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1. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 112

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 112 — betet allein zu Gott und thut aus Dankbarkeit gegen feine große unverdiente ©nabe gute Werke. Die Gebete für die Heiligen fenbet an feinen Thron, und die Gaben, die ihr an beit Altären nieberlegt, schenkt euren Armen und Kranken. Diese Werke der Gottes- und Nächstenliebe finb die wahren guten Werke, Wie wirb man Luthers Predigt aufnehmen? Sie gefällt uns, weil sie wahr ist; sie wirb auch dem Herzoge gefallen, denn er liebt fein Volk, und er will, daß es auf guten Wegen geht. Wenn aber der Herzog die sog. guten Werke wirklich für die wahren Werke hält, so wirb er Luthers Prebigt verwerfen und ihn nicht zum Hofprebiger wählen. Nun hört. Ii. Synthese. (Bestätigung der Vermutungen.) ^hr habt Recht. Luther sollte Herzog Georgs des Bärtigen Hofprebiger werben. Georg der Bärtige hatte sich von beut ihm befreunbeten Dr. Staupitz, der die Aussicht über die Klöster in Meißen und Thüringen führte, einen frommen und gelehrten Prebiger erbeten. Dazu erkor biefer Luther und fanbte ihn mit besonderen Empfehlungen von Wittenberg a. E. nach Dresben. .Es war am Tage St. Jakobi (25. Juli) des Jahres 1517. Da prebigte Luther in der Schloßkapelle unsrer Stadt vor dem Herzoge und feinem Hofe gegen die sog. guten Werke. Ihr habt bett Siitu seiner Prebigt fchoit erraten. Erst strafte er die sog. guten Werfe der Menschen und dann zeigte er, welche wahren guten Werke man üben müsse. An bemfelbeit Tage fragte der Herzog bei Tafel der Herzogin Hof-metfterin: „Wie hat Euch die Prebigt gefallen?“ Das Hoffräulein bekannte offen: „Ich hoffe bermaleinft recht ruhig zu sterben, weitn ich noch eine begleichen Prebigt hören bürste." Der Herzog aber erroiberte zornig: „Ich wollte viel Gelb barutn geben, wenn ich solche Prebigt nicht gehört hätte, benn sie ist nur dazu angethan, das Volk in seinen Sünben unbedachtsam und ruchlos zu machen." Wie der Herzog, so gerieten auch viele von feinen Edelleuten in arge Mißstimmung und bittere Feindschaft gegen Luther. Besonders war es der herzogliche Kaplan Emfer, welcher den Brand' der Zwietracht absichtlich noch schürte. Dieser*) lud Luther im Frühjahr des nächsten Jahres (1518) ein und führte ihn hinterlistig zu einem Abendessen, bei dem er gezwungen wurde, mit zornigen Feinden zu streiten. Draußen an der Thür horchte ein Mönch, der am andern Tage in der Stadt verbreitete, Luther sei vollständig überwunben worben, und der Lauscher habe sich mit Mühe enthalten, in die Stube zu springen und Luthern ins Gesicht zu speien. Diese Kränkung empfaitb Luther später noch bitter. Sachliche Vertiefung: Welchen Einbruck machte feine Prebigt? Dem Herzoge hatte sie nicht gefallen. Er meinte, wie wenig mürbe *) Gustav Freytag. Bilder a. d. d. V. Ii. Band. S. 86.

2. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 258

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 258 — deutete einen Vorgang am Himmel als ein kommendes Unglück. Die Krieger erblickten im Stand der Gestirne ihr künftiges Geschick. So abergläubisch war das Volk. Die Landsknechte fluchten, schlemmten und stahlen. Die empörten Bauern führten schwere Fluchworte und Schimpfreden im Munde und wüteten mit Brand und Mord. So roh und verdorben war das Volk. Luther erfuhr bei einer Prüfung des Volkes noch mehr. (Vermutungen.) Er ging mit seinem Freunde Melanchthon in der Umgebung von Wittenberg von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf und besuchte die Kirchen. Da hörte er den Prebigern zu und prüfte die Kirchgänger. Dabei mußte er gar traurige Erfahrungen machen. Auf einem Dorfe bei Torgau konnte der alte Pfarrer kaum das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis hersagen. Manche Priester hatten sich dem Laster der Trunksucht ergeben, andere trieben gar Schankwirtschaft. Und wie groß war die Unwissenheit unter dem Volke! Auf einem Dorfe kannten die Bauern nicht ein einziges Gebet, und auf einem andern weigerten sie sich, das Vaterunser zu lernen. Mit welcher Gebulb Luther solche Leute unterrichtete, berichtet uns ein Zeitgenosse. Dieser sagt: „Dr. Luther verhöret die armen Bäuerlein im Beten und befraget sie im Katechismo fein säuberlich, daß ich von ihm eine liebliche Geschichte gehöret. Denn ba ein armes sächsisch Bäuerlein auf seine Sprach den Kinberglauben soll aussagen und spricht: „Ich glowe in Gat, Almächteigen," fraget Dr. Luther, was Almächteigen heiße. Der gute Mann spricht: „Jk weß nicht." „Ja, mein Mann", spricht unser Dr. „ich und alle Gelehrten wissen's auch nicht, was Gottes Kraft und Allmächtigkeit ist. Glaub aber Du in Einfalt, daß Gott Dein lieber und treuer Vater ist, der will, kann und weiß, als der klügste Herr, Deinem Weibe und Kinberrt in allen Noten zu helfen." Besprechung: Welche Fälle von bäuerischer Unwissenheit kamen Luther vor? Die Einen haben gar kein Gebet gelernt, die Anbern haben keine Lust, das Vaterunser zu lernen, der Dritte versteht nicht, was er gelernt hat. Welche Entschulbigungen haben wohl jene vorgebracht, die das Vaterunser nicht lernen wollten? Sie sagen: Wir haben keine Zeit, wir müssen scharwerken. Wir leben ohne Gebet auch. Wir stnb zu alt. Das Gebet ist zu schwer. Es ist zu lang. Und heute? Da lernen die kleinen Kinder das schöne Gebet, bevor sie zur Schule kommen. Zusammenfassung: Luther stellt in den Kirchen des Landes Prüfungen an und finbet unter dem Volke große Unwissenheit. 2. Da überlegt Luther, woher das kommt. Welche Ursachen finbet er?

3. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 259

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 259 — Er sagt sich: Die Schule ist schuld daran. Da giebt es nun Stadtschulen und Klosterschulen, in denen die zehn Gebote, der Glaube und das Vaterunser auswendig gelernt werden sollen. Aber ist es ein Wunder, wenn die Leute nichts tonnen? Sbird doch alles ohne jede Besprechung und Erklärung eingeprägt und überhört. Habe ich doch an mir' selbst erfahren, wie ich in Mansfeld „gemartert worden bin und doch nichts gelernt habe durch so viel Stäupen, Zittern, Angst und Jammer." Ist doch den Lehrern, Mönchen und Priestern oft das selbst unbekannt, was sie lehren sollen. Auch die Kirche ist schuld. Da sttzen die Leute im Gotteshause, sie singen, beten und beichten, sie hören und lauschen. Aber verstehen sie denn auch die lateinischen Pater noster, das lateinische Sanctus, me lateinische Messe? Es kann gar nicht anders sein, das Volk muß der solchen Zuständen in Unwissenheit, Aberglaube und Roheit verkommen. ^ Außerdem lind die Bauern noch mit Arbeit überbürdet. Sie müssen ihr eigenes Feld und das ihres Gutsherrn bestellen, das Getreide einernten, den Wald abschlagen und Gräben ausführen. Wo soll noch Zeit und Lust zum Lernen herkommen? ^ ^ie Gedanken Luthers über die Schule ergänzt ein Zeitgenosse, wie folgt: o //Wenn ich zurückdenke, wie es in meiner Jugend vor fünfzig Zähren in Schulen gestanden ist, und wie man darinnen gelehrt hat, >0 stehen mir die Haare zu Berge und schaudert mir die Haut, kann es auch unbeseuszt und unbeklagt nicht lassen, und es wäre zu wünschen, dafe die jetzige Jugend und Schüler nur den halben Teil wissen sollten, was zu derselben Zeit die armen Schülerlein für Elend, Jammer, Frost, Hunger und Kummer haben erleiden und erdulden müssen und wie sie Dagegen so gar übel und unrichtig sind gelehrt und unterwiesen worden, denn in gemeinen Schulen war eine solche Varberei und Unrichtigkeit un Lehren, daß mancher bis 20 Jahre alt wurde, ehe er ein wenig Latein verstand und reden konnte. Zudem wurden die amen Knaben mit dem Singen dermaßen beschwert und gepeinigt, daß man von einem Feste zum andern kaum Zeit genug haben konnte, die Gesänge anzurichten und zu übersingen, wenn man gleich in der Schule sonst nichts zu lernen und zu lehren bedurft hätte. Die armen Kinder, die nach Parteken herum fungen, das waren recht natürliche Märtyrer. Wenn |ie in der Schule genugsam gemartert waren und in der Kirche erfroren, mußten sie dann erst hinaus auf die Gart (auf den Bettel), und wenn ue mit großer^ Mühe im Regen, Wind und Schnee etwas etfungen, mußten ste dasselbige den alten Bacchanten, welche daheim aus der Bärenhaut lagen, wie einem Drachen in den Hals stecken und ste, die Knaben, mußten Maul ab sein und darben. Dagegen sollten die Bacchanten sie unterweisen und mit ihnen repetieren und konnten oft selber nichts. Und wie die Lehrer waren, so roar. rt gemeiniglich auch schulen die garstigsten, unflätigsten Häuser, daß Bütteleien, Schinde- 17*

4. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 284

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 284 — 2. Brief aus Eisleben vom 7. Februar. "Gnade und Friede im Herrn! Lies Du, liebe Käthe, den Johannes und den kleinen Katechismus, davon Du einmal sagtest: Es ist doch alles ^ in dem Buch von mir gesagt. Denn Du willst sorgen nrr Deinen Gott, gerade als wäre er nicht allmächtig, der da konnte zehn Doktor Luther schaffen, wo der einige alte ersöffe in der Saal oder im Lfenloch oder aus Wolfs Vogelherde. Laß mich in Frieden mit Deiner Sorge, ich habe einen bessern Sorger, denn Du und Engel lind. Darum bleib in Frieden. Amen." 3. Brief vom 10. Februar. '.'Der heiligen sorgfältigen Frau Katharina Luther, Dr. Zuls-dorferin zu Wittenberg, meiner gnädigen, lieben Hausfrau. Gnade und Friede in Christo! Allerheiligste Frau Doktorin! Wir bedanken uns gar freundlich für Eure große Sorge, dafür Ihr nicht schlafen könnt. Ich sorge, wo Du nicht aufhörst zu sorgen, es möchte uns zuletzt die Erde verschlingen und alle Elemente verfolgen. Lebreft Du also den Katechismus und den Glauben? Bete Du und laß Gott sorgen! Es beißt: Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der sorgt für dich.' Hiermit Gott befohlen. Amen. Amen, Amen. Euer williger Diener Martinus Luther." Iii. Association. Nun ist Luther gestorben und begraben. Da wollen auch wir noch einmal, wie seine Freunde, aus fein Leben zurückblicken. 1. Wer will seine ganze Lebensgeschichte kurz erzählen, noch kürzer? Die Kinder versuchen Luthers Leben übersichtlich darzustellen und gewinnen dabei folgende Hauptperioden: a) die Zeit des Lernens bis zum Anschlage der Thesen. t>) die Zeit des Kämpfens bis zur Rückkehr von der Wartburg. c) die Zeit des Schaffens bis zum Tode. 2. Auch wir wollen, wie Melanchthon, noch einmal feiner Verdienste gedenken. Welche Großthaten nennt der Freund? Er gedenkt besonders der Verdienste, die sich Lutber um die Kirche erworben hat. Vor allen Dingen hat er die H. Schrift wieder zu Ehren gebracht. Auf Grund derselben hat er die Gewaltherrschaft der Kirche mit ihren furchtbaren Strafen (Bann, Interdikt, Scheiter-lmufen) beseitigt. Er hat die äußeren gottesdienstlichen Gebräuche oder Eeremonieen (Heiligen-, Bilder-, Reliquiendienst, Wallfahrten, Bußübungen, Messe, Ohrenbeichte) abgeschafft und dafür wahre Gottesanbetung, das h. Abendmahl, die Predigt, die allgemeine Beichte eingefetzt. Er hat die christliche Lehre, welche durch Menschensatzungen (Ablaß, gute Werke, Fegefeuer, Eölibat) verderbt war, in ihrer ursprünglichen Reinheit (Buße, Rechtfertigung durch den Glauben, Priesterweihe) wieder hergestellt. Er hat damit ein neues, tieferes christliches

5. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 141

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 141 — Alles, was ihnen an ihm böse erschien, suchten sie zu entfernen. Da setzte es oft um geringfügiger Dinge willen derb die Ruthe, so daß der Knabe wohl gar schüchtern und furchtsam sich aus dem Hause schlich. Mit dem gleichen Eifer pflegten und hegten sie aber auch alles, was sich in der Kindesseele Gutes und Edles regte. Sinnend betrachtete Martin mit dem frommen Vater die Heiligenbilder an der Wand und andächtig erhob er den Blick zu den Sternen, die durch die runden, mit Blei eingefaßten Scheiben blitzten. Der Vater regte ihn durch ernste Gespräche auch zum Nachdenken an und sammelte Gäste um sich, die den forschenden und fragenden Knaben belehrten. Wie freuten sich da die Eltern, als sie herausgefunden, daß der kleine Martin, klug und fromm, einst gewiß ein tüchtiger Mann werden würde! Sieben Jahre alt, wurde der Knabe der lateinischen Schule zu Mansfeld übergeben. Da lernte er das Selen, Schreiben, Singen und die Anfangsgründe im Latein. Vor allen Dingen aber wurde der Katechismus auswendig gelernt. Die zehn Gebote, der Glaube, und das Vaterunser wurden ohne jede Besprechung und Erklärung eingeprägt und überhört. Wenn dann das Aufsagen schlecht von statten ging, so sollte der Stock nachhelfen. Auch Martin hatte unter dieser harten Zucht bitter zu leiden. Er erzählt selbst, daß er einmal an einem Vormittag sünszehnmal gestrichen worden sei und vergleicht solche Schulen mit der Hölle und dem Fegefeuer. In dem Religionsunterrichte erhielt er auch Anweisung, Maria und die Heiligen anzurufen, zu beten, zu fasten, zu wallfahrten und Bußübungen zu leisten. Am liebsten sang er die „seinen Lieder", deutsche und lateinische, die dem Sanges-lustigen das Herz erquickten. Da stand am Sonntage der kleine Stadtschüler oben aus dem Chore der heimatlichen Kirche und sang mit voller Andacht die geübten Gesänge und Lieder. Er betete mit heißer Inbrunst zur Jungfrau Maria, zu den Aposteln und den Heiligen, wagte aber nicht den Blick emporzuheben zu dem „zornigen" Gotte, denn er stellte sich diesen eben so hart und streng vor wie seinen Vater und seine Lehrer. An hohen Festtagen beteiligte sich der Chorknabe auch an den Singumgängen, die in dem Heimatstädtchen und in den umliegenden Dörfern gehalten wurden, und teilte sich mit seinen Jugendfreunden in die Stücken der errungenen Gaben. So entfaltete sich die junge Kindesseele, einer Knospe gleich, die von rauhen Winden umweht wird.*) (Aufsatz.) Zweites Stück: Luther auf den Schulen. Was erwartet ihr von der Schule, die der vierzehnjährige Martin besucht hat? Erwartung: Sie liegt jedenfalls in der Nähe der Heimat, daß er oft nach Hause kommen konnte. Gewiß lernt er dort die lateinische Sprache. Die Lehrer sind vielleicht freundlicher mit ihm als in Mans- *) Siehe Lutherbuch von Ferdinand Schmidt.

6. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 110

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
f — 110 — Der Mönche ihm als ein Unrecht erscheint. „Das Meiste nimmt, wie man hört, der heilige Vater selbst," murmelte er, „wenn er um Ablaßgeld die Thüren des Himmels öffnet." Da schleicht eine arme Frau heran, wirft sich am nächsten Altar auf die Stufen und ringt die Hände, ier Büßende kennt sie und weiß auch, daß sie um ihres Sohnes willen fleht. Derselbe hat gegen ihn und andere Gesellen die Waffe gehoben unü soll dafür seine Hand verlieren. Da kommt der Büßende wieder auf andere Gedanken, und es fällt ihm ein, daß dies an diesem Orte eine neue Sünde fei, er fängt wieder an, die Kugeln des Kranzes zu bewegen. Da vernimmt er in feiner Nähe leisen Tritt, er sieht auf, ob der Oberste der Predigermönche komme, sich an seiner Demütigung zu weiden, aber er drückt sich tiefer in die dunkle Ecke, denn an die stufen des Altars tritt eine verhüllte Magd. Es ist die Tochter seines Lehrers, die er kennt. Seine Andacht ist nun zu Ende. Beschämt erhebt er sich, sieht auf die liegende arme Frau, wirft ihr das Goldstück zu, das er als Opfer für sich selbst mitgenommen hat, und geht. Das äßeib saßt das Geld, springt auf, läuft ins Kloster und stammelt dort einen verwirrten Bericht von der himmlischen Stimme, die sie gehört, und von dem Engelsangesichte, das sie einen Augenblick am Altar gesehen. Durch diesen Vorfall wird ihr Sohn gerettet, die Prediger-mönche aber haben den größten Vorteil, denn um den Altar, auf welchem das Engelsgold ausgestellt, ist seitdem ein Gedränge von Betenden und alle, die in Not geraten, lauschen nach dem Klange eines Goldstückes. Doch der Engel hat keins mehr, das er zu werfen vermag. Zusammenfassung nach der Frage: Welche kirchlichen Zustände traf Luther in unsrer Stadt an? 1. Im Kloster ärmliche äußere Einrichtung, eine kleine Brüderschaft, spärliche Einkünfte, bei den Mönchen Vernachlässigung des Studiums, Unkenntnis der Bibel und Unwissenheit, Bettelei, Fasten, falsche Frömmigkeit, Furcht vor Strafe, heimliche Flucht, unsittliches Leben. 2. In den Kirchen Anrufung des schwarzen Herrgottes, des wächsernen Marienbildes, der Heiligen Johannes, Nikolaus, Jakobus und Benno, Verehrung der Fußfohle der Jungfrau Maria (Reliquie), Wallfahrten, Bußübungen, Rofenkranzbeten. Und dieses äußere gottesdienstliche Thun nannte man „gute Werke" Psychologisches: Welche Gefühle mögen wohl das Herz des Visitators bewegt haben? Verdruß und Mißstimmung bereitete ihm wohl das sittenlose Leben der Mönche, Abscheu und Ekel empfand er auch über das gottlose, abergläubische Treiben des Volkes; aber Zorn und Verachtung gegen die irregeleitete Herde vermochte ihn nicht einzunehmen. Er gewann vielmehr die feste Überzeugung, daß auch in den Verirrten der Funke des göttlichen Geistes schlummere. Inniges Mitleid ergriff ihn, wenn er das Volk „wie das liebe Vieh und unvernünftige Säue" dahinleben sah. Der heiße Wunsch wurde in ihm rege: Wenn ich doch die Flamme anfachen, den geistlich Blinden die Augen

7. Neue und neueste Geschichte - S. 156

1880 - Dillenburg : Seel
— 156 — Punzen. Welche Freude! „Ach lieber Fritz, lieber Wilhelm! Seid ^hr da?" rief sie. Unter lautem Schluchzen eilten beide an das Bett der Mutter. — Die Todesstunde, die neunte des —ages, nahte heran. „Ach," seufzte die Königin, „mir hilft nichts mehr, als der Tod!" Der König faß an der einen Seite des Jettes, die Rechte der Kranken haltend; an der andern Seite faß die Schwester Friederike; die Aerzte und die ganze herzogliche Familie waren anwesend. Zehn Minuten vor neun Uhr kam wieder etn Krampfanfall. „Herr Jesu, Jesu! mach’ es kurz!" rief sie —- fünf Minuten später war der Kampf zu Ende. Der König, fast erdrückt von ungeheurem Schmerze, raffte sich auf, drückte feiner Luise die Augen zu und holte dann die beiden Prinzen an das Sterbebett. Diese sanken an der Leiche der geliebten Mutter nieder und benetzten ihre Hände mit heißen Thränen. Nicht nur Preußen, ganz Deutschland trauerte über den Tod der edlen Königin. Als der Sarg nach Berlin gebracht wurde, erschienen die meisten Berliner in Trauerkleidung. In Charlotten-burg erhielt Luise eine würdige Ruhestätte. Der Bildhauer Rauch schuf für das Mausoleum ein Marmorbild der schlafenden Königin, unvergleichlich in feiner Ausführung, da Dankbarkeit und Verehrung die Hand leiteten. — Noch heute ist die Königin Luise das Vorbild edler Frauen; noch heute wird sie gepriesen als die beste Mutter ihrer Kinder und des Vaterlandes und als die beste Gattin eines Mannes. c. Abfall des Generals Hork. Napoleon hatte der Welt verschwiegen, welches Schicksal die ungeheure Armee in Rußland gehabt hatte; um so gewaltiger war der Eindruck, als es endlich bekannt wurde. Hier und da erhoben sich Stimmen, daß jetzt oder nie Gelegenheit fei, das verhaßte Joch abzuwerfen. Friedrich Wilhelm erkannte das wohl, aber er allein durfte nicht wagen, Ktieg zu beginnen: er wäre von der llebermacht Napoleons erdrückt worden; Oestreich war durch Verwandtschaft an Napoleon gefeffelt und hatte noch keine Luft zum Kriege; und Rußland? welchen Werth hatte Rußlands Freundschaft, nach dem Jahre 1807 bemessen? So überlegte der König lange Zeit; da traf ihn die Nachricht von dem Abfalle des Generals von Iork vom französischen Heere. Iork hatte das preußische Hülfsheer nach Rußland befehligt; auf dem Rückzüge war er mit feinen Truppen der letzte und hatte die Nachhut zu decken. Seine Ehre forderte fein Ein-stehen für die Franzosen; feine Liebe zum Vaterland wollte das

8. Neue und neueste Geschichte - S. 124

1880 - Dillenburg : Seel
Geschichte der neiiesten Zeit. 12. pit erste franmsche Kevolutio». a. Ursachen der Revolution. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts vollzog sich in Frankreich eine tiefgehende Umwälzung der staatlichen Verhältnisse, eine gewaltige Veränderung aller bestehenden Ordnungen, welche Tausenden von Menschen das Leben gekostet hat und auch für das übrige Europa schwere Folgen nach sich zog: die erste französische Revolution. Schon lange, schon seit Ludwig Xiv. das schwere Wort gesagt hatte: „L’etat c’est moi!“*) und besonders seit den Zeiten seines Regieruugsuachsolgers, des schwachen und entsittlichten Ludwig Xv., hatte sich die Revolution vorbereitet, und gar manche Vorboten ließen ernste Ereignisse befürchten. Dem französischen Volke war zur Zeit Lud-wig's Xiv. das Gefühl für Recht und Gerechtigkeit abhanden gekommen; unter der Regierung Ludwig's Xv. verlor es auch dasjenige für Sittlichkeit und Frömmigkeit. Zu feiner Zeit traten zwei französische Schriftsteller auf, Voltaire**) und Rousseau***), griffen in ihren Schriften die christlichen Religionslehren an, verhöhnten und verspotteten sie. lind das Volk las ihre Schriften gerne wegen ihrer glänzenden geschmackvollen Form, und in dieser Verhüllung drang das Gift des Unglaubens sehr rasch in alle Volksschichten ein. Man hielt es bald, besonders in den höheren Ständen, für eine Thorheit, an Gott und fein Wort zu glauben. Damit sauf aber auch die Achtung vor den göttlichen Einrichtungen auf Erden, vor Staat, Kirche und Familie. Wohl gab es in denselben manches zu tadeln: der König ließ sich durch seine Minister und Weiber leiten und vergaß in trauriger Verkennung seines hohen Berufes seine Pflichten; die Kirche gestattete Stan-desuuterschiede da, wo alle Menschen gleich sind, vor Gott; den gräflichen Domherren in Lyon war es z. B. gestattet, bei der Messe „zum Unterschiede vom gemeinen Volke" nicht knieen zu müssen; die königliche Familie bediente sich beim Genusse des heiligen *) d. H. Der (Staat bin ich. **) spr. Woltär. ***) spr. Russo.

9. Neue und neueste Geschichte - S. 181

1880 - Dillenburg : Seel
— 181 — lingsalter machte die Schwäche einer danerhaften Gesundheit und Kraft Platz. Auch er wurde Don der Mutter zu ernster Frömmigkeit, zu herzlicher Menschenliebe und zu sittlicher Tüchtigkeit erzogen; wie sein Charakter sich schon frühe zeigte und entwickelte, beweist ein Brief der Königin an ihren Valer, in welchem sie schrieb: „Unser Sohn Wilhelm wird, wenn mich nicht alles trügt, wie sein Vater einfach, bieder und verständig." Die erste Ausbildung des Prinzen war dem Geheimerath Delbrück anvertraut, der sich seiner Aufgabe mit großer Gewissenhaftigkeit unterzog und dafür auch warmen Dank der Eltern und der beiden Prinzen erntete. Seit 1810 erhielt Prinz Wilhelm den Unterricht des Cadettenlehrers (späteren Generals) v. Reiche; auch dieser rühmt den Prinzen, indem ermessen Ordnungsliebe, praktischen Verstand und seinen ernsten, gesetzten Charakter hervorhebt. Die Eindrücke der schweren Zeiten wirkten ans den Prinzen Wilhelm ebenso nachhaltig, wie aus den älteren Kronprinzen; er floh mit seinen Eltern und Geschwistern nach Königsberg und später nach Memel. Wie tief und lebhaft er damals die Eindrücke des Ernstes der Zeit in sich ausgenommen, wie sehr er den Schmerz der tiefgebeugten Eltern nachgefühlt hat, das alles hat er schon oft ausgesprochen und bethätigt. Am Neujahrstag 1807 erhielt er, da er in den militärischen Uebungen schon fest war und sehr große Freude an allem hatte, was sich auf das Heerwesen bezog, die Ofsicieruniform. Als die Wendung des Jahres 1812 eintrat, war Prinz Wilhelm in sehr gedrückter Stimmung; aber bald theilte er die ganze Begeisterung des preußischen Volkes; 1813 begleitete er seinen Vater nach Breslau, durfte aber nicht, .so sehnlich er es auch wünschte, mit am Feldzuge Theil nehmen, da der Vater ihn für zu schwach hielt. Erst nach der Schlacht bei Leipzig erhielt er die Erlaubnis, mit in's Feld zu rücken, und nachdem er das Schlachtfeld bei Leipzig besichtigt hatte, eilte er zu dem Heere und überschritt mit dem Blücher'schen Corps in der Neujahrsnacht 1814 den Rhein. Bei dieser Gelegenheit lernte Priu^ Wilhelm zum erstenmale den Ernst eines Gefechtes kennen. Seine erste Probe persönlichen Muthes legte er in der Schlacht bei Bar für Aube ab, wo er im dichtesten Kugelregen einen Auftrag des Königs mit größter Kaltblütigkeit ausführte. Vorläufig schwieg der König über dieses heldeniuüthige Verhalten des Sohnes, nachher aber belohnte er ihn dafür durch Verleihung des eisernen Kreuzes. An den Kämpfen vor Paris nahm er ebenfalls Theil und zog am 31. März 1814 auch mit in Paris ein.

10. Neue und neueste Geschichte - S. 3

1880 - Dillenburg : Seel
— 3 fein Vorhaben. Alle Vorstellungen und alles Zureden konnten ihn von seinem Vorhaben nicht abbringen; mit Thränen nahm er Abschied von seinen Freunden und überschritt am andern Tage die Schwelle des Klosters. Nach einigen soll sein Freund Alexius an seiner Seite vom Blitze erschlagen worden sein; nach andern fand ihn Luther eines Moraens im Bette ermordet Gewiß ist nur, daß der Verlust dieses Freundes einen frtse» Ifanäfete Utf a"f ,6" m<4" "Öd ihn ,ur Ausführung Als Luthers Vater die Nachricht vou dem Eintritt ins Kloster erhielt, war er sehr ungehalten und sagte ihm als einem unae-hor amen Sohne alle väterliche Gunst ab; später jedoch söhnte er sich mit chm aus und gab noch nachträglich seine Einwilligung Ku dem gethanen Schritte, obgleich er es nicht ganz verwinden konnte, daß seine Plane, einen tüchtigen und berühmten Rechtsgelehrten in dem -söhne zu sehen, so gänzlich vernichtet waren. b. Luther im Kloster und als Lehrer an der Univer-- re /y°'"ter u$nters, Luther mit dem größten Ernste allen Verrichtungen der Mönche; er wurde zu den niedrigsten Diensten verwendet, mußte die Glocke läuten, die Thüre hüten die Kirche reinigen und mit dem Bettelsack in der Hand in der S'adt Guben für dus Kloster sammeln. Duneben Jetflmie keine der vorgeschriebenen Gebetsstunden und marterte sich mit Kasteiungen aller Art. Mit hoher Freude erfüllte ihn das Auf-' frnben emer Bibel m der Klosterbibliothek. Schon früher batte > er in der Universitätsbibliothek eine Bibel gefunden, und voll 1 Staunen über den herrlichen Inhalt derselben hatte er Gott ! gebeten thm einst auch einen solchen Schatz zu Mcheeren So i oft es seine Geschäfte erlaubten, las er mit Fleiß und Andacht i die heiligen Schriften. Aber all' feine Bemühungen, durch treue ; Verrichtungen seiner Obliegenheiten Friede des Herzens In er- seines fleißigen Fastens und Betens • a -lr. Kasteiungen blieb er betrübt und zweifelte daß Gott mhm gnädig sein werde. Er sagt später selbst einmal-r lst's, ein frommer Mönch bin ich gewesen, und wenn je ein i durch s-m- Mönch°r°j in den Simmel getommm if£ o ms Dcuch ich hineingekommen sein." Immer war er voll Angst und l ?or9e u6er Jetne Sunden, und doch wußte er bei der Beichte ; keine anzugeben. Voll Herzensqual schloß er sich oft taaelana !r!e Machte das Wort eines alten treuen .Mönches: „och glaube an eine Vergebung der Sünden!" den
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