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1. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. uncounted

1905 - Leipzig : Wunderlich
Lehrer mit der gesamten Materie des heimatkundlichen Unterrichts vertraut machen und ihm willkommene Handreichung und Anleitung zu einer erfolg- reichen Erteilung dieses Unterrichtsfaches bieten soll. Darum schlägt es auch einen andern Weg ein als die auf diesem Gebiete bisher erschie- nenen Werke. Diese stellen meist einen bestimmten, in der Regel einen größeren Ort in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung und behandeln diesen sowie seine Umgebung in ausgeführten Lektionen. Sie geben dadurch gewiß jedem Lehrer reiche Anregung, führen ihn aber doch nicht so in das Wesen der Heimatkunde ein, daß er dadurch fähig würde, einen ähnlichen, aber für seine Schule typischen Lehrplan zu entwerfen und unterrichtlich frucht- bringend zu verwerten. Das vorliegende Werk zerfällt in zwei Teile. Der erste, dessen Be- arbeitung der Unterzeichnete auf Grund seiner langjährigen Erfahrung und praktischen Betätigung aus dem Gebiete des heimatkundlichen Unter- richts allein übernahm, behandelt die Methodik des heimatkundlichen Unterrichts in ausführlicher Weise und zeigt die vertretenen Anschau- ungen an beigegebenen Plänen von einer acht-, vier- und zweiklassigen Schule, sowie an einer Anzahl im Unterrichte zu verwertender Faust- skizzen. Zur Orientierung dienten dem Verfasser Reins Encyklopädie, die Fingersche Heimatkunde und ihre Verteidigung durch Muthesius, sowie die von Miiller—fröbelhaus herausgegebene Begleitschrift zu den Kuhnert- schen Karten. Der zweite Teil besteht aus volkstümlich geschriebeuen Lesestücken, welche die allen Orten unseres Bezirks gemeinsamen heimat- kundlichen Stoffe behandeln. Sie sind von einigen Mitgliedern der Sektion verfaßt worden und fiir verschiedene Altersstufen berechnet, weil die Sektion den Standpunkt vertritt, daß sich die Heimatkunde vom dritten Schul- jahre ab durch den gesamten Sachunterricht, ja bis in die Fortbildungs- schule hinein erstrecken solle. Auch sind diese Aufsätze in Sonderabdruck als Lesebuch für die Haud der Schüler erschienen. Bei ihrer Bearbeitung benutzten die Verfasser außer den vorhandenen ortsgeschichtlichen Schriften vor allem noch die einschlägigen Werke von Herzog, Wuttke, Uhle, Hey und die Neue Sächsische Kirchengalerie. Die dem Buche beigegebene Handkarte unseres Bezirks wurde von Herrn Lehrer Kramer in Wilkau entworfen und in Höhenschichten aus- gefiihrt. Möge das Buch seinen bescheidenen Teil an der Ausgestaltung und Förderung des heimatkundlichen Unterrichts mit beitragen. Cainsdorf, Michaelis 1904. M. Jochen.

2. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 2

1905 - Leipzig : Wunderlich
2 welchen und auf welche er zu wirken besümmt ist, das Wichtigste und Unentbehrlichste". Auch Karl Ritter vertritt den synthetischen Gang in der Erdkunde, der mit der Heimatkunde beginnt. Er spricht: „Die natürliche Methode ist diejenige, welche das Kind zuerst in der Wirklichkeit orientiert und zu fixieren sucht und es auf der Stelle, wo es lebt, auch sehen lehrt. Sei es nun Stadt oder Dorf, Berg oder Tal, wo das Kind seine ersten geographischen Kenntnisse — nicht in der Stube, nicht auf der Landkarte und aus dem Buche, sondern in der Natur — erhalten kann- dieses bleibt sich immer gleich". Den ersten praktischen Versuch bildete ein methodischer Leitfaden für den geographi- schen Unterricht von Henning. Er gab die Anregung zur Einführung der Heimatkunde als Unterrichtsfach in der Benderschen Anstalt zu Wein- heim. Aus dieser aber trat im Jahre 1844 ein Buch seine Wanderung durch die Welt an, welches für die Ausgestaltung des heimatkundlichen Unterrichts von bahnbrechender Bedeutung ist. Es ist die mit Recht als „klassisch" bezeichnete „Anweisung zum Unterricht in der Heimatkunde von vr. Friedrich August Finger". Mit diesem durchaus originellen Werke tritt die Heimatkunde in ein ganz neues Stadium ein. Eine Hochflut von methodischen Leitfäden für dieses Unterrichtsgebiet überschwemmt einige Jahre nach dem Erscheinen der Fingerschen Schrift den Büchermarkt, ohne daß eine von jenen manchmal recht oberflächlich bearbeiteten Abhandlungen sich auch nur an- nähernd mit Fingers Leistung messen konnte. Worin besteht nun die bahnbrechende Bedeutung des Fingerschen Werkes? Finger stellt die Heimatkunde, zu welcher er auch den Anschauungsunterricht rechnet, als selbständiges Unterrichtsfach auf und weist ihr eine bestimmte Stundenzahl auf der Unter- und Mittelstufe der Volksschule zu. Er sieht sie als propädeutisch für den erdkundlichen Unterricht an, weist aber zugleich nach, daß sie auch für den übrigen Sachunterricht die grundlegenden Anschauungen bietet. Er gründet das Lehrverfahren auf unmittelbare Betrachtung der Heimat und auf planmäßige Beobachtung der Vorgänge in der Heimat durch die Schüler. Er schreitet stufen- mäßig vorwärts und behandelt je nach dem geistigen Standpunkte der Schüler das ihnen psychisch Naheliegende. Er verlangt selbsttätige An- eignung der Vorstellungen und läßt diese durch Zeichnungen und sprach- liche Zusammenfassungen befestigen. Fingers Freund Stoy baute die Heimatkunde im Sinne des Meisters weiter aus. In späteren Jahren waren es vor allem Kehr und die Ziller- sche Schule, welche Stellung zu den Fingerschen Ideen nahmen. Kehr steht auf dem Standpunkte, daß aller Unterricht Anschauungsunterricht sein solle, und daß sich deswegen ein gesonderter Anschauungsunterricht, demnach auch eine besondere Heimatkunde, erübrige. Die Zillersche Schule sieht in der Heimatkunde mehr ein Prinzip als ein Fach und verlangt von ihr, daß sie auf allen Stufen des Unterrichts klärend und

3. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 5

1905 - Leipzig : Wunderlich
5 und 4. Schuljahre psychologisch nicht zu rechtfertigen ist. _ Man denke beispielsweise an die Verwaltung des heimatlichen Ortes, sowie an manche geschichtliche Begebenheit in der Heimat. Geschichtliche Vorgänge sind, da sie nicht beobachtet werden können, an sich abstrakter Natur, volks- wirtschaftliche Erscheinungen wiederum erfordern zu ihrem Verständnis eine größere geistige Reife, als sie Kinder im 3. und 4. Schuljahre be- sitzen. Darum verlangen wir auch im späteren Sachunterricht auf der Oberstufe, ja bis hinein in die Fortbildungsschule, Raum für heimatkundliche Themen. So kommen wir also zu einer zweifachen Heimatkunde, zu einer in sich geschlof- fenen oder selbständigen auf der Mittelstufe und zu einer ein- gegliederten auf der Oberstufe und in der Fortbildungsschule. Erst wenn beide am Ende der gesamten Schulzeit durchlaufen sind, wird das Kind mit seiner Heimat vollständig bekannt geworden sein, und die wesentliche Aufgabe des heimatkundlichen Unterrichts ist erfüllt. Iii. Ziel des heimatkundlichen Unterrichts. Aus der Stellung der Heimatkunde im Lehrplane ergibt sich natur- gemäß das Ziel des heimatkundlichen Unterrichts,- es ist wie im übrigen Sachunterricht ein dreifaches, ein materiales, ein formales und ein ethisches. 1. Das materiale Ziel. Durch den Unterricht in der Heimatkunde soll der Schüler die Gegenstände und Erschei- nungen der Heimat an sich und in ihrer Wechselwirkung kennen lernen. Die Gegenstände werden gebildet von den Bodenformen, Gesteinen und Erden der heimatlichen Gegend, von den Gräsern, Blumen, Bäumen und Sträuchern, welche die heimatliche Flur bedecken, von den Bächen und Flüssen, die sie durchrauschen, von all den Tieren, die Land, Luft und Wasser beleben, sowie von den Gestirnen, die auf unsere Heimat herableuchten. Hierzu kommen noch die Dinge, die Menschen- geist und Menschenhand schufen, seien es Wohnungen oder Verkehrswege, seien es Maschinen oder Bauwerke, welche dem Wohle der Menschen dienen. Neben dem Räumlichen aber hat die Heimatkunde auch das Zeitliche in den Bereichs ihrer Betrachtung zu ziehen. Sie wird demnach auch Witterungsverhältnisse, Vorgänge in der Luft und am heimatlichen Himmel, wie auch die Erscheinungen aus dem alltäglichen Leben, die Beschäftigung der Bewohner, ihre Sitten und Gebräuche, die Entwicklung des heimat- lichen Ortes beachten. Und doch kommt es im heimatkundlichen Unterrichte nicht allein auf

4. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 6

1905 - Leipzig : Wunderlich
6 die Anschauungen von heimatlichen Gegenständen und Erscheinungen an sich, sondern auch auf die vielgestaltigen Beziehungen dieser Dinge zu- einander an. Der Schüler muß begreifen lernen, warum der Dorfbach nach dieser und nicht nach einer andern Richtung fließt, warum sich die Bewohner lieber im Tale ansiedeln als auf dem Berge, inwiefern die Beschäftigung der Leute sich nach der Bodenbeschaffenheit und dem Boden- erträge richtet. 2. Das formale Ziel. Aus den gewonnenen Anschauungen sollen die Schüler Begriffe abstrahieren, Urteile bilden und Schlüsse ziehen lernen. Mit der Apperzeption allein darf sich die Heimatkunde nicht begnügen, sonst wäre sie nur Anschauungsunterricht, sie hat auch den Abstraktions- prozeß in gleicher Weise zu berücksichtigen. Es soll ein bestimmtes Material gewonnen werden, das aus Begriffen, Urteilen und Schlüssen besteht, die dem psychischen Standpunkte des Kindes entsprechen. Da gilt es zunächst, die wesentlichen Merkmale der betrachteten Gegenstände heraus- zuheben und zusammenzufassen, doch nicht so, daß festgefügte Definitionen gewonnen werden sollen — diese würden schon wegen ihrer sprachlichen Fassung nicht von den Kindern behalten werden — das Kind soll viel- mehr das Begriffliche nur in schlichten Sätzen angeben können. Hat es einen heimatlichen Berg betrachtet und klare und deutliche Vorstellungen von ihm erhalten, so wird es mit Leichtigkeit die Urteile merken: Der Berg hat einen Fuß, einen Abhang und einen Gipfel. Er dacht sich auf der einen Seite steil, auf der andern allmählich ab. Die Beziehung der einzelnen Gegenstände zueinander aber nötigt zur Schlußbildung. Solche Schlußfolgerungen sind: Die Quelle eines Baches muß höher als die Mündung liegen — wenn die Sonne einen kleinen Bogen am Himmel zurücklegt, so sind die Tage kurz. Sie müssen auch von Kindern im 3. Schuljahre gezogen werden können. Doch dürfen wir bei dieser Schulung des Geistes nicht stehen bleiben,- zu ihr muß auch eine gründ- liche Übung der Sprechwerkzeuge, des Auges und der Hand kommen. Was das Kind sein geistiges Eigentum nennt, muß es aussprechen und gewisse Vorstellungen, welche es gewonnen hat, in einfachen Ümrissen graphisch wiedergeben können,- denn nur von den Dingen und Vorgängen hat der Mensch eine sichere Anschauung, die er andern mit klaren Sätzen und mit einer darauf bezüglichen Skizze zu erläutern vermag. Dann wird es dem Schüler auch leicht werden, sich unter Anleitung des Lehrers in die heimatliche Wand- und Handkarte zu finden und beim Lesen der- selben die in der Wirklichkeit gewonnenen Vorstellungen zu reproduzieren. 3. Das ethische Ziel. Durch eine sinnige Betrachtung der Heimat soll das Heimatgefühl geweckt und gepflegt werden. Das Kind soll seine Heimat nicht kennen lernen wie einen toten Gegenstand, den man betrachten, beschreiben und über den man nach-

5. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 8

1905 - Leipzig : Wunderlich
8 Iv. Auswahl und Anordnung des heimatkundlichen Unterrichtsstoffes. Nachdem wir in den vorhergehenden Abschnitten die Stellung der Heimatkunde im Lehrplane gekennzeichnet und die Ziele des heimatkund- lichen Unterrichts aufgestellt haben, können Auswahl und Anordnung der Unterrichtsstoffe nicht sonderliche Schwierigkeiten bereiten. Befassen wir uns nur mit der in sich geschlossenen Heimatkunde des dritten und vierten Schuljahres,' denn die Anordnung der Themen, welche der eingegliederten Heimatkunde zuzuweisen sind, wird ein Lehrplan für Realunterricht iiber- nehmen müssen. Doch sollen in einem besonderen Abschnitte auch nach dieser Hinsicht Fingerzeige gegeben werden. Da die geschlossene Heimat- kunde die Fortsetzung des Anschauungsunterrichtes ist, so ergibt sich natur- gemäß als erste Forderung: Die auszuwählenden Gegenstände, Erscheinungen und Vor- gänge müssen von den Kindern betrachtet und beobachtet werden können. Wir wollen uns vorläufig eine Aufzählung der zur unterrichtlichen Behandlung vorhandenen Objekte ersparen, da sie in großen Zügen am Ende dieses Abschnittes und in ausführlicher Weise in den beigegebenen Lehrplänen erfolgen wird. Geschichtliche Vorgänge aus der Heimat, an die uns vorhandene Denkmäler, Gebäude oder Namen erinnern, werden ans Grund der aufgestellten Forderung erst der eingegliederten Heimatkunde zugewiesen werden müssen. Zwingt jedoch ein Gegenstand oder ein Namen bei der Durcharbeitung der geschlossenen Heimatkunde zu einer geschichtlichen Erklärung, so möge sie ohne jedes wissenschaftliche Beiwerk in kindlich einfacher, leichtverständlicher Weise gegeben werden. Ich denke beispielsweise an das fast in jedem Orte vorkommende Krieger- denkmal. Man braucht hier nur zu erwähnen, daß die Väter und Groß- väter einmal mit dem Könige in den Krieg ziehen mußten gegen ihre Feinde, die Franzosen (wie die Kinder Israel gegen die Philister). Da haben sie tapfer gekämpft, mit Flinten und Kanonen geschossen und mit dem Säbel gefochten. Die Feinde wurden geschlagen und mußten fliehen- ober auch viele von unsern Soldaten sind erschossen und erschlagen worden. Man sagt, sie sind im Kampfe gefallen. Damit wir die, welche aus unserm Orte draußen im Kriege gestorben sind, nicht vergessen, haben wir ihnen ein Denkmal gesetzt. Auch in vielen andern Orten steht ein Kriegerdenkmal. — Für die Jahre, in welchen der Krieg geführt wurde, für die Namen der Heerführer oder etwa der Schlachten haben die Kinder dieser Klassenstufe kein Verständnis. Bei der Auswahl des Unterrichtsstoffes für die Heimatkunde ist weiter zu beachten:

6. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 10

1905 - Leipzig : Wunderlich
10 aber den Stoff nicht so, daß wir im allgemeinen von Bauern und Bauerngütern, von Handwerkern usw. reden. Die Reihenfolge der methodischen Einheiten wird bestimmt durch die Lage des ihnen entsprechenden Anschauungsmaterials zum Beobachter. So ergibt sich naturgemäß folgender Gang: 1. Das Schulzimmer. 2. Das Schulhaus. 3. Der Schulhof. 4. Die nächste Umgebung des Schulhofes. 5. Der Ort (Überblick,- einzelne Teile,- dann mit dem Teile beginnend, in welchem das Schulhaus liegt). 6. Die Umgebung des Ortes. Bei größeren Ortschaften wird man der Unterrichtsgänge wegen gut tun, nach einer kurzen Übersicht über den Ort erst die Ümgebung zu durchforschen, um dann im Winterhalbjahr, in dem sich die Schulwande- rungen des schlechten Wetters wegen oft verbieten, rein örtliche Ver- hältnisse eingehend zu behandeln. Die bei der Betrachtung des heimatlichen Himmels und der klima- tischen Verhältnisse sich ergebenden Vorstellungen werden da eingegliedert, wo sie ungesucht herbeizuziehen sind. So könnte man über die Himmels- gegenden im Anschluß an die Betrachtung des Schulzimmers (vier Wände!) und auch bei einem Unterrichtsgange auf eine Anhöhe reden. Wie die Eingliederung psychologisch erfolgt, und wie die angegebenen größeren Einheiten sich naturgemäß in kleinere, gewissermaßen auseinander hervor- wachsende Einheiten gliedern, zeigen in anschaulicher Weise die beigegebenen Lehrpläne. V. Die methodische Behandlung des Unterrichtsstoffes. Betrachtet man die Entwicklungsgeschichte des gesamten Volksschul- unterrichts vom methodischen Standpunkte aus, so lassen sich im ganzen drei Phasen unterscheiden, welche im gewissen Sinne auch der Vorbildung des Lehrerstandes entsprechen. Die erste Phase zeigt uns den Schul- unterricht als Handwerk. Der „Schulmeister" war entweder gar nicht für seinen Beruf vorgebildet, oder er hatte sein Handwerk unter An- leitung eines älteren Schulmannes erlernt. Der Zweck seiner unterricht- lichen Tätigkeit war lediglich die mechanische Aneignung des Lehrstoffes, die meist durch Vor- und Nachsagen erreicht wurde. Nach und nach bildeten sich bei der unterrichtlichen Praxis gewisse Regeln aus, nach denen sich das Lehrverfahren richtete, und so wurde in der zweiten Phase das Handwerk zum Kunsthandwerke, ja zur Kunst. Während man bisher allein Wert darauf gelegt hatte, daß ein bestimmtes Etwas angeeignet würde, berücksichtigte man jetzt schon Mittel und Wege, mit denen man

7. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 12

1905 - Leipzig : Wunderlich
12 Vi. Unterrichtsgänge. Die von Finger verlangten heimatkundlichen Unterrichtsgänge sind immer mehr in Aufnahme gekommen. Und doch gibt es noch Schulen, in denen man die bekannte Forderung von der Anschauung noch nicht genügend beherzigt. Vielleicht liegt es daran, daß man den Wert solcher Gänge wohl anerkennt, aber die Art der Ausführung noch nicht recht versteht. Zunächst stößt man sich an die Zeit, zu welcher sie auszuführen sind. Man lasse sich ja nicht von der in der Bevölkerung etwa auf- tauchenden törichten Auffassung, als ob der Lehrer sich mit dem Unterrichts- gange ein bequemes Stündchen verschaffen wolle, irreleiten. Damit ist schon gesagt, daß die Unterrichtsgänge zum planmäßigen Unter- richt gehören und in den Stunden auszuführen sind, welche für die Heimatkunde angesetzt sind. Ist der Weg, welcher zurückgelegt wird, etwas weit, so wird man allerdings gut tun, wenn man den Unterrichts- gang auf die letzte Unterrichtsstunde verlegt, damit die etwa noch nötige Zeit zugegeben werden kann. Jeder Unterrichtsgang ist gründlich vorzubereiten. Deshalb ist es notwendig, daß sich der Lehrer über den Stoff, den er veranschau- lichen will, selbst genau orientiert hat. Er muß die Himmelsrichtung, die Wege, sowie die Dauer des Marsches vorher erforscht haben, muß vou dem Standort, von welchem aus er mit den Kindern beobachten will, selber einmal Umschau gehalten haben, damit er weiß, ob sich der Platz zu dem angegebenen Zwecke auch eignet. Und will er mit dem Unterrichts- gange auch naturkundliche Beobachtungen verknüpfen, so empfiehlt es sich, daß er sich vor demselben auch von dem Vorhandensein der zu betrachtenden Naturgegenstände oder -Vorgänge überzeugt. Die Zahl der Vorstelluugen und die Reihenfolge, in welcher sie gewonnen wer- den, muß vorher genau erwogen werden. Jedenfalls ist hier die alte pädagogische Wahrheit zu beherzigen: Nicht zuviel, aber das Wenige gründlich. Auch die Schüler sind auf den Unterrichtsgang vorzubereiten. Dies geschieht durch eine Vorbesprechung. Hierbei sind die Kinder zu ver- anlassen, diejenigen Vorstellungen, die sie bei Gelegenheit früherer Wanderungen mit Eltern, Geschwistern oder Spielkameraden gewonnen haben, zu reproduzieren. Da wird sich zeigen, wie wenige angeeignet worden sind, und wie es auch den wenigen an Klarheit und Deutlichkeit mangelt. Hieraus wird sich nun ergeben, welche Vorstellungen zu er- gänzen und welche neu zu erarbeiten sind. Haben dies die Schüler erkannt, so werden die folgenden Beobachtungen mit Bewußtsein ausgeübt. Der Unterrichtsgang wird vomschulhofe aus unternommeu. Ein Schüler nimmt ein Metermaß, ein anderer Schiefertafel und Stift mit. Vorher wird die Richtung festgestellt, welche einzuschlagen ist. Die

8. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 14

1905 - Leipzig : Wunderlich
— 14 Muldentale. Die können wir nicht sehen, weil sie von Beraen verdeckt werden." Die gefundenen Satze sind, wo angängig, an Ort und Stelle noch einmal zusammenzufassen. Die gewonnenen Vorstellungen: Mulde, Brücke, Weg, Straße, Chaussee, Eisenbahn, Wilkau, Haßlau werden dann auf dem Erdboden und auf der Schiefertafel dargestellt. Auf dem Rückwege sind die Himmelsrichtungen wieder anzugeben. Mit diesen Ergebnissen dürfte fiir einen Unterrichtsgang genügend Vorstellungs- matcrial gesammelt worden sein. Es gilt nun, dieses in den nächsten Unterrichtsstunden zu verarbeiten und auf der Wandtafel und im Heft zu befestigen. Der nächste Unterrichtsgang könnte wieder zu diesem Standort führen. Nun würde der Blick nach einer anderen Himmelsgegend gerichtet werden, nach der, wohin die Mulde fließt. Da der Weg bis zum Standorte bekannt ist, so wird man die Aufmerksamkeit der Kinder bei der Wanderung jetzt auf etwas anderes, vielleicht auf den Stand der Sonne, auf Wind, Wolken und Wärme lenken, oder man wird die Beobachtung eines natur- kundlichen Objekts mit erledigen. Handelt es sich um eine Pflanze, so betrachte man zuerst den Standort, dann den Aufbau der Pflanze im ganzen. Hierauf hole der Lehrer selbst Zweige, Blätter oder Blüteu und verteile sie zur Beobachtung unter die Schüler, um einem Zer- störungswerke in der Natur vorzubeugen. Die Hauptsache ist, daß bei der nun folgenden Betrachtung alle Schüler den Gegenstand genau sehen und betasten können. Bei einem Tiere wird man sein Augenmerk zu- erst auf Aufenthalt und Lebensweise und dann erst auf den Körperbau richten. Doch können viele Tiere, da sie beim Nahen der Menschen fliehen, nicht beobachtet werden. Aber die Spuren ihrer Tätigkeit sollen als treffliches Apperzeptionsmaterial da, wo sie sich zur Anschauung bieten, eingehend betrachtet werden,' man denke beispielsweise an die Gänge des Maulwurfes oder an die Löcher, welche der Specht in den Baum hackt. Sicherlich wird es dem Lehrer bei keinem Unter- richtsgange an Beobachtungsmaterial fehlen. Eine solche auf gründlicher Anschauung beruhende Erforschung der Heimat aber wird nicht nur lebendige und sichere Vorstellungen im Kindesgeiste erschaffen, sondern auch die Liebe zur heimatlichen Scholle wecken und pflegen. Vii. Das Relief. Selten ist die Brauchbarkeit eines Lehrmittels so umstritten worden, wie die des Reliefs- selten ist aber auch auf ein Lehrmittel soviel wissenschaftliche Arbeit und praktische Geschicklichkeit, soviel Mühe und Ausdauer verwendet worden, wie aus dieses. Denn will man ein den

9. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 15

1905 - Leipzig : Wunderlich
15 wirklichen Verhältnissen vollständig entsprechendes Modell herstellen, so ist das nur von einem ganz kleinen Erdraume möglich. Die Höhen- ausdehnungen sind im Verhältnis zu den Längenausdehnungen so gering, daß sie nur bei einem Bilde von einem engumgrenzten Raume auf- fallend dargestellt werden können. Dabei aber gilt es, die Isohypsen (Höhenlinien) genau festzulegen und den Maßstab nicht nur nach Länge und Breite, sondern auch in bezug auf die Höhe richtig anzuwenden. Man hat dies getan, indem man die Höhen durch Aufeinanderlegen von Holz- oder Pappblättchen, welche in ihrer Stärke einem Grundmaße entsprachen, herstellte und dann die treppenartige Erhöhung durch eine besondere Masse auszukleiden suchte. Bei größeren Distrikten mußte man, um eine gute Höhenwirkung zu erzielen, für die Höhenausdehnung einen anderen Maßstab anwenden als für Länge und Breite. Aus diese Weise aber wurde das Relief unwahr. Entspricht nun der Nutzen, den eine derartige Darstellung für die unterrichtliche Behandlung hat, der auf- gewendeten Mühe? Ich antworte mit Nein! Ein solches Relief hat zwei große Nachteile. Durch die genaue Darstellung jeder Boden- erhebung, auch der unbedeutendsten, leidet die Übersichtlichkeit. Das Wesentliche, das veranschaulicht werden soll, tritt nicht scharf genug her- vor. Ein anderer Nachteil für die unterrichtliche Verwendung ergibt sich daraus, daß ein solch kunstvoll hergestelltes Relief vor dem Kinde fertig erscheint. Die große Anzahl Vorstellungen, die der Schüler auf dem Ünterrichtsgange nacheinander erwarb, erscheinen hier gleichzeitig auf einem kleinen Raume und lassen im Kindesgeiste kein klares Bild von der Wirklichkeit entstehen. So kommen wir zu der Frage: Ist es denn überhaupt geraten, das Relief als Lehrmittel in der Schule zu ver- wenden? Die Antwort lautet: Ei gewiß! Aber nicht das wissenschaft- lich genau nach allen Regeln der Technik hergestellte, sondern die ein- fache Form im Sandkasten oder mit Sägespänen. Man lasse sich einen festen, oben offenen Kasten von ungefähr 80 ein Länge, 60 cm Breite und 20 cm Tiefe anfertigen und fiille ihn zur Hälfte mit feinem, Sand, der durch Wasser, mit einem Klebstoff vermischt, angefeuchtet wird. Noch besser ist der sogenannte Formsand aus den Eisenwerken. In dieser Masse forme man vor den Augen der Kinder die Boden- erhebungen mit der Hand. Dabei suche man durch Wechselgespräch die Kinder zur geistigen Mitarbeit heranzuziehen. Die Flußläufe können durch blaue, die Eisenbahnen und Straßen durch rote Wollfäden ver- anschaulicht werden. Wird nun ein kleiner Platz aus dem Heimatorte dargestellt, der wenig wichtige Gebäude enthält, so wende man an Stelle der letzteren einige Häuschen aus der Spielschachtel der Kinder an. Soll ein Raum veranschaulicht werden, der mehrere Orte zeigt, so kann man diese durch rote Holzklötzchen andeuten. Ist in einer Schule ein Sand- kasten nicht zu beschaffen, so benutze man Wandtafel und Sägespäne. Alan lege die Wandtafel eben auf zwei Schulbänke, lasse die Kinder

10. Theorie und Praxis der Heimatkunde - S. 18

1905 - Leipzig : Wunderlich
18 plizierten Vorbereitungen vermeidet, der Karte sehr ähnlich ist und von den Kindern ganz leicht nachgeahmt werden kann. Jeder Schüler besitzt ein Quartheft mit Konzeptpapier ohne Linien (Preis 5—10 Pf.), ein kleines Lineal mit Zenümetermaß (5 Pf.), einen großen Rot- und Blau- stift, dazu Bleistift und Federhalter. Die Kinder zeichnen nun analog der Wandtafelskizze Gewässer blau, Berge und Orte rot, die Straßen, anstatt weiß wie auf der Wandtafel, schwarz, und die Eisenbahnen durch schwarze Doppellinien leer und gefüllt. Ebenso werden alle Namen schwarz eingeschrieben. In manchen Schulen wird für die Darstellung der Gebirge auch die braune Farbe mit Geschick verwertet. Sie läßt sich für die Wandtafelskizze dadurch leicht Herstellen, daß man ein Stück Kreide in aufgelöste Sepia eintaucht. Die Anwendung von noch anderen Kreiden und Buntstiften halten wir schon wegen der Kosten nicht für ratsam. Auch lassen sich die so oft feilgebotenen bunten Kreide- stifte schwer spitzen und brechen leicht. Die Skizze aber wird durch An- wendung von vielen Farben unklar und unschön. Die angeführten Hilfs- mittel sind bei den einfachsten Verhältnissen zu beschaffen, reichen aber auch in gehobenen Schulen aus. Doch lasse man es bei den Planskizzen allein nicht bewenden. Sie zeigen die Gegenstände nur im Grundriß und geben nur die Längs- und Breitenausdehnungen an. Und, doch bedarf das Auge auch im Erfassen der Körper einer gründlichen Übung. Diese geschieht am besten durch das graphische Darstellen charakteristischer Formen. Für den Lehrer bildet die Skizze, die der Schüler aus dem Gedächtnisse nieder- zeichnet, eher die Gewähr, daß die verarbeiteten Vorstellungen klar, deut- lich und sicher behalten worden sind als selbst die zusammenhängende mündliche Darstellung des Schülers. Gerade unser Geschlecht krankt an einer gewissen Oberflächlichkeit, welche schnell fertig ist mit dem Wort. Da ist es unbedingt notwendig, daß der Sachunterricht auf gründliches und vollständiges Erfassen und auf genaues Darstellen der Vorstellungen dringt. Darum muß das graphische Darstellen von Gegen- ständen, Formen und Erscheinungen durch die gesamte Schul- zeit gründlich geübt werden. Das Zeichnen von Gegenständen und Erscheinungen be- ginnt bereits im Anschauungsunterrichte, wenn es hier zunächst auch nur ein Abmalen der einfachen Skizze des Lehrers ist, das jedoch nicht mechanisch, sondern mit vollem Bewußtsein geschehen soll. Später ist das Kind auch zur selbständigen Wiedergabe des Gesehenen mit wenigen Strichen anzuleiten. In der Heimatkunde aber ist die Skizze nach Gegenständen unerläßlich. Es genügt bei der Behandlung des Schulhauses nicht, nur den Grundriß zeichnen zu lassen- es ist auch nötig, daß einmal die Front und der Giebel des Schulgebäudes oder eines anderen Hauses dargestellt werden. Der Begriff Stockwerk wird viel klarer werden, wenn die Kinder die Reihen der Fenster durch Striche
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