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1. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 25

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
25 eurer Sicherheit hab' ich kein ander Pfand, als meine Redlichkeit. Indessen leiht mir ans Erbarmen die hundert Gulden auf ein Jahr. Philet, ein Netter in Gefahr, ein Vater vieler hundert Armen, zählt ihm das Geld mit Freuden dar. Hier, spricht er, nimm es hin, und brauch' es ohne Sorgen; ich freue mich, daß ich dir dienen kann. Du bist ein ordentlicher Mann; dem muß man ohne Handschrift borgen. Ein Jahr, und noch ein Jahr verstreicht; kein Schiffer läßt sich wiedersehen. Wie? — Sollt' er auch Phileten hintergehen und ein Betrüger sein? Vielleicht. — Doch nein! Hier kommt der Schiffer gleich. Herr, fängt er an, erfreuet euch! Ich bin ans allen meinen Schulden; und seht, hier sind zweihundert Gulden, die ich durch euer Geld gewann. Ich bitt' euch herzlich, nehmt sie an; ihr seid ein gar zu wakk'rer Mann. O, spricht Philet, ich kann mich nicht besinnen, daß ich dir jemals Geld gelieh'n. Hier ist mein Rechnnngöbnch, ich will's zu Rathe zieh'n; allein ich weiß es schon, du stehest nicht darinnen. Der Schiffer sieht ihn an, und schweigt betroffen still, und kränkt sich, daß Philet das Geld nicht nehmen will. Er läuft und kommt mit voller Hand znrükk. Hier, spricht er, ist der Rest von meinem ganzen Glükk. Noch hundert Gulden! Nehmt sie hin, und laßt mir nur daö Lob, daß ich erkenntlich bin.' Ich bin vergnügt, ich habe keine Schlllden; dies Glükk verdank' ich euch allein; und wollt ihr ja recht gütig sein, so leiht mir wieder fünfzig Gulden. Hier, spricht Philet, hier ist dein Geld! Behalte deinen ganzen Segen; ein Mann, der Tret! und Glauben hält, verdient ihn seiner Treue wegen. Sei du mein Freund! Das Geld ist Dein; cs sind nicht mehr als hundert Gulden mein; die sollen Deinen Kindern lein. •* Mensch, mache dich verdient um And’rcr Wohlergehen; lenn was ist göttlicher, als wenn du liebreich bist, und mit Vergnügen eilst, dem Nächsten beizustehen, der, wenn er Jrossmuth sicht, großmüthig dankbar ist.

2. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 75

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
75 Ach, die Schlangen hingen um seine Brust, und die Gifttropfen uuj seiner /hinge, und er wusste, nun, wo er war! Sinnlos und mit unaussprechlichem Grame l ief er zum Himmel hinauf: „Gieb mir die Jugend wieder! 0 Vater, stelle mich wieder auf den Scheideweg, damit ich anders wähle /" Aber sein Vater und seine Jugend waren längst dahin. Er sah Irrlichter auf Sümpfen tanzen und auf dem Gottesakker erlöschen, und er sagte: „Es sind meine, thörichten Tage! “ — Er sah einen Stern aus dem Himmel fliehen und im Fallen schimmern und auf der Erde zerrinnen: „ Das bin ich," sagte sein blutendes Herz, und die Schlctngenzähne der Heue gruben darin in den Wunden weiter. Die lodernde Phantasie zeigte ihm fliehende Nachtwandler auf den Dächern, und die Windmühle hob drohend ihre Arme zum Zerschlagen auf und eine, im leeren Todtenhause zurükkgcbliebene Larve nahm allmählich seine Züge an. Mitten in dem Kampfe floss plötzlich die Musik für das Neujahr vom Thurme hernieder, wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt. Er schaute um den Hori- zont herum und über die Erde, und er dachte an seine Jugendfreunde, die nun glükklichr.r und besser, als er, Lehrer der Erde, Väter guikklicher Kinder und gesegnete. Menschen waren, und er sagte: ,,(), ich könnte, auch, wie ihr, diese Nacht mit trokk’nen Augen verschlimmern, wenn ich gewollt hätte! Ach, ich könnte, glükklich sein, ihr theuren Ehern, wenn ich eure. Nenjahrswttnschc und Lehren erfüllt hätte!11 Im feberhaften Erinnern an seine Jüngüngszeit kam cs ihm vor, a/s riditc hielt die. Larve, mit seinen Zügen im Todtenhause auf; endlich wurde sie durch den Aberglauben, der in der Neujahrsnacht Geister di r Zukunft erblikkt, zu einem lebendigen Jünglinge. Er konnte es nicht mehr sehen; — er verhüllte das Auge; — tausend heisse Thränen strömten versiegend in den Schnee; — er seufzte, nur noch leise, trostlos und sinnlos: „komme nur wieder, Jugend, komme wieder! — — — — Und sie kam wieder! denn er hatte in der Neujahrsnacht so Jiireil- te risch g eträu m t. Er war no c h e i n J ü n g ling; n u r s eine V c r i r- rungen waren kein Traum gewesen. Aber er dankte Gott, dass er, noch jung, in den schmutzigen Gängen des Lasters umkehren und sich auf die. Sonnenbahn der Tugend zuriikkbegeben konnte, die ins reiche Land der Ernten lehrt. Kehre mit ihnt um, Jüngling, wenn du auf seinem Irrwege, stehest ! Dieser schrekkende Traum wird künftig dein Richter werden! Aber irenn du einst, jammervoll rufen würdest: Komme wieder, schöne Jugend, — so würde sie nicht wieder kommen! — 0 Jüngling, theurer Jüngling, steh! Steh still auf deinem Pfade! Nach deiner Freude folget Weh Und ewig langer Schade. Vorher gethan, hernach bedacht, Hat Manchen in gross Leid gebracht.

3. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 43

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
43 sprach: „ Ei nun, Hrrzensmann, wenn der alte Gott noch lebt, warum glauben und vertrauen wir denn nicht auf ihn, der auch unsere Haare gezählt hat, und nicht zuläßt, daß eines derselben ohne seinen Willen ausfalle; der die Lilien deö Feldes bekleidet, und die Sperlinge ernährt, und die jungen Raben, die nach Futter schreien?" — Bei diesen Worten geschah es dem Manne, als sielen ihm plötzlich Schuppen vom Auge, und als lósete sich das Eis, das sich um sein Herz gelegt hatte. Und er lächelte zum ersten Male wieder nach langer Zeit> und er dankte seinem frommen, lieben Weibe für die List, die sie angewandt, um seinen todten Glauben an Gott zu beleben, und daö Zutrauen zu ihm hervor- zurufen. Und die Sonne schien nun noch freundlicher in die Stube auf das Antlitz zufriedener Menschen, und die Lüste weheten erquikk- licher um ihre verklärten Wangen, und die Vögel jubilirten noch lauter in den Dank ihrer Herzen gegen Gott. 81. Gott lebet noch! Seele, was verzagst du doch? Gott ist gut, der aus Erbarmen alle Hüls' auf Erden thut, der mit Macht und starken Armen machet Alles wohl und gut. Gott kann besser, als wir denken, alle Noth zum Besten lenken. Seele, so bedenke doch: Lebt doch unser Herrgott noch! Gott lebet noch! Seele, waö verzagst du doch? Sollt' der schlummern oder schlafen, der daö Aug' hat zugericht't? Der die Ohren hat erschaffen, sollte dieser Horen nicht? Gott ist Gott, der hört und siehet,' wo den Frommen Weh' ge- schiehet. Seele, so bedenke doch: Lebt doch unser Herrgott noch! Gott lebet noch! Seele, was verzagst du doch? Der den Erdenkrcis verhüllet mit den Wolken weit und breit, der die ganze Welt erfüllet, ist von uns nicht fern und weit. Wer Gott liebt, den will er senden Hüls' und Trost an allen Enden. Seele, so bedenke doch: Lebt doch unser Herrgott noch! Gott lebet noch! Seele, was verzagst du doch? Will dich alle Welt verlassen, weißt du weder aus noch ein: Gott wird dennoch dich umfassen und im Leiden bei dir sein. Gott ift's, der cs herzlich meinet, wo die Noth am größten scheinet. Seele, so bedenke doch: Lebt doch unser Herrgott noch!

4. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 45

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
45 geb' ich, willst Du es, mein Leben für Dich hin; nur Dich fortan verlassen kann ich nicht! — Ich habe Dir vertrauet, Dich mit meiner Seele Gott verpfändet." Weinend schlug der Jüngling seine Arme um den Greis, be- deute sein Antlitz stumm und starr; dann stürzte statt der Antwort anö den Augen ihm ein Strom von Thränen. Auf die Knie sank Johannes nieder, küßte seine Stirn' und seine Wange, nahm ihn nengeschenket vom Gebirge, läuterte sein Herz mit süßer Flamme. Jahre lebten sie jetzt unzertrennet miteinander; in den schönen Jüngling goß sich ganz Johannes schöne Seele. * Lagt, was war cs, was das Herz des Jünglings also tief erkannt und innig fest hielt? Und cs wiederfand und unbezwingbar rettete? Ein Sanct Johannes Glaube, Zutraun, Festigkeit und Lieb' und Wahrheit. 8n. Der Ritt durch den Matd, oder: Die bekehrte Räuberbande. Johannes Kant war Professor und Doktor der Theologie zu Krakau. Er hatte einen frommen und reinen Sinn und ein gott- erleuchteteö Gemüth, das lieber Unrecht dulden, als thun wollte. Viele Jahre wirkte er so als Lehrer auf seinem ihm von Gott anvertrauten Posten. Schon begann der Schnee deö Alters sein ehrwürdiges Haupt zu bedekken, da überfiel ihn eine Sehnsucht nach Schlesien, seinem alten Vaterlande. Er bestellte sein Haus und unternahm die Reise. Gemächlich ritt er in seiner schwarzen Kutte und mit langem Bart und Haar, wie Männer seines Standes sich damals zu tragen pflegten, durch die dunklen polnischen Wälder; doch in seiner Seele war es helle; denn daö göttliche Wort schoß seine Strahlen ihm in'ö Herz. So war er allein mit seinem Gott, und merkte nicht, daß Getümmel sich immer mehr näherte. Plötzlich aber wimmelt'- um ihn zu Roß und zu Fuß; Messer und Schwerter blinken im Mondscheine, und schreiend und tobend dringen Räuber auf den frommen Mann ein. Dieser weiß nicht, wie ihm geschieht. Er steigt vom Pferde und bietet willig der wilden Schaar seine Habe dar; den vollen Reisebentel, reichlich mit blanken Thalern gefüllt, giebt er hin, löst vom Halse die goldene Kette, reißt die schmucken Borten vom Barett, zieht den Ring vom Finger und

5. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 48

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
48 gewöhnen. „Ich scheide," sprach er, „Söhne, lebet wohl! Jedoch zuvor zerbrecht mir diese Pfeile, gebunden, wie sie sind." In größter Eile will Jeder den Befehl vollzieh'»; jedoch umsonst ist ihr Bemüh'n. Der Vater löst hierauf das Band, giebt Jedem einen Pfeil besonders in die Hand: „Zerbrecht mir den," spricht er mit trüben Blikken, und schnell war jeder Pfeil in Stükken. „Merkt, Söhne," rief er, „am zerbrochenen Geschoß: die Eintracht nur macht stark und groß, die Zwietracht stürzet Alles nieder. Lebt wohl! und liebt euch stets als Brüder!" 86. Herr Michel. Michel ward des alten Pächters Mertens Knecht; doch nach wenig Wochen fand er Nichts mehr recht: Kuchen mager, Butter alt, Bette hart und Stube kalt. Wenn die Erbsen- fchüffel auf dem Tisch erschien, tunkt' er seinen Löffel umge- wendet drin; und dann sprach er spöttiglich: „Klebst du dran, so ess' ich dich!" Bald des Dienens müde, sann er hoch umher, nahm ein Weib und dachte: Ha! nun bin ich Herr. Doch so mancher Jugcndtraum ist gar oft nur lauter Schaum. Ach, das eigne Tischchen deckt sich nicht so leicht, wie's am fremden Heerde manchem Michel däucht; auch der uns're fand um's Jahr diesen Spruch nur gar zu wahr, sehnte sich mit Schmerzen, aber ach! zu spät nach der Erbsenschüssel und dem harten Bett'. Immer größer Ward die Noth und die Sorg' um's trock'ne Brot. Nun zum alten Wirthe tritt er flehend ein, einen halben Scheffel Erbsen ihm zu leih'n. Jener schweigt und führet ihn nach der Vorrathskammer hin. Hier am Erbscnhaufen steh'» sie still und stumm, Merten, vor dem Scheffel, kehrt die Schaufel um, stößt sie eilt und spricht für sich: „Klebst du d'ran, so meff' ich dich!" Michel weint. Der Alte sieht's und spricht mit Ernst: „Wohl dir, wenn du weinen und dich bessern lernst! Nimm die Erbsen zum Ge- schenk, und sei meiner eingedenk! Dächten alle jungen Brüder Michels doch an den Erbsen- haufen und den Doppelspruch: Klebst du d'ran, so ess' ich dich! Klebst du d'ran, so mess' ich dich.

6. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 50

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
50 es freilich ein eigen Ding, wenn der Mensch sagen will: Siehe, Dieser oder Jener hat so oder so gesündigt, und darum ist ihm dies oder jenes widerfahren; aber es giebt doch Vorfälle im Leben, wobei man sich solcher Gedanken nicht wohl erwehren kann. Es sind etwa zehn Jahre her, da war in einer märkischen Stadt eine böse Seuche unter dem Vieh, und wem das Gift des gefallenen Viehes in eine Wunde kam, der starb in kurzer Zeit und ohne Rettung. Eines Sonnabends, nicht lange vor Sonnenuntergang, fährt ein Bürger dieser Stadt, eine trotzige Seele, zum Thore hinaus, um sein Heu ans der nahen Wiese zu werben. Weil von fern der Donner sich hören läßt, hebt er die Heugabel drohend empor zum Himmel und spricht dabei gotteslästerliche Worte, die ich nicht wie- derholen mag.« Was war das? sagte er ans einmal zu seinem Dienstknechte, der mit ihm fuhr, und wischte aus dem Gesicht eine böse Fliege, die ihn in eben dem Augenblikke gestochen hatte. Es war wohl Nichts, sagte er beklommenen Herzens; denn er merkte eö wohl, das sei eine Fliege gewesen, die auf dem gefallenen Vieh gesessen hatte, imb deren Stich ein tödtliches Gift brachte, lind daö Ge- sicht lief ihm auf von dein Stich der Fliege; bewußtlos kehrte er nach eitter Stunde zurükk in seine Wohnung, und am andern Mor'- gen lag er todt, wie Einer, den die Hand des Herrn geschlagen hat. * Merkwürdig ist auch die Geschichte eines angesehenen Bürgers, eines Vaters sieben wohlgewachsener Söhne, die aber sämmtlich stumm waren. Der Kummer über das Unglükk seiner Kinder nagte dem Vater beständig am Herzen, und er konnte cs nicht begreifen, wie ihn Gott vor andern Vätern so schrekklich heimsuchte. Einst führte er seine stummen Söhne auf einen benachbarten Meierhof, wo man bei einem alten Schweizer frische Milch, Butter und Käse aß. Der betrübte Vater warf mitleidige Blicke auf seine Söhne, die gesund und rosenwangig um den Tisch saßen, aber sämmtlich stumm waren. Thränen träufelten über seine Wangen und er ächzte zum Himmel: O Gott! womit hab' ich das verdient? — Der alte Schweizer, der dies Alles bemerkte, nahm den Vater auf die

7. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 144

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
144 187. Kaiser Otto I. Zu Quedlinburg im Dome ertönet Glokkcnklang; Der Orgeln Stimmen brausen zum ernsten Chorgesang; Es sitzt der Kaiser drinnen mit seiner Ritter Macht, Voll Andacht zu begehen die heil’ge Weihenacht. Hoch ragt er in dem Kreise mit männlicher Gestalt, Das Auge scharf wie Blitze, von goldnem Haar umwallt; Man hat ihn nicht zum Scherze den Löwen nur genannt: Schon Mancher hat empfunden die löwenstarke Hand. Wohl ist auch jetzt vom Siege er wieder heimgekehrt; Doch nicht des Reiches Frieden hat mächtig er gewehrt; Es ist der eigne Bruder, den seine Waffe schlug, Der dreimal der Empörung blutrothes Banner trug. Jetzt schweift er durch die Lande, geächtet, flüchtig hin; Das will dem edlen Kaiser gar schmerzlich in den Sinn; Er hat die schlimme Fehde oft bitter schon beweint. O Heinrich, du mein Bruder, was bist du mir so feind! Zu Quedlinburg im Dome ertönt die Mitternacht; Vom Priester wird das Opfer der Messe dargebracht. Es beugen sich die Kniee, es beugt sich jedes Herz; Gebet in hcil’ger Stunde steigt brünstig himmelwärts. Da öffnen sich die Pforten; es tritt ein Mann herein; Es hüllt die starken Glieder ein Büsserhemde ein; Er schreitet auf den Kaiser, er wirft sich vor ihm hin; Die Knie er ihm umfasset mit tiefgebeugtem Sinn. O Bruder, meine Fehle, die lasten schwer auf mir. Hier liege ich zu Füssen, Verzeihung flehend, dir: Was ich mit Blut gesündigt, die Gnade macht es rein; Vergieb, o strenger Kaiser, vergieb, du Bruder mein! Doch strenge blikkt der Kaiser den sünd’gen Bruder an: Zweimal hab' ich vergeben, nicht fürder mehr fortan! Die Acht ist ausgesprochen, das Leben dir geraubt; Nach dreier Tage Wechsel, da fällt dein blutig Haupt! Bleich werden rings die Fürsten, der Herzog Heinrich bleich, Und Stille herrscht im Kreise gleich wie im Todtenreich; Man hätte mögen hören jetzt wohl ein fallend Laub; Denn Keiner wagt zu wehren dem Löwen seinen Raub. Da hat sich ernst zum Kaiser der fromme Abt gewandt; Das ew’ge Buch der Bücher, das hält er in der Hand; Er liest mit lautem Munde der heil’gen Worte Klang, Dass es in alle Herzen wie Gottes Stimme drang:'

8. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 63

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
63 97. Der fromme Knecht. Ein frommer Knecht zu dieser Frist ein Wunderthier auf Erden ist. Er fürchtet Gott und glaubet frei, daß er im Dienst des Höchsten sei, und von demselben auf der Erde auch feinen Lohn empfangen werde. Deßhalb hat er vor Gott stets Scheu, ist feinem lieben Herrn getreu, und lebt, so lang' er hier muß wallen, zum Nutzen ihm und Wohlgefallen. Er thut die Arbeit ohn' Geheiß, mit Ernst und einem solchen Fleiß, als ob die Sachen feines Herrn in allen Punk- ten seine wär'n. Zum Fleiße treibt an jedem Ort er auch die andern Knechte fort, und giebt der Herrschaft gleich Bericht, Wo Schad' und llnrecht ihr geschicht. Er saufet sich auch niemals voll, bedenket seine Worte wohl; man hört nie, daß er schilt und flucht; denn er hält stets auf Ehr' und Gut. Dazu ist er auch fein verschwiegen und mag die Herrschaft nie belügen. Er nimmt vorlieb mit Speis' und Trank, empfängt den Lohn mit warmem Dank. Ein solcher Knecht und frommer Held, der feine Arbeit wohl bestellt und auf den Herrn wohl Achtung giebt, wird allenthalben sehr geliebt. Ein Jeder ist ihm wohlgeneigt, ihm Förd'rung, Gunst und Ehr' erzeigt mit Worten, Werken und mit Gaben, so daß er nie darf Mattel haben. 98. Die fromme Magd. Die fromme Magd vorn rechten Stand geht ihrer Frauen fein zur Hand, hält Schüssel, Tisch und Teller weiß, zu ihrem und der Frauen Preis. Sie trägt und bringt nicht neue Mähr', geht still in ihrer Arbeit her, ist treu und eines frohen Muth's, und thut den Kindern alles Gut's. Sie ist stets munter, hurtig, frisch, vollbringet ihr Ge- schäfte risch, und hält's der Frauen wohl zu gut, wenn sie um Schaden reden thut. Sie hat dazu fein die Geberd', hält Alles sauber an dein Heerd, bewahrt das Feuer und das Licht, und fchlunnnert in der Kirche nicht.

9. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 69

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
Ehrlichkeit erfreut den Krieger weidlich. Er weigert sich und nimmt daö Geld nicht wieder; „denn," denkt er, „sicherlich hat Mancher meiner Bruder gar oft schon Semmeln hier ans gut kosakk'sch erhandelt und ist dann mir nichts dir nichts feinen Weg gewandelt;" allein er muß sich doch bequemen, sein Eigenthum vom Bakker anzunehmen. Still greift er nun in seine weite Tasche, wo neben der gefüllten Flasche ein Vorrath von Franzosen-Gnte stekkt. „Nimm Bakker," — spricht er, — „bist ein braver Mann!" und heftet ihm ein Legions- Kreuz an. Ino. Das Lächeln im Tode. Ein frommer Greiö war dem Tode nahe, und seine Kinder und Enkel standen um sein Sterbebett. Er schien jetzt zu schlafen und lächelte drei Mal mit geschlossenen Angen. Alö er die Augen wieder öffnete, fragte Einer seiner Söhne, warum er denn drei Mal gelächelt habe? Der fromme Greis sagte: „Daö erste Mal gingen alle Freu- den meines Lebens an mir vorüber — und ich mußte lächeln, daß die Menschen dergleichen Seifenblasen für etwas Wichtiges ansehen können!" „Daö zweite Mal erinnerte ich mich an alle Leiden meines Lebens — und ich freute mich, daß sie mm für mich ihre Dornen verloren haben, nnb daß die Zeit da ist, wo sie mir Rosen bringen werden." „Daö dritte Mal gedachte ich deö Todes — und ich mußte lächeln, daß die Menschen diesen Engel Gotteö, der sie von allen Leiden befreien, sie in die Wohnungen ewiger Freuden einführen will, so arg fürchten und scheuen können." 107. Der Mönch. In einem Kloster lebte ein Mönch, der des Abends immer eine große Mat- tigkeit und Abspannung verrieth. Der Abt fragte ihn einst nach der Ursache derselben. „Ach!" antwortete der Mönch, — „id) habe jeden Tag so Vieles ju thun, daß meine Kräfte nicht hinreichen würden, wenn die Gnade Gottes mich nicht stärkte. Ich habe zwei Falken zu zähmen, zwei Hasen aufzuhalten, zwei Sperber abzurichten, einen Lindwurm zu bezwingen, einen Löwen zu bändigen und einen Kranken zu pflegen." —• „Ei," sagte der Abt, „das sind thörichte Klagen; solche Geschäfte werden keinem Menschen zu gleicher Zeit aufgegeben, und in meinem Kloster habe ich nie von solchen Pflichten der Brüder gehört!" — „Nnd doch, ehrwürdiger Herr," versetzte der Mönch, — „habe ich keine Unwahr- heit geredet. Die zwei Falken sind meine Augen; die muß ich mit großer Sorg- falt bewahren, damit ihnen nicht Etwas gefalle, was meiner Seligkeit schaden könnte. Die zwei Hasen sind meine Füße; die muß ich beständig zurükkhalten, daß sie nicht nach schädlichem Vergnügen laufen und auf dem Wege der Sünde

10. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 23

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
23 Ich kann, das ist das Maß der mir verlieh'nen Kraft, Der That, der Fertigkeit, der Kunst und Wissenschaft. Ich will, die höchste Krön' ist dieses, die mich fchmükkt, Der Freiheit Siegel, das mein Geist sich aufgedrükkt. Ich darf, das ist zugleich die Inschrift bei dem Siegel, Beim aufgethanen Thor der Freiheit auch ein Riegel. Ich mag, das endlich ist, was zwischen Allen schwimmt, Ein Unbestimmtes, das der Augenblikk bestimmt. Rur wenn du stets mich lehrst, weiß ich, was jeden Tag Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag. 6;;. Zwei Lehren. Zwei Lehren, liebe Seele! Hab wohl Acht! Heil dem, der sie gelernt und recht bedacht! Die eine sei dir eine Führerin, Derweil du wall'st durch'- Erdenleben hin; Die and're aber sei für Aug' und Herz Ein Leitstern auf der Wallfahrt himmelwärts. Es sorgt die Welt, wo Sorge» unnütz ist; Dieweil sie deß, der für sie sorgt, vergißt. Kleinmüthig sorget sic für Speis' und Kleid, Und müh't sich ab in Angst und Herzeleid. Du sorge nicht, wo schon ein Größ'rer sorgt, Der dir umsonst all' deine Nothdurft borgt. Wer sorgt, gewinnt Nichts und verliert dazu. Drum, wo die Welt sorgt, da vertraue du! Die Welt vertraut, wo das Vertrau'» nicht frommt, Weil zu viel Sicherheit zum Falle kommt. Bethört vertrauet sie auf leeren Schein, Auf eig'nc Tugend, eig'ne Kraft allein. Doch du vertrau' nicht, wo nur Demuth ziemt. Der ist nicht tüchtig, der sich selber rühmt. Sorglose Ruhe ftör't die ew'ge Ruh! D'rum, wo die Welt vertrau't, da sorge du! Die beiden Lehren präg' in's Herz dir ein; Sie sind mehr werth, als Gold und Edelstein. Wegweiser sind sie auf der Lebensbahn, Leitsterne, die dich führe» himmelan. D'rum, wo die Welt sorgt, da vertraue du, Und wo die Welt vertraut, da sorge du!
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