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1. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 158

1902 - Leipzig : Roßberg
« — 158 — von 1545 nur die Grenzplätze gegen einen Tribut überließ. — Auch im Kampfe gegen die norbctfrtfcinifchen Raubstaaten war Karl V. nur teilweise vom Glück begünstigt; er eroberte zwar Tunis, aber sein Angriff aus Alger (1541) mißlang. 3. Karls V. Abdankung. Körperlich leibenb und mit den Erfolgen seines Lebens wenig zufrieden, trat Karl V. seinem Sohne Philipp schon 1554 Neapel und Mailanb, 1555 die Niederlande, 1556 enblich Spanien und Amerika ab. Sein Bruder Ferdinand I. aber, schon 1531 zum römischen Könige gewählt, übernahm 1556 die Regierung des Reiches. Karl selbst hatte sich in die Nähe des Klosters St. Yuste in Spanien zurückgezogen, 1558. wo er 1558 starb. 4. Die Zeit der Gegenreformation. § 166. Das Konzil zu Trient (1545—1563)» Nun sammelte die katholische Kirche alle ihr Kraft, um zunächst den ihr verbliebenen Besitzstand zu retten und die Schwankenden vom Abfalle zurückzuhalten, sodann womöglich die an den Protestantismus verlorenen Gebiete wiederzugewinnen. So folgte aus die Reformation die Gegenreformation. Auf dem Konzil zu Trient stellte man die Glaubens- und Sittenlehre der katholischen Kirche fest, bewirkte eine strengere Kirchenzucht und begrünbete die päpstliche Herrschaft fester, als sie im letzten Jahrhundert gewesen war. Aus die katholische Kirche Deutsch-laubs richteten fortan die Päpste ihr Hauptaugenmerk. Ein be-sonberer Ausschuß für beutsche Angelegenheiten würde in Rom gebilbet, und mehrere Nuntien (päpstliche Gesandte) nahmen an bestimmten Orten Deutschlands ihren ständigen Aufenthalt. § 167. Die Wirksamkeit der Gesellschaft Jesu. Der spanische Edelmann Ignatius Loyola, früher Offizier, hatte sich ganz dem Dienst der katholischen Kirche gewidmet und einen Orden gegründet, dessen Ziele die Bekehrung der Heiden zum Christentum, die Befestigung des katholischen Glaubens und die sittliche Erneuerung des katholischen Lebens, endlich die Verteidigung der katholischen Lehre durch Wort und Schrift waren. Die Mitglieder, von dem Ordensgeneral in Rom geleitet, hatten das Gelübbe der Armut, der Keuschheit und des bedingungslosen Gehorsams abzulegen. Als wirksamste Mittel benutzten sie die Schulen (Volksschule, Gymnasium und Hochschule), die Kanzel, den Beichtstuhl und die Wissenschaften, in denen sie auf allen Gebieten Bedeutendes leisteten. Viele wirkten auch als Gewissens-

2. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 159

1902 - Leipzig : Roßberg
— 159 — rate und Beichtväter an Fürstenhöfen; die Schulen der Jesuiten wurden von zahlreichen Prinzen fürstlicher Häuser besucht, die später als Herrscher die Grundsätze des Ordens in ihren Ländern durchführten. Die Früchte ihrer Tätigkeit zeigten sich am besten in Bayern und Österreich, wo der Protestantismus allmählich verdrängt wurde. § 168. Die Hugenotteukriege in Frankreich und ihre Rückwirkung auf Deutschland. In Frankreich fand die calvinische Lehre, deren Bekenner man hier Hugenotten nannte, besonders viele Anhänger unter dem hohen Adel, der gegenüber dem Königtum eine selbständige Stellung zu behaupten suchte. Die Führung der Hugenotten übernahm die bourbonische Nebenlinie des französischen Herrscherhauses der Valois, welche das Königreich Navarra in den Pyrenäen besaß. An der Spitze der Katholiken standen die Herzöge von Guise. Es kam zu einem furchtbaren Bürger- und Religionskriege, der mit Unterbrechungen über dreißig Jahre dauerte (1562—1595) und Frankreich an den Rand des Abgrundes brachte. Der Retter seines Landes war Heinrich von Navarra. Er bestieg nach dem Aussterben der Valois als Heinrich Iv. den französischen Thron, gewann die Katholiken durch seinen Übertritt zu ihrem Bekenntnisse und versöhnte die Calvinisten durch den Duldungserlaß von Nantes. Frankreich blieb ein 1598. überwiegend katholisches Land. Durch die Hugenottenkriege wurden die religiösen Gegensätze in Deutschland noch verschärft. Namentlich steigerte das Blutbad der Bartholomäusnacht (23.-24. August 1542), wodurch in Paris und in den Provinzen mehrere Tausend Hugenotten umkamen, die Erbitterung der Protestanten. Auch die persönliche Teilnahme so vieler Deutschen an diesen Kriegen war nur zu sehr geeignet, den konfessionellen Haß in Deutschland zu schüren. Als Frankreich sich einigermaßen zu erholen begann, nahm Heinrich Iv. die deutschseindliche Politik der früheren französischen Könige wieder auf. Schon war er im Begriffe, mit Heeresmacht in Deutschland einzufallen, da traf ihn der Dolch eines Meuchelmörders (1610). § 169. Der Ausstand der Niederlande gegen die spanische Herrschaft und seine Folgen snr Deutschland. Die Niederlande, welche unter Karl V. siebzehn Provinzen umfaßten, waren von diesem Kaiser unter dem Namen „bur-

3. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 160

1902 - Leipzig : Roßberg
— 160 — gundischer Kreis" dem Deutschen Reiche eingefügt worden. Doch unterstanden sie nicht der Gesetzgebung und dem Kammergericht des Reiches, sondern zahlten nur einen Beitrag zur Reichskriegssteuer. Diese ohnehin nur lose Verbindung mit Deutschland wurde noch mehr gelockert, als Karl bei der Teilung seines Weltreiches die Niederlande nicht seinem Bruder Ferdinand, sondern seinem Sohne Philipp Ii. (regierte 1556—1598) übertrug. Dieser suchte ebenso wie sein Vater in allen seinen Ländern die Einheit des katholischen Glaubens aufrecht zu erhalten. In feinem Stammlande Spanien erreichte er dieses Ziel durch rücksichtslose Verfolgung aller religiösen Neuerungen. In den Niederlanden scheiterten jedoch seine Bestrebungen vollständig. Hier hatte die Reformation zahlreiche Anhänger. Die gegen diese erlassenen Religionsedikte erzeugten nur Erbitterung. Andere Maßregeln des Königs erregten, da sie die Gesetze des Landes verletzten, auch bei vielen Katholiken Unzufriedenheit. Diese Stimmung benutzten ehrgeizige Staatsmänner, um die Massen gegen die spanische Herrschaft aufzuwiegeln. Die eigentliche Seele des niederländischen Aufstandes war der deutsche Gras Wilhelm von Nassau, nach seiner Besitzung Oranien a. d. Rhone gewöhnlich Wilhelm von Oranien genannt, der Statthalter der Provinzen Holland, Seeland und Utrecht. Er wurde unterstützt von seinen Standesgenossen, den Grafen Egmont und Hoorn. Wilhelms vertrauter Freund, der calvinifche Edelmann Philipp Marnix, übernahm es, den niedern Adel und das Volk zu bearbeiten. Dies gelang um so leichter, als der Calvinismus immer mehr an Ausbreitung gewann. Um die Aushebung der Religionsedikte zu erwirken, begab sich eine starke Abordnung des Adels, von einem großen Volkshausen begleitet, zum Palaste der Generalstatthalterin Margarete in Brüssel. Als die Menge sich dem Schlosse näherte, wurde die Regentin von einem ihrer Räte mit den Worten beruhigt: „Es ist nur ein Hause von Bettlern" (gueux). Noch heute werden in Holland und am Niederrhein die Protestanten von den Katholiken Geusen genannt. Margarete versprach den Häuptern der Menge, ihre Forderungen beim Könige zu befürworten (1566). Da brach in mehreren Städten ein furchtbarer Bildersturm aus. Philipp wurde dadurch in solchen Zorn versetzt, daß er jede Versöhnung von der Hand wies. Die Folge war ein schreck^ licher Krieg, der mit Unterbrechungen achtzig Jahre gedauert hat und erst mit dem Dreißigjährigen Krieg in Deutschland sein Ende fand (1648). , Von den niederländischen Wirren wurden die deutschen Lande in starke Mitleidenschaft gezogen. Sowohl die Niederländer als auch die Spanier warben auf deutschem Poden Söldner. Wieder-

4. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 211

1902 - Leipzig : Roßberg
— 211 — 20. Oktober 1668 geboren. Ihre reichen Anlagen wurden durch einen gründlichen und vielseitigen Unterricht auf das beste entwickelt. Von fremden Sprachen verstand sie die lateinische, italienische, französische und englische. Sie machte mit ihren Eltern frühzeitig eine Reise durch Italien und Frankreich und kam mit vierzehn Jahren an den Hof Ludwigs Xiv. Zwei Jahre lang blieb sie daselbst und lernte die französische Sprache bis zu solcher Vollendung, daß später ein Gesandter in Berlin verwundert fragte, ob die Fürstin denn auch Deutsch verstehe. Dem Wunsche ihrer Eltern entsprechend heiratete sie 1684 den Kurfürsten Friedrich Iii. Ihr gebildeter Geist, der sich gern mit guten Dichterwerken und gelehrten Schriften beschäftigte, konnte keinen Geschmack an den prunkvollen Hoffestlichkeiten finden, woran ihr Gemahl so große Freude hatte. Es bildete sich allmählich um die Kurfürstin ein engerer Kreis von gleich-gesinnten Herren und Frauen zur Ausübung der Künste und zur gegenseitigen Belehrung durch wissenschaftliche Gespräche. Der Kurfürst war einsichtig genug, diesen Neigungen seiner Gemahlin Rechnung zu tragen. Er schenkte ihr ein Landhaus in dem Dorfe Lietzow in der Nähe Berlins und ließ ihr dort durch seine bedeutendsten Baumeister das Lustschloß Charlottenburg bauen. Hier war der Lieblingsaufenthalt der Fürstin und ihrer gelehrten Umgebung, deren Hauptzierde eine Zeitlang der Philosoph Leibniz war. Sophie Charlotte starb schon in ihrem 37. Lebensjahre zu Herrenhausen bei Hannover. 2. Friedrich Wilhelm I. § 23«. Friedrich Wilhelms I. Jugend und Thronbesteigung. Friedrich Wilhelm wurde am 15. August 1688 geboren. Schon als Kind zeigte er einen entschiedenen Willen und lebhaften Geist; was aber seine Erzieherinnen an ihm zu tadeln hatten, war eine gewisse Heftigkeit, die ihn später mitunter zu übereilten Handlungen hinriß. Daher wurde er frühzeitig männlicher Aufsicht übergeben. Er erhielt den Generalleutnant von Dohna zu seinem Erzieher, der aus ihn den besten Einfluß ausübte. Insbesondere ist es dessen Abneigung gegen putzsüchtiges Wesen zum Teil zuzuschreiben, daß sein Zögling ein abgesagter Feind alles nichtigen Prunkes wurde. Überhaupt war Friedrich Wilhelm darauf bedacht, unnütze Ausgaben zu vermeiden. Die Wahl seiner Lehrer, eines Franzosen, der zum Unterrichten wenig geschickt war, und eines Deutschen, der zuviel aus Kleinigkeiten hielt, war keine glückliche. Liebe zu den Wissenschaften, Teilnahme 14*

5. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 162

1902 - Leipzig : Roßberg
— 162 — aber mit Beibehaltung der Bischöfe, verbot unter schweren Strafen den katholischen Gottesdienst und verfolgte auch die Reformierten. Wie Philipp Ii. der Vorkämpfer des Katholizismus in Europa war, so trat Elisabeth an die Spitze des westeuropäischen Protestantismus. Daher mußte es zwischen beiden zum Kampfe kommen, von dessen Ausgang das Schicksal der Reformation in England und in den Niederlanden abhing. Die nähere Veranlassung zum Kriege boten folgende Ereignisse: 1. Elisabeth unterstützte anfangs insgeheim, später offen die Niederlande gegen Philipp Ii. 2. Die Königin ließ die spanischen Kolonien angreifen und zum Teil verwüsten. 3. Sie befahl die Hinrichtung der katholischen Königin Maria Stuart (1587), welche aus ihrem schottischen Königreiche nach England geflohen war und Ansprüche aus den englischen Thron erhob. Im Jahre 1588 ließ Philipp Ii. eine mächtige Flotte, „die unüberwindliche Armada", auslaufen. Aber im Angesicht der drohenden Gefahr erhob sich das ganze englische Volk, Protestanten und Katholiken, wie ein Mann. Schon im Kanal kam es zu kleineren Gefechten. Die Hauptschlacht fand auf der Reede von Calais statt. Besiegt zog sich die spanische Flotte auf einem großen Umwege um die schottischen und irischen Küsten zurück, wobei sie durch Stürme den größten Teil ihrer Schiffe verlor. Mit dem Untergang der Armada war das Ende der spanischen Seeherrschaft besiegelt. An die Stelle der Spanier traten die Engländer. Bald sollten die Deutschen diesen Umschwung fühlen. Im Jahre 1598 schloß Elisabeth den Stahlhos der Hansa und hob ihre Handelsvorrechte in England auf. Neben den Holländern und Engländern konnten die deutschen Kaufleute nur mit Mühe einen bescheidenen Platz im Welthandel behaupten. 6. Kulturzuständr in Deutschland int 16. Jahrhundert. § 171. Das Leben der Fürsten und Fürstinnen. Der Fürst verkehrte noch zwanglos mit seinen Untertanen und verbrachte einen großen Teil des Jahres aus seinen Landsitzen und Jagdschlössern. Neben der übermäßigen Vorliebe für Jagden hat sich damals in den langen Friedensjahren ganz besonders bei Fürsten und Edelleuten das Trinken zu einem Laster ausgebildet, das ganze Geschlechter verwüstete, dem auch alles Eisern der Geistlichen nicht zu steuern vermochte. Doch hat gegen Ende des Jahrhunderts die allgemeiner werdende Bildung auch diese Unsitte der Fürsten gemildert.

6. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 214

1902 - Leipzig : Roßberg
— 214 — der europäischen Großmächte. Preußen aber hatte nun endlich die Odermündung und Stettin in der Hand, die einst der Große Kurfürst vergeblich zu erwerben gesucht hatte. X § 232. Friedrich Wilhelms Tätigkeit als Regent. 1. Wirtschaftliche Maßregeln. Um verödete Landstriche zu bevölkern, erleichterte der König die Einwanderung fremder Ansiedler durch die Gewährung von Reisegeld und freiem Bauholz. So gewährte er bis zum Jahre 1728 gegen 20000 Familien Ausnahme. 1732 siedelte er 17000 protestantische Salzburger in Preußen an und zog eine große Anzahl Handwerker (böhmische Tuchweber) ins Land. Die Domänen wurden zu Musterwirtschaften eingerichtet, große Strecken Landes im Havelland ausgetrocknet und Hol= ländereien für Butter- und Käsebereitung angelegt. Die Bauern der königlichen Güter befreite er von der Leibeigenschaft, so daß sie nur noch erbuntertänig waren; ebenso verbot er den Gutsherren wie den Domänenpächtern das Prügeln der Untertanen. Auch trat er dem Mißbrauch entgegen, den manche Beamte und Offiziere mit dem Vorspanndienst der Bauern trieben. Zur Förderung des Gewerbefleißes schärfte der König den Behörden ein, dafür zu sorgen, daß alle Gattungen von Manufakturen, die noch nicht im Lande seien, daselbst eingerichtet werden sollten. Namentlich suchte er das Wollengewerbe soviel wie möglich zu heben, indem er dabei betonte, „daß dadurch viele arme Leute ihr Brot haben können". Deshalb verbot er die Einfuhr fremder Gegenstände der Gewerbetätigkeit und die Ausfuhr einheimischer Rohstoffe (Wolle, Flachs, Leder, Holz). In Berlin wurde eine große Tuchfabrik errichtet und das ganze Heer mit einheimischem Tuch bekleidet. Um den Absatz der Waren und den Verkehr im Lande zu erleichtern, begann er in seinem Staate die Gleichheit der Münzen, Maße und Gewichte durchzuführen. Für die mittellosen Kranken und die Waisen hatte der König ein warmes Herz. So errichtete er in Berlin ein Krankenhaus, die sog. Charite, und in Potsdam das Militärwaisenhaus. 2. Die Stellung zu Kunst und Wissenschaft. Für Wissenschaften und Künste besaß der König weder Neigung noch Verständnis. Ja er liebte es sogar, die Gelehrten zu verspotten. Nur das Volksschulwesen lag ihm am Herzen. Er machte den Anfang zu einer allgemeinen Volksbildung in Preußen. Die Eltern wurden für Schulversäumnisse der Kinder bestraft; kein Kind sollte aus der Schule entlassen werden, das nicht lesen konnte. Unter seiner Negierung wurden mehr als

7. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 164

1902 - Leipzig : Roßberg
— 164 — Wohlstand, der sich ebensowohl in der Bauart und Ausstattung der Häuser, als in seiner Sitte und Bildung kundgab. Unter den deutschen Städten ragten Nürnberg, Augsburg, Straßburg, Lübeck und Danzig hervor. Fugger in Augsburg, dessen Vorfahre 1370 als unbemittelter Weber eingewandert war, galt für den reichsten Kaufmann der Welt. Auch die Welser in Augsburg verfügten über einen fürstlichen Reichtum. Einer ähnlichen Blüte erfreute sich Nürnberg. Seine Kaufleute häuften Geld aus Geld; durch prachtvolle Geschenke an Kunstsachen und Geräten wie durch Vorschüsse an Geld erlangten die Nürnberger von Kaisern, Bischösen und Fürsten mehr Freiheiten als jede andere deutsche Handelsstadt; Nürnberg hieß im 16. Jahrhundert die volkreichste und blühendste unter Deutschlands Städten. Niemals ist das Leben der deutschen Städte glänzender und reichlicher gewesen als im 16. Jahrhundert. Üppige Gelage und bunte Unterhaltungen durch Gauklerbanden und dramatische Ausführungen wechselten oder verbanden sich mit kriegerischen Schaustellungen. Statt im Turnier tummelten sich die jungen Patrizier zuweilen in phantastischer Maske; in der großen Masse der Bürgerschaft erhielten die Schützenseste die Waffentüchtigkeit, obgleich das Schaugepränge mehr und mehr zur Hauptsache wurde. Zwischen Kletterbäumen und Kegelbahnen, Krambuden und Glückstöpsen schoß man da um kostbare Preise mit Armbrust und Feuerrohr. § 173. Kunst Nn- geistiges Leben. 1. Die Baukunst. Dieses derbsinnliche Geschlecht strebte jetzt danach, das Leben mit einem Reichtum künstlerischen Schmuckes zu umgeben. Das Muster dafür gab Italiens Renaissance. Der weltliche Bau überflügelte jetzt den kirchlichen vollständig. Fürsten, Edelleute und Patrizier waren die Bauherren; Paläste, Landsitze, öffentliche Gebäude und Privathäuser wurden Ausgaben der Baukunst. Die Stirnseiten der Gebäude wurden reich mit Bildwerk und Malerei verziert, die Höfe mit weiten, offenen Säulenhallen umgeben, große Treppen angelegt und die Jnnen-räume prunkvoll ausgestattet; nur die vorspringenden Erker, die hohen Giebel, die Ecktürme mit ihren Wendeltreppen wurden meist beibehalten. So entstanden das alte Schloß in Stuttgart, die „Residenz" in München, der Otto Heinrichs-Bau des Heidelberger Schlosses, das Dresdener Schloß, viele stattliche Landsitze und Regierungsgebäude, sowie Rat- und Zunfthäuser und Patrizierwohnungen. Das vollständigste Städtebild aus der Renaissancezeit bietet das Städtchen Rotenburg an der Tauber, wo mit Ausnahme

8. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 217

1902 - Leipzig : Roßberg
— 217 — Um alles mit eigenen Augen zu sehen, reiste er beständig im Lande umher. Dabei besichtigte er die Truppen, pruste die Tätigkeit der Beamten und überzeugte sich von dem Zustande der Landwirtschaft, der Gewerbe, der Schulen und Kirchen. Wehe den pflichtvergessenen Beamten! '§ 235. Hof- i,rrd Familienleben. Bei Hose herrschte die größte Einfachheit. Feine französische Gerichte durften nicht auf den Tisch kommen; denn der König mar ein Feind des französischen Wesens. Hofseste wurden nur bei besonderen Anlässen veranstaltet. In allen Schlössern, besonders zu Berlin und Potsdam und in dem 8<^gbschlosse Wusterhausen, waren Rauchzimmer sür die Abhaltung des Tabakskollegiums eingerichtet. Das Familienleben Friedrich Wilhelms bot einen wohltuenden Gegensatz zu dem leichtfertigen und sittenlosen Treiben der meisten europäischen Höfe. Seine Gemahlin Sophie Dorothea, eine feingebildete, edle Frau, war eine Tochter des hannoverschen Kurfürsten und spätern Königs von England Georg I. Sie hoffte ihre ältesten Kinder Friedrich und Wilhelmine Friederike mit Mitgliedern des englischen Königshauses zu vermählen, wodurch der König, der davon nichts wissen wollte, oft zu Heftigkeiten hingerissen und das Familienleben bei Hose zeitweise recht unerquicklich wurde. § 236. Friedrich Wilhelms Persönlichkeit und Lebensweise. Friedrich Wilhelm war von mittlerer Größe und kräftigem Wüchse. In dem runden, gebieterischen Antlitz leuchteten helle, lebhafte Augen. Seine regelmäßige Kleidung war die Uniform. Beim Ausgehen trug er einen dreieckigen Hut und in der Hand den gefürchteten Bambusstock. — Entsprechend seinem Worte: „Zur Arbeit sind die Regenten erkoren", stand er im Sommer um 4, im Winter um 6 Uhr auf. Eine Stunde später mußten seine Räte erscheinen und ihm die eingegangenen Schriftstücke vorlegen. Bis 10 Uhr war er mit Regierungsangelegen-heiten beschäftigt; die noch übrige Zeit des Vormittags widmete er seinen Soldaten; um 12 Uhr wurde höchst einfach zu Mittag gegeffen. Dabei erfreute es den König, wenn schönes, selbst gezogenes Obst aus der Tafel erschien. Den Nachmittag verbrachte er meistens im Kreise seiner Familie. — Außer dem Vergnügen, welches er auf Treibjagden suchte, gönnte er sich nur abends Erholung in dem Tabakskollegium. Nur aus Reisen wurde von dieser Einteilung des Tages abgewichen.

9. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 218

1902 - Leipzig : Roßberg
— 218 — Unter den Fürsten seiner Zeit war er fast der einzige von sittlicher Reinheit, herzlicher Frömmigkeit und aufopfernder Hingebung an seine Herrscherpflichten; er war endlich auch gut deutsch gesinnt. Freilich zeigte sich in seinem Wesen auch manche Schattenseite, er war eigenwillig, oft jähzornig und zuweilen von furchtbarer Härte. Seinen christgläubigen Sinn betätigte er dadurch, daß er zahlreiche Kirchen errichten ließ. Die christlichen Bekenntnisse genossen die gleiche Duldung; doch betrachtete sich der König als den Schutzherrn des Protestantismus, wie namentlich sein Verhalten gegen die Salzburger beweist. Für die Kinder seiner katholischen Soldaten errichtete er besondere Schulen. Im Jahre 1740 starb der König, dessen tatenreiches Leben nur dem Wohle des Staates gewidmet war. Er hinterließ seinem großen Sohne die Mittel, seine großen Taten zu vollbringen: a) 2200 Quadratmeilen mit 21/i Millionen Einwohnern; b) ein Heer von 83000 Mann; c) wohlgeordnete Einnahmen; d) einen Staatsschatz von 8700000 Talern. 3. Kulturxustände in Deutschland um die Mitte des 18. Jahrhunderts. § 237. gtaameben. 1. Kaiser und Reich. Der Kaiser als solcher besaß weder königliche Rechte noch das kleinste Gebiet im Reiche. Der Boden desselben zerfiel in den Landbesitz der Reichsstände, in die reichsunmittelbaren Landgebiete und in mediatisierte Herrschaften. Die reichsständischen Gebiete, welchen allein Sitz und Stimme auf den Reichstagen zukam, waren einerseits geistliche ober weltliche Fürstentümer, Grafschaften ober Freiherrschaften, andrerseits republikanisch eingerichtete Reichsstädte. Die monarchischen Landesherren teilten sich ihrem Range nach in zwei Kollegien: in das der Kurfürsten und das der Reichsfürstert nebst den nicht gefürsteten Grafen und Herren. Ein brittes Reichskollegium bilbeten die 51 Reichsstäbte. Zusammen erreichten die mehr ober weniger vollständigen Reichsglieder die Zahl 1800. Völlig unabhängig vom Reiche waren die österreichischen Fürsten als Könige von Ungarn, die oldenburgischen als Könige von Dänemark, die brandenburgischen als Könige in Preußen, die hannoverschen als Könige von England, sowie zeitweise die sächsischen als Könige von Polen. 2. Die kleinen Fürstentümer. Die kleinen Fürstentümer waren im allgemeinen die Tummelplätze fürstlicher Launen und

10. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 219

1902 - Leipzig : Roßberg
— 219 — schamloser Ausbeutung derselben durch Abenteurer, die Minister-posten an sich zu bringen gewußt hatten, während die Fürsten durch Soldatenspielerei und Jagdwut, Oper und Ballett, Spiel und ein überflüssiges Beamtenheer mit hochtrabenden Titeln das Volk aussogen. In den geistlichen Fürstentümern und Stistsländern verarmte die Bevölkerung, während die Klöster und Domkapitel sich bereicherten und üppig lebten. Aus 1000 Seelen rechnete man damals etwa ein halbes Hundert Geistliche und fünfmal soviel Bettler. Wie in den weltlichen Staaten, so wurde auch in den geistlichen das Volk mit gleicher Härte bedrückt. Die zahllosen Reichsritterschasten (gegen 1500), oft nicht viel größer als eine Gemeinde, waren verwahrlost und verschuldet. Während die Herren schwelgten, darbten die Untertanen. 3. Das Reichsheer. Das aus den Truppen der Reichsstädte und der kleinen Fürsten zusammengewürfelte „Reichsheer" bestand aus Haufen zusammengelaufenen Gesindels, ohne Unterricht und Zucht, ohne tüchtige Führer, mit buntscheckiger Unisorm angetan; seine Verpflegung war elend und seine Kriegskunst bestand im Davonlaufen. 4. Die Reichsbehörden. In dem gleichen Zustande wie die kleinen Reichsglieder befanden sich auch die Reichsbehörden. Das Reichskammergericht, vom Volkswitz Reichsjammergericht genannt, hatte seinen Sitz seit 1693 in Wetzlar. Der Geschäftsgang war so schleppend, daß im Jahre 1772 gegen 61200 Prozesse noch unerledigt waren. Nicht viel besser war es mit dem Reichshofrate zu Wien, der Hauptstütze des Kaisers. 5. Der Reichstag. Seit 1663 war der Reichstag ohne Unterbrechung in Regensburg versammelt. In weltlichen Angelegenheiten beriet jedes der drei Kollegien: Kurfürsten, Reichs-fürsten und Reichsstädte für sich; in Religionssachen zerflel er in den katholischen und evangelischen Körper; stimmten beide Teile in einer Sache nicht überein, so konnte kein Beschluß gefaßt werden. Der Kaiser war durch einen Beauftragten vertreten, die Reichsstände durch Gesandte; oft aber waren die Gesandten ohne Anweisung, daher konnte dann nichts beschlossen werden. Außerdem war dem Einflüsse des Auslandes Tür und Tor des Reichstages geöffnet. § 238. Städtisches Leben. 1. Aussehen der Stadt. Die alten Ziegelmauern aus früheren Zeiten standen noch, ebenso die Türme über den Toren und Mauern; baufällige Türme dagegen waren abgetragen, in den stärksten hatte man Gefängnisse eingerichtet. Der Stadtgraben aus der Außenseite lag zum Teil trocken, und die Kühe
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