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Geschichte.
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Die älteste Gottheit aller deutschen Stämme war der strahlende Himmelsgott
Tiu, an den heute noch der Dienstag erinnert. Man dachte sich ihn als einen ein-
armigen Mann von schrecklichem Kussehen, dessen Knblick niemand zu ertragen ver-
mochte. Er trug als Waffe ein blitzendes Schwert, galt als Lenker der Schlachten und
als Schützer des Rechts. Nach siegreichen Kämpfen wurden ihm nicht selten die Ge-
fangenen geopfert. Sn Niederdeutschland nannte man ihn auch „Sachsnot" oder ,,Er".
Km Tage der Sommersonnenwende (2l. Juni) brannte nian ihm zu Ehren auf
den Bergen Freudenseuer an. Man schwenkte dabei brennende Neisigbüsche schnell im
Kreise herum, so daß ein feuriges Nad, eine Sonne, entstand. (Sn manchen Gegenden
Deutschlands hat sich diese Sitte bis auf den heutigen Tag erhalten.) Fröhliche Ge-
lage beschlossen das Fest.
Sn späterer Zeit galt als der höchste der Götter der Kllvater Wodan. Er
hatte den Himmel und die Erde, sowie die andern Götter und die Menschen ge-
schaffen. Er führte das ungeheure Heer der abgeschiedenen Seelen und machte, be-
kleidet mit weitem, wehendem Mantel und mit dem Wolkenhute auf dem Haupte,
als Windgott Getreide und Gbstbäume fruchtbar. Sn hohen, weit sichtbaren Bergen
hielt er sich mit Vorliebe auf. vielerlei geheimnisvolles wissen und zauberhafte Kenntnisse
teilte er denen mit, die von ihm auserwählt waren, wenn in den Urwäldern der Sturm-
wind brauste, so meinte man, Wodan reite auf seinem achtfüßigen Rosse mit dem immer-
treffenden Wurfspieße in der Hand durch die Luft (Sage vom wilden Jäger!). Der
Wolf und der Rabe, sowie die Esche, aus der man die Speere anfertigte, waren ihm heilig.
Man opferte ihm auf hohen Bergen Rosse, deren Fleisch man dann verzehrte. Die
Pferdeschädel nagelte man an die Bäume und an die Giebel der Häuser. Sn einigen
Gegenden Riederdeutschlands nennt man den Mittwoch noch heute „Gunstag", d. h.
wodanstag. Die im Kampfe gefallenen Helden wurden von den Schlachtjungfrauen, den
Walküren, zu Wodan in die Götterburg Walhalla gebracht, hier fand ein fröhliches
Fortleben statt, bei dem Kampf und heitere Gelage abwechselten, wer aber auf dem
Krankenbette starb, kam in das finstere Reich der bleichwangigen Hel.
Die Gemahlin Wodans war die flachshaarige Frija, die Göttin der Fruchtbarkeit
der Erde und die Schützerin der Ehe. Mit der Spindel in der Hand fuhr sie durch das
Land und segnete die Krbeiten der Frauen. Shr war der Freitag geweiht.
Bei manchen Stämmen wurde der Gott Donar hoch verehrt, nach dem der Donners-
tag seinen Namen hat. Er war ein junger, riesenhafter Mann mit langem, rotem
Barte und trug einen großen Hammer in der rechten Hand, wenn er zornig blickte, so
blitzte es, und wenn er in seinen Bart blies, entstand großer Sturm. Fuhr er mit
seinem Bocksgespann über die Wolken, dann rollte der Donner. Den Menschen, be-
sonders den Landleuten, erwies er viele Wohltaten. Er wendete von ihnen und ihren
Viehherden Krankheiten ab und sandte den Saaten erquickenden Regen.
Sn den Bergen hausten Zwerge, die die Erdschätze bewachten; in den Gewässern
wohnten Rixen, in Wald und Feld Elfen.
Gleich den Menschen waren aber auch die Götter sündhaft und mußten unter-
gehen. Rach dem Götterende entstand ein schönerer Himmel und eine schönere Erde,
auf der es kein Leid und keine Schuld gab.
l2. Gefolgschaften, wenn ein angesehener Edeling einen Kriegszug unternehmen
wollte, kamen aus verschiedenen Stämmen kriegslustige Männer herbei, um ihn frei-
willig zu begleiten. Sie schwuren ihm den Eid der Treue, und es galt ihnen als
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verschiedenen wegen nach dem Morgenlande (1096). Das Hauptheer wurde von dem
Herzog von Lothringen, Gottfried von Bouillon, befehligt.
4. Eroberung von Antiochia und Jerusalem. Nach langen Märschen durch
wüsten und über unwegsame Gebirge, unter häufigen Kämpfen mit dem tapferen
Feinde gelangten die Kreuzfahrer endlich vor die Hauptstadt Syriens, das feste Nntiochia.
Sie eroberten es nach einer Belagerung von acht Monaten, wenige Tage danach
wurden sie jedoch von einem gewaltigen Türkenheere in der Stadt eingeschlossen. Bald
entstand große Not unter den hart belagerten Kreuzfahrern, so daß ihnen nur noch
die Wahl zwischen dem Hungertode und dem Untergange durch Feindeshand blieb.
Als ihre Leiden auf das höchste gestiegen waren, verbreitete sich die Nachricht, daß
man unter dem Hochaltäre der Kirche des heiligen Petrus Lanze gefunden habe, mit
der bei der Kreuzigung die Seite des Heilands geöffnet worden fei. Da erfüllte frohe
Zuversicht und neue Kampfeslust die entmutigten Herzen der Krieger. Sie machten einen
wütenden Ausfall und schlugen das viel zahlreichere Heer der Türken in die Flucht.
— Im folgenden Frühjahre (1099) erreichten die Kreuzfahrer Palästina. Als sie
endlich die heilige Stadt Jerusalem erblickten, erhob sich lauter Jubel im ganzen
Heere. Alle Mühen und. Gefahren waren vergessen, und andächtig küßten die
rauhen Krieger den Boden, über den einst der Herr geschritten war. Uber noch
war Jerusalem in den Händen der Feinde. Das Kreuzheer war auf ungefähr
30000 Mann zusammengeschmolzen und litt Mangel an Lebensmitteln und Wasser.
Trotzdem wurde sofort mit der Belagerung begonnen. Nach fünf Wochen erstürmten die
Kreuzfahrer mit dem Kufe „hilf Gott!" die Mauern Jerusalems. Gottfried von Bouillon
gehörte zu den ersten, die in die Stadt eindrangen Unter den Feinden wurde ein
furchtbares Blutbad angerichtet. Als die Kampfeswut verflogen war, legten die Kreuz-
fahrer die Waffen ab und dankten Gott am heiligen Grabe für das gelungene große Werk.
5. Vas Königreich Jerusalem. Das eroberte Land erhielt den Namen „König-
reich Jerusalem". Gottfried von Bouillon, der zum Könige gewählt wurde, wollte
sich aber nicht dort mit einer goldenen Krone schmücken, wo der Heiland eine Dornen-
krone getragen hatte und nannte sich nur „Beschützer des heiligen Grabes". Tr
starb schon im folgenden Jahre (1100) und wurde in der Grabeskirche beigesetzt. Sein
Bruder und dessen Nachkommen haben 87 Jahre über das Königreich Jerusalem
geherrscht. Dann ging es aber wieder an die Türken verloren, obgleich noch sechs Kreuz-
züge nach dem heiligen Lande unternommen wurden. In ihren Händen ist es noch heute.
6. Wirkungen der Kreuzzüge. Die Teilnahme an einem Kreuzzuge durfte
niemandem verwehrt werden. Unfreie, die das Kreuz nahmen, wurden dadurch freie
Männer. So kam es, daß die Lasten der hörigen erleichtert werden mußten; denn
jeder hörige, der nach dem heiligen Lande zog, um sich der Bedrückung zu entziehen,
war für seinen Herrn verloren. — Handel und Verkehr nahmen einen gewaltigen Auf-
schwung. Seide, Teppiche, Waffen, Gewürze wurden vom Morgenlande eingeführt.
Durch den gewinnbringenden Handel wuchs der Reichtum und die Macht der Städte.
-— Die Kreuzfahrer schauten auf ihren Zügen fremde Länder und erlebten Abenteuer.
Sie kamen mit Kriegern andrer Völker in Berührung und lernten besonders auch die
hochgebildeten Araber und Griechen kennen. Ihre oft rohen Sitten wurden dadurch ver-
feinert ; Sänger und Dichter empfingen lebhafte Anregung.
Da sehr viele Kreuzfahrer umkamen, wurden auch viele Lehen erledigt. Diese
wurden von den Lehnsherren gewöhnlich eingezogen, so daß durch die Kreuzzüge die
Macht der Fürsten erheblich stieg. Die Kirche stand zu dieser Zeit im höchsten Ansehen.
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Extrahierte Personennamen: Gottfried_von_Bouillon Petrus Palästina Gottfried_von_Bouillon Gottfried_von_Bouillon