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schloß zur Zierde und auch der Verteidigung wegen (Belagerung!) eine
Menge der schönsten Gärten, lustige Obstwälder, grünende Wiesen und
fruchttragende Felder.
Auch Gewerbe, Kunstfleiß und Handel blühten zu der damaligen
Zeit in Mesopotamien. Man hatte schon 1000 Jahre vor Christi Ge--
burt Tische und andere Möbel von Holz oder Metall, oft mit Elfenbein
verziert. Schmuck von Gold und Silber wurde zierlich gearbeitet. Be-
souders schön pflegte man die Waffen, insbesondere die Schilde und die
Dolch- und Schwertgriffe zu verzieren. Auch die Weberei blühte. Man
fertigte kostbare, vielfarbige Teppiche, Gewänder und Decken. Babylonische
Mäntel waren ihrer Schönheit wegen weit und breit berühmt. (Achans
Diebstahl — Josna 7, 21.)
Jetzt liegt Babylon so wie Ninive in Trümmern. Cyrns belagerte
mit Medern und Persern die „herrliche Pracht der Chaldäer," „die
schönste unter den Königreichen," und bemächtigte sich ihrer dadurch, daß
er den Euphrat, der mitten durch die Stadt floß, in ein anderes Bett
leitete und durch das trockene Flußbett bei Nacht durch die wenig ver-
wahrten Thore eindrang. Er überrumpelte die Bewohner an einem
großen Jahresfeste, wo die Fürsten, Herren, Hauptleute und Helden sämt-
lich betrunken waren. Mitten in ihrem Taumel wurden sie niederge-
macht, zu schlafen den ewigen Schlaf. Schon war der Feind mitten in
der Stadt, als der Köuig noch nicht das geringste davon ahnte. Er
saß mit den Großen ebenfalls bei einem Gelage, als eine unsichtbare
Hand ihm das hereinbrechende Strafgericht an die Wand schrieb. (Dan.
Kap. 5.)
2. Hier bestand im Mittelalter das Reich der Kalifen.
Seine höchste Blüte erreichte es unter der Regierung des Kalifen*)
Harun al Radfchid, der uns allen aus den „Märchen aus 1001 Nacht"
und aus dem Geschichtsunterricht (Gesandtschaft an Karl den Großen!)
bekannt ist. Die glänzende Hauptstadt des Kalifenreiches war Bagdad
am Tigris. (Lage!) Es soll damals 100000 Paläste mit Gärten
und Springbrunnen, 10000 Moscheen, 10000 öffentliche Bäde, 105
Brücken und 2 Millionen Einwohner gehabt haben. Dabei war es der
Sitz eines großartigen Handels und einer hochentwickelten Industrie.
Seine Bazare bargen Hermelin-, Zobel-, Biberfelle und kostbare Seiden-
stoffe, die Perlen und Edelsteine Indiens, die Elefantenzähne, Löwen-
und Leopardenfelle und das Gold Afrikas. Eine große Poststraße ver-
band Bagdad mit dem gewerbreichen Damaskus. (Zeigen.) An dieser
Handelsstraße fehlte es zu der Zeit, da Karl der Große iu Deutschland
regierte, nicht an Herbergen, Meilenzeigern und Sicherheitswachen. —
Aber auch diese Herrlichkeit ist versunken und zerstoben, und wir könnten
*) „Kalifen" war der Titel der Nachfolger Muhameds.
Tischendorf, Fremde Erdteile.
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Extrahierte Personennamen: Cyrns Harun Karl Karl Karl_der_Große Karl Tischendorf
Extrahierte Ortsnamen: Mesopotamien Christi Josna Ninive Bagdad Indiens Afrikas Bagdad Damaskus Deutschland
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d. Endlich sei an das schon erwähnte Angora (Lage!) erinnert,
dessen Garn in der ganzen Welt bekannt ist. Seine Industrie hat
einen bedeutenden Aufschwung genommen, seitdem es mit Skutari durch
eine Bahnlinie verbunden ist. Wie erklärst du diesen Aufschwung?
5. Kleinasien ist die einzige Provinz des türkischen
Staates, welche eine überwiegend türkische Bevölkerung
besitzt^). Die kleinasiatischen Türken sind ausgezeichnete Soldaten,
die besten des türkischen Heeres.
Wenn wir auch Kleinasien als den wertvollsten Teil der Asiatischen
Türkei bezeichnet haben, so müssen wir doch noch hinzufügen, daß es
heute nur noch ein Schatten von dem ist, was es einst war. Einst
war es eines der blühendsten Länder der Erde.2) Hier lag z. B. das Volk-
reiche Milet. Milet war so reich, daß es allein gegen 100 Kriegs-
schiffe besaß, und so betriebsam, daß man gegen 80 Kolonien zählt,
welche die Milesier des Handels wegen gestiftet haben sollen. Außer
Milet waren auch Sardes und Ephesus ihres Reichtums und ihrer
Kunstfertigkeit (Weberei, Stickerei, Elfenbeinarbeiten) wegen weit und
breit berühmt. Jetzt liegen alle diese herrlichen Städte in Trümmern.
Schmutzige, faule Bewohner haben ihre Hütten an die Stelle gesetzt,
wo einst volkbelebte Märkte sich ausbreiteten und Marmorpaläste und
stolze Tempel sich erhoben. Die Häfen, die einst von Schiffen Wim-
melten, liegen versandet. Alles predigt das Wort: Gewesen!
Gegenwärtig versucht man, Kleinasien neuer Blüte entgegenzuführen,
indem man seine im Innern gelegenen Landschaften durch Eisenbahnen mit
der Küste in Verbindung bringt. So ist bereits „die Anatolische Bahn"
fertig gestellt. Sie beginnt an der Straße von Konstantinopel (Hafenort
Haidar Pafcha), durchzieht Kleinasien in südöstlicher Richtung und endet bei
Konia, nördlich vom Taurus. Sie ist ein deutsches Unternehmen. Deutsche
Kapitalisten haben das Baugeld zur Verfügung gestellt, deutsche Ingenieure
den Bau geleitet, deutsche Fabriken die Lokomotiven, Wagen und Schienen
geliefert. An die Anatolische Bahn soll sich die „Bagdadbahn" anschließen,
welche von Konia aus über Mosul und Bagdad zum Persischen Meerbusen
führen wird. (Vgl. S. 215.)
Iii. Welche Erinnerungen knüpfen sich an Kleinasien?
1. Hier lag einst, nicht weit von der Straße der Dardanellen,
das mit Mauern und Türmen wohlbefestigte Troja, wo Priamns
herrschte, der Vater des Paris, der die schöne Helena, die Gattin des
Griechenkönigs Menelaus, entführte. Zehn Jahre lang lagen die
i) In der Europäischen Türkei bilden sie dagegen keineswegs die Mehr-
zahl. Hier wohnen sie vielmehr — von Konstantinopel abgesehen — nirgends
in größerer Masse, sondern inselartig zerstrent.
mn- ^ Diamanten im grünen Kranze lagen dort einst die griechischen
Pflanzstädte mit ihrem drängenden Handelsleben, ihren Werften, Arsenalen,
Faktoreien, Warenlagern, Markt- und Hafenplätzen."
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Extrahierte Personennamen: Haidar_Pafcha Konia Priamns Helena