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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 212

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
212 stalion nicht erhalten kann und wenigstens eine Fahrkarte nach einer zur Lösung neuer Fahrkarten geeigneten Zwischenstation löst. Gepäck wird auch abgefertigt, ohne daß überhaupt Fahrkarten vorgelegt werden. In diesem Falle wird dann die teuere Expreßgutfracht berechnet. Vor der Aufgabe des Reisegepäcks müssen alte Beklebezettel von den Gepäckstücken entfernt werden. Ältere Eisenbahn-, Post- oder andere Be- förderungszettel bilden erfahrungsgemäß vielfach die Ursache der Ver- schleppung. Sie werden in der Regel durch die neuen Gepäckzettel über- klebt, die dann meist nicht ordentlich am Gepäck haften, so daß sie bei der weiteren Beförderung leicht abfallen, oder es verbleiben die alten Zettel neben den neuen und geben dadurch zu Irrtümern Anlaß. Die Reisenden setzen sich durch Auflieferung von Gepäckstücken mit alten Beförderungs- zeichen nicht nur den Unannehmlichkeiten aus, welche die Verschleppung naturgemäß mit sich bringt, sondern sie haben auch die Folgen der Nicht- beachtung der Eisenbahn-Verkehrsordnung allein zu tragen, da die Eisenbahn von der Haftung für den in solchen Fällen erwachsenen Schaden aus- drücklich befreit ist. Es ist dem Reisenden zu raten, behufs Verhütung von Verschleppungen und Verzögerungen die zur Beförderung aufzugebenden Gepäckstücke mit voller Adresse des Empfängers — Bestimmungsort, Name und Wohnort — in dauerhafter Weise zu versehen. Die Auslieferung des Gepäcks erfolgt gegen Rückgabe des Gepäck- scheins. 14 Tage lang kann man das Gepäck auf der Bestimmungsstation — gegen 20 Pf. Lagergeld täglich — lagern lassen. Für verloren gegangenes (auf der ^Bestimmungsstation nach Ablauf von drei Tagen nach Ankunft des Zuges noch nicht eingetroffenes) Gepäck, ebenso für beschädigtes Gepäck leistet die Eisenbahn Schadenersatz ent- sprechend dem wirklichen Werte des Gepäcks. Schadenersatz — jedoch nur bis zum Höchstbetrage von 100 Mk. — wird ferner für Verlust oder Beschädigung von Reisegepäck gewährt, das einer von der Eisenbahn eingerichteten Aufbewahrungsstelle über- geben war. Kein Schadenersatz wird gewährt, wenn es sich um die in Mänteln, Reisedecken usw. enthaltenen unverschlossenen Sachen, z. B. Tücher, Brieftaschen usw., handelt. Hat ein Fahrgast auf einer Station, auf der sich keine amtliche Aufbewahrungsstelle befindet, einem Eisenbahnbeamten Reisegepäck zur Aufbewahrung übergeben, so haftet nicht die Eisenbahn, sondern der betreffende Beamte persönlich. Als ein Beweis, daß wir auf unser Eisenbahnwesen als den weitaus wichtigsten Teil des Personen- und Güterverkehrswesens, im besonderen auf die Regelmäßigkeit und Sicherheit des Eisenbahnbetriebes, ein Recht haben, stolz zu sein, kann die Tatsache gelten, daß in anderen Haupt- verkehrsländern durchweg mehr Eisenbahnunglücksfälle sich ereignen als in Deutschland.

2. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 208

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
208 ist, z. B. in bereits besetzten Zügen. Ist nur die Klasse besetzt, zu welcher der Fahrgast sich eine Karte gelöst hat, so hat er rechtlichen Anspruch nur auf Beförderung in einer niedrigeren Klasse, wenn dort noch Platz ist, wobei er dann Zurückerstattung des von ihm zu viel bezahlten Fahrpreises verlangen kann. Steigt er eigenmächtig in eine höhere Wagenklasse ein, so hat er den doppelten Fahrpreis für die von ihm zurückgelegte Strecke nachzuzahlen, dabei mindestens 6 Mk. zu entrichten. Man entgeht dem, wenn man in dem berührten Falle sich vom Schaffner einen Platz in der höheren Wagenklasse anweisen läßt. Zurücknahme von Fahrkarten. Bei freiwilligem Rücktritt von der Fahrt wird die Fahrkarte vor oder unmittelbar nach Abgang des Zuges zurückgenommen. Ist sie schon durchlocht, so muß die Nichtbenutzung vom Stationsbeamten bescheinigt werden. Nachlösung von Fahrkarten. Reisende, die keine Fahrkarte haben lösen können und dies sofort dem Zugführer oder Schaffner melden, haben neben dem Fahrpreise einen Zuschlag von 1 Mk. oder den doppelten Fahrpreis, falls letzterer billiger ist, zu zahlen. — Wer auf einer Anschluß- station wegen Zugverspätung oder kurzer Übergangszeit keine Fahrkarte lösen kann, oder wer in demselben Zuge über die Station, nach der seine Karte gilt, hinausfahren will und dies vorher meldet, hat nur den gewöhn- lichen Fahrpreis nachzuzahlen. — Reisende in Schnellzügen, die über die Station, nach der ihre Karte gilt, hinausfahren wollen und dies vorher melden, haben auch den Schnellzugzuschlag nur einmal für die gesamte Schnellzugstrecke zu entrichten. Einrichtung der Züge. Es werden unterschieden Schnellzüge (zu denen die D-Züge und Luxuszüge gehören), Eilzüge und Personen- züge. Für die Benutzung von Schnellzügen wird ein besonderer Schnellzug- zuschlag erhoben. In den einzelnen Zügen gibt es verschiedene Klassen mit verschiedener Ausstattung und Preishöhe. Es sind zu zahlen für 1 km in der ersten Klasse 7 Pf., in der zweiten 40s Pf., in der dritten 3 Pf., in der vierten 2 Pf. k Der Schnellzugzuschlag stuft sich ab nach den Klassen und nach den Entfernungen. Er beträgt in der dritten Klasse bei einer Entfernung bis zu 75 km (Zone 1) 25 Pf., bis zu 150 km (Zone 2) 50 Pf., über 150 km (Zone 3) 1 Mk., in der ersten und zweiten Klasse das doppelte der eben angegebenen Sätze. Übergang in eine höhere Wagenklasse. Der Übergang in eine höhere Klasse ist auf der Abgangsstation und auf Unterwegsstationen — auch für eine Teilstrecke — gegen Lösung von Zusatzkarten gestattet. Beim Übergang in die nächst höhere Klasse haben zu lösen: Reisende mit ganzen Fahrkarten eine halbe Fahrkarte der Klasse, in die sie übergehen; Reisende mit halben Fahrkarten eine halbe Fahrkarte der Klasse, aus der sie 1 In Württemberg vom 1. Dezember 1909 an: 2,3 Pf.

3. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 14

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
14 o) Normaleichungskommission, zur Überwachung des Eichungswesens; x>) Gesundheitsamt, zur Vorbereitung der sanitären Gesetzgebung und zur Ausübung des Aufsichtsrechts über die öffentliche Gesundheitspflege; q) Patentamt; r) Reichsversicherungsamt, zur Beaufsichtigung der Genossenschaften sowie der Invalidenversicherung; s) Aufsichtsamt für Privatversicherungen; t) Physikalisch-technische Reichsanstalt, zur experimentellen Förderung der exakten Naturforschung; ix) Kanalamt in Kiel. 4. Das Reichsmarineamt, oberste Verwaltungsbehörde in sämt- lichen Marineangelegenheiten. 5. Das Reichsjustizamt, hat die auf die Rechtspflege bezüglichen Gesetzesvorlagen auszuarbeiten und die Ausübung der Gerichtsbarkeit in den Einzelstaaten zu beaufsichtigen. Unter ihm steht das Reichsgericht, welches den obersten Gerichtshof des Deutschen Reiches darstellt. 6. Das Reichsmilitürgericht, der oberste Gerichtshof in militär- gerichtlichen Angelegenheiten für das gesamte deutsche Bundesgebiet. 7. Das Reichsschatzamt, oberste Reichsfinanzen - Verwaltungs- behörde. Das Reichsschatzamt übt vom 1. Oktober 1909 ab die Verwaltung des Reichsinvalidenfonds aus, einer Summe von ursprünglich 561 Mill. Mk., die, aus der französischen Kriegskostenentschädigung ge- nommen, dazu bestimmt wurde, die Pensionsansprüche der Invaliden zu befriedigen, mit der nicht einwandfreien Einrichtung, daß mit dem Tode des letzten Invaliden der Fonds aufgebraucht sein sollte. Der Fonds ist zurzeit auf 127v2, nach Abzug von Schulden auf 80 Mill. Mk. zusammen- geschmolzen. 8. Der Rechnungshof des Deutschen Reiches, eine Abteilung der Königlich Preußischen Oberrechnungskammer in Potsdam, zur Führung der Kontrolle des gesamten Reichshaushalts und des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen. 9. Die Reichs bank, welche die Bestimmung hat, den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiet zu regeln, Zahlungsausgleichungen zu erleichtern und für die Nutzbarmachung verfügbarer Kapitalien zu sorgen. 10. Die R e ichs s ch uld en kommis sivn, zur Aussicht über die Reichsschuldenverwaltung. 11. Das Reichseisenbahnamt, Aufsichtsbehörde über sämtliche Eisenbahnen in Deutschland. 12. Das Reichsamt für die Verwaltung der Reichs- eisenbahnen, der dem Deutschen Reiche gehörenden Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen. 13. Das Reichspostamt, Verwaltungsbehörde für das Post- und

4. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 23

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
23 waltungsbehörde für die deutschen Bundesstaaten, mit Ausnahme der drei Königreiche Bayern, Württemberg und Sachsen, welche ihre eigenen Kriegs- ministerien haben. Im preußischen Kriegsministerium gibt es mehrere Abteilungen für die verschiedenen Truppengattungen; es gibt dort eine Gewehrprüfungs- kommission, eine Artillerieprüfungskommission, eine Abteilung für das Ver- pflegungswesen, für das Bekleidungswesen, eine Pensions-, Versorgungs- und eine Justizabteilung, Remontierungsinspektion, eine Medizinalabteilung. Dem Kriegsministerium untersteht die Generalinspektion des Militür- erziehungs- und Bildungswesens. 3. Das Finanzministerium — hat drei Abteilungen: 1. für das Etats- und Kastenwesen, 2. für die Verwaltung der direkten Steuern, 3. für die Verwaltung der indirekten Steuern und Zölle. 1. In der ersten Abteilung wird der Staatshaushaltsetat aufgestellt, d. h. die gesamten Einnahmen und Ausgaben des Staates werden berechnet, nachdem die einzelnen Ministerien für die ihnen untergeordneten Zwecke der Staatsverwaltung ihre Voranschläge zur Prüfung eingereicht haben. Die Überschüsse des einen Zweiges dienen dazu, den Mehrbedarf eines andern Etats zu decken. Der Staatshaushaltsetat bedarf der Genehmigung der drei gesetzgebenden Gewalten im preußischen Staat. 2. Das Finanzministerium hat die Verwaltung der Steuern, d. h. der Zwangsbeiträge zur Deckung der Bedürfnisse der Verwaltungsgemeinschafl Dem Finanzministerium sind unterstellt: a) Die Generallotteriedirektion zur Verwaltung der preußischen Staatslotterie, welche dem Staat eine Ein- nahme von etwa 9 Mill. Mk. einbringt; b) die Hauptverwaltung der Staatsschulden; c) die Seehandlung, 1772 von Friedrich dem Großen be- gründet zur Unterstützung des Seehandels, jetzt allgemeines Geld- und Handelsinstitut des preußischen Staates, diesem eine Einnahme von jährlich 4 Mill. Mk. gewinnend; d) die Zentralgenostenschaftskasse, zur Unter- stützung von Genossenschaften kleiner Landwirte und Handwerker dienend. 4. Das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (Kultusministerium). Dieses Ministerium hat die hohe Aufgabe, für die geistigen Güter der Bevölkerung zu sorgen, über die wichtigsten Einrichtungen des menschlichen Geisteslebens — in Religion, Kunst und Wissenschaft — hat es die Oberaufsicht bzw. Leitung. Die erste Abteilung besteht für die geistlichen Angelegenheiten, die zweite für das höhere und technische Unterrichtswesen und die Kunst, die dritte für das mittlere und niedere Schulwesen, die vierte für die Medizinalangelegen- heiten. Der zweiten Abteilung unterstehen die Universitäten (Akademien — das Lyceum Hosianum in Braunsberg) die technischen Hochschulen, die höheren Knaben- und Mädchenschulen. — Allgemeinen Wissenschaftszwecken dient die 1700 gegründete Akademie der Wissenschaften in Berlin sowie die

5. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 61

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
61 minister auf Widerruf vorläufig entlassen sind. Als Verschärfung einer Strafe kann das Gericht die Stellung jemandes unter Polizeiaufsicht an- ordnen. Sache der Polizei ist die Aufrechterhaltung der Sicherheit der Person, des Eigentums, der Ruhe und Ordnung. Kann sie dies nicht aus eigener Kraft erreichen, so kann sie die Hilfe des Militärs in Anspruch nehmen. Polizei und Militär sind berechtigt, im äußersten Falle von der Waffe Gebrauch zu machen. Anmeldung bei der Polizei ist vorgeschrieben für Reisende bei Über- nachten in Gasthäusern, ferner sind sämtliche Wohnungsveränderungen an- zuzeigen: An-, Um- und Abmeldungen. Bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not hat jedermann den Anordnungen der Polizei Folge zu leisten. — Die Polizei hat hinsichtlich der Ordnung an gesetzlichen Feiertagen ein besonderes Augenmerk auf die Jnnehaltung der gesetzlichen Bestimmungen über Einschränkung des Gewerbe- betriebes zu richten, ferner hat die Polizei die Aufsicht über das Gastwirt- schaftswesen — die Jnnehaltung der Polizeistunde, die Beobachtung der Polizeiverbote einer Verabreichung von alkoholischen Getränken an Trunken- bolde sowie an Schüler. Die Polizei hat Tierquälereien zu hindern oder zu bestrafen. — Gefundene Gegenstände sind in dem Falle bei der Polizei abzuliefern, daß der Name oder Wohnort des Finders unbekannt ist und der Wert über 3 Mk. beträgt, oder aus Verlangen der Polizeibehörde. Der Finder kann von dem Empfangsberechtigten einen Finderlohn beanspruchen. Dieser beträgt von dem Wert einer Sache bis zu 300 Mk. 5°/o, von dem Mehrwert 1 ü/o, bei Tieren 10 o. Hat die Sache nur für den Empfangs- berechtigten einen Wert, so ist der Finderlohn nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Ministerium für öffentliche Arbeiten hat die Oberaufsicht über die Baupolizei (für den Hochbau). Polizeilicher Art sind die Bau- ordnungen, die von verschiedenen Behörden erlassen werden können. Sache der Ortspolizeibehörde ist die Genehmigung von Neu- und Umbauten (Bau- erlaubnis). Diese ist abhängig von Rücksichten auf die öffentliche Ruhe und Ordnung (den Verkehr), die Sicherheit der Allgemeinheit wie der Be- wohner (Standfestigkeit des Baues, Feuersicherheit, Bewohnbarkeit ohne Gesundheitsschädigung) sowie auf Schönheit. Jede Verunstaltung oder Be- einträchtigung der Eigenart eines Orts- oder Straßenbildes durch häßliche oder nicht paffende Bauten, auch durch Reklameschilder und dergleichen ist zu verbieten. Für einzelne Straßen, Villenviertel und ganze Ortschaften kann eine bessere landhausmäßige Bauweise gefordert werden. Durch Orts- statut können ferner Bebauungspläne, Straßen- und Baufluchtlinien fest- gesetzt werden. Zur polizeilichen Befugnis gehört endlich die Überwachung der Bauausführung und die Beaufsichtigung bereits bestehender Gebäude. In gefahrdrohendem Zustande befindliche Baulichkeiten müssen auf polizei- liche Aufforderung ausgebessert oder niedergerissen werden.

6. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 62

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
62 Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten hat auch die Oberaufsicht über die Wegepolizei. Diese umfaßt: a) die Sorge für die ordnungsmäßige Herstellung und Erhaltung der Wege durch die Pflichtigen; b) den Schutz der Wege und des Verkehrs auf diesen. Von der Wegepolizei verschieden ist die Chausseepolizei, die unter anderem für Lastfuhrwerk bei Benutzung der Chausseen eine mit dem Ge- wicht der Ladung zunehmende Breite der Radfelgen vorschreibt. Die Chausseepolizei wird durch besondere Chausseeaufseher ausgeübt. Die Straßenpolizei trägt den besonderen Verhältnissen in be- wohnten größeren Ortschaften Rechnung. Ix. Die Sorge für die öffentliche Gesundheit. 8 40. Maßnahmen des Reichs auf dem Gebiete des Gesundheits- wesens. Eine Abteilung des Reichsamts des Innern ist, wie wir gesehen haben, das Reichsgesundheitsamt. Es untersteht dem Reichskanzler in der Vorbereitung der Gesetzgebung und in der Ausübung des Aufsichtsrechts auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege. Ferner bearbeitet es die Medizinal- und Veterinärstatistik Deutschlands. Eine Reihe von wichtigen Gesundheitsgesetzen ist durch das Reich gegeben. In den einzelnen Bundesstaaten sind zu diesen Reichsgesetzen noch viel- fach ergänzende Aussührungsbestimmnngen erlassen, abgesehen von anderen notwendigen Gesetzen, die noch nicht durch das ganze Reich einheitlich geregelt sind. Von besonderer Wichtigkeit ist das Reichsgesetz betr. die Be- kämpfung gemeingefährlicher Krankheiten: Aussatz «Leorasi Cholera, Fleck- sieber, Gelbsieber, Pest und Menschenpocken. Jeder eintretende Seuchenfall muß unverzüglich zur Kenntnis der Polizeibehörde gebracht werden (Anzeige- pflicht), welche sofort die nötigen Schutzmaßregelu (Absperrungs- und Auf- sichtsmaßregeln) trifft. Als wertvollstes Schutzmittel gegen Menscheupocken wird — 1796 von dem englischen Wundarzt Ed. Jenner (4749—1823) zuerst angewandt — die Schutzimpfung mit Kuhpockenlymphe vorgenommen. Im Deutschen Reiche besteht seit dem 1. April 1875 der Impfzwang. Jedes Kind soll in dem auf sein Geburtsjahr folgenden Kalenderjahr und später noch einmal in dem Kalenderjahr, in welchem es 12jährig wird, geimpft werden. Eine Zwangsimpfung findet ferner statt für jeden Mann nach seinem

7. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 65

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
65 Rotz, Rückfallfieber ober Typhus erwecken, so ist die Schule unverzüglich zu schließen, falls die erkrankte Person nach dem Gutachten des Kreisarztes weder in ihrer Wohnung wirksam abgesondert, noch in ein Krankenhaus oder einen anderen geeigneten Unterkunftsraum übergeführt werden kann. In Ortschaften, in denen Cholera, Diphtherie, Fleckfieber, Gelbfieber, übertragbare Genickstarre, Keuchhusten, Masern, Mumps, Pest, Pocken, Röteln, Rückfallfieber, übertragbare Ruhr, Scharlach oder Typhus in epi- demischer Verbreitung auftritt, kann die Schließung von Schulen oder einzelnen Schulklassen erforderlich werden. Die angeführten, für die Schulen erlassenen Vorschriften haben auch für Erziehungsanstalten, Kinderbewahranstalten, Spielschulen, Warteschulen, Kindergärten, Krippen und dergleichen entsprechende Geltung. Zur Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen ist ein höchst wichtiges Reichsgesetz im Jahre 1880 erlassen worden (1894 abgeändert). War schon 1867 ein Gesetz über Maßregeln gegen die 1879 in Deutschland erloschene Rinderpest gegeben, so wurden die reichsgesetzlichen Vorschriften nunmehr ausgedehnt gegen einige andere Viehseuchen. Die hauptsächlichsten davon sind in Deutschland Milzbrand, Tollwut, Pferderotz, Maul- und Klauen- seuche, Rindertuberkulose — nach Untersuchung des Reichsgesundheitsamts (1901) sind ca. 25 °/o aller Rinder in Deutschland tuberkulös —, Schweine- pest, Rotlauf der Schweine, Geflügelcholera. Als einziges wirklich erfolg- versprechendes Mittel gegen die weitere Ausbreitung einer Viehseuche hat sich erwiesen die sofortige Tötung des erkrankten und verdächtigen Viehs Verbrennung des Kadavers. Der Wert des getöteten Tieres wird von der Gesamtheit ersetzt (von rotzkranken Pferden drei Viertel, von lungenseuchen- krankem Rindvieh vier Fünftel des Wertes). Der durch Maul- und Klauen- seuche im Jahre 1892 verursachte Schaden betrug 150 Mill. Mk. Mildere Maßregeln sind Gehöfts-, Ortschafts-, Schulsperren. Auf den Menschen übertragbar und deshalb besonders gefährlich sind Milzbrand, Tollwut Rotz, Maulseuche, Tuberkulose und Geflügeldiphtherie. Das Reichsgesetz betr. Schlachtvieh- und Fleischbeschau verfügt die Fleischkontrolle vor bzw. nach der Schlachtung, wenn derjenige, der ein Schlachttier schlachtet oder schlachten läßt, das Fleisch zum Genuß für Menschen außerhalb seines eigenen Haushalts verwenden will. Nach der Untersuchung wird das Tier für „tauglich", „bedingt tauglich" oder „un- tauglich" erklärt. Das Gesetz über den Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln soll der Fälschung dieser entgegenwirken, ebenso ist der Handel mit Kunstbutter (Margarine), mit künstlichen Süßstoffen (Saccharin), mit Wein reichsgesetzlich geregelt, und durch Reichsgesetz über den Petroleumverkauf, über den Ver- kehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, über die Verwendung gesund- heitschädlicher Farben, z. B. bei Spielwaren, Tapeten, Geschirren, durch Knoke, Bürgerkunde. 5

8. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 66

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
66 Einschränkung des Handels mit Giften wird sanitätswidrigen Handlungen gewissenloser Geschäftsleute begegnet. § 41. Das Ärztewesen. Durch Reichsgesetz ist ferner die Heranbildung eines wichtigen Berufs- standes, des Ärztestandes, geregelt worden. Zwar ist die Ausübung der Heilkunde im allgemeinen jedermann in Deutschland freigegeben, aber als Arzt darf sich nur bezeichnen und rechtsgültig darf ärztliche Handlungen nur vornehmen, wer die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden und die staatliche Approbation (Genehmigung) erhalten hat; er heißt dann appro- bierter Arzt, wenn praktisch tätig, praktischer Arzt. Frauen sind seit 1900 zum ärztlichen Beruf zugelassen. Die Ärzte haben völlige Niederlassungs- freiheit; diese Freiheit hat den Übelstand im Gefolge, daß nach bevorzugten Orten sich eine große Anzahl von Ärzten zusammendrängt, die dann durch- aus nicht immer eine auskömmliche Einnahme haben; so hatten z. B. in Berlin 80 °/o aller Ärzte 1894 nur ein Einkommen unter 3000 Mk. Die Gebühren für ärztliche Handlungen sind in den verschiedenen Bundesstaaten durch besondere Taxen geordnet, welche dem Arzt einen ge- wissen Spielraum in der einzelnen Festsetzung des Honorars, je nach der Vermögenslage des behandelten Patienten, gewähren. Die früheren Bestimmungen, welche den Ärzten unter Androhung von Strafe einen Zwang zu ärztlicher Hilfe auferlegten, sind durch § 144 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich aufgehoben. Es besteht für den Arzt nur, wie für jeden anderen Menschen in Deutschland, die Bestimmung des § 360, 10 des Reichs - Strafgesetzbuches, daß mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder mit Haft bestraft wird, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Rot, von der Polizeibehörde oder deren Stellvertreter zur Hilfe aufgefordert, keine Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne erhebliche eigene Gefahr genügen konnte. § 42. Das Apothekenwesen. Zu den Maßnahmen des Reiches auf dem Gebiete des Gesundheits- wesens gehört auch die Gesetzgebung und Aufsicht über die Herstellung und den Einzelverkauf von Arzneimitteln in den Apotheken. Apotheker kann nur werden, wer nach Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen staatlich approbiert worden ist. Ohne weiteres können auch Frauen den Apotheker- beruf ergreifen (seit 1899). Für die Zulassung zur Apothekerlaufbahn wird die Reife für Prima einer höheren Lehrvollanstalt verlangt; in diesem Falle dauert die praktische Ausbildungszeit, mit der die Vorbereitung auf den Beruf beginnt, drei, sonst bei Absolvierung des Abiturientenexamens nur zwei Jahre. Rach einer Vorprüfung folgt eine einjährige Gehckfenzeit,

9. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 76

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
76 Klasse I bis zu 350 Mk. einschließlich, „ H von mehr als 350 Mk. bis zu 550 Mk., „ Iii von mehr als 550 Mk. bis zu 850 Mk., „ Iv von mehr als 850 Mk. bis zu 1150 Mk., „ V von mehr als 1150 Mk. An wöchentlichen Beitrügen waren bisher zu zahlen: in Lohnklasse I 14 Pf., Ii 20 „ v „ Hi 24 „ „ „ Iv 30 „ V 36 .. sind demnächst zu zahlen 16 Pfg., 24 „ 30 „ 38 „ 46 .. Diese Beiträge, die zur Hälfte vom Arbeitgeber, zur Hälfte vom Arbeit- nehmer aufzubringen sind, werden in der Form von Versicherungsmarken, die in eine Quittungskarte einzukleben sind, entrichtet. Invalidenrente erhält derjenige Versicherte, der dauernd erwerbsunfähig ist, d. h. dauernd weniger als ein Drittel seines bisherigen Einkommens verdient; er erhält sie nach Zurücklegung der vorgeschriebenen Wartezeit (von 200 Beitragswochen, wenn mindestens 100 Beiträge auf Grund der Versicherungspflicht geleistet worden sind, sonst von 500 Beitragswochen). Altersrente erhält ohne Rücksicht auf das Vorhandensein von Erwerbs- unfähigkeit derjenige Versicherte, welcher das 7o. Lebensjahr vollendet hat. Voraussetzung dabei ist, daß er für 1200 Wochen Beiträge gezahlt hat. (Wird eine versicherungspflichtige Tätigkeit über das 70. Lebensjahr hinaus fortgesetzt, so müssen die regelmäßigen Beiträge weiter entrichtet werden.) Die Rente wird in der Weise berechnet, daß zunächst ein bestimmter Jahressatz genommen wird. Dieser Jahressatz besteht aus einer Geldleistung der Versicherungsanstalt und einem Zuschuß des Reiches. Letzterer beträgt für jede Rente ohne Unterschied 50 Mk. Der von der Versicherungsanstalt aufzubringende Teil der Altersrente beträgt: in Lohnklasse I „ Ii „ Iii „ iv V 60 Mk. 90 „ 120 „ 150 „ 180 .. Hat jemand Marken verschiedener Lohnklassen geklebt, so wird der Durchschnitt der den Beträgen entsprechenden Rente gewährt. Sind mehr als 1200 Beitragswochen nachgewiesen, so werden die 1200 Beiträge der höchsten Lohnklasse gerechnet. Danach erhält jemand, der sein 70. Lebensjahr vollendet hat, jährlich in Lohnklasse I—v 110, 140, 170, 200, 230 Mk. Bei der Invalidenrente beträgt die Leistung der

10. Deutsche Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre - S. 122

1911 - Frankfurt am Main : Diesterweg
122 lichen Einheit gerichteten Bestrebungen haben in Deutschland zunächst nur teilweisen Erfolg gehabt: in den Einzelstaaten, den Territorien, nicht in An- sehung des Deutschen Reiches als eines Ganzen. Die Regierungen der Einzel- staaten sahen im 16. bis 18. Jahrhundert ihre Aufgabe darin, die ver- schiedenen Landesteile zu einem wirtschaftlichen Ganzen zu verschmelzen, die besonderen Kräfte der einzelnen Wirtschaftsgruppen zum Vorteil des Gesamtstaates auszunutzen, diese anderen Staaten gegenüber wirtschaftlich selbständig zu machen, den Güterverkehr mit dem Auslande je nach Schätzung des Gewinnes oder des Verlustes für das eigene Land entweder fördernd oder hemmend, bzw. hindernd zu leiten. Die Maßregeln zur Durchführung dieser Aufgaben faßt man gewöhnlich unter der Bezeichnung Merkantil- system zusammen. Solche Maßregeln sind: Einführung eines einheitlichen Maß-, Gewichts- und Münzsystems, Aufhebung der Binnenzölle, Bau von Land- und Wasser- straßen, Förderung der in einem bestimmten Landesteil möglichen Industrien durch Geldunterstützung oder durch Erteilung von Monopolen, Erleichterung der Einführung der für die einheimische Industrie notwendigen aus- ländischen Rohstoffe, Begünstigung von Exportindustrien, Erschwerung oder Ausschließung der Einfuhr von Konkurrenzprodukten ausländischer Boden- wirtschaft und Industrie, der Ausfuhr von heimischen Urerzeugnissen durch Schutz- und Prohibitivzölle, bzw. durch Ausfuhrzölle und Ausfuhrverbote. Das Streben des Merkantilsystems ist: möglichst wenig vom Ausland zu beziehen, umgekehrt möglichst viel auszuführen, um auf diese Weise zu erreichen, daß das Geld möglichst im Lande bleibt und sich möglichst durch fremdes Geld vermehrt. Dem steht gegenüber das Bedürfnis des Volkes nach Produkten, die nur im Auslande zu gewinnen sind; dieser merkantilen Schwierigkeit ist abgeholfen, wenn man im Besitz von solchen überseeischen Ländern ist, welche die als Bedürfnis empfundenen Kolonialwaren zu liefern vermögen. Die Kolonien werden in die wirtschaftliche Einheit einbezogen, durch fest bestimmte Vorschriften wird ihre Stellung innerhalb dieser Einheit aufs genaueste geregelt, sie liefern dem Mutterlande ihre Rohprodukte, während dieses dort ein Monopol seiner gewerblichen Produkte durchführt — „Kolonialsystem". Das Gebiet, auf welches sich die Volkswirtschaft im Gegensatze zu der Stadtwirtschaft erstreckt, ist ein so umfangreiches, daß schon aus räum- lichen Gründen ein allgemeiner direkter Verkehr zwischen Produzenten und Konsumenten zur Unmöglichkeit wird. Daraus ergibt sich, daß die Ver- mittlung der wirtschaftlichen Güter eine besondere Rolle auf dieser Stufe spielen wird. Der Handel nimmt einen ungeheuren Aufschwung. Die Aussicht auf Gewinn aus dem Handel reizt den Unternehmer dazu an, möglichst viel eigenes Handelskapital anzulegen, und reizt andere Personen, durch Darbietung von Leihkapital Beteiligung am Gewinn
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