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neuen, langen Zügen seine Wassermassen gegen die Werste*), auf
denen die Wohnungen stehen. Der Erdhügel, der nur eine Zeit lang
zitternd widerstand, giebt nach; ein Stück bricht nach dem andern ab
und schießt in die Fluch. Die Pfosten des Gebäudes werden da-
durch entblößt; das Meer faßt sie und rüttelt sie. Der erschreckte
Bewohner des Hauses rettet erst seine besten Schafe hinauf auf den
Boden, dann flieht er selber nach. Und hohe Zeit war es; denn
schon stürzen die Mauern, und nur noch einzelne Ständer halten den
schwankenden Dachboden. Mit furchtbarer Gewalt schalten die Wogen
in dem untern Theile des Hauses; sie werfen Schränke, Kisten, Betten,
Wiegen mit wildem Spiel durch einander und schlagen sich immer freiern
Durchgang; immer weniger werden der Stützpunkte des Daches, dessen
Niedersturz rettungslos der ganzen Familie ein schäumendes Grab
bereitet. Ängstlich lauscht das Ohr, ob nicht das Brausen des
Sturmes abnimmt; ängstlich pocht das Herz bei jeder Erschütterung;
immer enger drängen sich die Unglücklichen zusammen. In der Finster-
niß sieht Keiner das vor Entsetzen bleiche Antlitz des Andern; im
Donner der tobenden Wogen verhallt das bange Gestöhn; aber Jeder
kann an seiner eigenen Qual die marternde Angst des Andern ermessen.
Der Mann preßt das Weib, die Mutter ihre Kinder an sich. Die
Bretter unter ihren Füßen werden von der drängenden Fluth gehoben;
aus allen Fugen quellen die Wasser auf; das Dach wird durchlöchert
vom Wogensturz. — Da kracht ein Balken; ein furchtbarer Schreckens-
ruf ertönt. Noch eine martervolle Minute! Noch eine! Der Dach-
boden senkt sich nach einer Seite. Ein neuer Fluthenberg schäumt
herauf, und — im Sturmgeheul verhallt der letzte Todesschrei. Die
Wogen schleudern sich einander Trümmer und Leichen zu.
Dennoch liebt der Halligbewohner seine Heimath über alles, und
der aus der Sturmfluth Gerettete baut sich nirgends sonst wieder an,
als auf dem Fleck, wo er Alles verlor, und wo er in Kurzem wieder
Alles, und sein Leben mit, verlieren kann.
Wie viel Provinzen und wie viel Regierungsbezirke kennt ihr jetzt? —
Woran grenzt Schleswig-Holstein im Osten? — Im Westen ? — Im Süden ? — Im
Norden? — Was weisst du über die Beschaffenheit des Landes? — Was heisst
Marschland? — Was heisst Geest? — Wie heissen die Haupthafenplätze der Pro-
vinz? — Die Hauptstädte? — Die Haupterwerbsquellen der Bewohner? —
Wer weiss noch sonst etwas von Schleswig-Holstein? —
Zeichnet die Provinz Schleswig-Holstein auf die Tafel! —
Beschreibet siel —
20. Die Provinz Sachsen.
Die Provinz Sachsen hat eine sehr unregelmäßige Gestalt. Im
Süden liegen der Kreis Schleusingen und mehr östlich der Kreis
•) Das Werft -°- ein erhöhter Uferplatz am Wasfer, wo Schiffe gebaut oder ausgebessert
»erden; hie» ei» erhöhter, künstlicher Hügel, worauf die Hütten erbaut find
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Ortsnamen: Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Sachsen Schleusingen
44
Lehrstand. Zu ihm gehören: die Lehrer in den Volks-,
Bürger- und Gelehrtenschulen oder den Gymnasien, in den
Gewerbeschulen und auf den Hochschulen oder den Universitäten.
In den Volksschulen werden die Kinder vom 6. bis zum 14. Jahre
unterrichtet und erhalten diejenige Bildung, die keinem Menschen fehlen
sollte, um ein nützliches Mitglied in der Familie, in der bürgerlichen
und kirchlichen Gemeinde und im Staate zu werden — eine Bil-
dung, welche für jede höhere die Grundlage enthält. In den
Bürger- oder Realschulen wird diese Bildung für solche gestei-
gert, welche sich den höheren Gewerben, der Kaufmannschaft oder dem
Handel u. s. w. widmen wollen. Die Gymnasien werden von
denjenigen jungen Leuten besucht, die einst Beamte, Richter, Ärzte,
Geistliche u. s. w. werden wollen. Nach ihrer Entlastung von
dem Gymnasium besuchen diese die Universität und bereiten sich
hier für ihren bestimmten Beruf vor; sie heißen dann Studenten,
und ihre Lehrer heißen Professoren. Außer den genannten Unter-
richtsanstalten giebt es noch Seminarien für Geistliche und
Lehrer. Auch die Geistlichen gehören zum Lehrstande, denn sie
unterrichten nicht allein die Jugend in der Religion, sondern verkündigen
von der Kanzel herab, am Krankenbette u. s. w. auch den Erwachsenen
Gottes Wort, und spenden ihnen die Heilsmittel der Kirche. In Schule
und Kirche ist also der Lehrstand unablässig thätig, die Mitglieder des
Staates das Wahre vom Falschen — das Rechte vom Unrechten —
das Gute vom Bösen unterscheiden zu lehren: sie zu unterweisen in
ihren Pflichten gegen sich selbst, gegen ihren Nächsten und gegen
Gott, kurz sie durch Unterricht und Erziehung geistig tüchtig zu
machen, in ihrem Lebensberufe das erkannte Gute überall zu thun
und das Böse überall zu meiden. Dem preußischen Staate gebührt
der Ruhm, seit einer Reihe von Jahren durch Gründung muer Unter-
richtsanstalten, namentlich der Lehrer-Seminarien und durch die
Vermehrung der Volksschulen, so wie durch Einführung eines re-
gelmäßigen Schulbesuchs aller Kinder sehr viel gethan und edle,
menschenwürdige Bildung unter seinen Bewohnern verbreitet zu haben.
Aber trotz Kirche und Schule giebt es leider viele Menschen, die
nicht thun, was recht und gut ist, die gegen die Gesetze han-
deln, und Vergehen und Verbrechen verüben. Solche zu strafen
und unschädlich zu machen, und die guten Bürger in ihrem Leben,
ihrem Eigenthum und ihrer Ehre zu schützen, ist die Sache und die
Pflicht der Obrigkeit. — Ihre Mitglieder heißen im Allgemeinen
Beamte (Staatsbeamte), und diese sind wieder theils poli-
zeiliche, theils richterliche, theils verwaltende. Die Verwal-
tungsbeamten sind die Vorsteher des Staates, der Provinzen,
der Regierungsbezirke, der Kreise, der Gemeinden; sie haben die
bestehenden Gesetze zur Ausführung zu bringen, und über deren Beobach-
tung zu wachen. Die Polizeibeamten haben die Vergehen gegen
das Gesetz anzuzeigen, die Verbrecher zu verhaften und den Gerichten
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Erster Abschnitt.
Das Vaterland — Deutschland
I. Die Staaten Deutschlands.
A. Der preußische Staat.
L Die Gemeinden.
Der Ort, in welchem wir wohnen, ist unser Wohnort. Wohnen
wir in einer Stadt, in einem Dorfe oder einem Weiler? — Die
Bewohner einer Stadt oder eines Dorfes und der dazu gehörenden
Weiler bilden zusammen eine bürgerliche Gemeinde. Die Menschen
haben sich zu Gemeinden vereinigt, um einer dem andern bester hel-
fen, Leistehen und sich so in einem großen Vereine dasjenige ver-
schaffen zu können, was dem einzelnen Menschen und einer einzelnen
Familie nicht möglich wäre. Z. B.? — Gegenseitige Hülfleistung
und Unterstützung ist also der Zweck der Gemeinde. So wie nun
aber in dem kleinsten Vereine, der Familie, der Vater dazu bestimmt
ist, die Angelegenheiten derselben ztt ordnen und zu besorgen, damit es
der Familie wohlergehe, so sind auch in der Gemeinde Personen an-
geordnet, welche dafür zu sorgen haben, daß der Zweck der Gemeinde
um so bester erreicht werde. Diese Personen sind der Bürgermeister
und der Gemeinderath. Der Bürgermeister verwaltet die Ge-
meindeangelegenheiten. Wo viele Menschen nahe zusammen woh-
nen, da muß für gute Ordnung gesorgt und darauf gesehen werden,
daß ein Mensch dem andern an seiner Person oder seinem Eigen-
thum keinen Schaden zufüge, daß keiner die Rechte des andern störe,
und jeder seine Pflicht thue. Hierfür sorgt der Bürgermeister. Er
sieht darauf, daß die Straßen gehörig gereinigt werden, daß jeder Leim
Verkaufe das gehörige Maaß und Gewicht gebrauche, und daß nie-
mand Eßwaaren verkaufe, welche verdorben und der Gesundheit schädlich
sind. Er wacht über die Sicherheit der Person und des Eigen-
thums, oder er handhabt die Polizei. Ein oder mehrere Polizei-
diener, Feldhüter und Nachtswächter sind ihm hierbei behülflich
und stehen unter seinem Befehle.
Alle öffentlichen Gebäude in der Gemeinde: die Kirche, die
Schule, das Rathhaus, das Vrandspritzenhaus, ferner die Ge-
meindewege, Brücken, Brunnen und Pumpen u. s. w. werden
auf Kosten der Gemeinde gebaut und unterhalten, und für die Ver-
pflegung der Armen und Waisen wird gesorgt. Hierzu ist aber
sehr viel Geld erforderlich, und deswegen muß jeder Einwohner der
Gemeinde nach seinem Vermögen Gemeinde» oder Kommunalsteuer
Harsters' Leselul für Obern. Slmunan-Ausgave. 1
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
5
welcher ein Kreis genannt wird. Wie der Gemeinderath und der
Bürgermeister für das Wohl der Gemeinde zu sorgen haben, so sind
auch in einem Kreise mehrere Personen dazu bestimmt, die Angelegen-
heiten des Kreises zu besorgen. So wie aber an der Spitze der Ge-
meindeverwaltung der Bürgermeister als höchster Beamte der Ge-
meinde steht, so steht an der Spitze der Kreisverwaltung als höchster
Beamte des Kreises: der Lündralh. Die Stadt, worin der Landrath
seine Amtsstube oder sein Verwaltungs-Büreau (spr. Büroh) hat,
heißt die Kreisstadt, und von ihr bekommt der Kreis seinen Namen*).
Wenn jedes Kind in der Schule und zu Hause thun könnte, was
es wollte, so würde es in der Schule und in der Familie oft sehr
schlimm hergehen. Darum müssen die Kinder ihren Eltern und ihren
Lehrern gehorsam sein. Aber wenn alle Leute thun könnten, was sie
wollten, dann würde es in jeder Gemeinde noch schlimmer hergehen.
Denn nicht alle Menschen denken und thun, was recht ist, sondern einige
fügen ihren Nächsten wohl oft Unrecht zu. Hiergegen müssen aber die
guten Menschen geschützt, und die, welche Böses thun, müssen bestraft
werden. Deswegen sind in jedem Kreise Personen dazu angestellt, welche
die vorkommenden Streitigkeiten in Güte auszugleichen oder durch
Urtheilsspruch nach den bestehenden Gesetzen zu beenden haben.
Diese Personen heißen Richter. Ein oder mehrere Richter, Gericht-
schreiber und noch andere Beamte bilden ein Gericht. Die Gerichte
befinden sich gewöhnlich in den bedeutendsten Städten des Kreises und
heißen Friedens- oder Kreisgerichte. Diejenigen Gemeinden, welche
zu demselben Gerichte gehören, bilden einen Gerichtsbezirk. — Wie in
der Gemeinde der Polizeidiener, so wachen in den Kreisen die Gens-
darmes (spr. Schangdarme) über die Befolgung der bestehenden Po-
lizeigesetze und zeigen die Uebertreter derselben dem Gerichte zur Be-
strafung an. Diese Strafen sind entweder Geld- oder Gefängniß-
strafen. Oft hören wir, daß Diebe, Betrüger und andere böse Menschen
in das Gefängniß gesetzt worden sind. Wer aber immer thut, was
recht ist, der braucht sich nicht zu fürchten, vor Gericht gebracht und —
gar in das Gefängniß gesetzt zu werden.
In welchem Kreise liegt unsere Gemeinde? — Wie heisst die Kreisstadt?
— Wie viele Gemeinden gehören zu unserm Kreise ? — Wie liegt die Kreis-
stadt von unserm Wohnorte? — Welche Gemeinden des Kreises liegen von
uns östlich? — Welche südlich? — Westlich? — Nördlich? — Südöstlich?
— Südwestlich? — Nordwestlich? — Nordöstlich? — Giebt es Flüsse in
unserm Kreise? — Wie heissen sie? — Nach welcher Himmelsgegend Messen
sie? — Wohin befindet sich also ihre Quelle? — Ihre Mündung? — Giebt
es Gebirge im Kreise? — Wie heissen sie? —
Zeichnet jetzt den Kreis ans die Schiefertafeln! —
Sie Gemeinden des heimathlichen Kreises, die Entfernung der Orte, ihre Lage vom
Wohnorte, die Landstraßen — und wo es deren giebt — die Flüsse und Gebirge des Kreises, so
wie die Grenzen desselben werden an der Schultafel veranschaulicht. Auch werden die Kinder
mit den wichtigsten Erwerbsquellen und andern Merkwürdigkeiten der übrigen Gemeinden des
Kreises, so wie mit dem Namen, der Größe und Einwohnerzahl des Kreises bekannt gemacht.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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103
Im Herbste versammeln sich die Schwalben in großen Schaaren,
üben sich einige Wochen vorher, als wollten sie sich auf die große Reise
vorbereiten, und verschwinden dann plötzlich über Nacht. Gewöhnlich
geschieht diese Abreise im September: ist die Witterung mild, im Ok-
tober. Zuweilen werden einige, wenn sie der Insekten wegen an Süm-
pfen und Flüssen zu lange verweilen, von der Kälte übereilt, erstarren
und versinken in dem Schlamm. Diese sterben und können im Früh-
jahr weder durch die Sonnenwärme noch durch künstliches Erwärmen
ins Leben zurückgebracht werden. Allein eben so, wie im Herbst einige
sich verspäten, kommen auch andere im Frühling zu früh an, werden
von Spätfrösten in Erstarrung versetzt und liegen in einer Art von
Scheintod da. Diese sind es, weil sie nur kurze Zeit in ihrem todt-
ähnlichen Zustande verbleiben, welche durch die belebende Kraft der
Sonne oder durch künstliche Wärme wieder erweckt werden können.
Die Schwalben gehören zu den allernützlichsten Vögeln, obwohl wir
sie weder essen, noch sonst etwas von ihnen benutzen. Sie vertilgen
eine Menge schädlicher Insekten, und wenn sie hin und wieder ein Bien-
chen wegschnappen, so will das nicht viel sagen, zumal da sie nur Droh-
nen und niemals die mit einem Stachel versehene Arbeitsbiene nehmen.
Der gemeine Mann erkennt dankbar den Nutzen der Schwalben an, in-
dem er sie hegt und pflegt und es gern hat, wenn sie an sein Haus
oder in seine Scheune nisten; sie sind ihm, gleich den Staaren, ge-
heiligte, unverletzliche Vögel. Auch ist es merkwürdig, daß die
Schwalbe eine solche Anhänglichkeit an menschliche Wohnungen hat, ja
zuweilen bei offenen Fenstern sich nicht scheut, in das Zimmer zu kommen.
18. Der Sperling, genannt Spatz.
Wer hat wohl noch keinen Spatz gesehen? — Das wäre mir ein
merkwürdiger Mensch, so viel er sich auch auf seine Kenntnisse einbilden
dürfte. Der Spatz gehört zu den Gassenbuben unter den Vögeln.
Er sieht auch gerade so aus. In seinem dicken Kopfe stecken ein Paar
rothe, freche Augen, denen man sogleich ansieht, daß er sich um keinen
Menschen bekümmere, und daß es ihm einerlei sei, was man von ihm
denke. Von Zucht und Ehrgefühl hat er gar keinen Begriff. — Zu
diesem dicken Kopfe paßt ganz sein plumper Schnabel und sein freches
Geschrei. Er giebt sich nicht die geringste Mühe, anständig zu sprechen,
sondern schreit in den Tag hinein, wie es ihm in die Gurgel kommt.
— Sein Anzug paßt ganz zu seinem Wesen, und Eitelkeit kann
man ihm nicht vorwarfen. Er denkt nicht daran, was er an hat. Ge-
wöhnlich trägt er eine grobe, graue Jacke, auf welcher man nicht leicht
Schmutzflecken sehen kann; daher genirt ihn dieselbe auch wenig, und
er treibt sich damit auf dem Miste, im Kothe, in Lachen und auf
Feldern herum. Händel hat er mit seinen Kameraden alle Augen-
blicke, und dabei giebt es ein Geschrei, daß man es im ganzen Dorfe
hört. — Vor den Menschen hat er nicht die geringste Scheu und Ach-
tung. Er drängt sich überall herbei und macht sein Nest, ohne dich
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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205
Lustig klangen die Gläser voll edlen Weines beim Lebehoch auf
den König, das Reich und seine Fürsten; Trompeten schmetterten da-
zwischen, und von draußen herein schallte der Jubelruf des begeisterten
Volkes.
Otto hatte an diesem festlichen Tage wohl kaum geahnet, welche
Sorgen und Mühseligkeiten ihm diese Krone bringen würde. Seine
ganze Regierung war ein Gewebe von Kriegen; er züchtigte die Dänen,
die seine Markgrafschaft Schleswig heimsuchten; er unterwarf sich
Böhmen; er schlug die Ungarn auf dem Lechfelde, daß ihnen auf
immer die Lust verging, nach Deutschland zu streifen; er hatte viele
Kämpfe mit den Italienern, die seine Herrschaft lange nicht aner-
kennen wollten; sein eigener Bruder Heinrich und sein Sohn Ludolf
hatten sich gegen ihn empört; aber alle diese Kämpfe und Trübsale
dienten nur zur Verherrlichung seines Namens. Die Geschichte nennt
ihn den Großen, und Magdeburg, seine vielgetreue Stadt, bewahrt
seine Gebeine und hat ihm auf dem Markte ein Denkmal errichtet.
Lz. Otto I. und Heinrich.
Zu Quedlinburg im Dome ertönet Glockenklang,
Der Orgel Stimmen brausen zum ernsten Chorgesang,
Es sitzt der Kaiser drinnen mit seiner Ritter Macht,
Voll Andacht zu begehen die heil'ge Weihenacht.
Hoch sitzt er in dem Kreise, von männlicher Gestalt,
Das Auge, scharf wie Blitze, von gold'nem Haar umwallt,
Man hat ihn nicht zum Scherze den Löwen nur genannt,
Schon mancher hat empfunden die löwenstarke Hand.
Wohl ist auch jetzt vom Siege er wieder heimgekehrt,
Doch nicht des Reiches Feinden hat mächtig er gewehrt;
Es ist der eigne Bruder, den seine Waffe schlug,
Der dreimal der Empörung blutrothes Banner trug.
Zu Quedlinburg vom Dome ertönt die Mitternacht,
Vom Priester wird das Opfer der Messe dargebracht,
Es beugen sich die Kniee, es beugt sich jedes Herz,
Gebet tn heil'ger Stunde steigt brünstig himmelwärts.
Da öffnen sich die Pforten, es tritt ein Mann herein,
Es hüllt die starken Glieder ein Büßerhemde ein —
Er schreitet auf den Kaiser, er wirst sich vor ihm hin,
Die Knie'er ihm umfasset mit tiefgebeugtem Sinn.
„O Bruder, meine Fehle, sie lastet schwer auf mir;
Hier liege ich zu Füßen, Verzeihung flehend, dir:
Was ich mit Blut gesündigt, die Gnade macht es rein,
Vergieb, o strenger Kaiser, vergieb, du Bruder mein!"
Doch strenge blickt der Kaiser den sünd'gen Bruder an:
„„Zweimal hab' ich vergeben, nicht fürder mehr fortan!
Die Acht ist ausgesprochen, das Leben dir geraubt,
Nach dreier Tage Wechsel da fällt dein schuldig Haupt.""
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche]]
Extrahierte Personennamen: Otto Heinrich Heinrich Ludolf Otto_I. Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Deutschland Magdeburg Quedlinburg Quedlinburg
208
schiffe aus, die die Kauffahrer auf der Elbe in Schutz nahmen Die
Raubritter hatten nun üble Tage. Ihre Burgen wurden belagert,
zerstört, der Erde gleich gemacht, und die Galgen mit ihren Personen
geziert. Nicht bester erging es den Seeräubern; eine mächtige Flotte
lief gegen sie aus, suchte sie auf, vernichtete ihre Fahrzeuge, ersäufte
ihre Mannschaft. Bald erzitterte alles vor der deutschen Hansa, so
nannte man diesen Bund, denn in der Sprache jener Zeit hieß Hansa
so viel als Verbindung. Sogar der König von Dänemark, der
gefährlichste Feind der Städte Lübeck und Bremen, wurde gedemüthigt
und genöthigt, die Feindseligkeiten gegen sie einzustellen.
Als die andern norddeutschen Handelsstädte sahen, wie furchtbar
sich die Hansa gemacht hatte, und wie sicher sie ihren Handel trieb,
so traten viele von ihnen dem Bunde bei. Die ersten waren Braun-
schweig, Rostock, Wismar, Stralsund, Greifswalde, Kolberg,
Stettin, Stolpe, Anclam, in der Folge auch noch viel mehrere,
wie Berlin, Frankfurt an der Oder, Königsberg, Danzig,
Magdeburg, Köln rc., im Ganzen über sechszig Städte. Sie
hatten sich nun selbst vor den mächtigsten Feinden nicht mehr zu fürchten;
im Gegentheil, sie führten eine hohe, gebieterische.-Sprache gegen sie
und wußten ihren Worten Bedeutung zu geben. Wer sich nicht in der
Güte zur Ruhe fügte, der wurde schnell, oft schimpflich, dazu gezwungen.
Mit jedem Jahre verstärkte sich ihr Bund; zur Zeit seiner höchsten
Macht gehörten fünfundachtzig Städte zu demselben. Sie rüsteten
gemeinschaftlich eine Flotte von mehr als 200 Schiffen aus, hielten
ein furchtbares Land Heer, führten Kriege mit mächtigen Fürsten, er-
oberten ihre Städte und Länder, stießen Könige vom Thron. Der
schwedische König Magnus verlor durch die deutsche Hansa feine
Krone, und dem dänischen König Christoph wurde von einem
Danziger Bürgermeister der Krieg erklärt. Andere Städte und Länder
bemühten sich dagegen um die Freundschaft der deutschen Hansa und
räumten ihnen Schiffe, Waarenlager und Vorrechte ein. So kam bald
ihr Handel in den Niederlanden, in England, in den nordischen
Reichen, in Ost-Europa zum höchsten Flor.
Zu Lübeck wurden die Hansatage, das heißt die Bundesver-
sammlungen, gehalten, wobei sich alle Bundesstädte durch ihre Abge-
ordneten einfanden. Auch Gesandte oder • Geschäftsträger aus den be-
nachbarten Staaten erschienen dabei, wenn mit dem Bunde etwas zu
verhandeln war. Hier wurden alle -nöthigen Maßregeln, und Unter-
nehmungen verabredet, die Beiträge -zu den Kosten ausgeschrieben und
die Beschwerden eines jeden gehört und abgethan. Der Bund hielt
strenge Polizei unter seinen Gliedern. Hatte eine Stadt ihre Pflichten
nicht erfüllt, oder sich eines Frevels schuldig gemacht, so wurde sie
verhanset, das heißt aus dem Bunde ausgestoß'en, geächtet, für
eine Feindin aller anderen erklärt. Eine solche Strafe war immer
von furchtbaren Folgen, denn der geächteten Stadt wurden ihre Schiffe
weggenommen und ihr Handel zerstört.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Stolpe König_Magnus Magnus Christoph
Extrahierte Ortsnamen: Bremen Rostock Wismar Stralsund Kolberg Stettin Berlin Frankfurt Königsberg Danzig Magdeburg Niederlanden England Ost-Europa
209
Drei hundert Jahre lang erhielt sich die deutsche Hansa auf dieser
Höhe ihrer Gewalt und ihres Ansehens. Als aber ihr Zweck erreicht,
das heißt die Sicherheit und Ausbreitung ihres Handels nach
Wunsch befördert war, trat wieder eine Stadt nach der andern von
dem Bunde ab; und so blieben am Ende nicht mehr, als die drei
Städte Hamburg, Lübeck und Bremen übrig, die auf dem letzten
Bundestage im Jahre 1630 ihren Verein erneuerten und bis auf diesen
Tag den-Namen der Hansastädte beibehalten haben.
Nach dem Aussterben des hohenstaufischen Kaisergeschlechts
(1254). war grosso Verwirrung in Deutschland. Denn von 1254 bis 1273
hatte Deutschland so gut als gar kein Oberhaupt, und deshalb hat man
diese Zeit das Interregnum oder das Zwischenreich genannt. Mord
wurde auf offener Strasse verübt; vorüberziehende Wanderer wurden beraubt;
blühende Dörfer und Städte eingeäschert, und kein Richter war zu finden,
der solchem Gräuel gewehrt hätte. Ein jeder suchte sich selbst zu helfen,
und die Rache war oft weit schrecklicher, als das verübte Verbrechen.
Diese böse Zeit, in der nicht das Recht, sondern die Gewalt — die
stärkste Faust — obsiegte, nennt man auch die Zeit des Fanstrechts. Solchem
Zustande wünschten die deutschen Fürsten ein Ende gesetzt. In dem
schweizerischen Grafen Rudolph Voil Habsburg, glaubte man den Mann
zu erkennen, den das Reich bedürfe, und man irrte sich nicht, als man ihn
zum deutschen Kaiser wählte; denn er war es, der durch seine Strenge
gegen die Raubritter Gesetz und Ordnung wieder herstellte und das Faust-
recht beschränkte.
19. Rudolph von Habsburg.
(1273-1291.)
Die kaiserlose Zeit war eine schreckliche Zeit gewesen für das
deutsche Reich. Da versammelten sich die deutschen Fürsten zur Kaiser-
wahl. Der Erzbischof Werner, von Mainz brachte den schweizeri-
schen Grafen Rudolph von Habsburg in Vorschlag, den er auf
einer Reise nach Rom kennen gelernt hatte. Rudolph bot ihm damals
freundlich Schutz und Begleitung durch die Schweiz an, und Werner
sprach beim Abschiede die Worte: „Edler Graf, könnte ich späterhin
den mir erwiesenen Dienst durch die That vergelten!" Jetzt war die
gelegene Zeit. —
Ein andermal war Rudolph auf die Jagd gegangen. Im Walde
begegnete er einem Priester, welcher zu einem Kranken wollte, um
ihm das heilige Abendmahl zu reichen. Der angeschwollene Bach
hatte aber den Steg weggerissen, und eben wollte der Priester das
Wasser durchwaten; da stieg Rudolph von seinem Pferde und half
dem Priester hinauf. Als dieser andern Tags dem Grafen das Pferd
zurückbrachte, schenkte es ihm Rudolph mit den Worten: „Verhüte
Gott, daß ich ferner das Pferd zum Jagen benutzen sollte, welches zu
so heiligem Dienste gebraucht worden ist; behalte es für dich zu ähn-
lichen Diensten!"
Dieser fromme und tapfere Graf wurde nun fast einstimmig er-
wählt, und herrlich hat er das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt.
Haesters' Lesebuch für Oberkl. Simultan-Ausg. j
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
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Extrahierte Personennamen: Rudolph_Voil_Habsburg Rudolph_von_Habsburg Werner Rudolph_von_Habsburg Rudolph Werner Rudolph Rudolph Rudolph
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Bremen Deutschland Deutschland Mainz Rom
210
Zuerst zog er gegen den widerspenstigen König Ottokar von Böh-
men, der sich während des Interregnums auch noch der Länder
Österreich, Steiermark, Kärnthen und Krain bemächtigt hatte.
Auf dem Marchfelde — in Österreich — kam es zur Schlacht, in
welcher Ottokar sein Leben verlor. Nun machte er sich an die Zer-
störung der Raubschlösser. Einst zerstörte er ihrer in einem Monat
über sechszig. Die adligen Räuber ließ er so gut bestrafen und hin-
richten wie andere. „Keinen halte ich für adlig," sagte er, „der
von Raub und unehrlicher Hantierung lebt." Dabei blieb er auf
dem Kaiserthrone immer einfach und menschenfreundlich, und wurde daher
zuweilen auf seinen Reisen gar nicht als Kaiser erkannt. Als er mit seinem
Hoflager einst bei Mainz stand, ging er in seinem einfachen Wamms auch
in die Stadt. Da es strenge Kälte war, trat er in das offene Haus
eines Bäckers, um sich zu erwärmen. Die Bäckersfrau hielt ihn für einen
gemeinen Soldaten, schalt über seine Dreistigkeit und schimpfte auf die
Soldaten und den Kaiser. Als dieser die Schimpfreden lächelnd an-
hörte, wurde die Frau so aufgebracht, daß sie einen Topf Wasser nahm
und den Kaiser damit begoß. Durchnäßt, doch ganz gelassen, verließ
er das Bäckerhaus. Mittags schickte er durch einen Diener der Frau
einige Schüsseln mit Essen und ließ ihr sagen, das schicke der Soldat,
den sie Vormittags so unfreundlich behandelt habe. Als dieselbe er-
fuhr, daß der Geschimpfte der Kaiser sei, lief sie eilend hinaus, warf
sich Rudolphen zu Füßen und bat um Verzeihung. Er aber belegte sie
mit der Strafe, daß sie den ganzen Vorfall der Gesellschaft nochmals
erzählen mußte. —
Gern hätte Rudolph vor seinem Tode seinen Sohn Albrecht zu
seinem Nachfolger erwählt gesehen; aber hierin waren ihm die deutschen
Fürsten nicht zu willen. Er starb 1291 zu Germers heim.
Rudolph von Habsburg hatte nach der Besiegung Ottokars
die österreichischen Länder seinem Sohne Albrecht gegeben, und
so wurde er der Gründer der Macht des Habsburgischen Hauses^
aus welchem die jetzigen Kaiser von Österreich stammen.
26. Der Graf von Habsburg.
Zu Aachen in seiner Kaiserpracht,
Im alterthümltchen Saale,
Saß König Rudolph's heilige Macht
Beim festlichen Krönunqsmahle.
Die Speisen trug der Pfalzgraf des Rheins
Es schenkte der Böhme des perlenden Weins
Und alle die Wähler, die Sieben,
Wie der Sterne Chor um die Sonne sich stellt,
Umstanden geschäftig den Herrscher der Welt,
Die Würde des Amtes zu üben.
Und rings erfüllte den hohm Balkon
Das Volk in freud'gem Gedränge;
Laut mischte sich in der Posaune Ton
Das jauchzende Rufen der Menge:
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Extrahierte Personennamen: Ottokar_von_Böh- Ottokar Ottokar Ottokar Rudolph Albrecht Albrecht Rudolph_von_Habsburg Ottokars Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Krain Mainz Ottokars Habsburg Aachen Rheins
218
Nach dem Tode Rudolphs von Habsburg folgten Kaiser aus ver-
schiedenen Häusern. Der erste nach ihm war Adolph von Nassau
(von 1291 —1298); dann folgte Rudolphs Sohn, Albrecht von Österreich
(1298—1308), ein stolzer Regent, unter dessen Regierung die Schweiz
anfing sich von Deutschland zu trennen.
21 Der Schweizerbund. — Wilhelm Tell.
(1307).
Im Jahre 1298 kam Albrecht, Sohn Rudolphs von Habsburg,
zur Regierung, die aber kein Segen für Deutschland wurde. Sein
ungerechtes und hartes Verfahren gegen die freien deutschen Landleute
in den Schweizeralpen veranlaßte diese, sich zum Schutz ihrer Freiheiten
zu verbinden. So entstand die schweizerische Eidgenossenschaft,
und der Abfall der Schweiz vom deutschen Reiche begann.
In jener schlimmen Zeit traten zusammen die Kantone Uri,
Schwyz und Unterwalden und beschworen, „in Erwägung böser
und gefährlicher Zeiten, einen ewigen Bund, sich und die Ihrigen mit
Hab und Gut gegen Alle und Jede, wer sie auch seien, zu vertheidigen
und einander mit Rath und Hülfe beizustehen". Der Kaiser aber
schickte ihnen 'zu Reichsvögten harte und böse Leute aus'meinem
eigenen Lande, die sie drückten und quälten, den Hermann Geßler
von Brunnegg und den Ritter Beringer von Landenberg. Die
thaten, was nie zuvor die Reichsvögte, und wollten im Lande selbst
wohnen. Landenberg zog auf das Schloß des Königs, bei Sarnen in
Oberwälden, und Geßler baute sich einen Zwinghof im Lande Uri.
Nun wurden die Zölle erhöhet, die kleinsten Vergehen mit Kerker und
schweren Bußen bestraft und die Landleute mit Stolz und Verachtung
mißhandelt. Als Geßler vor des Stauffachers neuem Hause im Dorfe
Steinen vorbeiritt, sprach er höhnisch: „Kann man's auch dulden, daß
das Bauernvolk so schön baue?" Und als Arnold von Melchthal im
Unterwaldner Lande wegen eines geringen Fehlers um ein Paar schöne
Ochsen gestraft wurde, riß Laudenbergs Knecht die Ochsen vom Pfluge
weg und sprach: „Bauern können ihren Pflug selbst ziehen." Aber
der junge Arnold, ob der Rede ergrimmt, schlug den Knecht, daß er
demselben zwei Finger zerbrach. Darum floh er ins Gebirge. Da
ließ der Landenberg zur Strafe dem alten Vater des Arnold beide
Augen ausstechen. Und die Vögte und ihre Gesellen verübten Gräuel
über Gräuel und schalteten im Lande also, daß sie nicht nur des
Volkes, von Kaiser und Königen verbriefte Rechte mit Füßen
traten, sondern selbst das ewige Recht verhöhnten, das Gott jeglichem
Menschen, wie sein unveräußerliches Gut, gegeben hat.
Als nun in den Thälern der Waldstädte Demuth weinte und
Hochmuth lachte, sprach im Dorfe Steinen des Werner Stauffachers
Frau zu ihrem Manne: „Wie lange muß Hochmuth lachen und
Demuth weinen? Sollen Fremdlinge Herren dieser Erde und Herren
unsers Gutes sein? Wozu taugen die Männer des Gebirgs? Sollen
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht]]
TM Hauptwörter (200): [T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Rudolphs_von_Habsburg Adolph_von_Nassau Albrecht_von_Österreich Albrecht Wilhelm Albrecht Albrecht Rudolphs_von_Habsburg Hermann_Geßler
von_Brunnegg Ritter_Beringer_von_Landenberg Landenberg Arnold_von_Melchthal Arnold Demuth Hochmuth Werner_Stauffachers Hochmuth Demuth
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Schwyz Unterwalden Sarnen Oberwälden