1876 -
Dresden
: Schönfeld
- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Das deutsche Reich.
61
wesen, und über das Eisenbahnwesen (außer in Württemberg und
Bayern), so weit es sich um das Interesse der Landesvertheidigung
handelt: ferner die Ordnung des Münz-, Maß- und Gewichtssystems,
Civil- und Strafgesetz, Ehegesetzgebung u. a. Das deutsche Reichs-
heer besteht aus 17 Armeecorps und dem preußischen Gardecorps
und ist eingetheilt in 4 Armee-Jnspectionen.
Die deutsche Reichspost umfaßt ganz Deutschland außer
Württemberg und Bayern (8078 Qm.) mit 40 Oberpostdirectionen
(in Aachen, Arnsberg, Berlin, Braunschweig, Bremen, Breslau, Brom-
berg, Cassel, Coblenz, Constanz, Cöslin, Danzig, Darmstadt, Dresden,
Düsseldorf, Erfurt, Frankfurt a/M., Frankfurt a/O., Gumbinnen, Halle
a/S., Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Kiel, Köln, Königsberg, Leipzig,
Liegnitz, Magdeburg, Metz, Minden, Münster, Oldenburg, Oppeln,
Posen, Potsdam, Schwerin, Stettin, Straßburg, Trier).
Die Universitäten ordnen sich nach ihrer Frequenz (1874) so:
Leipzig, Berlin, Halle, Breslau, München, Tübingen, Würzburg,
Heidelberg, Bonn, Göttingen, Straßburg, Königsberg, Greifswalde,
Jena, Münster, Erlangen, Marburg, Gießen, Freiburg, Kiel, Rostock rc.
In Bezug auf die Lage der Universitäten beachte man, daß die größ-
ten in der Ebene, die kleineren dichtgedrängt im Hügellande links von
der Elbe auf altgermanischem Boden sich befinden. An der Nordsee
liegt keine, an der Ostsee dagegen vier. Es gibt 7 vollständige poly-
technische Schulen: Karlsruhe, Berlin, Hannover, München, Stutt-
gart, Dresden und Aachen; diese Schulen, in neuerer Zeit gegründet,
befinden sich fast alle in den Residenzen, was bei den Universitäten
eine Ausnahme (bei den zuletzt gestifteten) ist. Die Volksbildung
und Volksschule steht höher als in andern Ländern. Auf 1000 E.
kommen durchschnittlich 150 Schüler, in Sachsen und Thüringen 175,
in Bayern 126, in Mecklenburg 120 Schüler.
H 81. Der Zollverein. Nach dem neuen Zollsystem in Preußen,
1818, schlossen sich zuerst 1828 Großherzogthum Hessen, 1831 Kur-
fürstenthum Hessen an. Als 1833 Bayern, Württemberg, Sachsen
und Thüringen beitraten, nahm der Verband den Namen „Deutscher
Zollverein" an. 1835 folgten Baden, 'Nassau; 1836 Frankfurt; 1841
Braunschweig, Luxemburg, Lippe; 1851 Hannover, Schaumburg-Lippe;
1852 Oldenburg. 1867 und 1868 traten die übrigen norddeutschen
Landschaften hinzu. Gegenwärtig umfaßt ein Zollgebiet das ganze
Reich, mit Ausnahme der Freihäfen Hamburg, Bremen, Altona, Bremer-
hafen, Geestemünde und Brake, sowie eines kleinen Gebietstheils im
südlichen Baden an der Grenze des Cantons Schaffhausen.
§ 82. Bergbau. Kohlen, Eisen und Salz bilden den Haupt-
reichthum. Unter den eisenproducirenden Ländern nimmt Deutschland
nach England und Nordamerika den dritten Rang ein. In der Blei-
production folgt es aus England und Spanien. In Bezug auf Zink
steht es neben Belgien an der Spitze. Jnr Jahre 1870 wurden ge-
wonnen: 530 Mill. Ctr. Steinkohlen, besonders in Schlesien, Sachsen,
Westfalen und Rheinland, 142/3 Mill. Ctr. Salz, am meisten in der
Prov. Sachsen, 76 Mill. Ctr. Eisenerz in Schlesien und Westfalen,
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- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
80
Das deutsche Reich.
bedeckt x/3 des Landes. Die Industrie ist namhaft: Glashütten, Porzel-
lanfabr, viele Eisenwerke, Sonneberger Holzwaaren (Nürnberger Spiel-
waaren) sind weit verbreitet; der Handel mit diesen Landeserzeugnissen
geht zumal nach Amerika.
Meiningen, Fl, 9000 E., Residenz. Hildburghausen, Fl, bis 1826
Residenz der jetzt in Altenburg regierenden Linie, 5000 Einw. Sonneberg,
6800 E., Schieferbrüche, Holzschnitzereien.
7 u. 8. Fürftenthümer Schwarzburg-Rudolstadt und
Sondershausen.
Die Fürftenthümer bestehen aus 2 Herrschaften, von denen die
obere am Thüringerwalde, die untere in der preußischen Provinz
Sachsen liegt. Jedes Fürstenthum hat an beiden Herrschaften Antheil.
Die östlichen Theile bilden Rudolstadt, die westlichen Sondershausen.
Bei ungleicher Theilung der Herrschaften liegt die Hauptstadt jedesmal
in dem größeren Gebiete. (Die beiden Städte am Gebirge endigen
auf —stadt, die auf der Hochebene auf —hausen.)
In der obern Herrschaft liefert der Bergbau Eisen, Blei; in der
untern Herrschaft treibt man Ackerbau. Der Waldbestand ist bedeu-
tend. Die Industrie überwiegt in der obern Herrschaft.
a) Schwarzburg-Rudolstadt, 17 Qm. und 75,500 E.
Rudolstadt, Fl, 7000 E., in der oberen Herrschaft. Frankenhausen,
5000 E., in der untern Herrschaft. Wollhandel. Kyffhäuser, Ruine.
L>) Schwarzburg-Sondershausen, 16 Qm. und 67,000 E.
Sondershausen, in reizender Lage am Zusammenfluß von Wipper
und Bebra, 6000 E., in oer untern Herrschaft. Bank. Arnstadt, 8600 E.,
in der obern Herrschaft, die älteste und bedeutendste Stadt im Schwarzburgi-
schen, mittelalterliche Architektur. Fabriken, Getreidehandel.
Süddeutsche Staaten.
§ 112. I. düto|ljcrjo0fljmu Hessen.
139 Qm. und 852,000 Einw. 6117 auf 1 Qm.
Das Großherzogthum besteht aus 2 Stücken, welche durch preuß.
Gebiet, die Umgebung von Frankfurt, von einander getrennt sind. Das
nördliche Stück, Oberhessen, ist fast ganz vom Vogelsgebirge erfüllt;
das südliche, vom Rhein durchströmt, bildet den nördlichsten Theil der
gesegneten oberrhein. Ebene. Die Bevölkerung ist im Rheinthal
doppelt so dicht als in Oberhessen am Vogelsgebirge. In 40 Jahren
sind 145,000 Menschen ausgewandert. 2/3 der Bevölkerung sind pro-
testantisch, kaum katholisch. Die Hälfte der Bewohner lebt vom
Ackerbau, die Hälfte von Industrie.
Die Produkte des Bergbaues sind Braunkohlen, Eisen, Kupfer,
Graphit, Kochsalz. Ackerbau. Die Hälfte des Bodens ist Ackerland;
ausgedehnter Obst- und Weinbau (Scharlachberger, Liebfrauenmilch,
Laubenheimer re.) findet in der Rheinebene statt, Waldwirthschaft und
Viehzucht besonders in Oberhessen.
Die Hauptsitze der lebhaften Industrie sind: Mainz, Offenbach
und Darmstadt. Die Erzeugnisse sind Papiermachewaaren, Bijouterien,
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akademie, Polytechnikum, große Maschmenfabr. Pforzheim, (Porta) Fl.,
23,000 E., die bedeutendsten Fabriken in Gold- und Silberwaaren. Reuchlin
geb. 1455. Rastatt Fl., 12,000 E., Festung. Baden, 11,000 C., weltbe-
rühmtes Bad, (1864: 50,000 Gäste). In der Nähe Steinbach, Geburtsort
Erwins, Erbauer des straßburger Münsters. Kehl, Fi., Straßburg gegenüber.
Offenburg, Fl,, lebhafter Speditionshandel. Lahr, 8000 E. Fabriken.
Furtwangen an der Brege und Triberg, Hauptsitze des Uhrenhandels.
Freiburg im Breisgau, am Dreisam, 31,000 E., gothischer Dom, Universität,
V2 Stunde nördl. die Ruinen der Burg Zäh ringen. Altbreisach, auf einem
Basaltfelsen, schon Römerfeftung, Säckingen am Rhein, schon im 6. Jahrh.
vom Glaubenshelden Fridolin gegründet. Constanz oder Costnitz, 10,000 E.,
Handel auf dem Bodensee. Concil 1414—18.
§ 115. 3. Königreich Württemberg.
364 Qm. und 1,818,000 E. 5133 E. auf 1 Qm.
Württemberg liegt, von Baden und Bayern umschlossen im Ge-
biet des Rheins und der Donau. Die Bevölkerung ist im Neckar-
thal am dichtesten, aus der Hochebene am dünnsten. Im S. wohnen
Schwaben, im N. Schwaben und Franken. Ueber 2/3 der Bevölkerung
sind protestantisch, fast V3 katholisch. — Eine Universität ist in Tübin-
gen, ein Polytechnikum in Stuttgart.
Die Produkte des Bergbaues liefern viel Eisenerze im Jura
und Schwarzwalde. 4 Salinen. Der Ackerbau liefert Getreide;
Wein, Hopfen, Obst und Gartensrüchte gedeihen besonders im Neckar-
thal, welches viel wärmer ist, als das obere Donauthal, da es 200—
250 m. tiefer liegt. Der Wald bedeckt über 100 Qm.
Die Viehzucht blüht besonders im Donaukreise. Der stuttgarter
Pserdemarkt ist der größte in Süddeutschland.
Die Industrie'steigt fortwährend in der Nähe der Eisenbahnen,
verfällt dagegen fern von der Bahn. Hauptorte sind Eßlingen, Reut-
lingen, Cannstatt, Calw, Heilbronn, Stuttgart. Die wichtigsten Zweige
der Industrie sind Weberei und Spinnerei, Metallverarbeitung, Holz-
waarenfabr. und Papiersabr. Die Distrikte Heidenheim (für Gewerbe)
und Aalen (für Eisenfabr.) gehören zu den wichtigsten Industriegebieten
des Landes. Die größten Maschinenfabriken befinden sich in Eßlingen
und Cannstatt. Gold- und Silberwaaren liefern Stuttgart, Gmünd
und Heilbronn; Messerwaaren kommen meist von Tuttlingen. Leinen-
manusaktur blüht namentlich in Ehingen, Urach, Nagold, Kirchheim.
Die Baumwollspinnereien haben ihren Sitz in Eßlingen, Heidenheim,
Hall und bei Cannstatt (Mettingen). Die Baumwollwebereien con-
centriren sich um Heidenheim, Göppingen, Kirchheim und Böblingen.
Wollenwaaren liefert Eßlingen, Göppingen, Heidenheim und Calw;
Strick- und Strumpfwaaren gleichfalls Calw und Göppingen. Holz-
waaren und Uhren kommen vorzugsweise vom Schwarzwalde und von
Ravensburg. Papiersabr. namentlich im Neckarthale (Heilbronn), die
älteste deutsche Papiersabr. in der ehemal. Reichsstadt Ravensburg.
Auch die Erfindung, aus Holzfasern Papier zu machen, entstand in
Württemberg (in Heidenheim). Für den Buchdruck nimmt Stuttgart
eine sehr bedeutende Stelle ein.
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Königreich Bayern.
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Die Haupthandelsstädte sind: Heilbronn, Cannstatt, Ulm, Stutt-
gart; für den Buchhandel ist Stuttgart der bedeutendste Ort in Süd-
deutschland. Wichtiger Holzhandel wird vom Schwarzwald aus be-
trieben mit ,,Holländerholz".
§ 110. 4 Kreise.
1) Neckarkreis: Stuttgart, 107,000 E. in einem reizenden Thalkessel
am Nesenbache. Bedeutendster Buchhandel Süddeutschlands (Cotta), Fabriken,
Tuchmesse. Karlsschule. Polytechnikum. Geburtsort von Hegel (1777), Schwab
(1792) und Hauff (1802). Eßlingen, Ul., 19,000 E., große Maschinensabr.,
Tuchfabr. Cannstatt, Ui., 12 000 E., bedeutender Handel am Knotenpunkt
aller Hauptverkehrsstraßen, Maschinenfabr. Oestl. davon Waiblingen, Städt-
chen mit Schloß der Hohenstaufen (Ghibellinen). Ludwigsburg, 15,000 E.,
1704 gegründet. Westlich davon der Hohe Asperg. Marbach, Ul., Schiller
geb. 1759. Heilbronn, Ul., 21,000 E, erste Handels- und Fabrikstadt des
Landes. Oestl. davon Weinsberg mit der Burg Weibertreue. Weil, die
Stadt, Brenz geb. 1499, Keppler geb. 1571. Maulbronn, an der badischen
Grenze, interess. Kloster.
2) Schwarzwaldkreis: Tübingen, Ui., 10,000 E., Universität, Uh-
land geb. 1787. Reutlingen, 15,000 E., Leder- und Tuchfabr. Schloß
Lichtenstein. Calw an der Nagold, Wollindustrie, Holzhandel nach Holland.
Wildbad, Ui., Bad.
3) Donaukreis: Ulm, Ul., 30,000 E., Festung. Vom 14—17. Jahrh.
Hauptplatz des süddeutschen Leinwandhandels. Gothischer Dom. Friedrichs-
hafen am Bodensee, Handel nach der Schweiz. Burgruine Hohenstaufen.
Geislingen, an der rauhen Alp in enger Schlucht, Baumwollspinnereien.
Göppingen, 9000 E., an der rauhen Alp, Wollen-und Baumwollenindustrie.
Kirchheim in der Nähe des Neckars, 6000 E., großer Wollmarkt, Leinen-
weberei.
4) Jagstkreis: Gmünd 13,000 E., Fabrikstadt nördb. vom Hohenstaufen
und Rechberg. Heidenheim am Albüch, 5000 E., namhafte Textilindustr.
Aalen, Ui., 6000 E., bedeutendste Eisenindustrie. Daneben die königl.hütten-
werke von Wasseralfingen und Unterkochen. Ellwangen, Ui., große Vieh-
märkte. Hall, Ui., 7800 E., Saline, Häller. Mergentheim, Ul., auf-
blühendes Städtchen, ehemals Deutsch-Meisterthum.
§ 117. t Königreich Sägern.
1378 Qm. und 4,862,000 Einw. 3529 E. auf 1 Qm.
Bayern, der größte süddeutsche Staat, besteht aus 2 Theilen, von
denen der größere von Donau und Main durchflossen wird, während
der kleinere, westliche Theil, die Pfalz, am linken Rheinufer zwischen
Hessen und Elsaß liegt. Die dichteste Bevölkerung ist in der Pfalz,
die dünnste in Oberbayern. Die Franken, 2 */4 Mill., wohnen im
Maingebiet und der Pfalz, die Bayern, 13/^ Mill. aus der Hochebene
östlich, die Schwaben westlich vom Lech. Ueber 2/3 der Bevölkerung
sind katholisch, weniger als 1/3 protestantisch. Die beiden katholischen
Universitäten sind in München und Würzburg, die protestantische in
Erlangen; 1 Kunstschule in München, 1 Polytechnikum in München.
Bergbau. Eisen findet sich am Fichtelgebirge, in der Ober-
pfalz und in Unterfranken; Stein- und Braunkohlen in Oberbayern,
Oberfranken und beiden Pfalzen, etwas Ouecksilber in der Pfalz,
Graphit, Gips; Salinen, besonders in Oberbayern
Der Ackerbau deckt mehr als den eigenen Bedarf von Getreide;
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die erste Stelle ein, ebenso in der Kammgarnspinnerei; aber Bayern
hat die größten Spinnereien. Westfalen ist das Hauptland für die
feineren Flachse, Schlesien hat d'e größten Etablissements dieser Art,
Baden den stärksten Hanfbau in Deutschland. Bielefeld ist schon seit
dem 17. Jahrhundert der Sitz großer zum Export arbeitender Leinen-
geschäfte. Die bielefelder Leinen kommen in den feineren Arten den
belgischen an Dichtigkeit gleich, erreichen aber in der Appretur die
irischen noch nicht völlig. K. Sachsen nimmt die erste Stelle in den
Damasten und in Spitzen ein. Die Rheinprovinz, vor allem Aachen,
ist der Hauptsitz der deutschen Tuchsabrication; danach K. Sachsen und
Brandenburg. Glatte Zeuge liefert K. Sachsen, Wollsammete Berlin.
Das Elsaß und Rheinland, vor allem das Wupperthal und Gladbach,
sind die Hauptsitze der deutschen Baumwollfabriken. Im K. Sachsen ist
Plauen hervorzuheben. Das K. Sachsen enthält die Hauptsitze der
deutschen Strumpfmanufaktur (Chemnitz). Württemberg liefert vorzüg-
liche wollene Strumpfwaaren. Der älteste Sitz der deutschen Baumwoll-
druckerei ist Augsburg, daneben sind wichtig Berlin, Köln und Chemnitz.
K. Sachsen ist durch seine Wachstuchindustrie berühmt. 1864 gab es
gegen 2000 Streichgarn- und Halbwollgarn-Spinnereien mit mehr als
1 Mill. Feinspindeln. 1873 zählte man 7872 Baumwollspinnereien
mit über 5 Mill. Feinspindeln.
2. Metallwaaren. Das Rheinland und Westfalen sind Haupt-
sitze der Eisen-, Blech- und Drahtivaarenindustrie. Die Krupp'sche Guß-
stahlfabrik in Essen gehört unter die ersten metallurgischen Werke der
Welt. Deutschland liefert jährl. ungefähr 1000 Locomotiven und 30,000
Eisenbahnwagen (in Berlin, Karlsruhe, Esslingen, Chemnitz, Hannover
und Cassel). Für Messerschmiedearbeit sind Solingen und Remscheid
berühmt. Solingen liefert blanke Waffen, Suhl und Regensburg Ge-
wehre. Der Hauptsitz der fabrikmäßigen Gold- und Silberverarbeitung
ist Baden (Pforzheim), danach Hanau in Hessen, Gmünd und Heilbronn
in Württemberg. Augsburg ist seit Jahrhunderten eine berühmte Heimat
deutscher Goldschmiederei, Nürnberg der Hauptsitz der Feingold- und
Silberschlägerei; in Norddeutschland ist besonders Berlin berühmt für
Gold, Silber- und Neusilberwaaren. Die drei Hauptsitze der Nadel-
fabrication sind Rheinland (Aachen), Westfalen (Iserlohn) und Bayern
(Nürnberg). Dresden ist der Hauptsitz der Nähmaschinenfabr. Die
nürnberger Bleistiftfabrication ist die erste der Welt geworden. Berlin
ist der Hauptsitz der deutschen Mechanik. Bayern hat weltberühmte
Werkstätten, welche im astronomischen Fache den ersten Rang einnehmen.
Nürnberg ist der erste Platz für Reißzeuge. Baden nimmt die erste
Stelle in der Uhrenfabrication ein. Das Königreich Sachsen hat den
ausgedehntesten Maschinenbau. Chemnitz ist der Hauptplatz deutscher
Werkzeugmaschinen-Jndustrie.
Die Hauptsitze der Tabakssabrication sind Hamburg, Bremen, Köln,
Duisburg, Magdeburg, Berlin und Leipzig; in Süddeutschland die Pfalz
und Mittelfranken. Die bayerische Bierbrauerei findet sich vorzugs-
weise in Altbayern und der Oberpfalz. — Weltberühmt ist die Porcellan-
fabrik in Meißen; andere Fabriken in Berlin, in Altwasser und Walden-
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Großherzogthum Baden.
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Tabak und Cigarren, Wagen, Möbel. In Oberhessen treibt man Lein-
meberei und Strohflechterei. Der Odenwald liefert Holzwaaren. Für
den Handel ist Mainz der Hauptort; in Darmstadt ist eine Bank.
3 Provinzen.
1) Provinz Starkenburg, östlich vom Rhein.
Darmstadt, 37,000 E-, Residenz, Fabrik von Chemikalien, Maschinenbau,
2 Banken, Technische Hochschule. Osfenbach, Fl., 30,000 C., wichtige Fabri-
ken. Trebur, alte kaiserl. Pfalz, viele Reichstage. Gr. Gerau, im Mittel-
punkt der häufig wiederkehrenden Erderschütterungen im Rheinthal.
2) Provinz Rheinhessen, westl-vom Rhein. Mainz, Fl., 54.000 E.,
(1871) starke Festung, Hauptmärkte für Wein- und Getreidehandel, Holzflößerei,
Fabriken, besonders in Leder (Schuhmacherei für den Export) und feinen Mö-
beln. Guttenberg und Fischart geb. Bingen, Fi., 6000 E. Worms, Fl,
14,500 E., Lutherdenkmal. Freihafen. Lederfabr■, Weinhandel.
3) Provinz Oberhessen. Gießen, Fl., 12,000 E. Universität.
§ 113. 2. Growerpglhmn Süden.
274 Qm. und 1,461,000 E. 5320 E. auf 1 Qm.
Baden liegt langhingestreckt am obern Rhein vom Bodensee bis
über den Neckar und reicht nordöstl. bis ins Mainthal. Die Bevöl-
kerung besteht im So. aus Schwaben, im Rheinthal südl. von der
Murg aus Allemanen, im N. aus Franken. 2/3 der Bevölkerung sind
katholisch, 1/3 protestantisch. 2 Universitäten befinden sich zu Heidel-
berg und Freiburg, 1 Kunstschule und Polytechnikum in Karlsruhe.
Der Bergbau liefert Eisen und Zink. Es gibt 2 Salinen und
wichtige Mineralquellen (Baden). Der Ackerbau blüht, und man ge-
winnt über den Bedarf. Die wichtigsten Produkte außer Getreide sind:
Wein (Markgräfler, Affenthaler); Tabak (der beste deutsche bei
Mannheim); Hanf zwischen Freiburg und Rastatt, Hopfen (bei
Schwetzingen gleich dem besten bayerischen), Krapp, Obst, selbst Kasta-
nien und Mandeln in den warmen südlichen Thälern. Viel Wald.
Viehzucht, namentlich Rindviehzucht wird auf den Bergweiden ge-
trieben.
Industrie. Baden ist kein Fabrikstaat wie Sachsen; doch gibt
es Fabriken in Tabak, Tuch, Baumwolle; auch hat Baden die größte
Rübenzuckerfabrik.deutschlands zu Waghäusel. Berühmt ist die Lack-
lederfabrik von Weinheim an der Bergstraße. Pforzheim ist in Deutsch-
land der Hauptsitz für Fabrication von Gold- und Silberwaaren. Im
Schwarzwalde sabricirt man Uhren, Spieldosen, Holzwaaren re. Haupt-
orte sind: Pforzheim und Lahr.
Der Handel umfaßt die Landesprodukte. Der Hauptplatz ist
Mannheim.
§ 114. _ 11. Kreise: Mannheim, Karlsruhe, Heidelberg, Baden, Lörrach,
Offenburg, Freiburg, Mosbach, Waldshut, Constanz und Villingen.
, Wertheim an der Mündung der Tauber in den Main, 2 sürstl. Schlösser.
Heidelberg, Fi. 22,000 E., Universität, .,die ländlich schönste der deutschen
Städte"; Ruine des Schlosses. Mannheim, Fl. 46,000 E., erste Handelsstadt,
neben Köln und Coblenz die bedeutendste am Rhein, Freihafen. Bruchsal,
10,000 E., ehemals Residenz der Bischöfe von Speier. Breiten, Melan-
chthon, geb. 1497. Karlsruhe, Residenz, 1715 gegründet, 44,000 E. Kunst-
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84
Das deutsche Reich.
Wein (durchschnittlich 800,000 pr. Eimer) gedeiht in der Pfalz und
Umerfranken, Hopfen in Ober- und Mittelfranken und in der Holladau,
nördlich von München*), Krapp in der Pfalz, das beste Süßholz
Deutschlands in Bamberg. Der Tabakbau in der Pfalz hat sich
vermindert. Viel Wald, 340/0 des Areals, befindet sich namentlich
im Osten und Süden der Monarchie, besonders in der Pfalz und
Oberbayern.
Die Viehzucht ist bedeutend; besonders in den Gebirgen Rind-
viehzucht, in den Ebenen und im Hügellande Pferde- und Schweine-
zucht. Käsefabr. im Allgäu.
Die Hauptplätze der Industrie find: Nürnberg, Augsburg, Fürth,
Schwabach. Baumwollenspinnerei treibt Schwaben, Holz-
schnitzarbeiten liefert Oberbayern (in Berchtesgaden und Ainmergau)
und Nürnberg, „Nürnberger Tand". Bierbrauereien des. in Mün-
chen, Erlangen, Kulmbach. Lederfabriken sind in Franken und
Schwaben, Gold- und Silberwaaren in Augsburg und München, die
besten Bleistifte in Nürnberg und Regensburg. Glasfabrication
ist besonders bedeutend im bayerischen Walde: die Glasschleifereien
und -Malereien nehmen in Deutschland den ersten Rang ein.
Der Handel wird durch gute Straßen und Eisenbahnen befördert.
Handelsplätze siüd besonders Nürnberg und Augsburg.
§ 118. 8 Regierungsbezirke.
1) Oberbayern: München, Fl., 500. m. ü. M. gelegen, 191,000 E.,
durch König Ludwig mit Kunstwerken geschmückt. Glyptothek, Pinakotheken, Ba-
varia, Königsbau, Arcaden, Universität, Polytechnikum berühmte Maler-
schule. Frauenhofers weltberühmtes optisches Institut; Senefelder, Erfinder
der Lithographie, 1796. Rosen heim, Fi., 6000 E. Traunstein an der
Traun und Neichenhall, Salinen. Berchtesgaden, in der Nähe des
Königssees, Holzschnitzwäaren. Oberammergau, nördl. von der Zugspitz.
Passionsspiele. Ingolstadt, Fl., 13,000 E., Festung. Freising, Fl, alte
Bischofsstadt. 8000 E.
2) Niederbayern: Landshut, Fl., 14,000 E. die alte Residenz der
bayerischen Herzöge. Pas sau an Donau und Inn, sehr malerisch gelegen,
13,400 E., Vertrag 1552. Straubing, Fl., 11.000 E. Deggendorf, Fl,
am Bayerwald, 6000 E., große Donaubrücke, lebhafter Handel. Am Fuße des
Arber berühmte Glashütten: Theresienthal, Rabenftein, Schachtenbach rc.
3) Oberpfalz und Regensburg: Regcnsburg, Fl, 32,000 E., von
1663 — 1806 Sitz des deutschen Reichstages, schöner Dom, Fabriken. Wal-
halla, Ehrentempel berühmter deutscher Männer. Amberg an der Vils,
13,000 E.
4) Schwaben und Neuburg: Nördlingen im Ries, 7000 E. Augs-
burg, Fl, 57,000 E., im 15. und 16. Jahrh. eine der reichsten Handelsstädte.
1530 Augsb. Confession. 1555 Religionsfriede. Hauptsitz des Handels- und
Wechselgeschäfts, bedeutende Fabriken: die größte Baumwollspinnerei und die
größte Kammgarnspinnerei Deutschlands, Maschinenfabr., Kattun- und Woll-
druckereien. 30,000 E. leben von der Industrie. Die Fuggerei. Kempten,
Fl, 11,000 E., Fabriken in Baumwolle, Leinwandhandel. Lindau am Boden-
see, Handel nach der Schweiz.
*) Ganz Europa producirt jährlich über 1 Mill. Ctr. Hopfen; davon
kommen auf Deutschland y2 (Bayern 225,000 Ctr., Norddeutschland 100,000 Ctr.,
Württemberg 100,000 Ctr., Baden 40,000 Ctr.), Oesterreich, namentlich Böhmen,
170,000 Ctr., England 300,000 Ctr., Belgien und Holland 175,000 Ctr., Frank-
reich 130,000 Ctr. u. a.
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- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Elsaß-Lothringen.
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§ 119, 5) Mittelfranken: Rotenburg an der Tauber, 5400 E.,
die weitaus alterthümlichste, deutsche Stadt in gothischem Stil des 14. u. 15.
Jahrhunderts. Ansbach, Fl., 13,000 E., A. v. Platen geb. 1796; bedeutende
Industrie. Solnhofen, Fl., die berühmtesten lithographischen Steine. Schwa-
bach, Fl., 7000 E., 48 Nadelfabrikanten. Nürnberg, an der Pegnitz,
91,Ooo E., mit bestimmt ausgeprägtem deutschen Charakter. Lorenz- und
Sebalduskirche. Erste Industriestadt des Landes: „Nürnberger Tand" außer-
dem Metall-, besonders Messingwaaren, Ultramarinfabr. Maschinen- und Eisen-
bahnwagenfabr., berühmteste deutsche Bleiftiftfabr. (Faber) im nahen Dorfe
Stein. Leonische Maaren. Erste Dampfeisenbahn Deutschlands für Personen-
verkehr von Nürnberg nach Fürth. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg
ist eine der Mutterftädte deutscher Knnftbildung: Dürer, Adam Krafft, Veit
Stoß, P. Bischer, H. Sachs, M. Behaim, P. Hele und Homann. Centralplatz
des festländischen Hopfenhandels. Fürth, Fl., 27,000 E., sehr bedeutende
Fabriken: Metallschlägerei, Metallwaaren, Spiegel, Uhren, Galanteriewaaren rc.
Erlangen, Fl., 12,500 E., am Anfänge des Ludwigscanals. Universität.
Sehr große Spiegelfabrik.
6) Oberfranken: Baireuth, 19,000 E., Fl., Industrie und Handel.
Hof, Fl.. 16,000 E., Handel, Fabr. Bamberg, Fl.. 27,000 E., roman. Dom,
Handel, blühender Gartenbau. Wunsiedel im Fichtelgeb., Jean Paul geb.
1763.
7) Unterfranken: Sch weinfurt, Fl., 11,000 E. Farbenfabr. (Schwein-
furter Grün). Rückert geb. 1789. Würzbllrg, 45,000 E.. Fi., eine Bischofs-
stadt mit Renaissancebauten. Universität, Fabr, Weinhandel. Aschaffen-
burg, Fl., 11,000 E. Kissingen an der Rhön. Bad.
8) Rheinpfalz: Epcier, Fl., 13,000e., roman.dom, Freihafen, Tabak-,
Wein-und Krapphandel. Ludwigshafen, Fl., 12,000 E., Freihafen, Mann-
heim gegenüber. Frankenthal, 8000 E., bedeutende Fabriken. Neustadt
an der Hart, 10,000 E., Fabriken. Landau, am Fuß der Hart, 6700 E.,
Cigarrenfabrik. Pirmasens, 8000 ^E., bedeutende Uhrglasfabr. Schuh-
macherei ist der wichtigste Erwerbszweig der Stadt. Zweibrücken, 8400 E.,
Fabriken. St. Ingbert, 7300 E., gehört zu den bedeutendsten Eisenwerken
des Zollvereins. Kaiserslautern an der Quelle der Lauter, 23,000 E.,
sehr bedeutende Baumwollspinnereien, Cigarrenfabr.
Zur Orientirung: 1. Städte an der Donau; 2. auf der Hochebene; 3. am
Main; 4. an der Rednitz; 5. am Rhein.
Schlachtfelder: Lechfeld 955, Melrichstadt an d. Rhön 1078, Göllheim
im Westrich 1298, Mühldorf am Inn 1322, Nördlingen 1634, Höchstädt 1704,
Dettingen 1743, Hohenlinden 1800, Abensberg 1609.
§ 120. 5. Das Reichsland Elfass-Lolhrmgen.
264 Qm. 1,550,000 E. 5887 auf 1 Qm.
Von dem Reichslande bildet das Elsaß ein Gegenstück zu Baden,
während Lothringen sich in Natur und Gewerbe an die westliche Rhein-
psalz, das s. g. Westrich anschließt. Von der Gesamtbevölkerung sind
1,340,000 Bewohner deutsch und zwar im Elsaß bis zum hagenauer
Forst allemannisch, in Lothringen fränkisch, 210,000 Bewohner gehören
namentlich in Lothringen dem französischen Sprachstamme an. Das
Unterrichtswesen ist deutsch umgestaltet, eine Universität in Straßburg.
Produkte. Die nordwestliche Ecke des Reichslandes Lothringen
auf dem linken Moselufer liefert am meisten Eisensteine, im nördlichen
Lothringen, bei Saarbrück, sind einige Steinkohlengruben. 6 kleine
Salinen in Lothringen. Unter den zahlreichen Mineralquellen werden