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1. Bd. 2 - S. 54

1854 - Leipzig : Engelmann
54 Deutschlands klassische Literatur. seines Hauptes gezählt seien. Er sah in jedem Ereigniß, in jedem Zufall die Hand Gottes, mit dem er sich in persönlichem Verkehr glaubte; er fühlte zu Christus eine persönliche Liebe. Dieser Glaube bewirkte, daß er unter allen Widerwärtigkeiten seine Sanftmuth, seine Menschenliebe und sein Gottvertrauen bewahrte. Seine Werke, namentlich seine Romane lmorgenthau; Florentin von Fahlendorn; Theobald der Schwärmer u. a.), die alle eine religiöse Tendenz haben und darum viel Schwärmerisches und Mystisches, viel Wunder- und Aberglauben enthalten, sind nicht ohne Poesie und tiefes Gefühl. — Gegen Oie verflachende Richtung Spaldings und der Rationalisten trat auch Herder auf; in den Provinzialblattern suchte er dem Christenthum seine Weihe und dem Predigtamte die Würde des alten Priester- und Prophetenthums zurückzugeben; da er aber das Christ- liche im Reinmcnschlichen (Humanität) aufgehen ließ, ein poetisches Urchristcnthum, fern von allem Dogmatismus, als ideale Religion hinstellte und einer Weltkirche mit mög- lichst einfachem Glaubensgrund das Wort redete, erfuhr er mancherlei Widersprüche und Anfechtungen. §. 62. Erziehungswesen. Kinder- und V olkssch riftcn. Die religiösen Bewegungen, die nur die obcrn Schichten der Gesellschaft berührten, hatten auf Kirche und Leben weniger Einfluß als die gleichzeitigen Reformen im Erziehungswesen auf 4/23— Schule und Haus. Joh. Bernhard Basedow aus Hamburg, ein unruhiger, wandelba- 1/ü0- rer, aber anregender Mann, der durch Rousseau's Emil von der Theologie aus das Gebiet der Pädagogik geführt wurde, gab den Anstoß zur Befreiung der Schule von der Herr- schaft der Geistlichkeit und der Kirche. Durch sein mit unerhörter Prahlerei und Wichtig- thuerei angekündigtes Elementar werk und durch seine unter dem Beistände des men- schenfreundlichen Fürsten von Dessau in dieser Stadt errichtete Musterschule und Lehrer- seminar (P h ilan thr op in u m) wurde er Reformator des Erziehungswesens. Zwar war der oberflächliche, zanksüchtige Basedow, der weder häuslichen Sinn noch Gemüth besaß und an einem regellosen, unsittlichen Leben, an Spiel, Tabak und Trunk Gefallen fand, nicht der geeignete Mann, der Anstalt Fortdauer, Halt und Gedeihen zu verleihen; aber sein auf R o u ssea u's philanthropischen Grundsätzen aufgebautes System , das auf Erleichterung des Unterrichts und aus Verbreitung von Kenntnissen und Bildung unter den niedern Volksklassen hinauslief, wurde von andern strebsamen Männern weiter geführt und brach sich überallhin Bahn. Die nach dem Dcssauer Philanthropin in der Schweiz und in verschiedenen Gegenden Deutschlands errichteten Anstalten führten eine gänzliche Pestalvzzi Umgestaltung des Schulwesens herbei, namentlich als der für Kindererziehung und Volks- 1746— bildung begeisterte Schweizer Joh. Heinr. Pestalozzi das von Basedow und seinen Schü- Lv/' lern Campe, Salzmann und Anderen Begonnene zum Ziel führte. Eine große Menge Kinderbücher und Volksschriften waren die nächste Folge dieser neuen Bestrebun- gen, doch hat keines der erstern den Ruf von Ca mp e's R o bi n son Cru so e und Ent- deckung von Amerika und keine der letzter» den Werth des gemüthlichcn Romans Lienhard und Gertrud von Pestalozzi erreicht. Basedow war Anfangs Theolog und schrieb im Sinuc der Rationalisten eine Reihe theologischer Schriften, die ihm aber weder Ruhm noch Gewinn in hohem Grade brachten. Da warf sich der thätigc Mann, dessen unruhige Natur sich schon aus seinem vielbewegten Leben kund gibt, auf das Erziehungswesen und traf in einer Anzahl p ä d a g o g i sch er S ch r i ft en so richtig die Stimmung und Gesinnung der von Sentimentalität und Hnmanitätsideen durchdrungenen Nation, dass die im Vertrauen auf die öffentliche Meinung unternommene Subscription auf sein Elementarwerk sich in Kurzem auf die hohe Summe von 15,000 Thalcrn belief. — Der gute Erfolg, den die Kinder- und V o l ks sch ri ste n bei der empfänglichen Nation hatten, bewirkte, daß Deutschland in Kurzem von einer Fluth matthcrziger Kin- derbücher zur Belehrung und Unterhaltung überschwemmt wurde. Camp e's zahlreiche Schriften und Reisebeschreibungen, mit eingestreuten läppischen Gesprächen und Bemer- kungen; Salzmann's wässerige und langweilige Bücher; der Kind er freu n d des

2. Bd. 2 - S. 85

1854 - Leipzig : Engelmann
85 Das katholische Kirchenthum. lassen und demselben in unbedingter gläubiger Folgsamkeit nachzukommen. Im nächsten Jahr ging Ignaz über Spanien, wo er wie ein Heiliger verehrt ward, nach Italien, um der Uebereinkunft gemäß mit seinen Genossen in Venedig zu- sammenzutreffen. Durch Bußübungen und Predigten, durch Krankenpflege und Bekehrungen erlangten alle einen großen Ruf, ehe sie sich dem heiligen Vater in Rom zu Füßen warfen und die Bestätigung ihres neuen Ordens nachsuchten. Nach einigem Bedenken willigte Paul Iii. in ihre Bitte und ertheilte der Ge- sel l sch ñ ft I e su auf die von ihnen aufgestellte Grundlage seine Genehmigung. Ignatius wurde der erste Ordensgeneral, aber nicht ihm, sondern seinem klugen Nachfolger, dem Spanier Lainez (ff 1564) verdankt die Gesellschaft Jesu ihre feinberechnete Organisation. Bei Ignaz hielt die glühende Phantasie den Verstand befangen; in seiner religiösen Aufgeregtheit vermochte er nur das Nächste zu erfassen; sein Leben war Krankenpflege, Kinderlehre und Seelsorge; geistliche Hebungen und Ertödtung aller sinnlichen Triebe bildeten den Mittelpunkt seines Strebens. Er starb 1556. Per. Canisius war der erste Deutsche im Orden, dessen Zwecke er in Köln und Wien, wo ec 1597 starb, eifrig verfolgte. §. 513. Verfassung. Die Verfassung des Ordens war militärisch- monarchisch. Dem Haupte dieser Glaub ensr ittersch aft, dem General in Rom mit seinem Rath von Assistenten, waren die Vorsteher der Provinzen, die Provinziale, unterworfen und von diesen ging wieder, wie beim Heer, eine Reihe von Abstufungen durch Superiore und Rectoren in genau ge- gliederter Hierarchie bis zum untersten Bruder hinab. Gehorsam und strenge Subordination war die Seele des Bundes. Alle Glieder wurden aufs sorg- fältigste überwacht. Die Aufzunehmenden mußten eine lange und schwere Prü- fungszeit bestehen, während welcher die Eigenschaften und Neigungen eines Jeden genau erforscht wurden, um ihm den geeignetsten Wirkungskreis anzuweisen. Nur wenige Erwählte gelangten zu der Meisterschaft der Professen, aus denen die Obern hervorgingen, die Mehrzahl dienten als Ge hülfen (Coadjutoren), ohne die innersten Triebfedern des großen Maschinenwerks, dessen Räder sie wa- ren, zu kennen. Der Eintretende mußte alle Bande, die ihn an die Welt knüpf- ten, lösen, den Orden als Vaterland, die Obern als seine Vorsehung betrachten. Dadurch wurde es möglich, daß ein unveränderlicher Wille den ganzen Bund in allen Welttheilen beherrschte. — Die Wirksamkeit und Verbreitung der Gesell- schaftjesu war in Kurzem sehr ausgedehnt. Diepapstliche Curie verlieh ihr nicht nur alle Privilegien der Bettelmönche, sondern stellte ihr auch jede Act von Dispen- sation zu Gebot, so daß die Glieder in alle Verhältnisse des Lebens eindringen und sich allenthalben frei bewegen konnten, und damit der Zweck des Bundes nie durch ein anderes Streben gefährdet werde, schlossen sich die Jesuiten selbst von allen festen Aemtern und Kirchenwürden aus. Die Beschäftigungen der Mitglie- der waren mannichfach und nach den Gaben und Geistesrichtungen eines Jeden geregelt. Dem Einen gestattete man ein frommes Klosterleben oder wissenschaft- liche Muße, Andere leiteten den Unterricht der Jugend; die Klügsten und Fein- sten suchten eine einflußreiche Wirksamkeit an Höfen und in Palästen, feurige Redner wirkten als Prediger der innern Mission und die Eiferer zogen als Heidenbekehrer in ferne Welttheile*). *) In Indien, China, Japan (Xaver), ausceylon, den i n d i s ch e n I n - sein und in Afrika errichteten sie Anstalten und führten dem Papste Gläubige zu; in Südamerika gründeten sie einen eigenen Staat (Paraguay) und in Brasilien und den spanischen Colonien waren sie zahlreich und mächtig. Klug verbanden sie 1540.

3. Bd. 2 - S. 206

1854 - Leipzig : Engelmann
206 Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts. Kloster zerstört und selbst die Leichname ausgegraben. Aber die Ansichten des Port Royal erhielten sich theils als ein von Rom getrenntes Kirchenwesen in den Niederlanden (Utrecht und Haarlem), theils als G efü h lsschwa r- merei (convulsionaires), theils als freisinniges Element in der katholi- schen Theologie und bei einem Theile des französischen Klerus. §. 618. b) Huguenottenverfolgung. Ein Despot wie Ludwig Xiv., der sich für ein sündhaftes Leben mit einer vorübergehenden Devotion und Reue ohne Sinnesänderung und Zerknirschung abfand, mußte besonders Aergerniß nehmen an dem demokratischen Wesen der Calvinisten, an ihrem auf Sitten- strenge gegründeten religiösen Ernste, an dem Stolze, der ihnen das Gefühl der Geistesfreiheit und Selbsterkenntniß einflößte; zu dieser Abneigung kam noch Ludwigs Ansicht, daß Einheit der Kirche zu einer vollendeten Monarchie eben so nothwendig sei wie Einheit des Staates. Darum bedrückte ec die Janse- nisten, bis ihr Widerstand gegen das königliche Oberhaupt gebrochen war, und zwang durch die härtesten Verfolgungen die Ealvinisten theils zur Flucht, theils zur Rückkehr in den Schooß der herrschenden Kirche. Lange Hintertrieb E o l b e r t, der die Huguenotten als betriebsame, gewerbthatige Bürger schätzte, gewaltsame Maßregeln; aber die Einflüsterungen des königlichen Beichtvaters La Chaise, eines Jesuiten, der Bekehrungseifer der frömmelnden Maintenon (die aus einer verlassenen Waise protestantischer Eltern zuerst die Gattin des verwachsenen, witzigen Dichters Scarron, dann die Erzieherin der natürlichen Kinder des Königs und endlich Ludwigs angetraute Gemahlin geworden) und der despotische Sinn L o u v o is' trugen endlich den Sieg über Colberts weisere Rathschlage davon. Eine lange Reihe drückender Maßregeln gegen die Huguenotten bereiteten den Hauptschlag vor. Zuerst nahm man ihnen den Rest ihrer politischen Sonder- rechte, die geth eilten Kammern, dann minderte man durch gezwungene Deutungen des Edikts von Nantes die Zahl ihrer Kirchen, beschrankte den Gottesdienst auf wenige Hauptorte und verbot ihre Synoden. Ludwigs Anfälle von Reue und Andacht wurden stets die Quelle neuer Drangsale für die calvini- schen Ketzer, durch deren Bekehrung er seine Sünden zu sühnen hoffte. Man schloß sie allmählich von Aemtern und Würden aus und begünstigte die Bekehr- ten; dadurch wurden die Ehrgeizigen verlockt; die Armen suchte man durch Geld zu gewinnen, das aus Ludwigs Bekebrungskaffe und aus den milden Gaben vornehmer Frommen floß; und durch die Verfügung, daß der Uebertritt minderjähriger Kinder bis zu sieben Jahren herab gültig sei, öffnete man dem Bekehrungseifer ein weites Feld. Familien wurden getrennt, Unmündige ihren Eltern entriffen und im katholischen Glauben erzogen. Hof und Klerus, der lieblose und beredte Bischof B ossuet an der Spitze, setzten alle Mittel in Bewegung, um Frankreichs kirchliche Einheit zu begründen. Der Adel opferte seinen Glauben der Hofgunst, seitdem der Huguenotte T ü r en n e, der ruhm- bedeckte Marschall Frankreichs der Beredsamkeit Boffuets gewichen; unter dem Pöbel ließ sich mancher durch Geld zum Besuche der Messe bewegen, was die Jesuiten und Frömmler zu tauschenden Beweisen für die leichte Ausführbarkeit einer kirchlichen Einigung benutzten; aber der wohlhabende Bürgerstand, der Kern der calvinischen Confession, widerstand allen Lockungen. Er konnte nur durch Gewalt bezwungen werden; darum schritt man endlich zu den Dra- gonaden. Auflouvois' Befehl besetzte Reiterei die südlichen Landschaften seit 1680. an den Pyrenäen, der Garonne und Rhone und nahm ihre Quartiere in den Wohnungen der Huguenotten. Bald schwand der Wohlstand der qewerbsamen Bürger, von deren Gut die rohen Dragoner praßten. Die brutalen Mißhand-

4. Bd. 2 - S. 263

1854 - Leipzig : Engelmann
Innere Zustände 263 Leipzig verdrängten freisinnigen Thomasius nach Halle gab Veranlassung zur Gründung der Un i v ersi tät Ha l l e (h. 653.), wo Franke eifrig bemüht war, durch Predigten, Bibelauslegungen und Erbauungsschriften einen frommen Sinn, ein gottseliges Leben zu schaffen, die heil. Schrift in die Hände des Volks zu bringen und in Schule und Haus christliche Gesinnung einzuführen. Das von ihm gegründete Waisenhaus ist „ein Siegesdenkmal des Gottvertrauens und der Menschenliebe." Von ähnlichem Geiste beseelt war der an Gottesfurcht und christlicher Tugend reiche Gottfried Arnold, der in seinen geistlichen Lie- Arnold dern religiöses Gefühl der leeren Glätte der Franzosen entgegensetzte und in 1714z seiner unparteiischen Kirchen- und Ketzerhistorie das bestehende Kirchensystem und die orthodoxe Schuldogmatik bekämpfte, indem er zu beweisen suchte, daß die herrschende Kirche oft weniger vom wahren Geist des Christen- thums beseelt gewesen sei, als die verfolgten und unterdrückten Sekten. Dieses in herzlicher Sprache und frommer Gesinnung verfaßte Buch erregte einen Sturm des Beifalls und des Widerspruchs. In seinem „Leben der Gläubigen" und in seiner „Historie und Beschreibung der mystischen Theologie oder geheimen Gottesgelahrtheit" zeigt Arnold, wie reich das innere, gottbegeisterte Leben derer ist, die nach einem höheren Ziele streben. Arnold's kirchengeschicht- liche Erzählungen regten den gelehrten Mosheim zu ähnlichen Forschungen an, Mosheim woraus die erste wissenschaftliche Kirchengeschichte hervorging. " /0d' Anfangs war das Streben und die Wirksamkeit der Pietisten, welche den Prote- stanten die von Luther erstrittenen Vortheile zurückgaben, höchst wohlthätig. Sie redeten in der Sprache der Bibel zum Gemüthe des Volks und kämpften für Glaubensfreiheit von dem Drucke der Schultheologen und Consistorien und für Erweckung wahrer Religiosität im Herzen des Volks; als aber ihre Gegner endlich, überwunden vom Geiste der Zeit, ver- stummten, da „verlor der Pietismus mit dem freien reformatorischen Geiste seine Energie und erschien als mattherzige Gesühlsreligion, welche, nächst der Scheu vor jeder weltlichen Freude und Herrlichkeit, das Christenthum unter dem alleinigen Gesichtspunkt des'natür- lichen Sündenelends und der Rechtfertigung durch den Versöhnungstod auffaßte." Ein hochmüthiger Sektengeist, gegründet aus den Glauben an eine geistige Wiedergeburt trat an die Stelle der frühern Herzenseinsalt und Christenliebe. Unter der Form einer Gemeindeverfassung erscheint der Pietismus in der vom Grafen von Zinzendorf gegründeten Herrnhuter Brüderge- ^mzen- m ein de. Böhmische und Mährische Brüder, die, vor Oestreichs Religions-1700-60. Verfolgungen flüchtend, sich auf des Grafen Gütern in der Lausitz niedergelassen und das Dorf Herrnhut gegründet, bildeten die Grundlage der von Zinzendorf selbst m2 eingerichteten Religionsgemeinschaft, die sich dem Lehrbegriff nach der Augsburger Confession anschloß, aber eine eigenthümliche kirchlich-politische V e r - fassung annahm und eine auf genauer Kenntniß aller Mitglieder beruhende strenge Kirchenzucht einführte. Die sanfte, tändelnde und mit sinnlichen Bildern und Gleichnissen (von den Wunden des Lammes, das der Welt Sünden trägt) überfüllte Sprache der Herrnhuter gab ihren Reden und Liedern, die der unmittelbare Erguß des Herzens sein sollten, ein mattes, süßliches Gepräge. Um den verschiedenen protestantischen Consessionen den Zutritt zu erleichtern, gestattete Zinzendorf drei Arten (Tropen) des Lehrbegriffs, den mährischen, lutherischen und reformirten; denn das Wesen der Brüderuni tat sollte nicht in einem besondern Lehrbegriff, sondern in der christlichen Färbung und religiösen Gemäch- lichkeit und in der traulichsten Liebe zum Heiland bestehen. — Glaubensboten (Missionare) trugen die Ansichten der Herrnhuter in's Ausland und unter die Heiden Westindiens, Afrika's und Amerikas.

5. Bd. 2 - S. 264

1854 - Leipzig : Engelmann
264 Erste Hälfte vcs achtzehnten Jahrhunderts. Die Verfassung der Herrnhuter Kirchcngemeinde ist den ersten Christengemeinden nach- gebildet. Aelteste, Bischöfe und Diakonen bilden die Vorsteher der Gemeinde, die aus mehreren (nach Alter, Geschlecht und ehelichem Stande getrennten) Chören besteht. Jeder Chor hat einen eigenen Chorherrn zur Leitung der Seelsorge und Andachtsübungen. Die ganze Brüder-Unität wird durch die von der Generalsynode ernannten und alle i — 10 Jahre ergänzten Aeltesten-Conserenz verwaltet. — Die Kirchenzucht wird strenge gehandhabt. Unsittliche werden zuerst durch ernste Vermahnungen zur Besse- rung aufgefordert; bleiben diese wirkungslos, so erfolgt Ausschließung vom Abendmahl und endlich Ausstoßung aus dem Gemeindeverband. Strenge, auf häufiger Andachtsübung und Communion beruhende Kirchlichkeit, verbunden mit Arbeitsamkeit, Reinlichkeit und Fernhaltung weltlicher Mode- und Spielsucht und Lustbarkeit sind die Mittel zur Bewah- rung des kirchlichen Sinnes und eines sittlichen Wandels. Die Geschlechter werden getrennt gehalten und die Ehen nur mit Bewilligung der Aeltesten geschlossen. Handel, Gewerb- fleiß und Sparsamkeit erzeugen Wohlstand. Eine unter der Leitung der Aeltestenconserenz stehende Gemeindecasse dient zur Unterstützung der Missionen und zur Beförderung der Unitätsinteressen. — Für Erziehung der Jugend zu frommen, sittlichen und thätigen Men- schen ist die Brüdergemeinde mehr bedacht als für wissenschaftliche Ausbildung. Metho- ähnliche Erregung wie der deutsche Protestantismus durch die Pietisten disten. und Herrnhuter, erfuhr die englische Kirche durch die Methodisten. Ursprüng- lich ein Verein frommer Studenten, die sich zu Oxford um John Wesley (ff 1791) sammelten, und wegen ihres „pedantisch heiligen Lebens" Methodisten genannt wurden, erlangten sie durch ihre religiöse Tiefe, durch ihren sittlichen Wandel und durch ihre Sorge für die Geringen im Volke in England und Ame- rika bald eine großewirksamkeit. Neben Wesley war der eifrige Prediger Wh ite- sield (ff 1770) Gründer und Träger des methodistischen Christenthums. Die Methodisten schieden nicht aus der englischen Episcopal-Kirche aus, sondern suchten vielmehr derselben ein „Sauerteig gegen Erstarrung" zu sein; nur wo ihnen die Lan- deskirchen verschlossen wurden, predigten sie im Freien, oder erbauten sich eigene Bethauser, Tabernakel genannt. Von den anglicanischen Geistlichen vielfach ver- folgt, gründeten sie zuletzt einen eigenen Gemeindeverband mit strenger Kirchen- zucht unter Synoden und Superintendenten. Die Verderbniß des natürlichen Menschen, die Erlösung durch Christi Tod und die Buße und Wiedergeburt bil- den die Grundlehren der Methodisten. Als Anfang eines neuen gottseligen Lebens fordern sie eine „im Bewußtsein bemerkte, gern auch leiblich stürmisch verkündete Zeit des Durchbruchs zur Gnade." Mit den Herrnhutern haben sie die Gliederung der Gemeinde in Klassen und Unterabtheilungen gemein. In der Ansicht von der Gnadenwahl trennten sie sich in calvinistische W hi tefi el d i an er und in armi- nianische Wesleyaner (§. 531). Die Methodisten nahmen sich des armen verwahrlosten Volkes an und brachten den Sclaven in Westindien und Amerika den Trost des Evangeliums und die Hoffnung der Erlösung. „Wilberforce's hei- liger Kampf für die Freiheit ist vom Methodismus ausgegangen." ^borg" Um dieselbe Zeit stiftete Emanuel von Swedenborg, ein vielseitiger, ^8— durch gründliche Schriften über Mechanik und Bergbaukunde ausgezeichneter Ge- lehrter von Stockholm, die Kirche des neuen Jerusalem. Tiefes Forschen nach den Geheimnissen der Natur, innere religiöse Kampfe und das Studium der mystischen Schriften von Jakob Böhme (§. 552. a.) und andern Geistesver- wandten führten ihn zum Glauben „des Umgangs mit Geistern gewürdigt zu sein, zu denen er, wahrscheinlich in magnetischen Zustanden, bald in den Himmel, bald in die Hölle verzückt wurde." Das dort im Geist Erschaute (Visionen) gab er der Welt sinnreich kund, ehe er sich durch eine vom Herrn selbst ausgehende Offen-

6. Bd. 1 - S. 349

1854 - Leipzig : Engelmann
349 Sieg des Christenthums über das Heidenthum. reichen Güter von sich geworfen und, in ein härenes Gewand gehüllt, die Wüste zu seinem Aufenthalt erkoren, die bis dahin zerstreut lebenden Einsiedler (Mo- nächi, Mönche) in eingehegte Plätze (monastcria, coenobia, claustra, Klö- ster) zu einem gemeinschaftlichen Leben sammelte, und sein Schüler P ach omius ihnen eine gemeinsame Regel ertheilte. Armuth, Keuschheit und Gehor- sam waren die drei Gelübde, zu deren strenger Erfüllung jeder bei der Ausnahme sich verpflichten mußte. Dies war der Anfang des für das Mittelalter so wichti- gen Mönchs Wesens. Von dem an traten die altrepublikanischen Tugenden, Vaterlandsliebe, Erfüllung der Bürgerpflicht und thatkrästiges Handeln gegen die morgenlandischen Ansichten, wonach ein beschauliches, nur der Betrachtung der göttlichen Dinge gewidmetes, von praktischer Thätigkeit und von den Leiden und Freuden der Welt abgewendetes Leben für das verdienstlichste galt, in Hin- tergrund. Je größer die Entsagung und Selbstpeinigung der Büßer, desto größer die Bewunderung und Verehrung des Volks. Zwei sogenannte Säulen hei- l i g e (Styliten), S i m e o n und D an i e l, die einen Theil ihres Lebens auf einer Säule zubrachten, erlangten ein solches Ansehen, daß ihre Worte für Orakel- sprüche galten und auf die Denk- und Handlungsweise der morgenländischen Welt den größten Einfluß übten. §. 235. Die Kirchenväter. Prädestinationslehre. Pelagia- nisnrus. Die christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte werden Kir- chenväter genannt. Ihre Werke, größtentheils Vertheidigungsschriften (apologetische) oder Streitschriften (polemische) gegen die Angriffe der Heiden oder die Irrlehren der Häretiker, sind um so wichtiger, als die Tra- d i t i o n s l e h r e, der die katholische Kirche neben den biblischen Schriften Auto- rität in Sachen des Glaubens, des Cultus und der Verfassung beilegt, auf ihnen beruht. Je näher sie daher dem apostolischen Zeitalter stehen, desto größer ist ihr Ansehen, da man annimmt, daß die Apostel ihren Zeitgenossen manche münd- liche Mittheilungen gemacht haben, die sich nicht in ihren Schriften finden, wohl aber aus den Werken der Kirchenväter erkannt werden mögen. Auch sind sie dadurch wichtig,- daß sie zuerst das Ehristenthum mit den wissenschaftlichen Begriffen und mit der Philosophie des Alterthums in Beziehung brachten und somit demselben Eingang in die höhern Stände verschafften. Durch sie „begann die Vermischung der orientalischen Vorstellungen von Religion, von göttlicher Eingebung, von Regierung, Gesetz und Priesterherrschaft mit den Ansichten der Griechen und Römer über menschliche Weisheit und weltliche Ordnung, über pro- phetische Begeisterung und verständiges Nachdenken." An die Zeitbedürfnisse sich anlehnend, suchten sie die Nichtigkeit des Heidenthums und den Irrwahn der po- lytheistischen Religionssysteme darzuthun und dagegen die evangelische Lehre von dem Einigen und Ewigen Gott, der sich durch Christus geoffenbaret, in ihrer beseligenden, das ganze Leben durchdringenden und reinigenden Kraft preisend (paränetisch) hervorzuheben. Die Kirchenväter schrieben theils griechisch (wie Justinus der Märtyrer [j 166] 5 die alexandrinischen Geistlichen Clemens sch 217] und Orig enes sch 254]; der Kirchenhistoriker und Schöpfer der christ- lichen Geschichtschreibung Eusebius sch 430] und der als ausgezeichneter Kan- zelredner berühmte Johannes Chrysostomus, Bischof von Konstantinopel, dem seine kühnen Predigten gegen die Ausschweifungen des Hofes den Zorn der Kaiserin Eudoxia und zweimal Verbannung zuzogen sch 407]); theils lateinisch (wie Tertulli an von Karthago, ein witziger, phantasiereicher aber von häreti- schen smontanistischen] Ansichten nicht freier Schriftsteller sch 220], der „aus pu- nischem Latein dem Christenthum eine Literatur errang, in welcher geistreiche

7. Bd. 1 - S. 371

1854 - Leipzig : Engelmann
Die Völkerwanderung. 371 siegreiches Schwert bald von den nördlichen Caledoniern wider die Briten selbst und eroberten, durch neue Ankömmlinge verstärkt, nach einem langen furchtbaren Vernichtungskriege Britannien, fortan England genannt. Die Barbarei des Heidenthums und germanische Einrichtungen verdrängten die christlich-römische Cultur, Gesetzgebung und Sprache, die alten Römer- städte zerfielen oder verschwanden, und ein Naturzustand, wo neben Krieg und Jagd nur Ackerbau und Viehzucht Pflege fanden, faßte allmählich feste Wurzeln. Die celtischen Bewohner erlagen größtentheils der Schärfe des Schwerts: was sich retten konnte flüchtete nach Gallien und mehrte die Zahl der britischen Ansiedler in Amo rica (daher Bretagne). Nur in den Gebirgsgegenden von Wales und auf der Süd-Westküste, in Cornwal- lis, behaupteten die celtischen Bewohner ihre Unabhängigkeit, ihre Sprache und Lieder und ihre National-Eigenthümlichkeiten bis ins 13. Jahrhundert. Das übrige England kam nach einem Kampfe von mehr als 150 Jahren in den Besitz der Angelsachsen, die daselbst sieben kleine Königreiche (Hep- tarch ie; Kent, Sussex, Essex, Wessex, Ostangeln, Mercien, Northumber- land) gründeten. Diese bestanden getrennt unter steten Kämpfen, Waffen- thaten und Familienfehden bis ins 9. Jahrhundert, wo Egbert von Wessex die sieben Reiche vereinigte und sich Kö ni g von En g la n d nannte. Das germanische Heidenthum wich schon im 7. Jahrhundert dem Christenthum, als vonpapstgregor dem Großen gesandt, derbenedictinermönch Augusti- nus mit einer Schaar Missionaren in Kent anlangte, den König und seine Edlen zur Taufe führte und den Grund zum erzbischöflichen Sitze von Can- terbury legte. Unter dem Einflüsse königlicher Frauen, die für die Lehre von dem leidenden und gekreuzigten Heiland mehr Empfänglichkeit zeigten, als die thatenfrohen Könige, erlangte das Christenthum bald auch in den übrigen Staaten der Heptarchie den Sieg. — In Irland, wo die celtische Bevölkerung und das Christenthum durch die Angelsachsen nicht verdrängt wurden, hatte der heil. Patrik schon um die Mitte des 5. Jahrhunderts das Evangelium nach römischer Auffassung verkündigt und den Grund zu dem Kloster - und Mönchswesen gelegt, das sich auch bald in Schott- land an die Einsiedeleien der vor heidnischer Verfolgung sich bergenden Cull de er anlehnte. Von dem an nahm das Kirchenwesen und die Zahl der Geistlichen und Mönche in den britischenjnseln dergestalt zu, daß der Staat in der Kirche aufzugehen drohte und viele Könige und Edelleute die Ruhe ihrer Seele entweder in der Stille einer Klosterzelle oder auf fernen Pilger- fahrten zu erwerben suchten. Aus biefcr Zeit rühren die Sagen von dem britischen König Arthur, der, ein Ver- fechter der altbritischcn Nationalität und christlichen Cultur, in den Gebirgen von Wales den feindlichen Angelsachsen tapfcrn Widerstand entgegengesetzt haben soll, weshalb ihn die spätere romantische Poesie als Vorbild aller Ritterlichkeit und Gründer des Ritterbun- des der Tafelrunde hinstcllte und dadurch sein Leben vollends mit dem Schleier der 24* 827. c. 600.

8. Bd. 1 - S. 454

1854 - Leipzig : Engelmann
454 Das Mittelalter. '\fg7l' Guido von Lusignan wurde Jerusalem durch Sa la d in den Christen wieder entrissen. — Die losen Verhältnisse des auf unfester Grundlage aufgebauten Feu- dalstaates, verbunden mit der Verschiedenheit der Nationen, die einander eifersüch- tig bewachten und mit den erschlaffenden Einflüssen des morgenlandischen Lebens und der ungewohnten Genüsse, hemmten die Erstarkung und Consolidirung des Königreichs Jerusalem. tz. 308. Ritterorden. Die Hauptstützen des neuen Königreichs waren die Ritterorden, in denen sich der Geist des Ritterthums und des Mönchwesens vereinigte, indem sie außer den drei Mönchsgelübden: Keuschheit, Armuth und Gehorsam noch ein viertes: Kamps wider die Ungläubigen und Beschützung der Pilger ablegten. Sie erlangten große Vorrechte und Reichthümer und nahmen viele Kriegsleute in Sold. Alle hatten eine eigene mit einem Kreuz bezeichnete Ordenstracht. 1) Der Johanniter- (Hospitaliter-) Orden (sogenannt, weil Johannes der Täufer Patron ihres von Kaufleuten aus Amalfi gestifteten Klosters und Hospitals war), erhielt seine letzte Verfassung und Ordensregeln in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Nach dieser zerfielen die Ordensglieder in drei Klassen: dienende Brüder, denen die Pflege kranker Pilger oblag, Priester, zur Besorgung des Religionswesens, und Ritter, die mit den Ungläu- bigen zu kämpfen und die Pilger zu geleiten hatten. Nach dem Verluste des hei- ligen Landes erhielten sie die Insel R h 0 dos (Rhodiser-Ritter), und als sie diese nach dem heldenmülhigsten Kampfe an die Osnranischen Türken abtreten mußten (1522), wurde ihnen von Kaiser Karl V. die Insel Malta angewiesen (Malteser-Ritter). Nach der Uebergabe dieser Insel an Napoleon (1798) und der Eroberung derselben durch die Engländer (1800) verlor der Orden alle Bedeutung und in den meisten Ländern seine (schon durch die Reformation sehr verminderten) Güter. 2) Der von französischen Edelleuten nach denselben Regeln und Einrichtungen gegründete Orden der Tempelherren (Templer- Orden, weil ihre Wohnung nahe an dem Platze lag, wo ehemals der Salo- monische Tempel gestanden) war ausgezeichnet durch Tapferkeit und Kriegs- muth und gelangte durch Schenkungen und Vermächtnisse zu großen Reichthümern. Nach dem Verluste ihrer Besitzungen in Palästina zogen sich die meisten Mitglie- der nach Frankreich, wo sie in Unglauben und morgenländischen Aberglauben ver- fielen, sich durch den Müßiggang verführt einem üppigen Leben ergaben und dadurch ihren Untergang durch Philipp Iv. (den Schönen) im Anfänge des 14. Jahrhunderts beschleunigten (§. 354). — Da der Johanniter-Orden hauptsäch- lich für i ta li en i sch e, der Templer-Orden für französische Pilger sorgte, so wurde auf dem dritten Kreuzzug nach dem Vorbild und mit der Verfassung der beiden andern in dem von Bremer und Lübecker Kaufleuten gegründeten deut- schen Hospital „unserer lieben Frau zu Jerusalem" unter den Auspizien des bald nachher gestorbenen Friedrichs von S ch w a b e n (tz. 317.) noch 3) der Ord en der D eu tsch h e rr e n zur Pflege deutscher Pilger gestiftet. Ihr erster Ordcns- meister war Graf Waldbott von Bassenheim am Rhein. Von diesen 1190. deutschen Ordensrittern folgte im 13. Jahrhundert, als Hermann von Salza Großmeister war, eine kleine Schaar dem Rufe des Herzogs von Ma so vi en, um die in den Weichselgegenden gepflanzten Keime des Christenthums wider die heidnischen Preußen zu schützen (§. 342.), die schon seit mehr als zwei Jahrhun- derten, wo sie den ersten Missionar Adalbert von Prag erschlugen (997) (§. 292.) > hartnäckig allen Versuchen, ihnen ihre Götzen und ihren mächtigen Priesterstand zu rauben, widerstanden hatten. — Um die Zeit des ersten Kreuz- zugs vermehrte der mohammedanische Prophet Hassan die schwärmerischen

9. Bd. 1 - S. 476

1854 - Leipzig : Engelmann
476 Das Mittelalter. stehenden geistlichen Einrichtungen galt als Feind der Kirche und die furchtbarste Kirchenstrafe in ihrer dreifachen Abstufung, als Bann (der den Einzelnen traf), als Interdikt (das über ganze Landschaften ausgesprochen alle kirch- lichen und gottesdienstlichen Handlungen untersagte), und als Kreuzzug mit Inquisition (wodurch ganze der Häresie oder des Unglaubens beschuldigte Völkerschaften und Kirchengemeinden der Vernichtung preisgegeben wurden) be- drohte die Vermessenen. Außer den Hohenstaufen fühlten besonders die englischen Könige Heinrich Ii. und Johann die päpstliche Allgewalt. — Diese Macht der Kirche wurde hauptsächlich befördert 1. durch die große Zunahme des Mönchs- wesens und die Vermehrung der geistlichen Orden und Klöster, 2. durch die Scholastik. §.321. 1) Mönchs orden. Aus dem allmahlig schlaff gewordenen Benediktiner-Orden (§.281.) schied sich im 10. Jahrhundert das Kloster Clugny in Burgundien aus und führte strengere Ordensregeln ein. „Die Regel wurde dahin ausgebildet, daß durch schwere, ununterbrochene geistlich mechanische Beschäftigungen jede Individualität vernichtet und der kirchlich-klösterliche Ge- meinsinn allein großgezogen wurde." Im 12. Jahrhundert zahlte die Brüder- schaft der Eluniacenser über 2000 Klöster. Aber auch dieser Orden genügte den strengen Anforderungen des Mittelalters gegen die Lockungen der Sünde und die Verführung des Fleisches auf die Dauer nicht, weshalb sich am Ende des 11. Jahrhunderts der Cisterzienser-Orden und einige Decennien spater der Pram onstratenser-Orden aufthaten, jener in Burgund (Citeaux, berühmt durch den phantasievollen, glaubensstarken, mit wunderbarer Beredsam- keit begabten Bernhard von C la irv aux §. 311.), dieser in einer waldigen Gegend unweit Laon (Premontre), mit gleichem Erfolg wie die erstern. Am weitesten ging in der Entsagung der uin 1084 gegründete Orden der Karthau- ser, welcher mit einem in einem rauhen Thal bei Grenoble angelegten Einsiedler- Kloster (Carthusia, Chartreuse) begann. Ein abgeschlossenes, schweigsames Zel- lenleben, spärliche und geringe Nahrung, ein härenes Büßergewand, Geißelungen, und strenge Andachtsübungen wurden jedem Gliede dieses Ordens zur Pflicht ge- macht. — Besonders erfolgreich war die Gründung der sogenannten M e n d i- canten- oder Bettel-Orden im 13. Jahrhundert, die in treuer Nach- ahmung des arnien Lebens Jesu und der Apostel sich aller irdischen Habe entschlu- gen und durch ein elendes Erdenwallen in Armuth und Entbehrung die himm- lischen Güter zu erringen trachteten. Franz von Assisi (ff 1226), der Sohn eines reichen Kaufmanns, entsagte allen seinen Gütern, hüllte sich in Lumpen und zog bettelnd und Buße predigend durch die Welt. Sein Feuereifer verschaffte ihm Anhänger, die gleich ihm Geld und Gut von sich warfen, fasteten, beteten, sich mit Geißeln den Rücken zerrissen und ihre geringen Bedürfnisse von freiwilligen Gaben und Almosen fristeten. Der von ihm gegründete Orden derfranzis- ka n er oder Min o r iten (deren einziger Besitz eine braune mit einem Strick umgürtete Kutte war) verbreitete sich schnell über alle Länder. Mit der Zeit theil- ten sich die Franziskaner in mehrere Zweige. Zuerst trennten sich die eifrigen Mino riten (Spiritualen), in denen der kühne Geist des Gründers sort- lebte, und die nicht einmal dem Orden das Recht des Güterbesitzes zugestanden, von den Gemäßigten, die blos dem Einzelnen, nicht aber der Genossen- schaft unbedingte Armuth auflegten, und verfochten ihre Grundsätze sogar gegen die Päpste, welche die letztere Ansicht begünstigten; später schieden sich die Bar- füßer, C o n v en tu a l en, Ca pu ein er u. a. aus. Gleichzeitig mit den Fran- ziskanern entstand der von einem vornehmen, gebildeten Spanier (D ominicus)

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366 Untergang der alten Welt. Rangordnungen bestehen und übertrug die Leitung der Verwaltungsgeschäste ausschließlich den Eingebornen, die an Bildung und Geschäftserfahrung den kriegerischen Gothen weit überlegen waren. Die Gothen bildeten eine Art Kriegcrkaste, die mit der alten Bevölke- rung sich nie zu einem wahren Ganzen vereinigte. „Nur selten wurden Ehen zwischen ihnen geschlossen und in allen inneren und wesentlichen Beziehungen blieben sie geschieden: durch Sprache, Sitte, nationale Rechtsgewohnheiten, am meisten aber durch die Religion." — An diesem Zwiespalt ging das ostgothische Reich in Italien zu Grunde. „Weil Theodorich es nicht wagte, die morsche Hülle des Kaiserstaats zu zertrümmern, oder nicht vermochte, die römische Bildung zu bewältigen, so blieb der innere Gegensatz gefährlich bestehen, um sich wieder aufzuthun und auszukämpfen, wenn keine überlegene Gewalt ihn mehr fesselte und ein Angriff von Außen, von römischer Seite her, ihn aufs Neue entzündete." — Hin- sichtlich der Rechtspflege erließ Theodorich, der die ganze kaiserlichemachtfülle besaß, folgende maßgebende Verordnung: „In Betracht, daß die Gothen mit Gottes Hülfe unter euch vermischt wohnen, haben wir fürnothwendig erachtet, aufdaßkeineunordnung, wie zu geschehen pflegt, zwischen den Nachbarn entstehe, einen erprobten Mann als Graf zu euch zu schicken, um mit Berücksichtigung unserer Verordnungen den Streit zwischen zwei G othen zu entscheiden: wenn aber eine Streitsache zwischen einem Gothen und einem Römer entstehen sollte, so wird er einen rechtskundigen Römer hinzuziehen und den Prozeß auf billige Weise schlichten. Zwischen zwei Römern aber mögen Römer erkennen, die wir als Richter in die Provinzen schicken, auf daß einem Jeden sein Recht ge- wahrt werde und bei der Verschiedenheit derrichter doch Eine Gerechtigkeit alle umfasse." — Unter Theodorichs friedlicher Regierung hob sich Italien wieder zu blühendem Wohlstand: „die Zertheilung der großen Landgüter in kleine Freiloose, welche fortan auch der Gothe allmählich seinerseits mit Lust bestellte, hob den tiefgesunkencn Feldbau; Gleichheit des Maaßes, Gewichtes und der Münze, treffliche Straßen, von keinem Gesindel beunruhigt, Flüsse und Kanäle belebten den innern Verkehr; mäßige Zölle und liebreiche Aufnahme der Fremden den äußern meist auf Griechenland gerichteten Handel." — Cafsiodorus ist für die christliche Bildung des Mittelalters von der größten Wichtigkeit. Er gründete in seinem Alter ein Kloster in Calabrien, „welches lebensmüde Männer zum Genüsse eines ruhigen Lebens und zur Beschäftigung mit geistlichen Dingen und mit nützlichen Arbeiten aufnehmen, zugleich aber auch das Muster einer geistlichen Schule werden sollte." Zu dem Ende gab er in einigen Werken Anweisung, wie die Klosterbewohner „die dürftige allge- meine Bildung jener Zeit oder die Pflege gewisser Theile der antiken Wissenschaft mit einem ascetischen oder beschaulichen Leben und mit nützlichen körperlichen Arbeiten verbinden könn- ten," und empfahl dazu neben dem Schulunterricht namentlich Bücherabschreiben und Landwirthschaft, Viehzucht und Obstcultur. Diese Vorschriften blieben nicht ohne Einfluß auf die Mönche der folgenden Jahrhunderte und bewirkten, daß die Klöster in manchen Gegenden an die Stelle der untergegangenen Lehranstalten für Rhetorik, Philo- sophie und Rechtswissenschaft traten und daß somit die Reste alter Cultur an die christ- lichen Institute geknüpft wurden. Auch die von Cassiodor nach dem Vorgänge eines heid- nischen Grammatikers empfohlene Eintheilung aller nöthigen Schulwissenschaftcn in das sogenannte Trivium (Grammatik, Rhetorik, Dialektik für die untern Klassen) und Quadrivium (Arithmetik, Musik, Geometrie, Astronomie für die höhern Klassen), oder in die sieben freien Künste, blieb durch das ganze Mittelalter herrschend. Bonden übrigen Werken des Cassiodor sind seine Briefe für die Geschichte seiner Zeit, seinechro- nik und seine Kirchcngeschichte als Muster der mönchischen Geschichtschreibung der Folgezeit von Wichtigkeit. — Boethius ist der letzte Stern der römischen Literatur. Seine obenerwähnte Trostschrift ist in der Form eines Zwiegesprächs abgcsaßt, welches der eingekerkcrte Boethius mit der als Person erscheinenden Philosophie hält. Die Sprache besteht abwechselnd aus rhetorischer, oft poetischer Prosa und aus Versen. Es ist darin
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