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1. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 19

1913 - München : Seybold
hartem Tuff geworden ist. Die Besteigung wurde nur mit einer be- schränkten Zahl von Trägern ausgeführt. In langsamem Anstieg mühte sich die kleine Karawane auf schmalen Pfaden durch eine Pflanzendecke, die von Hauptmann Herrmann als „Urbuschwald“ bezeichnet worden ist. Es ist ein oft undurchdringliches Gebüsch von krautartigen Sträuchern und meist nicht sehr hohen Bäumen. Nach dreistündigem, mühevollem Steigen wurde 5oo Meter unter dem Gipfel, im Sattel zwischen Mittel- und Südkrater, ein enges Lager bezogen. Dichter Nebel wogte um uns her und verschleierte die Aussicht auf den Gipfel. Und kaum war das letzte Zelt aufgeschlagen, so prasselte mit kolossalem Hagelschlag ein Gewitter hernieder und verwandelte die Gegend auf kurze Zeit in eine Winterlandschaft. Die Temperatur sank naturgemäß schnell, und die Kälte machte sich so unangenehm fühlbar, daß sich die armen Träger zum Schutz vor dem Unwetter unter die Zeltdächer drängten. Aber dann klärte sich der Himmel auf, und prachtvoll hob sich auf einmal der Gipfel des Vulkans als dunkle Silhouette gegen die vorüberjagenden Wolken ab. Wir hatten den Aufenthalt zu einer kurzen Mahlzeit benutzt, und nun wurde sofort der Anstieg zum Gipfel unternommen. Die Böschung steigt bis zu 35 Grad. Sie zu erklimmen war außerordentlich anstren- gend, da das naokte Gestein dem Fuß nur wenig Halt bot. Zudem machte sich die ungewohnte Dünne der Luft äußerst fühlbar, so daß man ge- zwungen war, fast alle hundert Schritte mit hörbar klopfendem Herzen sqhwer atmend stehen zu bleiben. Aber unermüdlich kletternd strebten wir vorwärts. Zehn Meter liegt der Kraterrand noch über uns. Die hämmernden Pulse zwingen uns zu nochmaliger kurzer Bast; hätten wir geahnt, welches Bild uns erwartete, so würden wir schneller geeilt sein. Denn verstummend blickten wir wenige Augenblicke später in eine riesige Arena von unbeschreiblicher Großartigkeit. Der abgestumpfte Gipfel des Ninagongo ist nämlich ganz von einem mächtigen, nahezu kreisrunden Explosionskrater eingenommen, dem Graf-Götzen-Krater. So habe ich ihn seinem kühnen Entdecker zu Ehren getauft. Die Innen- wände des Kraters lallen steil nach unten ab und enden hier auf einem völlig ebenen Lavaboden, in dessen Mitte zwei nebeneinanderliegende steilwandige Eruptionsschlote ausgesprengt sind, die sich wie eine etwas plattgedrüokte große Acht ausnehmen. Eine Vorstellung von den ge- waltigen Ausdehnungen des Graf-Götzen-Kraters vermögen am besten die von Oberleutnant Weiß ausgeführten Messungen zu geben. Danach be- trägt der Durchmesser des Kraters 1251 Meter, seine Tiefe i55 Meter 19 2*

2. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 20

1913 - München : Seybold
und der Durchmesser der beiden Eruptionsschlote 336 bzw. 459 Meter. Der Anblick dieses riesigen Kraterloches ist überwältigend. Zu Graf Götzens Zeit, im Jahre 1894, war der Ninagongo noch in voller Tätigkeit, von der man Spuren selbst bis zum Jahre 1906 bemerken konnte. Jetzt lagen beide Schlote vollkommen friedlich da. Nur die zahlreichen damp- fenden Spalten und Risse im Kraterboden gemahnten an die schlummern- den vulkanischen Gewalten. Jeden Tag können diese mit neuer Tätigkeit erwachen. Denn die scheinbare Ruhe des Berges berechtigt nach dem Urteile Kirschsteins keineswegs dazu, den Ninagongo den erloschenen Feuerbergen der Erde zuzuzählen. Der Berg gilt den Eingeborenen als ,,wasimu“ — verhext — und die Legende geht, daß jeder sterben muß, der ihn besteigt. Nur wenige Aufgeklärte glauben nicht mehr daran. Auch Kissubi zog es vor, den Zorn des Berggeistes nicht heraufzube- schwören und im Lager zu verbleiben. Erst später, bei Kirschsteins Aufstieg, entschloß er sich widerstrebend, ihn bis zum Kraterrande zu begleiten. Das Echo eines abgegebenen Schusses bricht sich, wie ich mich selbst überzeugt habe, tausendfach an den Felsen, und es klingt, als rase der Schall ohne Unterbrechung an der Kraterwand herum, ohne den Ausweg finden zu können. Kein Wunder also, daß der Berggeist ob dieser Ruhestörung erbost ist. Sein Name ist Gongo. Er ist der oberste aller Geister; zu ihm gehen die Seelen der Verstorbenen und von ihm erhalten sie dauernden Wohnsitz in einem der Vulkane angewiesen. Bei dem Gongo wohnt ferner noch der Geist Liangombe mit seiner Mutter Nina Liangombe, seinem Vater Bawinga und seinem Großvater Njundo. Liangombe führt die Aufsicht über die Seelen derjenigen, die Böses getan haben; er bindet und schlägt sie. Namlagira und Mikeno sind Söhne des Gongo. Der Namlagira soll früher bei seinem Bruder gewohnt haben, von diesem aber vertrieben sein, weil er Feuer mitge- bracht und damit das am Berge vorhandene Wasser vernichtet habe. Auch mit seinem Vater Gongo soll der Namlagira tödlich verfeindet ge- wesen sein. Lange habe der Kampf unentschieden getobt, bis es dem Namlagira gelungen sei, mit einem Streiche den Kopf des Gongo ab- zuschlagen, wovon die abgeflachte Form des Hauptkegels herrühre. Nach einer Mitteilung vom Hauptmann von Beringe, der ich diese Angaben zum Teil entnehme, hat jeder dieser Geister seinen eigenen Priester, der am Fuße des Berges wohnt, die Opfer in Empfang nimmt und (he Entschlüsse des Geistes dem Opfernden übermittelt. Die Stellung eines solchen Priesters soll, wie ihm erzählt wurde, eine sehr einträgliche sein. 20

3. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 29

1913 - München : Seybold
aber wertvoll waren. Als man die Küste weiterhin absuchte, fand man, daß die Edelsteine den ganzen Küstenstrich entlang vorkamen, und heute werden vom Oranjefluß im Süden bis zur Empfängnisbucht im Norden, in einei Ausdehnung von annähernd 4oo Kilometern, Diamanten ge- funden. Aus der „Sandwüste“ war über Nacht das „Deutsche Diamanten- land“ geworden. Durch die ganze Linie zieht sich ein Eisenbahngeleis, es ist die Bahn Lüderitzbucht—keetmanshoop. Die Bahn muß durch diese Kette der Wanderdünen hindurch, hat sich zwar die günstigste Stelle ausgesucht, muß aber dennoch mit großen Schwierigkeiten kämpfen. 120 Kapboys sind Tag für Tag beschäftigt, die Geleise vom Flugsand zu befreien, und die Frage, ob man durch Tunnelbau oder durch Einsaugen mittels Va- cuumapparates das Hindernis beseitigen könnte, wird immer mehr er- örtert. Vorläufig wird noch geschaufelt. Selbst Versuche, die Dünen mit Fellen zu belegen und festzuhalten, sind von sehr geringem Erfolge ge- wesen. Die große Natur läßt sich so leicht nicht zwingen. Die Balm, die von der deutschen Eisenbahn-Baufirma Lenz gebaut ist, wird stark von den Leuten des Hinterlandes in Anspruch genommen. Unterhalb unseres Standpunktes ist seit Jahresfrist der Diamanten wegen ein kleiner Ort, Kollmannskuppe, aus Holz-und Wellblechbaracken für die weißen und farbigen Diamantarbeiter entstanden. Auf dem Bahn- geleis ein fahrender Zug, der seinen Weg in die Namib nimmt. Das kleine Bahnhofsgebäude „Kollmannskuppe“, daneben ein Windmotor, der das von der Bahn aus Lüderitzbucht mitgebrachte Wasser auf den Berg pumpt, wo die drei Villen der Direktoren und wissenschaftlichen Leiter stehen. Rechts sieht man ein weiteres Geleis, das durch die ganzen Diamantfelder führt; auf diesem fahren von Mauleseln gezogene kleine Wagen. Links sieht man in der öden Wüste kleine Sandhäufchen: dort sind die Diamantwäscher bei der Arbeit. Ich habe viel bei der Diamantgewinnung und beim Diamantwaschen zugesehen. Die kleinen wertvollen Steine werden auf ganz einfache Art gewonnen. Der Kies des Bodens wird in ein großes Schüttelsieb getan, das „Baby“ genannt, stark hin und her geschüttelt, so daß der feine Sand herunterfällt und der diamantführende Kies verbleibt. Dieser wird dann in kleinere runde Drahtsiebe getan und in mit Wasser gefüllte Bottiche getaucht und, mit dem Wasser vereint, stark geschwenkt. Die schweren Teile, also die Diamanten, schieben sich nach unten auf den Grund in der Mitte des Siebes. Diese Arbeit besorgen schwarze Arbeiter. 29

4. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 32

1913 - München : Seybold
zimalwagen, die unter Glasbehältern standen, die an dem Tage gefundenen Diamanten genau zu wiegen und zu registrieren. Für die Herren war es ein Glückstag, denn i^öo Karate (i Karat = 1/5 Gramm) waren auf- gefunden worden. Am Schlüsse wurden alle Diamanten von 25 Arbeits- tagen in einen großen Suppentopf geschüttet und mit Wasser, unter Beimischung von Scheidewasser, sogenanntem Königswasser, begossen, damit die Diamanten gereinigt würden und den kristallklaren Glanz er- hielten. Der Direktor gab mir den Suppentopf zu halten, ich trug also in dem Augenblick 3/4 Millionen in Wert in meinen Armen, denn 26000 Karat, also täglich über 1000 Karat, waren gefunden worden. Es war eigenartig, daß einige Diamanten trotz der Schwere an der Oberfläche schwammen und erst allmählich untersanken. Die ganze Nacht über blieben die Diamanten in der Flüssigkeit im Suppentopf und wurden in einem fest verschlossenen Geldschrank verwahrt. Am folgenden Tage brachte der Direktor, der allein die Erlaubnis zum Tragen von Roh- diamanten hat (Erlaubniskarte 1000 Mark), die wertvollen Steine nach Lüderitzbucht durch den Zoll an Bord eines Dampfers der Ost-Afrika- Linie, der die Schätze nach Deutschland bringen sollte. Der Abend des Tages, der mir so große Aufregung gebracht hatte, endete noch angenehm. Einige Stunden vordem noch kämpfte ich mit dem Mute des Verzweifelten gegen Sturm und Sand, und nun nach getaner Arbeit saßen wir an der schön geschmückten Tafel einer sorgenden deutschen Hausfrau. Herrliche Sachen gab’s, und der Wein und das W asser schmeckten mir Halbverdurstetem ausgezeichnet. Süd-West ist doch das Land der Gegensätze: Da draußen oft Tod und Verderben — und hier häuslicher deutscher Heimatsfrieden, wenn auch die Gespräche sich um die afrikanische Tagesarbeit drehten und auch ich meine Erlebnisse zum besten geben mußte. Oft wurde ich gemahnt, nicht wieder auf unbekannte Wege zu gehen, denn schon man- cher wäre nie zurückgekehrt und in der Namib verschollen. Krasse Bei- spiele wurden mir vor Augen geführt. — Natürlich kam das Gespräch auch auf das Thema: Diamanten. Als ich dabei so beiläufig äußerte, wie glücklich doch viele Menschen durch die Namib würden, meinte mein Gastgeber: „Glauben Sie wirklich? Ich könnte Ihnen Beispiele genug erzählen, aus denen das Gegenteil hervor- geht. Fast möchte ich sagen: Mehr Unglück als Glück kommt durch die kleinen Steinchen in die Welt. Erst in diesen Tagen endete mal wieder ihretwegen ein Menschenleben. Da kam ein Herr vot ein paar 32

5. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 44

1913 - München : Seybold
mit vielen kleinen vulkanischen Bergen und Kratern besetzten Aufstieg- geländes bis zur Mboebene ganz erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Dieser steile Aufstieg, der infolge seiner äußerst ungünstigen Gelände- verhältnisse von der Bahn in seiner ganzen Länge in steilen Serpentinen genommen wird, hätte vermieden werden können, wenn diese — von Kilometer 76 ab — am oberen Mungo entlang und an den Hängen west- lich des Knpeberges geführt und als Endpunkt die Einsenkung bei Ninong, wo das Bakossi- und Manengubagebirge Zusammenstößen, gewählt worden wäre. Diese Stelle hätte sich auch für die spätere Fortsetzung der Bahn nach den dichtbevölkerten Hochländern bedeutend besser geeignet. Das Beseitigen der schweren Urwaldbestände von der Bahntrasse er- forderte zuweilen, wenn es sich um Bahneinschnitte handelte, bedeutende Arbeitsaufwendungen, weil der gesamte Aufwuchs mit Stumpf und Stiel entfernt werden mußte. An Bauwerken sind 32 Brücken und Durchlässe zur Ausführung ge- kommen, was in Anbetracht der unzähligen Wässerläufe, die die Bahn berührt, und der enormen Niederschlagsmengen während der Regen- perioden recht wenig erscheint. Das größte Bauwerk ist die Brücke über den Bomono-Kriek bei Kilo- meter 10 mit zwei Öffnungen von zusammen 80 Metern; dann kommt die Dibombebrücke in Kilometer n4 mit drei Öffnungen von zusammen 68 Metern; das übrige sind kleinere Brücken und Durchlässe. Die Bahnhöfe und Haltestellen sind in einfachster Weise gehalten. Es sind außer der Anfangs- und Endstation 18 Zwischenstationen vorhan- den. Die durchschnittliche Entfernung der Stationen beträgt 8 Kilometer. In Entfernungen von 3o Kilometern befinden sich die Anlagen für die Versorgung der Lokomotiven mit Kesselwasser; sie bestehen zumeist aus Pumpe, Wasserbassin und Kran. Für die Lokomotivfeuerung wird Holz verwendet. Kohle dient nur als Aushilfe und Reserve. Die vorhandenen fünf fünfachsigen Tenderlokomotiven haben ein Dienstgewicht von 35 Tonnen. An Personen-, Post-, Pack- und Güter- wagen befinden sich etwa 64 im Betriebe. Für den Güterumschlag zwischen dem Wasser- und Bahnwege ist am Bahnhof Bonaberi ein für das Anlegen von Leichtern bestimmter Kai her- gerichtet worden, der mit Dampfkran und Lagerschuppen ausgerüstet ist. Die stärkste Bahnneigung beträgt 1: 59, die kleinsten Krümmungen haben etwa 120 Meter Halbmesser. 44

6. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 45

1913 - München : Seybold
Bei der Arbeit im Busch. Bis zur Station Lala, Kilometer 120, liegt die Bahn im Tiefland und beginnt dann der Aufstieg zum Manenguba-Plateau. Der Höhenunter- schied zwischen Lala und der Endstation Nkongsaniba beträgt ungefähr 600 Meter. Die Arbeiterverhältnisse beim Bau dieser Bahn waren von Anfang an ungünstig. Freiwillige Arbeitsangebote seitens der Eingeborenen fanden nur in geringem Maße statt, und da auch die bisher in den Küstengebieten und in der Psähe der Bahn ansässigen Eingeborenenstämme mehr und mehr abwanderten, so war man gezwungen, die zum Bau der Bahn nötigen Arbeitskräfte ausschließlich in entfernteren Bezirken der Kolonie anzu- werben. 45

7. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 119

1913 - München : Seybold
Zelt um das Instrument bilden, während ich an der vom Wind abgekehrten Seite auf dem Bauche lag, um durch eine kleine Öffnung das Thermometer abzulesen. Es war nur 9,5° Kälte, aber Westsüdwestwind in Stärke Nr. 8, d. h. halber Sturm. Das abwärts führende Tal, Sele-nang, lag jetzt am Nachmittag in tiefem Schatten. Durch seine Mündung hindurch erblickt man ein Riesenmeer erstarrter Bergesquellen, steile Felsen mit tiefen Tälern, keine ebenen Stellen, keine Vegetation, nur ein Labyrinth von Bergen, ein viel kräftigeres, ausgeprägteres und wilderes Relief, als ich je in Tschang-tang gesehen hatte. Im Westen versperren naheliegende Partien des Pablakammes die Aussicht. Der Paß, auf dessen hügeligem Sattel wir uns jetzt befanden, heißt Sela-la oder Se-la und erreicht die bedeutende Höhe von 55o6 m über dem Meere. Ich sah deutlich, daß er in der Hauptkette liegen mußte, die weiter östlich die bekannte Spitze Nien-tschen-tang-la am Südufer des Nam-tso oder Tengri-nor trägt, und von einigen wenigen Europäern und Punditen schon über- schritten worden ist. Sie ist eine der hauptsächlichsten und groß- artigsten Wasserscheiden der Erde, denn von ihren Nordabhängen strömt das Wasser nach den abflußlosen Seen der Hochebene, von den südlichen aber nach dem Indischen Ozean! Nachdem ich in größter Hast mit blaugefrorenen Händen das Pa- norama gezeichnet und die Namen, die der Führer mir mitteilen konnte, eingetragen hatte, eilten wir die teilweise mit Schnee bedeckten Geröll- abhänge auf der Südseite des Passes hinunter. Im Talgrund mit seinen Eisstücken stiegen wir wieder zu Pferd und begegneten drei berittenen Tibetern, die acht unbenützte Pferde vor sich hertrieben. Sowie sie uns erblickten, schlugen sie eine andere Richtung ein und machten einen großen Umweg, um uns auszuweichen. Vermutlich gehören sie zu einer großen Räuberbande, die hier droben mit ihrer Beute auf un- gebahnten Wegen entwischen wollte. Es war zu schön, an diesem Abend endlich in der Wärme der Lagerfeuer zu sein! Unter schweigendem Nachdenken schweift der Blick von den Felskämmen, die der Mond hell bescheint, bis in die schattige schwarze Tiefe des Talgrundes, wo nur Wölfe in ihren Höhlen hausen. Mir war zumute, als gehöre das alles mir, als sei ich an der Spitze siegreicher Legionen erobernd in dieses Land eingezogen und hätte alle Widerstandsversuche besiegt. Welch glänzende Legionen! Fünfundzwanzig zerlumpte Kerle aus Ladak, zehn magere Gäule und etwa zwanzig abgetriebene Yaks! Und dennoch glückte es mir! 119

8. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 138

1913 - München : Seybold
nicht nur, um den Verkehr sicher zu gestalten, sondern vor allem, um militärische Vorkehrungen zu treffen, die weite und ganz bestimmte Ziele verfolgen. Alle vier oder fünf Werst bemerken wir steinerne Wach- gebäude für Soldaten, die wie auf Vorposten in einem Feldzug stehen, daneben Wirtschaftsräume, Schuppen für Pferde und Pulvermagazine, die durch ein flatterndes Fähnchen kenntlich gemacht sind. Chinesische Arbeiter, die weiter nichts als einen bunten Lappen um die Hüften ge- schlungen haben, sind in kurzen Zwischenräumen zu Hunderten zu- sammengetrieben, um die Gleise an den Stellen zu befestigen, wo sich der Boden gelockert hat und auf einzelnen Strecken neue Dämme aufzuschütten. In Chorchonte, etwa drei Stunden hinter Mandschuria, tritt der strategische Gedanke, den man mit der Bahn durch die Mand- schurei verfolgt, noch deutlicher zutage. Man hat überall, oft unter erschwerenden Umständen, artesische Brunner: graben müssen, um den Bedarf an Wasser zu decken. Auf dieser Station hat man aber gleich zwei schwere, große, massive Türme erbaut und zwischen ihnen einen so großen Zwischenraum gelassen, daß die Lokomotiven für zwei Züge gleichzeitig Wasser nehmen können. Die Türme sind mit Schießscharten versehen und so eingerichtet, daß sich 5o—60 Mann in ihnen gegen feindliche Angriffe bequem verschanzen können. Man gewinnt sofort den Eindruck, daß die mandschurische Bahn viel sorgfältiger als die west- und mittelsibirische gebaut ist. Schienen, Schwellen und Dämme sind aus besserem Material angefertigt als in jenen Gegenden. Das Bild der Steppe ist durchaus nicht ein- tönig wegen der wechselnden und oft prächtigen Beleuchtung, die sich vom Sonnenaufgang bis zum Abend auf ihr abspielt und immer neue Bilder an uns vorbeiziehen läßt. In Irekte wird eine zweite Lokomotive vor unsern Zug gespannt, da wir die Höhe des Chingangebirges zu ersteigen haben. Die sonst so einsame Gegend wird plötzlich von Tau- senden von Menschen belebt. Unter unaufhörlichem Keuchen beginnen die beiden Maschinen unsern Zug auf drei Kehrwegen auf das Chingan- gebirgc 1000 m hoch zu schleppen. Das Terrain setzt sich aus Strecken voll schroffaufragenden Gesteins, das unmittelbar vor unserm Zug herab- zustürzen droht, und freundlichen breiten Tälern zusammen. Hirten, die hinter ihren Kühen und Lämmern zu Pferde traben, Kulis, die in Erdhütten wohnen und sich mit rauchgeschwärzten Gesichtern aus Iaeisig unter einem Kessel Feuer machen, Arbeiter, die zwischen den stehen- gebliebenen Spitzen des ausgestochenen Erdreiches wie die Katzen lagern 138

9. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 140

1913 - München : Seybold
Kurz bevor sich der Zug wieder in Bewegung setzt, gewahren wir auch zwei chinesische Polizeibeamte in roter Jacke, denen vorn auf der Brust in russischer und chinesischer Sprache die Bedeutung ihres Amtes schriftlich bestätigt ist. An einzelnen Stationen geben uns die Chinesen richtige Schaustellungen und führen solange gymnastische Kunststücke aus, bis wir ihnen einige Kupfermünzen zuwerfen. Immer wieder fallen die massiven Stationsgebäude mit Stein wänden von 7 5 cm Dicke auf, die wie kleine Festungen wirken, und in Verbindung mit allem stehen, was man im Kriegsfälle nötig hat. Stallungen, Werkstätte für Waffen aller Art, Wächterhäuser kann man in kurzen Zwischenräumen beob- achten. Die Kasernen mit den Truppen, die in immer größerer Anzahl nach dem Osten abgeschickt werden, liegen meistens von den Stationen so weit ab, daß man sie im Zuge nicht sieht. Man kann keinen Augenblick daran zweifeln, daß die Bussen die Absicht haben, sich hier für alle Ewigkeit festzusetzen. Jede Werst zeigt die fieberhaft beschleunigten Vorberei- tungen für die Möglichkeit eines Krieges. Bei der Bückkehr begegneten wir mehrmals — innerhalb weniger Stunden fünf — Militärzügen, von denen jeder aus einigen vierzig Waggons bestand, und die alle in östlicher Bichtung an uns vorbeifuhren. Die Gegend hinter Charbin zeigt die Mandschurei in landwirtschaftlicher Beziehung in sehr vorteilhaftem Licht. Überall erkennt man an der schwarzen Erde die fruchtbare Beschaffenheit des Bodens. Tagelang fahren wir zwischen Feldern mit Weizen, Kartoffeln und Baps einher. Ein Tag vor Dalny taucht zur Linken Mukden, die alte Hauptstadt der Mandschudynastie, vor uns auf. Man unterscheidet aus der Entfernung eine altersgraue, verfallene Mauer, die sich weit hinzieht, und auf ihr sieben oder acht Wachttürme. Die Bahn schneidet einen großen chine- sischen Friedhof mitten durch. Zu beiden Seiten des Fahrdammes erblicken wir unzählige grün bewachsene Grabhügel, einzeln oder in Gruppen. Die Hügel sind aber nicht wie bei uns langgestreckt und viereckig, sondern in der Form von Kugelabschnitten aufgeworfen, die einen kegelförmigen Aufsatz tragen und von einem niedrigen, kreis- förmigen Erdring umgeben sind. Wenn sich der Zug wieder in Be- wegung setzt, rollen wir über große Brückenbauten hinweg, unter denen wir sumpfiges, ausgewaschenes Terrain und einen träge hinschleichenden Flußarm erblicken. Zum Schutz der Brücke gegen räuberische Überfälle und Versuche, sie zu sprengen, sind Kasernen angelegt, und Kosaken- 140

10. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 161

1913 - München : Seybold
Wogen in einem kleinen Nachen einhertänzelt und die fernen Dämme zu beiden Seiten jede Aussicht auf die Pflanzungen versperren, lernt man die Größe und Breite des Mississippi kennen. Wir brauchten weit über zwei Stunden dazu, von einem Ufer an das andere zu gelangen, und kamen todmüde, von der Strömung weit unterhalb des beabsichtigten Zieles hinausgetrieben, jenseits an. Auf der tiefen, von Kanälen durchzogenen Plantage war man eben daran, die ersteren von Unkraut zu reinigen und die Felder zu pflügen, wobei die Maultiere ihre Hufe in großen ledernen Schuhen stecken hatten, um nicht in dem feuchten, weichen Humusboden einzusinken. Außer den höchst sinnreich angelegten Wasserschleusen war nun aller- dings nichts Bemerkenswertes zu sehen, und so bat ich den Pflanzer, uns den ganzen Prozeß der Feldarbeiten zu erzählen. Das Pflügen wird bis zum Februar oder März fortgesetzt, worauf das Eggen beginnt, um den Boden gehörig zu zerkleinern. Ein Mann und ein Maultier eggen per Tag 8—io Acker (3,2—4 ha). Ist dies geschehen, so werden tiefe Furchen im Boden gezogen, die zur Aufnahme des Samens dienen. Damit beginnen die malerischen Aufzüge der Negerinnen durch die Felder. Die schwarzen Guineaweiber mit dicken Lippen, dummen Gesichtern und plumpen Gliedern, kaum mit einem lose von den Hüften bis zu den Knieen hängenden Röckchen bekleidet, tragen den Samen in ihren Schürzen oder in kleinen Körben und säen ihn mit der Hand in die Furchen. Die Quantität Samen per Acker (o,4 ha) beläuft sich aul 21/2 Bushel (90 1). Den Negerinnen folgen die Coverer, die mit rohen, aus einem Stückchen Brett mit durchgestecktem Stiel bestehenden Werkzeugen den Samen bedecken und die Erde darüber etwas ebnen. Einige Pflanzer lassen den Samen unbedeckt. Sobald die Felder besät sind, werden die „trunks“ (Schleusen) geöffnet und erstere unter Wasser gesetzt. Diese „trunks“ sind von eigentümlicher Einrichtung. Sie be- stehen aus einem hölzernen Kasten, welcher horizontal in den Fluß und Feld abtrennenden Damm eingesetzt sind. An beiden Seiten sind Schleusentore, die vom Damme aus gehoben werden, aber sich auch gleichzeitig an horizontalen Angeln nach auswärts drehen können. Soll das Feld überschwemmt werden, so wird das dem Fluß näher stehende Schleusentor in die Höhe gehoben, und der Druck des Wassers, das nun durch den Kasten strömt, öffnet das innere Tor von selbst und hält dieses so lange offen, bis das Feld überschwemmt ist. Wird dann das Außentor wieder herabgesenkt, so hört der Wasserstrom auf, und 16t Jviurawski, Quellenlesebuch 11
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