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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bis zum Interregnum - S. 152

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 152 — zusammen. Diese Versammlungen wurden natürlich im Gotteshause gehalten. Die Kirchen der Bischofssitze hießen Kathedralen oder Dome. Die an ihnen amtierenden Geistlichen, auch Domherren genannt, bildeten das Domkapitel. Die Mitglieder wohnten vielfach in einem bestimmten Gebäude nach einer Lebensregel, die Bischof Chrodegang von Metz aufgestellt hatte. Später besaß jeder meist eiue besondere Wohnung und führte infolge reicher Einkünfte als vornehmer Herr ein behäbiges Leben. Schöne Kirchen erhielten auch den Namen Münster, doch führen ihn solche, die nie mit einem Kloster (monasterium) in Verbindung standen, mit Unrecht, so auch das Straßburger Münster. Jede einzelne kirchliche Gemeinde, der als Priester ein Pfarrer vorstand, hieß eine Parochie; eine Vereinigung mehrerer bildete ein Dekanat und eine größere Gruppe, die sich gewöhnlich auf den Bezirk der alten Gaugrafschaften erstreckte, ein Archidiakonat. Daher kamen die Amtsbebezeichnungen Dekan, Dechant, Erzdechant. Die Besetzung der hohen geistlichen Ämter erfolgte in Deutschland lange Zeit durch die Köuige, namentlich unter Otto I. Nicht immer legte man dabei aus die Würdigkeit des Empfängers das Hauptgewicht. Die bei Vergebung von Lehen übliche Sitte, Geschenke zu geben, bürgerte sich auch in der Kirche ein, und zuweilen gelangten Männer auf einen Bischofssitz, weil sie am meisten dafür boten. Man bezeichnete diesen Übelstand nach dem in der Bibel genannten Simon, der von den Aposteln die Gabe, Wunder zu tun, für Geld erkaufen wollte, Simonie. Am schlimmsten war sie in Italien verbreitet. Auszurotten fuchte das Übel der Papst Gregor Vii., der überhaupt dem deutscheu Könige das Recht, die geistlichen Ämter zu besetzen, nehmen wollte, was zwischen Papst und Kaiser, wie wir später sehen werden, zu einem furchtbaren Kampfe führte. d) Der Papst. Die Oberhoheit über die Kirche beanspruchte der Bischof von Rom, der Papst genannt. Ihm hatte Bonisatius auch die deutsche Kirche untergeordnet. Trotzdem blieb sein Einfluß auf diese lauge Zeit gering, wenn sie auch zu Rom im Verhältnis einer Tochterkirche staub. Mächtige deutsche Könige leiteten wie das Staatswesen auch die kirchlichen Angelegenheiten, und eine päpstliche Oberhoheit winde nicht allgemein anerkannt. Ihr widerstrebten auch in ihrem starken Unabhängigkeitsgefühl die deutschen Kirchenfürsten. Das einzige Vorrecht, das der Papst als Oberhirt

2. Bis zum Interregnum - S. 168

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 168 — aus verliehen und so von der weltlichen Regierung völlig unabhängig gemacht werden. Das glich einer Revolution, und es entbrannte infolgedessen der furchtbare Juvestiturstreit, der ungefähr 50 Jahre lang erbitterte Kämpfe heraufbeschworen hat. Es wird Gregor nachgesagt, daß er bei seinem Vorgehen nicht vou Ehrgeiz oder persönlicher Herrschsucht geleitet worden sei. Ihm schwebte als Ideal die Weltherrschaft der Kirche vor Augen, und in dem Ringen nach diesem Ziele kannte er keine Rücksichten. Das zeigte sich auch in der Forderung des Cölibats, die er zum Kirchengesetz erhob. Weib und Kind mußten die verheirateten Geistlichen verstoßen, damit sie durch nichts, durch keine Sorge für die Familie, durch keine Verbindung mit weltlicher Ordnung von dem Interesse für die Kirche abgezogen würden, sondern ihr ganz angehörten. Und als sich unter ihnen ein gewaltiger Sturm gegen die päpstliche Forderung erhob, wandte sich Gregor an das Volk, verbot, bei ungehorsamen Priestern die Messe zu hören, und erklärte alle ihre Amtshandlungen für ungültig. Das half. Gregor blieb Sieger. c) Heinrich Iv. Als Gregor die Weltherrschaft aufzurichten suchte, hatte den deutschen Thron Heinrich Iv. mite. Beim Tode des Vaters erst 6 Jahre alt, war er in seiner Jugend allzusehr deu Einflüssen fremder Personen preisgegeben. Seine Mutter Agnes, der die vormundschaftliche Regierung zufiel, besaß eine fromme, streng kirchliche Gesinnung, aber als Regentin war sie zu willensschwach, und die Großen des Reiches, die Grafen und Herzöge, waren vielfach geneigt, den Druck abzuschütteln, der unter Konrad Ii. und Heinrich Iii. auf ihnen gelastet hatte, und so ihre eigene Macht zu erweitern, statt die Interessen des Reiches zu fördern. Bald suchte man ihren Händen die Zügel der Regierung zu entwinden. Dies gelang zuerst dem Erzbischof Anno von Köln. Er entführte den jungen Kaiser von Kaiserswerth nach Köln und maßte sich die Gewalt über ihn und zugleich die Regierung an. In der Erziehung ließ er sich freilich die ärgsten Mißgriffe zu schulden kommen. Er war eine kalte, stolze Ratnr, war streng, ja hart gegen seinen Zögling, weshalb es wiederholt zu heftigen Entzweiungen kam. Statt den leidenschaftlichen Sinn des jugeudlicheu Fürsten in ruhige Bahnen zu lenken, nährte er Zorn und Haß. Schon l'/a Jahre später gelang es dem Erzbischof Adalbert von Bremen, sich an die Spitze der deutsch et t Regierung zu stellen. Er verstand den jungen König besser zu be-

3. Bis zum Interregnum - S. 172

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 172 — Fürsten, die vorwiegend selbstsüchtige Pläne verfolgten, versagten daher in dem Kampfe gegen den Papst, und im Volke hatte die cluniaeensische Bewegung das Ansehen der Kirche so bedeutend erhöht. daß es vom Kaiser abfiel. Die Kirche war mächtiger ge- worden als das Reich. Die Fürsten versammelten sich in Tribur zur Wahl eines neuen Königs; aber der Papst wollte keinen neuen, etwa durch den Anhang des Volkes mächtigen König, sondern einen tief gedemütigten. Daher kam nach langen Ver- handlungen nur der Beschluß zustande, daß Heinrich am Jahrestage des Bannsluchs die Freisprechung durch den Papst erlangt haben müsse, sonst würden sie über das Reich entscheiden. In dieser verzweifelten Lage entschloß sich der König zur Vußsahrt uach Italien, wodurch er gleichzeitig zu verhindern suchte, daß der Papst, wie er beabsichtigte, zur Beratung mit den Fürsten nach Deutschland käme. Wie wenig ehrlich es diese mit der Forderung der Freisprechung vom Banne meinten, ist daraus zu ersehen, daß sie die Alpenpässe von Süddeutschland aus versperrten, weshalb Heinrich den schwierigen Weg über die Westalpen wählen mußte und noch dazn im strengen Winter. In Oberitalien wurde er von den Bischöfen und Grafen mit Jubel empfangen; denn sie waren längst der Regierung Gregors überdrüssig und sehnten sich einen mächtigen deutschen König herbei. Aber das Heer, das sie Heinrich zur Verfügung stellten, wies er zurück. Wohl hätte er damit den Papst bezwingen können, aber nicht seine gefährlicheren Feinde, die deutschen Fürsten. Der Papst, der aus der Reise nach Deutschland begriffen war, flüchtete sich angesichts der feindseligen Haltung Oberitaliens in die feste Bnrg Kanossa. Dort standen sich im Januar 1077 die beiden größten Gegner jener Zeit gegenüber. Als mächtige Schirmherren der Kirche waren frühere Kaiser nach Italien gekommen; jetzt sehen wir einen deutschen Köuig im Büßergewaude im äußeren Burghost harren, um sich die Gnade des Papstes zu erbetteln. Es war eine ungeheure Schmach des deutscheu Königtums, und doch gab es für Heinrich damals keinen andern Ausweg, ja der Gang nach Kanossa beweist gerade, daß er in schwierigen Lebenslagen nicht mutlos war, er bezeugt im Gegenteil seine kühne Entschlossenheit. Indem er die Buße auf sich nahm, wandte er sich an den Papst als Priester, und als solcher durfte dieser einem reumütigen Christen die Gnade nicht vorenthalten. Damit durchkreuzte der Kaiser die Pläne einer päpstlichen Weltherrschaft

4. Bis zum Interregnum - S. 166

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 166 — ein und gab ihm ein ernstes Gepräge. Dennoch wurde Frömmigkeit und gute Sitte oft genug durchbrochen; denn der Reichtum vieler Klöster führte zum Wohlleben, und anderseits hatte auch nicht jeden Mönch innere Neigung und religiöses Bedürfnis zum Eintritt ins Kloster veranlaßt. 2\+ Aainxf Zwischen Kaisertum und papfttum* (Heinrich Iv. und Gregor Vii.) a) Kirche und Staat. Durch die Klosterreform verlangte die Kirche nach Befreiung von staatlicher Bevormundung und weltlicher Oberhoheit. Dieses Streben nach Selbständigkeit war nicht neu. Schon unter Karls d. Gr. Nachfolgern hatte die Geistlichkeit kühn ihr Haupt erhoben. Damals entstanden die sogenannten psendoisidorischendekretalen, eine Sammlung von Kirchengesetzen, die aus angeblichen Erlassen der ältesten Päpste zusammengestellt worden waren. In Wirklichkeit waren sie gefälscht und hatten den Zweck, dem Könige das Recht, die Kirchenversammlungen einzuberufen und die Richtergewalt über die Kirche zu üben, zu entziehen. Sie sollten, als das Reich zu zerfallen schien, die Selbständigkeit und die Einheit der Kirche retten. Lange wurden sie für echt gehalten, erst im 15. Jahrhundert hat man die Fälschung erkannt. Das Streben nach päpstlicher und kirchlicher Machterhöhung wurde unter den sächsischen Kaisern niedergehalten. Otto I schuf zwischen Königtum und Kirche ein festes Band und stützte durch diese Einheit seine Reichsverfassung. Auch die ersten Könige aus dem Stamme der' Franken oder Salier, die darauf zur Regierung kamen, wahrten entschieden ihre Hoheitsrechte über Papst und Kirche. In der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts aber entbrannte zwischen König- und Papsttum ein furchtbarer Kampf. Das Unglück wollte es, daß damals auf dem römischen Stuhle ein Mann von festem, eisernem Willen, auf dem deutschen Throne aber ein Knabe saß. Die beiden Gegner waren Papst Gregor Vii. und König Heinrich Iv. b) Gregor Vii. Gregor, nach seinem Familiennamen Hildebrand, einfachen Verhältnissen entstammend, war schon, bevor er selbst Papst wurde, fast 20 Jahre lang die Seele der päpstlichen Regierung. In ihm vereinigte sich mit politischer Klugheit eine

5. Bis zum Interregnum - S. 174

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 174 — doch im Gefühl eines Besiegten lebte. 1085 starb er in Salerno mit den Worten: „Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und das Böse gehabt, darum sterbe ich in der Verbannung." Sein Nachfolger Urban Ii. vertrat ebenso den Herrfchastsae-danken der Kirche, weshalb die Feindschaft zwischen Kaiser und Papst fortdauerte. Auch die inneren Kämpfe in Deutschland hörten mcht auf. Ein neuer Gegenkönig kam zwar nicht zur Geltung -leider mußte aber Heinrich erleben, daß sich sogar seine Söhne gegen ihn erhoben und ihn zur Abdankung zwangen. Von so schweren Lebenssorgen erlöste den Vielgeprüften 1106 der ^od Aber mich jetzt fand er keine Ruhe. Da er wieder mit dem Banne belegt und noch nicht freigesprochen worden war, versagte ihm die Kirche ein ehrliches Begräbnis. 5 Jahre mußte der Sarg auf ungeweihter Erde stehen, bis der Bann von dem Toten genommen wurde. Heinrich Iv. war ein hochbegabter Herrscher. Wenn er auch durch sein leidenschaftliches Wesen manche innere Verwicklung selbst verschuldet hat, so muß doch anerkannt werden, daß er in schweren Zeiten, in denen wohl ein schwacher Regent unterlegen wäre, den maßlosen päpstlichen Ansprüchen gegenüber die Krone mit Tapferkeit verteidigt und gerettet hat. Bei all seinen Sorgen fand er auch uoch Zeit zur Pflege der Kunst. So hat er den Kaiserdom zu Speyer vollendet und prächtig ausgestattet Vor allem war er auch ein Freund der Armen und Bedrängten, sie haben ihm ein dankbares Andenken bewahrt. f) Das Wormser Konkordat, ltntcr seinem Sohne Heinrich V. sand bei ^nvestiturstreit seine Lösung. Schon in den ersten Regierungsjahren kam zwischen Kaiser und Papst ein Vertrag zustande, nach dem jener unter der Bedingung aus die Investitur verzichten wollte, daß die Bischöfe und Geistlichen alle ihre Besitzungen und Rechte etn das Reich zurückgäben. Dagegen erhob sich aber unter deu Bischöfen ein Sturm der Entrüstung. Sie wollten sich ihrer weltlichen Macht nicht entäußern, so daß sich der Vertrag als undurchführbar erwies. Erst 1122 wurde der Streit durch das Wormser ^vnkordat endlich beigelegt. Der Kaiser verzichtete darauf, die Bischöfe und Reichsäbte zu ernennen, gestand dem Kapitel der Domherren und dem Klosterkonvent die freie Wahl zu und behielt sich nur das Recht, bei der Wahlhandlung anwesend zu sein oder einen Vertreter zu entsenden. Bei der Investitur übergab er künftig

6. Bis zum Interregnum - S. 175

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 175 — nicht mehr Ring und Stab, die Zeichen des Amtes, sondern nur das Zepter, das Sinnbild des weltlichen Besitzes. Die Gewählten empfingen also ihr Amt aus der Hand der Kirche, die weltlichen Hoheitsrechte aber vom Kaiser. Die Belehnung durch diesen hatte in Deutschland vor der kirchlichen Weihe, in Italien 6 Wochen nach derselben zu erfolgen. Es konnte also in Deutschland kein Bischof oder Abt gewählt und in sein Amt eingeführt werden, wenn die kaiserliche Investitur verweigert wurde. Auch in Italien wurde die Weihe nicht vollzogen, bevor man nicht von der kaiserlichen Bestätigung Gewißheit hatte. So war der wesentliche Teil des Jnvestitnrrechts dem Kaiser verblieben, mir eine andere Form gewählt. Damit behauptete sich der Staat neben der Kirche, und die Weltherrschaftsideen Gregors gelangten nicht zur Verwirklichung. 22. Das deutsche Königtum* a) Stellung des Königtums. Der deutsche Einheitsgedauke oder das nationale Bewußtsein gewann int Mittelalter nur langsam an Boden. Die altgerntanische Stammesgliederung wirkte im deutschen Volke lange nach. Darum fand das Königtum int Volksempfinden kein rechtes Verständnis; man war eher geneigt, sich den mächtigen Großen des Stammes, den Grafen und Herzogen, anzuschließen als dem König, der in der Ferne lebte und deffen Bedeutung schwer erkannt wurde. Daher kam der König gewöhnlich nur in seinem Stamme recht zur Geltung, im übrigen trat eine gewisse Abneigung oder wenigstens Gleichgültigkeit gegen ihn zutage. Die zeitgenössischen Schriftsteller brachten sie in nmnchent harten Urteil über einzelne Herrscher zum Ausdruck und scheutett sich sogar nicht, Tatsachen zu Ungunsten der Könige zu verdrehen. Sehr hart wurde z. B. von seinem eigenen Volke Heinrich Iv. beurteilt, man nannte ihn einen fluchwürdigen und verstockten Feind des Friedens, einen Verächter der göttlichen Gerechtigkeit. Seine Not, seine Bedrängnis schilderte man ntit auffallender Breite, kaum hatte man ein Wort des Mitleids für ihn. Als besonders hartnäckige Gegner des Königtums erschienen wiederholt die Herzöge und Fürsten, sie hemmten bei ihrem Streben nach Selbständigkeit die Erstarkung der nationalen Einheit. Kant es zu Empörungen, so war das Volk oft geneigt, sich auf die Seite der Aufrührer zu

7. Bis zum Interregnum - S. 177

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 177 — Anschauungen das ganze Volk; doch wurde es nur von den Großen, den geistlichen und weltlichen Fürsten, ausgeübt. Nach einer Vorbesprechung erfolgte die feierliche Stimmenabgabe. Dabei wurde es Brauch, daß einzelne Fürsten zuerst, also vor anderen, ihre Stimme abgeben durften. Die übrigen und das anwesende Volk bekundeten dann durch Zurufe ihre Zustimmung. Infolgedessen gewannen jene den maßgebendsten Einfluß aus die Königswahlen und wurden später die Wahl- oder Kurfürsten, die allein das Wahlrecht ausüben durften. Nach dem Verfassungsgesetz der „Goldenen Bulle" von 1356 waren es sieben, nämlich die Erzbischöfe von Mainz, Köln, Trier, der rheinische Pfalzgras, der Herzog von Sachsen-Wittenberg, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen. Zur Wahl zogen die Fürsten in der Regel nach dem Rheinlande, später wurde sie ausschließlich in Frankfurt ct. M. vorgenommen. Die Krönung erfolgte in Aachen. Der Erzbischof von Köln, dessen Vorrecht sie war, führte den König zum Stuhle Karls d. Gr., der sich im Münster befand. Er erhob sich auf einem steinernen Unterban, ztt dem fürtf Stufen hinaufführten. Der Herrscher war also bei der Thronbesteigung weithin sichtbar. Der feierlichen Handlung folgte ein festliches Kronungsmahl. c) Das deutsche Königtum und die römische Kaiserwürde. Der deutsche Kötttg war seit Otto I. zugleich Herrscher von Italien und römischer Kaiser. Doch erlangte er diese Würde erst durch päpstliche Krönung. Wenn er nach Beendigung dieser feierlichen Handlung mit dem Papste das Gotteshaus verlassen hatte, hielt er diesem altem Herkommen gemäß die Steigbügel. Das war ursprünglich eiue Ehrenbezeugung, die sich aus dem Brauch ent-wickelt hatte, daß man bei Prozessionen das Pferd des römisch eit Bifchofs nicht allein gehen ließ, sondern führte. Aus der Ehren-erweistmg leiteten aber später die Päpste ein Recht ab und forderten sie als Dienst. Ihre Ansprüche gingen sogar dahin, daß sie aus dem Rechte der Krönung die Befugnis folgern wollten, die Wahl des deutschen Königs zu bestätigen. Diesen Anmaßungen traten die deutschen Fürsten 1338 im Kurverein zurhense entgegen und setzten fest, daß auch die Kaiserwürde von Gott sei, daß der von ihnen gewählte König zugleich römischer Kaiser sei und der Bestätigung durch den Papst nicht bedürfe. Pätz old, Lehrbuch der Geschichte. I. Teil. 12

8. Bis zum Interregnum - S. 109

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 109 — nicht als Oberhaupt der Christenheit angesehen. Er war nur der oberste Bischof von Italien. Darum entbehrte die abendländische Christenheit auch völlig der Einheit. Man konnte vielmehr von besonderen Landeskirchen, von einer spanischen, longobardischen, fränkischen Kirche reden. Die Könige übten in den einzelnen Reichen auch über die Kirche die landesherrliche Gewalt aus. Da wurde Bouifatius der kirchliche Reformator. Obwohl seine angelsächsische Mutterkirche auch von Rom unabhängig war, setzte er sich doch mit dem Papst in Verbindung und kam nun zu den Deutschen im Auftrage Roms. Darin lag in seinem Bekehrungswerk etwas völlig Neues. Bei seiner zweiten Reise nach Rom wurde er daher dort mit großen Ehren empfangen, und er leistete als der erste nicht italische Bischof dem Papste den Eid des Gehorsams. Dann ordnete er das deutsche Kircheuweseu ganz nach römischem Muster, errichtete Bistümer und setzte Bischöfe ein, die in ihren zugewiesenen Bezirken die Leitung und Aussicht in kirchlichen Dingen führten. So verbreitete er nicht nur das Christentum, sondern brachte in das Kirchenwesen auch eine neue, feste, einheitliche Ordnung. Und seine organisatorische Tätigkeit entfaltete er nicht nur im Lande seiner Mission, in Hessen und Thüringen, sondern dehnte sie auch auf Bayern, später sogar auf das linksrheinische Gebiet, das heutige Frankreich, aus. Zum Erzbischof und geistlichen Oberhirten von Deutschland ernannt, verlegte er seinen Wohnsitz nach Mainz, dem trefflichen Mittelpunkte des Frankenreichs, hielt zur Durchführung der Kirchenordnung Kirchenversammlungen ab und übte strenge Kirchenzucht. Mit dieser Reformation hat Bonifatius die Selbständigkeit der deutschen Kirche vernichtet, sie vielmehr an Rom angegliedert und sie dem römischen Papst untergeordnet. Von Rom aus wurde nun die weitere Entwicklung des germanischen Christentums beeinflußt. Römischen Entscheidungen mußte sich fortan auch die deutsche Kirche fügen; mit römischem Geist wurde die christliche Lehre erfüllt. Sie und der deutsche Gottesdienst wurden in das Gewand der römischen Sprache gekleidet. Der römische Papst wurde zum Oberhaupt der gesamten abendländischen Christenheit erhoben und stieg zu bedeutender Machthöhe empor. Warum tat dies Bonisatius ? Was bewog ihn, sich ganz der römischen Kirche unterzuordnen? Geschah es nur deshalb, um in selbstverleugnender Unterwürfigkeit sich Rom gefällig zu erweisen? Nein. Ihm schwebte ein großes Ziel vor Augen: die Einheit

9. Bis zum Interregnum - S. 161

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 161 — feit loslösen. Das bedeutete aber eine Befestigung der Herrschaft des Papstes. c) Reform in Deutschland. In Deutschland stießen die clunia-eensischen Ideen zunächst auf starken Widerspruch. Man vermochte der äußeren Verfeinerung des Mönchslebens, namentlich aber der Abtötung der persönlichen Selbständigkeit kein rechtes Verständnis entgegenzubringen, zumal hier auch der Versall der Klosterzucht nicht so fühlbar war wie im Süden Europas. Zu Gegnern der Reform zählten vor allem auch die Bischöfe, die hier eine weit einflußreichere Stellung inne hatten als in Frankreich. Sie erkannten recht wohl, daß die von Cluny ausgehende Bewegung eine Erhöhung der päpstlichen Macht zur Folge haben müsse. Daher kam es, daß aus einer Synode zu Seligenstadt 1023 sogar der Beschluß gefaßt wurde, daß man zu einem Urteil der deutschen Kirchenfürsten die Entscheidung des Papstes nur mit Erlaubnis der Bischöfe anrufen dürfe, und erst, nachdem es bereits vollstreckt wäre. Es war ein Anlauf zu einer vom Papst unabhängigen deutschen Nationalkirche, er scheiterte aber, da der deutsche Kaiser diesen Schritt als Auslehnuug ansah. Auf die Dauer konnte sich daher Deutsch land der cluuia-censischen Bewegung nicht entziehen. Im ganzen Volksleben des Mittelalters herrschte ein tief religiöser Zug. Er trat besonders stark hervor, als das erste Jahrtaufeud der christlichen Zeitrechnung zu Ende ging. Man erwartete nämlich damals auf Gruud der Bibel, die von dem Bestehen eines tausendjährigen Weltreichs redet, den Untergang der Erde. Die religiöse Erregnug, in der sich infolgedessen das Volk befand, steigerte sich bei vielen zur krankhaften Überreizung der Nerven. Sie waren übereifrig in allerhand Bußübungen, während andere angesichts des nahen Endes aller Dinge sich ganz dem Sinnengennsse Hingaben. In einer solchen Zeit konnte eine Bewegnng, die eine Vertiefung des religiösen Lebens bezweckte, nicht unbeachtet bleiben. Weltsinn Hatte ja auch in deutschen Klöstern Eingang gefunden. Deshalb war schon von Otto I. eine Verbesserung der Klosterzucht ins Auge gefaßt worden, vor allem aber trat Heinrich Ii., der letzte sächsische Kaiser, als Reformator des Klosterlebens auf. Er forderte strenge Durchführung der Benediktinerregel. Wenn die Äbte sich nicht fügen wollten, fetzte er sie ab und ueite ein, oder er nahm den Klöstern ihren Besitz und gab ihn als Lehen an dienstwillige andere Herren. Einer reichen Abtei entzog er z. B. Pätzold. Lehrbuch der Geschichte. I. Teil. 11

10. Bis zum Interregnum - S. 167

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 167 — zähe Willenskraft, mit der er das eine Ziel fest im Auge behielt, die päpstliche Herrschaft nicht nur unabhängig von der kaiserlichen zu machen, sondern sie weit über diese zu erheben. Schon unter Papst Nikolaus Ii. setzte er durch, daß neue Bestimmungen über die Papstwahl erlassen wurden. Bisher war das Oberhaupt der Kirche vom römischen Volke gewählt worden, und der Kaiser hatte seine Zustimmung gegeben oder aus eigener Machtvollkommenheit einen Papst ernannt. Nunmehr sollte die Wahl lediglich durch die Kardinäle vorgenommen und das Ergebnis dem Kaiser angezeigt werden. In den neuen Bestimmungen wurde gleichzeitig betont, daß nicht der Kaiser, sondern der Papst Herrscher von Rom und daß dieser aus dem römischen Sprengel zu wählen sei. Damit sollte der deutsche Einfluß in Italien zurückgedrängt werden. Um einen Rückhalt zu haben, brachte Hildebrand einen Bund mit dem Normannensürsten Robert Gniscard, der sich in Unteritalien festgesetzt hatte, zustande. Er wurde als Herzog von Apulien und Calabrien bestätigt und erhielt die Länder vom Papst als Lehen gegen die Verpflichtung, ihn zu schützen. Das alles geschah unter geschickter Benutzung und Auslegung von Sätzen aus den psendo-isidorischen Dekretalen. Als nun Hildebrand 1073 selbst als Gregor Vii. den römischen Stuhl bestieg, begann eine Zeit des gewaltigsten Anfstrebens der päpstlichen Macht. Er suchte die Weltherrschaft zu erlangen, maßte sich an, weltliche Fürsten, sogar den Kaiser absetzen und die Untertanen vom Treueide entbinden zu können. Rücksichtslos sührte er daher auf der Fastensynode zu Rom 1075 vernichtende Schläge gegen das Kaisertum. Er belegte eine Anzahl Räte des deutschen Königs und drei deutsche Bischöfe mit dem Bann, weil er sie der Simonie beschuldigte, vor allem aber erließ er das Verbot der Laieninvestitur. Bisher waren die geistlichen Ämter oom König vergeben worden. Er besaß das Recht der Investitur, d. H. er sührte Bischöfe und Äbte in ihr Amt ein, belehnte sie mit dem weltlichen Besitz und überreichte ihnen die Zeichen ihrer Würde. Und da infolge der Ehelosigkeit der Geistlichen eine Erblichkeit dieser Lehen ausgeschlossen war, besaß der deutsche König darin ein Mittel, immer von neuem reichstreue Männer in diese Ämter einzusetzen. Mit dem Verbot der Laieninvestitur nahm ihm nun Gregor das Recht, seine Beamten zu ernennen, und brachte dadurch die Grundlage der deutschen Reichsordnung ins Wanken. Die hohen geistlichen Ämter sollten fortan von Rom
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