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1. Bd. 2 - S. 34

1854 - Leipzig : Engelmann
Arnd 1555 — 1621. Tschudi. Avcnti- ims. Sebast. Frank. Agricola. 34 Die deutsche Volksliteratur im 15. und 16. Jahrhundert. und des für das kirchliche Leben der Protestanten so wichtigen Kir ch enlied es. Seinein apostolischem Geiste verfaßte Bibelübersetzung (Lehrb. §.457.), die in die Hände des Volks überging und eine beispiellose Verbreitung erlangte, wurde ebenso die Grundlage der Sprache wie der evangelischen Gesinnung. Tiefes religiöses Gemüth, Kernhaftigkeit des Ausdrucks, Wärme und Kraft der Sprache beurkundeten eine innere Seelenverwandt- schaft des Uebersetzers mit den gottbegeisterten Verfassern der alt- und neutestamentlichen Schriften und verliehen dem Bibelwerke aus Jahrhunderte ein gesetzgebendes Ansehen für deutsche Sprache, wie für deutsche Denkweise und für deutsches Gefühl. Nächst der Bibel waren Luthers didaktische Werke, wozu seine Predigten, seine Katechismen, eine Anzahl Trostschriften, Tischreden u. dergl. m. gehören, sowie Briefe und Gutachten, Streit- und Flugschriften für deutsche Sprachbildung von höchster Bedeutung. Diese letztern waren in der Regel der Erguß einer kräftigen, von Religiosität und Vaterlandsliebe durchdrungenen Gesinnung, so sehr auch hie und da der Feuereifer des Reformators sich in leidenschaftlichen Ausfällen kund gab und die Kraft seiner Natur ihn zu zornigen, derben, ja rohen Aeußerungen fortriß. Charakter und Bildung der Zeit waren derb und rauh; wie sollte Luther, in dessen Natur sich alle Vorzüge und Fehler jener kräftigen Zeit vereinigt fanden, fein und gesittet erscheinen? Von der Art sind seine Streitschriften gegen König Heinrich Viii. von England, gegen Heinrich von Braunschweig ,,w ider H an s W orst" (Lehrb. 8- 483.) und die zornige Flugschrift wider die räu- berischen und mörderischen Bauern (Lehrb. §. 461). Zu den besten in gemäßigter Sprache verfaßten Streitschriften gehört die Aufforderung ,,An den christlichen Adel deutscher Nation von des geistlichen Standes Besserung" und „von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche" (Lehrb. §. 454). Luthers Streitschriften wurden von den zanksüchtigen Theologen der Reformations- zeit nur zu sehr nachgeahmt und überboten, indeß seine religiöse Tiefe und Innigkeit und seine bibelfeste Sprache unter dem Streit über uncrklärbarc Glaubenssätze und symbolische Rechtgläubigkeit (Lehrb. §. 561.) zu Grundeging, bis die in gemüthlicher und herzlicher Rede abgefaßten vier Bücher vom wahren Christenthum von Joh. Arnd und die Wirksamkeit Sp e n e r's und der P i c t i st e n (Lehrb. §. 656.) der deutschen Nation die lu- therische Bibelsprache und mit ihr die Gcfühlswärme und freie Schriftforschung Zurückgaben. — Die durch Luther begründete deutsche Prosa kam bald in G cschichtswerken und in einzelnen wissenschaftlichen Schriften zur Anwendung. Zwar blieb für die ern- stere Geschichte auch im 16. und 17. Jahrh. die lateinische Sprache noch die ge- wöhnliche, wie wir aus Sleidanus, Thuanus, Grotius (Lehrb. §. 551.), Scckendor f's Reformatronsgeschichte u. a. ersehen; aber neben dieser gelehrten Geschichte wur- den gleichzeitig h ist orische W erke in d er V o lkssprach e bearbeitet, die, ivenn sie gleich durch die unkritische Darstellung und mancherlei fabelhafte Zusatze für die Geschichts- forschung von geringer Bedeutung sind, doch als Volksbücher wegen ihrer gemüthlichen und ansprechenden Sprache und Erzählung hohen Werth haben. Von der Art sind die Schweizer Chronik von Aegidius Tschudi (1505 —1572), die bayerische Chronik und die Chrouika vom Ursprünge des alten Teutschlands von dem Bayern Tnrnmeyr von Abensberg (Aventinns; st 1534) und die Chronik«, Zcytbuch und Geschichtbibel von Anbegyn bis 1531 von dem vielverfolgten Wiedertäufer S e b a st i a n Frank (1500 — 1545); auch die etwas rohe Selbstbiographie des bekannten fränkischen Ritters Gütz vonverlichingen(ch 1562; Lehrb. §. 460.) verdient eine Erwähnung. Derselbe Sebastian Frank gab auch eine Sammlung deutscher Sprüchwürter nebst Erklärung ihres Sinnes („Schöne weise herrliche Clugreden und Hofsprüch") heraus, worin ihm der als Mitverfasser des Interims (Lehrb. §. 491.) bekannte Johann Agricola von Eisleben (ff 1566) vorangegangen war. Auch bei wissen- schaftlichen Werken bedienten sich einige nicht dem Gelehrtenstande angehörige Männer der deutschen Sprache, wie Albrecht Dürer (Lehrb. §. 441.) (Untcrweysung der Messung mit demzirkel und Richtscheydt in Linien, ebenen und ganzen Corporen u. s. W-), Jakvbböhme (Lehrb. §. 552.) u. A., doch blieb bis auf T h o m n si u s (Lehrb. §, 656.) bei gelehrten und wissenschaftlichen Werken und Vorträgen die lateinische Sprache die allein gültige und gebräuchliche.

2. Bd. 2 - S. 14

1854 - Leipzig : Engelmann
14 Die Vorboten der neuen Zeit. ergrimmt, daß sie ihn der Ketzerei beschuldigten, eine seiner Schriften, den Au- 1514. genspiegel, öffentlich verbrannten, die griechische Sprache als Mutter aller Häresien und das Erlernen des Hebräischen alshinneigung zum Iudenthum dar- stellten. Dies gab das Signal zu einem heftigen Federkriege, in dem alle Freunde der Bildung, und namentlich die strebsame Jugend, auf Reuchlins Seite traten und die Sache der freien Wiffenschaft gegen Geistesbeschranktheit und rohe Ge- waltthatigkeit so kräftig verfochten, daß endlich der päpstliche Hof sich gemüßigt sah, dem fernem Streiten zu wehren und dem Humanismus den Sieg zuzugestehen. Die Kölner wurden zu den Prozeßkosten verurtheilt und, als sie mit deren Ent- richtung zögerten, von dem aufgeklarten Franz von Sickingen, dessen Stammschloß, die Ebernburg bei Kreuznach, der Sammelplatz vieler freisin- niger Männer war, mit Gewalt dazu angehalten. Dieser Streit, bei welchem der Kaiser und alle Fürsten und Städte Partei für Reuchlin nahmen, mehrte die Zahl der Humanisten und förderte die Sache der Bildung. Von dem Kreise, der sich um Reuchlin schaarte, gingen die Briefe der Dunkelmann er (Obscu- ranten) aus, bei deren Abfassung namentlich Ulrich von Hutten thatig gewesen sein soll. In diesem ist „die Dummdreistigkeit der Bettelmönche, ihre gemeine Sittenlosigkeit und ihr Zetergeschrei über die Ketzerei der Humanisten mit ihrem eignen Küchenlatein als so treue Carricatur dargestellt, daß anfangs Dominicaner selbst dieses Buch verbreiteten, gegen das sie nachher vergeblich Bannflüche aufboten." §. 433. Erasmus von Rotterdam (1467 —1536), ein kluger, feiner Mann voll Scharfsinn und Witz. Er wurde in seiner Jugend beredet, in ein Kloster zu gehen, obwohl seine ganze Natur dem Mönchsleben widerstrebte. Durch den Beistand des Bischofs von Cambray erhielt er nach einiger Zeit seine Freiheit wieder und die Vergünstigung, in Paris Theologie zu studiren. Hier faßte er einen solchen Widerwillen gegen die Scholastik, daß er sie, wie auch das Mönchs wesen, sein ganzes Leben hindurch mit allen Waffen des Witzes und Verstandes bekämpfte. Bald erscholl sein Ruhm bei allen europäischen Völ- kern; Fürsten und Edelleute überhäuften ihn mit Einladungen, Geschenken und Schmeicheleien; in allen Landern begehrte man seiner und suchte ihn durch glan- zende Versprechungen zu locken. Aber er zog ein freies Literatenleben jedem Amte vor; er bereiste alle Staaten des civilisirten Europa's, hielt sich aber zuletzt größ- tentheils in Basel auf, wo er in Verbindung mit dem Buchdrucker F r o b en eine Menge Schriften in der Sprache und im Geiste des Alterthums herausgab. „In sein Haus zu Basel strömten die Geschenke; von allen Seiten besuchte man ihn, nach allen Weltgegenden empfing er Einladungen. Ein kleiner, blonder Mann mit blauen halbgeschlossenen Augen voll Feinheit der Beobachtung, Laune um den Mund, von etwas furchtsamer Haltung: jeder Hauch schien ihn umzu- werfen: er erzitterte bei dem Worte Tod." Unter seinen zahlreichen Werken sind das Lob der Narrheit und die correcte Ausgabe des Neuen Testa- ments im griechischen Urtexte nebst lateinischer Uebersetzung und Umschreibung (Paraphrase) die wichtigsten. Jenes, eine volksthümliche Satire in lateinischer Sprache, aber vielfach übersetzt, geißelte die Thorheiten aller Stande, besonders der Geistlichen und Mönche; dieses regte zum Studium der Heiligen Schrift in der Ursprache an und that der Reformation großen Vorschub. Als nach Luthers Austreten der Kampf des Neuen gegen das Alte eine so großartige Gestalt an- nahm, zog sich Erasmus, ein schüchterner, auf ruhigen Genuß des Lebens be- dachter Mann, scheu zurück und bekämpfte Luthers Verfahren, das er anfangs gebilligt. Erasmus hatte für die Leiden des Volks kein Herz und jede gewaltsame

3. Bd. 2 - S. 72

1854 - Leipzig : Engelmann
72 Das Zeitalter der Reformation. Genf wie eine kriegerische religiöse Mark, an den Grenzen einer feindse- ligen Welt zum Angriff und zur Vertheidigung." Calvin selbst erlangte durch seine Schriften, durch seinen ausgebreiteten Briefwechsel, durch Rath- schlage und Gutachten eine Wirksamkeit und ein gesetzgebendes Ansehen gleich Luther und Melanchthon. Er war ein Mann von wenig Phantasie, aber hohem Verstand, und von unerbittlicher Strenge im Denken wie im Handeln. „Hart gegen Andere wie gegen sich selbst, doch nicht ohne ein tiefes Gefühl, jedem irdischen Genüsse feindselig, um Volksgunst unbekümmert, gebot er über die Geister durch die Ehrfurcht vor seinem starken reinen Willen." §. 499. Der Calvinismus. Die Lehre Calvins, wie ec sie in seinem „Unterricht über die christliche Religion" entwickelt hat, tragt den Charakter ihres Urhebers — Strenge und Einfachheit. In der Glaubens- lehre schließt er sich größtentheils an Zwingli an, doch nimmt er in der A b e n d- mahls lehre eine vermittelnde Stellung zwischen ihm und Luther und folgt in der Gnadenwahl der strengen Augustinischen Ansicht, wonach der durch die Erbsünde verderbte menschliche Wille unfrei und aus eigener Kraft zum Guten unfähig ist, folglich ein Theil der Menschen durch göttliche Vorausbestim- mung (Prädestination) zur Seligkeit, der andere zur Verdammniß bestimmt sein muß ; so daß das Heil der Erwählten, auch wenn sie irren und fallen sollten, nicht verloren gehen könne, wahrend derverworfene unwiderruflich von der himmlischen Seligkeitausgeschloffen sei. — Im Cu ltus und in den Ceremonien geht Cal- vin, wie Zwingli, auf die apostolische Urzeit zurück und verordnet die größte Einfach- heit. Bilder, Ornamente, Orgeln, Kerzen und Crucisixe sind aus der Kirche ver- bannt; der Gottesdienst besteht aus Gebet, Predigt und dem Absingen der von Beza bearbeiteten und von Goudimel mit Chorälen versehenen Davidischen Psalmen; außer dem streng gefeierten Sonntag (Sabbath) giebt es keine kirch- lichen Feste. — Die Verfassung der calvinischen Kirche ist eine republikanische Synod a lverfassung (wie sie ursprünglich durch den auf dermarburger Uni- versität wirkenden flüchtigen Franzosen Lambert auch für die hessische Landes- kirche beabsichtigt aber nicht erzielt worden). Die durch den Rath der Aelte- sten (Presbyterium) reprasentirte Kirchengemeinde übt die Kirchengewalt. Sie wählt den Geistlichen, überwacht durch dieaeltesten die Sitten, und handhabt Kirchenzucht, Kirchenstrafen und Almosenpflege. Die gesetzgebende Macht ruht in den aus Geistlichen und Aeltesten bestehenden Synoden, die theils eine Landschaft, theils die ganze Kirche reprasentiren. Die höchste Bedeu- tung legte Calvin auf die Kirchenzucht. „Der Grundsatz war, daß man Laster und Sünde vertilgen müsse, weil ihre Duldung den Zorn und die Rache Gottes herbeiziehen würde." In der Ausschließung von der Communion, die ihm als „der Mittelpunkt des kirchlichen, ja des gesammten individuellen und bürgerlichen Le- bens" galt, sah er das größte Strafmittel. Ihre Sittenstrenge führte die Calvi- nisten bisweilen auch zur Bekämpfung erlaubter Freuden, als Theater, Tanz und feinerer geselligen Genüsse, daher ihre Lehre weniger in den höhern Kreisen des Lebens als in dem Mittelstände Wurzel schlug. Am besten gedieh der Calvi- nismus bei dem gebildeten Bürgerstand der Städte, da er auf Beförderung eines thätigen, arbeitsamen Lebens, auf Verbannung des Luxus und aller überflüssigen Genüsse und auf Begründung strenger Zucht und Ehrbarkeit lossteuerte. h: 500. Verbreitung des Calvinismus. Calvin's Lehre kam zur Herrschaft in den französischen Kantonen der Schweiz; sie faßte Boden in

4. Bd. 2 - S. 73

1854 - Leipzig : Engelmann
73 Die Begründung der neuen Zustände unter Karl V. Frankreich, besonders in den blühenden Städten des Südens, wo vor Jahr- hunderten die Albigenser durch das Schwert der Kreuzfahrer und den Bekeh- rungseifer der Dominicaner vertilgt worden (§. 341.); anderthalb Jahrhundert kämpften die französischen Calvinisten (Hu g u en o tten) um ihre Existenz; Mord, Verfolgung und Druck minderte zwar die Zahl der Bekenner, war aber nicht ver- mögend den reformirten Glauben auszurotten. Von Frankreich und der Schweiz drang der Calvinismus in die Nied erlande, wo ihm nach blutiger Bekäm- pfung in den nördlichen Provinzen (Hollan d) der Sieg zu Theil ward. Freie republikanische Verfastung und Unabhängigkeit von Spaniens Herrschaft war in seinem Gefolge. In der Presbyterialkirche Schottlands erhielten Cal- vin's Ansichten ihre schärfste demokratische Prägung. Hier erhob sich die Syno- d a lv e r fa ssu n g auf den Trümmern der Hierarchie über den machtlosenkönigs- thron. In England erlagen die ähnlichen Grundsätze der Puritaner der Macht der Hochkirche; aber zahlreiche Secten pflanzten sie fort, und auf Nocdamerika's freiem Boden erlangten sie ihre vollendetste Ausbildung. Auch in Deutsch land fand der volksthümliche Calvinismus zahlreiche Be- kenner. Friedrich Iii. von der Pfalz führte denselben in seinem Lande ein und ließ durch Ursinus und Olevianus den H eid e lb erg er Katech is- 1559. mus, eine weitverbreitete Bekenntnißschrift des reformirten Glaubens, abfasten. Doch gelangte daselbst die calvinische Kirchenreform erst durch Casimir zum völligen Sieg. Dasselbe geschah nicht ohne heftige Kämpfe und mancherlei Zer- 16<M' rüttung in Hessen durch den gelehrten Landgrafen Moritz, im Anhalt- schen (1596) und zum Theil in B rem en und Brand enburg, wojoh. Sigismund in Berlin das Abendmahl nach calvinischer Weise nahm. Selbst It>13- Melancbthon und seine Anhänger (Philippisten, Kryptocalviniften) waren im Herzen von der Wahrheit der calvinistischen Auffassung überzeugt. '^0. Durch Kundgebung dieser Ansicht verbitterte sich jener den Abend seines Lebens so, daß er kummervoll und verleumdet in die Grube hinabfuhr, und die letztern los0- zogen sich in Sachsen Verfolgung und Kerker zu. Die C0n c0rdienformel (§. 561.) machte dem Kryptocalvinismus mit derzeit ein Ende, befestigte aber die Kluft zwischen Calvinisten und Lutheranern und nährte den un- seligen Haß der einen Confession gegen die andere. Der Kanzler Crell, der nochmals einen Versuch machte, Sachsen dem Calvinismus zuzuführen, starb i6oi. nach zehnjähriger Haft als Hochverräther unter dem Schwert des Scharfrichters. 6. Gründung der anglikanischen und presbyterianischen Kirche. §. 501. Heinrich Viii., ein in scholastischer Wissenschaft unterrich- Hem- teter Fürst, bekämpfte Anfangs Luthers Ansichten mit einer Streitschrift 1509-4?!' über die sieben Sacramente, und dessen Anhänger mit Kerkerstrafen und Scheiterhaufen. Aber seine Anhänglichkeit an den römischen Stuhl, der ihm zum Lohn für seinen Eifer den Titel eines Beschützers des Glau- bens verlieh, wurde in Haß gekehrt, als Clemens Vii. aus Rücksicht für den Kaiser dem Wunsche des Königs, von seiner spanischen Gemahlin Ka- tharina geschieden zu sein, nicht willfahrte, wie er ihm doch vorher Hoffnung gemacht. Theils Gewissensscrupel über die Gültigkeit seiner Ehe mitkatha- rina, die seines verstorbenen Bruders Weib gewesen, theils das Verlangen, sich mit der liebenswürdigen Anna Boleyn zu vermählen, erzeugten end- lich in Heinrich den Vorsatz, durch eine Trennung von Rom die Möglichkeit

5. Bd. 2 - S. 74

1854 - Leipzig : Engelmann
74 Das Zeitalter der Reformation. 1533. 1534. 1539, einer Scheidung zu erlangen. Gestützt auf eine Reihe von Gutachten einhei- mischer und auswärtiger Universitäten und gelehrter Körperschaften über die Unzulässigkeit seiner Ehe, ließ er sich durch den zum erzbischöflichen Stuhl von Canterbury erhobenen Thom. Cranmer eigenmächtig scheiden, nachdem er sich schon vorher mit Anna hatte trauen lassen (1532); er nöthigte ferner den Klerus, ihn als Oberhaupt der englischenkirche anzuerkennen und brachte das servile Parlament zu einer Reihe von Beschlüssen, durch die des Papstes Autorität über England abgeschafft wurde. Der hoffärtige Kar- dinal Wolsey, der bisher den König unbeschränkt geleitet, starb in Un- gnade, weil er die Scheidung lässig betrieben und Thomas Cromwell, ein dienstfertiger Knecht seines despotischen Gebieters, erlangte die Kanzlerwürde und leitete, in Verbindung mit Cranmer, die kirchlichen Neuerungen nach Heinrichs Laune. Die zahlreichen Klöster wurden gewaltsam aufgelöst; die Mönche und Nonnen kaum vor Hunger geschützt und die reichen Klostergüter theils der Krone verliehen, theils an Höflinge verschenkt, theils zu wohlthatigen Anstalten ver- wendet. Gegen die Schatze alter Kunst und Wissenschaft verfuhr man dabei mit rohem Vandalismus. — Nächst den Klöstern wüthete der König besonders gegen Gnadenbilder und andere Gegenstände einer abergläubischen Verehrung. Beckets (§. 372.) Grab mit dem reichen Altäre wurde geschändet und beraubt und das Andenken des alten Heiligen durch eine lächerliche Procedur gehöhnt; mit hölzernen Heiligenbildern zündete man die Flammen an, die Papisten wie Lutheraner verzehrten; die erstem traf der Zorn des despotischen Königs, weil sie, wie der ehrwürdige Bischof Fisher und der von klassischer Bildung und hel- lenischem Witz durchdrungene Thomas Morus (§. 433.), seine Gewaltmaß- regeln wider Papst und Kirche mißbilligten; die letztern der Grimm des scholasti- schen Theologen, der seine einst gegen Luther behaupteten Ansichten auch später noch festhielt. Darum ließ er nicht nur alle Dogmen, Gebräuche, Eeremonien und hierarchische Einrichtungen der alten Kirche bestehen, sondern er beschränkte auch den anfangs gestatteten Gebrauch der von dem flüchtigen Tindall über- setzten englischen Bibel und gebot durch das S ta tu t der sech s „B lu t"- Artikel bei Todesstrafe die Beobachtung des Cölibats, der Ohrenbeichte, der Mönchsgelübde, der Sti llmessen, der Substanzverwandlung und der Kelch entzieh un g. §. 502. Wie Heinrich Viii. mit dem religiösen Bewußtsein des Volks ein tyrannisches Spiel trieb, so auch mit dem Leben seiner Unterthanen und den Köpfen seiner Frauen. Als die Enthauptung Fishers und More's und die blutige Verfolgung der Karthäuser und anderer päpstlich Gesinnter die Rache des römischen Hofs hervorrief, und ein furchtbarerbannfluch gegen den König und seine Anhänger ausging und von dem englischen Kardinal Pole, einem Verwandten des Königs, verbreitet wurde, ließ dieser die 80jährige Mutter desselben, den letzten Sprößling der glorreichen Planta- genets, und alle seine Freunde auf dem Blutgerüste oder am Galgen ster- den; und als die Unzufriedenheit über die Auflösung der Klöster im Norden des Reichs eine Empörung unter dem Landvolk erregte, wobei Mönche die

6. Bd. 2 - S. 28

1854 - Leipzig : Engelmann
28 Das Zeitalter der Reformation. mit der politischen Unabhängigkeit siegend einzog, zu dem sich im Süden von Frankrech über 2000 Gemeinden bekannten, der in Italien und Spanien, in der Nahe des Papstes und des Kaisers, Anhänger zählte und der in seiner äußersten Strenge als presbyterische Kirche in Schottland auf dentrümmern der Kloster und Domkirchen sein Panier auf- pflanzte. — Auch nach Deutschland drangen Calvins Grundsätze und ver- größerten die Spaltung und Zerrissenheit. In der Rheinpfalz gelangte der im Heidelberger Katechismus niedergelegte Calvinische Lehr- begriff zur Herrschaft, was bei den lutherischen Fürsten solche Erbitterung hervorrief, daß sich der Kurfürst durch ein Bündniß mit auswärtigen Staa- ten (Niederlanden, England und Frankreich) gegen Angriffe sichern zu müssen glaubte. In Frankreich rang die neue Kirche lange mit der alten um den Sieg. Franz I., im Bunde mit den protestantischen Fürsten Deutschlands und mit dem schismatischen König von England, hatte manche Aufforderun- gen zum Abfall von Rom. Auch ging er mehrmals mit dem Gedanken einer Reformation um und ließ an Melanchthon dringende Einladungen ergehen. Aber theils seine Verbindung mit dem Papst, der die Besetzung der geist- lichen Stellen dem König überließ *) und ihm zur Wiedererlangung des Herzogthums Mailand unentbehrlich schien, theils sein despotischer Sinn, der jede freie Volksbewegung haßte, hielten ihn bei der alten Kirche fest. Am Hofe selbst dachte man über Religion so gleichgültig wie in Italien; und wie hätten wollüstige und genußsüchtige Hofleute an der calvinischen Sittenstrenge Gefallen finden sollen? Bald ergingen daher Verbote gegen das Einbringen calvinischer und lutherischer Schriften; die verwegensten Reformations-Prediger starben in den Flammen und die Zerstörung mehrerer von Waldensern bewohnten Ortschaften in der Provence bewies die ernste Absicht des Hofes, die alte Kirche bei ihren herkömmlichen Rechten zu erhalten. ’*) Durch das zwischen Franz I. und Leox. (14. Dcc. 1515) abgeschlossene Concor- dat wurden die alten Freiheiten der gallicanischen Kirche, wornach die geistlichen Corpo- rationen ihre Obern selbst wählten, sehr beschränkt; der König erlangte dadurch die Be- fugniß, zu allen geistlichen Stellen (10 Erzbisthümer, 85 Bisthümer, 527 Abteien) mit geringen Beschränkungen zu ernennen, was ihm große Vortheile brachte und den Klerus der Krone unterordnete; von dem an wurden einträgliche Pfründen von dem Hofe als Be- lohnung für Verdienste im Felde oder Kabinet oder aus Gunst ertheilt; dem Papst wurden dafür die an das Recht der Bestätigung geknüpften Ann aten und die von den Concilien zu Constanz und Basel bestrittene Superiorität über die Kirche zuerkannt. §. 448. „Nach Spanien kamen die Gedanken der Reformation in des Kaisers Gefolge, umgaben vielleicht noch sein Sterbebett und wurden von Einzelnen mit hoher Begeisterung ausgenommen. Aber der Katholicis- mus, besonders die Heiligenverehrung ist tief verwachsen in den zähen Volks- charakter; Reinheit des Glaubens galt dem Spanier so hoch als Reinheit des Bluts und der Bruder erschlug den abtrünnigen Bruder" (Diaz). Bald

7. Bd. 2 - S. 29

1854 - Leipzig : Engelmann
Die Begründung der neuen Zustände unter Karl V. 29 machte die Inquisition dem Protestantismus in Spanien ein Ende; die Verdächtigen starben theils in grausenhasten Kerkern, theils auf dem Schei- terhaufen „im volksbeliebten Gepränge der Autos da fe" (§. 394). — In Italien begrüßten die Humanisten und die Feinde der Hierarchie mit Freuden die neue Bewegung. In allen größern Städten gewann die evan- gelische Lehre Bekenner, besonders in Ferrara unter dem Schutze der Herzogin von Este, aber „die Geistigkeit des deutschen und französischen Protestantismus konnte bei einer so sinnlich künstlerischen Nation nicht Volkssache werden. Als man daher in Rom die Gefahr erkannte und ein Inquisitionstribunal mit furchtbaren Vollmachten niedersetzte, ent- flohen Viele über die Alpen, Andre widerriefen und gingen unter in Leicht- sinn, Gleichgültigkeit oder Wahnsinn. Scheu vor der Beredsamkeit des Märtyrerthums schreckte die Inquisition mehr durch Kerker, Galeeren und geheimen Tod. Nur in Calabrien wurden einige Gemeinden Waldenser wie wilde Thiere gejagt. Gegen Ende des Jahrhunderts verschwinden die Spuren jeder protestantischen Gemeinschaft. Unter den Flüchtigen waren hochgeehrte Theologen und Prälaten (Peter Martyr,Ochino, Vergerio u. A.). Sie sind mit wenig Ausnahme im Auslande verkümmert." In Spanien und Italien, wo jede von der Kirchenlehre abweichende Ansicht mit gleicher Strenge verfolgt ward, geriethen Einige auf Grundsätze, die selbst von den Reformatoren als häretisch verworfen wurden, wie die beiden Italiener Socinus (Lälius und Faustus), welche die Gottheit Christi und die Trini- tätslehreleugneten und die in Po len weitverbreitete Sekte der Socinianer (in England Unitarier genannt) stifteten, und der Spanier Servet, der wegen schwärmerischer Ansichten über die Dreieinigkeit auf Calvin's Antrag in Genf verbrannt wurde (1553). — In England wurden die Anhänger Luthers wie die alten Lollarden (§. 376.) anfangs blutig verfolgt, bis Heinrich Viii. wegen seiner Ehescheidung mit dem Papste zerfiel, durch Par- lamentsbeschluß die englische Kirche von Rom trennen und sich zum Ober- haupte derselben erklären ließ. Aber außer der Auflösung der Klöster und Vertilgung der Heiligenbilder geschah unter ihm wenig für die Reinigung der Kirche. Lutheraner und Papisten starben an demselben Galgen. Erst unter seinem Sohne Eduard Vi. wurde durch Cran m er, Erzbischof von Can- terbury, die englische Kirche begründet. Seine Nachfolgerin Maria glaubte mit der Verbrennung des Reformators auch seinwerk vernichten und den Katholicismus wiederherstellen zu können; aber die Uniformitäts- akte ihrer Schwester Elisabeth verschaffte dem englischen Protestantismus den Sieg. Dagegen wurden die eine Reinigung der Kirche nach Cal- vin's Grundsätzen an streb enden Puritaner blutig verfolgt und zur Flucht nach Nordamerikas freiem Boden getrieben, wo sie, in zahlreiche S ec- t en gespalten, das demokratische System jenes Reformators der vollendetsten Ausbildung entgegenführten. In Irland blieb der alte Glaube diereligion 1542. Eduard Vi. 1547— 1553. Maria 1558. tz

8. Bd. 2 - S. 30

1854 - Leipzig : Engelmann
30 Die Zeitalter der Reformation. des Volks, wenn gleich Englands Machthaber durch tyrannische Gesetze und Gewaltschritte den Religionsbeschlüssen des Parlaments auch dort Geltung zu verschaffen bemüht waren und das ganze irische Kirchenvermögen der eng- lischen Hierarchie und Aristokratie zutheilten. 2. Die deutsche Reformation. r») Die Stimmung in Deutschland. §. 449. Seitdem die Hoffnungen, die man auf die großen Concilien in Constanz und Basel gesetzt, verschwunden waren, herrschte in Deutschland unter allen Standen Verstimmung und Unzufriedenheit über die kirchlichen Zustande. Die Fürsten zürnten, daß alle Mahnungen an die Papste zu einer freiwilligen Selbfterneuerung unbeachtet geblieben; daß die geistliche Gerichtsbarkeit den weltlichen Rechtsgang hemmte; daß der päpst- liche Hof durch Ausdehnung seiner Dispensationsrechte und anderer Befug- nisse Alles an sich reiße; daß durch die Annaten, die Pfründenverleihung an auswärtige Cardinäle, die Sportelerhebung und die mannichfache Besteue- rung der Landeskirchen das Geld aus dem Lande gehe; die deutschen Prä- laten waren ungehalten über die Eingriffe der römischen Curie in ihre Rechte; die niedere Geistlichkeit sah mit Neid auf die Bettelmönche, die, von dem römischen Stuhle mit hohen Vorrechten begabt, jene um allen Einfluß bei dem Volke brachten. Die Frommen nahmen Aergerniß an dem weltlichen Treiben der Prälaten und der Sittenlosigkeit so vieler Geist- lichen; die Aufg eklärten waren empört über den beim Volke absichtlich genährten Aberglauben, der sich in dem übertriebenen Bilder- und Reliquien- dienst und in der Verehrung der Heiligen kund gab; die Gelehrten sahen mit Verachtung auf die Unwissenheit, den Stumpfsinn und die Geiftestrag- heit so vieler Mönche und Geistlichen herab, während sie zugleich den künst- lichen Bau der Scholastik und Kirchenlehre erschütterten, theils mit den phi- losophischen Waffen des klassischen Alterthums, theils durch Forschung in der dem Volke gänzlich entzogenen heiligen Schrift und den ersten Kirchenvätern (so Joh. Goch, Joh. Weffel, Joh. v. Wesel u. A.). Die Reichsstädte sahen sich durch die Befreiung der Geistlichen von ihren Gesetzen und Einrichtungen vielfach beeinträchtigt; ihre Zunftrechte wurden häufig verletzt, das Asylrecht hemmte die Handhabung der städtischen Justiz und Polizei, die Klöster und vielen Feiertage begünstigten Bettelei und Vagabundenleben, dem der ehrsame Bürgerstand vor Allem gram war — kein Wunder also, daß die Volks literatu r, die damals in den Städten blühte, ihre Angriffe und ihren Spott gegen Mönche und Geistliche richtete und hierin mit dem Streben der Humanisten zusammentraf (s. Anhang §. 33 ff.). — Noch war in Sachsen und den Nachbarländern der Same der

9. Bd. 2 - S. 31

1854 - Leipzig : Engelmann
31 Die Begründung der neuen Zustände unter Karl V. Hussitischen Ketzerei nicht ganz untergegangen und nährte in dem gemei- nen Mann, dem die hohen Stolgebühren oft wehe thaten, wahrend er in Zeiten der Trübsal umsonst sich um Hülfe und Trost an den gleichgültigen Seelsorger wandte, den Geist der Opposition. 1>) Martin Luth er (geb. 10. Nov. 1483. ch 18. Febr. 1346). §. 450. Martin Luther wurde geboren zu Eisleben am 10. Nov. 1483. Sein Vater war ein ehrsamer Bergmann aus einem Bauerngeschlecht in Möhra, der spater nach Mansfeld übersiedelte. Hier in der gesunden Bergluft des Thü- ringer Waldes wuchs Luther unter strenger Zucht heran. Da ihn sein Vater zum Studium der Rechtswissenschaft bestimmt hatte, so wurde er in seinem 15. Jahre auf die Schule zu Eisenach gebracht und besuchte dann die Universität Erfurt. Vier Jahre lag er hier den Studien mit allem Fleiße ob, als ihn angstvolle Sorge um das Heil seiner Seele, der plötzliche Tod eines Freundes und eigne Lebensgefahr bei einem schweren Gewitter zu dem Entschluß brachten, in das Kloster zu gehen. Noch einmal ergötzte er sich mit seinen Freunden bei heiterm Gesang, Saitenspiel und Wein, und schloß sich dann in die stille Zelle eines Au- gustiner-Klosters in Erfurt ein. Hier unterzog ec sich gewissenhaft allen Pflich- ten und Dienstleistungen eines Bettelmönchs, aber weder die Erniedrigung und Selbstentsagung, noch das fleißige Studium der Scholastiker vermochten den Trübsinn seiner Seele und das angstvolle Ringen der Creatur nach einer Ver- einigung mit ihrem Schöpfer zu lindern; das thatenlose Leben in der einsamen Klause begünstigte seinen Hang zum Grübeln und erhöhte seine Schwermuth und sein Seelenleiden, bis es endlich in dem Glauben, daß der Mensch nicht durch seine Werke, sondern durch den Glauben an die Barmherzigkeit Gottes in Christo selig werde, Beruhigung fand. Durch die Empfehlung des Ordensvorstehers Staupitz, der sich Luthers Ver- trauen gewonnen und ihn durch Trost und Führung aufgerichtet hatte, kam er 1508 nach Wittenberg, um aus der von Kurfürst Friedrich dem Weisen neugegründeten Universität theologische Vorlesungen zu halten. »In diesem seiner kräftigen Natur entsprechenden Wirkungskreis entfaltete er alsbald die größte Thatigkeit; er wartete seines Amts als Prediger und Seelsorger, er bekümmerte sich um die Angelegenheiten seines Klosters, für das er 1511 eine Reise nach Rom unternahm, er hielt Vorlesungen und befaßte sich mit wisienschaftlichen Arbeiten, die theils die Auslegung der heiligen Schrift, theils die Bekämpfung der Scholastik und der Werkheiligkeit zum Zweck hatten. §. 451. Die 95 Th eses. Um diese Zeit ließ Kurfürst Albrecht von Mainz im Auftrag Leo's X. zum Bau der Peterskirche einen Ablaß feil die- ten, worin dem Käufer Vergebung der Sünden, Wiedererlangung der Gnade Gottes und Befreiung von den Strafen des Fcgfeuers zugesichert war. Albrecht, der die Hälfte des Gewinns zog, bediente sich dazu in Sachsen des Dominikaners Tetzel, welcher so frech zu Werke ging, daß Luther, der da- durch die wahre Buße und das Ansehn des Beichtstuhls gefährdet sah, sich getrieben fühlte am Vorabend vor Allerheiligen 1517 an der Schloßkirche zu Wittenberg 95 Sätze (Theses) anzuschlagen, mit dem Erbie-

10. Bd. 2 - S. 34

1854 - Leipzig : Engelmann
34 Das Zeitalter der Reformation. 16. Juni suchte, und eilte damit nach Rom, wo er eine sehr gute Aufnahme fand. 1520. sem Betreiben wurde eine Bulle erlaffen, in der eine Reihe von Luthers Sätzen als irrgläubig verdammt, seine Schriften zum Feuer verurtheilt und er selbst mit dem Bann beladen wurde, wenn er nicht innerhalb 60 Tagen widerriefe. Triumphirend kehrte Eck nach Deutschland zurück, wo er als päpst- licher Bevollmächtigter mit großem Uebermuth die Bulle bekannt machte. Aber nur in Köln, Mainz und Löwen kam man der gebotenen Verbrennung der lutherischen Schriften nach, in Sachsen wurde die Bulle gar nicht zuge- lassen, und in ganz Deutschland war man erzürnt über das Verdammungs- urtheil, das der römische Hof, ohne den Angeklagten gehört zu haben, unter dem Einflüsse seines größten Gegners erlassen. Bei dieser Stimmung mach- ten Luthers zwei Schriften: an den christlichenadel deutscher Na- tion und von der babylonischen Gefangenschaft und christ- lichen Freiheit einen mächtigen Eindruck. In der ersten deckt er mit der ganzen Kraft seiner kernhaften Sprache alle Bedrückungen und alle Schmach, die Deutschland seit Jahrhunderten von Rom erfahren, schonungslos auf und fordert zur Abstellung verjährter Mißbräuche und unbiblischer Lehrmei- nungen und Einrichtungen auf*). In der zweiten Schrift erhebt er Zweifel über die Wandlungslehre (Transsubstantiation), bestreitet die Siebenzahl- der Sakramente, spricht dem Volke den Genuß des Kelchs beim Abendmahl zu, und stellt die beseligende Allmacht des Glaubens über die äußere Werk- heiligkeit der Kirche. — Ermuthigt durch die Begeisterung, mit der diese Schriften ausgenommen wurden und durch den Ruf der Freiheit, der durch die deutschen Gauen schallte und sich namentlich in den kecken Satiren eines Hutten (tz. 434.) kund gab, wagte Luther nunmehr einen Schritt, der ihn 10i520c' durch eine unübersteigbare Kluft von der römischen Kirche trennte. Er zog an der Spitze der ganzen Studentenschaft vor das Elsterthor von Witten- berg und warf dort, zur Vergeltung der Verbrennung seiner Schriften, die Bannbulle nebst dem k a n o n i sch e n R e ch t s b u ch e in die Flammen. *) Darin wird dem Klerus die höhere Weihe abgesprochen; alle Christen seien Prie- ster, die Priesterschast nur eine Amtsführung, folglich die Geistlichkeit der weltlichen Obrig- keit unterworfen; das Papstthum solle in die gehörigen Schranken gewiesen, und seiner weltlichen Macht entkleidet werden, Deutschland einen Primas erhalten, vor dessen Ge- richt die Appellationen von den Bischöfen in höchster Instanz, aber nicht nach kanonischem Recht, entschieden würden, die gezwungene Ehelosigkeit (Cölibat) der Geistlichkeit solle auf- hören, der Jugendunterricht verbessert, die Zahl der Klöster beschränkt, der knechtische Eid der Bischöfe abgestellt werden u. dgl. c) Der Reichstag zu Worms (April f5*t). §. 455. Als im Anfang des Jahres 1521 der junge Kaiser Karl V., nach seiner Krönung in Aachen, den Rhein heraufzog, ergingen von Hut- ten, Sickin gen und andern Vorkämpfern nationaler Freiheit warme Mahnungen an ihn, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen und die
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