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1. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 166

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
166 Die staatswirthschaftliche Thätigkeit Augusts ist für die damalige Zeit beinahe unerhört zu nennen, und hatte die erfreulichsten Wirkungen für seine Lande, die wohl zu sei- ner Zeit die wohlhabendsten und bestregierten unter allen deutschen waren. Die Rechnungen seiner Aemter revidirte er entweder selbst oder sein Sohn Christian, daher ließen sich die Beaufsichtigten keine Veruntreuungen oder Pflicht- versäumnisse zu Schulden kommen. Durch seine vortreff- liche Wirthschaft vermehrten sich seine Einkünfte in der Art, daß er nicht nur einen Schatz von mehrern Millionen sam- melte, sondern sehr große Summen seinen Unterthanen ge- gen ab lösliche und unablösliche Zinsen geben konnte, um sie aus den Händen der Wucherer zu retten. Die Summen, die er auf diese Weise ausgethan, belaufen sich gleichfalls auf Millionen. Dann hat er große Güterankäufe gemacht und dadurch das Staatsgebiet erweitert. Den Standen schoß er eine Million Gulden vor, dem Kaiser Rudolf gleichfalls eine ansehnliche Summe auf die Pfand- schaft seiner lausitzer Städte. Endlich hatte er uner- meßliche Summen auf große Bauwerke verwendet, als von Augustusburg, Annaburg, Moritzburg, dem Lust- schlosse auf dem Königfteine, der Befestigung von König- stein und Dresden, des Zeughauses, des Jäger- Hofes, der Kanzlei-und Münzgebäude, des Schlos- ses zu F r e i b e r g. Auf Wissenschaften und Künste ver- wandte er gleichfalls nicht geringe Summen. So gab er allein 30,000 Gulden für Stipendien und freie Stellen im Convict auf der Universität zu Wittenberg. Er ver- mehrte die Professoren und erhöhte ihre Besoldungen, die Dresdner Bibliothek hat er gestiftet, auch die Kunstkam- mer, eine Münzsammlung und andere Sammlungen ver- danken ihm ihr Entstehen. Bei so vielem Löblichen, was von diesem, um sein Land so verdienten, Fürsten gemeldet werden kann, darf aber auch eine Schwäche, deren er sich schuldig gemacht, nicht verschwiegen werden. Dieses ist seine Einmischung in die kryptocalvinistischen Streitigkeiten, und die harte Verfolgung, die er über die kryptocalvinistischen Geistlichen verhängte. Der ehrwürdige Melanchthon hatte gegen seinen Willen zu einem Streite Veranlassung

2. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 151

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
151 was er gleich durch den bereits erwähnten Fladenkrieg zeigte. Nach dieser Irrung zog er mit einer Kricgsschaar nach Ungarn, woselbst er ein Opfer seines Muthes ge- worden wäre, wenn der wackere Edelknecht Sebastian von Neidisch mit Hingebung des eigenen Lebens das sei- nige nicht gerettet hätte.- Darauf kämpfte er 1543 und 1544 in den Heeren des Kaisers gegen Frankreich. Für den Fortgang der Reformation und für die Verbesse- rung des Unterrichts sorgte Moritz mit ruhmwürdigem Eifer. Ans dem' Ausschußtage zu Dresden und dann auf dem Landtage zu Leipzig wurde der Verkauf oder die Verpachtung der Kirchengüter beschlossen und davon auf dem Ausschußtage zu Dresden 1543 ihre Verwendung zum Unterhalt der Kirchen- und Schuldiencr angeordnet. Er er- richtete drei Landesschulen, zu Meißen für Go, zu Mer- seburg, nachmals Grimma, für 70 und zu Pforte für 100 Knaben, die darin unentgeltlichen Unterricht erhalten sollten. Auch stiftete er Stipendien und Freitische, auch Jahrgehalte für abgedankte Priester. Seinem Beispiele folg- ten Städte und Gemeinden, und dadurch kam das Schul- wesen in Aufnahme. Besonders freigebig erwies er sich gegen die Landesuniversität Leipzig, der er eine baare Zulage von 2000 Gulden, dann das Pauli ne rklostcr mit allen seinen Gebäuden, 5 Dorfschaften, 325 Acker Holz, Goo Scheffel Korn zum Convictorium und eine An- zahl neuer Stipendien und Freitische verlieh. Die Statu- ten der Universität wurden von Mel auch ton durchgese- hen und verbessert. Von da an wird der neue Aufschwung der Wissenschaften im albertinischen Sachsen sichtbar und die Universität Leipzig wurde weltberühmt. Auf welche Weise Herzog Moritz zu der Kurwürde und zu der Ländervermehrung gelangte, ist allbereils ge-, meldet worden^ Er belud sich dadurch mit dem Hasse aller seiner Glaubensgenossen, wurde öffentlich ein Verrather sei- ner Religion und seiner Freunde genannt, und selbst seine alten Unterthanen verhehlten ihm ihre Unzufriedenheit und ihr Mißtrauen nicht. Jedermann erwartete nun, daß er zum völligen Untergang der Protestanten die Hand bieten würde, so wie auch niemand daran zweifelte, daß der Kai- ser seine Ucbermacht zur völligen Unterdrückung der evan-

3. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 217

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
217 von großer Bedeutung; i. I. 1705 befanden sich in den kurfürstlichen Landen mit Inbegriff der Nebenlinien 32,400 gangbare Tuchmacher und 64,000 Weberstühle. Eine höchst wichtige Erfindung machte 1709 Johann Georg Bött- ger; nämlich das weltberühmte meißner Porzellan. Er hatte Gold machen sollen, woran es dem Hofe damals im- mer gebrach; das konnte er nun zwar nicht, aber bei dem Versuche entdeckte er die Verfertigung erst des braunen, und dann des weißen Porzellan's, und 1710 wurde die Fabrik zu Meißen auf der Albrechtsburg gegründet, wodurch bei der damaligen Kostbarkeit große Summen in's Land gezogen wurden. Für die Gelehrsamkeit that Friedrich August I. nicht viel, aber auch ohne das blühte sie in Sachsen, welches während seiner. Regierung in allen Fächern der Wissenschaften so viele und weltberühmte Gelehrte aufzu- weisen hatte, wie kein anderes Land der Erde. Mehr Eifer zeigte er für die schönen Künste, für die er eine große Vor- liebe hatte und die auch schon durch seine Prachtliebe be- günstigt wurden. Erbaute den japanischen Palast in Neustadt Dresden, die neustädter Kirche, die herrliche Frauenkirche, das Prinzenhaus, das große Opernhaus, den Zwinger, die Caserne und viele andere Paläste und Pracht- bauten. Eine Maleracademie gründete er 1697, ebenso eine Inventions - und Modellkammer. Viele Kunstsammlungen gründete er neu, andere schon vorhandene vermehrte er, so daß schon unter ihm mehr Kunstschätze in Dresden vor- handen waren, als in irgend einer deutschen Hauptstadt. Bei seinen Festen wurden alle Künste in Thätigkeit gesetzt und eine große Menge von Familien erhielt dadurch Nah- rung und Wohlstand. So floß wenigstens wiederum ein Theil der großen Summen dem Lande zu, die es der unbe- grenzten Prunksucht seines Landesherrn opfern mußte. Frei- lich wurde der Schade dadurch nicht wieder gut gemacht, doch aber vermindert. Die Prachtliebe dieses Fürsten über- schritt alles Maß und Ziel; unter allen Höfen von Euro- pa war der Seinige der glänzendste. Seine Feste, die bei- nahe nie abbrachen, kosteten Millionen. Das glänzendste von allen hatte im September 1719 bei der Ankunft der Kur- prinzessin in Dresden statt und hat vielleicht in der gan-

4. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 261

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
261 gefüllt, und die Gleichgültigkeit gegen den Gottesdienst hat nie und unter keinen Umstanden stattgefunden. Die Ver- besserung des Schulwesen, die schon 1763 den Ständen versprochen war, war eine der ersten Sorgen Friedrich August's, eine von dem berühmten Ernesti entworfene Schulordnung für die Fürstenschulen, lateinischen Stadt- schulen und Volksschulen, kam, nachdem sie von den Stän- den berathen worden war, 1773 zur Ausführung. Der fleißigere Schulbesuch wurde nachdrücklich eingeschärft und an eine Gehaltsverbesterung der Schullehrer gedacht. Sehr wichtig und das Volksschulwesen völlig umgestaltend war das Generale vom 4ten März 1805, worin auch die lästige Einforderung des Schulgeldes den Schullehrern selbst abgenommen und bestimmten Einnehmern übertragen wurde. Damit es aber an tüchtigen Schullehrern nicht fehle, wur- den Schullehrer-Seminarien errichtet, eins in Dresden 1788, ein zweites in Weißenfels 1794; außerdem ent- standen noch Privatseminarien zu Zeitz, Lucca, Zwik- kau, Glaucha, Freiberg .und Plauen. Beide letz- tem wurden später auch öffentlich. Dem Bedürfnisse hö- herer Bürgerschulen wurde abgeholfen, es entstanden deren in Neustadt - Dresden, Naumburg, Zittau, Löbau und Leipzig. Die Fürstenschulen erhielten neue Gebäude und Hilfslehrer. Die Universitäten Sachsens, die sich eines zahlrei- chen Besuchs erfreuten, genossen auch ansehnliche Unter- stützungen. Ihre Einkünfte wurden 1784 durch den pfor- taischen Reluitionszinsenfond und 1805 durch eine Summe von 30,000 Thlr erhöht und viele neue Profes- suren für Naturwissenschaft und Heilkunde gestiftet. Ein astronomisches Observatorium und ein botanischer Garten wurden in Leipzig errichtet. Schon i. I. 1778 wurde in Leipzig von Heini cke eine Taubstummenan- stalt, damals die erste in Deutschland, gestiftet. Bei der Universität Wittenberg wurde die seit 1760 einge- äscherte Schloßkirche mit einem Aufwande von 70,000 Thlr. wieder hergestellt, das Augusteum, einst Luthers Eigen- thum, wurde verschönert und erweitert. Auch die Univer- sität erhielt eine Vermehrung ihrer Einkünfte, es wurden mehrere neue Professuren, Stipendien, ein Schullehrer-

5. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 281

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
281 der Noth und zur Aushilfe der Verarmten beizutragcn. Das Heergeräthe und das Abzugsgeld innerhalb des Lan- des wurde aufgehoben, die Eingangsabgaben auf Vieh, Getreide, Brantwein entweder aufgehoben oder vermindert; eben so zur Wiederherstellung des freien Handels die hohen Abgaben auf englische und preußische Maaren. Die durch Brand Verunglückten erhielten freigebige Unter- stützungen an Holz und andere Begünstigungen. Der Landmannn erhielt die Erlaubniß, seinen Acker gegen das Wild zu vertheidigcn. Die zerstörte Irrenanstalt auf dem Sonnen stein trat wieder ins Leben, und die Elb sch is- sa hrt, sowie die zerstörten Brücken bei Dresden, Meißen und Weißenfels, die unbrauchbaren Heer- straßen un«- drr Postenlauf wurden wieder hergestellt. Auch für Kunst und Wissenschaft zeigte sich die neue Verwaltung Ihatig. Dresden erhielt manche Verschönerungen, die Bergacademie zu Freiberg durch Ankauf für 40,000 Thlr. das Werner'sche Mineraliencabinet, auch mehrere Bü- chersammlungen. Das medicinisch- chirurgische Collegium wurde in eine Academie verwandelt und so wie die Kunstaca- demie erweitert, die Dresdner Blinden - und die Leip- ziger Hebammen - und Taubstummenanstalt erhielten Un- terstützungen. Obgleich unter der russischen Verwaltung manches Zweckdienliche vollbracht wurde, so fühlten die Sachsen doch schmerzlich, daß sie unter einer fremden Herrschaft standen, und wünschten mit heißer Sehnsucht ihren ge- liebten Landesherrn wieder zurück. Die feste Erwartung, daß er gleich nach dem Abschlüsse des allgemeinen Friedens heimkebren und die Negierung seines Landes wieder über- nehmen werde, ging nicht in Erfüllung, vielmehr kamen Gerüchte von einer Vereinigung Sachsens mit Preu- ßen in Unilauf, die je länger je mehr Wahrscheinlichkeit erhielten. Ganz Sachsen geriet!) darüber in Trauer und Unruhe, denn es wurde mit dem Verlust seiner theuer- sten Güter,^ seines angebornen Fürstenstammes und seiner Selbstständigkeit bedroht. ^Eine allgemeine Bestürzung er- folgte aber, als am 8. November 1814 der russische Gencralstatthalter die Landesverwaltung an Preußen übergab, und die preußischen Bevollmächtigten, der

6. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 257

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
257 1769, Generalinnungsartikel für Künstler und Handwerker wurden 1780 erlassen. Besonders weitgreifend waren die Verbesserungen bei der Gesundheits- und Sicherheitspolizei. Der Arzneihandel außer den Apotheken wurde durch Ver- ordnungen von 1779, 1797 und 1799 eingeschränkt, die Vorräthe der Weinhändler sollten wegen der gefährlichen Verfälschungen jährlich untersucht werden; eine Thierarznei- schule in Dresden wurde 1782 zur Staatsanstalt ge- macht und reichlich ausgestattet. Durch die Beschlüsse der Landtage wurden zu Torgau und Waldheim noch 200 Stellen für Gemüthkranke, Waisen und andere Unglück- liche gestiftet. Um das Land von den arbeitslosen Hand- werkern, Landstreichern und Bettlern zu befreien, kam nach den Schlüssen der Landtage von 1793 und 1799 die Er- richtung des Arbeitshauses zu Colditz zu Stande, wel- ches auf 200, später aber auf 400 Personen berechnet war, und wozu jedes Ritter- und Freigut 5 Thlr. beitragen mußte. Eine Feuerordnung erschien 1775, u. 1790 wurde bei neuen Häusern das Decken mit Stroh und Schindeln untersagt. Eine Brandversicherungsanstalt entstand 1787. Wie schon erwähnt, war der Kurfürst kein Freund des Kriegs, das hinderte ihn aber nicht, auch dem Heer- wesen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden und die nöthigen Verbesserungen dabei zu veranlassen. Er vergrößerte das Heer, um das Land nicht zu drücken, nur allmählig und brachte es auf 21,018 Mann zu Fuß und 6,203 Mann Reiterei und 608 Mann Garnison und Jnvalidencompag- nieen. Jedem Regimenté wurde seit 1770 ein bestimmter Werbedistrict angewiesen, dabei sollte die Ansäßigmachung so wenig als möglich gehindert werden, und Niemand über sein 40. Jahr zu dienen gezwungen sein. Mehrere Mili- tairanstalten, wie das Eadettencorps, die Ingenieur» und Artillerie-Academie erhielten eine zeitgemäße Umbil- dung. Seit 1783 wurde die Landesvermessung ununter- brochen fortgesetzt, das Heerwesen stand unter dem gchei- men Krieg.sraths-Eollegium und seit 1789 unter dem General-Kriegsgerichtscollegium. Der Ackerbau machte während der Regierung Fried- rich August's große Fortschritte, wie aus dem vergrö- ßerten Ertrage desselben ersichtlich, denn i. I. 1755 wurde 17

7. Das Vaterland - S. 258

1906 - Leipzig : Degener
— 258 — kleine Armee für sich. Heute besteht diese „Schutztruppe" aus ca. 6000 Personen, die einen Kostenaufwand von weit über 8 Millionen Mark verursachen. 7. Die Bewohner Verlins. Vor dem 30jährigen Kriege hatte Berlin etwa 14000 Einwohner, ans slavischer und germanischer Blutsvermischung stammend. Nachdem in der Zeit des großen Krieges die Zahl zurückgegangen war, hob sie sich unter dem Großen Kurfürsten auf 20000, indem 1685 über fünftausend französische Emigranten hier eine neue Heimat fanden. Aus der Vermischung dieser drei Volkselemente, denen noch ein Teil jüdischer Abstammung beigefügt ist, sind die heutigen „echten Berliner" entstanden, die zu den Eingewanderten etwa im Verhältnis von 1 :2 stehen. Als Berlin preußische Königs-Resideuz wurde (1701), zählte sie55000 Einwohner, welche bis 1800 auf etwa 150000 anwuchsen. Bei der Erhebung der Stadt zur deutschen Kaiser-Residenz hatte sie 825 000 Einwohner, und diese Zahl stieg bis zum Jahre 1900 auf: 1888 000, so daß Berlin die drittgrößte Stadt Europas ist. Das Wesen der „echten Berliner" steht mit der Entwicklung Berlins einer- seits und mit der Abstammung der geborenen „Spree-Athener" andererseits im Einklang. Der Berliner ist aus dem Märker hervorgegangen, der mit saurem Schweiß seiner Scholle die Frucht abringen mußte, sein Land mit kraftvollem Arm verteidigte (Großbeeren) und an den Kämpfen 1864, 1866 und 1870 Helden- haften Anteil hatte. Hieraus erklärt sich der Fleiß des Berliners und sein selb- ständiges, energisches, oft handfestes und nicht selten gediegenes Wesen, das mit der Entwicklung von Preußens und Deutschlands Macht in gleichem Verhältnis wachsen mußte. Allerdings hat sich auch durch das Leben in der Großstadt, wo der Kampf ums Dasein auf verhältnismäßig kleinem Gebiet um so heftiger sein muß, manche Schattenseite in dem Wesen des Berliners ausgebildet. So zeigt sich neben der wärmsten Hilfsbereitschaft sichtliche Schadenfreude, neben tiefem Mitgefühl beißender Spott, neben aufrichtiger Empfindung für Gerechtigkeit bös- artige Satire, neben der liebenswürdigsten Gastfreundschaft vielfach verletzender Egoismus. Infolge der Abstammung vereinigen sich in dem Berliner „der Fleiß des Deutschen, die Zähigkeit des Slaven, die Gewandtheit des Franzosen und die Beredsamkeit des Israeliten". So ist Berlin schon durch das Wesen der Bewohner der Stempel einer steißigen Arbeits- und flotten Geschäftsstadt aufgedrückt. Munter fließt die Arbeit fort, die Geschäfte werden schnell erledigt, denn der Berliner versteht es, nicht nur mit der Hand, sondern auch mit dem Munde den Nagel auf den Kopf zu treffen. Ein guter Witz, den der echte Berliner immer in Bereitschaft hat, leistet oft mehr als aller Redeschwall, um zur Arbeit anzn- spornen oder den Käufer für das Geschäft geneigt zu machen. Der Berliner Witz ist scharf und sagt derb, was er sagen will. Drollig klingt er im echten Berliner Dialekt, der sich durch Verwechselungen von „mir" und „mich" aus- zeichnet, das I statt G gebraucht :c.

8. Das Vaterland - S. 260

1906 - Leipzig : Degener
— 260 — über 15 Millionen Personen beförderten (wonach bei gleichmäßiger Verteilung auf die Bewohner der Stadt ganz Berlin etwa lomal in den Droschken gefahren wäre), etwa 260 Omnibusse, die in demselben Jahre von ca. 28 Millionen Menschen benutzt wurden. Die Kremser (nach dem früheren Fuhrwerksunter- nehmer Kremser benannt) sind im Abnehmen. Die Elektrizität und die Dampf- kraft machen ihnen, wie auch den Omnibussen Konkurrenz. Die Dampf-Straßen- bahnen beförderten 1892 über 2% Millionen Personen. Das Netz der elektrischen Straßenbahnen durchzieht die Stadt, den Adern des Riesenkörpers vergleichbar, in denen das Leben pulsiert. Sie sind an die Stelle der Pferdebahnen getreten, die 1894 von über 130 Millionen Menschen benutzt sind. Den vielen Straßen- linien hat sich jüngst eine elektrische Hochbahn und eine Untergrundbahn zugesellt. Selbst unter der Spree hindurch fährt man auf der Linie Schlesischer Bahnhof — Stralau — Spreetunnel — Treptow (s. Bild!). Welche ungeheure Umwälzung die Elektrizität im Verkehrswesen überhaupt hervorrufen wird, ergiebt sich daraus, daß man in nicht zu ferner Zeit mit der elektrischen Fernbahn die Strecke Berlin — Hamburg (ca. 280 km) in 1j/4 Stunden zurücklegen kann, während jetzt die Schnellzüge über 3l/2 Stunden gebrauchen. (Mit derartigen Versuchen ist auf der Militärbahn Berlin — Zossen bereits begonnen.) Der Stolz der Reichshauptstadt ist die Stadtbahn, die von Westend—char- lottenburg ausgeht und am Schleichen Bahnhofe im Osten endet. Auf gewaltigen Viadukten fahren täglich etwa 400 Züge auf 2 Geleisen über die Straßen Berlins hinweg, um den Orts- und Vorortsverkehr zu vermitteln. Auf dem 3. und 4. Geleise laufen die Züge für den Fernverkehr, welche die bedeutendsten Bahnhöfe des Außenverkehrs miteinander verbinden. Demselben Zwecke dient die Ringbahn, die in weiterem Bogen die Peripherie der Reichshauptstadt umzieht. ^Berlin ist der Hauptsitz Deutschlands für den Weltverkehr. Stangens Reisebureau in dem sogenannten Arabischen Hause (Friedrichstraße 72) vermittelt Weltreisen und unternimmt Gesell- schastsreisen nach dem Orient, dem sonnigen Süden und eisigen Nordens 9. Der Nachrichten- und Güter-Verkehr. In Berlin befanden sich 1894 121 gewöhnliche Postämter, 41 Rohrpostämter, 75 Telegraphenämter und 30 Fernsprechstellen. Im Jahre 1891 liefen täglich über 1/2 Million Briefe, Karten, Drucksachen, Warenproben und Zeitungsnummern ein, wogegen über l1/* Million gleicher Sendungen täglich abgingen. Die tägliche Durchschnittszahl der Berliner Stadt- briefe beträgt rund 150000 Stück. Von den in Berlin erscheinenden ca. 800 Zeitungen gelangen täglich 600000 Exemplare auf dem Postzeituugsamt nach etwa 6000 auswärtigen Postanstalten zur Versendung. Gegenwärtig giebt es 41 Rohrpost-Anstalten in Berlin und den Vororten mit weit über 6000 km eiserner Röhren, welche 1 m unter dem Straßenpflaster liegen. Aus getriebenem Stahlblech gefertigte Büchsen von 65 mm Durchmesser, deren jede 20 Sendungen (Telegramme, Briefe und Karten) enthält, bewegen sich in diesen Röhren. Viertelstündlich wird ein Zug, der aus 10—12 Büchsen be-

9. Das Vaterland - S. 262

1906 - Leipzig : Degener
— 262 — 11. Der Berliner Geldverkehr. Berlin ist die Hauptmünzstätte des Deutschen Reichest) Hier läßt der Staat in der Königlichen Münze unsere Gold-, Silber-, Nickel- und Kupfer- müuzeu prägen, während das Papiergeld in der Reichsdruckerei angefertigt wird, wo zugleich die Herstellung der Postwertzeichen, Reichs- und Wechselstempel- zeichen, Wertpapiere und Zinsscheinbogen, Sparmarken, Lotterielose:c. stattfindet. Allein au Briefmarken werden täglich über acht Mill. Stück angefertigt, wobei über 2 Ctr. Gummi zum Gummieren der Rückseiten nötig sind. Die ans diesen beiden Instituten hervorgegangenen Geldsummen werden größtenteils durch die Reichsbank in den Verkehr gebracht. Dieselbe ist das größte Bankinstitut Deutschlands, welches mit seinen Zweigstellen „das ganze Reich in einen Bankplatz verwandelt hat". Einen gewaltigen Einfluß auf den geschäftlichen Umfang der Reichsbank übt die Berliner Börse aus, deren Gebäude sich in unmittelbarer Nähe der Friedrichs- brücke an der Spree befindet. Hier wird der Handel mit Wertpapieren (Effekten) und mit Erzeugnissen der Landwirtschaft (Produkten) betrieben. Sogenannte Makler übernehmen den Geschäftsverkehr und setzen oft in wenigen Sekunden Hunderttausende um. Bedeutend ist auch der Geldverkehr, deu die Post der Reichshauptstadt ver- mittelt. Im Jahre 1891 gingen ca. 288 Mill, Mark mittelst Postanweisungen aus Berlin heraus, wogegen 523 Mill. Mark einliefen. Hierzu kameu noch die zahlreichen Nachnahmesendungen und Postaufträge. 12. Die Berliner Wohlfahrtseinrichtungen. „Die Gesundheit einer Stadt hängt im wesentlichen von zwei Dingen ab: von der Eigenschaft des Trink-Wassers und von der Schnelligkeit, mit der sie sich ihrer Unreinigkeiten entledigt." In beiden Hinsichten hat die Stadt Berlin viel gethan, indem in den zwei letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ca. 150 Mill. Mark für Wasserversorgung und Kanalisationswerke aufgewendet worden sind. Drei große Wasserwerke (am Stralauer Thor, am Müggelsee im Südosten und am Tegeler See im Nordwesten) führen der Stadt in einem Jahre so viel in Filteranlagen gereinigtes Wasser zu, als der ganze Müggelsee enthält, der 4000 in lang, 2300 m breit und vielfach 10 m tief ist. Ebenso großartig sind die Kanalisationswerke, welche die unterirdische Abführung der Abfallstoffe bezwecken. Dieselben werden auf die südlich und nördlich von der Stadt gelegeneu Rieselfelder geleitet, wo sie, durch unzählige Kanäle verteilt, in den sandigen Boden einsickern und eine erstaunliche Fruchtbarkeit bewirken, die in dem üppigen Wachstum der dort angebauten Gemüsearten zu erkennen ist. *) Die Münzstätten des Deutschen Reiches werden auf einer Seite der Münzen durch Buch- staben, die sogenannten Münzbuchstaben, angegeben und zwar bezeichnet A — Berlin, ö —Hannover, 0^ Frankfurt, B = München, D —Dresden, F = Stuttgart, Karlsruhe, H — Darmstadt, I — Hamburg.

10. Das Vaterland - S. 261

1906 - Leipzig : Degener
— 261 — steht, von Station zu Station abgelassen; derselbe bewegt sich mit einer Ge- schwindigkeit von 1000 m in der Minute. Diese schnelle Bewegung wird durch verdichtete und verdünnte Luft bewirkt, welche durch Dampf-Luftpumpen erzeugt wird. Jährlich werden durch diese Einrichtung weit über 1 Million Sendungen befördert. Unter den 75 Telegraphenämtern nimmt das Haupttelegraphenamt den ersten Rang ein. Hier betrug 1h94 die durchschnittliche Monats-Einnahme 75000 J6. Berlin besitzt das weiteste Fernsprechnetz, das über 21000 Personen und Behörden allein innerhalb der Stadt verbindet. In dieses Fernsprechnetz sind die sämtlichen Vor- und Nachbarorte einbezogen, sowie auch fernliegende große Ver- kehrs- und Handelsplätze, wie Breslau, Stettin, Dresden, Leipzig, Halle, Magde- bürg, Hamburg, Hannover :c. Etwa 2000 Personen stehen in Berlin im Dienste des Fernsprechwesens. Über 103 Mill. Gespräche wurden 1894 vermittelt. Der großartige Güterverkehr in der Residenzstadt wird durch zahlreiche Eisen- bahnen, Schisfahrtsverbindnngen, die Berliner Packetfahrtgesellschast und durch die Post vermittelt. 1891 liefen mit der Post 6715000 Packete ohne Wertangabe ein und 12 242000 aus; mit Wertangabe gingen in derselben Zeit 890000 Packete und Briese im Werte von 1650 Mill. Mark ein, während 932000 Packete und Briefe im Werte von 2162 Mill. Mark aufgeliefert wurden. 10. Der Berliner Marktverkehr. Dem Marktverkehr der Residenz dienen 14 große Markthallen, in denen die Warensorten gruppiert sind, um dem kaufenden Publikum eiu leichteres Auffinden des Gesuchten zu ermöglichen. Der Hauptvorzug dieser Einrichtung liegt aber in der Konzentrierung der Geschäfte, in der Vereinigung des Groß- und Kleinhandels an einem Platze, wodurch Zeit und Geld gespart wird. Hierzu kommt noch die Regelmäßigkeit und Sicherheit der nicht vom Wetter abhängigen Geschäfte. Die Ceutral-Markthalle am Alexanderplatz ist die größte. Sie bedeckt eine Fläche von ca. 20000 m2. Der gefällige, mit Kuppeln gekrönte Bau ist 25 m hoch und zeigt zwei Stockwerke; das obere bildet die auf Säulen ruhende Galerie, zu der bequeme Treppen emporführen. Die Halle schließt sich un- mittelbar an die Stadtbahn an, die hier einen besonderen Markthallen-Bahnhof hat, der die Warenzufuhr ermöglicht. Das hier ausgeladene Gut kommt auf kleinen Wagen durch Versenkungen in die Halle, wo es an die Verkaufsstände gefahren wird. 1894 liefen 38 Mill. Kilogramm Lebensmittel ein, die in 1700 Ständen an das Publikum verkauft wurden. Diese Stände brachten 574000^ Pacht ein. Dennoch sind die Ausgaben für den Betrieb der 14 Markthallen und die Verzinsung des Anlagekapitals größer als die Einnahmen, so daß die Stadt- Verwaltung für die Bequemlichkeit des Publikums ein hübsches Sümmchen zu- legen muß. Weit im Osten liegt an der Grenze der Stadt der städtische Central-Bieh- und Schlachthof, der die Weltstadt mit Fleisch verproviantiert. Derselbe bildet mit den Markthallen die Centralstellen der Berliner Verpstegnng.
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