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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bd. 2 - S. 164

1854 - Leipzig : Engelmann
164 Das siebenzehnte Jahrhundert. Minderung des Kronguts waren bei Christina's Abdankung die königlichen Ein- künfte so zusammengeschmolzen, daß ohne eine übermäßige Belastung des gedrück- ten Bauernstandes die Regierungsausgaben nicht bestritten werden konnten. Der Adel mußte sich daher in die Nothwendigftit fügen, die seit Gustav Adolfs Tod durch Kauf, List oder Schenkung erworbenen Krongüter theils mit, theils ohne Entschädigung wieder herauszugeben. Die Herausgabe war aber sehr unvollstän- dig, daher unter der folgenden Regierung eine gänzliche Reduction aller Kron- güter erzwungen ward. a) Po lenkri eg. Um der beschränkten Königsmacht wenigstens äußern Glanz zu verleihen suchte der neue König Karl (X.) Gustav von Pfalz-Zweibrücken (Kleebürg) den schwedischen Kriegsruhm zu erneuern. Zu dem Ende gab er den Einflüsterungen eines verrätherischen polnischen Vicekanzlers Gehör und überzog das von äußern Feinden be- drohte und von innern Factionen zerrissene Polen mit Krieg. Die Weigerung Johann Casimirs von Polen, den neuen Schwedenkönig anzuerkennen und die von seinem Vater Siegmund (§. 510.) ererbten Ansprüche auf den schwedischen Thron aufzugeben, mußte als schwacher Grund zum Krieg dienen. W la d i s lav Iv. und sein Bruder und Nachfolgeri o h a nn Casimir, die Wl!d?s- Söhne des schwedischen S i e g m u n d, führten einen blutigen Kampfwider die als ge- laviv. wandtereiter ausgezeichneten Kosaken, die an den Küsten des schwarzen Meers Johann' ein kühnes Freibeuterleben führten, dem Namen nach der polnischen Schutzherrlich- .^Castmir feit unterworfen, in der That aber unter selbstgewählten Häuptlingen (Hetmans) einer wilden Ungebundenheit folgend. Da beschloß der polnische Reichstag, den Kosaken das Wahlrecht ihres Hetmán zu entreißen und das Land durch polnische Statthalter verwalten zu lassen. Der Druck der fremden Beamten, verbunden mit Religionszwang, brachte aber das wilde, streitbare Volk bald zur Em- pörung. Unterstützt von den Tartaren und Russen erkämpften sie sich Unab- hängigkeit von Polen und begaben sich dann unter die Schutzherrlichkeit des Zaar's von Moskau. Als Bekenner der griechischen Religion standen sie ohnedieß den Russen näher als den römisch-katholischen Polen. Umsonst kehrte (Kosakcn- der polnische Adel sein Schwert gegen die früher oft überwundenen Feinde; die 1647-54.Russen und ihre neuen Bundesgenossen behielten den Sieg über Wladislav, der noch vor Beendigung des Krieges kummervoll ins Grab sank; sie eroberten Smo- lensk und Kiew und bedrohten Polen im Osten zu derselben Zeit als der Schwedenkönig mit seinen abgehärteten Truppen und seinen im dreißigjährigen Kriege gebildeten Feldherren siegreich von Norden und Westen vorrückte. Die verrätherischen Statthalter (Starosten) von Posen und Kalisch übergaben die ihnen anvertrauten Provinzen dem schwedischen General Wittenberg. Karl Gustav selbst, kampflustig und ruhmbegierig, nahm Warschau und Krakau ein, nöthigte den König Johann Casimir zur Flucht nach Schlesien, eroberte Masovien und andere Landschaften und konnte sich, als auch das von den Russen bedrängte Litthauen sich den Schweden unterwarf, als Herrn von Polen ansehen. Um das Erworbene sicherer zu behaupten, schloß er mit dem großen Kurfürsten Friedrich

2. Bd. 2 - S. 244

1854 - Leipzig : Engelmann
244 Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. schein, als sollten die polnische und russische Krone auf Einem Haupte vereinigt werden, als ein Theil der russischen Großen den polnischen Prinzen Wla d is lav Wasa als Zaar ausrief — aber der Uebermuth der in Moskau gebietenden Po- len und die Verschiedenheit der Sitten und Religion vereitelten den Plan. „Ver- schwörungen, Verrathereien und Ermordungen füllten Moskau mit Mißtrauen und Blut." Müde der Verwirrung ermannten sich endlich die russischen Großen, trieben die Polen aus dem Kreml und vereinigten sich zur Wahl des 17jährigen Mi ch a el Rom a n o w, der ein Sohn des geachteten Erzbischofs und mütter- licher Seits ein Abkömmling des altenzaarenhauses war. Ein aus Adel, Kle- rus und Städteabgeordneten gebildeter Reichstag entwarf ein Staats- grundgesetz, wornach Michael für sich und alle seine Nachkommen unum- riow'sches schränkte Zaarengewalt erhielt. Mit ihm beginnt das Romanow'sche Haus Regentenhaus, dem Rußland seine Größe und Ausbildung zur europai- i6i schen Großmacht verdankt. Michaels Mäßigung und F r i e d l i e b e war sehr geeignet die innern Wunden zu heilen. Er ordnete die Grenzen durch Frie- densschlüsse mit Polen und Schweden, und mußte auch manche Eroberung diesen mächtigen Nachbarn überlassen bleiben — die Russen nahmen spater Alles mit 1645°-76. Wucher zurück. Schon Michaels Sohn Alex ei Romanow erwarb durch den großen Polenkrieg (§. 587.) Smolensk, Severien und andere Orte und brachte die streitbaren, wohlberittenen Kosaken zur Anerkennung der russischen Oberhoheit. Doch mußte er ihnen die freie Wahl ihres Hetmans und die mili- tärisch-demokratische Verfassung bestätigen. Zugleich eröffnete Al ex ei Handels- wege nach Persien und China über Sibirien und die Wolga herauf, hob die innere Betriebsamkeit und begünstigte europäische Cultur. Sein ältester Sohn 1676-82 Teodor that einen großen Schritt zur kaiserlichen Allgewalt durch Vernichtung der Geschl e ch ts register (Rosrad), auf denen die Ansprüche der Adels- 1682. familien beruhten. Nach seinem Tod änderten die Strelitzen durch einen Aufstand die von Feodor getroffene Thronfolgeordnung; als aber Peter, Alexei's jüngster Sohn, das 17. Lebensjahr erreicht hatte, riß er sein Recht wie- 1689. der an sich und führte dann mit starker Hand diealleinherrschaft. Seine ehr- geizige Schivester Sophie, die ihn zu verdrängen gedachte, endete ihre Tage im Kloster. ^Große° §♦ 642. Peter der Große. „Der junge Zaar Peter war ein außer- "i725~ ordentlicher Mensch, von einer Schnellkraft, die nie gelähmt werden zu können schien, und von einem Wahrheitssinn, den kein religiöses oder politisches Vorur- theil tauschen konnte. Sein Ehrgeiz, so gränzenlos er war, verleitete ihn nie zur Eitelkeit, seine Wißbegierde nie zur bloßen Neugier, sein großer Monarchie-Plan nie zur kahlen Habsucht des Eroberers, und so rastlos thätig er war, so standhaft war er auch in allen seinen Entwürfen." Als Mittel der Cultur dienten ihm Rei- sen, vertrauter Umgang mit Menschen aller Art und eigene Versuche. Durch den Hauptmann Le fort aus Genf erfuhr der Zaar zuerst, wie die Länder des civi- lisirten Europa aussähen; dies erzeugte in seinem empfänglichen Gemüthe Liebe zur Ordnung und Cultur und Haß gegen Barbarei. Von dem an ging sein gan- zes Streben dahin, das russische Reich aus einem asiatischen, wie es bisher ge- wesen, in einen europäischen Staat umzuwandeln. Zu dem Zweck beförderte er die E i n w a n d e ru n g ausländischer H a n d w e r ke r, Seeleute und O f- fizierenach Rußland, unbekümmert um den Fr em d en h aß seiner Lands- i697‘ leute; dann unternahm er im Gefolge einer Gesandtschaft, an deren Spitze Lefort stand, seine erste Reise über Norddeutschland nach Holland und England, um den Schiffbau zu erlernen. Und damit er dieses Ziel sicherer erreichte, trat er in

3. Bd. 2 - S. 245

1854 - Leipzig : Engelmann
Das Zeitalter Ludwigs Xiv. 245 Saardam (Zaandam) unweit Amsterdam bei einem Zimmermann in Arbeit und verkehrte in England hauptsächlich mit den Schiffleuten auf den Werften. Die Werkstätten der Künstler und Handwerker, die Mühlen, Dämme, Maschinen und dergl. feffelten die Wißbegierde des jungen Regenten. In England wurde er so von Bewunderung für die Seemacht hingerissen, daß er ausrief: wäre ich nicht Zaar von Rußland, so möchte ich englischer Admiral sein! Als er das Land ver- ließ, um sich über Wien nach Venedig zu begeben, schickte er eine große Anzahl Seeleute, Wundärzte und Künstler in seine Heimath. Kaum aber war Peter nach Wien gelangt, so nöthigte ihn ein von den gegen die Neuerung und die Fremdlinge erbitterten Großen erregter Aufstand der Strelitzen zur schleu- ^98. nigen Rückkehr. Die Empörung wurde unterdrückt und die Schuldigen mit furcht- barer Härte gezüchtigt. Das Hängen, Rädern, Enthaupten dauerte mehrere Wo- chen lang; der Zaar legte selbst Hand an. Denn trotz seines Strebens, der euro- päischen Cultur in seinen Staaten Eingang zu verschaffen und trotz seiner euro- päischen Tracht, die er auch seinen Unterthanen gebot, blieb Peter doch in Sitten, Denkungsart und Herrscherweise ein Barbar, dem Branntweintrinken ergeben, roh in seinen Begierden und wüthend im Zorn. Dkeser Aufstand beför- derte seinen Plan, das russische Kriegswesen allmählich durch das europäische zu verdrängen. Er errichtete zwei Garden, schuf aus dem Adel eine Cavalerie und bildete aus den Rekruten, die ihm die Geistlichen und Edelleute liefern mußten, eine Infanterie. Fremde in russische Dienste getretene Offiziere übten die Truppen nach europäischer Weise ein und vervollkommneten seine Artillerie. So kam es, daß er bereits in dem oben erwähnten Türkenkrieg festen Fuß am Aso w sch en Meer fassen konnte, indem er durch den Earlowitzer Frieden (tz. 620.) 1699. der Pforte die mit Hülfe brandenburgischer, östreichischer und holländischer Heer- führer eroberte Stadt Asow abtrotzte und dann Taganrog anlegen ließ. Wie erstaunten die Türken, als plötzlich eine russische Fregatte in den Hafen von Con- stantinopel einlief! Der Schwedenkrieg öffnete den Russen bald auch die O stsee. §. 643. Polen. Als der kriegskundige König Johann Sobieski (§. 620.) nach vergeblichen Mühen, das polnische Staatswesen zu ordnen und den Trotz des Adels zu bändigen, von häuslichen Leiden niedergebeugt kummervoll ins Grab gestiegen war, erhob sich ein neuer Wahlkampf zwischen den Anhängern 16!,ß- eines französischen Thronbewerbers und der Partei des Kurfürsten Friedrich August von Sachsen. Der letztere trug den Sieg davon, weil die durch den Verkauf deutscher Aemter und Städte erlangten Geldmittel des sächsischen Be- werbers weiter reichten. Friedrich August, ein durch seine Körperstärke, wie2g , durch seine Galanterie und Prachtliebe bekannter Fürst, wurde zum König von' roo?. Polen ausgerufen, nachdem er vorher zum Jubel des römischen Hofes in den Schooß der katholischen Kirche übergetreten und den machtlosen Thron durch Verzichtung auf seine große protestantische Stellung in Deutschland und auf die Liebe und das Vertrauen eines treuen Volkes erkauft hatte. Der polnische Adel, der allein Staatsbürgerrechte besaß, indeß der Bauer in harter Leibeigenschaft schmachtete und der Bür^erstand sich nicht aus seiner untergeord- neten Stellung emporzuarbeiten vermochte, benutzte jeden Wahlkampf zur Erwei- terung seiner Corporationsrechte und zur Minderung der Königsgewalt durch be- schränkende Capitulalionen (pacta convente,), bis der Staat die Form einer demokratischen Adelsrepublik erhielt, in welcher das gewählte Oberhaupt nicht viel mehr als der Vollstrecker der Reichstagsbeschlüsse war. Parteileidenschaften, Conföderationen, stürmische Berathungen, die den polnischen Reichstag sprich-

4. Bd. 2 - S. 253

1854 - Leipzig : Engelmann
253 Das Zeitalter Ludwigs Xiv. schen Königsgesetz, ein Verfahren, das in der neuesten Zeit seine blutigen Früchte getragen hat. — August Ii. wurde als König von Polen anerkannt. Am längsten dauerte der Krieg mit Rußland. Erst als Peter die schwedische Küste mit Feuer und Schwert barbarisch verheeren ließ, willigte endlich die Regierung im Frieden von Nystädt in die Abtretung der reichen Provinzen Jngermanland, Esthland, Lievland und eines Theils von Ca re lien an die Russen gegen die geringe Entschä- digung von zwei Millionen Thaler. §. 650. 2) Rußland. Wie ganz anders ging Rußland aus dem Kampfe hervor. Der Zaar, der nunmehr den Kaisertitel annahm, hatte seinem Reiche blühende, cultivirte Länder erworben, seiner neugegründeten Seemacht zwei Meere erschlossen, die wenig bevölkerte Provinz Jngermanland durch erzwungene Uebersiedelung volkreich gemacht, Petersburg, das der europäischen Cultur naher lag als Moskau, zum Sitz der Regierung und zur Hauptstadt des Reiches erhoben und durch großartige Anlagen und Bauwerke in Aufschwung gebracht. Durch Anlegung von Canälen und Landstraßen erleichterte Peter den inner» Verkehr seines unermeßlichen Reiches; mit den Seestaaten des Auslandes wurden direkte Handelsverbindungen angeknüpst und zu dem Ende Seehäfen angelegt und die Schiffahrt befördert. Gewerbe und Manufakturen erfreuten sich besonderer Begünstigungen und neu erschaffene Berg we rke för- 4 derten den inneren Reichthum des Landes zu Tage. Dies hatte zur Folge, daß am Ende des zweiundzwanzigjährigen Krieges der russische Staat nicht nur schul- denfrei war, sondern das Finanzwesen sich in so gutem Zustande befand, daß der Kaiser unmittelbar nachher einen Krieg gegen Persien, hauptsächlich für 1722-24 Handelszwecke, unternehmen konnte. Auch die ganze Verwaltung des Reichs bekam durch Peter eine neue Gestalt. An die Stelle des alten Bojarenhofs trat der vom Kaiser abhängige und von ihm ernannte Senat als oberstes Reichsgericht in Petersburg; und in den Ukasen wurde nicht mehr wie früher der Zustimmung der Bojaren zu dem Willen des Souveräns gedacht. Zehn neue Regierungs-Kollegien mit bestimmtem Geschäftskreis leiteten die Verwaltung in den Provinzen. Eine nach französischem Muster eingerichtete Polizei sicherte die Hauptstadt, aber leider glaubte Peter, daß eine geheime J n- quisitionskanzlei auch zur guten Polizei gehöre, und ließ daher dieses von Iwan Wasiljewitsch gegründete schreckliche Institut bestehen. — Ja selbst eine Akademie der Wissenschaften wurde in Petersburg gegründet, aber von ihren gelehrten Forschungen hatte das rohe Volk keinen Gewinn. — Eine der folgen- reichsten Neuerungen Peters des Großen war die Aufhebung der Patriar- 1700. chenwürde und die Errichtung der h e i l i g e n S y n 0 d e als oberster Kirchen- behörde, welcher der Kaiser Verhaltungsbefehle ertheilte. Eine nach dem Tode des Patriarchen Adrian von Peter angeordnete zwanzigjährige Verwesung sei- ner Stelle hatte das Volk zuvor eines kirchlichen Oberhauptes entwöhnt. Hätte Peter noch seinen Plan, dem ganzen Reiche ein allgemeines Gesetzbuch zu ver- leihen, ausgeführt, so wäre die Staatsorganisation zur Vollendung gebracht wor- den. — Aber wie viel Peter auch für Cultivirung seines Landes that, er selbst blieb bis an das Ende seines Lebens ein der Völlerei und rohen Sinnesgenüssen ergebener Despot. Eine zweite, in Begleitung der Kaiserin Katharina unternom- mene Reise durch Deutschland nach Holland und Frankreich bewies, wie weit noch die russischen Sitten hinter der europäischen Civilisation zurückstanden; und Pe- ters Verfahren wider seinen einzigen Sohn Alex ei, auf den er die Abneigung gegen dessen verstoßene Mutter übertragen, zeugt von der harten Gemüthsart des Machthabers. Durch Trotz und störrisches Wesen hatte Alexei die Liebe seines

5. Bd. 2 - S. 256

1854 - Leipzig : Engelmann
256 Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. geleitete Adelsaristokratie den D i ssi d enten, welche als Anhänger der Schwe- den galten, die seit zwei Jahrhunderten genossenen kirchlichen und bürgerlichen 1717. Rechte zu entreißen. Ein auf einem au ßero r dent li ch en Rei ch s ta g v er- fassungs widrig durchgeführtes Gesetz verbot ihnen Kirchen zu bauen; und als in der protestantischen Stadt Thorn der allgemeine Haß gegen die frieden- störenden Umtriebe der Jesuiten sich in einem Volksaufstand wider das Jesui- 1724. ten-Collegium Luft machte, bewies der Orden seine Macht durch die furcht- bare Rache, die er an dem Magistrat und der Stadt nahm. Die beiden Bürger- meister Rösner und Zernecke nebst mehreren der angesehensten Bürger star- den auf dem Schaffot, die Hauptkirche mußte den Katholiken eingeräumt werden und nur durch Entrichtung einer hohen Entschädigungssumme vermochte die Bürgerschaft endlich den Groll der Vater zu versöhnen. Kurz vor dem Tode Friedrich Augusts Ii., der zu Gunsten seiner ehemaligen Glaubensgenossen keine Schritte zu thun wagte, um nicht den Schein einer geheimen Anhänglichkeit an Luthers Lehre auf sich zu ziehen, wurden alle Dissidenten durch Reichstags- 1733- beschluß sowohl von der Nationalrepräsentation als von allen Staatsämtern aus- geschlossen. War es unter diesen Umständen zu verwundern, daß die Dissidenten ihre hoffenden Blicke auf Rußland richteten, das diese Zwietracht zu seinem Vor- theile zu benutzen verstand? §. 652. Der polnische Erbfolgekrieg, 1733 und 1734. Nach Friedrich Augusts Ii. Tod schwur der zu einer Convocation zusam- mengetretene Adel, nur einen Einheimischen (Piasten) als König anzuerken- nen und theilte dem unter einer Verkleidung aus dem Elsaß nach Warschau geeilten Stanislaus Lesczinski (der seit seiner Flucht [§. 647.] in ärmlichen Umständen zuerst in dem seinem Schutzherrn Karl Xii. zugehören- den Zw eib rücke n, dann in Weißen bürg gelebt, bis ihn die Vermäh- lung seiner Tochter mit König Ludwig Xv. von Frankreich aus aller Noth Friedrich befreite) die Krone zu. Aber Rußland und Oeftreich begünstigten die Be- Ä'lwerbung von Friedrich Augusts gleichnamigem Sohn, dem ebenfalls zur katholischen Kirche übergetretenen Friedich August Iii. von Sach- sen, theils um Frankreichs Einfluß von Polen ferne zu halten, theils weil der Kurfürst beiden Höfen Vortheile in Aussicht stellte, dem östreichischen die Bestätigung der pragmatischen Sanction (§. 658.), dem russi- schen die Belehnung Birons mit der Herzogswürde von Kurland (§. 650). Stanislaus Lesczinsky, obwohl von der Mehrheit der polnischen Nation an- erkannt und französischer Hülfe versichert, mußte aus Mangel an Kriegs- muth vor seinem, in Praga unter russischem Beistand von wenigen Edel- leuten und Prälaten ausgerufenen und von Münnichs Kriegsschaaren ein- geführten Mitbewerber nach Danzig entfliehen, wo er lange umsonst auf französische Unterstützung harrte. Und als endlich der friedliebende Fleury zur Absendung einiger Schiffe vermocht wurde, war die geringe Kriegs- macht nicht im Stande, die Russen von Danzigs Mauern zurückzuschlagen. m4. Stanislaus floh in Bauerntracht nach Königsberg und von da nach Frankreich und überließ Polens Krone seinem Mitbewerber. Danzig wurde 1737. schwer gezüchtigt. Aber Stanislaus, ein Mann ohne Kraft und Cba-

6. Bd. 2 - S. 403

1854 - Leipzig : Engelmann
403 Das französische Kaiserreich. Heer unter Benningsen u. A. nach Ostpreußen abschickte, um die Franzosen vom Uebergang über dieweichsel abzuhalten. Da erließ Napoleon einen von Dombrowski u. A. Unterzeichneten Au fr uf an die Polen, worin dieses mißhandelte Volk aufgefordert ward, zum Kampf für Freiheit und Unabhän- gigkeit auszuziehen. Fälschlich bediente man sich dabei Kosciuszko's Namen. Begeistert von dem Gedanken, das alte Polenreich wieder ins Dasein zu rufen, schloffen sich alle von Vaterlandsliebe und Nativnalgefühl durchdrungenen Polen dem französischen Kaiser an, der ihnen Befreiung von dem schweren Joche und Rache an ihren Widersachern verhieß. Bereitwillig brachten sie die größten Opfer und verstärkten die Reihen der französischen Krieger mit ihren tapfern Schaaren. Sie bedachten nicht, daß sie ihr Herzblut für einen Beherrscher ver- gossen, der für fremde Nationalität kein Gefühl besaß und der in Italien, Deutschland und Niederland Lander und Völker mit despotischer Laune bald trennte, bald vereinigte. Am 2. Januar zog Napoleon unter dem Jubel des Volkes in Warschau ein; aber nur zu frühe merkten die Polen, daß sie ihre Hoff- iso7, nungen herabstimmen müßten, daß der fremde Sieger, dessen Soldaten sie nähr- ten und kleideten und für den ihre tapfersten Streiter ins Feld zogen, mehr auf die Befriedigung seines Ehrgeizes und seiner Herrschsucht als auf die Wiederbe- lebung ihres Reiches bedacht sei. Mit ihren Gütern bereicherte er seinen kriegeri- schen Lehensadel; aber nicht einmal der Name Polen kehrte ins Dasein zurück/ Mörderische Schlachten wurden an den Ufern der Weichsel geliefert und bei Pultusk und Morungen Ströme von Blut vergossen. Aber der Hauptschlag geschah in der Schlacht von Preußisch - Eylau, wo der 81s-, Kriegsmuth der Franzosen und Russen einen Kampf erzeugte, der an Mcn- schenverlust den blutigsten Ereignissen der Weltgeschichte gleichkommt. Gegen 60,000 Todte und Verwundete deckten die Wahlstatt; beide Theile sprachen den Sieg an und die Anstrengung und Erschöpfung war so groß, daß der Krieg eine viermonatliche Unterbrechung erlitt. Während dieser Zeit wurden neue Unterhandlungen eingeleitet; allein so sehr auch der mit seiner Familie in Memel weilende König von Preußen die Beendigung des Kriegs wünschte, um sein Volk von der furchtbaren Bedrückung der Franzosen zu befreien, so war er doch zu redlich, seine Sache von Rußland und England (mit welchem letztern er zu Anfang des Jahres einen Vertrag geschlossen) zu trennen. Auch hoffle er, durch eine glückliche Wendung des Krieges von dem französischen Kaiser, dem bei aller Erpressung die Unterhaltung einer so großen Armee in der Ferne sehr schwer siel, mildere Bedingungen zu erlangen, als dieser bis- her geboten, zumal da der zwischen Preußen und Rußland abgeschlossene Vertrag von Bartenstein eine europäische Coalition gegen die franzö-26.April, fische Uebermacht erwarten ließ. Aber als auch in Schlesien durch die Rath- losigkeit des Statthalters und die Feigheit der Befehlshaber die Festungen an der Oder, Glogau, Brieg, Schweidnitz und Breslau in die Hände der Franzosen kamen, als selbst Danzig von dem tapfern Komman-^^"' danten Kalkreuth dem Marschall Lefebvre (daher Herzog von Danzig) übergeben werden mußte, und als der Kaiser von Rußland, durch schlimme 26*

7. Bd. 2 - S. 471

1854 - Leipzig : Engelmann
Die belgische Revolution und Polens Erhebung. 471 ryski, Niemcewicz und dem General Chlopicki) zusammengesetzte provi- sorische Regierung nahm einstweilen die Leitung der Dinge in die Hand. Da sie aber den langsamen Weg der Unterhandlung einschlugen statt den neu- erwachten Kriegsmuth und die frische Begeisterung der patriotischen Bürger und der feurigen Jugend zum stürmenden Angriff gegen das unvorbereitete und unge- rüstete Rußland zu gebrauchen, so nahm von vorn herein die Jnsurrection eine unglückliche Wendung. Kein Wunder, daß die meisten Glieder der provisorischen Regierung bald in den Verdacht des Verraths kamen und durch andere demokra- tisch gesinnte Patrioten, den Professor Lelewel an der Spitze, verdrängt wur- den. Chlopicki, ein bedächtiger, an methodische Kriegführung gewöhnter General, behielt die Leitung des Heerwesens und wurde auf Veranstaltung der Aristokraten, die in dem ungestümen Treiben der kriegslustigen Jugend und der republikanischen Clubs nur Unheil erblickten, zum Diktator ernannt. Wie konnte man hoffen mit dem gezogenen Schwert in der Hand von dem zürnenden Machthaber in Petersburg Gnade oder Zugeständnisse zu ertrotzen? und doch wiesen Chlopicki und seine aristokratischen Rathgeber den Vorschlag der Patrioten, durch Aufhebung der Leibeigenschaft das Volk an dem Nationalkampf zu bethei- ligen und die unter östreichischer, preußischer und russischer Obmacht stehenden Provinzen des ehemaligen Polenreichs zur Empörung auszurufen, entschieden ab und setzten ihr Vertrauen auf Frankreichs gleißnerische Zusagen und auf diploma- tische Unterhandlungen, durch die sie hofften, die polnische Revolution in den Augen der europäischen Mächte als eine legitime darzustellen und sich den Weg der Gnade bei dem Kaiser offen zu halten. Sie vergaßen die alte Lehre, daß wer das Schwert zum Aufruhr erhebt, die Scheide wegwerfen müsse. Spaltung und Mißtrauen hemmten alle Unternehmungen, indeß Kaiser Nicolaus Anstalten traf, ein Heer von 200,000 Mann unter Feldmarschall Diebitsch in Polen ein- rücken zu lassen. Der in Eile zusammengerufene Reichstag bestätigte die D icta- tur Ch lop i cki's, stellte ihm aber eine Aufsichtskommission zur Seite. Zwistigkeiten mit dieser bewogen jedoch den Dictator bald, alle seine Würden niederzulegen und als gemeiner Krieger in das Heer einzutreten. Bei der Wahl seines Nachfolgers als Befehlshaber des Heers waltete wieder aristokratischer Einfluß vor — sie siel auf den reichen, des Kriegs unkundigen Fürsten Radzi- vil; bei der Verwaltung besaß Fürst Adam Czartoryski das meiste Ansehen. Ein Neichstagsbeschluß sprack die Entthronung des Kaisers Nikolaus und des Hauses Romanow in Polen aus. Nach vollendeter Befreiung sollte eine constitutionelle Monarchie auf neuer Grundlage errichtet werden. So schnitt man einerseits jede Versöhnung ab und verwarf doch anderseits aus Eigennutz die Freig ebung der Bauern und die Erweckung eines Volks- kriegs, der allein Polen hätte retten können. Die Hoffnung, daß Frankreich sich des alten Bundesgenossen annehmen würde, erwies sich als eitel. Ludwig Philipp war mehr auf Befestigung seiner jungen Krone als auf Erwerbung von Kriegsruhm bedacht. •—- Im Felde bewahrte sich indessen die polnische Tapferkeit aufs Glänzendste. Trotz der Ueberlegenheit der russischen Srreitkrafte waren die Polen in den meisten Gefechten siegreich. Chlopicki und Skrzynecki fochten mit Heldenmuth, indeß Radzivil sich hinter Praga's Mauern barg. Um- sonst drang Diebitsch bis in die Nahe der polnischen Hauptstadt vor; die Schlacht bei Grochow, wo die Sensentrager das schönste Reiterregiment der Russen vernichteten, nöthigte ihn zu einem nachtheiligen Rückzug. Nun trat Skrzynecki an die Spitze des Heers. Aber so tapfer er auch im Felde war, so schadete er doch der polnischen Sache durch Unschlüssigkeit, Zögern und Unterhan- 2ñ. Jan. 1831. 19. u. 20. Februar 1831.

8. Bd. 2 - S. 472

1854 - Leipzig : Engelmann
472 Die Zeit des heiligen Bundes. deln, immer im Vertrauen auf die Vermittelung der Mächte und die beruhigen- den Zusagen der Diplomaten, wahrend Rußland mit Energie handelte. Der tapfere D w e r n i ck i, der Volhynien zum Aufstand bringen wollte, wurde durch die Uebermacht der Feinde so sehr ins Gedränge gebracht, daß er sich nur durch einen kühnen Marsch, der den größten Waffenthatcn der neuern Kriegsgeschichte beizuzahlen ist, auf östreichisches Gebiet retten konnte, wo man ihn nebst seinen 6000 tapfern Streitern als Kriegsgefangene zurückhielt. Endlich erwachte Skrzy- necki aus seiner Unthätigkeit; er zog im Mai über den Bug, wurde aber von -6 Mai Diebitsch durch einen kühnen Eilmarsch erreicht und in der Schlacht von Ostro len ka besiegt. Sie war der Wendepunkt der polnischen Revolution. Zwietracht, Parteiung, Verrath und die Sirenenstimme der französischen Zwi- schenträger führten Polen seinem schnellen Untergang entgegen. Diebitsch starb s. Juni, an der Cholera. Sein Nachfolger wurde der unternehmende Paskiewitschfder von der Eroberung der persischen Stadt Eriwan mit dem umliegenden Gebiet (1828) den Beinamen Eriwan ski führte). Dieser setzte (unterstützt von Preußen, das von demerfolg der polnischen Revolution den Abfall seiner östlichen Provinzen fürchtete) über die preußische Weichsel und näherte sich den Mauern von Warschau, wo die größte Rathlosigkeit herrschte. Das Volk der Hauptstadt, im Glauben, daß das Mißlingen der Revolution von Verrath herrühre, ließ seine Rache an den Aristokraten und Russenfreunden aus und mordete 30 dieser Unglück- August. lichen. Entsetzt floh Czartoryski in das Lager, wo Dembinski in Skrzynecki's Geist den Oberbefehl führte, und bewirkte durch seine Entfernung, daß die Regie- rungsgewaltin die Hände eines Mannes gerieth, der entweder ein höchst beschränkter Kopf oder ein Verräther war; — Krukowiecki wurde von dem Reichstage zum Regierungs-Präsidenten mit dictatorischer Gewalt ernannt. Dieser gab, als Paskiewitsch sich mit seinem großen Heere der Hauptstadt näherte, durch die widersprechendsten Maßregeln und verkehrtesten Einrichtungen seine Muthlosigkeit und Verzweiflung an jedem Erfolge zu erkennen. Tapfer widerstand die polnische Armee den stürmenden Feinden bei Wola, der alten Wahlstätte der Könige, und die Heldenthaten des vierten Regiments im dortigen Kirchhofe wurden seither in Liedern gefeiert; über 11,000 Russen waren bei dem zweitägigen Sepil'r' Sturme bereits gefallen; da übergab Krukowiecki Warschau und Praga ver- 1831. tragsmäßig und überlieferte sich, von dem abziehenden Heer als Verräther ausge- ftoßen, dem siegreichen Feinde zum Kriegsgefangenen. Regierung und Reichstag begaben sich mit der Armee nach Modlin. Unter sich entzweit und von den Russen bedroht blieb ihnen kein Ausweg, als sich auf preu ß isch es Gebiet zu flüchten. Hier wurden die tapfern Streiter, 24,000 Mann stark, entwaffnet und so lange verpflegt, bis, nach gänzlicher Bezwingung Polens, Kaiser Nicolaus durch eine Amnestie den Meisten die Rückkehr gestattete. Dasselbe Schicksal hatte Ram orino, der sich schon vorher mit seinem Heer nach Galizien geflüchtet. Der Gnade des zürnenden Kaisers mißtrauend kehrten die polnischen Patrioten zu Tausenden ihrem Vaterlands den Rücken und wanderten nach Frankreich, Eng- land, der Schweiz und andern Ländern aus, vorziehend das Brod der Trübsal auf freiem, wenn auch fremdem Boden zu essen, als der allmählichen Vernich- tung der polnischen Nationalität geduldig zuzusehen. Die Theilnahme der deut- schen Völker, welche die Unglücklichen auf ihrem schweren Gange aufnahmen und bewirtheten, war eine Linderung ihres Kummers. In Polen, Litthauen, Vol- hynien ergingen schwere Strafgerichte über die Schuldigen; Sibiriens Bergwerke bevölkerten sich mit Verurtheilten, einige wurden am Leben, eine große Anzahl an ^1832^' ®ui beschädigt. Durch das „organische Statut" verlor Polen seine

9. Bd. 2 - S. 508

1854 - Leipzig : Engelmann
508 Die Zeit des französischer! Bürgerkönigthums. Unterdrückung des aufstrebenden Demokratismus und zur Bewältigung der von den emigrirten Polen geleiteten Verschwörungen und Umwalzungsversuche. Das gemüthliche östreichische Volk, mehr auf Genuß als auf Freiheit bedacht, ertrug mit großer Ergebung das patriarchalische Regiment, welches Fürst Met- ternich unter einem humanen Regentenhaus aufgerichtet hatte. Ausgeschlossen von deutschem Leben und deutscher Cultur und durch ein strenges Absperrungs- system getrennt von der Nation, mit der es ein Jahrtausend in trüben und fröh- lichen Tagen zusammengehalten, wurde Oestreich den deutschen Zustanden und Interessen immer mehr entfremdet; und mit fremden Nationalitäten zu einem unnatürlichen Ganzen verbunden, merkte es nicht, daß sein Staatswesen einem „S ch utt" cntgegenging, wie ihn sein Dichter ergreifend geschildert. — Preußen schien zu vergessen, daß seine wahre Macht in seiner Volksthümlichkeit bestehe, daß Friedrich Ii. seine Siege nicht minder der Sympathie der Völker als der Tapferkeit seiner Heere verdankte. Im Besitze der größten Intelligenz, des vor- trefflichsten Kriegswesens, einer blühenden Industrie und beherrscht von einem glorreichen Fürstenhause würde Preußen eine gebieterische Stellung unter den eu- ropäischen Staaten gewonnen haben, hätte es sich dem übrigen Deutschland fest und innig angeschlossen, wäre die Regierung dem Freiheitsbedürsniß des Volks durch constitutionelle Staatsformen entgegenkommen, hätte der König seinen Stützpunkt lieber im liberalen und aufgeklärten Mittelstand als in einer kleinen Zahl von Aristokraten, Strenggläubigen, Beamten und Gelehrten gesucht Mit Deutschland zu einem Ganzen verbunden und die kleinern Staaten von Mittel- europa unter seinen Schutz nehmend, würde ein constitutionelles Preußen mit Glaubens- und Lehrfreiheit die vermittelnde und gebietende Macht zwischen dem Osten und Westen gewesen sein, während es im Anschluß an den absoluten Osten und im hochmüthigen Streben nach dem Range einer selbständigen Großmacht eine untergeordnete Stelle in der europäischen Völkerpolitik einnahm. — Ruß- land, der Schrecken der Demokraten, die Stütze aller nach Absolutismus stre- benden Regierungen, ist durch seine autokratischeherrschermacht stark nach Innen, durch diplomatische Klugheit mächtig nach Außen. Kaiser Ni c o laus , von dem Gedanken beseelt, „die russische Nationalität aus sich selbst heraus zu civilisiren und in dieselbe alle unterworfene Volksstämme hineinzuziehen, in der Sprache wie im Glauben", verletzte nicht selten in seinem Streben nach Uniformität, Menschenrechte, Freiheit und Nationalität. Unbeschränkter Gebieter über Staat und Kirche beherrscht er sein unermeßliches Reich durch die Macht seines starken, strengen Willens; der reiche Grundadcl, die unwissende Geistlichkeit und das halbwilde, zum großen Theil aus Leibeigenen bestehende Landvolk werden durch den Schrecken des Despotismus und durch die Gewalt des Säbels in gleicher Unterwürfigkeit gehalten. — Polen, einst durch einen ungerechten Gewaltstrcich der drei absoluten Mächte aus der Reihe der Völker gestrichen, ist noch in seinen zerstückelten Gliedmaßen ein drohendes Gespenst für die Staaten, die durch seinen Raub sich vergrößert. Seitdem das Königreich Polen den russischen Waffen er- legen, war die Hoffnung der Emigranten auf Krakau gerichtet, das als Frei- staat unter den Schutz der drei Nachbarstaaten gestellt, mit seinen altpolnischen Königsgräbern und seinen nationalen Erinnerungen als eine glänzende Säule aus dem allgemeinen Ruin der Nation einen mächtigen Zauber auf die Flüchtlinge ausübte. Es wurden daher von der polnischen Propaganda mehrere Versuche gemacht, durch Verschwörung sich der Stadt zu bemächtigen und sie als Mittel- 1836. punkt einer Revolution zur Wiederbelebung des alten Polenreichs zu gebrauchen. Das erste Unternehmen der Art hatte eine vorübergehende Besetzung des Frei-

10. Bd. 2 - S. 321

1854 - Leipzig : Engelmann
Rußland unter Katharina ii. und Polens Theilung 321 Reform der Verfassung scheiterte am Einspruch des russischen Gesandten Repnin, der sich in Warschau wie ein Diktator benahm und im Namen seiner Kaiserin eine Art Protectorat über Polen übte. Poniatowski, als Kö- nig eben so schwach und Haltungslos, wie als Privatmann und feiner Ken- ner und Beschützer der Literatur und Künste liebenswürdig, mußte schon jetzt einwilligen, daß Rußland zur Abrundung seiner Grenzen eine Strecke Landes von Polen losriß. §.693. Der Dissidentenftreit. Da geschah es, daß die Dissi- denten, wozu nicht nur Protestanten und Socinianer, sondern auch die Bekenner der griechischen Kirche gerechnet wurden, um Rück- erstattung der ihnen durch den Frieden von Oliva zugesicherten (§. 587.), aber durch den Einfluß der Jesuiten langst entrissenen Religionsfreiheit und Rechtsgleichheit mit den Katholiken bittend einkamen. Ihr nicht nur von Rußland und Preußen, sondern auch von Schweden, Dänemark und England unterstütztes und von dem König gebilligtes Gesuch wurde auf Betreiben des Klerus von dem katholischen Adel auf dem Reichstage verwor- fen. Da bildeten die Dissidenten im Verein mit den „Mißvergnügten" die General-Conföderation von Radom, um unter dem Schutze ~i'7c7.rt Repnins und der von ihm herbeigerufenen russischen Armee ihre Forderun- gen mit Gewalt durchzusetzen. Der Reichstag, eingeschüchtert durch die Ver- haftung des fanatischen Bischofs von Krakau (Soltyk) und die gewaltsame Wegführung der eifrigsten Gegner der Duldung, bewilligte den Dissidenten freie Religionsübung, Zutritt zu allen Aemtern, Stimmrecht in der National- versammlung und die im Jahre 1717 inne gehabten Kirchen. Umringt von russischen Truppen Unterzeichneten die Landboten unter dem ^Bildnisse der Kaiserin die in ganz Europa mit Jubel begrüßte Toleranzakte, das Wahrzeichen der Ohnmacht Polens ; und damit diese Ohnmacht dauernd bliebe, mußte derselbe Reichstag die Beibehaltung des liberum Veto, und aller Uebelstände der alten Verfassung beschließen, so sehr auch der König, seine Oheime (Czartoriski) und andere patriotische Edelleute auf Abstellung des anarchischen Zustandes hinwirkten. Ohne die Zustimmung Rußlands, das die polnische Verfassung gewährleistete, sollte in Zukunft kein Reichstags- beschluß Geltung haben. Diese Vorgänge verletzten das Nationalgesrchl und weckten den Religionshaß der katholischen Eiferer. Die podolische Gegen- ^tgs*' co nföderation von Bar (geleitet von Krasinski, Pulawski, Potocki u. 21.) hatte zum Ziel, Abschüttelung der russischen Uebermacht und Vernich- tung der den Dissidenten verliehenen Rechte. Nun zwang Repnin den Se- nat zu der Bitte, die Kaiserin möge ihre Heere nicht aus Polen entfernen. Ein wüthender Kampf erhob sich zwischen den von Frankreich mit Geld und Offizieren unterstützten Conföderirten und den Russen und ihren polnischen Schützlingen. Alle Schrecken eines verheerenden Kriegs lagerten sich über das unglückliche Land. Bald waren die Conföderirten aufs Aeußersie ge- Weber, Geschichte. li. 6. Äufl. 21
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