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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bd. 2 - S. 145

1854 - Leipzig : Engelmann
145 Der dreißigjährige Krieg. ihre Abgeordneten drangen in die Kaiserburg und forderten drohend Gleich- stellung beider Religionsparteien und andere wichtige Zugeständnisse. Fer- dinands beharrlicher Widerstand hatte ihm leicht Gefahr bringen können, wären nicht in demselben Augenblick Dampierresche Reiter auf den Burghof gesprengt und hätten ihn aus der Bedrängniß befreit. Ungünstige Witterung und Mangel an Geld und Lebensmitteln nöthigten Thurn zum Abzug. — Bald nachher wurde Ferdinand in Frankfurt zum d eutsch en Kaiser gewählt; aber noch ehe die Krönung vollzogen war, fielen die Stände von Böhmen, Mähren und Schlesien von dem Hause Oestreich ab und wählten (in Folge eines alten ihnen von Ferdinand I. nach der Mühlberger Schlacht entrissenen Wahlrechts [§. 489.]) das Haupt der protestantischen Union, den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum König. Um- sonst warnten die Kurfürsten, die Könige von England und Frankreich und selbst Friedrichs eigene Mutter, eine Tochter Wilhelms von Dramen, vor der Annahme dieses gefahrdrohenden Geschenkes — die Stimme seiner stol- zen Gemahlin Elisabeth, einer englischen Fürstentochter, die Ermahnun- gen seines Hofpredigers Scultetus, das Zureden Christians von Anhalt, eines der einflußreichsten Mitglieder der Union, und sein eigenes Gelüsten gaben den Ausschlag. — Der eitle, schwache Mann nahm die ver- hängnißvolle Krone an und eilte zur Krönung und Huldigung nach Prag. tz. 566. F ri e d ri ch V. u n d M a xi mi l i an. Wahrend aber Friedrich in Böhmen mit leerem Schaugeprange die Zeit vergeudete, sich sorglos seinem Hang zum Wohlleben hingab und durch seinen calvinifchen Eifer, der ihn bis zur kirchenschanderischen Zerstörung der Bilder und heiligen Gegenstände trieb, die böhmischen Utraquisten und Lutheraner beleidigte und die evangelischen Glieder der Union verstimmte, schloß Ferdinand einen Vertrag mit der wohlgerüsteten und durch Eintracht starken Liga (indem er deren Oberhaupt Maximilian, der sein Freund und Studiengenosse in Ingolstadt gewesen und die Sache des Katholicis- mus klug mit seinem Vortheil zu verbinden wußte, durch die Aussicht auf die Kurwürde und auf Landererwerb gewann), trat mit Spanien in ein Bündniß und brachte den lutherischen, von seinem Hofprediger (Hoe v. Hohenegg) ge- leiteten Kurfürsten I o h. Georg von Sachsen, der den calvinifchenpsalzgrafen um seine Stellung in der Union und die Königskrone beneidete, durch die Zusiche- rung der Lausitz auf östreichische Seite. Umsonst näherte sich Thurn, im Bunde mit dem siebenbürgischen Fürsten Bethlen Gabor, der nach der Krone von Ungarn strebte, zum zweitenmale den Mauern Wiens; er mußte abermals un- verrichteter Sache abziehen und Ferdinand konnte nunmehr die ungehorsamen Stande Oestreichs zur Unterwerfung zwingen, indeß Spinola mit einem spani- schen Kriegsheer sich der Pfalz näherte. Sorglos ließ sich diezwietrachtige Union durch einen Vertrag mit der Liga die Hände binden und entzog dem Böhmen- könig ihren Beistand. Jetzt rückte Maximilian, in dessendienften der kriegskundige Nieder- länder Tilly stand, mit einem wohlgerüsteten ligistischen Heere in Böhmen ein und zog, von Ferdinands Truppen verstärkt, gerade auf Prag los, ohne Weber, Geschichte. Ii. 6. Äufl. 10 Nvbr. 1619.

2. Bd. 2 - S. 212

1854 - Leipzig : Engelmann
212 Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts. betrachteten sie nicht als eine halbe Entschädigung für die Unbilden, welche von der Obrig- keit der Kirche zugefügt würden, sondern als ein neues und um so gehässigeres Nebel, weil es unter dem Scheine einer Wohlthat verborgen gehalten ward. Verfolgung, sagten sie, könne allein den Körper tödten, aber die schwarze Jndulgenz tödte die Seele. Aus den Städten vertrieben versammelten sie sich aufhaiden und in Gebirgen, durch die bürgerliche Macht angegriffen, vertrieben sie ohne Bedenken Gewalt mit Gewalt. Bei jedem Conven- tikel erschienen sie in Waffen, mehrfach kam es zum offenen Aufruhr. Sie wurden mit Leichtigkeit besiegt, aber unter Niederlagen und Strafen wuchs ihr Muth. Gejagt gleich wilden Thieren, gefoltert, bis ihre Knochen breitgeschlagen waren, eingekerkert zu Hunder- ten, gehängt zu Dutzenden, zu einer Zeit preisgegeben der Zügellosigkeit der Soldaten von England, zu einer andern der Barmherzigkeit von Räuberbanden des Hochlands, be- haupteten sie trotz ihrer Bcdrängniß einen so wilden Muth, daß der kühnste und mächtigste Dränger nicht umhin konnte, ihre Verwegenheit und Verzweiflung zu fürchten." — Als aber die Episcopalen ihre Rache an den Diffenters gestillt und die Strenge der Noncon- formistcngesetze auch die Katholiken traf, da erinnerte sich Karl wieder seiner frühcrn, von Breda aus erlaffencn Zusicherung und wünschte eine Milderung derselben. Seit dieser Zeit ging dem König der Druck, unter dem die Katholiken seufzten, sehr zu Herzen. Daher er- ließ er ohne Befragung des Parlaments eine Duldungsverordnung, worin er vermöge seiner höchsten Macht in kirchlichen Dingen alle Strafgesetze gegen die Noncon- formisten suspendirte, religiöse Versammlungen -an bestimmten Orten erlaubte und die dis- sentirenden Priester unter den Schutz der Obrigkeit stellte. Aber bei der hochkirchlichen Nation erregte diese Duldungsverordnung, die man als den ersten Schritt zum Papismus betrachtete, eine solche Entrüstung, daß der König sich genöthigt sah, nicht nur die Decla- ration zurückzunehmen, sondern auch die von dem Parlament mit Ungestüm begehrte Probe- und Prüfungsakte (Test-Akte) zu bestätigen, wornach alle, welche sich weigern würden den Eid der Treue und des königlichen Supremats zu leisten, das Abend- mahl nach dem Ritus der anglicanischen Kirche zu nehmen und eine Erklärung gegen die Transsubstantiation zu unterzeichnen, unfähig sein sollten, irgend ein Amt oder eine Mili- tärwürde zu bekleiden und weder in das Parlament noch in den Staatsrath gewählt zu werden. Der Herzog von Pork leistete den Testeid nicht, legte seine Stelle als Groß-Ad- miral nieder und vermählte sich in zweiter Ehe mit einer katholischen Prinzessin. Dadurch wurde sein Glaubenswcchsel offenkundig, und da er bei dem Abgang eines legitimen Prin- zen von Wales der nächste Thronerbe war, so näherten sich die protestantischen Diffen- ters und die Hochkirchlichcn einander, um mit vereinten Kräften dem Katholicismus entge- gen zu treten. Pork's beide Töchter, Maria, mit Wilhelm Iii. von Holland vermählt, und die an einen dänischen Fürstensohn verheirathete Anna blieben protestantisch. §. 622. Shaftesbury's Thätigkeit. Nach achtjähriger tüch- 1668. ttger Amtsführung fiel Karls Ii. Minister Clarendon in Ungnade und mußte als Landesflüchtiger seine alten Tage in der Fremde beschließen. Ein Ministerium, von den Anfangsbuchstaben seiner Mitglieder (Clifford, Ar- lington, Buckingham, Ashlep, Lauderdale) zur Bezeichnungseiner Charakter- losigkeit Cabal-Ministerium genannt, leitete jetzt die Regierung nach dem 1669-74/Wunsche des Königs ohne Rücksicht auf Volksrechte und Ehre. Von Neuem erhob sich ein heftiger Kampf zwischen dem nach Unumschränktheit strebenden Königthum und dem die Volksrechte und Landesreligion wahrenden Parla- ment. Unterstützt von diesem aus geistreichen aber grundsatzlosen Männern bestehenden Ministerium unternahm Karl den unpopulären Krieg gegen

3. Bd. 2 - S. 396

1854 - Leipzig : Engelmann
Nov. 1807. 1809. 27. Dec. 396 Napoleon Bonaparte's Machtherrschaft. nachher zum Gro ß h erz og th um erhoben, erhielt eine neue Vergrößerung durch den östreichisch en Breisgau, die Stadt Con sta nz und andere Gebietstheile. Unter bemalten trefflichen Karl Friedrich gelangte das Großherzogthum zu hoher Blüthc. Der Universität Heidelberg ward der frühere Glanz zurückgegeben, den sie im l8. Jahrhundert verloren hatte; das fra n z ö sisch e G e setz b u ch verdrängte die ver- schiedenartigen Territorialrechte; Gewerbe, Industrie und Ackerbau fanden Aufmunterung. Sein Enkel Karl wurde mit der von Napoleon adoptirten Stephanie Beauhar- nais, einer Nichte der Kaiserin Josephine, vermählt. Die den Preußen abgetrotzten Clevesch en La n de mit Wesel wurden nebst dem von Bayern abgetretenen Herzog- thum Berg zu einem Großherzogthum umgewandelt und dem Schwager Na- poleons Joachim Mürat übergeben, nach dessen Erhebung auf den Thron von Neapel dieses Gebiet theils an Frankreich kam, theils dem unmündigen Sohne Ludwig Bonapar- te's zugewiesen wurde. Am 25. März 1806 hielt der prachtliebende Reitersührer seinen glänzenden Einzug in Düsseldorf. Das schweizerische W elf ch-N eu cn bürg (Neuscha- tel mit Balengin), dessen Bürgerschaft einst (1707) den König von Preußen, als Erben des Hauses Oranien, zum Fürsten gewählt, (eine Wahl, die von dem Utrechter Frie- densvertrag gutgeheißen worden, §. 636.) wurde dem Marschall Bcrthier verliehen. — Für das an Oestreich gefallene Erzstift S alzb urg erhielt der frühere Großherzog von Toskana, Bruder des östreichischen Kaisers, das Fürstcnthum Würzburg. 2. Holland. Holland, von dem ehrenhaften und vaterländischen Rath spensi o- n ar i us Sch imm e lp en nin k bisher musterhaft regiert, wurde durch Napoleons Ränke und Drohungen dahin gebracht, daß es sich einen Napoleonidcn als König erbat. Der französische Kaiser bestimmte dazu seinen mit Hortense Beauharnais ver- mählten Bruder Ludwig Bonaparte. Schimmelpcnnink, der die Umwandlung Hollands in eine conftitutionelle Erbmonarchie umsonst zu hindern gesucht, dankte ab. Die Bestim- mung, daß nur gcbornen Holländern die Staatsämter übertragen werden sollten, ward wenig geachtet. Im Juni 1806 zog Ludwig in sein neues Königreich ein. 3. Italien. Das Streben Napoleons, gleich Karl dem Großen eine Universalmon- archie zu gründen und alle europäischen Staaten von Frankreich abhängig zu machen, die Kronen als Erblehen seinen Verwandten zu übertragen und die nach französischem Fuße eingerichtete Staatsverwaltung und Rechtspflege durch Franzosen oder französisch gesinnte Eingeborne leiten zu lassen, kam am deutlichsten in Italien zum Vorschein. Hier wurde nicht blos das den Ocstreichcrn entrissene venetianische Gebiet mit dem König- reich Italien verbunden und dem B i c e k ö n i g Eugen und seinen französischen Rath- gebern untergeordnet; sondern Napoleons Schwestern Elisa und Pauline erlangten Erweiterungen ihrer Ländcrgebiete (jene Massa und Carrara). Bald hernach wurde auch das zum Königreich Etrurien erhobene Toscana, dem französischen Kaiserreich beigefügt und in drei Departemente getheilt. Marie Luise von Spanien, Vormünderin ihres Sohnes Karl Ludwig verlor Toscana wieder, das man ihr früher als Ersatz für das entrissene Parma verliehen hatte (§. 740). Statt eines in Aussicht gestellten neuen Kö- nigreichs in Portugal (§. 754) erhielt sie ein Kloster zum Kerker angewiesen. Zwei Jahre später wurde Elise Bacciochi, Napoleons Schwester, bisher Herzogin von Lucca, als Regentin eingesetzt, war aber eigentlich nur Statthalterin des Kaisers. — Das König- reich Neapel wurde an Joseph Bonaparte unter des Kaisers Oberlehnshcrrlichkeit verliehen. Die Königin Karolinc, die ihren Groll gegen die Franzosen und deren Machthaber nicht ersticken konnte, hatte beim Wiederausbruch des Kriegs, gegen den mit Napoleon eingegangenen Vertrag, eine russisch-englische Flotte landen lassen und die gelandeten Truppen mit Freuden ausgenommen. Da Unterzeichnete, am Tag nach dem Abschluß des Preßburger Friedens, Napoleon in Schönbrunn das Dekret, das die berüch- tigte Formel enthielt: „Die Dynastie der Bourbonen in Neapel hat aus-

4. Bd. 2 - S. 463

1854 - Leipzig : Engelmann
Großbritannien. 463 land in der eroberten Nachbarinsel angesiedelt und mit eingezogenen Gütern be- schenkt worden waren, und die unnatürlichen Zustande der Kirche, da eine unbe- schäftigte (englisch-protestantische) Geistlichkeit im Besitz alles irischen Kirchenver- mögens ist, indeß das katholische, in Armuth lebende Volk seine unbezahlten Prie- ster von seiner Nothdurft erhalten muß. Für den erstern Mißstand wurde unter dem Aristokraten-Regiment der Tories, die für des Volkes Leiden kein Herz hat- ten, wenig Abhülfe getroffen, und was auch Pitt zur Besserung der kirchlichen Zustande Irlands thun mochte, bei der religiösen Engherzigkeit des Königs war keine gründliche Heilung möglich. Erst unter der folgenden Regierung wurde durch die Emancipations -Akte, die den katholischen Irländern den Zutritt in das englische Parlament gewahrte, ein großer Schritt zur Versöhnung gethan. . 3. Nach den schweren Kämpfen gegen Napoleon trat in England ein Zu- stand der Erschlaffung ein; es schien, als ob sich die Engländer des errungenen Vorrangs freiwillig begeben wollten. Der in Lüsten und Genüssen versunkene König Georg Iv., der in seiner Jugend mit der Opposition gegangen, schenkte sein Vertrauen den kalten, in Pitts Staatsweisheit ergrauten Tories und wen- dete Augen und Herz von seinem Volke ab. Dieses lohnte ihm mit Abneigung und Haß, besonders als er das erste Jahr seiner selbständigen Regierung durch einen ärgerlichen E hesch ei du n g spr oz e ß vor dem Oberhause gegen seine in unfreiwilliger Trennung von ihm lebende Gemahlin Kar o lin e von Braunschweig denkwürdig machte. Als die Königin im nächsten Jahre starb, folgte ihr die Theilnahme und das Mitleid der Nation ins Grab, so wenig auch ihre Sitten und Lebensweise zu loben waren. Ca st lereag h, der langjährige Genosse Georgs und der Träger einer falschen, treulosen Politik, gab sich in einem Anfall von Schwermuth selbst den Tod. Dies erschütterte den König, auf dem so manche Jugendsünde lastete, im höchsten Grad und machte ihn menschenscheu. In dü- sterer Zurückgezogenheit verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens, wahrend de- ren der große Staatsmann Canning, welcher den Grundsätzen der lange vom Staatsruder ferngehaltencn Whigs sich näherte, dem englischen Jnselreiche wieder seinen frühem Vorrang verschaffte. Da Georgs Iv. einzige Tochter, die geist- reiche und liebenswürdige, an Leopold von Koburg (den heutigen König der Belgier) vermahlte Prinzessin Charlotte, jung und ohne Kinder gestorben war, bestieg nach des Königs Tod sein Bruder Wilhelm Iv., ein schlichter, ge- rader Mann, den Thron. Unter ihm kam endlich die Sclavenemancipa- tion zu Stande, woran Wilberforce, Buxton und andere Philanthropen viele Jahre gearbeitet. Mit großen Entschädigungs-Kosten für die Pflanzer setzte England in seinen Kolonien die Sclaven in Freiheit und suchte seitdem aus allen Kräften auch andere Nationen zu einem ähnlichen Schritte zu bewegen und den Sklavenhandel gänzlich zu unterdrücken. Nach Wilhelm Iv. erlangte seine Nichte Vi c t o r i a , seit dem 10. Febr. 1840 mit Prinz A l b ert von Ko- burg vermählt, die Krone Englands. *) §. 795. Gründung der englischen Herrschaft in Ostindien. In Ostindien traten die Handelsherren der ostindischen Compagnie als Eroberer auf und erweiterten ihre Niederlassungen allmählich zu einem Reich, an Umfang und Bevölkerung dem Mutterlande weit überlegen. Die Compagnie erschien hier in doppelter Gestalt, als Herrscher und Kausleute. Wahrend sie mit den Franzosen um den Besitz der vordcrindischen Küstenländer und ihrer reichen Handelsstädte rangen, richteten sie zugleich ihre Blicke auf die Gangesländer, besonders das reiche Bengalen, wo die Compagnie schon seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine Niederlassung und eine eigene Waffenmacht besaß. 1698 wurde Calcutta zu einer Präsidentschaft erhoben, durch An- 1829. Hof und Regie- rung. 1821. Is.aug. 1822. 26. Juni 1830. 20. Juni 1837.

5. Bd. 2 - S. 420

1854 - Leipzig : Engelmann
420 Napoleon Bonaparte's Machtherrschast. Herzog Wilhelm von Braun schweig, der heldenmüthige Sohn des bei Auerstädt verwundeten Feldmarschalls. Mit seiner tapfern „schwarzen Schaar" war er den Oestreichern zu Hülfe gezogen, verschmähte aber den Waffenstillstand von Znaym, weil man ihn nur als östreichischen Feldherrn, nicht als souveränen Fürsten darin ausnehmen wollte, und schlug sich mit unglaublicher Kühnheit durch feindliche Lander und Heere bis an die Nordsee durch, wo er und seine muthigen Kampfgenossen sich auf britischen Schiffen nach England flüchteten, um günstigere Zeiten zur Rache abzuwarten. Ein Beweis von der in Deutschland herrschenden Bewegung der Gemüther war auch der von dem Naumburgerjüngling Friedrich Staps unternommene 12.Okt. Mordversuch gegen Napoleon in Schbnbrunn. Von General Rapp ergriffen und seines Vorhabens geständig, wurde er zum Tode geführt. War in diesen, wenn gleich fruchtlosen Bewegungen das Erwachen eines Heldensinnes nicht zu verkennen, so trug dagegen die Unternehmung der Englän- der gegen die Niederlande den Eharakter der rathlosesten Kleinmüthigkeit an sich. Juli. Sie landeten mit -40,000 Mann auf der Insel Walchern, um sich Antwerpens und der Scheldemündungen zu bemächtigen, führten aber ihre Sache so schlecht, daß die Zerstörung der Festungswerke von Vließingen die einzigefrucht dieser kost- spieligen Unternehmung war, bei der mehr Menschen durch das Klima umkamen, als die größte Niederlage weggerafft hatte. Castlereagh und Canning ge- riethen darüber in so heftigen Streit, daß ein Zweikampf auf Pistolen erfolgte. Fouche, der durch eine den Kaiser beleidigende Proclamation die französische Na- tionalgarde zur Vertheidigung der Niederlande aufgesordect, siel in Ungnade und verlor seine Ministerstelle, wie schon vorher Talleyran d, als er Napoleons Verfahren gegen Spanien mißbilligte. 5. Das französische Kaiserreich auf seiner Höhe. §. 763. Nach dem Wiener Frieden stand Napoleon auf dem Gipfel der Macht und Große. Nur der Gedanke, keinen Leibeserben zu haben, quälte ihn; darum ließ er sich, auf den Grund eines bei der Trauung begangenen Formfehlers, von der bei den Franzosen sehr beliebten Kaiserin Joseph ine scheiden und vermahlte sich mit Marie Louise, Tochter des Kaisers von Oestreich. Am 1. April 1810 feierte er seine Vermahlung mit der „Tochter der Casaren", wobei fünf Königinnen die Schleppe trugen und eine uner- hörte Pracht entfaltet wurde. Aber der Brand bei dem Ballfeste, das der östreichische Botschafter, Fürst Schwarzenberg, zu Ehren der Vermählten veranstaltete und wobei dessen Schwägerin (als sie ihre Tochter, die nachherige Fürstin Windisch-Grätz, retten wollte) in den Flammen umkam, wurde ebenso als unheilverkündende Vorbedeutung genommen wie das Unglück bei dem Vermählungsfeste Ludwigs Xvi. mit Marie Antotnette im Jahre 1770. Als dem Kaiser im nächsten Jahr ein Sohn geboren wurde, der den prunk- vollen Titel eines Königs von Rom erhielt, schien sein Glück vollendet und Frankreichs Zukunft entschieden. Doch Stolz und Herrschsucht trieben

6. Bd. 2 - S. 115

1854 - Leipzig : Engelmann
Die neueste Literatur. 115 Fanny Lewald eb. 1812. suchte, beweisen eine krankhafte Geistesrichtung und eine überspannte Phantasie, die nothwendig auf Irrwege führen mußte. — Als Bettina's Antipode kann die aristokra- tische Gräfin Jda von Hahn-Hahn gelten, eine durch äußere Widerwärtigkeiten wie Id« durch innere Unruhe und durch den Hang zu einem vagirenden Leben vielfach umhergetrie- bene Dame, die ihre blasirten Ansichten und die Erzeugnisse einer überreizten Phantasie geb.1805 in zahlreichen Romanen und Rcisebeschreibungen der Welt kund gegeben hat. Im Zwiespalt mit sich selbst und mit der Welt suchte sie zuletzt durch den Uebertritt zur katholischen Kirche und durch klösterliche Ascetik den innern Frieden und die Seelenruhe zu erlangen, die ihr bisher fremd geblieben, und verdammte in dem Buche „von Baby- lon nach Jerusalem" ihr früheres Streben und Schaffen als Verirrung. — Geistesver- wandt mit dieser Gräfin, wenn auch in dem Romane „Diogena "als ihre Gegnerin austretend, ist Fan n y Lewald aus Königsberg, eine durch Tendenzromane („Jenny;" „eine Lebensaufgabe"; „Wandlungen" u. a. m.) u. Reiseschilderungen („italienisches Bilderbuch;" „England und Schottland") bekannte, zum Christenthum bekehrte Jüdin. Unruhig und verfahren thcilt sie mit ihren Stammesgenossen Rahel, Börne, Heine die schnelle Auf- fassungsgabe und die gewandte Darstellung, aber auch den skeptischen und friedelosen Geist, der in den von der Kirche, vom Staat und von der Gesellschaft gesetzten Schran- ken nur Hemmnisse der individuellen Freiheit, nur Fesseln des menschlichen Geistes er- blickt. — Von der in den höhern literarisch und künstlerisch gebildeten Kreisen Berlins herrschenden krankhaften Ueberspannung lieferte Charl. Sophie Stieglitz, die geistig reich- begabte Gattin des Dichters Heinrich Stieglitz einen tragischen Beweis. Sie gab Stieglitz sich selbst den Tod, in der Absicht, ihren Gatten durch einen tiefen Schmerz zu größerer ^ 183t‘ Thätigkeit und Kraftentfaltung zu spornen und dadurch sein von Mißmuth und Ver- stimmung gelähmtes poetisches Talent productiver zu machen. Für ihren Gatten hatte dieses erschütternde Ereigniß, diese freiwillige Selbstaufopferung einer starken aber ver- H. Sticg- irrten Seele, nicht die beabsichtigte Wirkung. Er führte von dem an ein unstetes isos — Wanderleben, bis er sich zuletzt in Venedig nicderließ, wo er auch starb, und was er seitdem ge- 1851- dichtet („Gruß an Berlin, ein Zukunsttraum u. A.) steht dem Frühern („Bilder des Ori- ents"; „Stimmen der Zeit in Liedern" u. A. m.) an Werth nach. — In der Roman- literatur haben viele Frauen bald durch Uebersetzungen und Nachahmungen, bald durch 1843. Originalwerke nach Ruhm und Unsterblichkeit gestrebt; aber unter den vielen Namen, die T Scho- ieder Meßkatalog zu Tage förderte, sind außer der einer frühern Zeit angehörenden Wie- i706 — nerin Karoline Pichler und Johanna Schopenhauer nur noch die durch mehrere ^1838- geschichtliche Romane („Godwie Castle", „Thomas Thyrnau" u. a.) bekannte Auguste von Paalzow, Klingers Freundin Fanny Tarnow (Natalie), die mit Levin Schücking ^aimy^ vermählte Luise v. Gail durch ihre Fraucnnovellen und die schwedische Schriftstellerin Friederike Bremer, deren auch ins Deutsche übersetzte Romane („die Nachbarn", „das Fr.bre- Haus" u. a.) das schwedischefamilienleben nach den verschiedensten Seiten mit Wahrheit dar- stellen, zu einiger Berühmtheit gelangt. Eine ähnliche Richtung wie Friedr. Bremer nahm auch Henriette Wilhelmine Hanke, die Verfasserin mehrer gutgemeinter, häuslichen Sinn und fromme Sitte erweckender aber ohne hervorragendes Talent geschriebener Ro- mane. Die früher gepriesene, nunmehr vergessene Hclmina v. Chezy, eine Enkelin Hclmina der Karschinn (Anh. §. 69.), gehört der Zeit und der Richtung der Romantiker an. — Als lyrische Dichterinnen haben sich bekannt gemacht Adelh. v. Stoltersoth durch' ihre „rheinische Lieder und Sagen"; Luise v. Plönnies aus Hessen, mehr durch kunstvolle Uebersetzungen französischer und englischer Dichter als durch eigene Gedichte, die Oestreicherin B etty Paoli u.a. m. In der dramatischen Poesie erlangte Charlotte B irch-Pseifser einigen Ruf, hauptsächlich darum, weil sie jeden beliebigen Stoff in eine bühnengerechte Form einzukleiden versteht. Ihre Werke, ohne Liefern Gehalt, haben keinen andern Werth, als daß sie gleich den Kotzebue'schen sich leicht aussühren lassen. 8*

7. Bd. 2 - S. 255

1854 - Leipzig : Engelmann
255 Das Zeitalter Ludwigs Xiv. higen übermüthigen Emporkömmlings müde, bewirkte seinen Sturz. Biron wun- derte nach Sibirien und Iwans Eltern (Anna und ihr Gemahl Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg) übernahmen die Regentschaft und verliehen Münnich die Würde eines Premierministers. Zwietracht schwächte jedoch ihre Macht und begünstigte den Plan Leftocq's, des französischen Leibarztes der Prinzessin Eli- sabeth, der jüngsten Tochter Peters des Großen, dieser den Thron zuzuwenden. Mit Hülfe der kaiserlichen Garde, die Elisabeth durch gemeine Vertraulichkeit ge- Wonnen hatte, wurde in einer einzigen Nacht die Revolution beendet, die Eli- mi. sabeth zur Herrschaft, Iwan und seine Eltern,in den Kerker, Münnich und Ostermann nach Sibirien führte. Die schon unter Anna und ihrer Nichte am Petersburger Hof einheimische Sittenlosigkeit erreichte unter der wollüstigen Eli- sabeth den höchsten Gipfel. Wie in Frankreich ein Matressen reg im ent den Staat ruinirte, so in Rußland eine Favoritenherrschaft. Die Finanzen ge- riethen in Unordnung; der Wohlstand sank, alle gemeinnützigen Anstalten ver- fielen. Elisabeth überließ sich und das Reich ihren Günstlingen und folgte selbst in den wichtigsten Staatsangelegenheiten ihren Leidenschaften. Uebungen andach- telnder Frömmigkeit waren bei ihr mit der schaamlosesten Ausschweifung verbun- den. Auch Lestocq, der in Preußens Interesse wirkte, wurde gestürzt und von der undankbaren Kaiserin nach Sibirien geschickt, worauf Bestucheff die Re- 1748- gierung zu Oestreichs Vortheil leitete, bis Elisabeths Tod und Peters Iii. Thronbesteigung wieder eine Umgestaltung herbeifühcre. *) »'---- | Iwan. Alexei. Peter. Katharina, verm. mit demhzg. v. Mecklenb.- Schwerin. Anna Gem. Ant. Utr. v. Braunschweig. Anna, Gem. Friedr. j With.herz.v.kurland. | 1) Alexei. 2) Anna. 3) Elisabeth. | Gem. Karl Friedr. v. P eterll. Holst.-Gottorp. Iwan. Peter Iii. tz. 651. 3) Polen. Friedrich Augusts Ii. Plan nach seiner Wiederein- setzung, mit Hülfe seiner Sachsen und Bundesgenossen die Königsmacht in Polen zu heben, scheiterte an dem Widerstand des Adels. Eine allgemeine Confödera- tion zwang ihn, die sächsischen Truppen aus dem Reiche zu entfernen. Desto besser gelang sein Vorhaben, durch Einführung eines gesteigerten Luxus und Sittenverderbnisses sich den Adel mehr zu eigen zu machen und den kriegerischen Sinn zu brechen. Die von Paris nach Dresden und von Dresden nach War- schau verpflanzte Prachtliebe, Schwelgerei und Ueppigkeit zerstörte die letzte sitt- liche Kraft unter dem polnischen Adel und wirkte um so nachtheiliger, als äußere Verfeinerung mit innerer Roheit und sinnlicher Erregbarkeit gepaart war. Be- stechlichkeit wurde nunmehr so allgemein, daß sie aufhörte ein entehrendes Laster zu sein; von der europäischen Cultur, die in allen andern Ländern Riesenschritte machte, nahm Polen nichts an als den äußern Firniß, den Weibereinfluß und die durch Gründung des weißen Adlerordens genährte Eitelkeit und Hoffahrt, und während in ganz Europa das geistige Streben auf religiöse Aufklärung und Abstreifung der Eonfessionsunterschiede gerichtet war, gesellte sich in Polen zu den übrigen Gebrechen auch noch Verfolgungssucht gegen Andersdenkende. Im Wi- derspruch mit dem Frieden von Oliva (§. 587.) suchte die von den Jesuiten

8. Bd. 2 - S. 258

1854 - Leipzig : Engelmann
258 Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. als sich Kaiser Leopold geneigt zeigte, ihm gegen die Zusicherung kräftiger 1700. Unterstützung im spanischen Erbfolgekriege den Titel eines Königs von 1701. P reu ß en zu verleihen. Nach feierlicher Krönung in Königsberg, wobei der Kurfürst sich selbst und seiner Gemahlin, der geistreichen Sophiecharlotte, die Krone aufsetzte und nach einer Reihe prunkvoller Feste (Stiftung des schwar- zen Adlerordens) hielt der neue König Friedrich I. einen glanzenden Einzug in Berlin, das er durch Bauten (Schloß, Zeughaus, lange Brücke, Kirchen), Kunstdenkmale (die metallene Reiterstatue Friedrich Wilhelms) und Anlagen zur würdigen Residenz eines Königs zu machen suchte. Wissenschaften und Künste fanden Aufmunterung. In dem Lustschloß Cha r l o tten bürg, wo die als Leibnitzens (Anh. §. 53.) Gönnerin bekannte Königin in Anmuth waltete, war stets ein Kreis geistreicher und ausgezeichneter Personen versammelt; in Berlin trat die So cietat der Wissensch a sten und die Akad emi e der Künste ins Leben; in Halle erhob sich eine blühende, durch edle Geistesfrei- heit ausgezeichnete Universität, wo Männer wie Thomasius, Herm. Franke (Stifter des Waisenhauses), Christ. Wolf u. A. wirkten und der Freiherr von Canstein die Bibeldruckerei gründete. — Dieser Aufwand, ver- bunden mit der Unterhaltung einer beträchtlichen Kriegsmacht in des Kaisers Diensten, drückten hart auf das arme Land; schwere Steuern lasteten auf dem Bürger- und Bauernstand, gewissenlose Beamte mißbrauchten die Freigebigkeit des Hofes; der neue Glanz des Herrscherhauses schien dem Staate unheilvoll zu werden; da folgte zum Glück dem verschwenderischen Friedrich I. der sparsame, Friedrich ja geizige Friedrich Wilhelm!., in Allem das Gegenbild seines Vorgan- ' i. gers. Die Juwelen und kostbaren Gerathschaften, die der Vater mühsam erwor- 1713-40.5en, verkaufte der Sohn und bezahlte mit dem Erlös die Schulden; alles was an Luxus grenzte, wurde vom Hofe verbannt, die Dienerschaft aufs Nothwen- digste beschrankt, jeder überflüssige Aufwand vermieden. Die Lebensweise des Königs und seines Hofes war bürgerlich; die Mahlzeiten bestanden aus Haus- mannskost, die Königin und ihre Töchter mußten sich mit häuslicher Arbeit be- fassen. Kleidung und Hausgerath waren einfach. An die Stelle der geistreichen Cirkel, die Friedrich I. und seine Gemahlin um sich versammelt, trat das Ta- bakscollegium, worin Friedrich Wilhelm und seine „guten Freunde" auf Kosten einiger Einfältigen oder Gutwilligen unfeine Scherze treiben und jeder eine Tabakspfeife im Munde haben mußte; die Opernsänger und Schauspieler wurden verabschiedet; Dichter, Künstler und Gelehrte verloren ihre Gehalte ganz oder theilweise; Wolf, dessen Philosophie den Rechtgläubigen und Frommen anstößig war, erhielt den Befehl, „bei Strafe des Stranges" innerhalb 24 Stun- den H a lle zu verlassen. Aber so sehr man des Königs Harte, Geiz und Haus- tyrannei tadeln und an seiner Derbheit, seinem barschen Wesen, seiner Verach- tung aller Bildung, Gelehrsamkeit und feiner Sitten Anstoß nehmen mag, doch muß man zugestchen, daß seine kräftige Natur, seine gesunde Einsicht und sein sparsamer Haushalt dem jungen Staat Halt und Festigkeit verliehen. Um den Bürger- und Bauernstand emporzubringen, hob er die drückendsten Abgaben aus und ordnete das Steuerwesen auf eine billigere Art; die adeligen Lehngüter verwan- delte er in Erbgüter und legte ihnen statt der bisher gelieferten Kriegspferde eine feste Steuer aus; er vergrößerte B er l in, hobpotsdam zu einer beträchtlichen Stadt und ließ abgebrannte und heruntergekommene Orte neu aufbauen; er begünstigte Manufak- turen und Gewerbthätigkeit und verbot, um die Landesindustrie zu heben, die Einfuhr fremder Fabrikate, verletzte aber freilich dabei so sehr die persönliche Freiheit der Unter- thanen, daß er den Frauen auf der Straße ihre aus fremdem Baumwollenzeug verfertigten

9. Bd. 2 - S. 260

1854 - Leipzig : Engelmann
260 Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. Vater aus Laune besten beabsichtigte Vermahlung mit einer englischen Prinzessin, oder, wie es in andern Nachrichten heißt, mit Maria Theresia von Oestreich, nicht gestattete, mit einigen jungen Freunden den Plan faßte, sich durch die Flucht der väterlichen Gewalt zu entziehen. Eine Reise des Königs in die Rhein- gegenden schien eine günstige Gelegenheit zu bieten. Aber ein ausgefangener Brief Friedrichs an seinen Vertrauten, den Lieutenant von Katte, brachte das Ge- heimniß an den Tag. Der König schäumte vor Wuth. Er ließ den durch ein Kriegsgericht als Ausreißer zum Tode verurtheilten Kronprinzen auf die Festung Küstrin bringen und Katte vor besten Fenstern hinrichten; alle, von denen der König nur den leisesten Verdacht eines Einverständnisses mit seinem Sohne hatte, wurden von dem über die Verletzung seiner hausvnterlichen Autorität auf- gebrachten Monarchen schwer gezüchtigt. Friedrichs Schwester (die durch ihre Denkwürdigkeiten bekannte nachmalige Markgräsin von Bayreuth) erhielt als Mitwisserin Faustschläge ins Gesicht. Erst als Friedrich reumüthig des Vaters Vergebung anflehte und sich der Kaiser von Oestreich für ihn verwendete, wurde er aus der Festung entlasten, mußte aber noch einige Zeit auf der Domänen- kammer in Küstrin arbeiten, ehe ihm Uniform und Degen zurückgegeben wurden. Bald darauf erfolgte Friedrichs Vermählung mit einer Fürstentochter von Braunschweig - Bevern, allein sein Geist fand wenig Gefallen an den engen Schranken der Häuslichkeit; er sah seine Gemahlin selten, besonders seitdem ihm der Vater das Städtchen R Heinsberg überlassen, wo er fortan im Kreise geistreicher, gebildeter und freidenkender Freunde (wie Kaiserling, Jordan, Cha- zot, Fouquet u. A.) ein von Witz, Scherz und munterer Unterhaltung erheitertes und von ernsten und vielseitigen Studien gehobenes Leben führte. Er las die Werke der Alten in französischen Uebersetzungen und schöpfte daraus die edle Ruhmbegierde, an Großthaten und Geistesbildung den griechischen und römischen Helden nachzustreben; er bewunderte die französische Literatur und faßte für Voltaire eine solche Verehrung, daß er ihm die schmeichelhaftesten Briefe schrieb und den persönlichen Umgang eines so großen Geistes als das höchste Glück prieß; mit den bedeutendsten Gelehrten und Schriftstellern des In- und Auslandes trat er in brieflichen Verkehr. Kein Wunder, daß seine Thron- besteigung in ganz Europa als ein wichtiges Ereigniß angesehen ward, zumal da gleich seine ersten Handlungen den grom und freisinnigen Regenten beur- kundeten. Des Vaters kostspielige Riesengarde wurde abgeschafft und das Geld besser angewcn- det. Der Philosoph Wolf ward von Marburg nach Halle zurückberufen, weil in Fried- richs Staaten „Jeder nach seiner Fayon selig werden könne." V o ltaire besuchte den Kö- nig und nahm später sogar auf längere Zeit seinen Aufenthalt in Berlin; aber der persön- liche Umgang, der die eigennützige, selbstsüchtige und eitle Natur des Franzosen, so wie sein von Neid und Bosheit erfülltes Herz an's Licht brachte, benahm dem König viel von seiner frühern Bewunderung. Ein so spottsüchtigcr Mann wie Voltaire, der nie einen Witz oder eine» pikanten Einfall, wie verletzend sie auch sein mochten, unterdrücken konnte, war nicht zum Umgang mit einem Fürsten von ähnlicher Natur geschaffen. Besser eigneten sich dazu minder bedeutende Geister, wie der wegen seiner freigeistigen Denkungsart aus Frankreich verwiesene witzige Spötter Lamettrie und der materialistische Philosoph d'ar ge ns. Der französische Mathematiker Maupertuis wurde zum Präsidenten der von Friedrich wieder begünstigten Berliner Akademie der Wissenschaften ernannt. §. 655. Kirchliches. — a) Verfolgungen. Religio nswechsel. Vereinigungsversuche. — Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens

10. Lehrbuch der Weltgeschichte - S. 707

1847 - Leipzig : Engelmann
Das französische Kaiserreich 707 Hauses mit dem franz. Hofe. Um die Finanznoth zu mindern, wurden durch den König und seinen franz. gesinnten Minister Montgelas viele Klöster säcularisirt; aber der Nachfolger stellte sie in reichem Maaße wieder her. — Der neue König von Würtemberg, der die östreich. Besitzungen in Schwaben nebst 5 Donau-' städten und andern Gebieten erhielt, benutzte seine Souvcrainetät zur Abschaffung der alten, mit großen Rechten versehenen Stände, zur Errichtung eines hohen und niedern Adels und einer Beamtenariftokratie und zur despot. Bedrückung seiner Unterthanen. Einige Zeit nachher wurde die edle Fürstentochtcr von Würtemberg an Napoleons leichtfertigen Bruder Hieronymus vermählt, der vorher auf des Kai- sers Befehl von seiner bürgerlichen Gattin geschieden worden. Uebrigens war der König von Würtemberg der einzige, der gegen Napoleon und dessen Marschälle seine Würde zu behaupten wußte. — Baden, bald nachher zum Großherzog- thum erhoben, erhielt eine neue Vergrößerung durch den östreich. Breisgau, die Stadt Constanz u. a. Gebietstheile. Unter dem alten trefflichen Karl Friedrich gelangte das Großherzogthum zu hoher Blüthe. Der Universität Hei- delberg ward der frühere Glanz zurückgegeben, den sie im 18. Jahrh, verloren hatte; das franz. Gesetzbuch verdrängte die verschiedenartigen Lerritorialrcchte; Gewerbe, Industrie und Ackerbau fanden Aufmunterung. Sein Enkel Karl wurde mit der von Napoleon adoptirten Stephanie Beauharnais, einer Nichte der Kaiserin Josephine, vermählt. Das den Preußen abgetrotzte Cleve und Wesel wurde mit dem von Bayern abgetretenen Berg zu einem Großherzogthum umgewandelt und dem Schwager Napoleons Joachim Murat übergeben, nach dessen Erhebung auf den Thron von Neapel dieses Gebiet theils an Frankreich kam, theils dem unmündigen Sohne Ludwig Bonaparte's zugewiesen wurde. Am 25. März 1806 hielt der prachtliebende Reiterführer seinen glänzenden Ei'nzng'in Düsseldorf. Das schweizerische Welsch-Neuenburg (Neuchâtel mit Valcngin), dessen Bürger- schaft sich einst Friedrich den Großen zum Fürsten gewählt, wurde dem Marfchall Werth ier verliehen. — Für das an Oestreich gefallene Erzstift Salzburg er- hielt der frühere Großherzog von Toskana, Bruder des östreich. Kaisers, das Für- stenthum Würzburg. 2. Holland. Holland von dem ehrenhaften und vaterländischen Raths- pensionarius Schimmelpennink bisher musterhaft regiert, wurde durch Napoleons Ränke und Drohungen dahin gebracht, daß es sich einen Napoleoniden als König erbat. Der franz. Kaiser bestimmte dazu seinen mit Hortense Beau- harnais vermählten Bruder Ludwig Bonaparte. Schimmelpennink, der die Um- wandlung Hollands in eine constitutionelle Erbmonarchie umsonst zu hindern ge- sucht, dankte ab. Die Bestimmung, daß nur gebornen Holländern die Staats- ämter übertragen werden sollten, ward wenig geachtet. Im Juni 1806 zog Lud- wig in sein neues Königreich ein. 3. Italien. Das Streben Napoleons, gleich Karl dem Großen eine Uni- vcrsalmonarchie zu gründen und alle europ. Staaten von Frakreich abhängig zu machen; die Kronen als Erblehen seinen Verwandten zu übertragen und die nach franz. Fuße eingerichtete Staatsverwaltung und Rechtspflege durch Franzosen oder franz. gesinnte Eingeborne leiten zu lassen, kam am deutlichsten in Italien zum Vorschein. Hier wurde nicht blos das den Oestreichern entrissene venetianische Gebiet mit dem Königreiche Italien verbunden und dem Vicekönig Eugen und seinen franz. Rathgebern untergeordnet; sondern Napoleons Schwc- 45 *
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