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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 131

1906 - München : Oldenbourg
27. Eine Festschule der Meistersinger. 131 sah, daß alles gut war". Der Arme war verlegen, er stockte und eifrig sah man die Merker Striche machen; er hatte Silben tierfungen und mußte zuletzt auf Geheiß des Merkers den Stuhl verlassen. In der „Hageblüten Weise" ließ sich dann vorn Singstuhl herab vernehmen der würdige Hans Sachs; sein Kopf war schon glatt und nur das Kinn schmückte ein voller Bart. Alles horchte voll Artbacht auf, als er in einem neuen Tone gemäß der Offenbarung den Herrn beschrieb, an bessert Stuhl der Löwe, der Stier, der Abler und ein Engel Preis, Ehre und Dank sangen. Als er geenbet, ba waren alle voll Entzücken und kaum konnte noch nach ihm ein junger Meister Niklas Vogel von schwäbischer Herkunst, der im Hoftoue des Schillers „ein neu Lied von dem verlorenen Sohn" anstimmte, die Aufmerksamkeit der Zuhörer fesseln. Auch bei ihm sah man eifrig die Merker ihre Striche machen und die Silben zählen, die er tierfungen. Als er fein Gedicht beendet, verließen die Merker ihren Sitz um zu Rate zu gehen, wie ein jeder bestanden. Die beiden jungen Meister hatten manche Fehler gegen die Tabulatur begangen; der eine hatte eine „blinde Meinung" verbrochen und war durch Auslassung von Worten unverständlich geworden. So viel Worte blind d. h. ausgelassen waren, für so viel Silben sollte er bestraft werden; ein Merker warf ihm auch „Laster" vor, b. H. unreine Vokalreime, vor allem aber würde bcm einen der „Stutz" schlimm angerechnet, weil er stillgehalten, wo er nicht anhalten bürste. Niklas Vogel hatte seine schwäbische Aussprache noch nicht ganz abgelegt, aber boch die Reinheit der Vokale beobachtet; schlimm aber war es, daß er sich der „Klebfilben" nicht enthalten, „keim" für „keinem", „im" für „in dem", „vom" für „von dem" gesungen, auch „Milben" gebraucht und statt „fingen" „finge" gesagt um auf „Dinge" zu reimen. Am Ton war weniger zu tabeln; keiner hatte benfelben durch und durch aubers gesungen, als ihn der Meister gebichtet. Sonber Zweifel hätte Nachtigall den Preis gewonnen, wenn nicht nach ihm Hans Sachs gesungen; nur einmal wollte der Merker eine „falfche Blume" gehört haben, wo durch an einer Stelle der Ton unkenntlich geworben fei. So trat beim der erste Merker an Hans Sachs heran und hing ihm eine lange silberne Kette von großen, breiten, mit bett Namen der Geber bezeichneten ©liebern um, woran eine Menge von Pfennigen verschobener Art gebunben war. Konrab Nachtigall warb der zweite Preis zuteil, ein von seidenen Blumen verfertigter Kranz, den ihm der andere Merker aufs Haupt fetzte. Es war Brauch, daß die Meistersinger, insonderheit die jüngeren, sich nach der Festschule in eine nahegelegene Schenke begaben, wo in bemselben Grabe frohe Ungebunbenheit herrschte als in der Kirche heiliger Ernst. Hier sollte ehrbare, ehrliche, sriebliche Zech gehalten und ein Zechkrauz zum besten gegeben werben, bamit, wer wolle, barum singen möge. Alles Spielen, nn-nützes Gespräch und überflüssiges Trinken, alle Strafer und Reizer (Straf-unb Reizlieber), woraus Uneinigkeit entstehen könnte, waren untersagt; keiner 9

2. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 135

1906 - München : Oldenbourg
28. Ritter, Tod und Teufel. 135 Verkläret das Auge durch Lust und Scherz. Zuletzt doch jegliche Kunst erkennt In des Malers Kunst ihr Fundament: Der Steinmetz, Goldschmied und der Schreiner, Hornschneider, Weber, der Werkmeister, keiner Entbehret sie je, weshalb die Alten Sie für die herrlichste Kunst gehalten. Wie strahlte der Griechen Namen hell, Ieuxis, Protogenes, Apell! Gott hat zu Heil dem deutschen ßanb Der Künstler manchen mit hohem Verstand Wie Albrecht Dürer uns gegeben, Des Kunst verschönernd schmückte das Leben. Was er mit Fleiß gesäet, wachs' Dem Volk zu reichem Segen, fleht Hans Sachs. So sang der Poet und die Gegner schwiegen. Alle zollten ihm reichen Beifall und Ludwig Binder war nicht der letzte. Auch Konrad Nachtigall begrüßte herzlich seinen alten Freund, nahm sich den Kranz ab und setzte ihn Hans Sachsen aufs Haupt, Nürnbergs kunstreichem Schuster. 28. Ritter, Tod und Teufel (Kupferstich von A. Dürer). Don Franz 1. Durch dunkle Waldesnacht Und wilde Felsenschluchten Jur Burg, der lang gesuchten, Lenkt seines Rosses Schritt 2. (Ein Ritter und es folgt Der Spur des schnellen Hufes Der treue Hund, des Rufes Gewärtig seines Herrn. 3. (Es glänzt der blanke Helm, Das scharfe Schwert zur Seite, Die Lanze, und ins Weite Der Eisenharnisch tönt. 4. Erblickt wohl etwa nicht Der wack're, kühne Reiter Jur Rechten den Begleiter Und jenen, der ihm folgt? 5. Ins Antlitz grinst der Tod, Auf einer Mähre reitend; Graf Pocci?) Auf raschen Füßen schreitend Eilt Satan hinterdrein. 6. Nichts ficht den Ritter an; (Er ziehet seiner Wege Durch dunkles Waldgehege Mit festem, frommem Sinn. 7. So zieht der wahre Christ, Das Bild soll dies wohl sagen, Willst nach dem Sinn du fragen, Durch diese wüste Welt. 8. Der treue Hund, der wacht, Ist wohl ein gut Gewissen, Er wird es nicht vermissen, Es mahnet Tag und Nacht. 9. Der schöne Waffenschmuck, Schwert, Speer und Pickelhaube Und Harnisch sind der Glaube, Des edlen Streiters Schutz. *) „Dichtungen", S. 87. Schaffhausen 1843. Hurter.

3. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 94

1906 - München : Oldenbourg
94 22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel. Vom Kloster aus spannen sich diese Fertigkeiten hinüber nach den Hütten der Bauern, nach den Häusern der Bürger in den Märkten und erweckten dort regen Siun und kräftige Betriebsamkeit. Aus dem Kloster Rottenbuch, wo schon um das Jahr 1111 die Holzschnitzerei heimisch war, ist diese Kunst nach Oberammergau verpflanzt worden; in Wessobrunn erblühte während des 18. Jahrhunderts ein Stamm trefflicher (Stukkaturarbeiter1), nach den napoleoni-schen Kriegen noch über 100 Mann zählend, der seine Angehörigen bis nach Frankreich und Rußland sandte und dessen geradezu virtuose Leistungen in der Kirche zu Ettal ungeteilte Bewunderung erregen. In solchen Streiflichtern auf die Kulturgeschichte des Pfaffenwinkels erging sich das Gespräch, als wir am schweren Holztische des Wirtshauses das schäumende Bier von Ettal uns trefflich munden ließen. Spät nachts bin ich dann noch hinaus ins Freie getreten. Mir gegen- über stiegen die mächtigen Mauern des ehemaligen Klosters schweigend empor, mildträumerisches Mondlicht umspielte die feinen Umrisse der hochgewölbten Kirchenkuppel und zitterte auf den glänzenden Flächen der Kupferbedachung, in dunklem Zuge griffen die finstern Tannenwälder hinan von der Bergeslehne. Ein unbeschreiblicher und unergründlicher Friede waltete über dem weltvergessenen Landschaftsbilde, ein wundersamer Reiz, der die Gedanken mit leisem Znge zurückträgt in längst vergangene Zeiten. Und so erinnerungsreich, so sagenumflüstert wie Ettal ist sicherlich kein zweiter Fleck im weiten Umkreise unserer bayerischen Berge, es ist eine vielhnudertjährige Geschichte, welche an diesen Mauern mit) au diesen Wäldern haftet. (Sine trotzige Gestalt steht zuerst vor uns, wenn wir Kunde geben von diesen Geschehnissen. Es ist der Welse Ethiko. Weithin herrschte dieses stolze Geschlecht auf seinen freieigenen Gütern im Gaue, es war den Karolingern verschwägert, seit Ludwig der Fromme im Jahre 819 die schöne Jutta, die kuust- und wissenssreudige Welfentochter, sich zur Gattin genommen. Da ließ sich Ethikos Sohn Heinrich um die Besitzungen des Hauses zu mehren herbei dem Kaiser zu Lehen zu gehen. In tiefstem Herzen ergrimmt, daß einer der Seinen zum Vasallen sich erniedrigt, zog sich der alte Welfe in die schauerlich einsamen Öden dieses Tales zurück und lebte hier mit zwölf seiner Genossen in klösterlicher Gemeinschaft. Von diesem Sitze, der wohl noch ein palissadenumfriedeter, nach altgermanischer Weise gefügter Holzban gewesen, soll das ganze Tal seinen Namen erhalten haben — Ethikos'^) Tal, das im *) Die Bedeutung Wessobrunns als Sitz einer hervorragenden Bildhauerund Stu kk at o rs ch u l e ist erst durch neuere Forschungen erhellt worden. Mit reichlichen Aufträgen versehen waren diese geschickten Leute allenthalben in Süddeutschland wie auch in der Schweiz und in Österreich viel beschäftigt und es fällt die Blütezeit dieses Kunstzentrums mit der des Rokoko zusammen. Friedr. v. Thierfch, „Die Baugeschichte des Klosters Ettal." 1899. 8) Andere geben andere Deutungen: Bon Odtal — Tal in der Einöde, £tal = Stätte des Gelöbnisses.

4. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 44

1906 - München : Oldenbourg
44 11. Kloster Tegernsee. Einer so schwierigen und umfangreichen Kulturarbeit jedoch waren die einzelnen Grundbesitzer nicht gewachsen. Mit Aussicht auf raschen Erfolg konnte damals nur eine im Mönchtum einheitlich geordnete und zahlreiche Arbeiterschaft den Anbau ganzer Länderstriche wagen. Die Stiftung eines Klosters kam in jenen Zeiten einer wahren Großtat gleich; denn jedes Kloster bedeutete für seinen weiten Umkreis einen Brennpunkt für das wirtschaftliche wie für das geistige Leben. Oatilo und Tassilo, die letzten bayerischen Herzoge aus dem Geschlechte der Agilolfinger, hatten ihr Land mit einem Netz von Klöstern überzogen. Mit ihnen wetteiferten die Edlinge, allen voran jene aus der Sippe der Honsi, die so güterreich waren, daß man nach ihnen einen eigenen Gau, den Honsigau, benannte. Die Klöster Altomünster, Ilmmünster, Schlehdorf und Benediktbeuern, im Honsigau gelegen, sind Stiftungen dieser reichen bayerischen Adelssippe. Doch auch im Suudergau, im Gebiete der Mangfall, besaßen die Honsi nicht wenige Ländereien. Und gerade hier sollte dnrch ihren praktischen, religiösen Sinn ein Kloster erstehen, das an äußerem Glanz und geistigem Streben nicht bloß alle audereu Housiklöster übertraf sondern sogar manches herzogliche Kloster gleich von Anfang an in den Schatten stellte, das Kloster Tegernsee. Vor fast 1200 Jahren gehörten der Tegernsee und seine weitere Umgebung zwei Brüdern aus der Housisippe, namens Adalbert und Otkar. Der Welt entsagend hatten die beiden beschlossen sich selbst samt ihrem Eigentum Gott zu weihen. Dicht am östlichen Seeufer erhoben sich ihrem Willen gemäß bald ein Kloster nach der Regel des hl. Benediktus und eine Kirche, die später einen kostbaren Schatz, den aus Rom feierlich übertragenen Leib des hl. Märtyrers Quirinus, bergen sollte. Als erstes Weihtum wurden St. Quirins Mönchen der fischreiche See, die Berge, Wälder und Sümpfe ringsum und der benachbarte fruchtbare Warngan überlassen; ferner erhielten sie Salzquellen zu Reichenhall und Weinberge bei Bozen. Mit dem Weihtum hatten die Tegernseer die übliche Verpflichtung übernommen Sümpfe auszutrocknen und den Urwald zu roden. Am Nordufer des Sees breitete sich ein weites Moor aus. Da konnte man alsbald sehen, wie die Mönche das Gestrüpp ausbrannten, Gräben zogen um das Wasser abzuleiten, die Torfschollen zerstießen und umlegten und wie allmählich unter ihren nie rastenden Händen fette Wiesen und Weiden und die sogenannten Niederhöfe, dann Kailsried und Georgenried, Ortschaften bei Gmuud gelegen, entstanden. Der nahe „Finsterwald", der schon durch den Namen seine frühere Wildnis verrät, erdröhnte unter den Axthieben der Mönche. Erschien ihnen das Dickicht allzu groß, dann legten sie Feuer an und der Brand mußte die Arbeit der Menschenhände verrichten. Dicke Feuersäulen loderten zum Himmel empor, um dem Sonnenlicht den Zugang in die Waldesnacht zu bahnen und Platz für neue Siedelungeu zu schaffen. Immer lichter wurde es im „Finsterwald". Aus den Sichtungen aber schauten später Äcker und Wiesen, Gärten

5. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 1

1906 - München : Oldenbourg
1. Bayernlied. Von Alois Dreyer?) Gut und Leben laßt uns weihen Unserm deutschen Vaterland, Daß es möge froh gedeihen, Daß kein Feind mit frevler Hand, Neidend Deutschlands Ruhm, bedräue Seinen festgefügten Bau! Aber schwört auch inrt’ge Treue Unsrer Heimat weiß und blau! Mächt'ge Ströme, klare Seen Grüßen sie im Silberglanz. Dort begrünte, sanfte Hohen, Hier von Feld und Wald ein Kranz! Stolze Städte seh' ich blühen, Dörfchen schmuck birgt jeder (Bau; Darum unsre Herzen glühen Für die Heimat weiß und blau. Und das Volk in seiner Mitte Hat stets unentwegt bewahrt Gottesfurcht und schlichte Sitte Und der Väter deutsche Art. Fleiß ziert es und Herzensgüte, Scheint sein Wesen oft auch rauh * Reich an jeder Tugend Blüte Ist die Heimat weiß und blau. Bayerns Ruhm und Wohlfahrt heben Will sein Fürst, wie er versprach; Damm sind wir treu ergeben Unserm Hause Wittelsbach. Huldigend nah'n wir dem Throne, Unsre Liebe neu zu weihn: Sie ist in der Fürstenkrone Wohl der schönste Edelstein. Nie im Glück und in Gefahren Löst der (Eintracht festes Band! Laßt uns Treue auch bewahren Dem geliebten Bayerland! Laßt die Hände froh uns falten: „Guter Gott, vom Himmel schau, Gnädig wollest du erhalten Unsre Heimat weiß und blau!" 2. Wohnsitze, Namen und Sprache» Herkunft des Bayernvolkes. Don Siegmund von Riezler?) Von allen deutschen Stämmen I gibt heute der bayerische allein einem Staate den Namen, der wenigstens den Kern der alten Stamm lande zum größeren Teile umschließt und in Reffen Bevölkerungszahl der namengebenbe Stamm das Übergewicht hat. l) Auf lichten Höhen, ©. 23. Dresden-Leipzig, 1897, E. Pierson. S) Geschichte Bayerns, I. Band, 4 ff. Gotha, 1878, A. Perthes. Krouseder, Lesebuch zur Geschichte Bayerns. 1

6. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 130

1906 - München : Oldenbourg
130 27. Eine Festschule der Meistersinger. achten und die Fehler wie die Strafen, deren Höhe in Silben angeschlagen wurde, auf dem Pulte mit einer Kreide anzufchreibeu. Der dritte sollte eines jeden Verses und Reimes Endsilbe merken und die Verstöße gegen den Reim notieren, der vierte wegen des Tones Sorge tragen, damit man den recht halte und nicht verfälsche, auch, ob in allen Strophen, die jedesmal den Text zu zwei sich wiederholenden und einem dritten selbständigen musikalischen Satze bildeten, immer die beiden Stollen und der Abgesang die Gleichheit bewahrten. Die Merker sollten treu und fleißig nach Inhalt der Kunst und nicht nach Gunst merken einem wie dem andern, je nachdem ein jeder sang, nicht anders, als ob sie dazu vereidigt wären, ob man zwar darüber nicht schwören sollte noch konnte. Wenn eines Merkers Vater, Sohn, Bruder, Vetter oder Schwager sang, hatte er sein Amt, so lange jener sang, einzustellen und ein anderer Gesellschafter an seine Stelle zu treten. Fehler konnten dem Singer nach dem Gutachten der Merker'entweder sogleich nach dem Singen oder erst nach gehaltener Schule, besonders damit ihn andere nicht verhöhnten, angezeigt werden. Neben den Merkern saß ein Meister, der in der vorigen Singschule den Preis davongetragen, um sie zu erinnern, wenn sie etwas überhört, und bei allen Streitigkeiten sein Urteil abzugeben. Als alles geordnet war und die Genossen still und geräuschlos dasaßen, erhob sich ein ftemder Gesell, der aus Straßburg herübergekommen war, setzte sich fein züchtig anf den Singstuhl, zog sein Barett ab und begann nach einer kurzen Pause zu singen ein schönes Lied „von dem Streite gegen die Türken, den Feind der Christenheit"; gar zierlich setzte er seine Weise und ohne Tadel nach der „Hammerweise" Lienhart Nuuuenpeks mit siebenundzwanzig Reimen. Die Merker horchten aus, bemerkten aber nichts, denn bei dem „Freisingen" konnte man außer dem Ruhm nichts gewinnen, man machte es auch noch so gut. Ihm folgten noch mehrere andere nach; der eine sang „ein schön Lied von dem Pfarrer im Federfaß" im grünen Ton, ein anderer „ein schön Lied von den drei löblichen Bäuerinnen" im Rosenton, ein vierter ein „neu Lied wider das große Fluchen und Gotteslästern, so jetzund in deutschen Landen gemein ist," in des Frauenlob blühendem Ton. Damit schloß das Freisingen; alsbald begann einer der Meister ein Lied, in das alle anderen einstimmten, um den Beginn des eigentlichen Hanptsingens anzukündigen. Ein greiser Meister betrat den Singstuhl und nach kurzer Panse erscholl vom Gemerke der Ruf: „Fanget an!" Es war Konrad Nachtigall, ein Schlosser, der so sehnsüchtig und klagend sang, daß er seinen Namen wohl mit Recht führte. Von dem himmlischen Jerusalem und von der Gründung des neuen sagte er viel Schönes in gar künstlichen Reimen und Redensarten. Jedesmal, wenn er einen Abgesang vollendet, hielt er inne, bis der Merker wieder rief: „Fahret fort!" Nach ihm kam die Reihe an einen jungen Meister, Fritz Kothuer, einen Glockengießer; der hatte die Schöpfungsgeschichte zum Gegenstände seines Gesanges gewählt. Aber hier hieß es nicht: „und Gott

7. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 90

1906 - München : Oldenbourg
90 22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel. Sein kummervolles Antlitz Hob Friederich empor, Er sprach: „Ich bin es, Vetter, Der Land und Leut' verlor. „Ich will vor meine Treuen, Wo meine Banner weh'n, Hintreten und sie mahnen Vom Kampfe abzusteh'n. „Sieh mich bereit dem Szepter Des Reiches zu entsagen, Soll mir noch einmal Freiheit Nach Nacht und Kerker tagen." Ludwig der Bayer reichte Ihm froh die Rechte dar, Die Hostien dann nahmen Sie beide, am Altar. Umarmten sich und schwuren Den Treu- und Friedensbund Im Angesicht des Himmels Und froh mit Herz und Mund. Und frei und ohne Lösgeld Zog Friedrich aus der Haft, Beteuernd, sein Gelöbnis ßu halten auch in Kraft. 21. Deutsche Treue. Don Hermann Lingg.x) (Es waren Kaum vier Monde Verflossen seit dem Tag, Ans Tor der Burg zu München Geschah ein starker Schlag; Der Pförtner hob die Fackel, (Ein Ritter stieg vom Roß Und ging mit raschen Schritten Die Trepp' hinan im Schloß. Und vor den Hocherstaunten, Den Kaiser Ludwig, trat Der Herzog Friedrich sprechend: „Mein Wort ist worden Tat; Den Frieden dir zu bringen Vermocht’ ich nicht derzeit, Aufs neu’ erglühte wieder Der alte, bitt’re Streit. Ich konnte nicht gebieten Dem Sturm, so will ich dein, Wie ich gelobt, auch wieder Ais dein (Befang’ner sein." Da legt ihm auf die Schulter Der König sanft die Hand: „Nein, nicht als mein (Befang’ner, Doch bleib bei mir als Pfand, Ais Pfand der Lieb’ und Treue, Die zwischen uns besteh’n Und nimmermehr soll wanken Und nimmer untergeh’n." An einem Tisch nun saßen Fortan bei jedem Mahl Die Könige und tranken Aus einem Goldpokal. (Es stund in jedes Siegel Des andern Name vor; Die Welt, verwundert, blickte ßu solcher Treu’ empor. Jahrhunderte verflossen -Der Fürsten Biederkeit (Erhebt noch aller Herzen Und strahlt in alle ßeit. 22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel. Don Carl Trautmann.2) Wir sitzen in der traulichen, holzgetüfelten Gaststube des Klosterwirtshauses. Spät am Nachmittage, als die Sonne bereits hinter den grauen x) Ebenda S. 105. 2) Ans „Cberammergau und sein Passionsspiel", Bayerische Bibliothek, 15. Band. S. 1 ff. Bamberg 1890. C. Büchner.

8. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 91

1906 - München : Oldenbourg
22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel. 91 Schroffen des Wettersteines hinabsank, sind wir noch den Saumpfad herauf- gezogen, der sich fo steil den Ettaler Berg entlang windet, und noch zittert in uns jeue wundersam wohlige Stimmung nach, welche den Städter überkommt, wenn die bergfrische Einsamkeit ihm entgegengrüßt, wenn er neben sich den schäumenden Gießbach in seinem felsigen Gelände rauschen hört und zum ersten Male wieder nach langer Zeit würziger, moosdurchfeuchteter Waldgeruch die Brust schwellt. In der überfüllten Stube geht's gar lustig her; es ist ja heute Samstag und der Bauer, der die Woche über schweigend seiner einförmigen Arbeit nachgeht, liebt es am Feierabende der Rede freien, lauten Lauf zu lassen. Jetzt gerade hat der eifrige Disput seinen Höhepunkt erreicht, und wer von draußen den Lärm hört, der durch die niederen Fenster in die Dämmerung hallt, könnte wohl glauben, daß ein heller Streit im Anzuge sei. Da läutet man in der Klosterkirche drüben zum Abendsegen. Alsbald verstummt das Johleu, andächtig falten die Männer ihre wetterharten Hände und.das Flüstern der betenden Lippen zieht allein noch durch die regungslose Stille. Leise verklingen die letzten Glockentöne, die Anwesenden machen das Zeichen des Krenzes und mit einem behäbigen „Guten Abend" nimmt der Wirt die unterbrochene Unterhaltung wieder auf. In solchen Augenblicken erfährt es der Fremde, daß noch die uralten Gepflogenheiten streng kirchlicher Frömmigkeit im Volke sich erhalten haben. Auch die Straße, die er gegangen ist, hat ihn darüber belehren können. Am blühenden Rain und unter den weitschattenden Bäumen stehen die rohgezimmerten Wegkreuze mit dem Bilde des Erlösers; die sogenannten Marterln haben ihn mit schlichten Worten aufgefordert ein Vaterunser für jene zu beten, welche jählings hier aus dem Leben geschieden sind, und tritt er von der Straße ins Wirtshaus, so leuchteu ihm an der Türe die Anfangsbuchstaben der Namen der heiligen drei Könige, mit Kreide angeschrieben, entgegen, denen die Macht innewohnt die bösen Geister von der Schwelle zu bannen, während in der Stube zuerst sein Blick auf den geschnitzten Herrgott mit dem geweihten Palmzweiglein fällt, der zwischen den Fenstern seinen Platz gefunden hat. Denn mag auch die Zeit sich gewandelt haben, mag modernes Leben und städtische Anschauungsweise übermächtig in diese weltverlorenen Hochlandsdörfer gedrungen sein, etwas vom ehemaligen Klosteruntertanen steckt noch in jedem Bewohner des Ammergaues. Und geistliches Gebiet ist ja der Gau gewesen seit nrvordenklichen Zeiten. Das langgestreckte, von der grünen Ammer durchflossene Gebirgstal, das sich vom einsamen Plansee an Ettal vorüber bis zum Passiousdorse Oberammergau hinzieht, bildete einst einen Teil des Pfaffenwinkels, wie der Volksmund jene weitgedehnten Gebiete nannte, welche eine festgefügte Kette stattlicher Klöster gegen die Hochebene hin abschloß, und von denen es hieß, daß man vierzehn Tage darin herumreisen und alle Mittage und Abende auf

9. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 133

1906 - München : Oldenbourg
27. Eine Festschule der Meistersinger. 133 Mühlwerk und Wasserwerk ihn preist; (Er schützet durch Bollwerk Deich und Schanz, Die heilige Schrift weiht ihm den Kranz; (Er zimmerte die starke Arch', Drin Noah war, der Patriarch; Wie rings auch brausete die Flut, (Er ruhte in ihr in sicherer Hut; Mit den Seinen er gerettet ward, Mit allen Tieren jeder Art. (Er zimmerte nach weisem Rat Jerusalem, die Gottesstadt, Des weisen Salomo Königshaus, Das führte er mächtig und prächtig aus. Denkt an das Labyrinth zum Schluß: Wer ist geschickt wie Dädalus? Als er geendet, sah man den zweiten Merker mit einer Kreide einen großen Strich wegen der Klebsilbe auf den Tisch malen. Dann begann sogleich Ludwig Binder folgenden Spruch zur Erwiderung: Das Holz verfault, der Stein bleibt Stein; Der Steinmetz muß der erste sein. Ringmauern baut er, kühne Türme, Basteien auch zu Schutz und Schirme, Gewölbe pflanzet er, die sich kühn Aufrankend in die Lüste zieh’n, Schtoindliche Gänge, durchsichtig und fest, Mit Säulen und Bildwerk geschmücket aufs best’. Den schiefen Turm von Pisa schaut, Den Wilhelm von Nürnberg hat erbaut; Zu Jerusalem den hohen Tempel, Der trug der höchsten Vollendung Stempel; Der himmelhohe Turm zu Babel, Das Grab des Mausolus ist keine Fabel, Die Pyramiden, die künstlichen Berg', Sie überragen weit alle Werk'. Er bekam einen Strich von dem zweiten Merker wegen der Klebsilbe und von dem dritten wegen zweier unreiner Reime zwei. Alles war gespannt auf Hans Sachsens Erwiderung, als er sich zu folgendem Spruch erhob: Vermag auch Beil und Meißel viel, Schwach sind sie gegen den Pinselkiel. (Er bringt nicht nur Häuser und Städte hervor, Türmt Schlösser und schwindlichte Warten empor — Nein, was zu Ansang Gott erschuf Durch seines göttlichen Wortes Ruf, Das schaffet der Maler zu aller Zeit: Gras, Laubwerk, Blumen auf Feld und Heid', Den Vogel, wie in der Luft er schwebt, Des Menschen Antlitz, als ob er lebt,

10. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 93

1906 - München : Oldenbourg
22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel. 93 verpflegt worden," welcher die Ziele der gemeinsamen geistigen Arbeit in jeurige Worte faßte. Und wackere Kämpen der Aufklärung haben diese Klöster selbst, zuvörderst Stift Polling, der neuen Akademie gestellt. Da waren, um nur zwei zu erwähnen, der bescheidene Dechant Eusebius Amort, ein Kind des Jsarwinkels, und der gelehrte Pater Gerhof Steigenberger, der sich zum Leiter der kurfürstlichen Bibliothek in München emporrang, ein armer Häuslerssohn aus der Gegend von Peißenberg, „von geringen, aber gar ehrlichen und frommen Eltern geboren," dem das Kloster „auf eigene Hanskosten" zu seiner Ausbildung in Paris und Rom die Mittel bot. Wohin auch der Lebeuspsad solcher Männer sich wenden mochte, die Anhänglichkeit an das Mutterkloster ist ihnen geblieben, es zog sie immer wieder zurück nach den stillen Räumen, wo sie die schönsten Jahre verlebt und an die ihre Jugenderinnerungen sich knüpften. Wohl mochte auch unserem Steigenberger das Herz höher schlagen, wenn er in späteren Jahren bei einem Besuche Pollings den hallenden Korridor hinabwandelte und die Bibliothek betrat, in welcher über achtzigtausend Bände der seltensten und kostbarsten Art aufgespeichert waren, wenn ihn dort sein Lehrer, der ehrwürdige, Prälat Franziskus, der vortreffliche Bücherkenner, inmitten der Folianten begrüßte, die er mit selbstloser Aufopferung Jahrzehnte hindurch in aller Herren Länder, hinab bis Spanien und Portugal, hatte sammeln lassen. Und wenn die beiden dann ihre gelehrten Gespräche unterbrachen um an das geöffnete Fenster zu treten und ihr sinnender Blick über die wunderstille Gottesnatur schweifte zu den blauenden Bergen, an deren Abhängen der Staffelfee emporglänzte, da empfanden sie wohl mit inniger Befriedigung, daß auch sie nach tausend Jahren den gleichen Bestrebungen treu geblieben waren, welche auf der idyllischen Insel drüben bereits in den Tagen der Karolinger hochgehalten wurden, in dem wasserumspülteu Benediktinerklösterlein Stasfelsee, das vor seiner Zerstörung durch die räuberischen Ungarnhorden neben einem Reichtume kostbarer Kirchengeräte auch einen namhaften Schatz von Büchern barg. Die Klöster des Pfaffenwinkels sind durch die Jahrhunderte unentwegt die Träger des Kulturfortschrittes gewesen; an ihre Schulen, Seminarien, Büchereien und Meierhöfe knüpft sich in jenen Zeiten des erschwerten Verkehres die Entwickelung des Gaues. Die wirtschaftliche Entwickelung nicht minder wie die intellektuelle; und wenn der Abt von Wessobrunn in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts eine eigene Klosterdruckerei errichtete, so oblagen die Prälaten von Benediktbeuern mit gleichem Eiser der Fischzucht und jeder, der einmal zu Andechs oder sonst in einem kühlen Klosterbrünstüblein einen frohen Nachmittag vertrank, hat es an sich selbst erfahren, daß die frommen Jünger des heiligen Benedikt, getreu ihrer Ordensregel, welche nicht nur ernstes Studium und die Anlegung von Bibliotheken vorschrieb sondern auch Handarbeit, die für Bayerns wirtschaftliches Wohlergehen so bedeutsame Fähigkeit einen trefflichen Tropfen zu brauen bis in unsere Tage herübergerettet haben.
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