48
Geschichte.
die ersten Keime seiner Bildung und des bessern Landbaues.
Mit unerschütterlichem Muthe drangen Mönche in Deutschlands
Wälder, unter zahllosen Mühen, Gefahren und Drangsalen
stürzten sie den heidnischen Aberglauben, kämpften gegen rohe
und grausame Gebräuche und gewöhnten das Volk an menschliches
Recht, an das göttliche Gesetz.
Nach Konstantin des Großen Tode kamen wieder schwache
und schlechte Kaiser auf den Thron; Noth, Verwirrung und
Bedrängnisse nahmen daher von neuem überhand. Da trat
zu Ende des vierten Jahrhunderts ein kräftiger Kaiser auf,
Theodosius der Große, der für einige Zeit Ruhe und
Ordnung schaffte. Er hatte zwei Söhne, und da er wohl einsah,
daß das ganze Reich zu regieren für einen zu schwer sein
möchte, so theilte er es in zwei große Theile und gab
dem einen die östliche, dem andern die westliche Hälfte. Es
entstanden also zu Ende des vierten Jahrhunderts zwei Kaiser-
thümer, das morgenländische oder griechische mit der
Hauptstadt Konstantinopel, und das abendländische oder
römische mit der Hauptstadt Rom. Die Grenze, welche sie
schied, ging nördlich von dem adriatischen Meere durch das heutige
Ungarn. Diese Trennung brachte in der Folge große Nachtheile.
Die Herrscher beider Reiche wurden bald uneins; sie traten feind-
lich gegen einander auf, statt sich zu vereinigen und den andringen-
den deutschen Völkern gemeinschaftlich zu widerstehen. Daher ging
auch das eine dieser Reiche, das abendländische, bald unter, das
andere erhielt sich aber 1000 Jahre länger.
. Vj Große Völkerwanderung. Die Hunnen. Attila. -'/4'
Zu Ansang des fünften Jahrhunderts entstand im mittlern
und östlichen Europa eine gewaltige Gährung. Ganze Völker
verließen ihre Wohnsitze und drängten sich auf ihre südlichen oder
westlichen Nachbarn; diese trieben wieder die anwohnenden weiter.
Die so bedeutenden Züge und Wanderungen wurden von den
Hunnen, einem Volke aus der heutigen Mongolei, veranlaßt.
Sie wälzten sich in Schaaren zu Hunderttausenden über die Wolga
nach Europa, gleich einer ungeheuren Fluth, und vertrieben die
dort wohnenden Gothen, welche deutschen Stammes waren.
Ein alter Geschichtsschreiber schildert die Hunnen als ein Reiter-
volk von fürchterlicher Wildheit und grimmigem Ansehen. „ Sie
zerschneiden sich," sagt er, „in der Kindheit mit vielen Rissen
Kinn und Wangen, um das Wachsen der Haare zu verhindern.
Sie sind klein und dick, mit einem fleischigen Halse, breiten
Schultern, einem übermäßig großen Kopfe und breitem Gesichte,
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Extrahierte Personennamen: Konstantin Theodosius_der_Große Attila
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Konstantinopel Rom Ungarn Europa Mongolei Europa
50
Geschichte.
Hoffnung und überzog Italien. Unter den fürchterlichsten Ver-
wüstungen näherte er sich schon der Hauptstadt. Da nahm der
Papst Leo den Bischofstab in seine Hand, ging an der Spitze der
Vornehmsten in das hunnische Lager, brachte dem Attila reiche
Geschenke und mahnte ihn ab, nach Rom zu kommen. Die
ehrwürdige Gestalt des Greises mit silberweißem Barte und die
eindringliche Rede wirkte auf den wilden Krieger. Er ließ sich
besänftigen und kehrte zurück. Bald nachher starb er plötzlich in
Ungarn. Die Hunnen legten ihn in einen goldenen Sarg, diesen
in einen silbernen und beide in einen eisernen. Dann wurde
er unter kriegerischen Gesängen beerdiget. Diejenigen aber, welche
das Grab gemacht hatten, brachte man um, damit Niemand
verrathe, wo der große Hunnenkönig ruhe.
Das westliche Kaiserthum bestand fast nur aus Jtaliön.
Da kam Romulus Augustus, noch ein Knabe, zur Regierung.
Odoaker, ein Anführer deutscher Soldaten in römischen Dien-
sten, empörte sich gegen den Schattenkaiser und setzte ihn im
Jahre 476 ab. Er selbst nannte sich König von Italien. Mit
einem Romulus begann und hörte also auch das römische
Reich auf. - ■■■ f
Imuhamed.
Die Araber sind ein uraltes Voll, das in der heiligen Schrift
oft genannt wird. Sie bewohnen eine große Halbinsel, welche
weite Sandwüsten, öde Felsengebirge und nur wenige ganz
fruchtbare Landschaften enthält. Die Einwohner sind bei ihrer
Armuth gastfrei und gutmüthig. Ihr Körper ist stark und
geschmeidig, ihr Ansehen offen und heiter, und ausgezeichnet
die Lebhaftigkeit ihres Geistes. Unter diesem Volke ward, 570.
Muhamed in der Stadt Mekka geboren. Er verlor noch als
Kind seine Eltern. Da nahm ihn ein Oheim zu sich, der ihn für
den Kaufmannsstand bestimmte und mit seinen Karavanen nach
der Gegend des Euphrats, nach Syrien und Palästina sandte. —
Muhamed war ein schöner Mann, von kraftvoller Gesundheit und
würdevollem Blick, er besaß eine einschmeichelnde Beredsamkeit,
hohe Klugheit und kühnen Muth: lauter Eigenschaften, durch die
er sich leicht die Zuneigung der Menschen gewann.
Nachdem er noch einige große Reisen gemacht und dabei die
Religion und Sitten der Menschen genau beobachtet hatte, gab er
die Handlung auf und zog sich in die Einsamkeit zurück. Ganze Tage
brachte er in düstern Höhlen und schauerlichen Felsklüften zu. Sein
geheimnißvolles Wesen erfüllte die Seinigen mit wunderbaren
Ahnungen. Dort in stiller Einsamkeit grübelte er über Religions-
gegenstände. Der Glaube, in dem er erzogen war, Moses und
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Extrahierte Personennamen: Leo Leo Attila Romulus_Augustus Augustus Palästina Muth
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Ungarn Italien Mekka Syrien
Das Christenthum in Deutschland. Bonifacius. 55
Die (Sbein (Ebelinge) kämpften wohl auch zu Pferbe (boch hatten
sie keine Sättel, die sie als Zeichen der Weichlichkeit verachteten) ;
im Augenblicke der Gefahr floh der Fußgänger, an der Mähne
des Pferbes sich haltend, aus dem Kampfe; kehrte aber, mit
neuem Muthe beseelt, bald zurück. Drohte dem Lande ein Feind,
so wurden die freien, wehrhaften Männer aller Gaue zu den
Waffen gerufen — das war der Heerbann ober die Landwehr.
Im Kampfe standen die einzelnen Gemeinden und Familien neben
einander, die Beute wurde unter alle gleich vertheilt, das beste
Stück war der Preis des Tapfersten, des Anführers, der im
Frieden wieder in die Reihe der übrigen zurücktrat, ohne einen
Vorzug zu genießen. Dem Zuge der Kämpfer folgten die Weiber
auf unzähligen Karren, die zugleich zur Deckung des Lagers, das
sie kreisförmig umgaben, dienten. Vor dem Angriffe ertönten
kriegerische Instrumente, Hörner von Auerochsen; die Schilde
wurden schrecklich dröhnend aneinander geschlagen, und mit einem
fürchterkchen Kriegsgeschrei begann der Angriff. Von der Wagen-
burg herab vernahm der Krieger der Kinder Geschrei, der Weiber
erweckenden Zuruf. — Arme kriegerische Jünglinge schloffen sich
an vornehmere, oder an den Vorsteher des Gaues, folgten ihm
in allen Zügen und waren ihm auf Leben und Tod verbunden.
Des Anführers Gefangennehmung oder Tod zu überleben, war
ein ewiger Schimpf. Der Anführer sorgte für Waffen und
Lebensunterhalt seines Gefolges, das einem stehenden Heere
vergleichbar war. Krieg mußte ihm daher stets erwünscht sein,
um von der gemachten Beute den Unterhalt des Gefolges bestreiten
zu können. Waltete in der Heimath Friede, so suchten sie draußen
Kampf und Beute, ja sie dienten wohl gar fremden Nationen,
wie den Römern zu Augustus Zeiten.
Als der römische Staat immer mehr zerfiel, das Volk immer
kraftloser ward, nahmen die Kaiser ganze deutsche Völkerschaften
in Sold, und diese setzten sich dann im römischen Gebiete fest,
und es entstanden so überall deutsche Reiche, wie das ostgothische
in Ungarn. Die Sueven wohnten in Portugal, in Spanien
und im südlichen Frankreich die Westgothen. Um die Rhone bis
in die Schweiz saßen die Burgunder, am Niederrhein die Franken,
an der Elbe zwischen Ost- und Nordsee die Sachsen, mit denen
die Friesen an der Nordseeküste in Verbindung standen. Mitten
in Deutschland, am Main und an der Saale, wohnten die
Thüringer, in Süddeutschland am Schwarzwalde die Allemannen,
ein mächtiger Bund verschiedener Stämme; unterhalb der Donau
bis an die Ems die Boher oder Bayern, durch den Lech von den
Allemannen getrennt. Italien hielt Odoaker mit Herulern und
Rugiern (früher in Pommern) besetzt; nach Britannien waren
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Portugal Spanien Frankreich Westgothen Nordsee Sachsen Deutschland Main Schwarzwalde Donau Italien Pommern Britannien
Das Christenthum in Deutschland. Bonifacius. 57
Seidenzucht in Europa ein. Doch fanden die großen Männer
selten den Lohn für ihre Verdienste; wie Belisar, so wurde der
siegreiche Narses von den neidischen Großen beim Kaiser ange-
schwärzt und unter bitteren Kränkungen von seinem Posten in
Italien abberufen. Er ging nicht nach Konstantinopel, sondern
nach Neapel, sandte Boten an die in Ungarn hausenden Longo-
barden und ließ ihnen sagen: sie möchten das armselige Panno-
nien verlassen und von dem gesegneten Italien Besitz nehmen.
Alboin, König der Longobardcn, brach mit seinem ganzen Volke
und 20,000 Sachsen auf, bereitete überall Furcht und Schrecken
wie ein zweiter Attila und gründete ein neues Reich, noch heut
die Lombardei genannt. Das war die letzte Bewegung der
großen Völkerwanderung.
Unter'allen den Reichen, die auf den Trümmern des römischen
gegründet wurden, hatte nur das fränkische Dauer. Im
Jahre482 stand unter den Franken ein König auf, Chlodwigs
aus der Königsfamilie der Merowinger. Er war ein kriegslustiger,
herrschsüchtiger Mann, dessen ganzer Sinn nur aus Erweiterung
seiner Herrschaft gerichtet war. Mit den übrigen Fürsten der
fränkischen Stämme schloß er Bündnisse zur Vernichtung der
feindlichen Völker; hatte er seinen Zweck erreicht, so entzweite er
seine Helfer (die seine Verwandten waren), fiel sie einzeln an,
besiegte einen nach dem andern und vereinigte ihre Länder mit
den seinigen. Auch vertrieb er die letzten Römer aus Gallien
und bezwang die Burgunder und Thüringer. Er vermählte sich
mit Klotilde, einer Nichte des burgundischen Königs, die in der
christlichen Religion erzogen war und ihren ganzen Einfluß aufbot,
ihren Gemahl zum Christen zu machen. Aber sein wildes Gemüth
widerstrebte der milden Lehre; doch als er gegen die Allemannen
zog und bei Zülpich lange nicht zum Siege gelangen konnte; als
gar seine Schaaren wankten und sich zur Flucht anschickten: da
gedachte er dessen, was ihm Kloiilde vom mächtigen Christen-
gotte erzählt hatte, und inbrünstig streckte er seine Hände zum
Himmel aus und betete: „Hilfmir, Jesus Christus! denn meine
Götter verlassen mich. Wenn du mir beistehst in dieser Noth,
so will ich an dich glauben." Und wie durch einen Zauber
ordneten sich die Reihen seiner Krieger und errangen mit der
alten Tapferkeit den Sieg. Chlodwig erfüllte nun auch sein
Gelübde: am nächsten Weihnachtsfeste ließ er sich feierlich zu
Rheims mit 3000 Franken taufen. Er vergrößerte sein Reich
immer mehr und gab ihm den Namen Frankenreich.
Die Deutschen waren nicht so rohe Barbaren wie die Hunnen.
Sie zerstörten nicht wie diese von Grund aus alles, was sie bei
den unterjochten Völkern vorfanden, sondern eigneten sich an,
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Attila Chlodwigs Jesus_Christus Chlodwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Italien Konstantinopel Neapel Ungarn Italien Sachsen Chlodwigs Gallien
49
Große Völkerwanderung. Die Hunnen. Attila.
aus welchem kleine Augen wild hervorgucken. Sie tragen leinene
Kittel, auch Pelze von Waldmäusen; die Beine wickeln sie in
Bocksfelle. Ihre Speisen erfordern kein Feuer, kein Gewürz.
Sie leben von Wurzeln, wilden Pflanzen und rohem Fleische,
das sie wie einen Sattel auf das Pferd legen, es mürbe reiten
und dann verzehren. Häuser, ja Hütten kennen sie nicht. Umher-
schweifend im Freien und durch Wälder gewöhnen sie sich von
der ersten Kindheit an zur Ertragung der Kälte, des Hungers
und des Durstes. Von ihren Pferden sind sie unzertrennlich;
sie essen, trinken und schlafen daraus. Auch bei gemeinschaft-
lichen Berathungen sitzen sie alle zu Pferde. Ackerbau und
Handwerke kennen sie nicht; Religion und Gesetze sind ihnen
fremd. Der Krieg ist ihre größte Lust. Die Schlacht beginnen
sie mit einem fürchterlichen Geheule. Wie der Blitz fliegen sie
herbei, aber in demselben Augenblicke verschwinden sie auch schon
wieder, um schnell zurückzukehren; und kaum ist man ihrer gewahr
geworden, so erstürmen sie auch schon die Verschauzungen, oder
plündern das Lager. Dem Zuge der Männer folgen ihre schmutzigen
Weiber oder ungestalteten Kinder auf zahllosen, mit Fellen über-
zogenen Wagen. Treue und Glauben sind bei ihnen unbekannte
Dinge; wie die unvernünftigen Thiere wissen sie nichts von Recht
und Unrecht."
Die Hunnen drangen Anfangs bis nach Ungarn vor und
blieben dort gegen fünfzig Jahre, ohne sich um andere Völker
viel zu bekümmern. Dann erhoben sie sich aufs neue unter
ihrem Könige Attila. Von ihm rühmten die Hunnen, daß,
wenn er sein Schwert in die Erde stieße, hundert Völker zitterten
und Rom und Konstantinopel erbebten. Er war klein von Körper,
hatte einen großen Kopf, und seine funkelnden Augen, die er stolz
umherwarf, kündigten den Herrscher an. Er selbst war mäßig,
sprach wenig und trank aus einem hölzernen Becher; aber seine
Gäste speisten von Silber und Gold. Dieser Attila kam mit
700,000 wilden Kriegern nach Deutschland und zog, alles ver-
wüstend , nach dem Rheine zu. Er drang in Frankreich ein; mit
Feuer und Schwert bahnte er sich den Weg; die blühendsten
Städte wurden zerstört. ¿0-
In dieser Noth verbanden sich die Römer mit Theodorich,
dem.könige der Westgothen, zogen viele deutsche Hilfsvölker
an sich und stellten sich bei der Stadt Chalons an der Marne
dem Länderstürmer entgegen. Hier fiel nun im Jahre 451 die
große Völkerschlacht vor, eine der blutigsten, die je in Europa
geliefert wurde. Ueber 160,000 Leichen blieben von beiden Seiten
aus dem Platze. Attila wurde zum ersten mal geschlagen und
ging nach Ungarn zurück. Im nächsten Jahre aber faßte er neue
Rendschmidt's Lesebuch für obere Klassen. 4
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Extrahierte Personennamen: Attila Attila Attila Attila
Extrahierte Ortsnamen: Bocksfelle Ungarn Rom Konstantinopel Deutschland Rheine Frankreich Europa Ungarn
52
Geschichte.
Der Hauptinhalt von Muhameds Lehre war: Es ist nur
ein Gott und Muhamed sein Prophet. Moses und
Christus erkannte er zwar als göttliche Gesandten an, doch stellte
er sich selbst hoch über beide. Als nothwendige Pflichten gebot
er: tägliche Waschungen und Gebet, Fasten zu gewisser Zeit,
Almosengeben. „Beten," sagte er, „führt auf halbem Wege
zu Gott, Fasten bringt an den Eingang znm Himmel, Almosen
eröffnen die Pforte zum Paradiese." Das Buch, welches
Muhameds Lehren enthält, heißt Koran; es wird von seinen
Anhängern so verehrt, wie bei uns die Bibel. Muhameds
Lehre wird auch Islam genannt, d. h. Glaube.
Die Nachfolger Muhameds, die Kalifen, setzten die Erobe-
rungen der Araber mit unglaublicher Schnelligkeit fort. Während
die christliche Religion sich durch die sanfte Gewalt der Wahrheit
und Ueberzeugung Eingang verschaffte, wurde die mnhamedauische
durch das Schwert ausgebreitet. Ein Heer des griechischen Kai-
sers ward geschlagen, und Syrien, Palästina und ganz Aegypten
vom Kalifen Omar 638, erobert. Die folgenden Kalifen unter-
warfen die ganze Küste von Afrika bis an die Meerenge von
Gibraltar und dehnten auf der andern Seite ihr Reich weit nach
Asien hin ans, wobei das griechische Kaiserthum immer mehr
von seinen Landestheilen verlor.
/ Das Christenthum in Deutschland. Donifacius.
* Von unsern deutschen Vorfahren haben wir hier und da
schon einiges gehört, es ziemt sich aber wohl, daß wir sie etwas
genauer kennen lernen.
Die Römer nannten sie Germanen und zählten dazu alle
nördlich der Alpen wohnenden Völker. Zuerst traten sie unter
dem Namen Eimbern und Teutonen gegen die Römer auf, etwa
hundert Jahre vor Christus. Marius besiegte sie, und man
hörte nichts von ihnen bis auf Julius Cäsar, der zwar mehrere
Siege über sie erfocht, aber immer ohne bleibenden Erfolg.
Nach der Eroberung Galliens, des heutigen Frankreichs, wieder-
holten sich die Kriege zwischen Römern und Deutschen; die letz-
tern wichen nur der Uebermacht, kehrten aber verstärkt an Zahl
und Muth aus ihren Wäldern zurück. Um ihre eigenen Länder
gegen die Einfälle der wilden Krieger zu schützen, bauten die
Römer am Rheine und an der Donau feste Burgen, aus denen
später große, herrliche Städte wurden.
Im Innern Deutschlands gingen selbst nach der vollständigen
Besiegung der Römer unter Varus keine besonderen Veränderun-
gen vor; das Volk zerfiel nach wie vor in verschiedene Stämme,
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Extrahierte Personennamen: Muhameds Christus Donifacius Christus Marius Marius Julius_Cäsar Cäsar Muth Varus
Extrahierte Ortsnamen: Syrien Palästina Afrika Asien Deutschland Galliens Frankreichs Rheine Donau Deutschlands
56
Geschichte.
í
¡
Angelsachsen gegangen und Vandalen besetzten die Balearen, Sar-
dinien , Korsika und die Nordküste von Afrika. Die im Lünebur-
gischen wohnenden Langobarden gingen nach Ungarn. Griechenland
mit der Hauptstadt Konstantinopel machte ein eigenes Kaiserreich
aus und hatte die Ostgothen zu nördlichen Nachbarn. Die Länder
des Nordens kannte man um diese Zeit nur wenig.
Das Reich der Ostgothen wurde mächtig durch seinen König
Theödorich. Der griechische Kaiser Zeno hatte von den Ost-
gothen den Frieden erkauft und den Theodorich als Geisel erhal-
ten. Achtzehn Jahre alt, kehrte dieser zu seinem Vater zurück und
ward allgemein als König anerkannt. Aus Furcht vor seinem
Unternehmungsgeiste rieth ihm der Kaiser, Italien zu erobern.
Dies geschah, und Odoaker verlor Land und Leben. Theodorich
gab weise Gesetze und wachte über Ordnung und Gerechtigkeit.
Handel und Gewerbe blühten wieder auf, ja sogar Schulen
wurden wieder eröffnet. Aber nur kurz war dieses Glück.
Theodorich starb nach 33 jähriger Regierung ohne Kintwr, und
die Streitigkeiten der Großen zerrütteten unter schwachen Königen
das Reich und beschleunigten den Untergang desselben. Das
griechische Kaiserreich kam unter Justinian noch einmal zur Blüthe.
Nachdem derselbe einen furchtbaren Bürgerkrieg gedämpft hatte,
dachte er an Eroberungen. Seinen Feldherrn Belisar sandte
er nach Afrika, und dieser eroberte das ganze Vandalenreich,
setzte dann nach Sicilien über und drang weit in Italien vor.
Die meisten Städte dieses Landes öffneten ihm freiwillig die
Thore, Neapel erstürmte er und ließ es ganz ausplündern.
Nun ging er auf Rom los. Die Bewohner dieser Stadt,
wie die Griechen der katholischen Religion zugethan, öffneten dem
kaiserlichen Heere die Thore. Da erhoben die arianischen Gothen
ihren tapfern Feldherrn Vitiges auf dem Schilde zum Könige;
dieser sammelte ein großes Heer und griff den nur mit 8000
Mann Rom vertheidigenden Belisar an, mußte aber, als ein
griechisches Hilfsheer erschien, seinen Vorsatz aufgeben. Auch
die spätern Könige der Gothen, Tötilas und Thas konnten das
Reich nicht halten; letzterer erlag in einer blutigen Schlacht am
Vesuv, und das Gothenreich wurde eine Provinz des griechischen
Kaiserreiches.
Wichtiger als diese Eroberungen ist die Ordnung des Rechts-
wesens, die Justinian in seinen Ländern vornahm. Er ließ die
Aussprüche berühmter Rechtsgelehrten sammeln und schuf so ein
Gesetzbuch, das für viele Staaten eine Grundlage des Rechts
geworden ist. Die Städte wurden wieder hergestellt und verschö-
nert; ein Meisterwerk der Baukunst ist die Sophieenkirche in
Konstantinopel, jetzt eine türkische Moschee. Ferner führte er die
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Extrahierte Personennamen: Zeno
Extrahierte Ortsnamen: Korsika Afrika Ungarn Griechenland Konstantinopel Italien Afrika Sicilien Italien Neapel Rom Konstantinopel
Das Christenthum in Deutschland. Bonifacius.
55
hatten sie keine Sattel, die sie als Zeichen der Weichlichkeit ver-
achteten); im Augenblicke der Gefahr floh der Fußgänger, an der
Mähne des Pferdes sich haltend, aus dem Kampfe; kehrte aber,
mit neuem Muthe beseelt, bald zurück. Drohte dem Lande ein
Feind, so wurden die freien, wehrhaften Männer aller Gaue zu
den Waffen gerufen — das war der Heerbann oder die Landwehr.
Im Kampfe standen die einzelnen Gemeinden und Familien neben
einander, die Beute wurde unter alle gleich vertheilt, das beste
Stück war der Preis des Tapfersten, des Anführers, der im Frie-
den wieder in die Reihe der übrigen zurücktrat, ohne einen Vorzug
zu genießen. Dem Zuge der Kämpfer folgten die Weiber auf
unzähligen Karren, die zugleich zur Deckung des Lagers, das sie
kreisförmig umgaben, dienten. Vor dem Angriffe ertönten kriege-
rische Instrumente, Hörner von Auerochsen; die Schilde wurden
schrecklich dröhnend aneinander geschlagen, und mit einem fürch-
terlichen Kriegsgeschrei begann der Angriff. Von der Wagenburg
herab vernahm der Krieger der Kinder Geschrei, der Weiber er-
weckenden Zuruf. — Arme kriegerische Jünglinge schlossen sich an
vornehmere, oder an den Vorsteher des Gaues, folgten ihm in
allen Zügen und waren ihnen auf Leben und Tod verbunden.
Des Anführers Gefangennehmung oder Tod zu überleben, war
ein ewiger Schimpf. Der Anführer sorgte für Waffen und Le-
bensunterhalt seines Gefolges, das einem stehenden Heere ver-
gleichbar war. Krieg mußte ihm daher stets erwünscht sein, um
von der gemachten Beute den Unterhalt des Gefolges bestreiten zu
können. Waltete in der Heimath Friede, so suchten sie draußen
Kampf und Beute, ja sie dienten wohl gar fremden Nationen, wie
den Römern zu Augustus Zeiten.
Als der römische Staat immer mehr zerfiel, das Volk immer
kraftloser ward, nahmen die Kaiser ganze deutsche Völkerschaften in
Sold, unv diese setzten sich dann im römischen Gebiete fest, und
es entstanden so überall deutsche Reiche, wie das ostgothische in
Ungarn. Die Sueven wohnten in Portugal, in Spanien und
im südlichen Frankreich die Westgolhen. Um die Rhone bis in die
Schweiz saßen die Burgunder, am Niederrhein die Franken, an
der Elbe zwischen Ost- und Nordsee die Sachsen, mit denen die
Friesen an der Nordseeküste in Verbindung standen. Mitten in
Deutschland, am Main und der Saale, wohnten die Thüringer,
in Süddeutschland am Schwarzwalve die Auemannen, ein mäch-
tiger Bund verschiedener Stämme; unterhalb der Donau bis an die
Ens die Boyer oder Bayern, durch den Lech von den Allemannen
getrennt. Italien hielt Odoaker mit Herulern und Rugiern (frü-
her in Pommern) besetzt; nach Britannien waren Angelsachsen ge-
gangen und Vandalen besetzten die Balearen, Sardinien, Korsika
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Portugal Spanien Frankreich Westgolhen Nordsee Sachsen Deutschland Main Süddeutschland Schwarzwalve Donau Italien Pommern Britannien Sardinien
Das Christenthum in Deutschland. Bonifacius. 57
Lohn für ihre Verdienste; wie Belisar, so wurde der siegreiche
Nurses von den neidischen Großen beim Kaiser angeschwärzt und
unter bittern Kränkungen von seinem Posten in Italien abberufen.
Er ging nicht nach Konstantinopel, sondern nach Neapel, sandte
Boten an die in Ungarn hausenden Longobarden und ließ ihnen
sagen: sie möchten das armselige Pannonien verlassen und von dem
gesegneten Italien Besitz nehmen. Alboin, König der Longobar-
den, brach mit seinem ganzen Volke und 20,000 Sachsen auf, be-
reitete überall Furcht und Schrecken wie ein zweiter Attila und
gründete ein neues Reich, noch heut die Lombardei genannt. Das
war die letzte Bewegung der großen Völkerwanderung.
Unter allen Den Reichen, die auf den Trümmern des römischen
gegründet wurden, hatte nur das fränkische Dauer. Im
Jahre 482 stand unter den Franken ein König auf, Klodwig,
aus der Königssamilie der Merowinger. Er war ein kriegslustiger,
herrschsüchtiger Mann, dessen ganzer Sinn nur auf Erweiterung
seiner Herrschaft gerichtet war. Mit den übrigen Fürsten der frän-
kischen Stämme schloß er Bündnisse zur Vernichtung der feindlichen
Völker; hatte er seinen Zweck erreicht, so entzweite er seine Helfer
(die seine Verwandten waren), fiel sie einzeln an, besiegte einen
nach dem andern und vereinigte ihre Länder mit den seinigen.
Auch vertrieb er die letzten Römer aus Gallien und bezwang die
Burgunder und Thüringer. Er vermählte sich mit Klotilde, einer
Nichte des burgundischen Königs, die in der christlichen Religion
erzogen war und ihren ganzen Einfluß aufbot, ihren Gemahl
zum Christen zu machen. Aber sein wildes Gemüth widerstrebte
der milden Lehre; doch als er gegen die Allemannen zog und bei
Zülpich lange nicht zum Siege gelangen konnte, als gar seine
Schaaren wankten und sich zur Flucht anschickten: da gedachte er
dessen, was ihm Klotilde vom mächtigen Christengotte erzählt
halte, und inbrünstig streckte er seine Hände zum Himmel aus und
betete: „Hilf mir, Jesus Christus! denn meine Götter verlassen
mich. Wenn du mir beistehst in Dieser Noth, so will ich an dich
glauben." Und wie durch einen Zauber ordneten sich die Reihen
seiner Krieger und errangen mit der alten Tapferkelt den Sieg.
Klodwig erfüllte nun auch sein Gelübde: am nächsten Weihnachts-
seste ließ er sich feierlich zu Rheims mit 3000 Franken taufen. Er
vergrößerte sein Reich immer mehr und gab ihm den Namen
Frankenreich.
Die Deutschen waren nicht so rohe Barbaren wie die Hun-
nen. Sie zerstörten nicht wie diese von Grund aus alles, was
sie bei den unterjochten Völkern vorfanden, sondern eigneten sich
an, was ihnen zusagte. Daher änderte sich bei ihnen bald gar
manches, namentlich nach der Annahme des Christenthums. Die
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Attila Jesus_Christus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Konstantinopel Neapel Ungarn Italien Sachsen Gallien
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Geschichte.
die ersten Keime seiner Bildung und des bessern Landbaues. Mit
unerschütterlichem Muthe drangen Mönche in Deutschlands Wäl-
der, unter zahllosen Mühen, Gefahren und Drangsalen stürzten
sie den heidnischen Aberglauben, kämpften gegen rohe und grau-
same Gebräuche und gewöhnten das Volk an menschliches Recht,
an das göttliche Gesetz.
Nach Konstantin des Großen Tode kamen wieder schwache
und schlechte Kaiser auf den Thron; Noth, Verwirrung und Be-
drängnisse nahmen daher von neuem überhand. Da trat zu Ende
des vierten Jahrhunderts ein kräftiger Kaiser auf, Theodosius
der Große, der für einige Zeit Ruhe und Ordnung schaffte. Er
hatte zwei Söhne, und da er wohl einsah, daß das ganze Reich
zu regieren für einen zu schwer sein möchte, so theilte er es in
zwei große Theile und gab dem einen die östliche, dem an-
dern die westliche Hälfte. Es entstanden also zu Ende des vier-
ten Jahrhunderts zwei Kaiserthümer, das morgen ländische
oder griechische mit der Hauptstadt Konstantinopel, und das
abendländische oder römische mit der Hauptstadt Rom. Die
Grenze, welche sie schied, ging nördlich vom adriatischen Meere
durch das heutige Ungarn. Diese Trennung brachte in der Folge
große Nachtheile. Die Herrscher beider Reiche wurden bald
uneins; sie traten feindlich gegen einander aus, statt sich zu ver-
einigen und den andringenden deutschen Völkern gemeinschaftlich
zu widerstehen. Daher ging auch das eine dieser Reiche, das
abendländische, bald unter, das andere erhielt sich aber 1000 Jahre
länger.
Große Völkerwanderung. Die Hunnen. Attila.
Zu Anfang des fünften Jahrhunderts entstand im mittlern
und östlichen Europa eine gewaltige Gährung. Ganze Völker
verließen ihre Wohnsitze und drängten sich auf ihre südlichen oder
westlichen Nachbarn; diese trieben wieder die anwohnenden weiter.
Die so bedeutenden Züge und Wanderungen wurden von den
Hunnen, einem Volke aus der heutigen Mongolei, veranlaßt.
Sie wälzten sich in Schaaren zu Hunderttausenden über die Wolga
nach Europa, gleich einer ungeheuren Fluth, und vertrieben die
dort wohnenden Gothen, welche deutschen Stammes waren. Ein
alter Geschichtsschreiber schildert die Hunnen als ein Reitervolk
von fürchterlicher Wildheit und grimmigem Ansehen. „Sie zer-
schneiden sich," sagt er, „in der Kindheit mit vielen Rissen Kinn
und Wangen, um das Wachsen der Haare zu verhindern. Sie
sind klein und dick, mit einem fleischigen Halse, breiten Schultern,
einem übermäßig großen Kopfe und breiten Gesichte, aus welchem
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Extrahierte Personennamen: Konstantin Theodosius
der_Große Attila
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