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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bd. 2 - S. 164

1854 - Leipzig : Engelmann
164 Das siebenzehnte Jahrhundert. Minderung des Kronguts waren bei Christina's Abdankung die königlichen Ein- künfte so zusammengeschmolzen, daß ohne eine übermäßige Belastung des gedrück- ten Bauernstandes die Regierungsausgaben nicht bestritten werden konnten. Der Adel mußte sich daher in die Nothwendigftit fügen, die seit Gustav Adolfs Tod durch Kauf, List oder Schenkung erworbenen Krongüter theils mit, theils ohne Entschädigung wieder herauszugeben. Die Herausgabe war aber sehr unvollstän- dig, daher unter der folgenden Regierung eine gänzliche Reduction aller Kron- güter erzwungen ward. a) Po lenkri eg. Um der beschränkten Königsmacht wenigstens äußern Glanz zu verleihen suchte der neue König Karl (X.) Gustav von Pfalz-Zweibrücken (Kleebürg) den schwedischen Kriegsruhm zu erneuern. Zu dem Ende gab er den Einflüsterungen eines verrätherischen polnischen Vicekanzlers Gehör und überzog das von äußern Feinden be- drohte und von innern Factionen zerrissene Polen mit Krieg. Die Weigerung Johann Casimirs von Polen, den neuen Schwedenkönig anzuerkennen und die von seinem Vater Siegmund (§. 510.) ererbten Ansprüche auf den schwedischen Thron aufzugeben, mußte als schwacher Grund zum Krieg dienen. W la d i s lav Iv. und sein Bruder und Nachfolgeri o h a nn Casimir, die Wl!d?s- Söhne des schwedischen S i e g m u n d, führten einen blutigen Kampfwider die als ge- laviv. wandtereiter ausgezeichneten Kosaken, die an den Küsten des schwarzen Meers Johann' ein kühnes Freibeuterleben führten, dem Namen nach der polnischen Schutzherrlich- .^Castmir feit unterworfen, in der That aber unter selbstgewählten Häuptlingen (Hetmans) einer wilden Ungebundenheit folgend. Da beschloß der polnische Reichstag, den Kosaken das Wahlrecht ihres Hetmán zu entreißen und das Land durch polnische Statthalter verwalten zu lassen. Der Druck der fremden Beamten, verbunden mit Religionszwang, brachte aber das wilde, streitbare Volk bald zur Em- pörung. Unterstützt von den Tartaren und Russen erkämpften sie sich Unab- hängigkeit von Polen und begaben sich dann unter die Schutzherrlichkeit des Zaar's von Moskau. Als Bekenner der griechischen Religion standen sie ohnedieß den Russen näher als den römisch-katholischen Polen. Umsonst kehrte (Kosakcn- der polnische Adel sein Schwert gegen die früher oft überwundenen Feinde; die 1647-54.Russen und ihre neuen Bundesgenossen behielten den Sieg über Wladislav, der noch vor Beendigung des Krieges kummervoll ins Grab sank; sie eroberten Smo- lensk und Kiew und bedrohten Polen im Osten zu derselben Zeit als der Schwedenkönig mit seinen abgehärteten Truppen und seinen im dreißigjährigen Kriege gebildeten Feldherren siegreich von Norden und Westen vorrückte. Die verrätherischen Statthalter (Starosten) von Posen und Kalisch übergaben die ihnen anvertrauten Provinzen dem schwedischen General Wittenberg. Karl Gustav selbst, kampflustig und ruhmbegierig, nahm Warschau und Krakau ein, nöthigte den König Johann Casimir zur Flucht nach Schlesien, eroberte Masovien und andere Landschaften und konnte sich, als auch das von den Russen bedrängte Litthauen sich den Schweden unterwarf, als Herrn von Polen ansehen. Um das Erworbene sicherer zu behaupten, schloß er mit dem großen Kurfürsten Friedrich

2. Bd. 2 - S. 172

1854 - Leipzig : Engelmann
1628. 1629. 172 Das siebenzehnte Jahrhundert. des Königs wollte sich nicht unter den Geist der Zeit beugen, der für den gebildeten Mittelstand Theilnahme am Staatsleben ansprach. Karls frei- gebige Natur nahm Aergerniß an der Kargheit des Parlaments, das des Königs Geldbedürfnisse zur Sicherstellung der Volksrechte benutzen wollte, und darum nicht nur höchst sparsam in seinen Bewilligungen war, sondern nicht einmal die Erhebung des Tonnen- und Pfundgeld für ein- und ausgehende Waaren auf die ganze Regierungszeit zugestand, wie bisher üblich gewesen. Karl nahm diese Beschränkung um so ungnädiger auf, als ihm ein unglücklicher Krieg wider S p a n i e n und die Unterstützung der Heerführer in Deutschland große Ausgaben verursachte. Er erhob daher das Tonnen-und Pfundgeld ohne ständische Bewilligung, erzwang Gaben und Anlehen von den Unterthanen und verkaufte Domänen und Monopolien ; und statt nach einer Beseitigung des spanischen Kriegs zu trachten, ließ er sich durch den leichtfertigen Buckingham zu einem neuen Krieg widerfrankreich bereden, angeblich zur Unterstützung derhuguenotten (§.609.), eigentlich aber, weil der eitle Günstling an dem französischen Hofe Rache nehmen wollte wegen einer von Richelieu ihm zugefügten Kränkung. Als auch der Krieg gegen Frankreich einen unglücklichen Ausgang nahm und englisches Blut und englische Ehre schmachvoll geopfert wurden, da entstand in dem dritten Parlament ein so heftiger Sturm gegen Bucking- ham, daß der König die von beiden Häusern ihm vorgelegte Bitte um Recht (Petition ok right) als rechtsgültig anerkannte, um seinen Günstling vor der gedrohten Anklage zu retten. — In dieser Bitte waren die alten Rechte über persönliche Sicherheit und Unverletzbarkeit des Eigenthums so klar dar- gethan, daß jede willkürliche Verhaftung von Parlamentsräthen, wie sie von Jakob und Karl verhängt worden, und jede eigenmächtige Besteuerung künftig als Eingriff in die Verfassung und Gesetze erscheinen mußte. Doch wurde das Parlament nicht geschmeidig. Buckingham galt für die Ursache aller Leiden des Volkes, seine Ermordung durch Felton konnte daher nicht blos als das Werk der Privatrache, sondern auch als Wirkung der allgemeinen Aufregung angesehen werden. Es war ein neuer Geist über das Volk gekommen; auch das dritte Parlament wurde aufgelöst, nachdem es in einer stürmischen Sitzung jede Erhebung eines Zolles für ungesetzmäßig und jeden, der ihn bezahle, für einen Verräther erklärt. Neun Mitglieder, darunter Hollis, wurden verhaftet. h. 593. Strafford und Laud. Zu diesem Gewaltschritt war der König vonthomas Went worth beredet worden, „den der Ehrgeiz ver- lockt hatte, von scharfer Opposition im Unterhause in den königlichen Rath überzutreten, und der nun raschen Schritts zum Statthalter von Irland und zum Grafen Strafford stieg. Er war ein harter, aber kraftvoller Mann, jetzt über alles beflissen, die Macht der Krone zu verstärken. Er wollte Un- umschränktheit, aber zum Besten des Volks gebraucht." Darum rieth er dem König den Versuch zu machen, ohne Parlament zu regieren und ging mit

3. Bd. 2 - S. 177

1854 - Leipzig : Engelmann
Die englische Thronumwälzung. 177 mentshaus zurückgeführt. Dieß hielt Karl nicht aus. Er begab sich nach Pork und beschloß Krieg. tz. 596. Bürgerkrieg (1642— 1646). — Qatti der König früher durch Verletzung der Volksrechte gegründeten Anlaß zu Klagen gegeben, so machte sich jetzt das Parlament einer gleichen Verletzung der Königsrechte schuldig. Nicht zufrieden, die königliche Macht in die gesetzlichen Schranken gewiesen zu haben, legte es sich die gesetzgebende Gewalt in Staat und Kirche allein bei, und riß die ganze Regierungsgemalt an sich, indem es die Ernennung und Absetzung der höhern Staatsbeamten und Heerführer ansprach, die Einrichtungen der Land- und Seemacht seiner Zu- stimmung unterwerfen und sogar die Erziehung und Vermählung der könig- lichen Kinder von seiner Einwilligung abhängig machen wollte. Diese For- derungen konnte der König nicht bewilligen. Er sammelte in Pork die ihm ergebenen Mitglieder des Ober- und Unterhauses und die bewaffnete Kriegs- macht um sich, indeß die Königin sich nach Holland flüchtete, um fremde Hülfe anzusprechen. Da aber die ganze Streitmacht des Festlandes in dem 30jährigen Krieg verwendet war, so konnte keine Unterstützung erlangt wer- den; und wo hätte dieselbe auch landen sollen, da alle Hafenstädte und die ganze Seemacht sich in den Händen des Parlaments befanden? So begann der Krieg mit sehr ungleichen Streitkräften. Denn während der König ohne Geld war und sein Heer an Allem Mangel litt, besaß das Parlament nicht nur alle öffentlichen Einnahmen, sondern ward auch durch Privat-Beiträge reichlich unterstützt. Bei der ersten Aufforderung brachten die Familien ihr Silbergeräth, die Weiber ihren Schmuck; und alle Steuern und Abgaben, die man dem König hartnäckig bestritten, wurden dem Parlamente willig dar- gereicht. Dennoch war Karls kleines, aus geübten Truppen bestehendes Heer anfangs im Vortheil gegen die frischen Schaaren des Parlaments, mit denen Graf Essex ins Feld zog. In zwei Treffen behielt die von Karls stürmi- schem Neffen Ruprecht von der Pfalz geführte königliche Reiterei die Ober- hand. Auch das zweite Jahr begann für das Parlament mit Verlusten, un- ter denen der Fall des redlichen und tapfern John Hamden, in einem Gefechte unweit Oxford, der empfindlichste war. Als aber Oliver Crom- well, der puritanische Religionseiferer, aus seinen gottseligen Freunden eine entschlossene Reiterschaar bildete, die ohne Rücksicht auf Menschen und ohne Scheu vor den Mühseligkeiten und Gefahren des Kriegslebens für Gottes Sache blind in die Schlacht gingen und das Parlament mit den Schotten einen Bund schloß, in Folge dessen ihre fanatischen Truppen aber- mals über die Grenze rückten, nahmen die Dinge eine andere Wendung. In der Schlacht von Marftenmoor verlor Pfalzgraf Ruprecht durch seinen kriegerischen Ungestüm ohne Voraussicht den Sieg an Cromwells fin- ster blickende Schwadronen. 10,000 Royalisten deckten die Wahlstatt. Die treue Stadt Pork siel in die Hände der Puritaner. Seitdem stand Cromwells Weber, Geschichte. Ii. ö.aufl. 12 3. Juli 1644.

4. Bd. 2 - S. 514

1854 - Leipzig : Engelmann
514 Die Zeit des französischen Bürgerkönigthums. deren Pannoniens sprechen sie die Herrschaft über die übrigen Bewohner germa- nischen und slavischen Ursprungs an und wollen die einst von ihnen bezwungenen Völkerschaften an den südlichen Grenzmarken, die Slavonier, Kroaten (Raizen, Ruthenen) u. a. nicht als Gleichberechtigte, sondern als Unterworfene behandeln. Stolz auf ihre Abstammung und Nationalität bewachen die Magya- ren neidisch ihre Stammeigenthümlichkeiten, ihre Sprache, Sitten und Einrich- tungen; ja um vom Auslande unabhängig zu sein und die Landesindustrie zu heben, bildeten sich Vereine, mit der Verbindlichkeit, zu Nahrung, Kleidung und häuslichen Bedürsniffen sich nur einheimischer Erzeugniffe zu bedienen. Stand- haft und muthig verfochten sie gegen die despotische Regierung ihre angestammten Rechte und Freiheiten, aber weniger gerecht als tapfer und herrschsüchtig versagten sie die Güter, die sie für sich so entschieden in Anspruch nahmen, ihren Unter- thanen. Sie verdrängten von ihrem aus einer Adelstafel (Magnaten) und einer Ständetafel bestehenden Reichstag die seit langeher gebräuchliche latei- nische Sprache durch die magyarische, ohne Irücksicht auf die andersredenden Völ- kerschaften; sie bestanden darauf, daß nur Ungarn (Magyaren) die höhern Mi- litär- und Beamtenstellen bekleiden dürften und während sie das Band, das sie mit dem östreichischen Kaiserstaat zusammenhielt, immer mehr zu schwächen be- müht waren, suchten sie zugleich die Herrschaft des Magyarenthums fester zu be- gründen. Um aber nicht das Loos des polnischen Adels zu theilen, lernten die Edelleute noch rechtzeitig Mäßigung und Klugheit. Die Stände bewilligten ein Urbarialgesetz, das dem Bauer Ablösung der Feudallasten und ein freies Eigenthum zugestand und hoben die lange bestandene Steuerfreiheit des Adels auf. Dadurch wurde das Magyarenthum in sich einiger und stärker. 3. Pauperismus und Social-Reformen. tz. 808. Das Proletariat. Die große französische Revolution, nach praktischer Verwirklichung des Grundsatzes der Freiheit und Gleichheit strebend, hat die Fesseln der Unfreiheit, welche die frühem Geschlechter dem Nie- driggebornen, Armen und Geringen angelegt, zersprengt und damit die untern, auf Erwerb durch Handarbeit angewiesenen Klassen als vollberechtigt den höhern Ständen zur Seite gestellt. Die Lastträger der menschlichen Gesellschaft, die zu den schweren körperlichen Arbeiten und zu den untern Geschäften des Lebens noth- wendigen Menschen, die in den Republiken des Alterthums rechtlose Sc laven waren, im Mittelalter theils leibeigene Bauern, theils Gesellen und Knechte ohne politische Rechte, ohne Eigenthum, Besitz und persönliche Frei- heit, traten nunmehr als gleichberechtigte Staatsbürger ins öffentliche Leben ein, mit den Ansprüchen auf das Recht der Existenz durch Arbeit und auf Gründung einer Familie durch Verheirathung, ein Recht, das in frühern Zeiten wesentlichen Beschränkungen unterlag. Als die Stürme der Revolution vorüber waren, als Ackerbau, Gewerbfleiß, Industrie wieder aufblühten und mit den Künsten des Friedens Wohlstand, Lebensgenuß und Luxus einzogen, da zeigten sich bald die Folgen der Auflösung der frühern gesellschaftlichen Bande. Die unbegrenzte Theilbarkeit der Güter und die gleiche Erbberechtigung aller Kinder vermehrte den Stand der Grundbesitzer ins Unendliche und schuf einen freien Bauernstand von kleinem Grundeigenthum. Die Anfangs erfreuliche Erscheinung wurde die Quelle unsäglichen Elends. Durch die mit jeder Generation sich mehrenden Thei- lungen wurde der Grundbesitz dermaßen gespalten und vermindert, daß nur wenige Familien von dem Ertrag leben konnten; atls freien Bauern wurden daher all-

5. Bd. 2 - S. 515

1854 - Leipzig : Engelmann
Pauperismus und Social-Reformm. 515 mählich Taglöhner, die viel nachtheiliger gestellt waren, als früher die Leibeigenen, denen der durch Feudalgesetze und Pietätsverhaltnisse gebundene Gutsherr in Zei- ten der Noch oder bei Krankheiten und Unglücksfällen Hülse und Unterstützung gewähren mußte, während jetzt der selbständige Taglöhner lediglich auf die eigenen Kräfte angewiesen war und für sein Aeckerchen und seine Lehmhütte noch Abgaben an den Staat zu leisten und zu den Gemeindelasten beizutragen hatte, nicht zu ge- denken der Zehnten und Feudalabgaben, die in manchen Ländern noch dazu kamen. Die Noch trieb zum Schuldenmachen; siel der Bauer Wucherern und Juden in die Hände, so war er in wenigen Jahren um sein Eigenthum; im besten Fall schleppte er sein mühe- und sorgenvolles Leben bis zu einem mäßigen Alter und hinterließ dann eine darbende Familie. Noch schlimmer gestalteten sich die Zustände in den Städten. Die 'Aufhebung aller beschränkenden Zunft- und Jnnungsverhältnisse vermehrte den freien Handwerker- und Gewerbsstand der- gestalt, daß eine übermäßige Concurren; eintrat, die verbunden mit der größeren Wohlfeilheit der Fabrikerzeugnisse, den Absatz beeinträchtigte oder den Preis der Arbeit allzusehr herabdrückte und somit bewirkte, daß das Handwerk die Familie nicht meher ernährte. Die geringen Handwerker und die große Menge selbständig und frei gewordener Gesellen traten daher in die Dienste reicher Fabrikherren, deren Zahl mit jedem Tag sich mehrte, da bei der zunehmenden Herrschaft des Geldes und der Verminderung der Standes - und grundherrlichen Rechte, die höhern Stände ihr Vermögen vorzugsweise solchen Gewinn bringenden Unter- nehmungen zuwendeten. Der Fabrikarbeiter, der von seinem täglichen Lohn sich und sehr häufig eine Familie ernähren mußte, war nicht viel mehr als der Sclave des Fabrikherrn, dem er politisch gleichstand; kein Gesetz schützte ihn vor der will- kürlichen Entlassung; nahmen seine physischen Kräfte ab, so minderte sich sein Lohn. Das Kapital erlangte eine Herrschaft und eine despotische Macht, wie sie kein bevorrechteter Stand früher besessen. Dazu kam, daß durch das aus eine schwindelnde Höhe getriebene Creditwesen der Werth des Geldes sich sehr vermin- derte, der Lohn des Taglöhners und Arbeiters mit dem Gewinn des Handels- und Fabrikherrn in keinem Verhältnis stand und der Preis der Lebensbedürfnisse und der gesteigerte Luxus die Kluft zwischen Reichen und Armen, zwischen den be- vorzugten Ständen, die sich im Besitz von Kapital, Bildung und Talent befan- den und dem Arbeiterstande, der sich nur aus die physische Kraft stützte, immer ausfallender zu Tage kehrte. Diese socialen Mißstände nahmen während der lan- gen Friedensjahre, die das Gebiet der Industrie, die Macht der Bildung und die Zahl der Bevölkerung ins Unendliche erweiterten und steigerten, bedeutend zu und mehrten die Klagen über zunehmende Verarmung (Pauperismus). Der Zu- stand der Freiheit und Gleichheit, für dessen Begründung Ströme von Blut geflossen, schien der Menschheit ferner als je gerückt. Was hat die Welt gewonnen, so fragte man, daß der dritte Stand, die Bourgeoisie, dem Adel und Klerus gleichberechtigt zur Seite trat, wenn nun diese nämliche Bourgeoisie, mit einem Theil des Adels verschmolzen, den vierten Stand der besitzlosen Arbeiter (Proletarier) in größerer Knechtschaft hält, als er selbst sich je befun- den^ Ist das Recht der Gleichheit ein begrenztes? Hat die Revolution der Kirche ihre Besitzungen, dem Klerus den Zehnten, dem Adel die grundherrlichen Einkünfte, die sie seit vielen Jahrhunderten als Eigenthum besessen, nur deshalb entrissen, damit das Eigenthum des Mittelstandes vermehrt werde und die arbei- tende Klasse in größere Abhängigkeit und Dienstbarkeit gerathe? So lange die kriegerischen Großthaten und die mächtigen geschichtlichen Ereignisse der Revolu- tionszeit und der Napoleonischen Herrschaft die Aufmerksamkeit der Völker fessel- 33*

6. Bd. 2 - S. 330

1854 - Leipzig : Engelmann
330 Die französische Revolution. Hast- briefe. 1771. 1774. mehrende Interessen dargereicht, und was die Steuern und Auflagen betrifft, so waren zwar die dadurch erlangten Summen im Vergleich mit der heutigen Be- steuerung gering, allein sowohl deren Erhebung durch die Generalpächter und ihre blutsaugenden Unterbeamten als deren Vertheilung aus den Bür- ger- und Bauernstand, da der reiche Adel und die Geistlichkeit Steuer- freiheit genossen, machte sie für die untern Stande, die ohnedieß mit Zehnten, Frohnden und andern ihren Gutsherren schuldigen Abgaben schwer belastet waren, höchst drückend. Die Grund-und Vermögenssteuer (taille), die Kopfsteuer, die Häusersteuer (der Zwanzigste), die Zölle und die Salzauflagen u. a. m. entrissen dem geringen Mann die Früchte seines Erwerbs und hinderten das Aufkommen eines wohlhabenden Bürgerstandes, indeß die Generalpächter, denen die Regie- rung alle Abgaben gegen bestimmte Summen überließ, solchen Gewinn machten, daß sie in Kurzem Millionairs wurden. §. 704. e) Streit mit den Parlamenten. Run bestand die Sitte, daß alle Steueredikte und Gesetze bei dem obersten Gerichtshöfe in Paris (Par- lament) in Register eingetragen werden mußten (h. 609). Daraus folgerte dieser, daß in Ermangelung der Generalstände, die seit 1614 nicht mehr einberufen worden, die Gültigkeit der Auflagen und Verordnungen von seiner Bestätigung abhänge und daß er somit auch das Recht habe, durch Verweigerung der Ein- tragung sich den Gesetzen und Steueredikten zuwidersetzen. Dies erzeugte bei jeder neuen Auflage einen heftigen Streit zwischen dem Parlamentshof und der Regie- rung, der gewöhnlich dadurch geendigt wurde, daß der König eine Thron - oder Kissensitzung (lit ele justice) hielt und den Widerstand niederschlug. Außer den Steueredikten waren besonders die willkürlichen Haftbriefe (lettres àe cachet), welche in die Gerechtsame des Parlaments Eingriffen, ein Gegenstand des Haders zwischen dem Gerichtshöfe und der Regierung. Diese furchtbaren Siegel- briefe, die sich nicht nur die Minister, sondern auch Unterbeamte, Bischöfe, Fa- milienväter und Alle, die am Hofe einigen Einfluß hatten, leicht verschaffen konn- ten, waren ein despotischer Eingriff in die persönliche Freiheit, indem dadurch Jedermann ohne Verhör und Gericht in Haft gebracht werden konnte. Zehn Jahre lang kämpfte das Pariser Parlament und die mit ihm verbundenen Ge- richtshöfe der Provinzen gegen den Hof und die Regierung, aber nicht für Frei- heit und Volksrechte, sondern für Privilegien und Korporationsrechte. Die Beamtenaristokratie der Parlamente, stolz auf die erkauften Stellen und mächtig durch ein Heer von Schreibern und Advokaten,'war dem Zeitgeist und dem Fort- schritt mehr entgegen als die Minister. Die Parlamentsräthe haßten zwar die Jesuiten, weil sie den eben.so engherzigen Ansichten der Jansenisten bul- digten (§. 617.), aber sie ließen Rousse au's Emil durch Henkershand ver- brennen und verhängten schwere Verfolgungen über die kecken Bekämpfet verjähr- ter Ansichten, Einrichtungen und Vorurtheile. Nur wo ihr eigener Vortheil mit den Forderungen des Volks zusammentraf, huldigten sie den neuen Ansichten. Als daher der König, ihres beharrlichen Widerstandes müde, die widerstrebenden Mitglieder durch Soldaten gefangen nehmen ließ und dann den Pariser Gerichts- hof einer neuen Organisation unterwarf, wodurch dessen Oppositionsgeist gebro- chen ward, fanden sie so wenig Theilnahme bei dem Volke, daß sie es für gera- then hielten, sich demüthig in die Beschränkung zu fügen und eine Einrichtung zuzulassen, die ihnen weniger Macht, dem Hofe weniger Verdruß und dem Volke schnellere Justiz gab. — Daß Ludwig Xvi. sich bald nach seiner Thronbesteigung von seinem alten beschränkten Rathgeber und mehrjährigen Premierminister Maurepas bereden ließ, den Parlamenten ihre alte Einrichtung und Gewalt

7. Bd. 2 - S. 332

1854 - Leipzig : Engelmann
1776. Necker 1777-81 Mai 1781. Calonne 1783. 332 Die französische Revolution. leihen— Türgot und Malesherbes. Sie drangen auf gänzliche Umwand- lung der Verwaltung, auf Zulassung der Bürgerlichen zu den höhern Aemtern und Gerichtsstellen, auf Beseitigung der geheimen Polizei- und Beamtenwillkür, auf Abänderung der Besteuerungsart, auf Sparsamkeit im Staatshaushalt und auf Vernichtung aller den Ackerbau, Handel und Gewerbfleiß beengenden Schran- ken, namentlich auf Milderung der strengen Zunftrechte, welche der individuellen Thatigkeit und Betriebsamkeit hemmend entgegenstanden. Auf gleiche Weise suchte der Kriegsminister St. Germain die bei der Armee obwaltenden Miß- brauche zu heben. Nach ihrem Plane sollten die bestehenden Steuern allmählich durch eine neue, auch den Adel und Klerus umfaffende und auf einer Landesvermessung (Kataster) beruhende Be- steucrungsweise verdrängt werden; die Abstellung der Frohnden und Loskaufung der Feu- dallasten, die Aushebung der Zünfte, Innungen und Binnenzölle und die Einführung von gleichem Maaß und Gewicht sollte die Hebung des Bürger- und Bauernstandes befördern; Toleranz gegen die Protestanten, Beschränkung der Klöster, Verbesserung des Unterrichts- wesens und Freigebung der Presse sollte eine zeitgemäße Volksaufklärung begründen und die falsche Aufklärerei verdrängen; Verminderung oder Abstellung der Haftbriefe, deren über 1000 jährlich ausgcgeben wurden, sollte der Beamtcnwillkür steuern und Vertrauen zu der Regierung wecken; durch Beschränkung des Mißbrauchs bei den Pensionen, durch Verminderung des Zinsfußes der Staatsschuld und durch Sparsamkeit sollte Ordnung in die zerrütteten Finanzen eingeführt werden. Ein allgemeines Gesetzbuch sollte den Schluß- stein bilden. Der Kriegsminister S t. G er main, ein durch ein wechselvolles Leben viel- geprüfter Greis, wollte die Käuflichkeit der Ofsiciersstellen und den Vorrang der könig- lichen Garden vor den übrigen Heerabtheilungen abschaffen. Diese Vorschläge fanden so heftige Gegner theils an dem Adel und Hof (mit Ausnahme des Königs) theils an den Parlamenten, besonders aber an der Geistlichkeit (welche den ihren Jahreseinkünften drohenden Sturm durch eine freiwillige Abgabe (<1on gratuit) abzuwenden suchte), daß sich die Minister zur Niederlegung ihrer Stellen gezwungen sahen. h. 707. o) M iß li ch e Fina nzl ag e. Nicht besser erging es dem Genfer Banquiec Necker, der nach Türgot die Verwaltung der Finanzen übernahm. Hatte er schon als Bürgerlicher und Protestant eine schwierige Stellung, so mach- ten ihn die Mittel, die er zur Herstellung des zerrütteten Staatshaushaltes in Anwendung brachte — Sparsamkeit und Beiziehung der Provinzialstande — dem Hof und der Aristokratie vollends verhaßt und die Veröffentlichung des finanziellen Zustandes (eompte i-enllu) bei Gelegenheit einer Anleihe erregte solchen Unwillen gegen diese der öffentlichen Meinung dargebrachte Huldi- gung, daß er seine Entlassung verlangen mußte. Sein Abgang befreite den Hof von langweiliger Sparsamkeit, mehrte aber die Unordnung im Staatshaushalt. Die Ausgaben überstiegen jedes Jahr die Einnahme um viele Millionen; Anlei- hen konnten bei dem schwachen Kredit und der schon sehr hohen Staatsschuld nur unter unvortheilhaften Bedingungen erlangt werden und brachten blos eine kurze Erleichterung, ohne das Uebel zu heben. Der amerikanische Krieg verschlang die Einkünfte von drei Jahren und schuf dem Thron außer der finanziellen Verlegen- heit mächtige unbekannte Feinde durch Erweckung des Bürgerstolzes, des Republi- kanersinns und des Freiheitsgefühls bei Hohen und Geringen. In dieser kritischen Zeit übernahm der leichtsinnige, verschwenderische C a l o n n e die bedenkliche Fi- nanzverwaltung. Er wich von Neckers Sparspstem ab, kam den Wünschen der Königin und den Bedürfnissen der Prinzen und Homtte willig entgegen und t

8. Bd. 2 - S. 631

1854 - Leipzig : Engelmann
631 Die deutschen Verfassungskämpfe. werden sollte, wenn die Gerichte des Einzelstaates nicht competent sind. Im Vi. Abschnitt, welcher die Grundrechte d es deutsch en V o lkes enthält, wurde zunächst die Aus- hebung des Adels als Stand, so wie das Verbot der Titel und Orden entfernt; die Todesstrafe wieder hergestellt, gegen Mißbrauch der P r e ßfr e ih e i t größere Sicherheit geschaffen, die Glaubens- und Gewissensfreiheit von dem Zusatz befreit, daß Niemand verpflichtet sein solle, seine religiöse Ueberzeugung zu offenbaren, den Reli- gionsgesellschaften, „der Besitz und Genuß der für ihre Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwccke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds" gewährleistet, die Geistlichkeit nicht von dem Bcaufsichtigungsrecht des Unterrichts- und Erziehungswe- sens ausgeschlossen und die Aufhebung des Schulgelds für die Volksschulen gestrichen. Ferner wurde das Petitionsrecht beschränkt, das Verein s recht ermäßigt und die T h eilb a rk eit und Veräußert ichkeit des Grundeigenthums, sowiedieablös- b arkeit aller Feud a llasten und Zehnten und die Entschädigung für den Verlust der Jagdgerechtigkeit der Landesgesetzgebung anheimgestellt. Den Gemeinden war die Ortspolizei entzogen. In dem Vii. Abschnitt: „die Gewähr der Verfassung", ist der angefochtene Satz, daß eine Aenderung ohne Zustimmung d es Reichsobcr- haupts eintrete, wenn in drei Sitzungsperioden derselbe Reichstagsbeschluß unverändert gefaßt worden sei, entfernt. — Was endlich das Reichswah l ge setz betrifft, so wurde dasselbe gänzlich umgestaltet: indirekte und offene Wahlen nach dem oben angegebenen Drei-Klassensystem auf Grund des Steuer-Census und dabei Erhöhung des zur Wählbar- keit befähigten Alters von 25 auf 30 Lebensjahre. tz. 877. Schleswig-Holstein. (Vergl. h. 806. 852.) Die Bevölke- rung der vereinigten Herzogthümer Schleswig-Holstein hatte bisher mit eben so viel Beharrlichkeit als Mäßigung ihr Ziel, selbständige Verfassung und Anschluß an das stammverwandte Deutschland, verfolgt. Selbst in den stürmischsten Ta- gen hatte das Volk nie die ruhige Besonnenheit verloren, hatte sich fern gehalten von allen jenen maßlosen Ausschweifungen demokratischer Volksmassen, die in den meisten übrigen Staaten Deutschlands den Patrioten mit Widerwillen erfüllten. In der richtigen Einsicht, daß sie nur durch deutsche Hülfe ihren gerechten Kampf durchführen könnten, hatten sie sich selbst dem wenig ehrenvollen Waffenstill- stand von Malmö (§. 859.) gefügt, der in Frankfurt jene Scenen roher Grausamkeit hervorgerufen. Im Marz 1849 hatte dieser sein Ende erreicht und da die mittlerweile gepflogenen Friedensverhandlungen zu keinem Ergebniß geführt hatten, so kündigte Dänemark den Waffenstillstand zu einer Zeit, wo es von sei- ner Seemacht Gebrauch machen konnte. Die von Preußen und Dänemark gemeinschaftlich für die Dauer des Waffenstillstandes in den Herzogtümern er- nannte Regierung legte ihre Macht nieder, worauf die Frankfurter Centralgewalt eine Statthalterschaft für beide Lande bestellte (Wilh. Beseler, Graf Reventlow, Preetz). Nun rückten die deutschen Reichstruppen von Neuem in Schleswig ein; der Herzog von Coburg-Gotha war einer ihrer Führer; muthvoll und ohne Stammesneid fochten hier Preußen und Bayern, Hannoveraner und Würtemberger, Norddeutsche und Süddeutsche gegen den gemeinsamen Feind, ein schönes Bild deutscher Einheit und Eintracht. In jenen trüben Tagen, als durch die schwankende Haltung der preußischen Regierung gegenüber der Reichsverfas- sung eine beklommene Stimmung sich aller Gemüther bemächtigt hatte, wurden die Patrioten durch die unerwartete Nachricht erfreut, daß die deutschen Truppen siegreich gegen die Dänen gefochten, daß sie im Hafen von Eckernförde durch Strandbatterien das dänische Linienschiff „Christian Viii." in Grund geschossen 5. April, und die stolze Fregatte „Gesion", nach Vernichtung ihres Steuerruders zur Er-

9. Bd. 2 - S. 662

1854 - Leipzig : Engelmann
662 Die jüngsten Revvlutionsstürme. §. 897. Der Verfassungskampf in Kurhessen. — Hassenpslug, der sich durch seine frühere unheilvolle Thätigkeit den allgemeinen Haß des hessischen Volkes zugezogen und dessen gerichtlicheverfolgung in Preußen wegen Fälschung mindestens einen gänzlichen Mangel an Rechtsgefühl beurkundete, verfolgte standhaft den Plan, die Regie- rungsgewalt in Hessen auf Kosten der Verfassung zu stärken. Als am 16. Mai die vertagte Ständeversammlung in Kassel wieder zusammcntrat, verlangte das Ministerium, ohne Vorlegung eines Budgets oder Finanzgesetzes und ohne alle Angabe der Verwendung, die Ermächtigung zur Erhebung einer Staatsschuld im Belauf von 760,000 Thalern mittelst Schuld- und Kassenscheine, und als der Landtag dieses Ansinnen zurückwies, wurde die 13. Juni. Versammlung plötzlich und unerwartet aufgelöst, ehe für den Staatsbedarf in versassungs- 22. Aug. mäßiger Weise gesorgt worden. Neue Wahlen wurden angeordnet und im August kamen die der Mehrzahl nach demokratischen Stände abermals zusammen. Hier wiederholte Hassenpslug sein früheres Verfahren, indem er, ohne vorausgegangenen Nachweis des Staatsbedarfs, die Forterhebung der Steuern über den bereits abgelaufenen Termin hin- aus verlangte. Als die Versammlung diesen Antrag verwarf und sich in dem Beschluß ei- nigte, daß bis zur verfassungsinäßigen Vorlegung des Budgets die Erhebung der direk- ten Steuern zu unterbleiben habe, die indirekten zwar erhoben, aber nicht veraus- gabt, sondern als Depositum in der Staatskasse niedcrgelrgt werden sollten, benutzte der Minister diesen als „Steuerverweigerung" bezeichneten Beschluß zu einer nochmaligen Auf- 2. Sept. lösung. Nun ließ das Ministerium an den „bleibenden S t ä n d e a u s sch u ß" die Einladung ergehen, mit dem Staatsministerium zu einer Berathung in der Steucrsrage zusammenzutreten; da aber der Ausschuß in diesem Schritte die schlaue Absicht erkannte, dem Wortlaute der Verfassungsurkunde, der eine „Zuziehung" der Stände als erforder- lich angibt, scheinbar zu genügen, so lehnte derselbe die Einladung ab. Darin erkannte die Regierung einen „Verfassungsbruch" und den „ersten Schritt zur Rebellion" und traf demgemäß ihre Maßregeln. Ein Erlaß vom 6. Sept. gebot die Forterhebung aller Steuern; da aber der bleibende Ständeausschuß diese ohne seine Mitwirkung getroffene Verfügung für gesetzwidrig erklärte und die Steuererheber und Staatsdiener, die sich zur Beobachtung und Aufrechterhaltung der Verfassung eidlich verpflichtet hatten, aufforderte, der Verordnung keine Folge zu geben, so sistirten die Steuer- und Finanzbeamten alle Steuer-Erhebungen und die Gerichte unterließen die Anwendung des Stempelpapicrs. Dieser einmüthige Widerstand vermochte jedoch den festen Entschluß Hasscnpflugs nicht zu beugen. Trotz der tiefen Ruhe, die sich in der Hauptstadt wie im ganzen Lande zu erkennen gab, erklärte eine Verordnung vom 7. Sept. sämmtliche kurhessischen Lande in Kriegs- zustand, bestellte einen militärischen Oberbefehlshaber, der zugleich der verfassungsmä- ßigen Verantwortlichkeit enthoben war, ordnete eine strenge Ueberwachung der Tagcsprcsse an und unterwarf alle Staatsbürger den militärischen Gesetzen und Gerichten. Aber auch diese durch keine Rechtsverletzung von Seiten des Volks, durch keinen Ausstand oder Volkstu- mult hervorgerusene oder gerechtfertigte Maßregel blieb ohne Wirkung; die Behörden ver- harrten in ihrem passiven Widerstand und hielten sich strenge an das Gesetz und die be- schworene Verfassung, und die Bewohner der Hauptstadt wie des ganzen Landes beobach- teten dasselbe feste, ruhige Benehmen wie zuvor. Ungesetzliche Eingriffe der Polizei in die Druckereien wurden von den Gerichten und städtischen Behörden zurückgcwiesen und be- straft. Umsonst versuchte Hassenpslug, den Stadtrath von Kassel und die oberen Finanz- verwaltungs- und Gerichtsbehörden mit der ihm eigenen juristischen Jnterpretationskunst durch spitzfindige Deductionen von der Rechtsbeständigkeit feines Verfahrens zu überzeu- gen; seine Belehrung vermochte nicht ihre Ansichten von dcr Verfassungs- und Gesetzwidrig- keit der Verordnungen vom 5. und 7. Sept. zu erschüttern. Der Kriegszustand erwies sich als ohnmächtig. Der Oberbefehlshaber, betroffen über den unwandelbaren Widerstand der Gerichte und Behörden, fühlte sich in seinem Gewissen beunruhigt; er erkrankte und forderte

10. Bd. 2 - S. 163

1854 - Leipzig : Engelmann
Der Norden Europa's. 163 Die schöne Cultur des Reformationsjahrhunderts ging unter. Die Kunst ver- schwand ganz, und in der Literatur verdrängte die Nachahmung fremder Unnatur die nationalen Geistesprodukte. Frankreichs Sprache, Literatur und Moden herrsch- ten von nun an in Deutschland und im übrigen Europa. Geschmacklose Trach- ten, gepuderte Haare und Perrücken und die tausend Auswüchse einer unnatür- lichen Convenicnz galten fortan als Kennzeichen feiner Bildung. Das Spani- sche wurde durch das Französische verdrängt, aber auch das altdeutsche Volksthuni erlag dem Einfluß des Fremden. I!. Der Norden Europa's. tz. 586. Christine von Schweden. Durch Gustav Adolfs Herr-Christine schertalent und Feldherrngröße nahm Schweden einen mächtigen Aufschwung nach Außen undinnen. Wahrend der Minderjährigkeit seiner Tochter Chri- stine leiteten die fünf höchsten Beamten (worunter Axel Oxenstierna und zwei seiner Verwandten den größten Einfluß besaßen) als Vorsteher des Reichsraths die Angelegenheiten des Staats zwölf Jahre lang. 1032-44. Unter diesem Regiment vermehrte der Adel seine ohnedieß schon sehr hohen Vorrechte, so daß von dieser Zeit an eine mächtige Aristokratie mit dem Königthum in stetem Kampfe lag. Befreiung von Steuern und Zöllen, Jagd- und Fischereirecht und Alleinbesitz der einträglichen Aemter gehörten zu seinen Privilegien. Der Bauernstand war arm und gedrückt; die Krone hatte ein ge-' ringes Einkommen, das unter Christine noch abnahm, weil diese Fürstin, um ihre Liebe zu Künsten und Wiflenschaften, wie ihren Hang zu glanzenden Hof- festen und zu verschwenderischer Freigebigkeit zu befriedigen, viele Krongüter ver- kaufte. Die Besoldungen der Reichsräthe dagegen waren auffallend groß. — Durch Beförderungen der Künste und Wiflenschaften verlieh übrigens Christine ihrem Lande hohen Glanz. Sie selbst besaß vielseitige gründliche Kenntnifle und ging gerne mit Gelehrten um. Darum berief sie aus allen Landern Männer der Wissenschaft nach Stockholm (Salmasius, Cartesius, Heinsius, Hugo Grotius u. A.). Ihre Bildung war männlich wie ihr Charakter und Wesen, aber ihre Natur fühlte sich in dem rauhen protestantischen Norden nicht heimisch. Nach einer zehnjährigen selbständigen Regierung entsagte Christine der Krone von Schweden zu Gunsten ihres Vetters Karl Gustav, behielt sich eine bedeutende Leibrente vor und verließ das Land ihrer Väter. In Ins- bruck trat siefeierlich zur katholischenkirche über, durchreiste dann die Niederlande, Frankreich und Italien und nahm endlich ihren bleibenden Aufenthalt in dem von aller Herrlichkeit der Kunst angefüllten Rom, wo Künstler und Dichter ihr reichliches Lob und Schmeicheleien spendeten. Da ihre Geldbezüge in Stocken kamen, war ihr Alter von Sorgen verbittert. Sie starb im Jahr 1689. Ihre Leiche liegt in der St. Peterskirche. Eitel- keit war der Grundfehler ihrer Natur. §. 587. Karl X. Durch die Ausdehnung der Steuerfreiheit auf die vom Adel allmählich erworbenen, früher steuerpflichtigen Güter und durch die Ver- 11*
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