Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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einer runden Scheibe. Die Magnetnadel, welche mit einem
ihrer Pole stets nach Norden, mit dem andern also nach
Süden zeigt, ist auf der Scheibe so angebracht, daß sie sich
aus derselben im Kreise drehen kann. Die Scheibe stellt eine
Windrose mit 32 Himmelsgegenden dar.
2. Die Erdoberfläche im allgemeinen.
Die Erde hat die Gestalt einer Kugel. Auf der Ober-
fläche der Erde wechseln Land und Wasser mit einander ab.
Wo sich Land und Wasser berühren, ist des Landes Küste,
Ufer, Gestade, Strand. (Letztere Bezeichnung wird nur
von flacher Meeresküste gebraucht: Der Strand ist ein flaches
bei Flut überschwemmtes Gestade.) Land und Wasser ist auf
der Erde ungleich verteilt; das Wasser bedeckt 2/3 der Erde.
Die großen Wassermassen nennt man Meere, die großen
Landmassen Erdteile oder Kontinente. Letztere sind viel-
fach vom Wasser eingerissen. Solche Einschnitte, Einbie-
guugeu des Meeres in das Land heißen Meerbusen oder
Golfe, wenn sie klein sind, Buchten oder Baien. Ist eine
Bucht vor den Stürmen gesichert und so tief, daß Schiffe
darin ankern können, so nennt man sie Hafen. Die Menschen
machen Häfen sicherer, indem sie lange Mauern, Molos,
in das Meer bauen, die den Andrang der Wogen abhalten.
Wie das Meer in das Land eindringt, so springen auch
Landmassen oder Länderteile in das Meer hinein. Springt
das Land als Berg in das Meer, so entsteht ein Borge-
birge oder Kap, ist der Vorsprung flach, eine Landspitze.
Größere Landmassen, die auf drei Seiten vom Meer bespült
werden und nur auf einer Seite mit dem Festlande zufam-
menhängen, heißen Halbinseln, sind sie kleiner, Landzungen,
Eine Landenge oder Isthmus ist ein schmaler Strich Lan-
des. der zwei Landmassen verbindet. Ebenso werden oft
zwei Meere durch schmale Wasserstreifen verbunden, die von
Ländermassen eingeklemmt sind. Solche Wasserbänder zwischen
zwei Meeren nennt man Meerengen oder Straßen (Kanäle).
Das Meerwasser hat einen bittersalzigen Geschmack.
Die Flüsse, sowie die meisten Seen, enthalten süßes Wasser.
Ganz ruhig und spiegelglatt ist das Meer selten, fast immer
schlägt es niedrige oder höhere Wellen. Die dadurch ent-
stehenden Erhöhungen nennen wir Wellenberge, die Vertie-
fungen Wellenthäler. Wellenberge und Wellenthäler werden
also durch den Wellenschlag erzeugt. Wenn sich die Wellen
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zur Kalahari. Eine gierige, todesmutige, schnelle Meute stand auf.
Wer hat sie miterlebt, diese Zeiten? Wer die Stunden voil
Kub und Rietfontein? Wer hat sie miterlebt, die Tage von Raris
und Rietmond? Wer, ja wer die Wochen am Hudup und Auob,
von Haruchas und Zwartfontein, in Stamprietfvntein und Groß-
Nabas? Wer hat sie erlebt? Der stehe auf und erzähle unserm
Volke die Kämpfe seiner Söhne und seiner Helden! (Sin jeder stehe
auf und erzähle! Ein jeder ist anhörenswert. Ein jeder wird von
neuen Wunden, von Heldentaten und toten Helden erzählen. Das
darf nicht vergessen werden! Eingetragen muß es stehen in den
Annalen unsers Volkes! Und das darfst du nicht vergessen, du Land
am Nossob und Swakop! —
Wie das alte Jahr geschieden war, so zog das neue herauf.
Es kam mit Wetterleuchten, das Jahr 1905. Drüben am Auob
stand es blutrot am Himmel. Mit zornigen Worten, mit wütenden
Schlägen trieb Hendrik Witboi die Seinen in das Feuer. Und in
das Feiler stürmten die deutschen Soldaten mit Todesverachtung
und mit Heldenmut. Der Sieg war unser. Die Hottentotten such-
ten nach einem Ausweg. Nur einer war offen geblieben: der nach
Osten, der Weg hinüber in das englische Gebiet. Und den nah-
men sie. Er führte in die Gegend von Aminnis. Wir waren allein
in Aminnis. Wir von der Mission, die Soldaten und die waffen-
fähigen Hier standen wir, hier gingen wir zürn Leben
oder zum Tode.
Bon Westen, schon ganz in der Nähe, schwärmten in kleinen
Räuberbanden die Hottentotten, gierige, schnelle Raubvögel. Bald
von dort und bald von da kamen die Meldungen wie Alarmrufe.
Täglich ritten die Patrouillen aufs ungewisse hinaus, nnb am Abend
kehrten sie mit berfetben Ungewißheit nach Aminuis zurück. Es war
eine schwüle, drückende Stimmung. In der Mitte des Monats, in
der Nacht, meldeten zwei Betschuanen eine Bande Hottentotten,
etliche Reitstunden von der Station. Beim Morgengrauen sah ich
eine Patrouille die Pferde satteln. Ein heißer Drang faßte mich, die
Soldaten zu begleiten. Im Kriege liegt das Soldatenleben immer
vorn auf der Klinge. Kurz entschlossen gab ich meinem Freunde
Nachricht. Er reichte mir die Hand und sagte: „Auf Wiedersehen
denn!" „Auf baldiges Wiedersehen," erwiderte ich flüchtig, so
leichthin. Auf Wiedersehen?! Du kleines, schweres Wort! Du
Räuber im Menschenleben! Was räuberst du und trennst du und
reißt du auseinander unter den Menschen! Herz von Herz, Seele
von Seele! Auf Wiedersehen?! Du kleiner Räuber, wie groß kannst
du sein und wie bitter! Meinen Freund habe ich auf dieser Erde
Lesebuch für Mittelschulen. Band 3a. H
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Das war wieder ein Gelaufe heute! Erst fünf Stunden auf
der Chaussee und nicht die geringste Fühlung mit dem Feinde.
Endlich ein paar Schüsse drüben am Waldesrand. Aha, jetzt
geht's los! — „Kompagniekolonne formieren!“ ruft der Bataillons-
adjutant im Vorüberjagen. Es wird ausgeschwärmt; langsam,
aber sicher geht die Schützenlinie vor. „In den Graben! Nieder!“
ertönen die Kommandorufe. „Auf die feindliche Schützenlinie
vor dem Walde! 400 Meter! Kleine Klappe! Ruhig zielen!“
Eine Weile geht nun das Schießen hinüber, herüber. Es
ist eine Wonne, endlich einmal ein paar Minuten zu liegen mit
dem schweren Tornister auf dem Rücken. Aber das Vergnügen
hält nicht lange vor. — „Auf! — Marsch! Marsch!“ befiehlt
der Hauptmann wieder, und vorwärts geht es über Sturzacker,
durch Kartoffeln und Rüben. Von hinten her kommen die
Geschütze. Hurra! Das Gehölz ist genommen, der Sieg ist
unser! —
Aber was ist das? Ein Schiedsrichter kommt heran-
gesprengt. „Das Bataillon hinter den Wald zurück!“ ruft er
dem Major zu. Also war es nichts mit dem Siege, und das
Gelaufe beginnt von neuem. Zurück und vor, wieder zurück
und wieder vor, bis sich die beiderseitigen Kolonnen so inein-
ander verschoben haben, daß es zur Entscheidung kommen muß.
Aus den fünf Stunden, die man unterwegs war, sind in-
zwischen zehn geworden, und die Sonnenglut hat mittlerweile
auch nicht abgenommen. Von dem Kaffee in der Feldflasche
ist längst kein Tropfen mehr vorhanden. Die Zunge klebt am
Gaumen, und der Magen fängt bedenklich an zu knurren. Aber
noch immer donnern von den Höhen ringsumher die Geschütze;
noch immer knattern die Maschinengewehre; noch immer er-
tönt von allen Seiten der dumpfe Klang der Trommeln, die
zum Angriff schlagen.
Da erscheint endlich am Signalballon der Manöverleitung
das langersehnte Zeichen. Mit Jubel nehmen es die Hornisten
und Trompeter auf, und bald ist bis in das äußerste Winkelchen
des weiten Manöverfeldes die Freudenbotschaft gedrungen, die
alle Mienen heiter werden läßt: „Das Ganze halt!“
Sofort werden nun die Gewehre zusammengesetzt, und
während der Kommandeurruf die Herren Offiziere zur Kritik
bescheidet, dürfen sich die Mannschaften zum erstenmal an
diesem heißen Tage für ein Stündchen der wohlverdienten
Ruhe überlassen, und sie machen von dieser Erlaubnis aus-
giebigen Gebrauch. Dann heißt es noch einmal: „Das Gewehr
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lautlos über die Wellen dahinstreicht, mit ihrer Bewegung sich
senkend und hebend.
Jetzt zeichnen sich weißliche Dampffontänen über der stahl-
grauen Wasserfläche ab, ein Anblick, der uns elektrisch durchzuckt:
dort ist das Hochwild der Arktis, der Walfisch! Wirklich, da taucht
auch langsam ein mächtiger schwarzer Rücken über die Wellen empor,
nur kurze Zeit sichtbar, doch wieder und wieder erscheinend. Eine
Wolke von Möwen begleitet ihn. Ein anderer gesellt sich dazu, beide
Tiere scheinen zu spielen, sie schießen hoch empor, um im Bogen kopf-
über in die Tiefe zu tauchen, so daß die halbmondförmige Schwanz-
flofse einen Augenblick hoch hinausschaut aus dem Wasser. Es ist
ein Anblick, der an die Urformen vergangener geologischer Schöp-
fungsperioden erinnert.
Noch freilich umgeben uns die warmen Wasser des Golfstromes;
wir dürfen ohne Mäntel an Deck sitzen, und ohne jene arktische Tier-
welt könnten wir glauben, noch auf der Nordsee zu sein. Da aber
bringt uns die nächste Nacht in die Nähe der Bäreninsel, die halb-
wegs zwischen dem Nordkap und Spitzbergen liegt. Hier drängt
sich ein kalter Strom voll Nordosten zwischen die Wasser des Golf-
stromes hinein, und urplötzlich ist die Situation verändert. Die
Temperatur des Wassers sinkt um fünf bis sechs Grad, die Tempe-
ratur der Luft noch tiefer; feuchte Kälte umgibt uns und läßt uns
schleunigst lvieder zur Kabine hinabsteigen, um die wärmste Winter-
kleidung hervorzusuchen. Nun fallen die Nebel von Niflheim über
unser Schiff, ein weißlich schimmerndes, feuchtkaltes Nichts umgibt
llns, in dem wir wie losgelöst von allein Irdischen, wie verzaubert
dahingleiten.
Ein wirkliches Schneegestöber sauste uns von Norden her ent-
gegen, als ich die Bäreninsel passiert hatte. Sturzseen fegten über
das Verdeck des mächtig stampfenden Schiffes, und der brauende
Nebel hielt unsern Blick auf kleinsten Umkreis gebannt. Ungefähr
um Mitternacht — wir mußten längst auf der Höhe von Spitzbergen
sein, ohne es des Nebels halber zu sehen — erglühte plötzlich im
fernen Osten durch den Nebel hindurch ein orangegelber Streifen
im Meereshorizont, der rasch stärker und stärker wurde und endlich
wie ein Strich rotglühenden Eisens auf der Flut lag. Es war der
Glanz der Mitternachtssonne, zurückgeworfen von der Eiskante der
fpitzbergischen Küste, der erste Gruß jener wunderbaren Welt. Und
andern Tages hatten wir Glück; die Nebel waren verschwunden,
vor uns lag in blendender Sonnenhelle die Küste von Spitzbergen.
Frisch gefallener Schnee hatte die Gehänge bis zur Strand-
linie hinab in ein blendendes, tadelloses Weiß gehüllt. Auf den
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206. Der 6. Juli 1798 und 1807.
Von Theodor Rehtwisch.
Vor unserm geistigen Auge steht vom 6. Juli 1798 ein kleiner,
leicht gebauter Mann, sehnig und hager; der Generalsrock der
französischen Republik schlottert um seinen Körper. Die Züge
seines Antlitzes sind scharf geschnitten, von der Seefahrt und der
Anstrengung gemagert, der Teint ist olivenfarben; lange braune
Enthusiastenhaare hangen ihm fast bis auf die Schultern; seine
Augen glühen tief und wunderbar. Jetzt sitzt er am Feuer des
Biwaks inmitten seiner Vortruppen. Er ist immer bei der Vorhut,
denn diese seltenen Augen sehen mehr als die Augen seiner Ge-
nerale. Vor wenig Tagen ist er mit seiner Armee zu Marabout
ans Land gestiegen und hat das alte Alexandrien überrannt.
„Mein Ruhm ist bereits verblaßt! Das kleine Europa gibt mir
nicht genug zu tun. Ich muß Beschäftigung im Osten suchen.
Großer Ruhm kommt stets aus jener Gegend.“ Nun liegt er im
Wüstenbiwak zwischen der Küste und Kairo.
Erträumt: — in hundert Reichen Es jauchzt ihm tausendkehlig
Erhebt sich ihm ein Thron. Der glüh’nde Orient,
Er zieht mit goldnen Speichen Derweil die Flamme mählich
Einher wie Ammons Sohn. Verglimmend niederbrennt.
Die fahle gelbliche Morgendämmerung des Ostens wandelte
sich wieder in einen heißen Tag. Der 6. Juli 1798 stieg herauf
mit seiner Sonnenglut und seinem Wüstenbrand, durch den sich
diese Kolonnen, diese Söhne der Normandie, des Elsaß und der
Gascogne weiterschleppen sollten, um endlich auf den Feind zu
stoßen. Was war dies für ein Abenteuer! Dies Ägypten schien
eine gewaltige Büchse voll Sand, bestrahlt von Sonnenglut, bitter-
kalt die Nächte.
Der 6. Juli stieg glutig herauf. „Gewehr in die Hand!“
Die Bataillone schleppten sich weiter. Die Araber hatten die
Brunnen verschüttet, die langbärtigen Sappeure mußten stunden-
lang graben und hacken, bevor sie zu Wasser kamen. Es ging
ein Murren durch die Reihen, auch die Offiziere murrten. „Es
war so,“ sagte Berthier, der später Allergetreueste Bonapartes,
„daß man ein Glas Wasser um den Wert seines Gewichts in
Gold kaufte.“ Aus den Reihen ging die freche Frage: „Nun,
General, werden Sie uns bald nach Indien führen?“ Da blitzte
es in den dunkeln verschleierten Augen auf, und die rasche Ent-
gegnung kam: „Nein, mit solchen Soldaten wie Ihr möchte ich
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mens am 6. Dezember 1892 von seinem fleißigen Tagewerk zur
Ruhe ging, da war die Anstalt schon fertig. Wir wissen, wessen
Standbild heute davor steht.
221. Die Leute von Sadowa. Von Karl Bleibtreu.
Regenfeuchter Boden, nagkalter Nebel; der Sonnenball taucht
schwimmend aus dem milchigen Dunst empor. Von den
Posten schallt schwaches Schiegen fern herüber; der dumpfe
Donner eines Geschüges grollt durch die Morgenluft. Die
Schlacht beginnt. Auf der ganzen Linie lebhaftes, unregel-
mägiges Schügenfeuer, erst nur noch selten von dem Brum-
men des schweren Geschüges unterbrochen. Doch bald knat-
tert das Kleingewehr in vollen Salven.
Die Division Fransecky dringt vor. Ihr Führer befindet
sich im dichtesten Kampfgewühl am Walde von Maslowed;
nichts entgeht seinem Scharfblick, er ist überall zur Stelle.
Langsam werden die Österreicher zurückgedrängt; aber ein
Hagel von zischenden Kartätschen und plagenden Granaten
fährt zwischen den Baumstämmen hindurch von den Lipaer
Höhen her, die von niederdonnernden Kanonen starren. Die
Sonne übergiegt mit goldigem Lichte die blutige Walstatt, wo
Verwüstung und Tod immer fürchterlicher hausen. Kahlreiche
Verwundete strömen zurück. Manche schleppen sich in schreck-
lichem Zustande fort, mit halbgespaltenem Kopf oder zerschos-
senem Bein; ihr Blut rötet den Weg. Andere werden fort-
getragen auf zusammengelegten Gewehren. Auf den Verband-
plätzen wimmern stöhnend die noch schwerer Verlegten. Freund
und Feind liegt an den Höhen von Sadowa ohne Unterschied
Seite an Seite, in Massen niedergeworfen. Ganze Batterien
haben alle ihre Pferde eingebügt. Waffen, Tornister, Patro-
nentaschen liegen wie gesät am Boden. Mit betäubendem Knall
plagen überall die einschlagenden Granaten, deren Sprengstücke
umherfliegen, die Näherstehenden mit Erde überschüttend. Das
Gewehrfeuer rollt ohne Unterbrechung. Die Kanonen spielen
von allen Seiten. Der Wald von Maslowed scheint wie lebendig
von all den Höllengeschossen. Doch mit Mut und Vertrauen
Lesebuch für Mittelschulen. Band 3 A. 30
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bewegt sich auch die Elbarmee Herwarths von Bittenfeld vor-
wärts, alles in glänzendem Angriff vor sich niederwerfend.
Aber mannhaft stemmen sich die grünröckigen Sachsen *
bei Problus dagegen; andauernd wächst die riesige Übermacht
Benedeks; die Armee des „roten Prinzen“, Friedrich Karl, kann
nicht lange mehr allein die Wucht des Kampfes ertragen. Eine
Weile hält die kaltblütige Führung Moltkes den ungleichen
Streit noch aufrecht. Aber wie einst Wellington auf seinem
Feldstuhl geseufzt: „Ich wollte, die Nacht wäre da oder Blü-
cher,“ so fragt jetzt jeder Preuße beklommen: „Wann kommt
der Kronprinz? Warum zögert er?“
Nodi immer kommt er nicht. Sorgenvoll hält der könig-
liche Greis auf seiner braunen Stute vor seinem Gefolge.
Granaten sausen über sein ehrwürdiges geweihtes Haupt weg;
er achtet es nicht. Schwere Gedanken bestürmen ihn. — Nach
so glänzendem, unerhört schnellem Stürmen von Sieg zu Sieg
— soll dies das Ende sein? Geht die große Schlacht verloren,
so sind alle Früchte des bisherigen Feldzuges umsonst geerntet.
Einsam hebt sich Moltkes hagere Gestalt mit dem durch-
geistigten Henkergesicht aus dem erregten Gefolge hervor. Ab
und zu führt er das Glas zum Auge; keine Muskel zuckt in
seinen marmorstarren Zügen.
Und wer ist der Hüne dort mit dem behelmten Haupte?
— Europa kennt ihn, den „bösen Mann“, den Urheber dieses
„Bruderkrieges". Ja, es ist sein eigenstes Werk, was hier in
weiter Runde blutet, verblutet . . . Aber er darf sich’s sagen
mit ehrlichem Herzen, daß nicht kleinlicher Ehrgeiz, sondern
erhabene Zwecke ihn geleitet haben zu des Vaterlandes Wohl-
fahrt und Ruhm . . .
Und die Not wächst, die höchste, äußerste Not. Da,
was ist das?
Mitten im Zentrum Benedeks, als Stützpunkt seiner Reser-
ven, -liegt das Dorf Chlum, in Waffen starrend, mit Kanonen
überladen. Dort mitten im feindlichen Heer, in einer Talfalte,
wird’s plötzlich lebendig. Was ist das? Dies Häuflein, das dort
jählings in vollem Lauf anstürmt? Sind das Preußen?
Und das Häuflein wächst und schwillt; unaufhaltsam dringt
es wie ein Keil ins Herz des Feindes. Die Preußen hier? Un-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Bittenfeld Benedeks Friedrich_Karl Friedrich Karl Moltkes
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möglich! Benedek selbst reitet mit seinem grünbebuschten
Stabe vor, um auf die unglaubliche Meldung hin zu unter-
suchen . . . Flintenschüsse empfangen ihn, daß er eilends da-
vonstiebt. Salven auf Salven in bis dahin nie gehörter Schnelle
knallen pausenlos. Das ist das Zündnadelgewehr! Das ist die
preußische Garde! Aber drunten in der Tiefe, als man das
ersah, geht ein Brausen und Raunen und Rauschen um und
schwillt zum Sturme: „Der Kronprinz ist da, unser Fritz greift an!“
Voran, voran, voran! Hört ihr, Berge Böhmens, das
preußische Hurra? Der Marschall Vorwärts ist auferstanden,
er ist wieder da! Siegreich schallt der Sturmmarsch der Hohen-
zollern über Chlum; die Preußen sind drin. Schon sind die
Linien Benedeks durchbrochen, schon sind sie in heller Flucht.
Die Trümmer ganzer Korps decken den Boden, zahllose Ge-
fangene und Geschütze befinden sich in preußischen Händen,
der Tod der besten Offiziere ist zu beklagen.
Dennoch versuchen die Kaiserlichen, sich zu setzen. Ihre
prächtige Reservereiterei prallt wie ein Unwetter herein und
schwemmt die nächsten preußischen Häuflein mit sich fort wie
eine mächtige Woge; doch die preußischen Schwadronen gehen
sofort auf den Feind los. Undurchdringliche Staubwolken wir-
beln empor, aus denen hin und wieder die Blitze der Pistolen-
und Karabinerschüsse aufleuchten. Leiber gefallener Rosse und
Reiter sperren den Weg. Bei dem harten Zusammenstoß wird
bald die eine Partei nach kurzem Handgemenge in wilder Jagd
über offenes Feld in die Gehölze hineingejagt, bald sammelt
sich die andere wieder, erwartet verstärkt aufs neue den An-
prall und nimmt ihrerseits in gestrecktem Galopp die Verfol-
gung auf. Der verderbenbringende Reiterzug rast hin und her.
Blut und Trümmer zeigen den Weg, den er genommen, von den
aufsteigenden Feuersäulen der nahen Dörfer beleuchtet. Immer
enger und erbitterter entspinnt sich der Kampf. Endlich las-
sen die österreichischen Weißröcke ihre Gefallenen liegen und
gehen in schneller Flucht zurück.
Die österreichischen Bataillone befanden sich bereits in
voller Auflösung und bezeichneten ihre Rückzugslinie mit weg-
geworfenen Waffen. Überall gingen die preußischen Kolonnen
im Laufschritt vor, während in der Ferne die weißen Massen
30*
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in voller Flucht den Wäldern zueilten. Die langen Linien der
preußischen Reiterei entwickelten sich mit lustig flatternden
Standarten. Ihre reitende Artillerie bewegte sich vorwärts und
ließ ihren Feuerschlünden weiße Rauchwolken entsteigen.
Während die Sonne am westlichen Himmel versank, loder-
ten an den verschiedensten Stellen der Ebene die züngelnden
Flammen auf. Da befahl der königliche Sieger, das Feuer
gegen das flüchtende Heer einzustellen. Der Greis dachte in
seinem allzeit milden und gerechten Sinne, daß es zwecklos
und unchristlich sei, die völlig Überwundenen wehrlos hinzu-
schlachten. Und mehr! Vor seiner Seele stand es klar und
fest: Wie wir jetzt auseinander gekommen, so müssen wir su-
chen, dereinst wieder zusammenzukommen, Preußen und Öster-
reich, die deutschen Brudermächte, als gemeinsamer Wall wider
Westen und Osten.
Des Kronprinzen volkstümliche Reckengestalt erscheint;
Vater und Sohn sinken sich in die Arme. Ein schöneres, wär-
meres, heiligeres Zusammentreffen als das des alten Blücher
und des kalten Wellington bei Belle-Alliance!
Stumm ist der österreichische Schlachtendonner, der von
Sadowa her gebrüllt. 180 genommene Geschütze! Die jubelnden
Soldaten klimmen auf Rohre und Lafetten, wo die heldenmü-
tigen Braunröcke, noch im Tode ihre Geschütze umklammernd,
ehrenvoll erschlagen liegen. Die blauen Jungen schwenken ihre
Nützen; die Offiziere küssen dem greisen Sieger die Hand, und
brausend schmettert es durch die Luft:
„Heil dir im Siegerkranz,
Herrscher des Vaterlands,
Heil, Wilhelm, dir!“
222. Brief des Könijs Wilhelm an die Königin
über die Fahrt nach Berlin.
Berlin, 15. Juli 1870.
J\Ieine Beine also glich in und von Ems bis hier einem Tri-
umphzuge; ich habe so etwas nicht geahnt, nicht für mög-
lich gehalten. Alle Bahnhöfe überfüllt, auch die, wo nicht
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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224. Der Todesritt von Mars-la-Tour.
Bon Friedrich Kaiser.
^>rei Stunden schon währt der verzweifelte Kampf der zwölften
^ Brigade da oben auf der Hochfläche von Vionville. Todes-
mutig verteidigen die Brandenburger die schwer errungene Stellung
gegen den übermächtigen Feind. Aber von Minute zu Minute lich-
ten sich die Reihen der Braven. Dicht an beu staubigen Ackerboden
geschmiegt, von den sengenden Strahlen der Augustsonne getroffen,
qualvoll dürstend, in jeder Sekunde den Tod vor Augen — und
dennoch ausharrend!
Es steht schlimm dort am linken Flügel! Der Feind dringt
vor, Schritt vor Schritt. Unaufhörlich schütten die Granaten ihren
Eisenhagel nieder über das blutgetränkte Schlachtfeld. Mann auf
Mann wird hinweggerifsen durch die weittragenden Chasfepots.
Keine Unterstützung ist zu erwarten. Alle Reserven sind eingesetzt,
und furchtbar droht die Umgehung der linken Flanke. Das zehnte
Korps ist im Anmarsch, aber noch können Stunden vergehen bis
zum Eintreffen der ersehnten Hilfe.
So stand's um die Mittagstunde am 16. August, als die Bri-
gade Bredow in dem Grunde, der von Vionville nach Norden führt,
vortrabte, vorn mein Regiment, die 7. Kürassiere, dahinter die alt-
märkischen Ulanen Nr. 16. Wir alle wußten, daß es galt, uns als
letzte Rettung einzusetzen.
Ein undurchdringlicher Staub hüllte die vortrabende Kolonne
von nur sechs Schwadronen völlig ein. Erst nachdem wir die Rei-
hen der so schwer bedrängten Infanterie durchritten hatten, sahen
wir, wohin uns unser Kommandeur, Graf Schmettow, führte. Weit
voraus ritt er dem Regiments, geradeswegs zu auf die lange Reihe
der Geschütze, die jetzt alle zugleich ihr Feuer gegen uns zu richten
schienen, auf die dichten Kolonnen der Infanterie, deren Geschosse
in unsere Glieder drangen. „Galopp, marsch!" kommandierte jetzt
Graf Schmettow. Mächtiger wirbelt der Staub; geschlossen reiten
wir vorwärts, unaufhaltsam vorwärts, den Batterien zu. In dich-
ten Pulverdampf gehüllt, werfen sie den Kürassieren Granate auf
Granate entgegen; ein Krachen vor uns, über uns in den Lüften,
als ob die Welt verginge. Hier, dort stürzt ein Pferd, füllt ein
Mann, tödlich getroffen! „Vorwärts!" Die Erde erdröhnt vom
Hufschlage der Pferde!
Die Pallasche, von nerviger Hand gefaßt, weit vorgestreckt,
blitzen im Sonnenscheine. Ein endloses „Hurra!" durchbraust die
vom Pulverdampf erfüllte Luft; mit rasender Wucht stürmen wir
vorwärts, die Eisenreiter, — dann ein erschütterndes Krachen dicht
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