sie dachten:
Unsere Sophie wird nicht gut, und also auch nicht glück-
lich werden. Wenn man nicht gefällig und freundlich ist.
so kann man sich mit dem größten Reichthum nicht alle
Hilfe von Menschen verschaffen und freuet sich nie
über gefällige Menschen, denn man denkt, man habe sie
ja bezahlt.
Sie reiseten einmal allein über Land. Da sie wegfah-
ren wollten, sagte der Vater zu den Bedienten und
Mägden: So wie Sophie sich gegen Euch betragen wird,
so benehmt Euch wieder gegen sie.
Nicht lauge nachher sagte ein Bediente: Liebes Sophie-
chen, leihen Sie mir doch Ihre Schecrc! ich will nur
diesen Bogen Papier damit beschneiden. Geht! antwor-
tete Sophie, ich bin nicht schuldig, Euch meine Scheere
zu leihen. Der Bediente ging und merkte sich das.
Bald darauf wollte ein anderer den Tisch aus der Stube
tragen und sagte: Liebes Sophiechcn, wollen Sie wol so
gütig sein, mir die Thüre aufzumachen? Thut es selbst 1
antwortete Sophie, ich kann darum nicht aufstehen. Der
Bediente that es, behielt aber auch ihre Rede.
Eine Weile darauf sagte die Köchin: Liebes Sophie-
chcn, schenken Sie mir doch einen Bogen Papier, ich
brauche ihn, um Kuchen darauf zu backen. Mein Papier,
antwortete Sophie, brauche ich selbst} geht zum Krämer
und sauft Euch etwas! die Köchin ging, aber sie vergaß
ihre Worte nicht.
Nun war es Mittag. Sophie wollte essen und klingelte,
daß man den Tisch decken sollte. Es kam keiner. Sic
klingelte von neuem; wieder umsonst. Endlich ging sie un-
«Mg
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
90
schreiben; was Du thun oder nicht thun sollst: und Du
— bist schuldig, oder: cs ist Deine Psiicht, zu thun, was
ich Dir gebiete, und zu unterlassen, was ich Dir verbiete.
Weil ich aber mit Nachbars Kindern nicht in eben der
Verbindung stehe, als mit Dir, so habe ich auch kein
Recht, ihnen zu befehlen, und cs ist nicht ihre Pflicht, mir
zu gehorchen. Wenn also Herr Ernst gesagt hat: Du sollst
Deine Pflicht thun, so heißt das nichts anders, als Du
sollst thun, was Deine Eltern Dir befohlen haben, und
was Du selbst für Recht erkennest. Weil nun jeder Mensch
mit andern Menschen Ln einer gewissen Verbindung steht,
so hat auch jeder Mensch gewisse Rechte und gewisse Pflich-
ten. Nämlich: Was einer fordern darf, das ist sein
Recht; und was einer thun muß, das ist seine Pflicht.
Z. V. Wenn ich Dir sechs Aepfel gebe und befehle, sie
mit Deiner Schwester zu theilen, so hat von dem Augen-
blicke an Deine Schwester ein Recht, von Dir drei Aepfel
zu fordern: Du aber hast die Pflicht, oder bist schuldig,
rhr drei Aepfel zu geben. — Wenn Du einen goldenen
Ring findest, darfst Du ihn behalten und für Dein Ei-
genthum ansehen? K. Nein, das darf ich nicht. V. Was
mußt' Du vielmehr thun? K. Ich muß jhn dem wieder ge-
den, der ihn verloren hat. V. Warum mußt Du? K.
Weil cs Recht ist. V. Also hat der Mensch, welcher den
Ring verlor, ein Recht, ihn von Dir wieder zu fordern,
und cs ist Deine Pflicht, ihn zurück zu geben. Noch mehr.
Wenn Du von Jemanden eine Metze reife Pflaumen für
zwei gute Groschen kaufest, so entstehen daraus Rechte
und Pflichten. Nämlich, so bald der Kauf geschlossen ist,
-hast Du das Recht? K. Eine Metze Pflaumen zu fordern.
V. Der Verkäufer aber? K. Hat das Recht, von mir zwei
Groschen zu fordern. B. Dagegen ist's des Verkäufers
Pflicht? K. Mir reife Pflaumen zu geben. V. Und Deine
Pflicht? K. Und meine Pflicht ist es, ihm gutes Geld
zu geben.
Xv. Schuld. Entschuldigung.
Ich kam heute zu spät in die Lehrstunde, und
Herr
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
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Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
-- 94 - '
schmeckt; ißt also ga,nz unmäßig. Den folgenden Tag ist
er krank. Diese Krankheit war eine schlimme Folge oder
eine Strafe der Unmäßigkeit. Eben so der Mensch, den
Du hast sehen gefangen führen. Er ist in des Nachbars
Garten gestiegen und hat ihm die Aepfel gestohlen, weil
er geglaubt hat. daß es ihm Nutzen oder Vergnügen
bringen würde, wenn er die Aepfel hätte. Aber nun laßt
ibn die Obrigkeit ins Gefängniß sperren, und alle Men-
schen halten ihn für einen Dieb. Ist nun das Nutzen
oder Schaden? K. Das ist ein Schade für ihn. V.
Folglich eine Strafe seiner Thorheit.
Einige Regeln der Höflichkeit.
§!?ir nennen Jemanden höflich, wenn ans seinem äußern
Benehmen, selbst bei Kleinigkeiten, hervorgeht, daß er an-
dern Menschen Freude zu machen suche, daß er Achtung
und Liebe gegen sie habe, und Gefühl für das Schöne besitze.
Wenn der Höfliche sein verborgtes Geld von Jemanden
wieder haben will, so sagt er: Sei so gütig, oder nimm
es nicht übel, daß ist) Dich darum bitten muß, mir die
vorgestreckte Summe wieder zu geben. Es würde dem An-
dern unangenehm sein, wenn gefordert würde; jetzt er-
scheint die Zurückgabe als eine Gefälligkeit von ihm.
Wenn er Jemanden begegnet, so sagt er: Guten Morgen !
oder: Es freut mich. Dich zu sehen. Er zeigt dadurch/daß
es ihm lieb sei, wenn cs dem Andern wohl gehe; daß ihm
an der Wohlfahrt des Andern gelegen sei. 'Wenn ihn Je-
mand besucht hat, so leuchtet er ihm beim Weggange des
Abends oder begleitet ihn doch zu einer andern Zeit bis an
die Thür; er will nicht, daß sich der Andere stoße; er will
des Andern Gesellschaft noch so lange genießen, als möglich.
Wenn er mit Jemanden geht, so geht er nicht gern voran,
um den Andern nicht an der freien Aussicht zu hindern.
Das sind alles freilich Kleinigkeiten, nur äußere Dinge; al-
lein das natürliche feine Gefühl des Wohlwollens und der
Ach-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
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Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
122
immer in gutem Vernehmen. Man hörte nicht, daß er
etwa mit dem oder jenem in Zank und Streit gerathen
war. In Spielen, und wo er sonst nur war, gab er fast
überall nach, wenn es nur irgend anging, und bestand
niemals hartnäckig darauf, seinen Willen zu haben. —
Wenn ihm auch manche Kleinigkeiten in dem Benehmen
Anderer nicht recht gelegen waren, so nahm er sic doch so
hoch nicht auf; er wurde nicht dadurch beleidiget; er that,
als wären sie nicht geschehen. Fritz, sagte jedermann, ist
ein sehr verträgliches Kind, er versteht die Kunst mit je-
dermann auszukommen und hat nicht gleich Feindschaft
gegen andere, wenn ihm einmal etwas nicht gelegen ist.
Au merk. Wer über Kleinigkeiten Streit und Händel
anfängt, ist zanksüchtig — streitlustig und also
gar nicht friedliebend. Und wenn er nicht Lust hat,
den Frieden mit Andern wieder einzugehen, so ist er auch
nicht friedfertig.
Beleidigung.
Was heißt beleidigen? fragte Herr Ernst. O, das ist
leicht! fiel Karl ein, wenn mir jemand etwas Unangeneh-
mes zufügt, so beleidigt er mich. — So? sagte Herr Ernst.
— Also, wenn Dir die Mutter einen Verweis gibt, weil Du
Deine Kleidung unachtsam beschmutzest, so beleidigt sie Dich ?
— Nicht? — Nun es ist Dir doch der Verweis gewiß nicht
angenehm? — Vater, ich hab' es nicht gewußt, sagte Karl
jetzt; ich glaubte es aber zu wissen. Sage Du mir's lieber.
— Was bist Du wol der alten Muhme schuldig, Karl, die
Dich gewartet und getragen hat und manche Stacht, wenn
'Du unruhig oder krank warst, Dir hat vorsingen und um
Deinetwillen wachen müssen? — Nicht wahr, Liebe und
Dank?—-Wenn Du sie nun aber necktest, wäre das Liebe
und Dank, wder wäre es das Gegentheil? — Beleidigest Du
sie aber dadurch, wenn Du sie necken wolltest? — Würde
es ihr kränkend sein; — Du thätest also wol gerade das
Gegentheil von dem, was Du ihr schuldig wärst ? — „Nun
weiß ich's, Vater — wenn ich das Gegentheil von dem thue,
was ich jemandem thun sollte, so beleidige ich ihn! —"
Recht,
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Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
— 136
so lief sie weinend zur Mutter: aber diese wies sie mit
der Ruthe zurück. Da sie sich nun nicht weiter helfen
konnte, und ihr kein Mensch mehr ungebeten etwas that,
sah sie die Nothwendigkeit ein, dem Gesinde artig zu be-
gegnen. Dieses machte sich nun eine Freude daraus, zu
thun, was sie wünschte; und bald ward sie es so gewohnt,
daß sic sich jetzt schämen würde, etwas gebietend zu for-
dern, was sie bittend leichter erhalten kann.
Die schlinrmfte und beste Art, klug zu
werden.
^)wei Knaben gingen einmal in einem Garten spatzicrcn,
in welchem ein Bienenstand war. Der Gärtner gab ihnen
die Warnung, sie sollten den Bienenstöcken nicht zu nahe
kommen, damit sie nicht gestochen würden.
„Mich hat noch niemals eine Biene gestochen!" sagte
der eine Knabe und ging dreist hinzu; aber che er sich's
versah, hatte er einen Stich bekommen, der ihn nicht
wenig schmerzte.
So ward dieser durch Schaden klug; der andere
hingegen war es durch Vebrc geworden.' Welcher von
beiden war wol der Verständigster
S-
Der Pfau.
u'eh jenen Pfau, wie stolz ist er
In seinem Schweif von bunten Rädern!
Gebrüstet tritt er da einher;
Doch worauf ist er stolz? — Auf Federn?
Und sollt' ich stolz auf Kleider sein.
Auf solcher eitlen Ehre Zeichen,
Auf Farben, Band und Edelstein:
So würd' ich stolzen Pfauen gleichen!
Le-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
220
ward, und die rühmlich angefangene Untersuchung der
Natur dieser entsetzlichen Erscheinung, g l e i ch sa m g c-
zwungen, aufgab, zählte ich mir selbst in Gedanken
alles dacheilige auf, womit ich mich überreden wollte,
noch jetzt zur Untersuchung zurückzukehren. „Du bist ja
in Deinem Berufe, dacht' ich; Du hast ja Waffen bei
Dir, um Dich vor jeder Gewaltthätigkeit sicher zu stellen;
Du bist Dir es selbst schuldig. Dich von der Nichtigkeit
dieses Gespenstes zu überzeugen; Du solltest den etwaigen
Gaukler züchtigen, der Deinen Muth hier so wenig eh-
renvoll für Dich berechnet hat; Du würdest gewiß um
eine wohlthätige Erfahrung reicher, mithin fester in Deiner
Ueberzeugung von der Grundlosigkeit aller übernatürlichen
Erscheinungen."
Dies und noch mancherlei dacht' ich, und sagt' ich mir
selbst; und dennoch blieb ich, was ich war, — unent-
schlossen und feigherzig. Ich ließ Kirchthür und Gespenst
unberührt und ging meine Straße, unwillig über mich
selbst, daß ich einer Pflicht zu genügen mich zu schwach
fühlte, und mich bisher für u.uthvoller und entschlossener
gehalten hatte, als ich war.
So tyranttisirt uns selbst noch der Nest jenes enteh-
renden, schädlichen Vorurtheilö, das mit der Ammenmilch
und mit dem albernen Geschwätze furchtsamer oder ein-
fältiger Kinderwärtcriunen in uns überging! —
Sobald der Tag grauete, und das herzciuflößende Licht
des Morgenroths die Gegenstände erhellte und alle
nächtlichen Truggestalten verscheuchte, vermocht' ich es
endlich über mich, den Weg zur rätselhaften Kirchthür
hin noch einmal zu machen. Ich hoffte nämlich, entweder
den vermeinten Geist selbst, .oder doch dessen hinterlas-
sene Spuren noch vorzufinden. Wirklich betrog ich mich
auch nicht in dieser Voraussetzung; denn ich fand noch
die ganze Erscheinung. Sie war eine mit Kreide an
die Kirchthür gemalte ganz weiße, menschenähnliche Ge-
stalt, vermuthlich das Geschöpf eines Schnlknabe». Was
ich für die Todtenkopfsnase und die schwarzen hohlen
Augen gehalten hatte, war das Schwarz des Thürgrun-
des, um welches her die Kreide das übrige an der Gestalt
weiß gefärbt hatte.
Wie
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
an
384
darauf, 1804, ließ er sich zum französischen Kaiser aus-
rufen, und obgleich er an keinen Gott glaubte und keine
Religion ehrte, ließ er den P a b ft aus Rom nach Paris
kommen, und sich von ihm zum Kaiser salben. Es sollte
sein Kaiserthum, hoffte er, vor dem Volke heiliger sein,
und fester stehen. Heiliger! — und seine Hände trieften
noch vvri unschuldigem Blut. Er hatte kurz vorher einen
Prinzen des königlich französischen Hauses auf deutschem
Gebiete von seinen Soldaten wider das Völkerrecht auf-
greifen, nach Paris schleppen und hinrichten lassen. Er
fürchtete von jedem für seine Macht und räumte als
Mörder den Unschuldigen aus dem Wege.
Obgleich er auf immer größere Macht sann, wollte er
alle Regenten Europas sicher machen, als denke er auf
nichts Arges, und-erklärte daher von seinem Kaiserthro-
ue, es solle keine neue Provinz mit Frankreich vereinigt
werden , das groß genüg wäre, um glücklich zu sein.
Aber gleich darauf — denn der Glaube der Welt an sein
Wort galt ihm wenig — vereinigte er eine Provinz Ita-
liens mit seinem Lande, und cs erhoben Rußland und
Oestreich die Waffen, damit er nicht noch mehr um sich
greife, sondern anfange, die Rechte anderer Staaten et-
was zu achten. Allein er sollte noch länger ein Werkzeug
in Gottes Hand sein, damit durch mancherlei Kriegübel
viel Gutes gewirkt werde. Denn Leiden und schwere
Drangsale erziehen den Menschen am mchrsten, und es
sammelt dann der Mensch seine Kraft und verstärkt sie;
auch entwöhnt er sich mancher bösen Gewohnheit und
wendet sein Herz mehr zu Gott, dessen er vielleicht in der
Ruhe nicht sonderlich gedachte. Darum siegte Frankreichs
Kaiser über alle seine Gegner, und das südliche Deutsch-
land fühlte hart seine Ruthe.
5. Preußens Macht sinkt.
Um das nördliche Deutschland zu retten vor dem Mäch-
tigen, überließ ihm Preußens König zwei etwas entlegnere
Provinzen und bekam dafür Hannover, welches von Frank-
reich schon längst erobert, jedoch noch nicht von England
abgetreten war. Mit diesem neuen Bes chte unser
gute
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Rom Paris Paris Europas Frankreich Gottes Frankreichs Deutschland Hannover Frank- England
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
— 238 —
Von den Himmelskörpern
oder
dem Weltgeblude.
linter dem Himmel verstehen wir hier den unermeßlich
weiten Raum, der die Erde von allen Seiten umgibt, und
der uns bei heiterem Wetter in einer angenehmen, blauen
Farbe erscheint. In diesem undenkbar großen Raume be-
finden sich die Himmelskörper, das ist: die Sonne, der
Mond und die Sterne. Auch unsere Erde, die als
eine große Kugel, so wie alle Sterne, im freien Himmel
schwebt, gehört mit unter die Himmelskörper. Einige
von diesen Himmelskörpern leuchten dlirch ihr eigenes Licht,
ohne von andern Körpern erleuchtet zu werden, und sie
bleiben am Himmel immer an derselben Stelle, ohne sich ein-
ander zu nähern oder von einander zu entfernen. Wir neu-
nen sie deswegen F i v ft er ne (gleichsam angeheftete Sterne).
Zu diesen Sternen gehört auch unsere Sonne, welche uns
bloß deswegen größer erscheint, weil sie nns weit näher
als die übrigen Firsterne ist. Um unsere Sonne, (wahr-
scheinlich auch um die übrigen Firsterne) bewegen sich dunkle
Himmelskörper, welche erst ihr Licht von der Sonne er-
halten. Einige von ihnen bewegen sich um die Sonne
unmittelbar; andere aber bewegen sich während ihres Laufs
um die Sonne zugleich um einen andern Himmelskörper
(r. E. der Mond um unsere Erde), und diese nennen wir
Monde oder Trabanten. Einige von denjenigen Ster-
nen, welche sich unmittelbar um die Sonne bewegen, blei-
den auf ihrer Bahn in einer ziemlich gleichen Entfernung
von der Sonne, ohne sich ihr beträchtlich zu nähern oder
sich von ihr zu entfernen; andere aber, und deren Zahl ist
bei weitem die größere, kommen auf ihrer Bahn bisweilen
der Sonne sehr nahe und gehen dann wieder in eine uner-
meßliche Entfernung zurück'. Jene nennen wir Plane-
ten, diese Kometen. Die Kometen (Haarsterne) sind
mchrcnthcils mit einem Schweife versehen, den man mit
den Haaren des Kopfs verglichen hat. Indessen haben
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
nicht alíe Kometen solche Schweife, sondern einige erscheinen
blos als Scheiben, welche aber doch in eine Art von Nebel
gehüllt sind. Dieser Schweif ist so dünn, daß man die
Sterne dnrch ihn hindurch sehen kann. Bisweilen ist er
sehr klein; bisweilen gber so groß, daß seine Länge fast
den halben Himmel einnimmt. Er befindet sich allezeit an
der Seite des Kometen, welche von der Sonne abgewendet
ist. Mehrcntheils ist er gerade; bisweilen auch gegen sein
Ende gekrümmt oder wohl gar getheilt. — Die Kometen
sind eben so gut Himmelskörper, als die Sonne, die Pla-
neten und die übrigen Sterne; und ihre Bewegung ist so
regelmäßig, daß die Gelehrten die Wiederkunft von meh-
reren berechnen können. Sv wissen wir z. B. daß der
merkwürdige Körnet, welcher sich 1759 am Himmel zeigte,
im Jahre 1835 wieder erscheinen wird, weil dessen Um-
laufszeit 27937 und einen halben Tag beträgt. Die Er-
scheinung der Kometen kann also eben so wenig Krieg,
Pest oder ein anderes Unglück bedeuten, als die Erschei-
nung des Mondes oder der Planeten. Viele Kometen
haben sich auch am Himmel gezeigt, ohne daß ein Unglück
erfolgt wäre; denn cs erscheinen fast jährlich Kometen,
welche aber für bloße Augen nicht sichtbar sind, sondern
bloß mit Fernrohren beobachtet werden können.
V o u d e r Sonn e.
Die Sonne ist ein leuchtender Weltkörpcr oder eine er-
staunlich große, glanzvolle Kugel und, nach der allgemeinen
Behauptung der Sternkundigen, 1¿ Millionen mal größer,
als unsere Erde, von welcher sie, in ihrer größten Weite,
21 Millionen Meilen entfernt ist. Mehr als 112 Erdku-
geln, wie Perlen an eine Schnur gereiht, gehörten dazu,
um den Durchmesser der Sonnenkugcl darzustellen. Um
sie bewegen sich die Planeten, also auch unsere Erde,
welche ebenfalls ein Planet ist. Die Täuschung, daß sich
die Sonne zu bewegen scheint, kommt daher, weil wir
gegen die Sonne mit jedem Augenblicke eine andere Stel-
lung erhalten, und weil die Bewegung der Erde so sanft
ist, daß wir sie gar nicht fühlen. Es geht uns wie
Leuten, welche auf dem Schiffe sind, denen es auch vor-
kommt.
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
386
mußten dem Kriegslustigen die Söhne ihres Landes in
großen Haufen zusenden; denn er führte Krieg mit Spa-
nien, dessen König er überlistet und gefangen genommen
hatte, dessen Bewohner aber sich nicht unter sein Joch
beugen wollten; in Italien, wo er dem Pabste das Land
entriß, gegen Oestreich, das er nochmals besiegte und gegen
Rußland, zu dessen Hauptstadt er viele Tausende von
Deutschen führte, sie aber auf seinem Rückzüge den er-
grimmten Russen, dem Hungertode und dem Froste preisgab.
Große Abgaven wurden wegen der beständigen Kriege
von den neuen Fürsten gefordert und noch vermehrt, da
sich diese mit großer Pracht und vielem Glanze umgaben,
woran sie wären sie Väter des Landes gewesen — bei
der Kriegsnoth und bei ihrem kleinen Laude nicht gedacht
haben würden. — Die deutsche Gerichtsverfassung mußte
in vielen deutschen Ländern Frankreichs Gesehen weichen.
Die Schulen wollte man nach französischer Weise ein-
richten, und der Kirche drohte bei einem Herrscher große
Gefahr, welcher wol an seinen Glücksstern/ aber an keine
Vorsehung glaubte. Schon dachte man ernstlich darauf,
die deutsche'sprache zu verdrängen, und in den Schulen
vieler Gegenden wäre gewiß schon fetzt die fremde Zunge
mit Gewalt eingeführt, wenn nicht Gott die bösen Plaue
vereitelt hätte durch den Sturz des Mannes, der das
Heiligste eines Volkes — seine Sitten, seine Gesetze und
seine Sprache antastete.
Auf der Post waren Briefe nickt mehr sicher, sie wur-
den oft auf Befehl des Argwöhnischen geöffnet. — Eine
Menge geheimer Aufseher lauerten auf Klagen der un-
glücklichen Unterthanen über das fremde Joch und auf
Seufzer nach Rettung. Eine nur etwas freie Sprache
wurde mit Gefängniß geahndet, und wer laut und öffent-
lich über das harte Regiment redete, war in Gefahr, sein
Leben zu verlieren.
Der französische Kaiser wollte alle Gemeinschaft Europas
mit England aufheben, weil er es nicht anders angreifen
konnte, indem er es zur See nicht vermochte, und weil er cs
zur Nachgiebigkeit zu bringen gedachte, wenn er es von
allem Handel mit Europa ausschlösse. Da gab er Befehle,
daß alle Häfen für die Engländer verschlossen, und alle
Knust-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Italien Frankreichs Europas England Europa