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1. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 104

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
104 Reichsregierung. wobei Kurfürst Friedrich, der des Kai- sers Zutrauen besaß, besonders thätig war. Als Maxi- milian 1400 nach Italien ging, ernannte er den Kur- fürsten zum Neichsverweser, und als er im Jahre 150» das Reichsregimcnt in Nürnberg errichtete, wurde Fried- rich zum Haupt desselben ernannt, doch wahrte diese höchste Reichsregierung nicht lange, weil die Neichöfürstcn sich in die neue Ordnung der Dinge nicht fügen wollten. Als der Kaiser 1507 abermals ins Ausland zog, ernannte er den Kurfürsten zum Reichs-General-Statkhal- ter, auch wollte er ihn 1509 zum Reichs-General-Feld- marschall im Kriege gegen Venedig ernennen, doch lehnte Friedrich diese Würde ab. Von alten Zeiten her hatte sich das Haus Wettin stets an den Kaiser angeschloffen, wozu cs durch die Verwandtschaften mit dem Kaiserhause und durch die Treue gegen das Reichsoberhaupt bewogen wurde. Es hatte davon mehr Ansehen und Ehre als wirk- lichen Vortheil, denn die Versprechungen, die das Haus Habs bürg den Sachsen fürsten machte, gingen selten in Erfüllung. Dem Herzog Al brecht wurde die Anwart- schaft auf die Erbfolge in die Herzogthümer Jülich und Berg nebst der Herrschaft Ravensberg zugesichcrt. i486 wurde die Zusicherung auch auf die ernestinische Linie ausgedehnt und 1495 bestätigt, späterhin aber er- theilte Kaiser Karl V. das Erbrecht auf jene Länder an Kleve, obgleich er großentheilö dem Kurfürsten von Sach- sen seine Kaiserkrone zu danken hatte. Als ein großer Freund und Beschützer der Wissenschaf- ten suchte ec sie auch auf alle mögliche Weise in seinen Lan- den zu befördern, und da bei der Landestheilung die Uni- versität Leipzig an die albe rti wische Linie gekommen war, so faßte er den Gedanken, auch in seinem Lande eine Universität zu errichten, wobei ihm sein Leibarzt, Doctor Pollig von Mellrichstadt zur Hand ging. Die Uni- versität wurde am I8ten October 1502 zu Wittenberg feierlich eingeweiht und reichlich ausgestattet. Sie ist dis Wiege der Kirchenverbefferung geworden, und vr.luther wurde 1508, wie Melanchthon, einer der Lehrer dersel- den. Bald verdunkelte Wittenberg die leipziger Hoch- schule. In die Unruhen, die 1510 in der Stadt Erfurt

2. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 113

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
113 verslläten zu unterwerfen. Doch verpflichtete er sich, über die Lehre vom Ablässe zu schweigen, wenn auch seinen Gegnern Stillschweigen geboten würde. Der Cardinal wollte ihn heimlich verhaften und nach Nom bringen lassen, Luther aber, zur rechten Zeit gewarnt, entfloh und kam glücklich zu Wittenberg an. Der Cardinal verlangte nun vom Kurfürsten Friedrich, daß er Luth er n nach Rom senden oder wenigstens aus seinem Lande verbannen möchte, und der Kurfürst war anfangs unschlüßig über das, was er thun sollte; Luther aber war gesonnen nach Paris zu gehen. Als aber der weife Friedrich eine Erklärung über den Streit forderte, gab Luther sie ihm so einleuchtend, daß der Kurfürst das Begehren des Cardi- nals abschlug, weil Luther noch seines Irrlhums, viel- weniger einer Ketzerei überführt worden wäre. Luther machte nun seinen Streit mit dem Cardinal durch den Druck bekannt und berief sich ans eine von dem Papst anzuord- nende allgemeine Kirchenversammlung. Ist Sachsen vor allen andern Ländern von Gott gewürdigt worden, die Pflanzstätte der gereinigten Lehre zu seyn, so hat es auch den Ruhm, daß ein Sachse es war, der mit Gottes Hilfe das große Werk der Glaubens- verbefferung unternahm, und daß ein sächsischer Fürst sich das Verdienst erwarb, dieses heilvolle Unternehmen so lange vor allen Anfechtungen zu schützen, bis es hinreichend Wurzel gefaßt und Ausbreitung genug erhalten hatte, um allen Stürmen, die über dasselbe hereinbrachen, widerstehen zu können. Nur durch das Zusamentreffen vieler günstiger Umstände war es möglich, daß ein Werk gelingen konnte, dessen Ausführung früher großen Volksvereinen und mäch- tigen und gelehrten Männern noch immer mißlungen war, und welches durchzusetzen einst selbst Kaiser und Reich sich vergebens bestrebt hatten. Der Mann, der das Licht der Wahrheit anzünden, die Ketten des Wahns und des Vor- urtheils brechen sollte, war dazu ganz vorzüglich mit Gei- stes und Gemüthsgaben ausgerüstet, und nicht leicht ist unter allen, die jemals das Gute aufrichtig gewollt und dafür gewirkt haben, ihm einer gleich gekommen. Die große geistige Kraft, die unermüdliche Thätigkeit, die aufrichtige Frömmigkeit, der brennende Eifer für Wahrheit und Recht, 8

3. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 118

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
118 Wahrheit seiner Sache überzeugt, aber auch selbst seine Gegner achteten seine Beherztheit und Freimüthigkeit. Er erhielt freies Geleit zur Rückkehr; doch kaum war er fort und auch Kurfürst Friedrich abgereist, als das Wormser Edict bekannt gemacht wurde, welches Luthern und seine Anhänger in die Acht erklärte, seine Lehren verbot und alle seine Schriften zum Feuer verdammte. Nun glaubten seine Widersacher den Sieg errungen zu haben, doch froh- lockten sie zu früh, wie sie bald zu ihrem Schrecken erfah- ren sollten. Der Kurfürst Friedrich war nicht mehr bei Abfassung des Edictes zugegen gewesen, er hielt sich also auch nicht daran gebunden; Herzog Georg dagegen ließ die Verbreitung der neuen Lehre bei der schwersten Strafe ver- bieten, verwiest viele Lausende des Landes, die sich zu der neuen Lehre bekannten, ließ bei der Universität eine strenge Untersuchung halten, verbot das Lehren der griechi- schen und hebräischen Sprache daselbst und zeigte seine Feindschaft gegen Luthers Lehren auf das Heftigste. Der Hast des Herzogs Georg und die bekannte Hin- terlist des römischen Hofes ließ alles für die Sicherheit Luthers fürchten, daher wurde er auf seiner Rückreise im thüringer Walde, auf das Veranstalten Kurfürst Fried- richs, plötzlich durch einige verkappte Reiter vom Wagen gehoben und heimlich nach der Wartburg gebracht; dort mußte er sich in weltlichen Kleidern, unter dem Namen des Junker Georg, aufhalten, damit seine Widersacher jede Spur von ihm verlören. Die Trauer aller Anhänger der neuen Lehre über Luthers Verschwinden war sehr groß, denn sie glaubten, daß er in die Hände seiner Feinde gefal- len sey. Doch bald wurden sie durch seine Schriften über- zeugt, daß er noch lebe, auch wurde sein Aufenthalt auf der Wartburg dadurch sehr nützlich, daß er daselbst Ruhe gewann, das neue Testament zu übersetzen, welches schon im folgenden Jahre gedruckt wurde, und nun mehr in die Hände des Volkes kam und die Hauptstütze der gereinigten Lehre wurde. Auch in Luthers Abwesenheit hatte die Reformation in den kurfürstlichen Landen keinen Stillstand. Bis dahin war noch wenig an den gottesdienstlichen Gebräuchen ge- ändert worden, da Luther selbst nicht dafür war, daß

4. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 120

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
120 wollten nicht nur eine neue Religion sondern auch ein weltliches Reich Christi auf Erden einführen, die alte Obrig- keit sollte vertilgt und eine neue vollkommen heilige einge- führt werden. Sie verwarfen die Kindertaufe und behaup- teten, daß jeder erwachsene Mensch noch einmal getauft werden muffe. Darum erhielten sie den Namen Wieder- täufer. Die muthige Widersetzlichkeit des Pastors Nico- laus Hausmann und seiner Capläne und das kräftige Einschreiten des Magistrats hemmten für einige Zeit die Fortschritte dieses gefährlichen Unfugs. Nunmehr wandten sich aber die Häupter der neuen Secte nach Wittenberg und verlangten von den Theologen daselbst die Bestätigung ihrer Lehre. Melanchthon wollte darüber nicht entschei- den und bat den Kurfürsten, Luthern die Prüfung dieser neuen Lehre aufzutragen. Der Kurfürst ließ ihm rathen, alle Verbindung mit den Schwärmern abzubrechen, dann aber Luthern durch S p a l a t i n von diesen Vorfällen Nach- richt geben. Der rieth, die Schwärmer mit Milde zu be- handeln, und sie verbanden sich mit der Karlstadtschen Partei in Wittenberg und die Unruhen in dieser Stadt nahmen so überhand, daß die auswärtigen Feinde der Kir- chcnverbefferung leicht einen Vorwand hätten finden können, sich in diese Händel gewaltsam einzumischen. Luther war nun überzeugt, daß nur durch seine Gegenwart dem Un- wcsen gesteuert werden könne, und so trat er ohne Beden- ken die Reise nach Wittenberg an, obgleich er wegen der kaiserlichen Acht sein Leben dabei wagte, den Kurfürsten selbst in die größte Verlegenheit setzte, und Gefahr lief, von den Schwärmern getödtet zu werden; doch wo es die Sache der Religion galt, kannte Luther keine Furcht. Ohne auf das Verbot des Kurfürsten zu achten, verließ er seinen heimlichen Aufenthaltsort auf der Wartburg und langte am 8ten März 1522 in Wittenberg an. Am folgen- den Tage bestieg er die Kanzel und predigte 8 Tage himcr- einander wider die während seiner Abwesenheit eingeriffenen Unruhen. Seine Ermabnungen machten eine so große Wir- kung auf das Volk, daß in kurzer Zeit die Ruhe völlig her- gestellt war. Während die Reformation durch diese Unruhen bedroht wurde, gewann sie auf der andern Seire dadurch, daß die

5. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 267

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
267 leon den Erbau einer Landesfestung in Torgau, die unter 5 bis 6 Millionen Thlr. nicht herzustellen war, Gegen den Willen des gewaltigen Kaisers galt kein Wi- derspruch, das Land mußte die schwere Last ohne Murren übernehmen. Was hals es, daß der König von Napo- leon persönlich hochgeehrt wurde, wer vortheilte davon, daß der König von Sachsen über mehr Land und Leute gebot, als der König von Preußen, stiegen doch die Ab- gaben und die Staatsschulden jährlich höher, während der Handel in Verfall gerieth, der Ackerbau stockte und beinah alljährlich einige Tausend Männer und Jünglinge ihr Leben verloren auf dem Schlachtfelde oder in den Spitälern. Zwar erhielten die Manufacturen und Fabriken durch die Handelssperre einigen Aufschwung und ihre Zahl vermehrte sich ansehnlich von Jahr zu Jahr, allein es ließ sich vor- aussehen, daß dieser Vortheil nur vorübergehend sein würde, auch war er so bedeutend nicht, um die andern großen Schadenstände auch nur einigermaßen zu übertragene Nur ein Thor konnte den traurigen äußern Schimmer Sach- sens für etwas Erfreuliches halten! Eine Schreckenszeit rückte immer näher heran, der Ausbruch eines Völkerkriegs war unvermeidlich. Spanien und P ortugal hatten seit 1808, von England unter- stützt, die Waffen ergriffen. Alexander I. mannigfach durch Napoleons Herrschsucht bedroht, rüstete gewaltig, söhnte mit England sich aus, schloß Frieden mit der Pforte, Bündnisse und Verträge mit England, Schwe- den und den Cortes von Spanien. Frankreichs Kaiser wünschte diesen Krieg, durch den er die letzte selbst- ständige Macht des europäischen Festlandes zu brechen hoffte. Ganz Italien und dem rheinischen Bund gebot er schleunig zu rüsten, mit Oeftreich und Preußen schloß er Bündnisse, durch die sie sich verbindlich machen mußten, bedeutende Streitkräste zu stellen, ganz besonders aber nahm er das von ihm gestiftete Herzogthum Warschau in An- spruch, dessen Bewohnern er mit der Wiederherstellung des Königreichs Polen schmeichelte und dadurch zu den un- erhörtesten Anstrengungen in Stellung von Mannschaft und Kriegsbedürfnissen verinochte, denn nur von dem Eifer, mit dem sie sein Unternehmen unterstützten, sollte es ab-

6. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 108

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
108 / ganz Deutschland der Vürgerftand und auch, ein großer Theil des Adels die altgewohnte Ehrfurcht vor der Gelstlich- keit verlor und sich nach einer gereinigten Lehre, nach einem verbesserten Gottesdienst sehnte, so war das doch nirgends mehr der Fall als in den sächsischen Landen. Das Volk darin war regsam, fleißig, ernsthaft, zum Denke;, aufge- legt, nüchtern, fromm und ehrbar und nahm ein großes Aergerniß an den anstößigen Sitten der Geistlichkeit. Von den drei in den sächsischen Landen befindlichen Univer- sitäten, Erfurt, Leipzig, Wittenberg war mancher Lichtstrahl in der Umgegend verbreitet worden und hatte cs hell in den Köpfen gemacht. Dazu fehlte es nicht an gu- ten Schulanstalten im Lande, und eine lange Reihe wür- diger Fürsten hatte durch eigenes Beispiel eines musterhaf- ten Lebenswandels und durch heilsame Verordnungen die Sittlichkeit bei dem Volke gehoben. Die Nähe von Böh- me n, wo durch H u ß und seine Anhänger bereits eine Kir- chenverbefferung versucht worden war, hatte wohl auch da- zu beigetragen den Wunsch darnach in Sachsen anzucegcn. So war Sachsen vor allen andern Landern der geeignete Boden, auf dem die heilvolle Saat der gereinigten Lehre gedeihen und Früchte bringen konnte; die Gemüther in die- sem Lande waren darauf vorbereitet, und es bedurfte nur eines bequemen Anlasses und eines dazu fähigen Hauptes, um das, was längst als ein höchst dringendes Bedürfniß von Taufenden gewünscht und erwartet wurde, zur Aus- führung zu bringen, und als die rechte Zeit dazu erschienen war, da fehlte es an beiden nicht. Der Anlaß, der zunächst die Kirchenverbefferung her- beiführte, war der fchaamlos getriebene Ablaßhandel, der zwar früher auch schon stattgefunden hatte, doch nicht mit einer solchen Frechheit und auf eine so sittenzerftörende Weise, als nunmehr. Von jeher hatten die Päpste auf mancherlei Weise Geld aus den christlichen Ländern zusam- men zubringen gesucht, und besonders war Deutschland eine reiche O-uclle von Einkünften für sie gewesen. Unter diesen Erwerbsquellen war der Ablaß eine der. ergiebigsten und wurde um so häufiger von ihnen benutzt, da es eine freiwillige Abgabe war, und daher auch kein Landesherr dagegen so leicht etwas einzuwenden haben konnte. Der

7. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 110

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
no hafte Priester bei dem Volke durch Lehre und Ermahnung stifteten, zu nichte, und öffnete dem Sittenverderbnisse und allen Lastern Thor und Thüren; denn nach Tezels Be- hauptung war jedes Verbrechen, es mochte so schrecklich seyn, wie es wollte, vergeben und versöhnt, sobald der Ablaßzettel bezahlt worden war. Das geschah im Herbste des Jahres 1517. Dies war der nächste Anlaß zur Kirchen- vcrbcfferung; der Mann, der dieses große Werk unterneh- men und vollbringen sollte, war aber auch bereits zur Stelle. Martin Luther war am loten November 1483 zu Eisleben geboren, eines Bergmanns Sohn, der in dem Dorfe Möhra bei Eisenach wohnte. Auf den Schulen zu Magdeburg und Eisenach hatte er seinen llntcrricht erhalten, dann seit 1501 zu Erfurt die Rechte studirt, war 1503 Magister geworden, 1505 aber in den Augustin er orden getreten und hatte sich mit großem Eifer der Gottesgelahrtheit gewidmet. Der Generalvicarius der Augustiner in Deutschland, Dr. Johann Stau- pitz, versetzte ihn 1508, seiner Gelehrsamkeit wegen, nach Wittenberg, woselbst er anfangs die Philosophie lehrte, dann aber auf Staupitzens Begehr Doctor der Theo- logie wurde, wozu Kurfürst Friedrich selbst das Geld hergab. Zwei Jahre vorher hatte er in den Angelegenhei- ten seines Ordens eine Reise nach Rom thun muffen und dadurch Gelegenheit erhalten, die Verderbtheit des römi- schen Hofes mit eigenen Angen anzusehen. Als im Jahr 1517 Tezel seinen Ablaßhandel in Jüterbock, vier Meilen von Wittenberg, trieb und Luther die nachthci- ligen Folgen sah, die der Ablaßkram nach sich zog, so fing er an in der Kapelle seines Klosters, und als diese für seine vielen Zuhörer zu enge wurde, in der Schloßkirche zu Wit- tenberg darwider zu predigen, und Tezel, der es er- fuhr, drohte, ihn als Ketzer verbrennen zu lassen. Dadurch gereizt, schlug Luther am 3isten Oktober 1517 an der Wittenberger Schloßkirche die 95 Streitsätze an, worin er seine Meinung von der Kraft und Wirkung des Ab- lasses und von den bis dahin damit getriebenen Mißbräu- chen bekannt machte und sich erbot, seine Behauptungen mit Wort und Schrift zu vertheidigen. Das war der erste Anfang der Kirchenverbesserung, die, ob sie gleich damals

8. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 111

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
11t von Luther noch gar nicht beabsichtigt war, nun unauf- haltsame Fortschritte machte und durch ihrer Gegner Un- klugheit selbst beschleunigt wurde. Dr. Martin Luther hatte, als er seine 95 Sätze anschlug, nur noch allein die Absicht, der schamlosen Ab- laßkramerei ein Ende zu machen und glaubte fest, daß weder der Papst noch der Kurfürst von Mainz um den schänd- lichen Unfug wüßten, der damit getrieben wurde. Er schrieb deshalb an den Kurfürsten von Mainz und bat ihn dem Aergerniß Schranken zu setzen. Aber der Kurfürst, der selbst von dem Ablaß großen Gewinn zog, antwortete nicht, auch fand sich keiner, der mit Luther überfeine 95 Satze hatte streiten wollen. Sie waren indeffen gegen seinen Willen gedruckt und überall verbreitet worden, hatten ein großes Aufsehen erregt und vielen Beifall gefunden. End- lich ließ im December 1517 Johann Tezcl 105, und bald darauf noch 50 Gegensätze von Dr. Wimpina ab- fassen, worin Luthers Behauptungen so heftig und wider- sinnig bestritten waren, daß ihre Richtigkeit nur noch mehr einleuchtete. Auch verbrannte Tezcl Luthers Sätze öffentlich als ketzerisch, und ließ durch den Dominikaner Prieras in Rom eine Schrift gegen Luther abfassen, die aber so widersinnig ausficl, daß der Papst selbst ihr seinen Beifall versagte. Darauf schrieben noch einige Deutsche, als der Dominikaner Hogstraten zu Köln und Dr. Johann Eck zu Ingolstadt gegen Luther, aber Beide mit so wenigem Geschick, daß sie, anstatt ihm zu schaden, ihm vielmehr nützten, sich selbst aber lächerlich und verächtlich machten; dagegen erhielt Luther nicht nur einen allgemeinen Beifall der Studirenden in Witten- berg und der Brüder seines Ordens, sondern auch viele Gelehrte und Mächtige vom Adel, als Hutten, Sickin- gen und Schaumburg billigten seine Meinung und boten ihm ihren Schutz an. Der Hofprediger des Kurfürsten Friedrich, Georg Burckhard, genannt Spalatinus, wurde sein Freund und Fürsprecher, und der hochgelehrte, weise Melanchton sein Gehülfe bei dem großen Werke. Luther widerlegte seine Gegner ohne große Mühe, und dann gab er eine Erklärung seiner 95 Sätze heraus, die er an den Papst und an den Bischof von Brandenburg

9. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 112

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
112 sandte, doch seine Behauptungen dem Urtheile der Kirche unterwarf. Papst Leo hielt anfangs diesen Streit für einen blo- ßen Zank zwischen den Dominikanern und Franzis- kanern, wie er schon oft Statt gehabt hatte, und wollte sich nicht drein mischen; doch die Dominikaner ließen nicht nach, um die Bestrafung Luthers zu bitten, bis er end- lich im Juli 1518 eine Vorladung an Luther erließ, sich binnen 60 Tagen in Rom zu stellen. Auch der Kaiser- Maxi miti an bat den Papst, dem Gezänke ein Ende zu machen. Luther war bereit nach Rom zu gehen, dock- die Universität wollte ihn nicht ziehen lassen, und Kurfürst Friedrich, der Luthern als die schönste Zierde seiner neuen Universität nicht verlieren wollte, vermittelte es da- hin, daß er diese Reise, von der er wahrscheinlich nie zu- rückgekehrt wäre, überhoben wurde, und der Cardinal Tho- mas de Vio de Gaeta, gewöhnlich Cajetangenannt, der an den Reichstag zu Augsburg gesandt war, den Auftrag erhielt, den Streit zu untersuchen und darüber zu entscheiden. Wie bei dieser Gelegenheit, so wird überall bei der Kirchenverbesserung der Finger der Vorsehung sicht- bar durch das Zusammentreffen vieler günstiger Ilmstände, wodurch cs allein möglich war, daß die so oft rettungslos scheinende gute Sache doch aufrecht erhalten wurde und doch endlich den Sieg davon trug. Schwerlich hätte Leo Luthern von der Reise nach Rom entbunden, wenn ihm nicht daran gelegen gewesen wäre, den Kurfürsten Fried- rich von Sachsen zu schonen, weil dieser dazumal gerade dem Kaiser Maximilian, der die Wahl seines Enkels Karl zum römischen Könige betrieb, zuwider gewe- sen war. Auch Papst Leo wollte diese Wahl Hintertrei- den, und deshalb war er dem Kurfürsten in seinem Begeh- ren zu Willen. Luther erschien in Augsburg, nachdem er sicheres Geleite erhalten hatte, vor dem Cardinal, der ihn freundlich empfing und sich mit ihm in einen gelehr- ' ten Streit einließ; doch da er dem Doctoc nicht gewachsen war, verlangte er unbedingten Widerruf. Luther erklärte, daß er nur dann widerrufen könne, wenn ihm das Irrige seiner Behauptungen erwiesen sei, erbot sich aber seine Sätze der Entscheidung der Kirche oder auch einiger Uni-

10. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 114

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
114 der hohe Elaubensnmth, das freudige unerschütterliche Gott- vertrauen, die reine Menschen- und Vaterlandsliebe, die Bescheidenheit und Dcmuth bei dem lebhaften Gefühle des eigenen Werthes und bei dem gerechten Stolz auf die gute Sache, der er sich gewidmet hatte, alle diese Eigenschaften mußten sich bei dem Gottesmann Luther auf eine wun- derbare Weise vereinigen, damit er seinen großen Beruf erfüllen konnte. Dabei hatte die Vorsehung ihm den rich- tigen Standpunct angewiesen , auf welchem allein sein Wir- ken völlig gedeihen konnte; in einem Lande, wo er offene Köpfe und offene Herzen für seine Lehre fand, auf einer eben aufblühenden Hochschule, wo eine Menge eifriger Schüler, von ihm unterrichtet, das Licht der Wahrheit empfingen, um es bis in ferne Länder weiter zu verbreiten; unter dem Schutze eines Fürsten, der vor allen die Mittel und den Willen besaß, die gute Sache zu fördern, und Einsicht genug, um unter den schwersten Umstanden stets die rechte Art und Weise dazu zu treffen. Wie Luther vor Millionen zu seinem Berufe aus- gerüstet und geeignet war, so besaß auch Kurfürst Fried- rich unter allen Fürsten, die seine Zeitgenoffen waren, allein die richtige Einsicht und hatte das rechte Geschick, um Luthers Wirken zu fördern und gelingen zu machen. Ob- wohl er selbst eine gelehrte Erziehung genossen hatte und ein scharfsinniger Denker war, so nahm er es sich doch nicht heraus, über Luthers Lehre zu entscheiden, dagegen ließ er auch keine Verdammung derselben durch einen Macht- spruch zu, sondern bestand darauf, daß zuvor die Irrthü- mer und Ketzereien Luthers erwiesen werden müßten, ehe seine Bestrafung und das Verbot seiner Lehre erfolgen könne. Diese Beweise sind aber die Widersacher der Kirchenver- befferung schuldig geblieben. Daß Friedrich für die Sache der Kirchenverbesserung nicht die Waffen ergriff und ihr nicht gleich öffentlich beitrat, verdient keinen Tadel: denn gerade durch jene Mäßigung und scheinbare Unpartei- lichkeit gelangte er dazu, der Reformation wesentlich zu nützen und viele drohende Gefahren von ihr abzuwenden; hätte er sich eifriger für die Kirchenverbefferung erklärt und völlig mit der römischen Kirche gebrochen, so würde ec einen blutigen Krieg und die offene Feindschaft des römi-
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