Die Germanen.
5
Götter mehr in der Haltung von Heroen auftraten. Glau-e und
Kult der Germanen mußten sich wie bei den Hellenen mannigfach
gestalten, da sie weder einen organisierten Priesterstand wie die Gallier
in den Druiden, noch heilige Bücher besaßen.
Die germanische Religion hat viele Anklänge an die Religion der
Inder, Perser und Griechen und zeigt gleich diesen eine fortschreitende
Trübung des religiösen Bewußtseins.
§ 10. Der erste Gott, der „Allvater", „der Mächtige von Die einzel-
oben her", schafft die Welt, gestaltet sie aus dem Chaos und durchdringt ne'oftm***
sie mit seinem Wirken; sein Auge ist die Sonne, das Firmament sein
Mantel, das Gewölke sein Hut; aber später ist er zur Personifikation
der Sonne und zum Götterhelden Wuotan (Wodan, nordisch Odin)
geworden und erscheint mit sehr menschlichen Eigenschaften ausgestattet;
von ihm stammt das Geschlecht der guten Götter.
Die Welt besteht aus der von den Menschen bewohnten Erde,
Midgard, die vom Meere umflossen ist, auf dessen Grunde sich die
Midgardsschlange windet; im Süden liegt Muspelheim, die
Feuerwelt, wo Surtur mit seinen Söhnen herrscht, im Norden
Jötunheim, die Wohnung der Eisriesen, Niflheim und die Woh-
nung der Hel a (der germanische Tartarus) mit Reif, Eis, Schnee
und kaltem Gewässer. Wie der griechische Zeus mit den Göttern auf
dem Olymp thront, so Odin mit seinen göttlichen Kindern, den Äsen Die Asm.
(d. h. Glänzenden), in Asgard; mit ihnen regiert er die Natur
und die Menschenwelt und schützt sie gegen die feindlichen Mächte, die
aus Nord und Süd mit erstarrender Kälte oder sengender Glut an-
drängen. Odin weiß alles und sieht alles, er verleiht Weisheit und
Herrschersinn, sowie den Sieg in der Schlacht. Neben ihm treten be-
sonders Donar (nordisch Thor) hervor, der Wettergott, welcher mit Donar,
dem geschleuderten Donnerhammer die Eisriesen zerschmettert und
warme, fruchtbare Witterung gibt; Balder, der schönste, weiseste Baldur,
und sanfteste Sohn Odins, den tückische Feindschaft tödtet (wie Osiris
und Dionysos), die Sonne des nordischen Frühlings und Sommers;
Tyr, Ziu oder Erik, der Kriegsgott, Freia, die nordische Aphrodite. 2*».
Schicksalsgöttinnen sind die Nornen, welche, unter der Esche Agdra- Nomen,
sil an Urdas (des Werdens) Brunnen sitzend Schicksal und Lebens-
dauer des Menschen bestimmen, die W alkyren, Odins Töchter, eilen Wattyrm.
zu Rosse auf das Schlachtfeld, und wählen die Männer aus, die im
Kampfe fallen sollen. Die Gewässer sind von Necken und Nixen Nixen,
bewohnt, welche der Zukunft kundig sind; im Innern der Erde schaffen
kunstreiche Zwerge (Schwarzalfen), und auf der Oberwelt walten Zwerge,
mannichfaltige gute Genien (Lichtalfen, Elfen).
§ 11. In Asgard ist Odins hoher Heldensaal Walhalla, er- Die Wal-
richtet aus Speeren, gedeckt mit goldenen Schilden, mit 450 Thoren,
durch welche die auf den Schlachtfeldern Gefallenen eintreten. Hier
schmausen sie mit Odin und den Äsen von dem Eber, der immer wieder
nachwächst, trinken Meth, lauschen den Heldenliedern, ziehen aus zum
Kampfe, vom Kampfe wieder zum Schmause (denn die Erschlagenen
leben alsbald wieder auf) und ruhen die Nacht hindurch, bis der Hahn
mit dem Goldkamme sie zu neuer gleicher Luft weckt. Die gestorbenen
Arbeiter nimmt Thor auf, die Frauen Frigga, Odins Gemahlin,
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
6 Geschichte des Mittelalters.
die Feiglinge und Bösewichter sammelt Hela in ihre schauerlichen
Räume.
Das Welt- 8 12. Doch währt diese Weltordnung nicht ewig, einmal kommt
enve. Ende; vorher gehen drei Winter ohne Sommer, drei Jahre voll
Krieges; Brüder bekämpfen sich, Verwandte zerreißen die Bande des
Bluts; es ist die Zeit der Eidbrüche, des Beils, des Schwerts, der
Stürme, des Mordes, des Schildekrachens. Dann werden die Feinde
der Äsen los, sie ziehen gegen Asgard; Odin, die Äsen und die Helden
der Walhalla ihnen entgegen; es erfolgt ein Kampf, in welchem sich
alle gegenseitig vernichten. Die Welt aber ist von Surturs Flammen
ergriffen und versinkt in das Meer; doch entsteht sofort eine neue
schönere Welt.
Orte der § 13- Nach Tacitus hatten die Germanen eben so wenig Tempel
Götterbilder, sondern nur heilige Stätten in Wäldern, wo sie den
e rung. Opfer und Verehrung darbrachten; dies ist jedoch nur theil-
weise richtig, denn es gab auch einzelne Tempel und Bilder. Die
Feste, die in den Sommer und das Frühjahr fielen, wurden im Freien
mit Opferflammen, Reigen und Schmaus gefeiert, woran noch heute
manches erinnert (der Funkensonntag, die Ostereier, der Hahnentanz,
die Johannisfeuer re.).
Priefier und § 14. Einen Priesterorden wie die gallischen Druiden gab es
bei den Germanen zwar nicht, doch wurden die Opfer bei den Stammes-
sesten auf den heiligen Stätten von Priestern dargebracht; diese er-
forschten auch den Willen der Götter, z. B. aus dem Wiehern heiliger
Rosse, aus dem Opferblute, übten in den Volksversammlungen eine
Art Strafgewalt und scheinen den edelsten Familien angehört zu haben.
Die Opfer bestanden aus Früchten und Thieren, doch wurden auch
Menschen- Menschen geopfert, namentlich gefangene Feinde. Indessen konnte
opn' jeder Hausvater opfern und die Zukunft erforschen, denn es gab
maunichfaltige Vorzeichen, indem Wolf, Rabe, Kuckuck, Adler rc. und
andere Thiere in Beziehung zu Odin oder andern Göttern gedacht
wurden, auch die Naturereignisse wie bei allen heidnischen Völkern als
Vorbedeutung von Begebenheiten im Kreise des Menschenlebens auf-
Gnind^dcr wurden. Die Germanen glaubten überdies, daß dem weiblichen
Frauenver- Geschlechte die Gabe der Weissagung vorzugsweise zu Theil werde,
khrunz. daher gab es in allen Stammen weissagende Frauen, von denen
Weleda (Th. I. S. 189) am berühmtesten ist.
8 15. Tacitus beschreibt eine besondere Art die Zukunft zu er-
forschen: der Hausvater oder Priester nimmt abgeschnittene Baum-
zweige, bezeichnet sie mit Einschnitten und streut sie über ein weißes Tuch
hin; hierauf hebt er unter Gebet einen Zweig nach dem andern auf und
deutet sie nach den darauf befindlichen Zeichen. Diese Zeichen, glaubt
Runenschrift, man, seien Runen, d. h. altgermanische Buchstaben gewesen (von Ruva,
Geheimnis daher das noch heute gebräuchliche raunen); sie bestanden
aus einzelnen Strichen, welche man auf einem senkrechten Grundstrich ge-
wöhnlich in schiefer Richtung führte und wurden mit dem Worte benannt,
dessen erster Buchstabe sie waren, z. B. Js (d. h. Eis) — i, Birke — b.
Man hält die Runen für eine Nachbildung der phönikisch - griechischen
Schrift, ist aber noch nicht ganz mit ihnen im Klaren; sie wurden nach
der Einführung des Christenthums durch die lateinische Schrift ver-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
8
Geschichte des Mittelalters.
Grabhügel geborgen. Doch war auch die eigentliche Beerdigung
üblich (auf Schlachtfeldern sogar nothwendig, wenn man die Leichen
der Stammgenossen nicht den Wölfen und Raben überlassen wollte)
und es ist kaum glaublich, daß die den unteren Standen Angehörigen
der Ehre eines Leichenfeuers und Grabhügels für würdig gehalten
wurden.
Friedliche Z 19. Die Arbeiten in Haus und Feld überließen die Ger-
^ungn!!* manen den Weibern und Leibeigenen. Ihre Wohnungen waren kunst-
lose große Hütten; eigentliche Städte gab es keine, wohl aber ver-
schanzte Plätze, doch blieben die großen von Bächen, Teichen und
Sümpfen durchschnittenen Wälder die Hauptfestungen der Germanen.
Ackerbau. Ihr Ackerbau war sehr unvollkommen, mit mehrjähriger Brache;
man baute Haber, Weizen und Gerste, aus welcher Bier bereitet
Viehzucht, wurde. Von größerer Bedeutung war die Viehzucht, daher wurde
der Reichthum eines Mannes nach seinem Viehstande geschätzt, auch
wurden die Strafen in Vieh abgetragen. Viehzucht setzt Wiesenbau
voraus mit seinen verschiedenen Arbeiten, sowie Schuppen zur Aufbe-
wahrung des Heus, so daß wir zu der Annahme berechtigt sind, die
Germanen wären ohne die fortdauernden Kriege und Wanderungen in
Bälde zu einem civilisierten Leben übergegangen. Von eigentlichem
Gewerbe. Gewerbe konnte natürlich keine Rede sein; die Frauen spannen und
woben Flachs und zierten ihr Gewand mit einem rothen Saume; auch
Kleidung. Wolle wurde verarbeitet, denn das gewöhnliche Kleid der Männer be-
stand aus einer Art wollenem Mantel. Auch Thierfelle dienten als
Kleidung; eng anliegende Kleider, wie die Gallier, trugen nur die Vor-
nehmen. Die Kunst die Felle zu gerben, scheint den Germanen unbe-
kannt gewesen zu sein, sonst würden sie ohne Zweifel Helm, Schild und
Panzer aus Leder verfertigt haben. Denn sie hatten keinen Bergbau auf
Mangel an Eisen, und eiserne Waffen außer dem Speere und Wurfspieße waren
bei ihnen nach dem Zeugnisse des Tacitus sehr selten, daher müssen
auch die Werkzeuge für den Ackerbau sehr unvollkommen gewesen sein.
In Gallien bauten die Biturigen auf Eisen, das norische war bei den
Römern hochberühmt, es ist aber sehr zu bezweifeln, ob die Römer die
Ausfuhr desselben nach Germanien gestatteten. Die Germanen konnten
es also nur schwer erhalten und wahrscheinlich nur gegen Felle und
Vieh eintauschen; denn was hatten sie sonst anzubieten?
Der germanische Staat.
Die gemei- § 20. Der Kern eines germanischen Volkes bestand aus den ge-
nen Freien, meinen Freien ; nur der Freie hatte echtes Grundeigenthum und
volles Recht. In die Reihe der vollberechtigten Männer wurde der
herangewachsene Sohn eines Freigeborneu durch feierliche Wehrhaft-
machung (die spätere Schwertleite bei dem hohen Adel) ausgenom-
men; als Mitglied einer Verwandtschaft (Sippe) stand er jetzt in deren
Schutz und war seinerseits zur Vertheidigung und Rache jedes Ge-
nossen verpflichtet.
Diege- § 21. Die Gemeinde war eine Genossenschaft freier Männer,
metnde. die eine abgegränzte Fläche von Grund und Boden (Mark) als Eigen-
thum besaßen. Sie wohnten entweder in Einzelnhöfen und hatten ihren
Antheil an dem urbaren Boden durch Gehäge oder Gräben getrennt,
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König]]
24
Geschichte der alten Welt.
ehrten sie den Baal (d. h. Herr, Baalsamin, d. h. Herr des Himmels),
welcher in der Segen und Fruchtbarkeit spendenden Sonne sich offenbart;
ihm steht Moloch (d. h. König) als Vernichter gegenüber, die ver-
sengende Sonnengluth, den man mit Menschenopfern, besonders von
Knaben aus vornehmen Familien versöhnte. Dem Baal entsprach die
Göttin A sch era, die lebengebende Erdmutter, welcher Wiesen, Bäume,
Quellen und einzelne Thiere, z. B. Tauben und Fische geweiht waren;
ihr Dienst war ein sehr unzüchtiger; dem Moloch die Ast arte
(Astaroth), die Mondgöttin, als Kriegerin dargestellt, welcher Menschen-
opfer, jedoch nicht so häufig wie dem Moloch, dargebracht wurden.
Eine andere Form des Sonnengottes verehrten die Tyrier in Mel-
karth (d. h. Stadtkönig); dieser erscheint als der die Welt umwandernde
Held, welcher zuletzt immer über feindliche Mächte siegt und triumphie-
rend zurückkehrt. Er hatte, wie in Tyruö, so auch in dem fernen Gades
einen prachtvollen Tempel; die Griechen glaubten in ihm ihren Herakles
(Herkules) zu erkennen und nannten darum die Vorgebirge an der gadi-
tanischen Meerenge die Säulen des Herakles.
Der Stamm der Gibliter (Byblus und Berytus) hatte eine eigene
Adoniöfeler. Festfeier, die sich in der Folge besonders nach Griechenland verbreitete;
sie verehrten den Adonis (Adonai, d. h. Herr), gleichfalls eine Form
des Sonnengottes, des jugendlichen, der im Frühlingsschmucke der Natur
erscheint, aber durch die sengende Hitze des Sommers getödtet wird;
dann wird er besonders von den Weibern mit lautem Wehklagen be-
trauert, sein Wiederaufleben aber mit eben so ausschweifender Freude
gefeiert.
Außer diesen Göttern verehrten die Phönikier die Planeten und die
anderen Gestirne, sowie verschiedene Genien untergeordneten Ranges.
Handel und Gewerbe.
§ 63. Nach der Bibel sind die phönikischen Stämme chamiti-
schen Ursprungs, sie müssen aber frühe mit Semiten verschmolzen sein,
da alle phönikischen Namen dem semitischen Sprachstamme angehöreu.
Das von ihnen bewohnte Küstenland hat ein treffliches Klima; die
Ebene ist von Bächen und Quellen, welche von dem gegen 9000'
Höhe ansteigenden Libanon genährt werden, reichlich bewässert und deß-
wegen von ausgezeichneter Fruchtbarkeit; auf den Abhängen des Ge-
birges gedeihen Feigen und anderes Obst neben den edelsten Reben,
die Gebirgsrücken und Hochthäler aber waren ehedem mit Cedern und
Cypressen bewaldet. Das Meer ist reich an Muscheln und Fischen,
daher trieben die Anwohner frühe Fischerei, wie denn auch der Stamm
der Sidonier von diesem Geschäfte benannt ist. Aus Fischern wurden
Schifffahrt, sie Seefahrer und Kaufleute, ein eigentliches Handelsvolk, das zu-
gleich einen großartigen Gewerbsfleiß entfaltete und durch seine Kolonien
eine Ausbreitung gewann, wie wenige Völker der alten Welt. Die
Lage Phönikiens war freilich eine außerordentlich günstige; das Mittel-
meer diente als große freie Straße nach allen seinen Inseln und Küsten-
ländern in Asien, Europa und Afrika, während der Euphrat den Weg
nach Babylon und an den persischen Meerbusen wies, wo die Erzeug-
nisse Indiens, Arabiens und der westafrikanischen Küstenländer ihre
Stapelplätze hatten.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Ortsnamen: Mel- Tyruö Byblus Griechenland Asien Europa Afrika Indiens Arabiens
Die ältesten Staaten.
15
ten selbst bedrohten. Diesen unterlag es zwar vorerst noch nicht, aber
die Jahre seiner nationalen Selbstständigkeit waren gezahlt.
Der ägyptische Staat.
§ 38. Nach den ältesten Denkmälern und Nachrichten erscheint der
ägyptische Staat und das ganze Wesen des Volkes so ausgebildet,
daß es seitdem sich fast so wenig änderte, als die Natur seines Landes.
Der König gebietet über Land und Volk nach seinem Willen, er nennt
sich Gott und Göttersohn und empfängt göttliche Ehren von allem Volke.
Dieses ist in erbliche Klassen eingetheilt: Priester, Krieger, Ninderhir- Bslköklaffen.
ten, Sanhirten, Gewerbsleute, Dolmetscher, Schiffer, wie der Grieche
Herodot aufzählt, während andere nur fünf Klassen kennen: Priester,
Krieger, Ackerbauer, Hirten und Gewerbsleute. Diese erbliche Klassen
waren jedoch keine eigentliche Kasten wie die indischen, denn es fanden
Wechselheirathen unter denselben statt, von denen nur die Sauhirten aus-
geschlossen waren; auf den Denkmälern werden Priester als Statthalter
und Hauptlcute angeführt, Schiffer und Gewerbsleute erscheinen als
Krieger, und überdies konnte der König selbst ausländische Sklaven
zum höchsten Range erheben, wie aus der Geschichte des Patriarchen
Joseph bekannt ist.
§ 39. Der vornehmste Stand waren die Priester, jedoch nicht in Der Prie-
der Weise, daß ihre Würde heiliger gewesen wäre, als die des Königs, denn stcrstand.
der König war mehr als jeder Oberpriester, er war ein Gott, der in einem
Tempelpalaste wohnte, dem die Priester wie einem Gott opferten und
dienten. Die höchsten Staatsämter waren in der Regel mit Männern
priesterlichen Geschlechts besetzt, während andere die eigentlichen prie-
sterlichen Dienste in den Tempeln des Landes versahen. Das Priester-
kollegium an einem Haupttempel war in mehrere Abtheilungen oder
Stufen geschieden, denn der ägyptische Kult war ein außerordentlich
mannigfaltiger und erforderte viele Hände; daher war die Priesierschaft
sehr zahlreich und hatte einen großen Grundbesitz. Auch die Aerzte,
die Horoskopen oder Astrologen, die Architekten und Schreiber, die
Leute, welche die Mumisirung und Bestattung der Leichen besorgten,
gehörten als untere Rangstufen zum Priesterstande.
§40. Die Krieger waren an der nubischen Gränze, in ihrer Dcr Krie-
Hauptmasse aber in Unterägypten angesiedelt, weil diese Landschaft am gcrstand.
meisten den Anfällen der syrischen und arabischen Stämme ausgesetzt
war. Jeder Kriegerfamilie war ein steuerfreies Stück Land von un-
gefähr sieben Morgen angewiesen ; dafür zogen die Männer auf Befehl
des Königs in den Krieg, oder dienten, wenn sie die Reihe traf, in den
Gränzplätzen und in der königlichen Leibwache. Die alten Pharaonen
hatten keine Reiterei, sondern sie selbst und die Vornehmen fochten von
Streitwägen herab, die gemeinen Krieger zu Fuße; Hauptwaffe waren
Pfeil und Bogen.
§ 41. Da der König ein Drittheil alles Bodens, ein Drittheil die
Tempel und die Priesterschaft, ein Drittheil die Krieger besaßen, so können
die Ackerbauer nur erbliche Pächter oder Taglöhner und Knechte gewe- Bauern und
sen sein; dasselbe war aus dem gleichen Grunde der Fall bei den Hirten. Hlrien.
Ackerbau und Viehzucht wurden indessen vortrefflich betrieben und die
Griechen bewunderten namentlich die Sorgfalt und Kunde, mit welcher die
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind]]
Extrahierte Personennamen: Gott Schiffer Herodot Joseph
36
Geschichte der alten Welt.
Kilikien, ein anderer, der Antitaurus, das Flußgebiet des Halys und
obern Euphrat. Die längsten Flußthäler öffnen sich gegen das schwarze
Meer, das des Iris, des Halys, des Sangarius und Rhyndakus; an
das ägeische Meer führen aus dem Innern der Halbinsel das Thal des
Mäander und Hermus. Die physische Beschaffenheit eines Hochlandes
von solcher Ausdehnung und Gliederung muß natürlich eine sehr ver-
schiedene sein; außerordentlich fruchtbar sind durchschnittlich die Küsten-
und Thalebenen, weidereich die Berge; der Taurus ist unterhalb des
Gipfels stark bewaldet und noch heute reich an edlen Cedern, welche
auf dem Libanon bis auf wenige Reste vertilgt sind; die Hochflächen
waren theilweise baumlos wie in Kappadokien, jedoch meistens für
den Ackerbau tauglich, selten so dürr, daß nur Schafe und Ziegen Weide
Bevölkerung, fanden. Kleinasien war von mehreren größern Völkern bewohnt, die
sich wieder, der Gestaltung des Bodens durch Gebirge, Meerbusen,
Flüsse, Thalbecken und Hochflächen entsprechend, in kleinere Völkerschaf-
ten theilten. Die Kappadokier, Paphlagonier, Karer und Kilikier waren
semitischer Abstammung, die Bithynier, Phryger, Myser arischer, die
Lyder und Lykier wahrscheinlich gemischter.
8 94. In ältester Zeit bewegte sich gewiß mehr als ein wandern-
des Volk im Norden der Halbinsel den beiden Meerengen zu, welche
Europa von Asien trennen, und setzte dort in den westlichen Erdtheil über,
wie später umgekehrt aus Europa eine Nückströmung erfolgte (Griechen,
Gallier) und dieser wieder eine Gegenströmung (Türken). Die ffüd-
lichen Völker, die Karer, Lykier und Kilikier, erscheinen frühe als See-
fahrer, besonders die Karer, welche einst nach dem Zeugniß der Griechen
viele Inseln des ägcischen Meeres, so namentlich die Kykladen, inne
hatten, später in Gesellschaft der Phönikier auftreten und mit griechi-
schen Seeräubern verbündet, Psametich I. den Thron Aegyptens erobern.
Alle diese Völker scheinen eigene Könige oder Fürsten gehabt zu haben;
die Assyrer drangen erweislich bis Kilikien vor, und wahrscheinlich
auch bis Lydien, worauf die zweite Dynastie in diesem Lande hinweist
(s. o. S. 33). Lydiens Macht kann unter derselben nicht bedeutend
gewesen sein, denn sonst hätten die Griechen nicht den fruchtbaren
Küstenstrich besetzen und auf demselben Städte wie Ephesus, Phokäa,
Smyrna, Kolophon re. gründen, die Lyder aber in die Thäler des Her-
mus und Kayster und auf das höhere Hinterland zurückdrängen können.
§ 95. Allein gegen Ende des achten Jahrhunderts brachte eine Pa-
Gygcs. lastrevolution in Gyges eine neue Dynastie (die der Mermnaden) auf
den Thron und seitdem erscheinen die Lyder als ein kriegerisches Volk,
dessen Reiterei als die beste in Vorderasien galt. Er und seine Nach-
folger betrachteten die Unterwerfung der griechischen Städte am Meere
als eine Hauptaufgabe, die sie auch zuletzt nach gewaltiger Anstrengung
zu lösen vermochten. Zu gleicher Zeit errangen sie die Oberherrschaft
über Karten, Phrygien, Paphlagonien, Mysien und Bithynien, und
Alyattcsreg. daher trat König Alyattes dem Meder Kyaxares entgegen,
6jogj63 als dieser aus Armenien in Kappadokien vordrang. Im sechsten
Kriegsjahre, als sich beide Heere schlachtbereit gegenüberstanden, trat
eine totale Sonnenfinsterniß ein, welche die Heere und die Könige
erschreckte und sie zur Abschließung eines Friedens willig machte
(30. Sept. 610 v. Ehr.; nach neuerer Berechnung 28. Mai 585 v. Ehr.).
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter]]
TM Hauptwörter (200): [T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa]]
Extrahierte Personennamen: König_Alyattes
Extrahierte Ortsnamen: Kilikien Kappadokien Meerbusen Europa Asien Europa Kilikien Ephesus Phokäa Smyrna Vorderasien Armenien Kappadokien
Die ältesten Staaten.
17
des Himmels, mit Tempel zu Theben, der Sonnengott, Ra, mit Tempel
zu On (Heliopolis). Der Sonnenkult der Aegyptier unterschied aber
verschiedene Sonnengötter, entsprechend den Stellungen der Sonne im
Verlause der Jahres- und Tageszeiten, als Sonne des Frühlings,
Sommers und Winters, als Morgen-, Mittag-, Abend- und Nachtsoune.
Der gefeiertste war Osiris (Hesiri), Bruder und Gemahl der Jstö
(Hes); er wird von seinem feindlichen Bruder Seti (von den Griechen
ihrem Typhon verglichen) ermordet, von seinem Sohne Horus (Har,
bei den Griechen Apollo), gerächt und Seti vertrieben, d. h. die Sonne
weicht zurück gegen Süden, die heißen Winde aus der Wüste drohen
die Vegetation Aegyptens zu versengen, der Nil, der Sonnenstrom,
nimmt immer mehr ab; da verjüngt sich die Kraft der Sonne, der Nil
wächst wieder an und befruchtet das Land von neuem; Aegypten feiert
statt der Trauerfeste wieder Freudenfeste.
Die ägyptischen Naturgottheiten sind aber meistentheils auch sittliche
Mächte, wie z. B. Osiris, Isis und Horus, besonders tritt Thot (Her-
mes bei den Griechen) hervor, der Geber aller Wissenschaft und Kunst;
es gibt besondere Gottheiten der Wahrheit und Treue, selbst eine Göttin
(Saf), welche über die Bibliotheken wacht.
8 45. Die Aegyptier erblickten in einzelnen Thieren das Wirken Thicrkult.
der Götter besonders deutlich, daher waren ihnen diese Thiere heilig;
so verehrte das ganze Land den Stier Apis (Hapi, wie auch der Nil
heißt), der besondere Kennzeichen trug, als lebendes Abbild des Osiris;
so war die Kuh der Isis heilig und durfte nicht geschlachtet werden,
die Katze der Pacht, der Ibis dem Thot u. s. w.; andere Thiere waren
nur in gewissen Bezirken heilig, in andern nicht, z. B. das Krokodil,
das Schaf, die Ziege, der Hund rc. Bei solchem Aberglauben ist es
begreistich, daß die Aegyptier überall Wunder und Zeichen erblickten,
sowie daß ihnen die Fremden als gottlos und unrein erscheinen mußten.
Daher konnten sich Griechen und Phönikier in Aegypten erst dann nieder-
lassen , als die Nation bereits im Verfalle war, aber auch da konnte
sich ein echter Aegyptier nicht dazu entschließen, sein Vaterland aufzu-
geben und sich unter Fremden niederzulassen.
§ 46. Die ägyptischen Priester lehrten die Unsterblichkeit der
Seele, nach der Behauptung der griechischen Schriftsteller auch die
Seelenwanderung. Dieses Schicksal traf jedoch keineswegs alle Ge-
storbenen ; denn wie bildliche Darstellungen und Gebete zeigen, wandert
die abgeschiedene Seele in die Unterwelt, die im Westen liegt, und
stellt sich vor das Tod tengericht (Osiris, Isis, Thot, Anubis und
72 untergeordnete Beisitzer). Der Verurtheilte wandert in die Hölle,
der Gerechtfertigte in die Gefilde der Seligen („Weißglänzenden"), wo
er alle Freuden des Erdenlebens in höherem Maße genießt. Bevor der
Leichnam des Aegyptiers im Grabe Aufnahme fand, wurde derselbe Die Mu-
riner letzten Reinigung unterworfen. Eingeweide und Gehirn wurden
herausgenommen, dann der Leib in eine Lösung von Laugensalz gelegt,
alsdann mit Oelen bestrichen und mit harzigen Stoffen ausgefüllt, die
einzelnen Glieder und zuletzt der ganze Leib vielfach mit feinen Leiuen-
binden umwunden, hierauf in den mannigfach verzierten Sarg aus Sy-
komorcnholz gelegt und in feierlichem Geleite in eines der Felsengräber
gebracht, welche immer auf der Westseite der Städte, im libyschen Ge-
B umüller, Weltg. 9
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn]]
Die Griechen.
53
dorischen Maliern; er beschützte das delphische Orakel, an das sich
Dorer vorzugsweise wandten; er kam dem König und Gesetzgeber der
Dorer Aegimius, als sie im nördlichen Thessalien wohnten, gegen
die Lapithen zu Hilfe, und zum Danke nahm Aegimius den Sohn des
Herakles, Hyllus, an Kindesstatt an, auf welchen die königlichen Ge-
schlechter der Dorier ihren Ursprung zurückführten; endlich sollte He-
rakles die olympische Festfeier gegründet haben, die aus einer
dorischen frühe zu einer nationalen erwuchs.
§ 147. Die griechische Heraklesmythe ist vielfach mit orientalischen
Elementen gemischt, die namentlich lydischen und phönikischen Ursprun-
ges sind und dem Kulte des Sonnengottes dieser beiden asiatischen
Völker angehören, so daß man den reingriechischen Kern der Herakles-
mythe nicht auszuscheiden vermag.
Thesens. Minos.
§ 148. Der Heros des jonischen Stammes, zunächst der
Stadt Athen als seiner Heimath, ist Theseus, ein Abkömmling des Thcscus und
meerbeherrschenden Gottes Poseidon (Neptun). Die attische Mythe Äonier.
gesellt ihn dem Herakles als Freund zu und läßt ihn ähnliche Thaten
verrichten. Die wichtigste ist die Befreiung Athens von dem Tribute,
zu welchem es von dem Könige der Insel Kreta, Minos, verpflichtet Minos,
war. Dieser Minos war ein Sohn des Zeus, beherrschte Kreta und
die meisten Inseln und machte Megara nebst Athen tributpflichtig.
Jährlich mußten die Athener sieben Knaben und ebenso viele Mädchen
nach Kreta schicken, wo sie dem Ungeheuer Minotaurus, welches Minos Der Mino-
in dem Labyrinthe beiknoffus eingeschlossen hielt, zum Fräße dienten. taur*
Theseus. erlegte eö und befreite so Athen von jährlich wiederkehrendem
Jammer.
8 149. Dieser Mythe liegt wahrscheinlich die Thatsache zu Grunde, Erklärung
daß ein Seekönig, der Kreta und die meisten Inseln beherrschte, für
einige Zeit auch Athen und Megara unterwarf, zuletzt aber von einem "
attischen Helden zurückgeschlagen wurde. In dem menschenfressenden
stierköpsigen Ungethüm Minotaurus glaubt man den phönikischen
Moloch mit seinen gräulichen Menschenopfern zu erkennen; denn auf
Kreta hatten die Phönikier mehrere größere Niederlassungen und damit
auch Tempel und Opferftätten für Moloch und Astaroth gegründet;
Theseus erscheint demnach als Hort und Rächer der Ionier gegen Ka-
rer und Phönikier. (Menschenopfer waren jedoch auch dem griechischen
Kulte nicht ganz fremd; einzelne Fälle werden im Zeitalter der Heroen
erzählt, desgleichen während der Perserkriege und selbst noch in späte-
rer Zeit.)
§ 150. Dem Theseus schrieben die Athener auch die Vereinigung
aller attischen Städte und Gaue in eine Gesammtheit, die Bürger-
gemeinde Athen, zu, die er durch gemeinschaftliche Festfeier (Pana-
thenäen) befestigte; dieser Vereinigung verdankten es die attischen Ionier,
daß sie Stärke genug besaßen, um die Angriffe anderer Stämme zu-
rückzuschlagen.
Nachdem er Attika auf diese Weise geordnet hatte, zog er auf neue
Abenteuer aus, fand aber bei seiner Zurückkunst einen andern im Besitze
der königlichen Gewalt und das Volk ihm entfremdet; deßwegeu begab
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T108: [Stadt Korinth Griechenland Peloponnes Insel Landschaft Name Athen Sparta Argos], T190: [Odysseus König Held Sohn Troja Vater Schiff Agamemnon Insel Theseus], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
54 Geschichte der alten Welt.
er sich auf die Insel Skyrus und fand dort durch die Arglist des Königs
Lykomedes seinen Tod.
Die Fahrt der Argonauten.
8 151. Eine weite Fahrt führten die Minyer unter Jason aus;
auf dem Schiffe Argo fuhren sie von Jolkus (im Hintergründe des
pagäsäischen Meerbusens) in das Land des Königs Aktes am Strome
Phasis; dort gewann Jason mit Hilfe Medeas, der zauberkundigen
Tochter des Aktes, das goldene Vließ des Widders, welcher einst des
Jason Verwandte, Phrirus und Helle, als sie vor der Wuth des
Phlegyers Athamas flüchteten, über den Hellespont getragen hatte.
In der später» Sage ruft Jason alle Helden seiner Zeit: Herakles,
Theseus, Kastor, Pollux, den Sänger Orpheus rc. zusammen; als Land
des Aktes bezeichnet sie Kolchis am Pontus, und läßt den Jason in
weiter Fahrt durch den Ocean zurückkehren, worin sich der Einfluß der
erweiterten Erdkunde offenbart.
Die Sieben gegen Theben und die Epigonen.
Theben. § 152. Sagenreich vor allen Städten war Theben und Böotien;
am Fuße der Burg Kadmea, des Königssitzes, war die feste, sieben-
thorige Stadt erbaut, die Beherrscherin eines fruchtbaren Gaues. Aber
in dem königlichen Hause waltete furchtbarer Frevel, der ihm selbst und
der Stadt verderblich wurde. Die Brüder Eteokles und Polyni-
kes stritten sich um den Thron; Polynikes wurde vertrieben, fand aber
in dem Hause des Königs Adrastus zu Argos gastliche Aufnahme,
wie Tydeus, den Blutschuld aus Kalydon in Aetolien vertrieben hatte,
und wurde wie dieser des Adrast Schwiegersohn. Adrast, Polynikes,
Tydeus, Amphiaraus der Seher, Kapaneus, Hippomedon und'parthe-
nopäus der Arkadier verbündeten sich zum Kampfe gegen Theben; allein
bei dem Sturme auf die Thore fanden sie bis auf Adrast den Tod,
Eteokles und Polynikes aber durchbohrten sich gegenseitig im Zweikampfe.
Die hcrangewachsenen Söhne (Epigonen) der Helden unternahmen
den Rachekrieg und führten ihn glücklich aus; sie wurden bald zu einem
größern Unternehmen berufen.
Trojanischer Krieg.
Stadtu.ge- § 153. Troja oder Ilion war die Hauptstadt des Gebiets
riet Troja. Troas in der nordwestlichen Ecke Kleinasiens, das von den waldigen
Gipfeln des guellenreichen Jdagebirges bis Dardanus am Hellespont
und an die adramyttenische Bucht reichte (etwa 10 Meilen lang,
8 Meilen breit), also einem der größeren griechischen Gaue gleich kam;
die Trojaner, auch Dardaner und Teukrer genannt, gehörten wahr-
scheinlich zu den Völkerschaften, welche in uralter Zeit von Phrygien
bis Makedonien wohnten, -ein Zweig der arischen Völkerfamilie, der
dem pelasgischen zunächst verwandt war.
8 154. In Troja herrschte Priamus, ein reicher, glücklicher und
edelmüthiger König, doch einer seiner Söhne, der schöne Paris,
brachte Unheil über Vater und Volk. Er fand gastliche Aufnahme bei
dem König Menelaus in Lakedämon, entführte aber dessen Weib
Helena, He^na mit vielen Schätzen. Alle Fürsten Griechenlands, vom theffa-
Kricges! lischen Phthia und von Aetolien bis Kreta und Rhodus erklärten die
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T190: [Odysseus König Held Sohn Troja Vater Schiff Agamemnon Insel Theseus], T23: [Stadt König Jason Delphi Berg Meer Orakel Sohn Gebirge Land], T15: [Athen Theben Sparta Griechenland Krieg Philipp Stadt Spartaner Athener König], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Personennamen: Jason Jolkus Jason Jason Jason Kastor Jason Helena
66
Geschichte der alten Welt.
ein zahlreicher Chor männlicher und weiblicher Dämonen, die in un-
terster Stufe in Ungeheuer übergehen.
Chtonischc Die Erde ist der Schauplatz der Thätigkeit aller Götter und der
Gottheiten. Geschlechter der Menschen; ihre gemeinschaftliche Urmutter ist Gäa, die
Göttin der Urerde; sie ruht längst; auch Rhea, die Mutter des Zeus,
hat sich gleichsam zurückgezogen und tritt erst wieder in Vorderasten als
die phrygische Bergmutter Kybele in die Reihe der Götter, denen Feste
gefeiert werden. Ihre Tochter Demeter dagegen ist die wohlthätige
Erdgöttin, welche den Menschen die Getreidefrucht gab und damit den
Ackerbau, ansäßiges Leben in Familie und Gemeinde begründete, daher
sie als Wohltäterin und Gesetzgeberin verehrt wird. Ihre Tochter
Persephone (Proserpina) wird von dem Herrscher der Unterwelt,
Hades (Pluton), entführt und die klagende Mutter erlangt von Zeus
nur so viel, daß Persephone die eine Hälfte des Jahres bei ihr in der
Oberwelt zubringen darf, ein Sinnbild von dem Leben der Vegetation,
welches im Winter sich in die Tiefe der Erde zurückzuziehen scheint, um mit
dem Sommer wieder an das Licht der Sonne zurückzukehren. Aehnlich
ist der Mythus von Dionysus (Bacchus), dem Sohne des Zeus und
der Semele, dem Gotte der Reben; wie diese im Winter ersterben, im
Sommer wieder aufleben und im Sonnenstrahle den Feuertrank reifen,
so ist Dionysus ein leidender und triumphirender Gott, dem Trauer-
und Freudenfeste (zum Theil in wilder Lust und Schmerz, Orgien) ge-
feiert werden. Wie die Erde alles Leben erzeugt und wieder in ihrem
dunklen Schooße begräbt, so stehen diese drei chtonischen Gottheiten auch
in geheimnißvoller Beziehung zu dem Schicksale des Menschen nach dem
Tode; tröstliche Belehrung darüber erhielten die, welche sich in die
Mysterien zu Eleusis in Attika einweihen ließen. Der Beherrscher der
Unterwelt war Zeus dritter Bruder Hades oder Pluton, und neben
ihm thronte Persephone. Rach Homers Glaube ist die Unterwelt am
westlichen Ende der Erde, ein dunkles Thal mit düsteren Wäldern un-
fruchtbarer Bäume, der Boden eine Wiese mit Asphodelosblumen; dort
wandeln die abgeschiedenen Seelen der Menschen als luftige Schatten-
bilder der Lebenden, ohne Bewußtsein, daher schmerz- wie freudelos,
doch ihre Haltung bewahrend, die sie im Leben inne hatten, z. B. als
Helden, Jäger, Gebieter re. In dem späteren Glauben dagegen erscheint
die Unterwelt als ein unterirdisches Reich, wohl verwahrt durch Mauern
und Thore, regiert von Pluton und Persephone, denen, wie dem Zeus
und Poseidon, ein Gefolge von Dämonen gehorcht, z. B. die Erinnyen,
Charon, Kerberus re.; für die Gestorbenen beginnt, nachdem das Ur-
theil der Todtenrichter gesprochen ist, ein neues Leben in der Unterwelt,
ein martervolles für Bösewichte, ein glückliches für die, welche den hei-
ligen Satzungen auf der Erde nachgelebt hatten; ihr Aufenthalt ist
Elysion.
Die Griechen glaubten an einen geheimnißvollen Verkehr der
Ober- und Unterwelt; sie brachten allgemeine Todtenopfer
dar, verehrten aber besonders die Heroen, nicht bloß sene Götter-
söhne und Halbgötter aus der mythischen Vorzeit, sondern auch verdiente
Männer späterer Zeiten, z. B. die Koloniengründer, die bei Platää gegen
die Perser Gefallenen re.
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer]]