5. Unterg. d. westr. Reichs. Theodorich u.d. Ostgothen. 6. Chlodwign.d. Franken. 137
stiegen die Gothen in die Poebene hinab. In drei Schlachten geschlagen, barg sich Odoaker hinter den Mauern und Sümpfen von Ravenna. Drei Jahre lang vertheidigte er sich aufs Tapferste. Endlich zwangen ihn Mangel und Seuchen und das Murren der Bewohner zur Uebergabe. Er erhielt Zusicherung des Lebens und der Freiheit, und die Gothen zogen in die Stadt. Die ersten493 Tage vergingen unter Gastmählern und Lustbarkeiten. Da wurde Odoaker beim lärmenden Gelage von Theodorichs eigener Hand niedergestoßen, und der Sohn und die vornehmsten Anhänger des Gemordeten folgten ihm in den Tod.
Wie schon Odoaker, so nahm auch Theodorich den dritten Theil alles Grund und Bodeus für sein Volk in Anspruch. Aber er führte die Theilung nicht gewaltthätig und regellos durch, sondern nach festen Bestimmungen und unter der Leitung römischer Beamten. Auch sonst hatten die Italiener keine Ursache, sich über die Herrschaft des Gothenkönigs zu beklagen. Er ließ die alte Verfassung und Gesetzgebung bestehen, behielt den Senat und die übrigen alten Behörden bei und besetzte die Stellen mit Römern. Nur in einer Hinsicht hielt er eine Trennung zwischen Gothen und Römern fest. Handel, ' Gewerbthätigkeit, Ackerbau und alle Künste des Friedens blieben den alten Bewohnern überlassen; den Gothen wies er den Wehrstand und mit ihm unablässige kriegerische Uebung zum Beruf au und machte sie so gewissermaßen zur Kriegerkaste des Reichs.
Italien blühte unter der trefflichen Regierung des germanischen Königs zu neuem Wohlstand empor. Dennoch wollte es ihm nicht gelingen, eine dauernde Versöhnung zwischen beiden Völkern zu bewirken. . Eine tiefe Verstimmung bemächtigte sich Theodorichs. Da wurde ihm hinterbracht, daß der Senator Albi-nns mit dem griechischen Kaiser einen hochverräthischen Briefwechsel unterhalte, der die Vertreibung der Gothen aus Italien zum Gegenstände habe. Albiuus wurde ins Gefängniß geworfen, und als Boethius, den Theodorich zu den höchsten Ehrenstellen erhoben, sich des Verklagten lebhaft annahm, wurde er ebenfalls ins Gefängniß geschleppt und ohne Verhör hingerichtet. Dasselbe Schicksal traf seinen greisen Schwiegervater Symmachus, der über den Tod des edlen Eidams zu laut gemurrt.
Der Kummer über die übereilte Handlung verbitterte die letzten Lebenstage des Gothenkönigs und stürzte ihn endlich ins Grab. Seine Tochter Amalasuntha setzte seine Asche in einer Porphyr-526 Vase unter dem von ihm selbst errichteten Grabmale zu Ravenna bei.
6. Chlodwig und die Franken.
Im Jahre 481 wurde der junge, 15jährige Chlodwig, Sohn Childerichs und Enkel des Meroväus, König der salischen
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1. Gründung Roms. Romulus. 65
entweder unter dem Schutze Patricischer Geschlechter standen oder auf ihrem eigenen Grund und Boden wohnten und unter dem Namen Plebs begriffen wurden. Sie durften weder in den Volksversamm-luugen mitstimmen, noch Staatsämter oder Priesterwürden bekleiden. Eben so rechtlos waren die aus dem Sclavenstande Freigelassenen. Der Sclave wurde nur als Sache behandelt, und dem Herrn stand volles Eigenthumsrecht über dessen Leib und Leben, Kräfte und Erwerb zu. Verbrechen oder Vergehen wurden nach dem Herkommen bestraft und entweder mit dem Tode oder durch Einziehung eines Theils des Vermögens oder körperliche Züchtigung gebüßt. Besonders hart waren die Gesetze gegen die Schuldner. Wenn nach einer bestimmten Frist die Zahlung nicht erfolgte, so war der Schuldner samt Kindern und Habe dem Gläubiger verfallen und durfte von diesem getödtet oder zur Sklaverei verurtheilt werden.
Wie die Griechen den Zeus, so verehrten die Römer als höchste Gottheit den Himmelskönig Jupiter, den Vater des Lichts, der in der Höhe thront und in dessen Hand Himmel und Erde ruht. Auf dem Capitol erbaute man ihm sein größtes Heiligthum, und von dort aus wachte er über die Geschicke der Römer und segnete ihre ruhmvollen Thaten. Ihm feierte man alljährlich die capitolinischen Spiele mit Wettkämpfen, Ringen und Festlichkeiten aller Art. Sem Heiligthum bot Verbrechern und Landesflüchtigen ein schützendes Asyl. Zu den ältesten römischen Göttern gehört Saturn, der mit Lebenskräften gesättigte Erdengott, der Gemahl der gütigen Mutter Erde, die den emsigen Fleiß der Menschen mit Fülle und Reichthum lohnt. Das Hauptfest des Gottes, die Saturnalien, fand im December statt und wurde mit Gastgelagen und Schmausereien begaugeu. Ein Verwandter-Saturns war Faunus, der gute Geist der Berge, der Triften, der Fluren, ein Stifter milder und frommer Sitte, alter König und Urheber vieler alter Geschlechter. Neben Jupiter war Mars, der Gott des Krieges, der eigentliche Nationalgott Roms, der Schutzgott des ganzen Staats- und Gemeindelebens. Janus war der Gott alles Anfanges und Einganges, der an der Pforte des Himmels, der Stadt, des Hauses, des Jahres steht, der Gott des Zeitenwechsels, der mit einem Antlitz vorwärts, mit dem andern rückwärts schaut, dem der erste Monat im Jahre, der erste Tag im Monat geweiht war. Vesta, die Göttin des Herdes, war eine der am höchsten verehrten Göttinnen des alten Rom, ihr Tempel mit dem immer lodernden Feuerherd der Mittelpunkt der Stadt und des Staates. Sechs Jungfrauen, Vestalinnen, waren die Priesterinnen der Gottheit und Hüterinnen des ewigen Feuers, dessen Erlöschen als schlimmste Vorbedeutung für den Staat galt. Neben dem Herde jedes Hauses standen die Penaten, die Hausgötter, denen man täglich Opfergaben darbrachte und Alles aus Herz legte, was die Familie in Freud und Leid bewegte.
Schmelzer, Leitfaden. 5
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Vi. Das alte Rom.
2. Tic Könige und ihre Vertreibung.
Sieben Könige herrschten der Sage nach über Rom. Numa Pompilius werden die meisten gottesdienstlichen Einrichtungen, die wir im alten Rom finden, zugeschrieben. Er errichtete Altäre, setzte Priester ein und bestimmte genau den Dienst der Götter. Dem Janus erbaute er einen Tempel, der nur im Kriege geöffnet wurde, im Frieden aber geschlossen blieb. Unter Tullus Hostilius brach eiu Krieg mit Alba longa aus, welcher durch den Zweikampf der Horatier mit den Cnriatiern zu Gunsten Roms entschieden wurde. Als sich einige Zeit später der Albanerkönig der Verrätherei schuldig machte, wurde dieser von Pferden zerrissen, Alba louga aber zerstört. Die Bewohner mußten sich auf dem Hügel Cölius ansiedeln. Ancus Marcius stellte die unter dem vorigen Könige vernachlässigten religiösen Gebräuche wieder her und ließ die gottesdienstlichen Gesetze Numa's auf steinerne Tafeln schreiben und auf öffentlichem Markte aufstellen. Er besiegte die Latiner und siedelte einen Theil derselben auf dem aventinischen Hügel an. Tarqninius Prisrns (der Alte) führte glückliche Kriege gegen die Latiner, Sabiner und Etrusker und nöthigte sie zur Anerkennung der römischen Oberhoheit. Er schuf jeue Abzugskanäle (Cloaken), die noch heute als ein Wunderwerk der Baukunst angesehen werden, und gewann durch Trockenlegung der sumpfigen Niedernugen Raum zu Markt (Forum) und Rennbahn (Circus); auf dem Capitol legte er den Grund zum Tempel des Jupiter. Servius Tnllius fügte den bereits angebauten Hügeln Palatums, Capitolinus, Quiriua-lis, Cölius und Aventinus noch den Esquilin ns und Vimi -ualis hinzu und umgab die so erweiterte Stadt mit Wall und Ringmauern. Er theilte die gesammte Bevölkerung nach dem Vermögen in 6 Klassen und diese wieder in 193 Centurien, von denen auf die erste Klasse allein 98 kamen. Da nun in den Versammlungen nach Centurien abgestimmt wurde, so waren die übrigen Klassen ohne allen Einfluß, sobald die erste einig war. >Ler-vius Tnllius wurde durch seinen eigenen Schwiegersohn Tarqui-nins Snpcrbus (der Stolze) ermordet, der hierauf den Thron bestieg, auf dem er sich durch neue Gewaltthaten behauptete. Die Reichen drückte er durch hohe Steuern, die Armen brachte er durch schwere Frohndienste zur Verzweiflung. Wer seinem Vorgänger angehangen oder ihm sonst verdächtig erschien, wurde hingerichtet oder mit Verbannung und Güterverlust bestraft. Für die Macht und den Glanz Roms hat er indessen Großes gethan. Er brach den letzten Widerstand Latiums, und die 30 Städte des Latiuer-Buudes erkannten Rom als ihr Oberhaupt an. Auch andere benachbarte Städte und Völkerschaften mußten sich seiner Herrschaft
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3. Patricier und Plcbcjcr. Dic Decemvirn.
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Aedileu (Gehülfen), welche die Aufsicht über den Markt, die öffentlichen Gebäude und die Vorrathshäuser führten.
Doch der Hader zwischen den Parteien kam bald wieder zum Ausbruch, und beide Theile bekämpften sich mit allen Mitteln, die ihnen zu Gebote standen. In Nom war Thenrnng ausgebrochen.
Das Elend der ärmeren Bevölkerung hatte bereits einen hohen Grad erreicht, als einige Schiffe mit Getreide aus Sieilien anlangten. Da machte Marcius Coriolanus im Senate den Vorschlag, dem Volke das Getreide zu überlassen, wenn es auf seine Tribunen verzichte. Dafür luden ihn diese vor den Richterstuhl. Coriolanus aber verließ Rom und floh zu den Volskern, an deren Spitze er gegen seine Vaterstadt zu Felde zog. Schon stand er nur noch wenige Stunden von derselben entfernt. Da begaben sich die Frauen Roms, an ihrer Spitze Eoriolau's Mutter und seine Gattin, zu dem rachedürstenden Feldherrn, und ihren Vorstellungen und Thränen gelang es, ihn zu erweichen. „Mutter", sprach'coriolan gerührt, „dein Vaterland hast du gerettet, aber deinen Sohn verloren!" Er kehrte um und starb in der Verbannung.
Trotz alles Widerstrebeus der Patricier gewannen die Plebejer doch immer mehr Freiheiten. Der wichtigste Erfolg war die Einführung geschriebener Gesetze. Bisher waren alle Streitigkeiten nach Gutdünken entschieden worden, und da die Richter stets Patricier waren, so hatte das Volk vielfach über Parteilichkeit und Ungerechtigkeit zu klagen. Um dem nicht ferner ausgesetzt zu seht, beantragte einer der Tribunen die Abfassung geschriebener Gesetze. Lange sträubten sich die Patricier; endlich aber wurden Gesandte nach Griechenland geschickt, um die dortigen Gesetze zu prüfen. Nach ihrer Rückkehr übertrug man die Aufstellung des neuen Gesetzbuches zehu Männern, welche während der Dauer ihres Auftrags mit unumschränkter Gewalt ausgerüstet wurden.
Die Mitglieder der neuen Behörde führten nach ihrer Zahl den Namen Decemvirn (Zehnmänner). Mit Eifer gingen die Ge-451 wählten an ihr Werk, und nach Verlauf von einem Jahre war eine Reihe von Gesetzen gesammelt, welche auf zehn kupferne Tafeln geschrieben, vor dem Rathhause aufgestellt wurden. Noch waren einige Gesetze festzustellen, und da die Decemvirn bisher mit Einsicht und Gerechtigkeit gewaltet hatten, so trug man kein Bedenken, sie noch ferner im Amte zu lassen. Jetzt verriethen sie deutlich die Absicht, ihre wichtige Stellung zu benutzen, um die verachteten Plebejer von Neuem zu knechten. Mit Kerker und Henkerbeil wütheten sie gegen alle Widersacher; durch Gewalt und Schrecken hofften sie das Volk unter ihr Joch zu beugen. Als aber einer der Decemvirn, Appius Claudius, die schöne Virginia, die Tochter des angesehenen Plebejers Virgin ins, durch einen ungerechten Richterspruch in seine Gewalt zu bringen suchte, da
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Extrahierte Personennamen: Marcius_Coriolanus Coriolanus Claudius
2. Athen. Solon. 29
kund und drohte in offenen Aufruhr überzugehen. Da wurde Solon der Retter seines Volkes. 594
Solon stammte aus königlichem Geschlechte. Eine unermüdliche Lerubegierde erfüllte ihn von früher Jugend an, und diese veranlaßte ihn auch, aufreiseu zu geheu, um die Welt zu erkunden und seine Kenntnisse zu bereichern. Aber mitten in der Unruhe des Wanderlebens blieb er mit seinem ganzen Sinnen und Trachten der Heimath zugewandt, und bei allem, was er beobachtete, überlegte er, wie er es für seine Vaterstadt verwerthen könne. Bald stieg denn auch fein Ruhm und sein Ansehen so hoch, daß er an die Spitze der Regierung berufen wurde, mit dem Aufträge die verwirrten Verhältnisse durch eine neue Staatseinrichtung zu ordnen.
Zunächst war es Solon darum zu thun, die Lasten des Volkes zu erleichtern. Er verordnete, daß alle wegen Schulden in Knechtschaft gehaltenen attischen Bürger in Freiheit gesetzt würden, und daß sich auch, fernerhin der Gläubiger nicht mehr an der Person des Schuldners vergreifen dürfe. Um die Rückzahlung eines Kapitals zu erleichtern, ließ er leichteres Geld prägen und bestimmte, daß alle nach altem Gelde gemachten Schulden in der neuen Münze bezahlt würden. Und damit auch in Zukunft der Bauer gegen die Habsucht der reichen Grundbesitzer gesichert sei, wurde der Zinsfuß herabgesetzt und die Bestimmung getroffen, daß Niemand mehr als ein gewisses Maß von Grund und Boden besitzen dürfe. Um Rechten und Pflichten in ein gleiches Verhältniß zu setzen, theilte Solon die Bürger nach ihrem Einkommen in vier Klaffen. Nur die Glieder der drei ersten Klassen hatten Zutritt zu den Staatsämtern, während die der vierten einzig an der Volksversammlung Theil nahmen. Dafür dienten die Ersteren als Schwerbewaffnete (Hopliten) im Landheer und auf der Flotte, die Letzteren als Leichtbewaffnete oder Matrosen. Rüstung und Waffen hatte sich Jeder selbst zu beschaffen, besondere Stenern wurden nur in Kriegszeiten erhoben.
An der Spitze der Staatsverwaltung standen neun Archonten.
Sie wurden ans der höchsten Vermögensklasse gewählt, mußten 30 Jahr alt sein und bekamen keine Besoldung. Die entscheidende Stimme in allen öffentlichen Angelegenheiten hatte die Volksversammlung, an welcher alle Athener, die das 20. Jahr überschritten und im Vollbesitz der bürgerlichen Rechte waren, Theil nehmen durften. Sie trat wenigstens viermal im Jahre auf offenem Markte zusammen, um die Wahl der Beamten vorzunehmen oder über Krieg, und Frieden, über Waffenstillstand und Bündnisse, über Erlassung neuer oder Abschaffung alter Gesetze zu berathen. Mitten inne zwischen den Archonten und der Volksversammlung stand der Rath der Vierhundert, dessen Mitglieder ans den drei oberen Klassen durchs Loos erwählt wurden und ebenfalls keinen Gehalt bezogen. Er hatte alle Anträge, welche das öffentliche Wohl be-
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Vi. Das alte Rom.
wurde. Als Rcmus spottend über die niedere Umwallung sprang, erschlug ihn Nomulus mit den Worten: „So möge es Jedem ergehen, der nach dir über meine Mauer setzt!"
Um die Bevölkerung der Stadt zu vermehren, errichtete Romnlus in derselben ein Asyl für Verfolgte, und Rom füllte sich mit Leuten aller Art, die aus irgeud einem Grunde ihre Heimath meiden mußten. Noch fehlte es der Stadt au Frauen. Da veranstaltete Romulus Festspiele und lud die Sabiner dazu ein. Während nun die Gäste harmlos deu Spielen zusahen, stürzten sich die römischen Jünglinge plötzlich auf die auweseudeu Jungfrauen und entführten sie gewaltsam in ihre Hütteu. Da rückte der Sabinerkönig Titus Tatius mit Heeresmacht vor Rom. Schon standen sich die Feinde gegenüber, als die geraubten Sabinerinnen herbeieilten und unter Thränen flehten, von dem blutigen Werke abzustehen. Beide Theile gaben nach und es kam ein Vertrag zu Stande, nach welchem sich die Sabiner auf dem Qnirinalis niederlassen, Römer und Sabiner unter dem Namen Quinten fortan nur ein Volk bilden, und beide Könige gemeinschaftlich über dasselbe herrschen sollten. Fünf Jahre später wurde Titus Tatius auf einem Volksfeste erschlagen, und Nomulus regierte nun allein, bis zu seinem Tode gerecht und milde. Bei Gelegenheit einer Heerschan auf dem Marsfelde nahm der Wagen des Kriegsgottes den König auf und entführte ihn unter Donner und Blitz in die Wohnungen der Unsterblichen. Das Volk aber verehrte den Stifter des Staates unter dem Namen Quirinus als Gott.
Schon in frühester Zeit besaß Rom festgeordnete Sta ats ei Errichtung en. Wie der Hansvater in der Familie, so war der König Herr in der Volksgemeinde. Sein Gebot war allmächtig im Frieden wie im Kriege, sein Urtheilsspruch entschied über Leben und Tod wie über die Freiheit der Gemcindeglieder, weshalb ihm als Zeichen seiner königlichen und richterlichen Machtfülle die Lictoreu (Amtsdiener) Beile und Ruthenbündel vorantrugen. In allen wichtigen Angelegenheiten holte er deu Rath des Senates ein, der anfänglich ans 100, später ans 200 und dann aus 300 Mitgliedern bestand, welche der König ans den Aeltesten der verschiedenen Geschlechter erwählte. Zur Wahl oder Bestätigung eines Königs, zur Erlassung neuer oder Abschaffung alter Gesetze, zur Entscheidung über Krieg und Frieden trat auf königliche Ladung auch die gesammte Bürgerschaft zu einer Volksversammlung zusammen, doch nicht um zu redeu, sondern um zu hören, nicht um zu fragen, sondern um zu antworten.
Die ganze römische Staatsgemeinde zerfiel in3tribns oder Volksabtheiluugcn, jede Tribus wieder in 10 Curien oder Pflegschaften mit je 10 Geschlechtern. Nur wer einem der alten Geschlechter angehörte, genoß das volle Bürgerrecht und wurde den Vätern der Stadt, deu Patriciern, beigezählt. Neben den vollfreien Altbürgeru gab es in Rom noch eine Menge halb frei er Qcute, die
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Ki. Sparta und Athen. Die Perscrkricge.
entbunden würden. Nach anderen Nachrichten soll er in Kreta gestorben sein, nachdem er befohlen, seine Asche ins Meer zu streuen damit sie die Spartaner nicht nach der Heimath brächten und sich dadurch berechtigt glaubten, die Verfassung zu beseitigen.
Die Folgen der lykurgischeu Gesetzgebung machten sich bald bemerkbar. Sparta blühte zu einem gesunden kräftigen Gemeinwesen empor, das im Laufe der Jahrhunderte die Hegemonie (Vorherrschaft) zuerst über den Peloponnes, dann über ganz Griechenland erlangte.
2. Athen. Solon.
Nachdem die Dorer den Peloponnes eingenommen, suchten 1068] sie sich auch in Attika festzusetzen und belagerten Athen. Ein Orakelspruch hatte ihnen den Sieg verheißen wenn der athenische König Kodrus nicht von ihnen getödtet würde. Als dies Kodrns erfuhr, verkleidete er sich als Bauer, begab sich ins dorische Lager, fing Häudel an und wurde erschlagen. Darauf zogen die Dorer, an dem Gelingen ihres Unternehmens verzweifelnd nach dem Peloponnes zurück. Die Athener aber hielten Niemanden für würdig des heldenmütigen Kodrus Nachfolger zu sein und schafften die Königswürde ab. An die Spitze der Regierung trat ein auf Lebenszeit^ gewählter Archont, der dem Volke Rechenschaft abzulegen hatte. Später wurde die Amtsdauer desselben auf zehn Jahr beschränkt und zuletzt vertheilte mau die höchste Gewalt unter neun Amtsgenossen, die alljährlich neu gewählt und sämmtlich den edlen Geschlechtern entnommen werden mußten. Die Edelleute (Eupatriden d. i. „Wohlgeborne") besaßen alle Macht und Ehrenstellen und benutzten sie zum Vortheil ihres Standes. Sie waren die einzigen Richter in bürgerlichen und religiösen Angelegenheiten, und ihre Urtheilssprüche waren nicht frei von Parteilichkeit. Dabei hatte das Volk an den Lasten des Staats, an Steuern und am Kriegsdienste, reichlich mitzutragen. Sahen sich nun die unbemitteltem Bauern durch die Noth gedrängt, bei den adligen Gutsbesitzern, deren Fruchtäcker größtenteils in der ergiebigen Ebene lagen, Kapitalien aufzunehmen, so brachte sie der übermäßig hohe Zins in noch größere Abhängigkeit von ihren vornehmen Gläubigern, denen die harten Schuldgesetze sogar^das Recht gaben, sie in die Selaverei zu verkaufen. Diese Zustände erzeugten eine tiefe Mißstimmung im Volke. Man sehnte sich nach einer bessern Ordnung der Dinge, und vor Allem drang man auf Abfassung geschriebener Gesetze, um nicht ferner der Willkür der Edelleute preisgegeben zu sein. Drako wurde beauftragt, diese Forderung zu befriedigen. Aber die allzugroße Härte seiner Gesetze, von denen man sagte, sie seien mit Blut geschrieben, war wenig geeignet, die Lage der niederen Klassen zu verbessern. Eine dumpfe Gährung gab sich allenthalben
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30 Iii. Sparta und Achen. Die Perserkriege.
trafen, zu berathen und dann der Volksversammlung vorzulegen; ihm staub die Leitung der Einnahmen und Ausgaben des Staats und die Überwachung bcr öffentlichen Sicherheit zu. Diejenigen Archonten, welche ihr Amt uutabelhaft verwaltet hatten, wurbeu in bcn Areopag, einen altehrwürbigen Gerichtshof, der seine Sitzungen auf dem Hügel des Kriegsgottes (Ares) hielt, aufgenommen. Er hatte die Aufsicht über die öffentliche Erziehung, über Zucht und Sitte, über Fleiß und Sittlichkeit der Bürger, über den heiligen Dienst der Götter und die religiöse Gesinnung des Volkes. Als „Auge des Gesetzes" hatte er das Recht, die Beamten zur Verantwortung zu ziehen und gegen alle Beschlüsse bcr Rathsherren und der Volksversammlung, die ihm gefährlich erschienen, Einspruch zu thun. Ohne eine Anklage abzuwarten, durfte er auch jeden Bürger, der sich eines Verbrechens schuldig gemacht, vor sich laden. Ihre Urtheilssprüche schrieben die Richter auf Täfelchen und warfen sic schweigend in die Urnen, deren eine die „Urne des Todes", die andere die „Urne der Erbarmung" hieß.
Auf die Erziehung bcr Jugend legte Solon eben so hohen Werth wie Lykurg. Aber er wollte die Athener nicht bloß zu tapferen Kriegern und tüchtigen Staatsbürgern, sondern auch zu guten Weltbürgern heranbilden. Mit dem 7. Jahre wurden die Knaben aus den Handen der Frauen entlassen und in Allem unterrichtet, was dazu beitragen konnte, einen gesunden Geist in einem kräftigen, schönen Körper zu erzeugen, den Haß gegen das Schlechte und das Wohlgefallen an dem Eblen und Schönen rege zu machen. Mit den Leibesübungen Hand in Hand ging der Unterricht im Lesen und Schreiben und in bcr Musik, worunter man nicht nur Spiel und Gesang, sonbern die gesarnrnte geistige Bilbnng verstaub. Am frühen Morgen begaben sich die Knaben in die Schule, wo sie Lieder und Weisen mit Begleitung der Zither lernten, ferner Denksprüche weiser Männer und Gcbichtc über die Thaten bcr Helden. Dann gingen sie nach den Ringplätzen, wo sie sich im Laufen, Springen, Werfen, Ringen und Schwimmen übten. Dieser Unterricht dauerte bis zum 16. Jahre fort. Dann trat der junge Athener aus dem Knaben- in das Jünglingsalter und besuchte nun die Gymnasien, weitläufige Anlagen mit Bahnen zum Wettlauf, mit Ring und Springplätzen, mit Schleuber- und Wurfstanben, mit Bädern und schattigen Plätzen. Hier bildeten sich die Jünglinge zugleich durch Waffenübungen zum Kriegsbienste vor; vom 18. bis zum 20. Jahre bienten sie als Grenzwehr. Mit bcm 20. Jahre würden sic dann in die Zahl der stimmberechtigten Bürger aufgenommen und durften an den Volksversammlungen Theil nehmen.
So trefflich auch Solons Gesetze waren, sic befriedigten weder die Edlen noch das Volk. Als er daher nach zehnjähriger Abwesenheit in Egypten, Kreta und Kleinasien, bei welcher
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84 Viii. Die Kämpfe um die Alleinherrschaft.
Zwei Jahre zog sich der Krieg hin, ohne daß die Römer einen Vortheil zu erringen vermochten. Da erhielt Stipio Aemilianus den Oberbefehl, und seiner Tapferkeit und Umsicht gelang es, eine Wendung der Dinge herbeizuführen. Er vernichtete die in der Nähe stehenden feindlichen Truppen und schloß dann die Stadt von der Land- und Seeseite vollständig ein. Da die Stadt so von aller Zufuhr abgeschnitten war, begannen Hunger und Seuchen unter den Belagerten furchtbar zu wüthen. Bald gerieth die Hafenstadt in die Gewalt Scipio's, der nun den Markt besetzte und von da aus die drei uach der Burg führenden Straßen in einem sechstägigen, mörderischen Kampfe eroberte. Da schwand auch der Besatzung auf der Burg die Kraft und der Muth zum Widerstand. Sie flehte um Gnade und freien Abzug, und Scipio gewährte ihr Sicherheit des Lebens. Was von Karthago noch übrig war, wurde den Flammen preisgegeben, welche 17 Tage wütheten, um das Zerstörungswerk zu vollenden. Daraus wurde zum Zeichen völliger Vertilgung der Pflug über die Stätte geführt, wo die Stadt gestanden, und eine feierliche Verwünschung 146über Alle ausgesprochen, die sie wieder aufbauen würden. Scipio vergoß beim Anblick der rauchenden Trümmer Thränen der Wehmuth und des Mitleids. Von dem Gebiete Karthago's wurde eiu Theil dem Könige von Nu midien geschenkt, das Uebrige unter dem Namen Afrika zur römischen Provinz gemacht. Dem Sieger-würde ebenso wie einst dem Ueberwinder Hannibals, dessen Namen er durch Adoption trug, die ehrende Bezeicknung „Afrikanus" zu Theil.
Viii. Die Kämpfe um die Alleinherrschaft.
1. Marius und Sulla.
Je mehr das Reich an Macht und Ausdehnung gewann, desto umfangreicher und schwieriger wurden die Regierungsgeschäfte. -Lie erforderten immer mehr solche Männer, welche sich durch Kenntnisse, Bildung und Einsicht hervorthaten und die öffentliche Wirksamkeit zu ihrem Berufe machten. So gelangten in der Regel nur die Glieder der reicheren und vornehmeren Geschlechter (Optimalen) zu den höchsten Ehrenstellen. Da die Letzteren aber nicht nur Opfer an Zeit und Geld in Anspruch nahmen, sondern auch Ansehen und Einfluß verliehen und Gelegenheit zur Erwerbung großer Reichthümer gaben, so vereinigten sich die Familien, aus denen die Senatoren genommen wurden, zu einer Aoelsgemeiude (Nobi-lität), deren Angehörige sich gegenseitig bei der Bewerbung um die Staatsämter unterstützten. Auf diese Weise bildete sich ein neuer bevorzugter Stand, der sich der übrigen Masse des Volkes
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Extrahierte Personennamen: Stipio_Aemilianus Scipio Scipio Scipio Hannibals Marius_und_Sulla Marius Sulla
102 Ix. Das römische Kaiserreich und die Germanen. Das Christenthum.
weilen nach Verlust aller ihrer Habe Weib und Kind, ja ihre eigene Freiheit auf den letzten Wurf setzten.
Die Deutscheu schieden sich in Freie und Nichtfreie. Vollfrei war derjenige, der ein festes Eigeuthum (Allod) besaß und bereits für wehrhaft erklärt war. Nichtvollfrei war der vollsrei geborene Allodbesitzer, der noch nicht wehrhaft war, und der vollfrei geborene Wehrhafte, der kein Allod hatte. Im Hause inmitten seines Besitz-thnmes waltete der freie Mann als oberster Herr, Richter und Priester seiner Familie und der ihm übertragenen Nichtfreien; nur er durfte an den Berathungen des Volkes theilnehmen. Wie es unter den Freien Abstufungen gab, so auch unter den Nichtfreien, welche entweder Eigenthum hatten und davon ihrem Herrn eine gewisse Abgabe entrichteten, oder als leibeigene Sclaven demselben unmittelbar dienten.
Eine Anzahl Familien (Sippschaften) bildeten eine Gemeinde, sämmtliche zu einer Völkerschaft gehörigen Gemeinden einen Gau; oft thaten sich mehrere Stämme zu einem Bunde zusammen. An der Spitze jeder Gemeinde und jedes Gaues stand ein Vorsteher; der Gauvorsteher hieß Gaugraf. Zu bestimmten Zeiten, zum Volloder Neumonde, versammelten sich die Vollfreien an einem geweihten Orte, unter einer heiligen Eiche oder Linde oder bei einem großen Steiue. Hier wurde über Krieg und Frieden berathen, hier schlichtete man Rechtsstreitigkeiten, stellte Gesetze fest, wählte die Vorsteher und bewehrte die Jüugliuge mit Schild und Speer. Die Versammlung gab ihre Zustimmung durch Schwertgeklirr, ihre Ablehnung durch Murren zu erkennen. Der Versammlungsort, an welchem gethingt d. i. berathen wurde, hieß Thiug- (Ding-) oder Malstatt, die Versammlung selbst Thing.
Die Gesetze pflanzten sich durch mündliche Ueberlieferung fort oder wurden in einfachen Schriftzeichen, Runen genannt, in Holzstäbe eingeschnitten oder in Steiue eingegraben. Die Freien durften an Leib und Leben nicht gestraft werden; nur Landesverräter, Feige oder Unzüchtige erlitten die Todesstrafe, und auch dann nur konnte sie durch die Priester im Namen der Götter verhängt werden. Sonst wurde jedes Vergehen durch eine Buße an Geld oder Gut (Wehrgeld) gesühnt. Schuld oder Unschuld wurde durch heilige Schwüre dargethau; in zweifelhaften Fällen entschied das Gottesurtheil (Ordale) in einer Feuer- oder Wasserprobe oder in einem öffentlichen Zweikampfe, nach dem dann aber auch aller Streit ruhen mußte. Vergehen gegen Freie wurden härter gestraft als gegen Nichtfreie, am härtesten die gegen Frauen. In der Hauptsache vermochten bei den Deutschen, wie Tacitns sagt, gute Sitten mehr als anderswo gute Gesetze.
Wurde in der Volksversammlung ein Krieg beschlossen, so wählten die waffenfähigen Männer ans ihrer Mitte einen Anführer (Herzog) und hoben ihn auf den Schild, um ihn den Kriegern zu
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