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1. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 143

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 143 — leben, die es auch gesehen haben." (Gedanken Luthers, beim Anblick des Mönches.) Meint ihr, daß Martin lange in Magdeburg geblieben ist? Erwartung: Wohl kaum, des Lebens Not begegnete ihm hier in gar zu greller Gestalt. Wie oft mußte er hungern und frieren! Wie oft schlich er bettelnd von Haus zu Haus! Wie elend wanderte er zur Schule! Das Sorgen und Mühen um’s tägliche Brot raubten ihm nicht nur die Zeit, wohl oft auch die Lust zum Studium in der lateinischen Sprache. Ging er da wieder zurück nach Mansfeld und hüllte sich in einen Bergmannskittel, um des Vaters Schlegelgeselle zu werden, oder fand er eine andere lateinische Schule, auf welcher er nicht bloß freien Unterricht, sondern auch freien Lebensunterhalt genoß? Bestätigung: Martin blieb nur ein Jahr in Magdeburg. Der Vater wies ihn dann nach Eisenach, wo ihn Verwandte der Mutter unterstützen sollten, aber diese waren selbst arm. Ihr könnt euch denken, wie es dem fünfzehnjährigen Martin dort ergangen ist, Erwartung: Es wird ihm in Eisenach nicht viel besser ergangen sein als in Magdeburg. Die Verwandten waren nicht in der Lage, ihn zu unterstützen, denn sie hatten für sich selber nichs. Wenn es ihm da nur nicht schlimmer ergangen ist als in Magdeburg. Vielleicht saß er da in einer kalten Bodenkammer und lernte seine lateinischen Worte für den nächsten Tag. Oder wenn er gar im Haufe helfen mußte? Da schaukelte er wohl gar mit der einen Hand die Wiege und hielt in der andern fein Buch.*) Wenn es ihm so schlecht erging, so mußte gewiß der Arme auch in Eisenach fortfahren, als Chorknabe beim Gottesdienste mitzuwirken oder das tägliche Brot vor den Thüren sich zu ei'singen. Da mochte es ihn immer wieder tief darniederdrücken, wenn man ihn statt mit Geld oder Brot mit groben Scheltworten abspeiste. Bestätigung: Anfangs erging es ihm schlecht. Er sagt selbst: „Verachte mir nicht die Gesellen, die vor den Thüren den Brotreigen singen. Ich bin auch ein solcher Partekenhengst gewesen uns habe das Brot vor den Hausern genommen, sonderlich zu Eisenach, in meiner lieben Stadt." Er nennt Eisenach seine liebe Stadt. Erwartung! Es mag ihm doch noch gut ergangen sein. Vielleicht zeichnete er sich in der Schule vor allen andern Schülern aus, lernte fleißig lateinisch, so .daß feine Lehrer auf ihn aufmerksam wurden, ihn freundlich und liebevoll behandelten und reichen Bürgersleuten zur Unterstützung empfahlen. Oder er fiel durch fein andächtiges Singen und Beten in der Kirche und bei den Umzügen in der Stadt, durch fein stilles, ernstes Wesen und sein bleiches Aussehen einem mitleidigen *) So malt Otto Zuck, Atzendors das Elend des Eisenacher Lateinschülers aus.

2. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 144

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 144 — Menschen auf, der sich dann nach seinen dürftigen Umständen erkundigte und ihn an seinen Tisch, in sein Hans nahm und für ihn sorgte wie der geliebte Vater in Mansfeld. Bestätigung: Die lateinische Schule zu Eisenach besuchte Martin mit großer Lust und Liebe. Ganz besondere Freude fand er an dem Lehrer, der an der Spitze der Schule stand, an dem Rektor Johannes Trebonius. Dieser behandelte seine Schüler freundlich und liebevoll; denn von ihm wird erzählt, daß er, so oft er in die Schulstube gekommen, allemal sein Barett abgenommen habe, bis er sich auf feinen Lehnstuhl niedergesetzt und auch die andern Lehrer dazu angehalten habe, indem er sagte: „Es sitzet unter diesen jungen Schülern noch mancher, da Gott aus dem einen einen ehrlichen Bürgermeister, aus dem andern einen Kanzler, hochgelehrten Doktor oder Regent machen kann, ob ihr sie gleich itzo nicht kennt; denselben sollt ihr billig Ehre erzeigen." Ganz besonders zeichnete sich Martin Luther vor seinen Altersgenossen aus, als einmal die Schule hohen Besuch bekam, den berühmten Professor Jodokus Trutvetter aus Erfurt. Zu Ehren des hohen Gastes wurde eine Schulfeier veranstaltet. Martin Luther war, als der beste lateinische Redner, dazu erwählt, die Festansprache zu halten. Ausmalung*): „Nach der Feier klopfte der große Gelehrte aus Erfurt Luther auf die Schulter und sagte: „Mein Sohn, der Herr hat Dir ganz besondere Gaben verliehen; gebrauche sie treulich in seinem Dienste. Wenn Du einst so weit bist und willst zu uns nach Erfurt kommen, so erinnere Dich, daß Du daselbst einen guten Freund hast, den Doktor Jodokus Trutvetter; an den wende Dich, er wird Dich freundlich aufnehmen." Darauf wandte er sich an seinen Freund Trebonius und sprach zu diesem: „Herr Rektor, Ihr habt da eine treffliche Schule und es steht gut mit ihr, sonderlich in der Beredsamkeit. Besonders behaltet den Luther im Auge, dem sieht und hört man ab, daß etwas in ihm steckt. Sucht ihn für die Universität vorzubereiten und schickt ihn uns nach Erfurt. Aus dem ist etwas zu machen." Trebonius entgegnete: „Er ist in der That mein bester Schüler,gleich fromm und sittsam wie gelehrt; aber ich fürchte, er wird wegen Mangels an Geld nicht imstande fein, das Studium fortzusetzen." „Das wäre schade," erwiderte jener; „einen solchen Geist müßte man der Wissenschaft zu erhalten suchen." Dieser Wunsch des Erfurter Gelehrten sollte in Erfüllung gehen. Schon bei den Singumgängen und in der Kirche hatte der Latein-schüler durch fein andächtiges Singen und Beten die Augen einer wohlhabenden, mildthätigen Kaufmannsfrau, mit Namen Ursula Kotta, auf sich gelenkt. Als nun eines Tages Trebonius als Gast im Haufe des Kaufmanns weilte und erzählte, was man zu Ehren feines Freundes Trutvetter in feiner Schule gethan und wie einer feiner Schüler, Martin Luther, diesem ganz besonders Freude bereitet, und welche Worte der Gelehrte zu Luther gesprochen habe, da war die fromme Frau fest *) Siehe Lutherbuch bort Otto Zuck, Atzendorf.

3. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 141

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 141 — Alles, was ihnen an ihm böse erschien, suchten sie zu entfernen. Da setzte es oft um geringfügiger Dinge willen derb die Ruthe, so daß der Knabe wohl gar schüchtern und furchtsam sich aus dem Hause schlich. Mit dem gleichen Eifer pflegten und hegten sie aber auch alles, was sich in der Kindesseele Gutes und Edles regte. Sinnend betrachtete Martin mit dem frommen Vater die Heiligenbilder an der Wand und andächtig erhob er den Blick zu den Sternen, die durch die runden, mit Blei eingefaßten Scheiben blitzten. Der Vater regte ihn durch ernste Gespräche auch zum Nachdenken an und sammelte Gäste um sich, die den forschenden und fragenden Knaben belehrten. Wie freuten sich da die Eltern, als sie herausgefunden, daß der kleine Martin, klug und fromm, einst gewiß ein tüchtiger Mann werden würde! Sieben Jahre alt, wurde der Knabe der lateinischen Schule zu Mansfeld übergeben. Da lernte er das Selen, Schreiben, Singen und die Anfangsgründe im Latein. Vor allen Dingen aber wurde der Katechismus auswendig gelernt. Die zehn Gebote, der Glaube, und das Vaterunser wurden ohne jede Besprechung und Erklärung eingeprägt und überhört. Wenn dann das Aufsagen schlecht von statten ging, so sollte der Stock nachhelfen. Auch Martin hatte unter dieser harten Zucht bitter zu leiden. Er erzählt selbst, daß er einmal an einem Vormittag sünszehnmal gestrichen worden sei und vergleicht solche Schulen mit der Hölle und dem Fegefeuer. In dem Religionsunterrichte erhielt er auch Anweisung, Maria und die Heiligen anzurufen, zu beten, zu fasten, zu wallfahrten und Bußübungen zu leisten. Am liebsten sang er die „seinen Lieder", deutsche und lateinische, die dem Sanges-lustigen das Herz erquickten. Da stand am Sonntage der kleine Stadtschüler oben aus dem Chore der heimatlichen Kirche und sang mit voller Andacht die geübten Gesänge und Lieder. Er betete mit heißer Inbrunst zur Jungfrau Maria, zu den Aposteln und den Heiligen, wagte aber nicht den Blick emporzuheben zu dem „zornigen" Gotte, denn er stellte sich diesen eben so hart und streng vor wie seinen Vater und seine Lehrer. An hohen Festtagen beteiligte sich der Chorknabe auch an den Singumgängen, die in dem Heimatstädtchen und in den umliegenden Dörfern gehalten wurden, und teilte sich mit seinen Jugendfreunden in die Stücken der errungenen Gaben. So entfaltete sich die junge Kindesseele, einer Knospe gleich, die von rauhen Winden umweht wird.*) (Aufsatz.) Zweites Stück: Luther auf den Schulen. Was erwartet ihr von der Schule, die der vierzehnjährige Martin besucht hat? Erwartung: Sie liegt jedenfalls in der Nähe der Heimat, daß er oft nach Hause kommen konnte. Gewiß lernt er dort die lateinische Sprache. Die Lehrer sind vielleicht freundlicher mit ihm als in Mans- *) Siehe Lutherbuch von Ferdinand Schmidt.

4. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 110

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
f — 110 — Der Mönche ihm als ein Unrecht erscheint. „Das Meiste nimmt, wie man hört, der heilige Vater selbst," murmelte er, „wenn er um Ablaßgeld die Thüren des Himmels öffnet." Da schleicht eine arme Frau heran, wirft sich am nächsten Altar auf die Stufen und ringt die Hände, ier Büßende kennt sie und weiß auch, daß sie um ihres Sohnes willen fleht. Derselbe hat gegen ihn und andere Gesellen die Waffe gehoben unü soll dafür seine Hand verlieren. Da kommt der Büßende wieder auf andere Gedanken, und es fällt ihm ein, daß dies an diesem Orte eine neue Sünde fei, er fängt wieder an, die Kugeln des Kranzes zu bewegen. Da vernimmt er in feiner Nähe leisen Tritt, er sieht auf, ob der Oberste der Predigermönche komme, sich an seiner Demütigung zu weiden, aber er drückt sich tiefer in die dunkle Ecke, denn an die stufen des Altars tritt eine verhüllte Magd. Es ist die Tochter seines Lehrers, die er kennt. Seine Andacht ist nun zu Ende. Beschämt erhebt er sich, sieht auf die liegende arme Frau, wirft ihr das Goldstück zu, das er als Opfer für sich selbst mitgenommen hat, und geht. Das äßeib saßt das Geld, springt auf, läuft ins Kloster und stammelt dort einen verwirrten Bericht von der himmlischen Stimme, die sie gehört, und von dem Engelsangesichte, das sie einen Augenblick am Altar gesehen. Durch diesen Vorfall wird ihr Sohn gerettet, die Prediger-mönche aber haben den größten Vorteil, denn um den Altar, auf welchem das Engelsgold ausgestellt, ist seitdem ein Gedränge von Betenden und alle, die in Not geraten, lauschen nach dem Klange eines Goldstückes. Doch der Engel hat keins mehr, das er zu werfen vermag. Zusammenfassung nach der Frage: Welche kirchlichen Zustände traf Luther in unsrer Stadt an? 1. Im Kloster ärmliche äußere Einrichtung, eine kleine Brüderschaft, spärliche Einkünfte, bei den Mönchen Vernachlässigung des Studiums, Unkenntnis der Bibel und Unwissenheit, Bettelei, Fasten, falsche Frömmigkeit, Furcht vor Strafe, heimliche Flucht, unsittliches Leben. 2. In den Kirchen Anrufung des schwarzen Herrgottes, des wächsernen Marienbildes, der Heiligen Johannes, Nikolaus, Jakobus und Benno, Verehrung der Fußfohle der Jungfrau Maria (Reliquie), Wallfahrten, Bußübungen, Rofenkranzbeten. Und dieses äußere gottesdienstliche Thun nannte man „gute Werke" Psychologisches: Welche Gefühle mögen wohl das Herz des Visitators bewegt haben? Verdruß und Mißstimmung bereitete ihm wohl das sittenlose Leben der Mönche, Abscheu und Ekel empfand er auch über das gottlose, abergläubische Treiben des Volkes; aber Zorn und Verachtung gegen die irregeleitete Herde vermochte ihn nicht einzunehmen. Er gewann vielmehr die feste Überzeugung, daß auch in den Verirrten der Funke des göttlichen Geistes schlummere. Inniges Mitleid ergriff ihn, wenn er das Volk „wie das liebe Vieh und unvernünftige Säue" dahinleben sah. Der heiße Wunsch wurde in ihm rege: Wenn ich doch die Flamme anfachen, den geistlich Blinden die Augen

5. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 108

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 108 — Wir wissen, daß in der Kreuzkirche von dem andrängenden Volke der sog. schwarze Herrgott verehrt wurde. Dieses hölzerne Bild vom gekreuzigten Christus sollte der Sage nach aufrecht stehend auf der Elbe von Böhmen nach Dresden herab geschwommen und aufgefangen worden sein. Es war dann mit Haut überzogen und auf dem Boden der Kreuz-kirchensakriftei niedergelegt worden. Von dem Qualme der davor angezündeten Kerzen war das Bild aber nach und nach ganz verräuchert worden. Wir wissen endlich auch, daß in der Frauen- oder Marienkirche ein wächsernes Marienbild ausgestellt war, von dessen Anblicke Kranke gesund werden sollten. Da mögen wohl viele Elende aus unsrer Stadt, aus den Dörfern von Pirna herab und von Meißen herauf, und Wallfahrer aus andern entlegeneren Orten zu diesem wundertätigen Bilde gepilgert sein. Welcher Anblick bot sich da wohl Luther dar? (Ausmalung seitens der Kinder.) Da*) lag ein vornehmer Kaufherr, ein Buch in der Hand, hastig wandte er die Blätter: Zu dir flehe ich vor Alleu, Gebenedeiete, holde Jungfrau Maria. Oft habe ich deiue Gnade erfahren, über meine Gesundheit wachtest du, wenn ich auf meinem Schiffe den Strom hinab dem zürnenden Meere zulief, und wohl erhalten brachtest du mich hierher zurück. Mich läßt du in Ehren alt werden, aber zu Hause liegt mein einziger Sohn hilflos und leidend aus dem Lager. Nicht selbst kann er bitten vor deinem Bilde, um, wie die Sage kündet, von dem Anblick desselben zu gesunden. Darum erhöre des Vaters Gebet, denn es ist ernstlich und gläubig. Doch nicht dich allein bemühe ich sür die Rettung meines Sohnes. Er schlug mehrere Blätter um: Sei gegrüßt, St. Johannes, Prediger in der Wüste. Ich armer Sünder habe dir treu angehangen, denn immer dünkte mich meine eigne Sorge als ein Abbild der deinen. Auch ich habe gelebt in der Wüste, und ich bin im irdischen Kampfe der Vorläufer eines Größeren, der vollenden soll, was ich im Kleinen begonnen. Gedenke darum heut meines Flehens und der Werke, die ich nach Kräften deinem Heiligtume zugewandt, und schütze den Sohn in der Gefahr, die ihn umgiebt. Und bei dem dritten Blatte sprach er: Ich weiß, heiliger Nikolaus**), daß manche in deinem Heiligtume meinem Knaben abgeneigt sind, laß ihn heut seine Vermessenheit nicht entgelten. Man rühmt von dir, daß du selbst fröhlicher Mummerei nicht abhold bist und dem Possenspiele der Kinder fröhlich zusiehst; auch mein Sohn ist nur kindisch einhergesprungen auf den Straßen der Stadt, und als er sich gestern am lustigen Frühlingsfest der Fastnacht gegen den Zug auflehnte, der aus der Gasse des Klosters zog, that er es nicht in hartem Unglauben, sondern aus Rache gegen seinen persönlichen Feind, gegen den *) Nach Gustav Freytag, Markus König S. 204—206. **) An diesen Heiligen erinnern in unserer Stadt das alte Rathaus, das früher Nikolauskapelle, die Schössergasse, die früher Niklasgasse geheißen haben soll, und am ersten Stockwerk des Eckhauses der Schössergasse die Statue auch, die den Heilige» selbst darstellen soll.

6. Neue und neueste Geschichte - S. 156

1880 - Dillenburg : Seel
— 156 — Punzen. Welche Freude! „Ach lieber Fritz, lieber Wilhelm! Seid ^hr da?" rief sie. Unter lautem Schluchzen eilten beide an das Bett der Mutter. — Die Todesstunde, die neunte des —ages, nahte heran. „Ach," seufzte die Königin, „mir hilft nichts mehr, als der Tod!" Der König faß an der einen Seite des Jettes, die Rechte der Kranken haltend; an der andern Seite faß die Schwester Friederike; die Aerzte und die ganze herzogliche Familie waren anwesend. Zehn Minuten vor neun Uhr kam wieder etn Krampfanfall. „Herr Jesu, Jesu! mach’ es kurz!" rief sie —- fünf Minuten später war der Kampf zu Ende. Der König, fast erdrückt von ungeheurem Schmerze, raffte sich auf, drückte feiner Luise die Augen zu und holte dann die beiden Prinzen an das Sterbebett. Diese sanken an der Leiche der geliebten Mutter nieder und benetzten ihre Hände mit heißen Thränen. Nicht nur Preußen, ganz Deutschland trauerte über den Tod der edlen Königin. Als der Sarg nach Berlin gebracht wurde, erschienen die meisten Berliner in Trauerkleidung. In Charlotten-burg erhielt Luise eine würdige Ruhestätte. Der Bildhauer Rauch schuf für das Mausoleum ein Marmorbild der schlafenden Königin, unvergleichlich in feiner Ausführung, da Dankbarkeit und Verehrung die Hand leiteten. — Noch heute ist die Königin Luise das Vorbild edler Frauen; noch heute wird sie gepriesen als die beste Mutter ihrer Kinder und des Vaterlandes und als die beste Gattin eines Mannes. c. Abfall des Generals Hork. Napoleon hatte der Welt verschwiegen, welches Schicksal die ungeheure Armee in Rußland gehabt hatte; um so gewaltiger war der Eindruck, als es endlich bekannt wurde. Hier und da erhoben sich Stimmen, daß jetzt oder nie Gelegenheit fei, das verhaßte Joch abzuwerfen. Friedrich Wilhelm erkannte das wohl, aber er allein durfte nicht wagen, Ktieg zu beginnen: er wäre von der llebermacht Napoleons erdrückt worden; Oestreich war durch Verwandtschaft an Napoleon gefeffelt und hatte noch keine Luft zum Kriege; und Rußland? welchen Werth hatte Rußlands Freundschaft, nach dem Jahre 1807 bemessen? So überlegte der König lange Zeit; da traf ihn die Nachricht von dem Abfalle des Generals von Iork vom französischen Heere. Iork hatte das preußische Hülfsheer nach Rußland befehligt; auf dem Rückzüge war er mit feinen Truppen der letzte und hatte die Nachhut zu decken. Seine Ehre forderte fein Ein-stehen für die Franzosen; feine Liebe zum Vaterland wollte das

7. Neue und neueste Geschichte - S. 181

1880 - Dillenburg : Seel
— 181 — lingsalter machte die Schwäche einer danerhaften Gesundheit und Kraft Platz. Auch er wurde Don der Mutter zu ernster Frömmigkeit, zu herzlicher Menschenliebe und zu sittlicher Tüchtigkeit erzogen; wie sein Charakter sich schon frühe zeigte und entwickelte, beweist ein Brief der Königin an ihren Valer, in welchem sie schrieb: „Unser Sohn Wilhelm wird, wenn mich nicht alles trügt, wie sein Vater einfach, bieder und verständig." Die erste Ausbildung des Prinzen war dem Geheimerath Delbrück anvertraut, der sich seiner Aufgabe mit großer Gewissenhaftigkeit unterzog und dafür auch warmen Dank der Eltern und der beiden Prinzen erntete. Seit 1810 erhielt Prinz Wilhelm den Unterricht des Cadettenlehrers (späteren Generals) v. Reiche; auch dieser rühmt den Prinzen, indem ermessen Ordnungsliebe, praktischen Verstand und seinen ernsten, gesetzten Charakter hervorhebt. Die Eindrücke der schweren Zeiten wirkten ans den Prinzen Wilhelm ebenso nachhaltig, wie aus den älteren Kronprinzen; er floh mit seinen Eltern und Geschwistern nach Königsberg und später nach Memel. Wie tief und lebhaft er damals die Eindrücke des Ernstes der Zeit in sich ausgenommen, wie sehr er den Schmerz der tiefgebeugten Eltern nachgefühlt hat, das alles hat er schon oft ausgesprochen und bethätigt. Am Neujahrstag 1807 erhielt er, da er in den militärischen Uebungen schon fest war und sehr große Freude an allem hatte, was sich auf das Heerwesen bezog, die Ofsicieruniform. Als die Wendung des Jahres 1812 eintrat, war Prinz Wilhelm in sehr gedrückter Stimmung; aber bald theilte er die ganze Begeisterung des preußischen Volkes; 1813 begleitete er seinen Vater nach Breslau, durfte aber nicht, .so sehnlich er es auch wünschte, mit am Feldzuge Theil nehmen, da der Vater ihn für zu schwach hielt. Erst nach der Schlacht bei Leipzig erhielt er die Erlaubnis, mit in's Feld zu rücken, und nachdem er das Schlachtfeld bei Leipzig besichtigt hatte, eilte er zu dem Heere und überschritt mit dem Blücher'schen Corps in der Neujahrsnacht 1814 den Rhein. Bei dieser Gelegenheit lernte Priu^ Wilhelm zum erstenmale den Ernst eines Gefechtes kennen. Seine erste Probe persönlichen Muthes legte er in der Schlacht bei Bar für Aube ab, wo er im dichtesten Kugelregen einen Auftrag des Königs mit größter Kaltblütigkeit ausführte. Vorläufig schwieg der König über dieses heldeniuüthige Verhalten des Sohnes, nachher aber belohnte er ihn dafür durch Verleihung des eisernen Kreuzes. An den Kämpfen vor Paris nahm er ebenfalls Theil und zog am 31. März 1814 auch mit in Paris ein.

8. Neue und neueste Geschichte - S. 158

1880 - Dillenburg : Seel
— 158 — Hörsäle der Universitäten wurden leer; der Handwerker verließ seine Werkstatt, der Landmann seinen Pflug, der Kaufmann sein Geschäft, der Studirende seine Bücher; alle eilten an die Sammelorte; Mütter schickten ihre Söhne, Bräute ihre Verlobten fort zum Freiheitskriege; wer als unbrauchbar zurückgeschickt wurde, trauerte; gar manche Jungfrau hat sich in Männerkleidern dem Zuge angeschlossen und in der Schlacht tapfer mitgekämpft. Die Daheimbleibenden waren unermüdlich im Geben und Sammeln von Beiträgen und Hülfsmitteln für Gesunde und Kranke in der Armee. Wahrhaft rührend und entzückend sind die Erzählungen über die Opferwilligkeit des preußischen Volkes. Dabei war überall ein ernster Sinn, ein heiteres Gottvertrauen zu finden; jenes wüste, wilde Leben, das so oft der Begleiter kriegerischer Ereignisse ist, hätte man vergebens gesucht. Die Herzen waren emporgehoben in der gemeinsamen Liebe zum Vaterlande; die heilige Begeisterung duldete keine Ausschweifung und Wildheit; alles Niedrige und Gemeine war abgeschüttelt und vergessen. 1813 d. Bis zur Schlacht bei Leipzig. Die russischen Truppen befanden sich bereits auf dem Vormärsche, so daß die Franzosen die preußischen Lande verlassen mußten und Friedrich Wilhelm am 24. März wieder in Berlin einziehen konnte. Nach der Vereinigung des russischen und preußischen Heeres erhielt Blücher den Oberbesehl über ein preußisches Heer in Schlesien; der russische General Graf Wittgenstein kommandirte die vereinigten Russen und Preußen in der Mark. Gebhard Lebrecht von Blücher stammte aus einer Adelsfamilie in Pommern und war 1742 geboren. Zur Zeit Friedrichs d. Gr. trat er in das preußische Heer und kämpfte im siebenjährigen Kriege mit. Ais er sich von Friedrich einiger ungestümer Streiche wegen zurückgesetzt sah, forderte er trotzig seinen Abschied, welchen ihm der alte Fritz mit den Worten gewährte: „Der Rittmeister von Blücher mag sich zum Teufel s(Heeren!" Später trat er wieder in das Heer ein und kämpfte 1806 tapfer mit; weil er sich einige unvorsichtige Aeußerungen über Napoleon erlaubt hatte, muhte er 1812 wieder austreten. Glühende Liebe zum Vaterlande trieb ihn 1813 wieder Diücher. in die Reihen der Freiheitskämpfer.

9. Vorwiegend Landschaftskunde - S. 10

1904 - Dresden [u.a.] : Müller-Fröbelhaus
>!< 10 >K Eydtkuhnen fahren wir ab (a 15). Dieser sonst so unbe- kannte Ort ist uns gerade recht, weil er nahe an der russi- schen Grenze liegt und weil wir hier einen der schnellsten und bequemsten Züge erreichen, den Nord-Expresszug. Das ist ein teurer Luxuszug. Auf mehr als 150 Mk. Fahrgeld darf es uns nicht ankommen. An ein Aussteigen ist nicht so leicht wieder zu denken, und wir müssen darauf sehen, dass während der Fahrt Speisen verabreicht werden und dass wir, wenn nötig, eine Schlafstätte erhalten können. Für alles ist in unserm Luxus- zug gesorgt. — Da braust er heran, von den Gefilden des grossen russischen Reiches her. Kaum dass er hält, so dampfen wir auch schon in fliegender Eile ins deutsche Reich hinein. Qual- mende Rauchwolken verdunkeln die Sonne. Die Maschine pustet und arbeitet, als wüsste sie, was zu bewältigen ist. Schaufel um Schaufel voll Kohlen wirft der Maschinist in den Feuerherd. Immer rasender wird die Schnelligkeit. Die Räder schwirren und donnern auf den Geleisen. Besorgt versuchen wir hinauszublicken. Aber die Augen schmerzen. Mit unheimlicher, fast blitzähnlicher Ge- schwindigkeit fliegen die Telegraphenstangen an uns vorüber. Uns schwindelt! Nach und nach gewinnen wir Vertrauen und beginnen in Muße nachzudenken. Es ist gegen 11 Uhr früh. Das weite, ebene Preussenland liegt im hellen Sonnenglanze. Wir gewöhnen uns nach und nach daran, die Landschaft zu mustern. So vergeht uns die Zeit, und wir sitzen geduldig Stunde um Stunde. Immer die gleiche, rasende Eile. Unter Donnergetöse jagen wir durch alle kleineren Stationen. Wir können uns nicht aufhalten. Wir haben ja 1500 km zurück- zulegen, eine ungeheure Strecke, die auch ein rüstiger Fussgänger erst in 30 Tagen bewältigen könnte! Mit scheuen, fast ehrfurcht- erfüllten Mienen stehen die Beamten der Stationen auf ihrem Posten, ihrer Pflicht und Verantwortlichkeit wohl bewusst. Pferde scheuen und müssen am Zügel geführt werden. Alles atmet er- leichtert auf, wenn unser wildkeuchendes Dampfross glücklich vorüber gebraust. So durcheilen wir stündlich 60 bis 90 km, Strecken, wozu du Tage gebrauchen würdest. Das sind tröstliche Gedanken, wenn Stunde um Stunde verrinnt und an ein Aussteigen noch lange nicht zu denken ist. Wir fangen an zu staunen und bekommen allmählich Respekt vor der Grösse eines Kaiserreichs. Da ertönt ein Pfiff, die Bremsen ziehen an. Wir haben endlich ein Viertel des Weges zurückgelegt. „Schneide- mühl“ wird gerufen (D 10). Schaffner rennen von Wagen zu Wagen. Kaum geöffnet, werden die Türen wieder zugeschlagen. Hier gilt kein Zögern; wir müssen fort, nur fort! Wir wollen heute noch wenigstens in die Reichshauptstadt gelangen. Schon neigt sich die Sonne zur Rüste. Es ist 6 Uhr 55 Minuten. Wieder schnaubt und pustet, tobt und lärmt die Maschine. Wieder verrinnt Stunde um Stunde. Die Lichter werden ange- brannt. Wir setzen uns mit Russen, Franzosen und Leuten aus

10. Achtundzwanzig Bilder aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 33

1883 - Dillenburg : Seel
33 der Herrscherstab auf prächtigen Kissen lagen. Friedrich setzte selbst sich die Krone auf und nahm darauf den Herrscherstab in die Hand. Dann begab er sich in den Saal der Königin und setzte ihr die Krone aus das Haupt. Hierauf gingen beide zurück in den ersten Saal, wo sie als König und Königin zum ersten Male begrüßt wurden. Nun begannen die Glocken zu läuten, und man begab sich zur Schloßkirche. An der Kirch-thüre sprach der Geistliche einen Segensspruch über das Königs-paar. Neben dem Altar waren 2 Throne errichtet, worauf sich König und Königin niederließen. Nach der Predigt geschah die Salbung. Friedrich legte Krone und Herrscherstab auf den Altar, kniete vor diesem und betete; dann salbte ihn der Geistliche an Stirn und Handgelenk. Hierauf nahm Friedrich Krone und Stab wieder an sich und setzte sich auf seinen Thron. Ebenso geschah die Salbung der Königin. Gebet und Gesang beschlossen die Feierlichkeit. Jetzt zog man unter Glockengeläute, Posaunenschall und Kanonendonner ins Schloß zurück, wo ein großes Gastmahl veranstaltet wurde. Aus einem großen freien Platz vergnügte sich das Volk. Dort war ein ganzer Ochse am Spieß gebraten worden, und von einem Springbrunnen sprang aus 2 Adlern, einem schwarzen und einem roten, roter und weißer Wein. Am Abend war große Beleuchtung in der Stadt Königsberg. Friedrich nannte sich nun: König in Preußen, Kurfürst von Brandenburg. Auf ihn folgte: X. König Friedrich Wilhelm I. 1713—1740. Bis zu seinem 9. Lebensjahre erzog ihn eine Französin, die Frau von Ronconlles. Er hatte aber keine Lust zum Lernen und war ein unbändiger Knabe; deshalb bekam er noch den Grafen Dohna zum Lehrer. Trotzdem lernte er nicht viel. Sein größtes Vergnügen waren die Soldaten, und schon als Knabe hatte er eine Compagnie adliger Soldaten seines Alters, mit denen er exercierte. Als er nach des Vaters Tode König wurde, bereitete er demselben ein prächtiges Leichenbegängnis. Gleich darnach zog er den Soldatenrock an, stieg aufs Pferd und hielt eine große 3
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