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1. Teil 3 - S. 154

1895 - Leipzig : Wunderlich
reichsten Handelsherren in Flandern und den Städten der Hansa. Natur- lich trieben sie auch demgemäß vielen Luxus. Einer aber unter ihnen, ein gewisser Dietbold, der von Antwerpen nach Köln übersiedelt war, übertraf sie alle an Reichtum und Schwelgerei. Leider verdankte Diet- bold sein Vermögen nicht nur seinem Fleiße, sondern er hatte viel Geld durch Wucher erworben. An seinem Reichtums hingen zahlreiche Thränen, ja das Volk erzählte sogar, der Erwerb des Geldes sei nicht ohne Blut abgegangen, wie denn der genannte Handelsherr kein unrechtes Mittel scheute, um Geld zu erwerben. Einst richtete Dietbold das Hochzeitsfest seiner einzigen Tochter aus, und zwar mit einem solchen Prunk, daß alle Gäste darin übereinstimmten, in Köln niemals etwas Ähnliches gesehen zu haben. Das Gastmahl brachte die feinsten und kostbarsten Gerichte, die man ans allen Erdteilen mit ungeheuren Kosten hatte erlangen können. Und die Getränke be- standen ans den ausgesuchtesten Weinen. Schon nahte sich das Mahl seinem Ende, da öffnete sich die Thüre des Saales und unter die über- mütige Gesellschaft trat ein finsterer Mönch in der schwarzen Kutte eines Karthäusers, er schritt auf dem Hausherrn zu und sprach mit dumpfer Stimme: »memento mori« („Gedenke, daß du sterben mußt!") Schauer überlief die Gäste, während der Bräutigam, der die Erscheinung des Mönchs für eiuen schlechtgewählten Scherz hielt, ihm einen Becher reichte und ihn aufforderte, mit ihm zu trinken. Der fremde Gast that dies auch, aber er wiederholte seinen Spruch. Als der Brautvater Mut faßte und mit ihm wirklich anstoßen wollte, da wies er ihn zurück mit den schrecklichen Worten: „Ich trinke nicht mit dir, dein Becher ist mit Blut gefüllt!" Vor Schreck über diese Worte ließ Dietbold den Becher fallen — da sahen die entsetzten Gäste, wie ans demselben rotes Blut über das weiße Tischtuch hinab aus den Boden floß. Der Mönch führte gleichzeitig drohend hinzn, der Reiche werde bald ärmer sein als der ärmste Bettler in Köln, denn das Maaß seiner Sünde sei voll. Nun ergriff den Kauf- Herrn fürchterliche Wut, er rief laut aus: „Eher kriechen die gesottenen Krebse dort aus der Schüssel, ehe meine Habe zu Grunde geht!" Nach diesen Worten befahl er seiner Dienerschaft, den Frechen hinaus- zuwerfen; ehe dieselben sich aber an den Fremden vergreifen konnten, er- schütterte ein Donnerschlag das Haus in seinen Grundmauern, Blitze fuhren durch die Fenster, die rotgesottenen Krebse krochen aus den Schüsseln, auf denen sie ausgetragen waren, über den Tisch, und der Mönch, auf den der Kaufherr mit gezücktem Schwerte losstürzte, ver- schwand in der Erde. Plötzlich kamen Flammen aus allen Ecken des Saales heraus. Brautpaar und Gäste hatten genug zu thun, ihr Leben zu retten, alles; das Haus und die gefüllten Speicher, waren mit Tages-

2. Teil 3 - S. 156

1895 - Leipzig : Wunderlich
lustigen Masken. Natürlich hatten auch die Frauen und Edelfräulein es nicht fehlen lassen, das Fest des Kaisers durch Gold und Geschmeide zu verherrlichen. Und wie es bei einer solchen Veranlassung, bei Musik und Tanz in der Ordnung war. pulsierte in allen Teilnehmern ein freudig bewegtes Leben. Doch nein, nicht in allen! Ein Gast, den niemand kannte, machte eine Ausnahme. Zwar waren sein Benehmen, sein Anstand tadellos, er selbst war ein schön gewachsener, hoher, stattlicher Mann, aber seine Trauerkleidung — er trug ein schwarzes Ritterkleid ohne alle Ab- zeichen, an denen man ihn hätte erkennen können — paßte offenbar nicht in diesen heitern, glänzenden Kreis von Fürsten, Rittern und Edelfrauen, die mit ihrem Herrn und Kaiser ein fröhliches Fest begingen. Natürlich war der fremde Gast für alle, insbesondere für die Damen, ein Stück der Neugierde, und als er gar stolzen Schrittes aus die Königin zugiug, bescheiden ein Knie vor ihr beugte nud sie um die Ehre eines Tanzes bat, da steckten alle die Köpfe zusammen und harreten, was wohl die Fran Königin sagen und thuu werde. Die Königin stieg lächelnd von ihrem erhöhten Sitze, reichte dem Unbekannten freundlich die Hand und flog dann leichten und zierlichen Schwunges mit ihm die langen Reihen im Saale dahin — sie entsann sich nicht, jemals mit einem besseren, gewandteren Tänzer getanzt zu haben. Sie entsann sich aber auch nicht, jemals anmutiger, angenehmer unterhalten worden zu fein, als sie von dem Unbekannteil während und nach dem Tanze unterhalten wurde; er wußte so leicht und ungezwungen und dennoch so achtungsvoll mit ihr zu sprechen, daß sie ganz unwill- kürlich einen Vergleich mit ihm und denen, die bis dahin mit ihr in Be- rührung gekommen waren, in Gedanken anstellte, der offenbar zu seinem Gunsten aussiel. Und darum bewilligte sie ihm huldvoll nicht nur den zweiten Tanz, um den er bat, sondern auch den dritten und vierten. Das erregte natürlich große Verwunderung und viel Neid unter den Fürsten und Rittern, deren keiner einer ähnlichen Gunst sich rühmen konnte; unter den Damen aber steigerte es die Neugierde, wer der glück- liche Unbekannte sein möge, im höchsten Grade, und alle, der Kaiser selbst nicht ausgenommen, sahen mit brennender Ungeduld der Stunde entgegen, wo nach dem Maskengesetze jeder, also auch der Unbekannte, sich werde zu erkennen geben müssen. Ja, diese Ungeduld, diese Neugierde beherrschte alle Anwesenden so sehr, daß sie sogar vergaßen, sich selber dem Vergnügen des Tanzes hinzugeben — ein Opfer, das den Damen und Edelfräulein gewiß nicht leicht wurde. Endlich, endlich kam der Augenblick, wo jeder die verhüllende Maske vom Gesicht nehnien mußte. Alle thaten es, aber der Unbekannte schlug sein Visier nicht zurück und weigerte sich auch, es zu thuu, bis endlich die Königin ihm befahl, das Visier zu öffnen. „Majestät", bat er, „gebt mir Urlaub, ich muß nach Haufe gehen!" —

3. Teil 3 - S. 164

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 164 — wie auf einem Schlachtfelde. Und als er sich erschrocken umblickt, um die Ursache von diesem sonderbaren Rauschen und Rasseln zu erspähen, da steht vor ihm die Gestalt eines geharnischten Kriegers und spricht: „Was rief dich, Unglückseliger, in diese Wildnis her? Was rief dich hierher, um uns aus tiefen, schweren Träumen zu wecken? Wisse, da drunten in den Höhlen, in meilenweitem Gange, schlafen Heere schon Jahrhunderte lang. Die Frevel verruchter Söhne, der Bruch geschworner Treue hat längst schon auf uns des Himmels Strafe geladen. Vernimm die grause Kunde: du stehst an derselben Stelle, wo Ludwig der Fromme von seinem Heere verrathen wurde. Wir schlössen dichte Reihen bis an die fernen Berge, um den königlichen Herrn zu schirmen, da zog die Heeresschaar der Söhne in blanken Waffen herbei und von dumpfem Rauschen dröhnte der weite Rasenplan. Sie stürmten heran, die frevlen Brüder, in ihren Fäusten Schwerter, in ihren Blicken Zorn, der türkische Lothar schlüpfte durch unser Lager und bot uns blanke Münzen und glatte Worte dar. Ja, selbst der heilige Vater bethörte uns den Sinn, schlich durch unsere Reihen und stellte uns vor, daß die Treue Frevel sei, die mau dem Sünder erweise; er streute schlimme Saat, bis wir uns verblendet dem Verrathe fügten. Draus schlugen die vernichten Söhne die Hand des Vaters, die dieser bereits znm Frieden entgegen- streckte, in schweres Eisenband, sie rissen ihm die Krone vom silberweißen Haupte und führten den verlassenen Greis hinweg. Da hob der Betrogeue Augen und Hände gen Himmel und sprach im bittersten Schmerzgefühl: „Es giebt keine Treue mehr anf Erden! Gefchworne Treue und Kindesliebe sind nur Trug." Dann verfluchte er seine entarteten Söhne und ihre Kampfgenossen. Weh, falsche Söldnerschaaren, so feil und so verrucht! Weh dir, o Lügenstätte — ihr seid fortan verflucht! Und der Himmel hat das Racheflehen des Kaisers erhört! In meilenweiten Gräbern liegen hier anf öder Heide alle jene Meineidigen, die das Unglück des frommen Kaisers verschuldeten. Da schlafen auch die frevelnden Söhne, und wie sie ihrem Vater des Lebens Glück und des Herzens Ruhe geraubt habeu, so kommen sie selber in aller Ewigkeit nicht zur Ruhe; denn nimmermehr wird der Fluch von diesem Felde ge- nommen, das seit jeneni Tage das Lügenfeld heißt!" So schloß der gespenstische Krieger seine Erzählung, dann versank er vor den Augen des erschrockenen Wanderers in den Erdboden, der sich mit dumpfem Dröhueu öffnete und wieder schloß, nachdem er seine Beute verschlungen hatte. — Der Wandersmann sich kreuzet und thut zur selben Stund' Im Thanner Münster drüben die Märe beichtend kund. Nach Pfeil.

4. Teil 3 - S. 17

1895 - Leipzig : Wunderlich
seit Wallensteins Rücktritt schlecht geführt, nicht bezahlt und elend ver- pflegt wurden, leisteten keinen bedeutenden Widerstand. 3. Auf welche Weise kam Pommern an die Hohenzollern? Uns ist aus der Geschichte her bekannt, daß Pommern nicht auf einmal, sondern erst nach und nach an die Hohenzollern gekommen ist. Ein Teil, der kleinere, gelangte schon durch den Frieden zu Osnabrück und Münster (1648) an Brandenburg. Den größereu Teil, nämlich Vorpommern mit Usedom und Wollin und auch Stettin kaufte Preußens König, Friedrich Wilhelm I., den Schweden für 2 Millionen Thaler ab. 4. Hat denn Pommern einen Wert für Prenszen? Die Antwort auf diese Frage wird in gemeinsamer Arbeit gefunden. Sie lautet mit den von dem Lehrer gegebenen Ergänzungen ungefähr so: Pommern war es wert, daß die Hohenzollern es zu erlangen suchten, denn 1. Pommern hat eine bedeutungsvolle Lage. „Ein Blick auf die Karte zeigt ja, daß Pommern den mittleren Teil der Ostseeküste förmlich umklammert. Es umschlingt den Rand des Meeres wie ein langes Band, das Wasser und Land verknüpfen möchte." Wer also Pommern besitzt, hat einen großen Teil der Ostseeküste in seiner Gewalt. Er kann nicht nur das Landen feindlicher Schiffe (Schweden, Dänemark) verhindern und so das Land vor feindlichem Einfall schützen, sondern auch bequem mit seinen eigenen Schiffen hinaus in die Ferne fahren, Waren nach fremden Ländern bringen u. s. w. So lange Pommern in den Händen der Schweden war, war unser Vaterland nie vor einem Einfall der Schweden sicher (Einfall der Schweden 1675 von Pommern aus!), so lange ging auch der Transport der Waren auf der Oder nicht glatt und ruhig von statten. 2. Pommern besitzt eine Menge wichtiger blühender Städte. Zu ihnen gehört zunächst Stettin an der Odermündung. Beschreibe diese Mündung näher! (Die Oder mündet ins Haff. Aus diesem fließt sie in drei Ausgängen: Peene, Swine und Divenow ins offene Meer.) Stettin ist eine bedeutende Seehandelsstadt, „da allein hierher Seeschiffe aus der Ostsee so weit in das Land hineinfahren können, die Oder billige Weiterfracht gewährt und kein Hafen so nahe an Berlin liegt." (Kirchhoff.) Im Stettiner Hafen fahren jährlich mehrere Tausend See- schiffe ein und aus. Die ankommenden Schiffe bringen Kohlen und Petroleum, Heringe und Getreide. Die abfahrenden tragen besonders Holz und Spiritus hinaus in fremde Länder. Weiter liegt in Pommern das geschichtlich merkwürdige Stralsund. Die Mauern dieser Stadt bestürmte einst Wallenstein vergeblich,*) da Stralsund nicht allein durch eine tapfere Besatzung, sondern auch durch eine sehr günstige Lage geschützt *) Noch heute findet jährlich am 24. Juli ein Volksfest statt zur Erinnerung an den Abzug des kaiserlichen Heeres. Tisch endorf, Deutschland. 2. Abt. 2. Aufl. 2

5. Teil 3 - S. 150

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 150 — Die Frau — es war die Schwiegertochter der Mutter Hidden — ließ den Bettler in die Stube eintreten, in welcher nur noch wenige Kohlen glimmten, während in einer Ecke des Zimmers zwei halbnackte Kinder aus eiuem Haufeu alter Lumpen schliefen. Sie brachte dem er- müdeten Greise eine warme Suppe, die sich dieser wohlschmecken ließ, dann bereitete sie ihm ein Lager von Binsen und Schilf auf der Erde. Er legte sich nieder und schlief bald ein. Die Frau blieb uoch auf und wartete ängstlich auf ihren Mann, der ans den Fischfang ausgefahren war, um etwas für Frau und Kinder zu verdienen. Als derselbe am andern Morgen noch nicht zu Hause war, sprach der Fremde der be- kümmerten Frau Mut du; er meinte, ihr Mann werde wegen des Un- Wetters irgendwo ein Unterkommen gesucht und gefunden haben. Der Gast entfernte sich wieder; ehe er aber fortging, sagte er: „Gebt Acht, gute Frau, die Arbeit, die ihr heute zuerst beginnt, wird ench den ganzen Tag gelingen!" Nachdem der Mann sort war, holte die Fran ein Stückchen Lein- wand aus der Lade, um soviel abzuschneiden, als sie zu einem Hemdchen für ihr jüngstes Kind bedurfte. Sie nahm die Elle, nin ansznmesfen, wieviel sie noch übrig behalten werde, aber je länger sie maß, desto mehr behielt sie noch zu messen übrig; schließlich hatte sie in der Stube gar keinen Raum mehr und so maß sie denn bis zum Hause hinaus, und als ihr Mann zurückkehrte, hatte sie soviel Leinwand gemessen, daß der Haufen bis zum Dache 'der Hütte reichte. Nun konnte sie die Elle nicht mehr halten, sie hörte auf, und da war auch das Stück zu Ende. Sobald die Nachbarn erfuhren, welchen Segen der alte fremde Mann in das Haus gebracht hatte, kamen sie von allen Seiten herbei, um die schöne weiße Leinwand zu kaufen. Und da sich die Leute im Preise überboten, waren die Armen schnell aus alker Not. Die Kuude von dem Glücke der armen Fischerfamilie gelangte anch zur Schwiegermutter, zur Frau Hidden. Natürlich machte sie sich nun Vorwürfe darüber, daß sie den Bettler von der Thür gewiesen hatte. Der Gedanke, daß sie ebenso glücklich wie die junge Frau sein könnte, ließ ihr keine Ruhe; sie wanderte umher und suchte den alten Mann, und nachdem sie ihn gefunden, lud sie ihn ein, indem sie hinzufügte, sie sei an jenem Abende in einer gereizten Stimmung gewesen. Der Alte erschien am Abende. Als er am andern Morgen fortging, verabschiedete er sich mit demselben Versprechen, mit dem er sich einige Tage zuvor von der Schwiegertochter getrennt hatte. Frau Hidden war nun voller Freude, endlich am Ziel ihrer Wünsche zu sein; sie beschloß, die Arbeit zuerst zu beginnen, von der sie sich den meisten Vorteil ver- sprach: Geld zählen. Schon hatte sie ans dem Kasten 'einen alten, ledernen Beutel geholt und wollte ihn eben ausschütten, um zu zählen, da hörte sie ein klägliches Brüllen aus dem Stalle und nun besann sie sich erst, daß sie am gestrigen Tage vergessen hatte, die Kuh zu tränken.

6. Teil 3 - S. 153

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 153 — kostbarer Ring weggekommen, den er von feinem Busenfreunde, dem Bischof Gerhard von Meißen, zum Geschenk erhalten hatte. Nun hatte der Bischof einen alten, wegen seiner Rechtschaffenheit allgemein geachteten Kammerdiener und einen etwas jüugeren Leibjäger. Letzterer trng aber schweren Groll gegen ersteren im Herzen, weil er glaubte, daß jener ihm hinderlich sei, wie er es wünsche, in der Gunst seines Herrn zu steigen. Derselbe hatte den Raben verschiedene Worte gelehrt, unter anderen auch den Spruch: „Hans Dieb!" Als nun der Bischof, nachdem er den Dieb- stahl erfahren, außer sich vor Zorn alle seine Leute streng befragte, um den Dieb herauszubekommen, da schrie der Rabe auf einmal: „Hans Dieb! Hans Dieb!" Unglücklicherweise hieß oer alte Kammerdiener Johannes, und der Bischof hielt den Spruch des Vogels gerade in diesem Augenblicke für ein Gottesurteil; trotz alles Leugnens und Beteuerns seiner Unschuld wurde der Greis ergriffen, ins Gefängnis geworfen, vor das bischöfliche Gericht gestellt und lediglich auf deu durch das Vogel- geschrei erregten Verdacht hin verurteilt und hingerichtet. Einige Zeit nachher trng es sich zu, daß bei einem heftigen Sturme das Rest des Rabeu vom Turme herabstürzte; darin fand sich mancherlei güldenes und silbernes Kleinod und auch des Bischofs Ring, um den der fromme Kammerdiener unschuldig hingerichtet worden war. Das traf des Bischofs hartes Herz wie ein Blitzstrahl, und es ergriff ihn eine bittere Reue wegen seines Jähzorns, der ihn zu dem ungerechten Urteile veran- laßt hatte. Er legte sein bisheriges Familienwappen ab und nahm ein neues an, d. h. er setzte in das Schild einen Raben, der einen Ring im Schnabel trug, und oben aus der Krone hoben sich zwei Arme und Hände, deren Finger einen Ring faßten. Dieses Wappen ließ der Bischof überall anbringen, damit es ihn stets an seine Unthat erinnern möge und zu steter Buße mahne, innen und außen am bischöflichen Palast, im Dome, an den Mauern, in den Zimmern, auf deu Gängen, auch an vielen Häusern der Stadt. Dasselbe Wappen und über demselben das Bild des hingerichteten Kammerdieners mit aufgehobenen Händen ohne Kopf erblickt man auch an seinem messingenen Grabdenkmale, welches im Dome zu Merseburg errichtet worden ist. Zum ewigen Andenken an diese Begebenheit wird noch heute ein Rabe in einem stattlichen Käfig auf dem äußeru Schloßhofe zu Merse- bürg gehalten. Der Wärter desselben genießt eine Pension von 12 Scheffeln Korn und 12 Thalern, muß aber, wenn der Rabe stirbt, einen andern anschaffen. Marie Schäling. 5* Die Krebse zu Köln. Die Stadt Köln war im Mittelalter eine der bedeutendsten Handels- städte, namentlich blühte das Tuchmacherhandwerk daselbst, und viele Kölner Kaufleute ließen ihre Schiffe auf der See gehen, wie die

7. Teil 3 - S. 155

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 155 — anbruch von der Feuersbrunst verzehrt. Von dem Kaufherrn und seinen Gästen gab nichts mehr Kunde. Jahre vergingen, die Brandstätte in der Brückenstraße blieb unauf- gebaut, denn niemand wollte den Grund und Boden übernehmen, auf dem sich so Fürchterliches zugetragen hatte. Die Tochter des Kauf- Herrn war wenige Tage nach jenem Schreckenstage gestorben, ihren Vater glaubte man von den Trümmern des eingestürzten Hauses erschlagen und andere Erben hatten sich nicht eingefunden, überhaupt war auch nichts zu erben, denn kurz nach dem schrecklichen Ereignisse hatten unvorhergesehene Unglücksfälle alles Eigentum Dietmolds verzehrt. Eines Abends erschien ein alter Mann bei dem in der Kirche zu St. Columban im Beichtstuhle sitzenden Priester und bat diesen, ihm zu folgen und einem Sterbenden die letzte Wegzehrung zu geben. Der Priester machte sich auf den Weg und folgte seinem Führer bis in eine am Ende der Stadt liegende ärmliche Hütte, in welcher er aus elendem Lage einen Sterbenden antras. Dieser gestand, daß er der todtgeglanbte Dietbold sei; er beichtete alle seine Sünden und teilte noch mit, daß er durch seinen treuen alten Diener aus den Flammen gerettet und hier in diese Hütte geschafft worden sei. Mit seinem Diener habe er späterhin oft des Nachts die Brandstätte besucht und daselbst aus dem Schutte noch ziemlich viel seiner Habe gerettet; diese möge jetzt der Priester aus seinen Händen in Empfang nehmen und den größten Teil unter diejenigen ver- teilen, die er in seinem Leben betrogen habe, zu welchem Zwecke er ihm ein Verzeichnis von Namen einhändigte. Den Rest bestimmte er aber dazu, daß Messen für sein Seelenheil gelesen werden sollten. Der Geist- liche versprach feierlich, diese Wünsche zu erfüllen. Bald daranf starb Dietbold reumütig; sein alter Diener trat in das Kloster, dem der Priester angehörte. An der Stelle, an welcher sonst das Haus des Reichen stand, ward ein neues stattliches Gebäude errichtet und über der Thür desselben das Standbild eines Greises angebracht, der zur Erinnerung an das Schicksal Dietbolds in der Rechten einen großen Krebs hielt. Dieses Denkmal befand sich bis zum Jahre 1817 in einer Spitzbogennische des ehemaligen Nesselroder Hofes auf der Brückenstraße. Seit jener Zeit kam es weg, weil es ganz verwittert war. Jetzt befindet es sich in dem sogenannten Wallrasfiannm zu Köln. Nach Pfeil. 6. Der Schelm von Bergen. Auf dem Römer zu Frankfurt am Main war Maskenball; es galt der Krönungsfeier Karls des Großen. — Hierzu waren in dem glänzend erhellten Saale viele Fürsten und Ritter versammelt in ihren Prachtgewändern und in den verschiedensten

8. Teil 3 - S. 157

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 157 — „Nein, nein", antwortete lächelnd die Kaiserin, „ich lässe dich nicht fort, bevor ich dein Antlitz gesehen habe." Noch einmal bat er flehend: „Majestät, gebt mir Urlanb, mein längeres Weilen bringt Schrecken in diesen Saal." „Ich fürchte mich nicht — ich muß dein Antlitz schauen", befahl die Kaiserin. Der Unbekannte öffnete das Visier. Niemand erkannte das stolze, edle Gesicht mit den geistreichen Zügen und den ernstblickenden, seelenvollen Augen. Keiner hatte ihn jemals im Gefolge des Königs gesehen oder war ihm begegnet bei festlichen Turnieren oder auf sonstiger Ritterfahrt: nur daß er ein stattlicher, zu ernstestem Kampfe befähigter und anch bereiter Ritter sei, das sahen alle; denn wie die Augen aller auf ihn gerichtet waren, schien seine Gestalt zu wachsen und aus seinen Augen schoß plötzlich ein so scharfer Blitz von Mut und Mannhaftigkeit, daß keiner von allen an seiner Ritterbürtigkeit zu zweifeln wagte. Aber was war denn das? Plötzlich ging dnrch die Versammlung Schrecken und Entsetzen! Die Damen flohen mit leisem Schrei aus- einander, die Herren standen starr und sahen, keines Wortes mächtig, auf den schwarzen Tänzer der Königin, der sich jetzt zu erkennen gab als — der Scharfrichter von Bergen! Der letzte Mann aus dem Volke, derjenige, dem sein Gewerbe das Brandmal der Unehrlichkeit aufdrückte, er hatte es gewagt, sich in die Versammlung von Fürsten und Herren zu drängen; mehr noch, er hatte die Frechheit begangen, unter der schützenden Maske die verehrte Person der Königin zu entwürdigen, er hatte die Krone beschimpft — er mußte sterben! Vor Zorn glühend, befahl der Kaiser, den frevlerischen Majestätsbeleidiger zu ergreifen und zum Tode zu führen. Aber wunderbarer Weise erschrak der Sünder nicht vor dem Zorngebote des Gewaltigen. Bereits schickten sich einige an, die Verhaftung auszuführen, da ließ sich der Verurteilte in edlem Anstände vor dem Kaiser aus ein Knie nieder und sprach: „Großmächtiger Herr! Es ist war, ich habe schwer gefrevelt an all den Edlen, die hier versammelt sind, 4m schwersten an Euch selber und Eurer liebreizenden Frau Gemahlin, die durch meinen frechen Übermut beschimpft und tief beleidigt worden ist. Ich bekenne mich schuldig, durch mein Eindringen in Eure und Eurer Edlen Gesellschaft, mehr noch da- durch, daß ich es wagte, die edle Königin zum Tanze zu führen, ein Majestätsverbrechen begangen zu haben. Aber kann selbst durch mein Blut gesühnt, die Schande abgewaschen, getilgt werden, die ich Euch an- gethan habe? Nimmermehr! Laßt Ihr mich töten, wird es heißen: Der Scharstichter von Bergen hat beim Krönungsmaskenballe zu Frank- furt mit der Gemahlin Kaiser Karls des Großen getanzt, und der Schimpf wird für alle Zeiten an Eurem glorreichen Andenken haften. Erlaubt

9. Außereuropäische Erdteile - S. 33

1896 - Leipzig : Wunderlich
— 33 — noch heute in Spaniens Geschichte „die Nacht des Trübsals". Es war ein gräßliches Gemetzel. Unter dem Gewoge der Angreifer und Vertei- diger erbebte der Boden. Ein Blick auf den See ließ zahllose, noch immer herannahende Nachen mit neuen Kämpfern erkennen, während auf allen Straßen tausend und abertausend Speere im Mondlicht blitzten. Die Massen der braunen und weißen Kämpfer waren in der Hitze des Gefechts so aneinander geraten, daß sich kaum Freund und Feind unter- scheiden ließ. Als Cortez nach dem Rückzüge sein Heer musterte, sah er, daß er kaum die Hälfte seiner Mannschaft gerettet hatte. Aber Cortez wollte von der Eroberung Mexikos nicht abstehen. Neue Truppen stießen von Euba und Jamaica aus zu ihm. Von neuem rückte er auf die Hauptstadt los und eroberte sie auch nach 75 tägtger Belagerung zurück. Nun wurde eine Provinz nach der anderen unter- worfen und endlich, nachdem Hunderttausende von Einwohnern ihr Leben verloren hatten, das ganze Land für Spanien in Besitz genommen und Neuspanien genannt. Zur sachlichen Besprechung. a. Welcher Lohn ward dem kühnen Eroberer zu teil? Zunächst überhäufte man auch ihn so wie den Columbus mit Wür- den und Ehren. So wurde er z. B. Statthalter im neuspanischen Reiche. Später aber hatte auch er uuter Neid und Undank zu leiden. Verdäch- tignngen und Anklagen verbitterten sein Leben. Seine Feinde nannten ihn nur den „Aztekenwürger". Die vielen Enttäuschungen zehrten an seinem Leben und bereiteten ihm einen frühen Tod. 1547 starb er auf einem Landgute bei Sevilla in Spanien. — Undank ist der Welt Lohn. b. Wie war es möglich, daß ein so kleines Häuflein Men- schen ein so gewaltiges Reich zu stürzen vermochte? Cortez war ein gewaltiger Feldherr. Ihn zierten ritterlicher Mut, eiserne Festigkeit des Willens, rastlose Thätigkeit. — Seine Truppen kämpften mit dem Mute der Verzweiflung. Jeder wußte, daß er sein Vaterland nie wieder sehen würde, wenn die Bewohner Mexikos die Oberhand behielten. Die Mexikaner waren uneinig und unentschlossen und zu zaghaft. Sie wurden entmutigt durch eine alte, von ihnen ge- glaubte Weiffaguug, daß von Osten kommende bärtige Männer ihr Reich zerstören würden. Iii Wie kommt es, daß Mexiko heute nicht mehr den Spaniern gehört? Bis zum Anfang unseres Jahrhunderts blieb Mexiko mit Spanien vereinigt. Nachdem aber im Jahre 1808 Napoleon I. das alte spanische Königstum stürzte und seinen Bruder Josef zum König von Spanien und Indien ernannte, machte sich Mexiko selbständig, und nach langen, blutigen Kämpfen und nachdem auch auf kurze Zeit einmal unter dem Tisch endorf, Fremde Erdteile. 3

10. Außereuropäische Erdteile - S. 63

1896 - Leipzig : Wunderlich
— 63 — Zur sachlichen Besprechung. 1. Wo sind die Indianer zu Hause, die wir in der Prairie trafen? (Sie haben keinen bestimmten Wohnsitz. In Zelten sind sie zu Hause, die sie bald hier, bald dort in der Prairie oder int Urwalde auf- schlagen. Diese Zelte haben die Form eines umgestülpten Trichters, be- stehen aus bemalten Tierhäuten und heißen Wigwams. Betritt man bei Tage eines dieser Zeltdörfer, so trifft man gewöhnlich nur Weiber, Kinder und Greise an, denn die Männer sind fast den ganzen Tag auf der Jagd. lbüsfeljagd!) 2. Warum stellt m an den Büffeln so eifrig nach? (Das Fleisch der Büssel bildet die Hauptnahrung der Indianer. Der Pelz dient ihnen anstatt der Mäntel. Die gegerbten Häute brauchen sie zum Zeltbau und zu Deckeu für ihre Schlafstätten. Ungegerbte Felle verwenden sie zum Bau vou Cauoes (Kähne,) zu Sätteln, Zügeln, Lassos und Riemenwerk aller Art. Aus den Hörnern inachen sie Trinkgeschirre und Lössel. Die Knochen liefern Kriegskeulen, oder sie werden um des im Innern enthaltenen wohlschmeckenden Markes wegen zerbrochen. Zusammenfassung und Einpräguug an der Hand der Übersicht: Die Prairie. 1. Die Lage und Ausdehnung der Prairie. 2. Das Pflanzen leb en. (Grasmeer-Baumgruppen.) 3. Das Tierleben. 4. Die Bewohner. (Indianer!) 5. Die Gefahren der Prairie. 7. Der Untergang der Indianer und seine Ursachen. Ziel: Woher es kommt, daß sich die Zahl der Indianer von Jahr zu Jahr verringert. Nachdem von den Kindern noch einmal angegeben worden ist, was ihnen aus der vorigen Stunde über die Indianer bekannt ist und der Lehrer darauf hiugewiefeu hat, daß diese Rothäute noch vor 150 Jahren die Herren Nordamerikas waren, wird gemeinsam den Gründen für das Aussterben dieser Race nachgeforscht. Das Resultat der Unterrichtsarbeit lautet: Das Aussterben der Indianer ist in der Hauptsache auf folgende Gründe zurückzuführen: 1. Die Indianer bekümmern sich zu wenig um ihre Nach- kommen. Ihre Kinder haben unter Unsanberkeir und Schmutz, unter Kälte und Hunger zu leiden und erfreuen sich so wenig der Sorgfalt und des Schutzes der Eltern, daß die meisten schon im ersten Lebensjahre sterben und nur die am Leben bleiben, die von Haus aus kerngesund sind.
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