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1. Bd. 2 - S. 242

1854 - Leipzig : Engelmann
242 Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. „Die Macht und der Reichthum Englands wuchs mit jedem Jahr, das Fabriksystem, die Gewerbe, alles, was Geld giebt und mit Geld bewirkt wird, blühte, die Reisenden konnten nicht satt werden, zu loben und zu bewundern, sie sahen nur die Oberfläche, die mit Goldblech bedeckt war. Den Jammer der Millionen Irlands vergaß man über Pracht- gebäuden , Gallerien, Bewirthung der wenigen Reichen; die Lhräncn der von speculiren- den Pächtern vertriebenen Schotten flössen im Stillen; das Elend, die Qual und die Laster der Tausende vonkindern und unglücklichen Arbeitern in den Fabriken bemerkte Nie- mand, denn die Paläste der Fabrikherren und die Aussuhrlisten blendeten den gierigen Hausen. Unstreitig verbreitete sich damals mehr wie jetzt auch über den Mittelstand große Behaglichkeit und selbst Reichthum; aber dieser Mittelstand gewöhnte sich zugleich an ein- gebildete und künstliche conventionelle Bedürfnisse und ward Affe und Sclave der Reichen. Mit dem wachsenden Reichthum mehrten sich die Lasten, und die Erfinder aller Maschinen erfanden endlich eine Maschine der Besteuerung, die früher oder später in allen Ländern allen Besitz in die Hände weniger Reichen, Wucherer, Speculanten, der Regierung und ihrer Creaturen bringen wird."----- „Schottland ward inniger mit England vereinigt, die ödesten Gegenden wurden angebaut, große Capitalien angewendet, um nach neuem System, nach den Grundsätzen einer ganz neuen Wissenschaft zu benutzen, was bisher gar nicht, oder nur nach alter Sitte unvollkommen bebaut war. Die Cultur Englands ver- breitete sich über ganz Schottland, bequemes und behagliches Leben trat in ganzen Gegen- den an die Stelle der Armseligkeit und des Mangels, welche sie vorher gedrückt hatte. Der Reisende bewunderte die umgeschaffenen Haiden und Moore, der Wohlstand, die Reinlich- keit und Nettigkeit entzückte ihn, er verkündigte bei seiner Rückkehr im Vaterlande die Blüthe der Manufacturen und Fabriken. Reichthum, Glanz, Gastfreundschaft englischer Gutsbesitzer waren sprichwörtlich, ein reicher, großartiger Engländer Theatergott aller Romane; aber gerade über das, worüber die Reisenden und die Menge jauchzen, klagt der denkende und einsame Forscher, daß alle Poesie des Lebens dem Gelbe gewichen sei. Die einst glücklichen, wenn gleich sehr armen Vasallen der Güterbesitzer mußten nach wenigen Jahren den geliebten Boden neuen betriebsamen Pächtern überlassen, sie schieden im Jam- mer von den Gräbern der Väter und von der Erinnerung der Vorzeit, um in Amerika eine Freiheit ohne Geschichte, ein Glück ohne Poesie zu suchen. Mit dem Patriarchalischen und Wilden entwich der heroische Sinn, verschwand das Leben der Armuth und Natur; Geld ward überall einziges Ziel des Strebens, und jetzt gilt von der Tiber bis zum äußersten Thule nur Geld allein, es herrscht nur Schmutz des Erwerbs." 2. Der Norden und Osten Europa's. r») Der große nordische Krieg 0*4»**—1918). §.640. Karl Xii. und seine Gegner. Schweden stand bei dem Tode Karls Xi. auf dem Höhepunkt seiner Macht. Der staatskluge Despotismus des Königs hatte der Krone unumschränkte Gewalt verliehen, die vollständige Einziehung des entfremdeten Kronguts (§. 589.), verbunden mit der Sparsamkeit des Monarchen, hatte die Staatskasse gefüllt und die Abtragung der Schulden und die treffliche Ausrüstung des Heeres und der Flotte möglich gemacht. Im Besitze der Küstenländer und der reichen Städte Wismar,Stralsund, Stettin,Riga und Reval beherrschte Schwe- den den Handel der Ostsee und deckte die Armuth des eigenen Landes durch

2. Bd. 2 - S. 253

1854 - Leipzig : Engelmann
253 Das Zeitalter Ludwigs Xiv. schen Königsgesetz, ein Verfahren, das in der neuesten Zeit seine blutigen Früchte getragen hat. — August Ii. wurde als König von Polen anerkannt. Am längsten dauerte der Krieg mit Rußland. Erst als Peter die schwedische Küste mit Feuer und Schwert barbarisch verheeren ließ, willigte endlich die Regierung im Frieden von Nystädt in die Abtretung der reichen Provinzen Jngermanland, Esthland, Lievland und eines Theils von Ca re lien an die Russen gegen die geringe Entschä- digung von zwei Millionen Thaler. §. 650. 2) Rußland. Wie ganz anders ging Rußland aus dem Kampfe hervor. Der Zaar, der nunmehr den Kaisertitel annahm, hatte seinem Reiche blühende, cultivirte Länder erworben, seiner neugegründeten Seemacht zwei Meere erschlossen, die wenig bevölkerte Provinz Jngermanland durch erzwungene Uebersiedelung volkreich gemacht, Petersburg, das der europäischen Cultur naher lag als Moskau, zum Sitz der Regierung und zur Hauptstadt des Reiches erhoben und durch großartige Anlagen und Bauwerke in Aufschwung gebracht. Durch Anlegung von Canälen und Landstraßen erleichterte Peter den inner» Verkehr seines unermeßlichen Reiches; mit den Seestaaten des Auslandes wurden direkte Handelsverbindungen angeknüpst und zu dem Ende Seehäfen angelegt und die Schiffahrt befördert. Gewerbe und Manufakturen erfreuten sich besonderer Begünstigungen und neu erschaffene Berg we rke för- 4 derten den inneren Reichthum des Landes zu Tage. Dies hatte zur Folge, daß am Ende des zweiundzwanzigjährigen Krieges der russische Staat nicht nur schul- denfrei war, sondern das Finanzwesen sich in so gutem Zustande befand, daß der Kaiser unmittelbar nachher einen Krieg gegen Persien, hauptsächlich für 1722-24 Handelszwecke, unternehmen konnte. Auch die ganze Verwaltung des Reichs bekam durch Peter eine neue Gestalt. An die Stelle des alten Bojarenhofs trat der vom Kaiser abhängige und von ihm ernannte Senat als oberstes Reichsgericht in Petersburg; und in den Ukasen wurde nicht mehr wie früher der Zustimmung der Bojaren zu dem Willen des Souveräns gedacht. Zehn neue Regierungs-Kollegien mit bestimmtem Geschäftskreis leiteten die Verwaltung in den Provinzen. Eine nach französischem Muster eingerichtete Polizei sicherte die Hauptstadt, aber leider glaubte Peter, daß eine geheime J n- quisitionskanzlei auch zur guten Polizei gehöre, und ließ daher dieses von Iwan Wasiljewitsch gegründete schreckliche Institut bestehen. — Ja selbst eine Akademie der Wissenschaften wurde in Petersburg gegründet, aber von ihren gelehrten Forschungen hatte das rohe Volk keinen Gewinn. — Eine der folgen- reichsten Neuerungen Peters des Großen war die Aufhebung der Patriar- 1700. chenwürde und die Errichtung der h e i l i g e n S y n 0 d e als oberster Kirchen- behörde, welcher der Kaiser Verhaltungsbefehle ertheilte. Eine nach dem Tode des Patriarchen Adrian von Peter angeordnete zwanzigjährige Verwesung sei- ner Stelle hatte das Volk zuvor eines kirchlichen Oberhauptes entwöhnt. Hätte Peter noch seinen Plan, dem ganzen Reiche ein allgemeines Gesetzbuch zu ver- leihen, ausgeführt, so wäre die Staatsorganisation zur Vollendung gebracht wor- den. — Aber wie viel Peter auch für Cultivirung seines Landes that, er selbst blieb bis an das Ende seines Lebens ein der Völlerei und rohen Sinnesgenüssen ergebener Despot. Eine zweite, in Begleitung der Kaiserin Katharina unternom- mene Reise durch Deutschland nach Holland und Frankreich bewies, wie weit noch die russischen Sitten hinter der europäischen Civilisation zurückstanden; und Pe- ters Verfahren wider seinen einzigen Sohn Alex ei, auf den er die Abneigung gegen dessen verstoßene Mutter übertragen, zeugt von der harten Gemüthsart des Machthabers. Durch Trotz und störrisches Wesen hatte Alexei die Liebe seines

3. Bd. 2 - S. 391

1854 - Leipzig : Engelmann
Das französische Kaiserreich. 391 recht des Bauern an den Grund und Boden, machte den Druck erträglicher. Wohl war das Conscriptionsgesetz wahrend der blutigen Kriege eine schwere Auchtruthe und die directen und indirecten Steuern (Oioits reunis) eine große Last, aber dennoch mehrte sich die Bevölkerung und der Wohlstand, weil der gemeine Mann ein Eigenthum besaß und das Gefühl persönlicher Freiheit ihn zur Thatigkcit anspornte. Wohl war die drückende Continentalsperre, wodurch der englische Handel ruinirt werden sollte, eine harte Plage, die das unsittliche Gegengift eines großartigen Schleichhandels nothwendig machte — aber im Innern des mächtigen Kaiserreichs blühte der Handel ohne hem- mende Schranken und an Geld war Uebersiuß. Die Industrie schritt mit Riesen- schritten voran, bürgerliche Künste nahmen einen gewaltigen Aufschwung, Ge- werbschulen bildeten Handwerker, die bei dem allgemeinen Wohlstand prospe- rirten und wohlhabend wurden. Die praktischen Wissenschaften fanden Schutz und Beförderung und erreichten eine hohe Blüthe, und selbst Poesie und drama- tische Kunst ermangelten nicht der Aufmunterung, wenn gleich Frau von Stack, die Dichterin der Corinna, aus Paris verbannt ward. Großartige Straßen, wie die über die Alpen, Kanäle, Brücken und Anlagen aller Art sind noch heut zu Tage sprechende Denkmale der rastlosen Thätigkeit dieses merkwürdigen Man- nes. In Paris erhoben sich glänzende Paläste, majestätische Brücken und herr- liche Straßen; im Louvre war Alles vereinigt, was die Kunst irgendwo Großes und Herrliches geschaffen hatte, die französische Hauptstadt prangte in nie gesehe- ner Pracht. Der Ruhm, der von dem Kaiser der Nation verliehen wurde, machte dieser jedes Joch leicht; sie vergaß, daß unter dem Geräusche der Waffen und unter dem Schall der Trompeten die Sprache der Freiheit verhallte und daß der hochtrabende Ton der Schlachtberichte (Bulletins) und die Prunkreden des Senats und des gesetzgebenden Körpers Wahrheit und Aufrichtigkeit vertilgten. 3. Der dritte Coalitionskrieg. §.746. Die neue Coalition. Während die Engländer den Wieder- ausbruch des Kriegs mit Frankreich benutzten, um holländische und franzö- sische Schiffe unerwartet wegzunehmen, ließ Bonaparte seine Truppen unter Mortier an die Weser rücken, um das dem englischen Könige zugehörende Kurfürstenthum Hannover zu besetzen. Volk und Heer waren entschlossen, Gut und Blut an die Vertheidigung des Vaterlandes zu setzen, aber der selbstsüchtige Adel und die feige Beamtenwelt zogen eine schmachvolle Capitu- lation , die das ganze Land bis an die Elbe den Franzosen preis gab, einem ehrenvollen, möglicherweise mit Verlusten verbundenen Kampfe vor. Knir- schend mußte sich die tapfere Armee zuerst über die Elbe ins Lauenburgische zurückziehen und dann in die von der mattherzigen Regierung befohlene Auflösung willigen. Waffen, Kriegsvorräthe und treffliche Pferde kamen in die Hände der Franzosen, die nunmehr das Land mit ihren Truppen besetzten und durch Kriegssteuern und Lieferungen aussogen. Viele von Muth und Ehrgefühl erfüllte und von Vaterlandsliebe beseelte Männer flüchteten sich nach England, wo sie in die Reihen der „deutschen Legion" traten und die angestammte Tapferkeit in manchen Gefechten fern von der Heimath be- währten. Mai 1803.

4. Bd. 2 - S. 393

1854 - Leipzig : Engelmann
393 Das französische Kaiserreich. erhielten. In Lucca blieb die Regierung Elisa's und ihres Gemahls in gutem Andenken. Sie war voll Thätigkeit und guten Willens. Der Code Napoleon wurde eingeführt, die Wohlthätigkeitsanstalten und Gefängnisse, das Erziehungswesen der höhern Stände wie die Elementarschulen für das Volk und namentlich die Landgemeinden, Ackerbau und Ge- werbe erfreuten sich gleichmäßiger Beachtung und verständiger Umgestaltungen. Besondere Aufmerksamkeit ward dem Straßen- und Wasserbauwesen zu Theil; die reizenden Anlagen im Thal der Lima bei den luchesischen Bädern entstanden damals; die Stadt verdankt dieser Zeit und Regierung unendliche Verschönerungen. Elise verfocht die Interessen ihres Landes gegen die französischen Anmaßungen und gegen die Machtgebote ihres kaiserl. Bruders. — Auch der römische Fürst Borghese, der zweite Gemahl der schönen, leicht- fertigen Pauline (Leclercs Wittwe), erhielt bedeutende Länderstrecken; und Genua wurde gezwungen, um Einverleibung der Republik Lig urien mit Frankreich zu bitten. Piemont, auf dcssen Rückerstattung an den ehemaligen Besitzer der Kaiser von Rußland fortwährend gedrungen, blieb bei dem Kaiserreich. tz. 747. Austerlitz. Wahrend die Aufmerksamkeit von ganz Europa nach der Westküste von Frankreich gerichtet war, wo Napoleon Schiffe aller Art mit großer Thatigkeit ausrüsten ließ und ein großartiges Heerlager in Boulogne sammelte, um, wie man glaubte, eine Landung an der engli- schen Küste zu linternehmen, traf er in aller Stille seine Anstalten zu dem denkwürdigen Feldzug von 1805. Nie strahlte Napoleons Feldherrntalent und militärisches Genie in glänzenderm Licht, als bei dem mit raschem Geist und richtigem Blick entworfenen und mit Schnelligkeit und Glück ausgeführ- ten Plane dieses Kriegszugs. Des Beistandes der meisten süddeutschen Für- sten versichert, setzte Napoleon im Herbste mit sieben von den erfahrensten Feldherren, wie Ney, Lannes, Marmont, Soult, Mürat u. A. befehligten und aus den geübtesten Truppen bestehenden Heerabtheilungen über den Rhein, um den in Bayern eingerückten Oeftreichern entgegen zu ziehen. Jndeß Bernadotte, um sich mit den Bayern zu verbinden, ohne Rücksicht auf Preußens Neutralität durch das Gebiet der Brandenbur- gischen Markgrafschaft Anspach nach der Isar vordrang und da- durch den schwankenden Friedrich Wilhelm Iii., der sich bisher bald den Franzosen bald dem ihm persönlich befreundeten Kaiser von Rußland ge- nähert, so beleidigte, daß sich dieser zur Unrechten Zeit zum Anschluß an die Coalition entschloß, rückte Napoleon in Schwaben ein. Die Kurfürsten von Baden, Würtemberg und Bayern verstärkten mit ihren Truppen die Heere des übermächtigen Feindes, von dessen Gunst sie eben so viel zu hoffen als von seinem Zorn zu fürchten hatten. Aehnliches thaten die Herzoge von Hessen, Nassau u. A. Nach dem glücklichen Treffen, das Ney bei Elchingen bestand, wurde der östreichische Obergeneral Mack in Ulm eingeschlossen und von dem Hauptheer abgeschnitten. Rathlos und an aller Rettung verzweifelnd knüpfte der unfähige, von muthlosen Edelleuten um- gebene Feldherr mit dem Sieger Unterhandlungen an, welche die schmach- volle Capitulation von Ulm zur Folge hatten. Durch diesen ehrlosen Ver-so. Oct. trag geriethen 33,000 Oestreicher, darunter 18 Generäle, in Kriegsgefangen-

5. Bd. 2 - S. 462

1854 - Leipzig : Engelmann
462 Die Zeit des heiligen Bundes, Verar- smurig. 1819. Irland. Vortheilhafte Handelsverträge mit den meisten Staaten Europa's und Amerikas gewährten der britischen Industrie, die unter dem Schutze eines freien Staatslc- bens einen nie gesehenen Aufschwung nahm, einen großen Markt. Durch seine festbegründete Verfassung mit Druck- und Redefreiheit und genauer Be- grenzung der Volks- und Königsrechte und durch die lebendige Achtung vor dem anerkannten Gesetz erregte England den Neid der andern Nationen. Aber bei die- ser hohen Macht und Blüthe nach Außen litt der Staat an unheilbaren Wunden: 1. Wahrend ein kleiner Theil des Volks unermeßliche Reich thümer aufhaufte, sank die große Masse zur drückendsten Armuth herab. Die kostspieligen Land- und Seekriege und die unermeßlichen Hülfsgelder, die den Regierungen des Festlandes gewahrt wurden, steigerten die Nationalschuld aus beinahe 900 Millionen Pfd. St., so daß die Jahreszinsen gegen 34 Mill. Pfd. betrugen. Diese enorme Schuldenlast, verbunden mit einer verschwenderischen Hofhaltung, trieb die Staatsausgaben zu solcher Höhe, daß nur durch eine stets zunehmende Besteuerung der Handelsartikel, Lebensmittel, Einkünfte (Einkommensteuer), Hauser und Grundbesitzungen die nöthigen Sum- men aufgebracht werden konnten. Dies hatte die Verarmung des kleinen Land- eigenthümers und der Gewerbsleute von geringem Capital zur Folge; der Grund- besitz kam in die Hände begüterter Edclleute, die durch gesteigerten Pachtzins und durch Erwirkung von Korn gesehen gegen jede Einfuhr fremden Getreides ihre Einkünfte zu mehren wußten; die Industrie siel den reichen Fabrikherren anheim, die durch Ausdehnung des Geschäfts die weniger Bemittelten überflügelten; so verschwand allmählich der H an d we rk er st an d; der bürgerliche Mittelstand, der Kern jeder Nation, nahm ab, wahrend die Zahl der Fabrikarbeiter, die von der Hand zum Mund leben, auf bedenkliche Weise sich mehrte. Schwere den Ge- meinden auferlegte Armen steuern und zeitweise Zuschüsse der Regierung ver- mochten dem Elende nicht zu wehren; zumal da das Festland, das wahrend der Eontinentalsperre seine eigenen Kräfte gebrauchen gelernt, sich eine eigene Industrie schuf und den englischen Waaren einen weniger günstigen Markt bot als sonst. Von Noth und Mangel getrieben versuchten die Proletarier wiederholt durch Aufstande sich eine bessere Lage zu erkämpfen, aber ihr ungesetzliches Beginnen schlug jedesmal zu ihrem Schaden aus. Leicht wurde der wehrlose Haufen von der Militärmacht zu Paaren getrieben; allein die blutige Züchtigung der Insurgenten in Manchester hat der Regierung harten Tadel zugezogen. Die Suspensi on d e r H a b ea s - C o rpusakte (§. 622.), ein Mittel, zu dem schon Pitt wiederholt schreiten mußte, wurde mehrmals zur Dampfung dro- hender Aufregung angewendet. . 2. Jrlan d ist bis auf den heutigen Tag der wunde Fleck im englischen Staatskörper. Die Mißhandlungen früherer Geschlechter haben zwischen England und Irland eine Kluft erzeugt, welche die Vereinigung der beiden durch Natur, Religion und Einrichtung verschiedenen Völker nie vollkommen werden ließ. Die durch geheime Einverständnisse mit Frankreich genährte Unzufriedenheit der Ir- länder drohte wiederholt in Empörung überzugehen, was die Engländer nöthigte, auf ihrer Hut zu sein, und da sie die Forderungen der Nachbarn nicht gewähren wollten und ihre Zugeständnisse jene nicht zufrieden stellten, so blieb ihnen nichts übrig, als den gährenden Geist durch Strenge niederzuhalten. Zwei Dinge, durch ein altes Unrecht erzeugt, erregten besonders den Haß des irischen Volks, die harte Behandlung des armen Landvolks durch ihre Grundherren, die einst aus Eng-

6. Bd. 2 - S. 515

1854 - Leipzig : Engelmann
Pauperismus und Social-Reformm. 515 mählich Taglöhner, die viel nachtheiliger gestellt waren, als früher die Leibeigenen, denen der durch Feudalgesetze und Pietätsverhaltnisse gebundene Gutsherr in Zei- ten der Noch oder bei Krankheiten und Unglücksfällen Hülse und Unterstützung gewähren mußte, während jetzt der selbständige Taglöhner lediglich auf die eigenen Kräfte angewiesen war und für sein Aeckerchen und seine Lehmhütte noch Abgaben an den Staat zu leisten und zu den Gemeindelasten beizutragen hatte, nicht zu ge- denken der Zehnten und Feudalabgaben, die in manchen Ländern noch dazu kamen. Die Noch trieb zum Schuldenmachen; siel der Bauer Wucherern und Juden in die Hände, so war er in wenigen Jahren um sein Eigenthum; im besten Fall schleppte er sein mühe- und sorgenvolles Leben bis zu einem mäßigen Alter und hinterließ dann eine darbende Familie. Noch schlimmer gestalteten sich die Zustände in den Städten. Die 'Aufhebung aller beschränkenden Zunft- und Jnnungsverhältnisse vermehrte den freien Handwerker- und Gewerbsstand der- gestalt, daß eine übermäßige Concurren; eintrat, die verbunden mit der größeren Wohlfeilheit der Fabrikerzeugnisse, den Absatz beeinträchtigte oder den Preis der Arbeit allzusehr herabdrückte und somit bewirkte, daß das Handwerk die Familie nicht meher ernährte. Die geringen Handwerker und die große Menge selbständig und frei gewordener Gesellen traten daher in die Dienste reicher Fabrikherren, deren Zahl mit jedem Tag sich mehrte, da bei der zunehmenden Herrschaft des Geldes und der Verminderung der Standes - und grundherrlichen Rechte, die höhern Stände ihr Vermögen vorzugsweise solchen Gewinn bringenden Unter- nehmungen zuwendeten. Der Fabrikarbeiter, der von seinem täglichen Lohn sich und sehr häufig eine Familie ernähren mußte, war nicht viel mehr als der Sclave des Fabrikherrn, dem er politisch gleichstand; kein Gesetz schützte ihn vor der will- kürlichen Entlassung; nahmen seine physischen Kräfte ab, so minderte sich sein Lohn. Das Kapital erlangte eine Herrschaft und eine despotische Macht, wie sie kein bevorrechteter Stand früher besessen. Dazu kam, daß durch das aus eine schwindelnde Höhe getriebene Creditwesen der Werth des Geldes sich sehr vermin- derte, der Lohn des Taglöhners und Arbeiters mit dem Gewinn des Handels- und Fabrikherrn in keinem Verhältnis stand und der Preis der Lebensbedürfnisse und der gesteigerte Luxus die Kluft zwischen Reichen und Armen, zwischen den be- vorzugten Ständen, die sich im Besitz von Kapital, Bildung und Talent befan- den und dem Arbeiterstande, der sich nur aus die physische Kraft stützte, immer ausfallender zu Tage kehrte. Diese socialen Mißstände nahmen während der lan- gen Friedensjahre, die das Gebiet der Industrie, die Macht der Bildung und die Zahl der Bevölkerung ins Unendliche erweiterten und steigerten, bedeutend zu und mehrten die Klagen über zunehmende Verarmung (Pauperismus). Der Zu- stand der Freiheit und Gleichheit, für dessen Begründung Ströme von Blut geflossen, schien der Menschheit ferner als je gerückt. Was hat die Welt gewonnen, so fragte man, daß der dritte Stand, die Bourgeoisie, dem Adel und Klerus gleichberechtigt zur Seite trat, wenn nun diese nämliche Bourgeoisie, mit einem Theil des Adels verschmolzen, den vierten Stand der besitzlosen Arbeiter (Proletarier) in größerer Knechtschaft hält, als er selbst sich je befun- den^ Ist das Recht der Gleichheit ein begrenztes? Hat die Revolution der Kirche ihre Besitzungen, dem Klerus den Zehnten, dem Adel die grundherrlichen Einkünfte, die sie seit vielen Jahrhunderten als Eigenthum besessen, nur deshalb entrissen, damit das Eigenthum des Mittelstandes vermehrt werde und die arbei- tende Klasse in größere Abhängigkeit und Dienstbarkeit gerathe? So lange die kriegerischen Großthaten und die mächtigen geschichtlichen Ereignisse der Revolu- tionszeit und der Napoleonischen Herrschaft die Aufmerksamkeit der Völker fessel- 33*

7. Bd. 2 - S. 551

1854 - Leipzig : Engelmann
Großbritannien. 551 reichster Führer war der später in Geisteskrankheit verfallene Advocat Feargus O'eonnor. — Mag es auch noch lange dauern, bis die Grundsätze der Char- tisten in dem aristokratischen, plutokratsschen und am Alten festhaltenden England den Sieg erringen und die Verfassung, aus welcher der Ruhm und die Größe Altenglands beruht, zu Falle bringen, so ist ihre Einwirkung auf den Gang der parlamentarischen Thäcigkeit doch jetzt schon nicht ohne Einstuß. Namentlich ist die Milderung der strengen Korngesetze, welche bisher die Einfuhr fremden Getreides unmöglich gemacht hatten, vermittelst eines neuen Gesetzes, wornach der Zoll ermäßigt, zugleich aber einer nach dem Preise steigenden Scala unter- worfen ward, als ihr Werk anzusehen. Die Aristokratie halte sich lange der Ab- änderung aus Egoisinus widersetzt, damit das inländische Getreide seinen hohen Preis behaupte; da nun zugleich die unermeßliche N a ti o n a l schu ld die drückend- sten Zölle auf die eingeführten Nahrungsmittel nolhwendig machte, so waren da- durch die Bedürfnisse des täglichen Lebens zu einer für den Armen unerschwing- lichen Höhe gestiegen. Aber der grundbesttzende Adel bekämpft noch zur Stunde die neue Einrichtung und wirkt durch Vereine für die Wiederherstellung der frü- hern Gesetze. — Um den aus der Minderung des Getreidezolls hervorgehenden Ausfall in dem Staatshaushalte zu decken, wurde alsdann unter dem Ministe- rium Sir Robert Peels eine, hauptsächlich die Wohlhabenden treffende E i n- ko mm en st euer von drei Procent eingesührt. Zugleich suchte man dem Handel, dem Nerv des Volks, durch Abänderung des bisherigen Zollsystems einen neuen Schwung zu geben und machte die hohe Idee des freien Han dels zur Losung des Tages. Ein praktisches, besonnenes Volk widerstreben die Engländer jedem gewaltsamen Umsturz; aber zeitgemäße Reformen werden durch die Beharrlichkeit der Nation stets durchgesetzt. Ein vom Haus der Gemeinen angenommener Ge- setzesvorschlag auf Emancipation der Juden scheiterte an dem hochkirch- lichen Sinne des Oberhauses; allein wie jede humane Idee erst nach einigem Kampf mit der Selbstsucht und dem Vorurtheil der Aristokratie sich den Eingang in die englische Gesetzgebung zu verschaffen vermag, so wird auch dieses Gesetz bei erneuertem Vorschlag durchdringen. Ein großer Verlust war der durch einen Pferdesturz herbeigeführte plötzliche Tod des großen Staatsmannes Sir. Rob. Peel. — Das englische Volk bessert von Jahr zu Jahr, aber mit Umsicht, an seinem stattlichen Verfassungsbau, damit er stets den Anforderungen der Zeit entspreche und gelangt so auf dem besonnenen Weg der Reform zu einer Freiheit, wie sie allein in einem geordneten durch geschichtliche Verhältnisse be- dingten Staatswesen möglich ist. Durch die Gesetze in seiner persönlichen Freiheit, in seinem Eigenthum und in seinem Rechte geschlitzt und im sichern Bewußtsein, daß seine Vertreter des Landes Wohl nach Kräften wahren und för- dern, wendet das Volk seine ganze Thatkraft dem Ackerbau, der Gewerbthätigkeit, dem Handel, der Schifffahrt zu; die Nation erwirbt sich Reichthum im Innern, Macht und Ansehen nach Außen; ferne Colonien, mit dem Mutterlande in Ver- bindung, bieten der überstuthenden Bevölkerung Gelegenheit zur Auswanderung und zum Erwerb. Der wohlhabende und gebildete Mittelstand bildet den Schwer- punkt der Nation. tz. 831. Irr sche Zustände. Seitdem die Emancipa ti on der Ka- tholiken dem irischen Volke gestattete, Stimmführer seines eigenen Bluts und Glaubens ins englische Parlament zu schicken, verhallten seine Klagen nicht mehr so erfolglos wie früher, besonders als der große Volrsmann, Redner und De- magog, Daniel O'connel, der mit einem „Schweif" von 40 und mehr gleichgesinnten und gleichstimmenden Irländern ins Parlament einzog, den Kla- 1842. 1842. 1847. 1850.

8. Bd. 2 - S. 4

1854 - Leipzig : Engelmann
4 Die Vorboten der neuen Zeit. geeignete Metallmischung und die Druckerschwärze. Die anfangs geheim gehal- tene Kunst wurde bald überall bekannt, als in dem Kriege, den der Erzbischof Dieter mit seinem Mitbewerber Adolf von Nassau führte (§. 368.), Mainz erobert wurde und sich viele Gesellen in andere Lander flüchteten. In Kurzem besaßen alle bedeutenden Städte Deutschlands und Italiens Druckerpressen und durch deutsche Kunstgenoffen wurde die neue Erfindung bald allen civilisirten Nationen überbracht. Wurde schon dadurch die Verbreitung der Bücher unter dem für die geistigen Erzeugnisse alter und neuer Zeit mehr als je empfänglichen Volke erleichtert, so geschah dies noch mehr seit der Anwendung des Leinen- und B aum w o l len p api ers statt des theuern Pergaments. Nun gelangten die Bücher, die bisher nur den Reichen und Vornehmen zugänglich gewesen, in Jedermanns Hände, und was der Geist erschuf war nicht mehr Sondergut der bevorzugten Stände, sondern drang ins öffentliche Leben, in die freie Welt. — Die geistliche Eensur, die bald nachher als natürliche Gegenkraft in Köln, Mainz u. a. O. ins Leben trat und endlich von Rom aus allgemein eingeführt wurde, war nicht vermögend, den neuen Geist, der durch die Buchdruckerkunst über die Welt gekommen, zu unterdrücken. — Auch das durch Kaiser Maximilian in Deutschland begründete P o stw e sen förderte durch Erleichterung des schrift- lichen und persönlichen Verkehrs den Austausch der Ideen und wirkte zur Be- gründung der neuen Zeit mit. I») Der Seeweg nach Ostindien. §. 419. Im Mittelalter wurden die Maaren des reichen Indiens auf beschwerlichen Wegen (Karavanenzügen) unter Vermittelung der Araber und anderer Mohammedaner durch die Venetianer und Genuesen dem Heimich Abendlande zugeführt. Aber in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ließ fahrtt der portugiesische Prinz Heinrich der Seefahrer, Großmeister ' 1 ' des reichen Christus-Ordens, Entdeckungsreisen in dem atlantischen Meere unternehmen, die den glücklichsten Erfolg hatten. Der Auffindung i4i8. der Inseln Porto Santo und Madera, wo die Anpflanzung des Weins und Zuckerrohrs vortrefflich gedieh, folgte bald die Erwerbung der Azoren und die Entdeckung des grünen Vorgebirgs und der an Goldstaub, Elfenbein, Gummi und Negersclaven reichen Küste von Oberguinea südwärts der Sierra Leone. Eine Urkunde des Papstes ertheilte den Portugiesen das Eigenthumsrecht über diese und alle fernern Johann Entdeckungen bis nach Indien. König Johann Ii., der zuerst die rohe Portugal Macht des Adels brach und die Königsgewalt und den Bürgerstand hob, 1495? betrieb die Entdeckungsreisen planmäßiger. Von Unterguinea (Congo) i486, aus gelangte der kühne Bartholomäus Diaz nach Afrika's Südspitze, dessen anfängliche Benennung „stürmisches Vorgebirg" der vertrauensvolle E'^rofiekönig bald in die der „guten Hoffnung" umwandelte. Denn schon ^i52i? Zwei Jahrzehnte nachher entdeckte von hier aus unter König Emanucl 1498. dem Großen der unternehmende Vasco de Gama den Seeweg nach Ostindien, indem er von Afrika's Ostküste (Mozambique und Zanquebar)

9. Bd. 2 - S. 102

1854 - Leipzig : Engelmann
102 Die Zeit der Gegenreformation. Da nämlich unter dem schwachen, von dem Herzog von Lerma sclavisch beherrschten Philipp Hi. den niederländischen Schiffen die Einfuhr in die spa- nischen und^portugiesischen Hafen untersagt und dadurch der Zwischenhandel mit den ostindischen Waaren, worauf Hollands Macht und Wohlstand beruhte, ge- stört wurde, so suchten sie selbst den Weg nach Indien und betrieben die directen Handelsverbindungen mit solchem Erfolg, daß sie bald Niederlassungen anlegten und viele Besitzungen der Portugiesen an sich brachten. Gegen eine jährliche Ab- 1602. gafre an die Stande erlangte die ostindische Compagnie den ausschließli- chen Handel jenseits des Vorgebirges der guten Hoffnung. Holländische Fahr- zeuge beherrschten jetzt die Meere und beeinträchtigten den spanischen und portu- giesischen Handel in Ost- und Westindien, was dem morschen Staatsbau Phi- lipps H. den letzten Stoß gab. Darum war sowohl der König von Spanien als der Erzherzog Albrecht erfreut, als es endlich der Vermittlung Heinrichs Iv. gelang, Moritz und wog. dje niederländischen Stande zum Abschluß eines Waffenstillstands zu bringen, der ihnen Unabhängigkeit, Religionsfreiheit und directen Handel mit Ostindien zusicherte. Die spätern Kriege mit Spanien sielen zum Vor- theil der Niederländer aus, so daß, als der Westfälische Friede die Un- abhängigkeit der Vereinigten Staaten von Holland anerkannte, sie nicht nur große Besitzungen in Indien, sondern auch beträchtliche Lände- reien in Brabant und Flandern erworben hatten. §. 530. Verfassung, Handel und Colonien. Während der Freiheitskriege erhielt die Ve rfa s su n g der V e re in ig ten Staaten, hauptsächlich durch den großen Staatsmann Oldenbarneveld, seit 1586 Groß-Pcnsionar (Land-Syndicus) von Hol- land, ihre Ausbildung. Die gesetzgebende und souveräne Staatsgewalt mit dem Steuer bewilligungsrcch t lag in den Händen der aus Abgeordneten der sieben von einander unabhängigen Landschaften gebildeten G e n e r a l st a a t e n; die a u s ü b e n d e Regierungsgewalt besaß der hohe Rath mit dem Statthalter an der Spitze; die Verwaltung des Kriegswesens und die Leitung der Land- und Seemacht stand dem Statthalter allein zu. Die innern Angelegenheiten der einzelnen Staaten wurden von den aus Adel und Städteabgeordneten zusammengesetzten Provinzialständen besorgt; in diesen aber hing Alles wieder von den einzelnen Städten ab, wo eine bürgerliche Aristo- kratie die Leitung der Dinge in der Hand hatte. An Macht, Reichthum und Einfluß ragte die P r o v i n z H o lla n d vor allen hervor. Bald nahm die Republik der Generalstaa- ten nach allen Seiten hin einen mächtigen Aufschwung. Handel und Schifffahrt erlangten eine seltene Höhe, die S chisssbaukunst und die städtischen Gewerbe kamen in Flor; auf den Universitäten glänzten große Gelehrte; die holländischen Philologen Just. Lipsius, Joseph Scaliger, Gerh. Vossius, Gronov, Dan. Heinsius (Aristote- lische Poetik), Grävius (römische Altcrthümcr), etwas später Hemsterhuis (geb. 1685 zu Gröningen), der tiefste Kenner der griechischen Sprache, derer zuerst eine feste wissenschaftliche Grundlage gab (seine Schüler Ruhnken und Valckenaer wirkten in seinem Geiste fort); ferner Perizonius (1651—1715), Prof, in Leyden, der in seinen „historischen Anmerkungen", einem Werke voll der feinsten und scharfsinnigsten Bemerkun- gen, zuerst gelehrt hat, die Ueberlieserung vorurtheilslos, frei und kritisch anzuschen, und die Unsicherheit der frühesten Geschichte Rom's nachzuwcisen. Die B u ch d r u ck er k u n st hob sich (die Familie Elzevirii in Amsterdam und Leyden), die schönen Künste blühten (§.411). Aber der Nerv der Nation blieb der Handel. Die o stin d isch c Co mpagn ie

10. Bd. 2 - S. 162

1854 - Leipzig : Engelmann
102 Das siebenzehnte Jahrhundert. waren die nächste Folge der fürstlichen Territorialhoheit, wodurch wieder Meh- rung der Steuern und Abgaben und Ausdehnung der Hoheitsrechte herbeigeführt wurden. Die größtentheils den Landesfürsten zu gute kommende Säkularisation der geistlichen Stifter trug zur Ausbildung und Hebung dieser Territorialgewalt wesentlich bei. b) Was Deutschlands religiöse Zustande angeht, so war der Sieg, den die protestantische Kirche aus dem Westfalischen Frieden davontrug, zunächst kein Gewinn für den freien Glauben. Denn der lebendige und schöpferische Geist, den die Reformatoren der Kirche eingeflößt, wich allmählich einer starren Verehrung des Buchstabens der symbolischen Bücher und einem neuen knechtischen Autoritätsglauben, eine starre mit rechthaberischer Heftigkeit verfochtene Orthodoxie trat an die Stelle der innern Glaubenswärme und statt des geistigen Lebens und der schaffenden Seelenthätigkeit des 16. Jahrhun- derts herrschte nunmehr ein dürrer Dogmatismus und eine protestantische Scho- lastik, bis einerseits die Gemüthswelt der Pietisten, anderseits die Spekula- tion der Philosophen sie bemeisterten. c) Für Ackerbau, Gewerbfleiß und Handel hatte der dreißigjäh- rige Krieg die nachtheiligsten Folgen. Die Verheerungen der Soldaten hatten ganze Gegenden in Wüsteneien umgewandelt und die heimkehrenden Krieger fan- den statt volkreicher Städte und blühender Dorfschaften Aschenhaufen und Trüm- mer und statt Felder und Wiesen — mit Buschwerk überdecktes Haideland. Hat- ten doch Schwert, Hungersnoth und Seuchen über die Hälfte der Bevölkerung dahingerafft! — und gab auch der Pflug und die Karste dem Boden seine frühere Gestalt wieder, Industrie und Handel erlangten nie mehr ihren vorigen Flor. Weder die Auffindung des Seewegs nach Ostindien noch die Ausbreitung der türkischen Herrschaft über die Levante und die Südküsten des Mittelmeers waren vermögend gewesen, im Reformationsjahrhundert den italienisch-deutschen Handel zu vernichten, vielmehr nahm nach dem Abschluß des Augsburger Friedens die Handels- und Gewerbthätigkeit einen neuen Schwung, als der ganze Westen Europa's durch Philipps ll. Religionseifer von blutigen Kriegen heimgesucht war. Roch beherrschte die Hanse den nordischen Handel, bis England und Holland, wo die Reformation neue Lebensthätigkeit geschaffen, ihr über den Kopf wuchsen; die Augsburger Kaufleute Fugger und Welser machten Antwerpen, wohin sie übersiedelten, zur glücklichen Nebenbuhlerin von Lissabon und ließen Handels- schiffe nach Ostindien und Amerika absegeln, bis Alba's Härte den Flor von Ant- werpen vernichtete und Handel und Verkehr ihren Sitz in Amsterdam nahmen. Große Handelsstraßen durchzogen Deutschland von Danzig nach Genua, von Nürnberg nach Lyon; schlesische Leinwand, wollene Tücher und Seidenstoffe wur- den in Deutschland fabricirt und dem Auslande mit unermeßlichem Gewinn zu- gcführt. Allgemeiner Wohlstand war die Folge. Mit der Thätigkeit der Hände hielt die Regsamkeit des Geistes gleichen Schritt. Dies alles ging durch den drei- ßigjährigen Krieg zu Grunde. Der Hansebund umfaßte bald nur noch Lübeck, H a m bürg und Bremen, neben welchen Städten blos noch Frankfurt und Leipzig lebhaften Handel trieben; die meisten Reichsstädte wurden allmäh- lich von fürstlichen Residenzstädten überholt und verloren ihre Bedeutung; manche gingen ihrer Selbständigkeit verlustig und wurden Landesfürsten unter- than. Die bisherigen Handelswege konnten der Unsicherheit wegen nicht mehr befahren werden, daher wurden die Märkte und Waarenlager verlegt; baar Geld war wenig im Lande und bis die Wunden des Kriegs geheilt waren, hatten die Niederlande, England und Frankreich einen zrffgroßen Vorsprung gewonnen. —
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