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griechischen Kolonien verursachten, so gelangten sie doch zu einem Wohlstand, zu
einer Kultur und zu einer Seemacht, die den kleinasiatifchen Pflanzstädten wenig
nachgab. Mit unermüdlichem Fleiß schufen sie künstliche Hafen und verwandelten
den unangebauten, oft sumpfigen Boden in blühende Felder und Garten; doch
führte der Reichthum in den meisten Städten eine frühe Erschlaffung und Weich-
lichkeit herbei. Sie waren größtentheils von Doriern oder Ioniern gegrün-
det. Tarentum (Taras), eine lakedämonische Kolonie mit einem berühmten
Seehafen, ausgebreitetem Handel und großen Reichthümern; die Burg (Akropo-
lis) lag auf einem Felsen; Tarent wurde gegründet im ersten meffenischen Krieg
von den sogenannten Partheniern (Sprößlingen aus Ehen von Knechten mit
spartanischen Jungfrauen, denen man in Sparta Bürgerrechte verweigerte); Me-
tapontum (achaisch), Herakleia (tarentinisch) u. a. Sy b aris (achäifch),
dessen Reichthum die Bürger zu einer sprichwörtlich gewordenen Weichlichkeit,
Ueppigkeit und Schwelgerei führte. Rach ihrer Zerstörung (510) durch die ab-
gehärteten, an Einfachheit des Lebens gewöhnten Bewohner von Kroton(wo
der von Pyt h a g öras gestiftete, merkwürdige Bund svgl. §. 76.2a] dieherc-
schaft hatte), wurde (uni d. I. 444) von Athen die Stadt Thurium (Thurii)
nahe an derselben Stelle angelegt. Lokri, groß durch die Gesetze des Zaleukos
(660), die auf Begründung eines streng sittlichen Wandels, einfacher Lebensweise
und moralischer Gesinnung ausgingen. R h eg ium (von gemischter Bevölkerung),
Hyele oder Elea (Velia), eine Kolonie derphokäer, Vaterstadt der Philosophen
Zeno und Parmenides, der Gründer der eleatischen Philosophen-
schule (§.76. 2 b); Poseidonia oder Pästum (mit Trümmern dorischer
Tempel); Kumä in Eampanien, die älteste Pflanzstadt Unteritaliens und Me-
tropole von Neapolis (P a r t h en o pe), berühmt durch das Orakel der Sibylle.
Auf Sicilien: Messana (Messina von den dorischen Messeniern ge-
gründet). Katana am Fuße des Aetna (ionisch); (Char on d as Gesetzgeber
gleich Zaleukos, Begründer fester Rechtsbestimmungen gegen richterliche Willkür);
die aus fünf Stadttheilen bestehende korinthische Kolonie Syrakus mit zwei
vortrefflichen Seehafen, ausgezeichnet durch Handel, Seemacht und Reichthum;
G ela, Geburtsort der Tyrannen Gelon und Hieron; Agrig ent in einer für
Getreide-, Oel- und Weinbau fruchtbaren Gegend, eine reiche, kunstsinnige und
prachtvolle Stadt (Jupiter-Tempel), die um 560 unter die Herrschaft des grau-
samen Tyrannen P h al a r is kam. Selinüs, Segeste, Panormos (Pa-
lermo), Himera u. a. m.
5. I n A fri ka, Sp ani en und G a l l i e n. Ky re ne in einem quellen-
reichen, fruchtbaren Hügelland, nahe dem heutigen Trípoli (dorisch). Großer
Handel zu Land (Aegypten, Nubien) und zur See, mit Getreide, Wein, Oel,
Südfrüchten, Safran und besonders mit dem als Gewürz beliebten Silphium,
verschafften den Kyrenäern solche Reichthümer, daß sie zuletzt in Luxus und
Schwelgerei geriethen. Geburtsort des Philosophen Aristippos, des Gründers
der cyrenäischen Philosophenschule (tz. 100). M assili a (Marseille)
in Südgallien von den vor des Kyros Heere fliehenden Einwohnern der ionischen
Stadt P ho kä a gegründet, verwandelte den steinigen Boden in Wein- und Oli-
vengärten und trieb sehr ausgebreiteten Handel. Die Stadt war besonders be-
rühmt wegen ihrer vortrefflichen republikanischen Verfassung und wegen der
Häuslichkeit, Sittlichkeit, Mäßigkeit und Bildung ihrer Bewohner. Sagun-
tum in Spanien (von Zakynthos angelegt) war groß durch Handel wie durch
Freiheits- und Vaterlandsliebe, die es im zweiten punischen Kriege an den
Tag legte.
Weber, Geschichte. I. 6. Aufl.
7
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Die griechische Welt.
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in dem Alleinbesitz gewisser Familien, theils weil das Religionswesen, als auf der
Sitte und dem Herkommen beruhend, weniger der Wandelbarkeit unterworfen ist,
als die weltlichen Einrichtungen und Rechte des bürgerlichen und geselligen Le-
bens; theils weil einzelnen Geschlechtern gewisse Künste, Kenntnisse und Verrich-
tungen eigenthümlich waren, wie den athenischen Eumolpiden (h. 52.) die
Sehergabe, den Askl epia d en in Epidauros und Kos die Heilkunde u. dgl.m.—
Dieser auf der Geburt beruhende Herrenstand hatte Grundbesitz mit zinsbaren
Bauern und diente im Heer als Ritter oder Reisige. Im Alleinbesitz der Bil-
dung, Gesetzeskunde und Waffenübung siel es ihm nicht schwer, das an die Arbeit
gewiesene und mit Verachtung behandelte Volk (Demos) von allem Antheil am
Staatswesen auszuschließen. Erst als der zunehmende Handel und Industrie unter
dem Volke Wohlstand und Bildung verbreitete, die Eintracht und Standesgleich-
heit unter den Adelsgeschlechtern schwand, und diese das eigene Sonderinteresse
über Gesetze und Herkommen stellten und den Vortheil des Standes höher achte-
ten als das Gemeinwohl, wurde allmählich die Macht des Herrenstandes gebro-
chen.— Einsassen oder Schutzbürger ohne politische Rechte, Unfreie
(Hörige) und Sklaven aus der Fremde fanden sich in allen griechischen Städten.
Ihnen waren alle Handarbeiten zum bloßen Nutzen, so wie der Kleinhandel und
alle banausischen Geschäfte überlassen, während sich die freigebornen Hellenen nur
mit dem Kunstartigen und dem Großhandel befaßten.
7. Lykurg's Gesetzgebung und die messenischen Kriege.
§. 66. Durch die Wanderung und unter den neuen Verhältnissen waren
die alten einfachen Sitten der Dorier allmählich ausgeartet; ein unkriegeri-
scher Geist drohte einzukehren und Unordnung verwirrte die Staaten. Dies
brachte einen patriotischen Spartaner aus königlichem Geblüte, Lykurgos,
zu dem Vorsatze, durch Wiederherstellung und feste Begründung der alt-
dorischen Satzungen seiner Vaterstadt das Uebergewicht über die andern
Staaten zu verschaffen. Er begab sich daher nach der durch gute Gesetze
ausgezeichneten Insel Kreta, wo dorische Einwohner mit den ursprüng-
lichen Sitten und Einrichtungen lebten, machte sich mit den dortigen Zu-
ständen bekannt und gab dann nach seiner Rückkehr den Spartanern die
merkwürdige Verfassung, deren Grundzüge folgende sind:
a) Staats ein richtung. Die Staatsgewalt befand sich in den
Händen der Dorier, die ohne weitere Beschäftigung blos den Waffen-
übungen oblagen, Kriege führten und den Staat regierten. In Volks-
versammlungen wählten sie die Senatoren oder den Rath der
Alten (Gerusia), dem die Regierung und die Rechtspflege zustand, und
die fünf Ephoren, die anfangs nur Polizeibeamte und Richter in bürger-
lichen Sachen waren, später aber (nachdem sie mit einer staatsrichter-
lichen Aufsichtsgewalt über Bürgersitte, öffentliche Erziehung und
Amtsführung der Behörden, selbst der Geronten (Senatoren) ausgerüstet
worden) alle Macht an sich rissen und selbst die Könige zur Rechenschaft zogen.
Der Senat bestand aus 28 auf Lebenszeit gewählten Greisen von mindestens
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Die griechische Welt.
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Gesammtheit gestellt und das Familienleben gelockert und geschwächt. Diese
Mahlzeiten waren höchst einfach und mäßig und wurden von den Produk-
tenlieferungen der Heloten bestritten. Die sogenannte schwarze Blutsuppe
und ein Becher Wein machten den Hauptbestandtheil aus. Luxus und Ver-
weichlichung sollten auf alle Weise vermieden werden, weshalb auch die Häu-
ser ganz roh und ohne alle Bequemlichkeit waren, indem nur die Axt bei
deren Bau angewendet werden durfte. Darum war auch alles von edcln
Metallen geprägte Geld aus dem gewöhnlichen Verkehr verbannt, damit
Niemand die Mittel hätte, sich unnöthige Genüsse zu verschaffen; und damit
auch Niemand diese Genüsse kennen lerne und sich daran gewöhne, war den
Spartanern alles Reisen in andere Staaten, und Fremden ein längerer Auf-
enthalt in Sparta untersagt. Jagd und Waffenübungen waren die Haupt-
beschäftigungen des erwachsenen Spartaners; die Bebauung des Bodens
blieb den Heloten überlassen, Handel und Gewerbe sielen den Periöken an-
heim. Das ganze Leben des Spartaners war auf den Krieg bezogen. In der
Stadt lebte er wie im Lager und die Kriegszeit war seine Fest- und Freuden-
zeit. In Purpurmäntel gekleidet und mit langen Haaren zogen die Sparta-
ner unter Flötenton ins Feld, und vor der Schlacht schmückten sie sich wie
zu einem Freudenfeste. Die Stärke des Heeres beruhte auf dem schwerbe-
waffneten Fußvolke (Hopliten), das aus Moren mit vielen Unterabthei-
lungen und vollkommener Gliederung bestand und daher ohne Verwirrung
rnannichfache Schwenkungen und Bewegungen vornehmen konnte. In Reih
und Glied wich und wankte der Spartaner nicht; er siegte oder siel auf sei-
nem Platze, den Feigen traf die öffentliche Verachtung. Strenger Gehorsam
und Subordination des Jüngern unter den Aeltern war die Seele der kriege-
rischen Erziehung und Einrichtung in Sparta, das ein wahrer Ehrentempel
d;s Alters war.
§. 68. Nachdem diese Gesetze von dem delphischen Orakel, das als
Stammheiligthum zu allen Zeiten einen entscheidenden Einfluß auf die ni-
mm Angelegenheiten der Dorier übte, bestätigt worden, ließ Lykurg die
Spartaner schwören, nichts daran zu ändern, bis er wieder von der Reise,
dir er vorhabe, zurückkäme. Darauf soll er nach Kreta gegangen und dort
geworben sein. Bald zeigten sich die Folgen der lykurgischen Gesetzgebung.
Ir Kurzem erlangte der kleine, arme Staat die Vorherrschaft (Hege-
monie) über den Peloponnes und über ganz Griechenland, nachdem er zu-
vor den verwandten Nachbarstaat Messenien in den durch Sage und @rfter
Poesie verherrlichten messenischen Kriegen sich unterworfen. Schon im
ersten Kriege wurden die Meffenier zinspflichtig gemacht, als ihre^-724.
feste Burg Jthöme gefallen war und ihr Held Aristodemos sich auf dem
Grabe seiner von ihm geopferten Tochter erstochen hatte. Doch wanderten
Viele aus, ein freies Leben in der Fremde der heimischen Knechtschaft vorzie-
hend. Sie gründeten Rhegium in Unteritalien zu derselben Zeit, wo die
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no
Geschichte der alten Welt.
ihre Zustimmung gaben, aber die Gelegenheit zur Zügelung des aufstrebenden
Volksgeistes zu benutzen beschlossen. Sie beauftragten nämlich einen aus
^624™ ihrer Mitte, den harten Drakon, mit der Abfassung von Gesetzen. Diese sie-
len aber so streng aus, daß man von ihnen sagte, sie seien mit Blut geschrie-
den. Auf jedes Vergehen war Todesstrafe gesetzt. Dadurch hofften die Edel-
leute das murrende Volk wieder in die frühere Abhängigkeit zu bringen;
allein sie irrten sich. Harte Kämpfe entstanden, wobei nicht nur der Bürger-
stand gegen die Eupatriden feindlich auftrat, sondern die letzteren auch unter
sich selbst in Hader und Parteiung' geriethen und ihre Macht schwächten. Der
Treubruch der Alkmäoniden, eines der großen Adelsgeschlechter gegen
6i2. Kylon's Anhang schändete die Ehre und untergrub das Ansehendes ganzen
®5°gi4on Standes*). Der Staat schwebte am Rande des Untergangs, als Solon,
einer der sieben Weisen, der seiner Vaterstadt zum Besitz von Salamis
verholfen und als Archon und Eupatride aus Kodros' Geschlecht das Ver-
trauen des Adels besaß und zugleich als Dichter und Volksfreund in hoher
Verehrung stand, denselben durch seine neue Gesetzgebung rettete. — Seine
Verfassung ist eine weise Mischung aristokratischer und demokratischer Ele-
mente. Denn während er durch die sogenannte Lastenabschüttelung
(Seisachthie) den Druck des Volks zu erleichtern suchte und alle Staats-
gewalt der Volksversammlung zutheilte, von welcher sowohl der mit
der Verwaltung betraute Rath der Vierhundert als die Richter
(Heliasten, Geschworene) nur Ausschüsse waren, sicherte er durch die
Eintheilung des Volks in vierklassen nach dem Grund -und
Steuer-Vermögen den Vornehmen, als den Reichern, einige Vorrechte,
behielt ihnen die Archontenwürde vor und setzte den aristokratischen Areio-
p ag, einen altehrwürdigen Gerichtshof, zum Hüter der Gesetze, Verfassung
und Sitten ein. — „Ohne die festen Grundlagen der Zuchourw" Sitte aus
dem Auge zu lassen, sprengte somit Solon die Fesseln, welche die Mehrzahl
des athenischen Volkes bis dahin in politischer und rechtlicher Unmündigkeit
gehalten hatten."
'*) Kylon, einem alten Adelsgeschlechte angehörend, nahm sich des Volkes an und
besetzte mit Hülfe des Tyrannen von Megara, seines Schwiegervaters, die Burg. Da ihn
aber das Volk wenig unterstützte, so gelang es den von dem Alkmäoniden Megakles
angeführten Edlen, sich der Akropolis wieder zu bemächtigen, worauf Kylon entfloh, seine
Anhänger aber, gegen die gegebene Zusage, an den Altären der Götter, zu denen sie
geflohen, getödtet wurden. Dieser Religionssrevel führte die Vertreibung der
596. fluchbeladenen Alkmäoniden und die Sühnung der Stadt durch den Seher
Epimenrdes von Kreta herbei, der durch manche heilsame Einrichtung der Solon'-
schen Gesetzgebung vorarbeitete.
§. 70. Durch Solons Lasten abschüttelung wurde den armem Bür-
gern (vermittelst einer Herabsetzung des Münzfußes, „die den Werth des vorhan-
denen baaren Geldes erhöhte, ohne die Summe der Schuldbriefe zu verändern")
ein Theil ihrer Schulden erlassen, das verpfändete Grundeigenthum freigegeben
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Geschichte der alten Welt.
regelmäßige Aufzeichnung der Sieger, daher in der Folge, als man um das I. 300 v. Ch.
die Zeit nach Olympiaden zu berechnen ansing, jenes Jahr als Anfangspunkt dieser Zeit-
rechnung gesetzt wurde. — Delphi bildete einen Priesterstaat ähnlich den orientalischen.
Fünf gewählte Hauptpriester leiteten den Cultus und eine Anzahl Tempelbeamten die übri-
gen Geschäfte. Der Tempel besaß ein großes, durch Zinsbauern und Sclaven bebautes Ge-
biet; Weihgcschenke und Opsergaben brachten Reichthum, und der Zudrang orakelsuchender
Fremden machte Delphi zum Mittelpunkt des Verkehrs und zu einem besuchten Markt.
Kein Wunder, daß die Priester übermüthig und schwelgerisch wurden. Der große Tem-
p e l mit dcrorakelstättc stand in einem mit einer Mauer umgebenen Hofraume, inner-
halb desselben um jenen herum m e h r e re k l ei n e T em p e l und die Schatzhäuser der einzelnen
Staaten mit den Weihgeschenken und vielen Statuen. Im Innersten des Tempels stand
die goldene Bildsäule Apollons, hinter welcher in einer kleinen Vertiefung sich die Höhle
oder der Erd sch l und befand, aus dem eine aufregende, in einen Zustand von Begeiste-
rungsetzendekalte Gasart emporstieg. — Die delphische Amphiktyonie war nur eine
umfassendere Art von Städte- oder S t a a t e n b u n d, wie deren in Griechenland mehrere
bestanden und gewöhnlich zwölf Städtegebiete umfaßte, so der ionische, ach äisch e u. a.
Ost hatte bei solchen Städtebündnissen ein mächtiges Glied die V orherrschaft (Hege-
monie) und war mit der Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten und mit der Führung
der Kriege betraut; doch war dieses Verhältniß meistens ein gewaltthätiges. Bei der del-
phischen Amphiktyonie fanden jährlich zwei Versammlungen statt, im Frühling zu D e l p h t,
im Herbste in den Thermopylen. Der wahre Zweck des Bundes ergibt sich aus dem
Eide bei Aeschines: „keine der amphiktyonischen Städte je von Grund aus zu vertilgen;
einer jemals das Wasser abzuschneiden; und das Heiligthum des Delphischen Gottes, an
welches der Bund sich knüpfte, aus allen Kräften zu beschützen."— Das delphische
Orakel stand in dem Rufe der B e st e ch l i ch k e i t.
tz. 65. Die ältesten Staatsformen in Griechenland. Anfangs
regierten in allen griechischen Staaten Könige, die als Oberpriester, Richterund
Heerführer eine patriarchalische Gewalt besaßen und ihren Ursprung wie ihre Macht
von den Göttern herleiteten, daher dieselbe auch eine durch Recht und Sitte bestimmte
Begranzung hatte. „Wie der Götterfürst Zeus selbst dem Rathe des Schicksals,
so sind auch die Könige bei Homer der Idee des Rechten unterthan, die bei den
Göttern wohnt, deren Kenntniß sich aber ihrer Verwandtschaft mit dieser zufolge
auf sie vererbt hat." Obwohl das Königthum erb lich war, galten doch ge-
wisse Vorzüge, als persönliche Kraft, Weisheit, stattliche Gestalt für nothwen-
dige Eigenschaften der Fürsten, „der Trefflichsten im Volke". Ihr Einkommen
bestand in Ehrengeschenken und im Ertrag eines ihnen zustehenden öffentlichen
Grundstücks, ihre Macht in ihrem größern Werth und Ansehen und in der ihnen
gezollten Verehrung. Sie standen an der Spitze der edlen Geschlechter, die
ihren Rath bildeten und gleich denkönigen sowohl durch Geburt und Reichthum,
als auch durch Kriegsmuth und ritterliche Waffenübungen ausgezeichnet waren.
Als sich mit der Zeit dieses auf Ehrfurcht und Pietät gegründete Verhältnis zwi-
schen dem König und den Adelsgeschlechtern lockerte, suchte der bevorrechtete Her-
renstand die Fürstengewalt immer mehr zu schwachen und seine eigene Macht auf
Kosten der königlichen zu mehren, bis er so sehr erstarkt war, daß er zur gänz-
lichen Beseitigung des Königthums und zur Begründung einer republikani-
schen Aristokratenherrschaft schreiten konnte. Nunmehr traten die fürst-
lichen Geschlechter, denen diekönige angehört hatten, in einereihe mitdem
Kriegsadel und dem Priesteradel, wenn sie gleich noch einigezeit ein höhe-
res Ansehen behaupteten (wie diekodriden und Alkmaoniden in Athen,
die B akch iaden in Korinth u. a.). Nur die Priesterwürde blieb noch langer
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Geschichte der alten Welt.
Oligarchie über, weshalb sich das von jeder Mitherrschaft ausgeschlossene
Volk (Demos), sobald es zum Bewußtsein seines Zustandes und seiner
Rechte gelangte, gegen das Herrenthum der bevorrechteten Geschlechter auf-
lehnte. Da diese aber im Alleinbesitz der Waffen und Kriegsübung waren,
so siegten die Demokraten gewöhnlich erst dann, wenn ein ehrgeiziger, reicher
Adeliger sich von seinen Standesgenossen trennte, an die Spitze des Volks
trat, sich der Burg bemächtigte und dann das Aristokraten-Regiment stürzte.
Umgeben von einer bewaffneten Schaar treuer Anhänger konnte sich dann ein
solcher Volksführer (Demagog) leicht die Oberherrschaft aneignen, da
ihm das Volk aus Erkenntlichkeit für seinen Beistand gegen die Oligarchen
nicht selten bei diesem Streben behülflich war und sich vorerst mit naher lie-
genden Gütern, wie Ackervertheilung, Schuldenerlaß, Ehegemeinschaft und
allgemeiner Rechtsgleichheit begnügte. So kam es, daß im 7. und 6. Iahrh.
in den meisten griechischen Städten Einherrschafren sich bildeten, deren In-
haber als Tyrannen bezeichnet werden, worunter aber nicht immer gewalt-
thätige, grausame Regenten, sondern nur Alleinherrscher (Usurpatoren)
in einem vorher republikanischen Staate zu verstehen sind. Mehrere von die-
sen Tyrannen besaßen große Herrschergaben und führten eine glanzvolle Re-
gierung. Um das Volk, dem sie ihre Erhebung zu verdanken hatten, zu be-
schäftigen, ließen sie prächtige Gebäude aufführen; ihre Reichthümer gaben
ihnen die Mittel, Künstler, Dichter und Weise in ihre Nähe zu ziehen und
deren schöpferische Kraft anzuregen; glänzende Hofhaltungen trugen zur
Blüthe der Städte bei. Aber die Herrschaft der Tyrannen war von kurzer
Dauer, so sehr auch die einzelnen sich bemühten, durch Gastfreundschaften und
Verschwägerungen unter einander und durch Bündnisse und Verträge mit
auswärtigen Königen ihre Macht sicher zu stellen. Die Oligarchen suchten sie
aus alle Weise zu stürzen und wurden dabei von den Spartanern, die den
aristokratischen Verfassungen allenthalben Vorschub leisteten, unterstützt. Oft
vergaßen auch die in der Herrschaft herangewachsenen Söhne, auf welche
Weise ihre Väter zu dem Besitz gelangt waren, setzten die dem Volke schul-
digen Rücksichten bei Seite und wurden gewaltthätige Despoten. Dies hatte
alsdann ihren Sturz zur Folge, wobei sich das Volk mit den Edelleuten auf
kurze Zeit verband, aber nur um nach ihrer Vertreibung eine vollständige
Demokratie zu begründen. Die berühmtesten Tyrannen waren Periander
von Korinth, einer der sieben Weisen, Polykrätes von Samos und Pei-
-sisträtos von Athen. Die beiden ersten sind durch dichterische Sagen berühmt.
Periander hatte zum Freund den Sänger und Citherspieler Arion von Les-
bos, der sich lange in Korinth aufhielt. Um seine Kunst in weitern Kreisen
hören zu lassen, durchzog er Italien und Sicilien und wollte dann mit
den erworbenen Gaben von Tarent nach Korinth zurückkehren. Unterwegs
faßten die Seeleute, lüstern nach seinen Reichthümern, den Plan, ihn ins
Meer zu stürzen. Umsonst bot ihnen Arion alle seine Schätze als Preis seines
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Die griechische Welt
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aber dennoch in seiner Tonne, die ihm zur Wohnung diente, die Bewunderung
des großen Alexander erregte. Ihre Schule, zu der auch Kr ates gehörte, nannte
man die k y n i sch e von dem Gymnasium K y n o sa r g e s, wo Antifthenes lehrte;
mit Anspielung darauf belegte man den Diogenes häufig mit dem Namen Kyon
(Hund), weil das arme, genußlose Leben, das er führte, mehr für einen Hund,
als für einen Menschen zu passen schien. Bisweilen war freilich der Philosophen-
mantel des Kynikers nur Maske der Gemeinheit und Eitelkeit, aber öfters wohnte
auch unter der schmutzigen Hülle eine große Seele. Wie die kyrenaische
Schule diemutter der epikureischen wurde, so die kynische die Mutter der
stoischen (§. 134). Ein dritter Schüler von Sokrates war Eukleides von
Megara, der Stifter der mega rischen Schule. Als die Athener jeden Me-
garaer, der sich in ihrer Stadt treffen lasten würde, mit dem Tode bedrohten,
schlich sich zur Nachtszeit Eukleides, in Frauenkleider gehüllt, in das Haus des
Sokrates, um des Unterrichts dieses Weisen theilhaftig zu werden, und kehrte
dann des Morgens wieder zurück. Eukleides verband die ethische Philoso-
ph ie des Sokrates mit der form alen der Eleaten; er lehrte, es gäbe nur
Ein Gutes, das wirklich und unveränderlich sei und des Menschen Glückselig-
keit begründe; der Weg zu dessen Erlangung sei ein tugendhaftes auf kräftiger
Werkthätigkeit, vernünftiger Einsicht und sittlicher Stärke beruhendes Leben. Da
er aber die sokratische Dialektik mit dem eleatischen Skepticismus
(Zweifachstem) verband, so legte er den Grund zu jenen Spitzfindigkeiten und
Trugschlüssen, wodurch die megarische Philosophenschule nicht minder als die
sophistische verrufen war.
Geschichtschreibung. Herodot. Thukyd des. Xenophon.
§. 101. Um diese Zeit hatte die griechische Geschichtschreibung ihre höchste
Blüthe. Der erste, der an die Stelle der bisherigen Ge schichten sch reib ung
(L o g o g r ap h i e) die wahre Geschichtschreibung (Historie) setzte, und
daher der Vater der Geschichte genannt wird, war Herodot aus der dori- Herodot
scheu Stadt Halikarnaß. Nach dem Untergange der Freiheit seiner Vater- 4 ~ '
stadt lebte er eine Zeitlang auf Samos und machte dann große Reisen nach dem
Wunderlande Aegypten, nach Kleinasien und Persien, nach Griechenland und in
die Donauländer, wo er aus eigenen Anschauungen und mündlichen Erzählungen
den Stoff zu seiner in neun Bücher getheilten und den neun Musen geweihten
Geschichte sammelte. Sein Alter verlebte er zu Thurii in Unteritalien, wohin
er mit einer Kolonie gezogen war. Herodot beschrieb im ionischen Dialekte ^4.
(welcher damals allein für geschichtliche Darstellung in Prosa gebräuchlich war)
und in treuherziger, redseliger Sprache die Kämpfe der Griechen mit den Persern,
schaltete aber dabei gelegentlich auch die ältere Geschichte der orientalischen und
griechischen Völker ein, wobei freilich manches Fabelhafte, das er den Erzählun-
gen der Priester nachschrieb, mit unterlief. Der Zweck seines mit großer Herzlich-
keit und Einfalt für das Volk geschriebenen Werks ist, zu zeigen, wie die Frei-
heitsliebe, die verständige Ordnung, die Verstandesklarheit und die Genügsamkeit
der Hellenen über den Knechtssinn, die ungeordnete Masse und den leeren Pomp
des Orients den Sieg davon trug. Das reine Gemüth und die treuherzige Ge-
sinnung des Verfassers, die aus der ganzen Darstellung hervorleuchten, geben dem
Werke ein edles Gepräge und eine höhere Weihe. Ueberall begegnet man der reli-
giösen Idee, daß die Geschichte nur das Ergebniß einer moralischen Weltordnung
sei und daß die Gottheit dem Schwachen und Demüthigen Stärke verleihe, den
Weber, Geschichte. I. 6. Aust. 11
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Eukleides_von
Megara Eukleides Herodot Herodot Herodot Herodot Weber
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Geschichte der alten Welt.
ausgeschrieben und so der Nachwelt erhalten; Künstler aller Art fanden in
ihnen freigebige Gönner; Athen ward durch Tempel und öffentliche Gebäude
verschönert und der Liederdichter Anakreon lebte anhippias'hof. Als aber
Hipparch, ein lüsterner, der Schwelgerei und den Sinnengenüssen stöhnen-
der Mann, bei einer Festfeier (den Panathenäen) von zwei durch ver-
traute Freundschaft verbundenen Athenern, Harmodios und Aristogeiton,
514. aus Rache über eine zugefügte Beleidigung ermordet wurde, da ließ Hippias
seiner despotischen Natur freien Lauf. Durch seine Grausamkeit und Härte,
die er zuerst bei der martervollen Hinrichtung der von den Athenern spater
als Freiheitshelden und Tyrannentödter gepriesenen Mörder und ihrer Freunde
und Genossen bewies, entfremdete er sich die demokratische Partei und gab
den in der Verbannung lebenden Oligarchen (Alkmaoniden §. 69.) Ge-
legenheit, ihn mit Hülfe der Spartaner zu vertreiben. Er flüchtete sich zu
dem Perserkdnig Dareios und bestärkte diesen in dem Vorhaben, die Athe-
ner mit Krieg zu überziehen.
§. 74. Vollendung der athenischen Demokratie. Die Oli-
garchen hatten umsonst gehofft, mit Hülfe der Lakedamonier die Herrschaft
sw. in Athen wieder zu erlangen. Unter der Leitung des Kleisthenes, eines
unzufriedenen Adeligen, wurde die Solonische Verfassung ihrer aristokratischen
Bestandtheile entkleidet und eine vollständige Demokratie eingeführt.
Die vier alten Distrikte (Phylen), aus denen die 400 Mitglieder des Raths,
sehr oft mit Bevorzugung der Edelleute, gewählt worden waren, wurden nun
aufgelöst und damit die alten Bande zerrissen; an ihre Stelle traten zehn neue
Phylen; zugleich wurde die Zahl der Senatoren auf 500 erhöht (aus jeder Phyle
50 Mitglieder ohne Rücksicht auf Stand und Vermögen). Jede Phyle bestand
wieder aus einer größer» oder geringer» Anzahl von Demen (Gemeinden), de-
ren im Ganzen 174 mit eben so vielen Demarchen (Bürgermeistern) waren.
Die Bürgerschaft ward durch Aufnahme von Beisassen und Fremden vergrößert,
die Richterstellen (Heliaa), so wie die meisten Aemter wurden nicht mehr durch
Wahl, sondern durchs Loos besetzt, aus daß Jedermann ohne Unterschied dazu
gelangen könne; und damit Jeder, der durch überwiegende Macht, Einfluß oder
Ansehen die bürgerliche Gleichheit und die demokratische Verfassung zu gefährden
schien, durch (ehrenvolle) Verbannung auf einige Zeit entfernt werden könne,
wurde das Scherbengericht (Ostrakismos) eingeführt. Viele der ange-
sehensten Männer der nächsten Zeit, wie Aristeides, Themistokles, Kimon u. A.,
hatten diese Verbannung zu erleiden, deren Harte durch den Umstand gemildert
wurde, daß der davon Betroffene eine große Wichtigkeit erlangte. Als aber zur
Zeit des peloponnesischen Kriegs durch eine Kabale des Alkibiades und Nikias
statt eines dieser beiden Parteihaupter ein ganz unbedeutender, nichtswürdiger
Demagog, Hyperbolos, durch den Ostrakismos ausgewiesen wurde, schafften die
Athener mit richtigem Takte das ganze Institut ab; denn nun wäre es nicht lan-
ger eine Ehre und Anerkennung, sondern eine Entwürdigung gewesen.
Vergebens suchten die Vornehmen unter der Leitung des Jsagoras
und mit Hülfe der Spartaner die Demokratie zu stürzen. Das Volk war
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Die griechische Welt.
!) Die elegische, in Distichen gekleidete Poesie ist a) politischer Art, wie
die Gedichte des Kallinos von Ephesos, von dem man noch das Bruchstück einer kriege- 730.
rischen Elegie besitzt, worin er in patriotischer Begeisterung seine Landsleute zum tapfer»
Kampf gegen die Feinde aufmuntert; wie Tyrtäos aus Attika oder aus Athen selbst, der
den Spartanern im messenischen Krieg zu Hülfe geschickt ward (§♦ 68.) und dessen angeb-
liche Lahmheit eine allegorische Andeutung des elegischen Versmaßes zu sein scheint; wie
Solo», der athenische Weise, Dichter und Gesetzgeber, der durch seine Elegien seine
Landsleute zur Wiedererlangung der Insel Salamis begeisterte, ein allseitig gebildeter, an
Welt- und Menschenkenntniß reicher Mann, in dem Ernst und Heiterkeit, Phantasie und
Verstand harmonisch gepaart waren. — b) Die gnomische Sentenzen- (Spruch-)
Dichtung. In dieser Gattung zeichnete sich aus Theognis, Mitglied der durch die
Demokraten gestürzten und ihrer Macht und Reichthümer beraubten dorischen Aristokratie
in Mcgara. Verbannt oder stüchtig begab er sich nach Sicilien u. a. O. und erleichterte
seine Brust durch seine elegischen Spruchgedichte, in denen er einen Jüngling ermahnt, an
der alten Gesinnung, Zucht und Seelengröße der dorischen Adelsgeschlechter sestzuhalten
und die gemeinen, von schlechten Grundsätzen und selbstsüchtigen Motiven geleiteten De-
mokraten zu hassen und ihre Wege zu meiden; Phokylides aus Milet (c. 550), ein an
moralischen Lehren und Sittensprüchen reicher Gnomendichter, „ein strenger Beobachter des
menschlichen Treibens, welcher durch Selbstbewußtsein und innere Würde gehoben über
die Welt Kritik üben und seine Nachbarn verachten darf." Zur Gnomendichtung gehören
auch die Epigramme (Ueberschriften), welche in wenigen Distichen einen neuen oder
guten Gedanken mit einer überraschenden Wendung aussprechen. In dieser Gattung
glänzte Simonvdes von Keos besonders durch die berühmte Inschrift ans die Gefal-
lenen in Thermopylä. Auch Kritias, das Haupt der Aristokratenpartei in Athen (§* 96.),
hat sich als Elegiendichtcr ausgezeichnet. — c) Die erotische Dichtung wurde begründet
durch Mimnermos aus Kolophon, in Smyrna ansässig, der in wehmüthigen und sehn-
süchtigen Liedern, welche von Flöten ton begleitet wurden, den Schmerz einer unglück-
lichen Liebe besingt und über das Alter klagt, das den Genuß der Schönheit und der Liebe
tödtet. Seine Nachfolger sind Antimachos und Hermesianax aus Kolophon,
Aleranders Zeitgenossen.
2) Die iambische Dichtung. Als Erfinder dieser Gattung gilt Archilöchos von
Paros (c. 700). Die durch Anwendung neuer Versarten gehobene Kraft seiner Spott-
gedichte wird durch die Sage bezeichnet, daß, als eine der Töchter des Lykambcs seine
Liebe verschmähte, er die ganze Familie mit seinen Satiren verfolgt und in solche Verzweif-
lung gebracht habe, daß sich Vater und Tochter selbst den Tod gegeben. Er führte ein
bewegtes Leben, theils in Griechenland und aus den Inseln, theils in Italien, wo er in
den Reihen der Kämpfer tapfer focht und siel. „Sein Leben, unruhig und von Noth zer-
rissen, war getheilt zwischen den Mühseligkeiten des kriegerischen Berufs und dem meister-
haften Dienste der Poesie. In diesem vielbegabten Manne flössen die verschiedensten
Stimmungen zusammen und erregten einen eigenthümlichen Wechsel der Leidenschaften."
Wie von Archilochos wird auch von seinem Nachfolger Hippönax aus Ephesos (c. 540),
dem Erfinder des lahmen Jambos (Choliambos, einer verzerrten metrischen Form durch
Verwandlung des letzten Fußes in einen Spondeus), berichtet, daß er zwei Bildhauer, die
seine häßliche Gesichtsbildung und seinen ungestaltigen Körper an einer Bildsäule des
Dichters mit schadenfrohem Hohn übertrieben dargestellt, mit seinen Spottgedichten zum
Selbstmorde gebracht habe. Noth und Verfolgung machten ihn mürrisch und bitter.
Simonrdes aus Samos, auch wegen seiner Auswanderung nach Amorgos der
Amorginer genannt (o. 680), verfaßte unter andern ein Gedicht über die
Frauen, von dem wir noch ein Bruchstück besitzen. „Seine Gesinnungen und Ansichten,
wiewohl auf ernste Sittlichkeit gegründet, verrathen einen herben, fast mürrischen
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Geschichte der alten Welt.
In einem demokratisch eingerichteten öffentlichen Staatswesen ist Beredsamkeit
eine unentbehrliche Eigenschaft des Staatsmanns; daher die berühmtesten Staats-
männer der alten Zeit, ein Themistokles undperikles, zugleich als Volksredner
glänzten. Aber ihre Beredsamkeit war eine Gabe der Natur, ihre Reden meistens
unstudirte Ergüsse des Augenblicks (Improvisationen), ihr Talent ein angeborenes,
ihre Worte natürlich, einfach und schmucklos, nur berechnet die Zuhörer zu überzeugen,
zu überreden, Hinzureißen. Als mit der immer mehr zunehmenden Verbreitung der
Volks h errsch aft auf die untern Klassen das öffentliche Staats- und Gerichtsleben
eine größere Ausdehnung und somit die Beredsamkeit ein weiteres Forum erhielt, suchten
Viele, die sich diesem öffentlichen Leben zu widmen wünschten, den Mangel natürlicher
Redegabe durch Kunst zu ersetzen. Diesem Wunsche kamen zuerst die Sophisten, be-
sonders der Sicilianer Gorgias, der lange in Athen lebte, zu Hülfe. Sie bildeten jene
verführerische Kunst, die noch jetzt von ihnen den Namen trägt, und die hauptsächlich darin
besteht, durch eine aus Spitzfindigkeiten, Scheinwahrheit und Trugschlüssen beruhende
Dialektik und eine geglättete mit Gegensätzen (Antithesen), Redesiguren und überra-
schenden Wendungen gefüllte Redekunst (Rhetorik), den Geist der Zuhörer zu be-
stricken, zu fesseln und zu lenken. Der reiche Gewinn, den Gorgias, Hippias,
Protagöras, Prodikos u. A. aus dieser Kunst zogen, führte ähnlich befähigte
und gebildete Redekünstler von allen Gegenden der griechischen Welt, besonders aus Si-
cilien und Unteritalien, dem damaligen Sitze aller rhetorischen Künste, nach Athen, was
zur Folge hatte, daß von dem an die Rhetorik die vorzugsweise gepflegte Kunst ward,
und daß die rhetorische Redeweise nicht nur in den Staats- und Gerichtsredcn, sondern
in allen Zweigen der Literatur, in der Tragödie durch Euripides, in der Geschichtschrei-
bung durch Thukydid es, Eingang fand; daher die spätere griechische Literatur durch-
gängig eine rhetorische Färbung besitzt. — Der Sammelfleiß der alexandrinischen Gelehrten
hat uns die Reden von zehn attischen Rednern aufbewahrt. Unter diesen hat An-
Andokides h oki des (468—o. 394) noch am meisten das Gepräge alter Einfachheit und schmuckloser
Antiphon Beredsamkeit beibehalten, indeß sein Zeitgenosse Antiph on, (479—411) der Lehrer des
Geschichtschreibers Thukydides (wegen Theilnahme an dem Umsturz der demokratischen
Verfassung durch den Rath der Vierhundert im peloponnesischen Kriege (§. 95.) mit dem
Tode bestraft), sowohl durch Errichtung einer Rednerschule, als durch Anfertigung b e-
* stellter Gerichtsreden, schon den Weg der spätern Rhetoren einschlug. Dasselbe
Lysias that auch Lysias (458 — 378), der, von syrakusanischen Eltern geboren, sich auf Perikles'
Aufforderung in Athen niederließ, im Jahre 444 mit der attischen Colonie nach Thurii in
Unteritalien zog, wo er sich in seiner Kunst vervollkommnete und dann nach seiner Rück-
kehr in Athen eine Redncrschule errichtete und aus Bestellung um Geld Reden fertigte. An
seinen Reden, die sich auf mehrere Hundert beliefen, von denen wir aber nur noch 32
besitzen, wird die Reinheit und Klarheit der Sprache, ohne übertriebenen Pathos, die An-
schaulichkeit der Darstellung, der einfache und anmuthige Styl gepriesen, dabei aber eine
gewisse Nüchternheit gerügt. Sein Epitaphios zu Ehren der im Kriege Gefallenen
(dessen Echtheit jedoch von Vielen bestritten wird) gehört in die Gattung der Lob- und
Prunkreden, Panegyriken genannt, die von dem an immer allgemeiner wurden.
Nach dem Sturz der 30 Tyrannen kehrte Lysias mit Thrasybulos, an den er sich ange-
schlossen, nach Athen zurück. — Von nun an nahm die Redekunst eine entschiedene Rich-
tung zur Künstlichkeit, wozu die Ausbildung des Theaterwesens mit seinem Mimcn-
und Geberdenspiel und die Zunahme diplomatischer Geschäfte und Verhandlungen, durch
welche die Geschicke der griechischen Staaten entschieden wurden, nicht wenig beitrugen.
Das Haupt dieser, durch Glätte des Styls, Vollendung des Periodenbaus und Wohllaut
Zsokrates der Sprache ausgezeichneten Redner ist der Athener Jsokrätes (436 — 338), der als
98jähriger Greis nach der Schlacht von Chäroneiä den freiwilligen Hungertod starb, um
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