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1. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 211

1902 - Leipzig : Roßberg
— 211 — 20. Oktober 1668 geboren. Ihre reichen Anlagen wurden durch einen gründlichen und vielseitigen Unterricht auf das beste entwickelt. Von fremden Sprachen verstand sie die lateinische, italienische, französische und englische. Sie machte mit ihren Eltern frühzeitig eine Reise durch Italien und Frankreich und kam mit vierzehn Jahren an den Hof Ludwigs Xiv. Zwei Jahre lang blieb sie daselbst und lernte die französische Sprache bis zu solcher Vollendung, daß später ein Gesandter in Berlin verwundert fragte, ob die Fürstin denn auch Deutsch verstehe. Dem Wunsche ihrer Eltern entsprechend heiratete sie 1684 den Kurfürsten Friedrich Iii. Ihr gebildeter Geist, der sich gern mit guten Dichterwerken und gelehrten Schriften beschäftigte, konnte keinen Geschmack an den prunkvollen Hoffestlichkeiten finden, woran ihr Gemahl so große Freude hatte. Es bildete sich allmählich um die Kurfürstin ein engerer Kreis von gleich-gesinnten Herren und Frauen zur Ausübung der Künste und zur gegenseitigen Belehrung durch wissenschaftliche Gespräche. Der Kurfürst war einsichtig genug, diesen Neigungen seiner Gemahlin Rechnung zu tragen. Er schenkte ihr ein Landhaus in dem Dorfe Lietzow in der Nähe Berlins und ließ ihr dort durch seine bedeutendsten Baumeister das Lustschloß Charlottenburg bauen. Hier war der Lieblingsaufenthalt der Fürstin und ihrer gelehrten Umgebung, deren Hauptzierde eine Zeitlang der Philosoph Leibniz war. Sophie Charlotte starb schon in ihrem 37. Lebensjahre zu Herrenhausen bei Hannover. 2. Friedrich Wilhelm I. § 23«. Friedrich Wilhelms I. Jugend und Thronbesteigung. Friedrich Wilhelm wurde am 15. August 1688 geboren. Schon als Kind zeigte er einen entschiedenen Willen und lebhaften Geist; was aber seine Erzieherinnen an ihm zu tadeln hatten, war eine gewisse Heftigkeit, die ihn später mitunter zu übereilten Handlungen hinriß. Daher wurde er frühzeitig männlicher Aufsicht übergeben. Er erhielt den Generalleutnant von Dohna zu seinem Erzieher, der aus ihn den besten Einfluß ausübte. Insbesondere ist es dessen Abneigung gegen putzsüchtiges Wesen zum Teil zuzuschreiben, daß sein Zögling ein abgesagter Feind alles nichtigen Prunkes wurde. Überhaupt war Friedrich Wilhelm darauf bedacht, unnütze Ausgaben zu vermeiden. Die Wahl seiner Lehrer, eines Franzosen, der zum Unterrichten wenig geschickt war, und eines Deutschen, der zuviel aus Kleinigkeiten hielt, war keine glückliche. Liebe zu den Wissenschaften, Teilnahme 14*

2. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 217

1902 - Leipzig : Roßberg
— 217 — Um alles mit eigenen Augen zu sehen, reiste er beständig im Lande umher. Dabei besichtigte er die Truppen, pruste die Tätigkeit der Beamten und überzeugte sich von dem Zustande der Landwirtschaft, der Gewerbe, der Schulen und Kirchen. Wehe den pflichtvergessenen Beamten! '§ 235. Hof- i,rrd Familienleben. Bei Hose herrschte die größte Einfachheit. Feine französische Gerichte durften nicht auf den Tisch kommen; denn der König mar ein Feind des französischen Wesens. Hofseste wurden nur bei besonderen Anlässen veranstaltet. In allen Schlössern, besonders zu Berlin und Potsdam und in dem 8<^gbschlosse Wusterhausen, waren Rauchzimmer sür die Abhaltung des Tabakskollegiums eingerichtet. Das Familienleben Friedrich Wilhelms bot einen wohltuenden Gegensatz zu dem leichtfertigen und sittenlosen Treiben der meisten europäischen Höfe. Seine Gemahlin Sophie Dorothea, eine feingebildete, edle Frau, war eine Tochter des hannoverschen Kurfürsten und spätern Königs von England Georg I. Sie hoffte ihre ältesten Kinder Friedrich und Wilhelmine Friederike mit Mitgliedern des englischen Königshauses zu vermählen, wodurch der König, der davon nichts wissen wollte, oft zu Heftigkeiten hingerissen und das Familienleben bei Hose zeitweise recht unerquicklich wurde. § 236. Friedrich Wilhelms Persönlichkeit und Lebensweise. Friedrich Wilhelm war von mittlerer Größe und kräftigem Wüchse. In dem runden, gebieterischen Antlitz leuchteten helle, lebhafte Augen. Seine regelmäßige Kleidung war die Uniform. Beim Ausgehen trug er einen dreieckigen Hut und in der Hand den gefürchteten Bambusstock. — Entsprechend seinem Worte: „Zur Arbeit sind die Regenten erkoren", stand er im Sommer um 4, im Winter um 6 Uhr auf. Eine Stunde später mußten seine Räte erscheinen und ihm die eingegangenen Schriftstücke vorlegen. Bis 10 Uhr war er mit Regierungsangelegen-heiten beschäftigt; die noch übrige Zeit des Vormittags widmete er seinen Soldaten; um 12 Uhr wurde höchst einfach zu Mittag gegeffen. Dabei erfreute es den König, wenn schönes, selbst gezogenes Obst aus der Tafel erschien. Den Nachmittag verbrachte er meistens im Kreise seiner Familie. — Außer dem Vergnügen, welches er auf Treibjagden suchte, gönnte er sich nur abends Erholung in dem Tabakskollegium. Nur aus Reisen wurde von dieser Einteilung des Tages abgewichen.

3. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 218

1902 - Leipzig : Roßberg
— 218 — Unter den Fürsten seiner Zeit war er fast der einzige von sittlicher Reinheit, herzlicher Frömmigkeit und aufopfernder Hingebung an seine Herrscherpflichten; er war endlich auch gut deutsch gesinnt. Freilich zeigte sich in seinem Wesen auch manche Schattenseite, er war eigenwillig, oft jähzornig und zuweilen von furchtbarer Härte. Seinen christgläubigen Sinn betätigte er dadurch, daß er zahlreiche Kirchen errichten ließ. Die christlichen Bekenntnisse genossen die gleiche Duldung; doch betrachtete sich der König als den Schutzherrn des Protestantismus, wie namentlich sein Verhalten gegen die Salzburger beweist. Für die Kinder seiner katholischen Soldaten errichtete er besondere Schulen. Im Jahre 1740 starb der König, dessen tatenreiches Leben nur dem Wohle des Staates gewidmet war. Er hinterließ seinem großen Sohne die Mittel, seine großen Taten zu vollbringen: a) 2200 Quadratmeilen mit 21/i Millionen Einwohnern; b) ein Heer von 83000 Mann; c) wohlgeordnete Einnahmen; d) einen Staatsschatz von 8700000 Talern. 3. Kulturxustände in Deutschland um die Mitte des 18. Jahrhunderts. § 237. gtaameben. 1. Kaiser und Reich. Der Kaiser als solcher besaß weder königliche Rechte noch das kleinste Gebiet im Reiche. Der Boden desselben zerfiel in den Landbesitz der Reichsstände, in die reichsunmittelbaren Landgebiete und in mediatisierte Herrschaften. Die reichsständischen Gebiete, welchen allein Sitz und Stimme auf den Reichstagen zukam, waren einerseits geistliche ober weltliche Fürstentümer, Grafschaften ober Freiherrschaften, andrerseits republikanisch eingerichtete Reichsstädte. Die monarchischen Landesherren teilten sich ihrem Range nach in zwei Kollegien: in das der Kurfürsten und das der Reichsfürstert nebst den nicht gefürsteten Grafen und Herren. Ein brittes Reichskollegium bilbeten die 51 Reichsstäbte. Zusammen erreichten die mehr ober weniger vollständigen Reichsglieder die Zahl 1800. Völlig unabhängig vom Reiche waren die österreichischen Fürsten als Könige von Ungarn, die oldenburgischen als Könige von Dänemark, die brandenburgischen als Könige in Preußen, die hannoverschen als Könige von England, sowie zeitweise die sächsischen als Könige von Polen. 2. Die kleinen Fürstentümer. Die kleinen Fürstentümer waren im allgemeinen die Tummelplätze fürstlicher Launen und

4. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 221

1902 - Leipzig : Roßberg
t — 221 — umgeben konnten. Auch der Wohlhabende hatte in der Regel seinen Haushalt sehr einfach eingerichtet und zeigte den Wohlstand nur bei festlichen Gelegenheiten durch Gerät und Bewirtung. Die Ordnung des Bürgerhauses war streng; was anderen zu leisten und von ihnen zu empfangen war, stand bis auss kleinste genau fest. An dem Althergebrachten durfte nicht gerüttelt werden. ' 4. Die Häuser und ihre Einrichtungen. Die Räume des Hauses waren im ganzen schmucklos; die Fußböden von gehobelten Brettern wurden wöchentlich einmal gründlich gescheuert, Treppe und Hausflur wurden mit Sand bestreut. In den Zimmern schätzte man eine dauerhafte und gefällige Einrichtung; die Möbel, unter denen die Kommode eine neue Erfindung war, wurden sorgfältig gearbeitet und schön ausgelegt. Die Wände waren getüncht, nur in größeren Städten versah man sie ab und zu mit Tapeten, dabei bevorzugten Wohlhabendere Ledertapeten, wie auch die Möbel mit Leder überzogen waren. In der Küche blinkte kupfernes und zinnernes Gerät. Neben dem Zinn wurde auch schon Porzellan gebraucht, besonders in Sachsen. Aber außer an Zinn und Porzellan hing das Herz der Hausfrau gerade damals an feiner Webearbeit. Die Linnendamaste wurden sehr schön gefertigt; auch aus feine Leibwäsche wurde großer Wert gelegt. _ „ r 5. Die Lebensweise des Bürgers. In dem Hause herrschte eine strenge, echt bürgerliche Zucht. Früh begann der Tag und früh endigte er. Eine gemeinsame Morgen- und Abendandacht begann und beschloß das Tagewerk. Die Kinder sowie das Gesinde wurden äußerst streng gehalten. Es war eine der ersten Pflichten: „Man darf nicht raisonnieren." Jeder tat im Hause gern und freudig seine Pflicht. Diese Ehrbarkeit, welche im Hause herrschte, übte auch einen Einfluß aus das bürgerliche Leben aus. Eine Zusage war zu dieser Zeit mehr wert als später eine mit allen Förmlichkeiten versehene Handschrift.. Schlicht bürgerlich waren auch die Nahrungsmittel. Wein wurde außer in den eigentlichen Weinlanden nirgends int Überfluß getrunken; gute, nahrhafte Biere herrschten bei weitem vor. Den teueren Kaffe trank man nur als Delikatesse, z. B. wenn sich Freundinnen aus dem mittleren Bürgerstande bewirteten. Aber die Kost war kräftig und bei den Festen des Hauses sehr reichlich und vortrefflich. Trotz der sonstigen Einfachheit des Bürgers maren bei Hochzeiten, Taufen und Begräbnissen große Essen mit mehreren Gängen üblich. _, 6. Das eheliche Leben. Den Unterricht genossen die Kinder im guten Mittelstände in den öffentlichen Schulen, auch durch Hofmeister oder durch den Vater, lim die Mädchen kümmerte sich der Vater nicht, deren Unterweisung blieb der Mutter über-

5. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 175

1902 - Leipzig : Roßberg
- 175 liehen ihnen die Macht. Aus dem Reichstage (in Regensburg seit 1663 ständig) erschienen nur die Gesandten, die sich in Förmlichkeiten erschöpften. Die Reichsbeschlüsse, mühsam zusammengebracht, wurden nicht immer gehalten. § 185. Städte und Dörfer nach dem Kriege. Der Krieg und die Pest hatten Deutschland um die Hälfte der Bewohner gebracht. Viele Dörfer waren gänzlich verschwunden. Der Wohlstand war auf lange Zeit zerrüttet, denn a) der Ackerbau lag ganz darnieder; b) in Handel, Industrie, Kunst und Wissenschaft wurde Deutschland den Nachbarländern (Frankreich, England, Holland) gegenüber um zwei Jahrhunderte zurückgeschleudert; c) die Mehrzahl der Fürsten war verarmt, so daß sie sich Goldmachern anvertrauten und falsche Münzen in Umlauf setzten; d) der Adel verlor seine Bedeutung. § 180. Sitten und Gewohnheiten. Roheit und Sittenlosigkeit hatten in vielen Gegenden überhand genommen. Das Morden war zum Handwerk geworden. In den Wäldern hausten Räuber und fielen über die Reisenden her oder brachen in die Dörfer ein. Statt Glauben herrschte im niederen Volke krasser Aberglaube, die Hexenprozesse blühten, Sterndeuterei und Goldmachen war im Schwünge. Das Ausländische wurde nachgeahmt und hochverehrt, die deutsche Sprache mit unzähligen Fremdwörtern verunziert. Der mißhandelte Bürger und Bauer hatte jedes Selbstgefühl Höhergestellten gegenüber verloren; ein gedrücktes, furchtsames Wesen kam über die nächsten Geschlechter. § 187. Aussichten für die Zukunft. War auch der Mut unserer Vorfahren durch die furchtbaren Leiden gebeugt, so war er doch nicht gebrochen. Allmählich erwachte das Vertrauen wieder aus die eigene Kraft und den alten Unternehmungsgeist. Bei einem Teile des Volkes hatte sich ein guter Kern echter Frömmigkeit und alter Rechtlichkeit erhalten; auch gab es in den Kreisen der höheren und höchsten Stände noch immer eine Anzahl vaterländisch gesinnter Männer, welche durch mutiges Eintreten für die Reinheit unserer Muttersprache

6. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 243

1902 - Leipzig : Roßberg
— 243 — Herrschern nicht ohne Nacheiferung. Am meisten geschah in Bayern, wo unter Maximilian Iii. für die Verbesserung der Zustände des Landes gesorgt und mit manchen Neuerungen vorgegangen wurde. Die Hexenprozesse verschwanden, die Akademien der Wissenschaften und Künste in München entstanden. In Sachsen geschah ähnliches unter Friedrich August Hi. Die Folter wurde unter ihm abgeschafft, die Gesetzgebung verbessert, Ackerbau und Gewerbe gehoben. Neben diesen großen weltlichen Staaten schritten in gleichem Streben die bedeutenderen geistlichen einher, so Cöln, Münster und Trier, Mainz, Bamberg und Würzburg. Vor allem übten diese Kirchenfürsten Duldsamkeit, ja selbst Gunst gegen Nichtkatholiken. 4. Deutsche Rulturzustände am Ende des 18. Jahrhunderts. § 266. Gesellschaftliches Leben. 1. Die deutschen Fürstenhöfe. Während die Fürsten der großen Staaten das Los ihrer Untertanen zu verbessern, Handel und Wohlstand zu heben suchten, verharrten die meisten kleineren deutschen Fürsten in dem Streben, die unumschränkte Herrschaft zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen. Noch immer herrschten steife Förmlichkeit und Verschwendungssucht, und um die Kosten aufzubringen, wurde von einigen Fürsten nach wie vor Menschenhandel getrieben. So taten es die Fürsten in Hessen-Kassel, in Waldeck, in Braunschweig und Anhalt-Zerbst. Der schlimmste Fürst damaliger Zeit war Herzog Eugen Karl von Württemberg, der jede freie Regung gewaltsam unterdrückte und Männer, die ihre Stimme gegen seine zügellose Herrschaft erhoben, ins Gefängnis brachte. 2. Der hohe und niedere Adel. Die Mehrzahl der Adligen lebte in behaglichem Genuß; der hohe und niedere Reichsadel war verhaßt und verspottet. Noch spielte er den kleinen unumschränkten Herrn, aber der Familienbesitz fiel nach und nach in die Hände der Gläubiger. Viele vom Reichsadel zogen in die Hauptstädte der geistlichen Staaten und bildeten dort eine von den Bürgern stark befeindete Aristokratie. Ihre Familien hatten die reichen Domstiste und Prälatenstellen inne, sie blieben vorzugsweise die sklavischen Nachahmer des französischen Geschmacks. Auch der niedere Adel auf dem Lande war verschuldet. Auf ihren Gütern herrschten die Herren wie unumschränkte Fürsten; die Gutswirtschaft führte für sie ein Amtmann. Die Wintermonate verlebte der Landadel in der Hauptstadt seiner Landschaft, 16*

7. Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen - S. 317

1902 - Leipzig : Roßberg
— 317 — vom Arbeitgeber aufgebracht. In Krankheitsfällen erhalten die Arbeiter freie ärztliche Behandlung und Arzenei, sowie eine Krankenunterstützung. Darauf folgte das Unfallversicherungsgesetz. Dieses Gesetz sichert dem Arbeiter, der in seinem Beruf während des Betriebes einen Unfall erleidet, eine Entschädigung zu, die in den Kosten des Heilverfahrens und für den Fall der Erwerbsunfähigkeit in einer Rente besteht. Die Kosten werden von den Arbeitgebern getragen. Im Jahre 1889 kam sodann das Invalidität^- und Altersversicherungsgesetz zu stände. Dieses sichert allen Arbeitern, auch abgesehen von Krankheit und Betriebsunfällen, für den Fall, daß sie erwerbsunfähig werden, eine Rente zu, ebenso wenn sie das siebzigste Lebensjahr erreichen. Der Versicherungsbeitrag wird zur Hälfte von dem Arbeitgeber, zur Hälfte von dem Arbeitnehmer getragen; dazu kommt ein Reichszuschuß von 50 Mark. Während so für Krankheit und Erwerbsunfähigkeit des Arbeiters Fürsorge getroffen wurde, erfuhr die Arbeiterschutzgesetzgebung im Jahre 1891 eine Erweiterung dahin, daß die Sonntagsarbeit verboten oder doch stark eingeschränkt wurde; die Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, daß in ihren Betrieben ausreichende Schutzvorrichtungen gegen Unfälle angebracht sind. Zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wurden Schiedsämter eingerichtet. § 323. Kaiser Wilhelms I. Lebensabend. Noch siebzehn Friedensjahre nach der Beendigung des französischen Krieges war es Deutschland beschießen, unter der Herrschaft des greifen Monarchen zu stehen. Er war ein gütiger, milder, gerechter Fürst von einfacher Lebensweise. Wohl hatte er nicht die glänzenden Geistesgaben seines Bruders, aber er besaß die große Eigenschaft, den rechten Mann an die richtige Stelle zu bringen, und hatte vor ihm den entschlossenen Willen voraus, das klar Erkannte auch durchzuführen. In ihm war ein hohes Pflichtgefühl rege, feine Regentenpflicht faßte er ernst auf. Um alles hat er sich gekümmert und sich noch im hohen Lebensalter in Sachen eingearbeitet, die ihm früher fern lagen. Im Frühjahr nahm die Besichtigung der Gardetruppen mehrere Wochen in Anspruch, sie schloß mit der großen Heerschau aus dem Tempelhoser Felde bei Berlin. Im Herbst fanden die sog. Kaifermanöver statt, denen der Kaiser noch als fünfundachtzig -jähriger Greis zu Pferde beiwohnte, erst in den letzten Jahren feines Lebens benutzte er einen Wagen. Alljährlich besuchte der Kaiser die heilkräftigen Quellen von Wiesbaden, Ems und Gastein und brachte mehrere Wochen auf

8. Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte des Altertums - S. 68

1896 - Leipzig : Roßberg
— 68 — an, die sein Großoheim Julius Cäsar besessen hatte. Er ging mit Mäßigung und Behutsamkeit vor. Obgleich die Befugnisse sämtlicher Ämter thatsächlich in seiner Person vereinigt waren, ließ er doch dieselben zum Scheine in den alten Namen und Formen weiter bestehen. Dem Senate begegnete er mit mit ausgesuchter Achtung, er wollte nur der Vorsitzende des Senates sein. Der Senat übertrug ihm allmählich immer weitergehende Machtbefugnisse. Im Jahre 27 v. Chr. Geb. erhielt er die lebenslängliche Wurde eines Imperators und damit den unbeschränkten Oberbefehl über das Heer. Zugleich verlieh ihm der Senat den Beinamen „Augustus" (d. h. der Erhabene, der Erlauchte), den er fortan mit Vorliebe führte. Vier Jahre später übertrug ihm der Senat die Tr ibunatswürde auf Lebenszeit. Bald darauf wurde er lebenslänglicher Konsul und Oberpriester. So war die gesamte staatliche und religiöse Machtfülle in seiner Person vereinigt. Seine Ratgeber waren sein Feldherrund Schwiegersohn Agrippa und der nach griechischer Weise gebildete Ritter Mäcenas. Die wich- ' tigsten Ämter, deren Inhaber gewissermaßen Stellvertreter des Kaisers waren, waren das eines Stadtgouverneurs und das eines Garde-generals. Jener hatte die Oberaufsicht über die Polizei in Rom, dieser den Befehl über die in Rom und Italien stehenden Truppen, insbesondere über die Leibgarde. Die Bedeutung dieser beiden Ämter wurde mit der Zeit immer größer und in späterer Zeit den Kaisern geradezu gefährlich. Augustus gewährte dem römischen Volke das befriedigende Schauspiel, nach einem Zeitraum von fast 200 Jahren den Janustempel geschlossen zu sehen, obwohl unter seiner Regierung auch einige schwere Kriege geführt wurden. Sein wichtigster Feldzug war der gegen die Germanen. 2. Verbesserungen in der Verwaltung des römischen Reiches: a) Durch zweckmäßige Einteilung in Statthalterschaften, deren Inhaber dem Kaiser persönlich verantwortlich waren, b) durch Errichtung von Kastellen und Gründung von Soldaten- \ Niederlassungen brachte er das Reich in eine festere Form. c) Abschaffung der willkürlichen Erpressungen und Einführung gleichmäßiger, gerechter Steuern in den Provinzen. d) Anlage eines ausgedehnten Straßennetzes. 3. Sittliche und gesellschaftliche Zustände in Italien und in Horn. Gründliche Verbesserung der Sitten war ihm, wie vormals Cäsar, unmöglich. Die Tugenden der alten Zeit, die Einfachheit, die selbstlose, hingebende Vaterlandsliebe, die ritterliche Tapferkeit, der Freiheitssinn, die Religiosität waren dahin : an ihrer Stelle wucherten Üppig-

9. Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte des Altertums - S. 69

1896 - Leipzig : Roßberg
— 69 - feit und Weichlichkeit, Selbstsucht, Frechheit und Habsucht. Statt Mannesstolz und Selbstgefühl herrschte Sklavensinn und Kriecherei. — Das Mißverhältnis zwischen Besitzenden und Besitzlosen war grell. Der wohlhabende Mittelstand war verschwunden. Es gab nur noch Reiche und Arme. Zwischen beiden war eine unüberbrückbare Klust. Rom wimmelte von brotlosen Leuten. Dem übertriebenen Luxus und den Ausschweisungen der Reichen suchte Augustus teils durch strenge Verbote, teils durch sein eigenes gutes Beispiel in Einfachheit und Mäßigkeit zu steuern. Aber es gelang ihm nicht. (9.) 4. Augustus Bemühungen ;ur Verschönerung Noms. Die Überschüsse aus den Erträgnissen der Steuern und Zölle verwandle Augustus zur Herstellung von Verkehrswegen, zur Ausführung von Prachtbauten aller Art, von Tempeln, Palästen, Hallen, Wasserleitungen, überhaupt zur Verschönerung der Hauptstadt. So entstand hier das Pantheon, ein Tempel des Jupiter, und das Palatium auf dem Palatin. 5. Das goldene Zeitalter der Litteratur. Das Zeitalter des Augustus weist eine besonders stattliche Reihe berühmter römischer Schriftsteller aus. Sie sanden an Augustus selbst, sowie au dessen Freunden, besonders an Mäcenas, warme Beschützer ^ und Gönner ihrer Bestrebungen. In der Dichtkunst glänzten: Bergil, ein Nachahmer des Homer in seiner Änside, welche die Verherrlichung des Äncas als des Ahnherrn des augusteischen Hauses bezweckte; Horaz bemühte sich in seinen Oden um die Gunst des Mäcenas und des Kaisers, während der versgewandte Ovid seine „Verwandelungen" schrieb, aus denen man in früherer Zeit die römische Götterlehre lernte. In der Geschichtschreibung ragt Livius hervor, dessen römische Geschichte ein Ncitioimlroerf wurde. 6. Des Kaisers Lebensende. In seiner eigenen Familie hatte Augustus am wenigsten Glück. Seine zweite Gemahlin Li via, herrschsüchtig und ränkevoll, vergiftete die zwei Lieblingsenkel des Augustus, um ihren Söhnen die Nachfolge zu sichern. Auch des Kaisers Tochter Julia sührte ein liederliches Leben. Auf einer Reise ereilte Augustus der Tod zu Nola. 7. Heidentum und Christentum. Das Heidentum hatte mit seinen herrlichen Leistungen in Kunst und Wissenschaft seinen Höhepunkt erstiegen. Was menschliche Weisheit zustande bringen konnte, war erreicht Aber Religion und Sittlichkeit lagen tief darnieder. Die heidnische Religion hatte keine Macht mehr über die Herzen des Volkes; sie hatte sich überlebt. Das Bedürfnis edlerer Naturen war durch die Götterlehre schon längst nicht mehr befriedigt. Sie hatten sich daher dem Geheimdienste zugewandt.

10. Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte des Altertums - S. 59

1896 - Leipzig : Roßberg
— 59 — Ein schreiendes Mißverhältnis im Besitzstand war ein gerissen. Aus der einen Seite war unermeßlicher Reichtum, aus der andern grenzenlose Armut, einen wohlhabenden Mittelstand gab es nicht mehr. Millionen von verarmten Bürgern irrten ohne Hans und Habe, ja ohne Brot in Italien umher und fanden ihre letzte, einzige Zuflucht nur im Soldatenstande. — Ost drohte die schrecklichste Hungersnot über das von Menschen überfüllte Italien hereinzubrechen; die Erhaltung vieler Millionen hing von den Zufuhren aus den Kornkammern Sizilien und Afrika ab. Blieben diese ans, so war der furchtbarste Aufruhr zu befürchten. Die kleinen Bauern konnten den Wettbewerb der Ritter nicht aushalten, wurden verschuldet, verloren ihre Güter und zogen in die Stadt, wo sie von Getreidespenden und Verkauf ihrer Wahlstimmen lebten. Sie bildeten mit den verarmten Bürgern das Proletariat. Gänzlicher Verfall der Sitten: Giftmordprozesse, Unterschlagung, Amtserschleichung, Bereicherung durch Erpressung in den Provinzen waren gewöhnlich. — Ein Senatsmitglied wurde selten verurteilt. Der Charakter der Römer wurde immer grausamer. Daher kam es, daß sogar ihre Spiele und nationalen Feste dieses Gepräge hatten. Rauf- und Mordspiele wollte der blutdürstige Römer sehen; wo Menschen und Tiere sich zerfleischten, da fand er feine Freude (Gladiatorenkämpfe). Die Eroberungen dieser Zeit hatten für die Römer auch noch andere nachteilige Folgen: 1. Die Zahl der Sklaven nahm so überhand, daß die Freien sich der Arbeit ganz entwöhnten. 2. Die Weichlichkeit und Üppigkeit des Morgenlandes wurde eingeschleppt. 8. Die rastlose Thätigkeit, welche Rom groß gemacht, hörte auf, sobald kein gefährlicher Feind mehr vorhanden war. Die vornehmen Römer entzogen sich dem Kriegsdienste mehr und mehr. 4. Die altrömische Tugend verschwand, und damit hörte Opferfreudigkeit und eiserne Manneszucht im Heere auf. Vii. Die (Äracchischen Unruhen (133—121). Dem verarmten und rechtlosen Volke suchten die beiden Brüder Tiberius Sempronius Gracchus und Gajus Gracchus, die Söbne der edlen Cornelia,*) aus seiner traurinett Lage aufzu- *) „Die Mutter der Gracchen" wurde in Rom mit größter Achtung genannt. Sie war eine Tochter des Siegers von Zama. Ihre Kinder erzog sie in ausgezeichneter Weise. Von Jugend auf wurden die Söhne in griechischer Bildung unterrichtet. Für den größten Schmuck einer Frau hielt Cornelia wohlerzogene
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