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Geschichte der neueren Zeit.
Die Korsa-
ren.
yssel und Groningen einen eigenen Bund und wählten mit den
anderen aufständischen Provinzen den Herzog von Anjou zum Gene-
ralstatthalter, der jedoch zu keinem Ansehn gelangte. Nach seinem Ab-
gänge leitete Oranien den Aufstand, der sich auf die Meergeusen
stützte, auch zeitenweise von Frankreich, Deutschland und am meisten
noch von England Hilfstruppen erhielt; als er jedoch (8. Juli 1584) zu
Delft meuchlerisch erschossen wurde, so war die Sache der General-
staaten (so hieß die neue niederländische Republik von ihrer ständi-
schen Versammlung) sehr gefährdet. Alexander Farnese führte
den Krieg mit großem Erfolge; er nahm Ipern, Brügge, Gent,
Antwerpen, letzteres nach fast zweijähriger denkwürdiger Belagerung,
Brüssel und Mecheln, und da er schonend verfuhr, blieben diese
wichtigen Städte dem Könige treu. Zum Glücke der Generalstaateu
wurden sie jetzt nachdrücklicher von England unterstützt und rüstete
Philipp 1588 die große Armada gegen England aus und noch mehr
förderte es ihre Sache, als Philipp seinen Feldherrn dreimal gegen
Heinrich von Navarra marschieren ließ, wo Alexander seinen
Kriegsruhm vermehrte, aber nichts Entscheidendes ausrichten konnte.
Er starb 1592; seine Nachfolger hielten zu Lande den Aufständischen,
obgleich diese in Wilhelms Sohn, Moritz von Oranien einen aus-
gezeichneten Feldherrn besaßen, das Gleichgewicht, zur See hingegen be-
haupteten die „Holländer" so entschieden die Oberhand, daß sie die spani-
sche Flagge in allen Weltgegenden aufsuchten und sich nicht nur spani-
scher Schiffe und Kolonien bemächtigten, sondern bald auch einen ge-
winnrcichen Handel betrieben; deßwegen konnten sie auch zu keinem
Vergleiche mit dem König geneigt sein, als dieser kurz vor seinem Tode
die Niederlande an seinen Schwiegersohn, den Erzherzog Alb recht
von Oesterreich als selbstständiges Herzogthum überlassen wollte
(1598). Erst 1609 wurde endlich ein fester Waffenstillstand auf zwölf
Jahre geschlossen; die südlichen Provinzen blieben mit ihrer eigenen
Verfassung unter der Krone Spanien, die Generalstaaten aber wurden
eine selbstständige Republik, erklärten die Lehre Kalvins zur Lau-
desreligion (von Duldung der Katholiken war keine Rede) und errich-
teten in Leyden, das 1574 einer Belagerung mit bewundernswürdi-
ger Ausdauer widerstanden hatte, eine eigene Universität.
Philipps ll. Kriege mit den Mohammedanern.
§ 110. Philipp hatte nicht bloß Elisabeth, Heinrich Iv. und die
Oranier, diese gefeierten politischen Größen zu Feinden, sondern er
mußte wie sein Vater Karl V. einen großen Theil seiner Kraft gegen
die Angriffe der damals so furchtbaren Moslemin verwenden. Die
Pascha Sin an und Dragut (Thoregut), der kroatische Renegat
Piale und der kalabresische Ochiale waren die Schrecken des Mittel-
meeres, und der Umfang ihrer Verwüstungen läßt sich daraus ermessen,
daß Städte wie Nizza, Reggio, Bastia, Sorrent von ihnen
erobert wurden, von Piale aber die Sage ging, er habe bei seinen
verschiedenen Expeditionen eine halbe Million Menschen nur aus Ita-
lien fortgeschleppt. Dragut hatte sich ein eigenes Fürstenthum zwischen
Tunis und Tripoli erobert (Mahadia) und aus der Insel Jerbe (in
der kleinen Syrte) ein Gegenmalta geschaffen. Gegen diese richtete
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Anjou Alexander_Farnese Alexander Philipp Philipp Philipp Philipp Heinrich_von_Navarra Heinrich Alexander Alexander Wilhelms Moritz_von_Oranien Philipps Philipps Philipp Philipp Heinrich_Iv Heinrich Karl_V. Karl_V. Piale Reggio Bastia
Extrahierte Ortsnamen: Groningen Frankreich Deutschland England Gent Antwerpen Mecheln England England Wilhelms Niederlande Oesterreich Spanien Nizza Sorrent Tunis Tripoli Mahadia
Die ältesten Staaten.
39
heißt das seit Nabopolassar in Babylon herrschende Volk Chaldäer,
welches vielleicht aus dem Gebirgsland Chaldäa am obern Tigris einwan-
derte) hatten unter Nebukadnezar treffliche Gelegenheit ihre Wiffenschaft
und Kunst zu zeigen. Die großen Wasserwerke und Bauten beweisen,
daß ste zu messen und zu rechnen verstanden, was ihnen auch das ganze
Altcrthum nachrühmte und neuere Forschungen bestätigen. Sie be-
stimmten Gewicht und Maß zuerst rationell; ein Würfel Regenwasser,
dessen Seiten je eine babylonische Elle maßen, war das Gewicht des
babylonischen Talents (822,000 Pariser Gran), das ste in 60 Minen
thcilten, welche Gewichtsbestimmungen sich über ganz Vordcrasicn und
von da nach Griechenland und Italien verbreiteten, wo ste aber manche
Abänderungen erfuhren. Die babylonische Elle maß 234 Pariser Linien,
der Fuß z/3 der Elle oder 156 Pariser Linien.
Z 102. Den babylonischen Priestern verdankte das Alterthum auch
astronomische Kenntnisse; ste kannten oder erfanden den Thier-
kreis, berechneten die Länge des Jahres fast ganz genau und verstanden
dasselbe in Monate und Wochen einzutheilen; so berechneten ste auch
die Mittagshöhe der Sonne, und da ste seit einer langen Reihe von
Jahrhunderten Verzeichnisse der beobachteten Himmelserscheinungen
führten, so konnten ste die Sonnen- und Mondsfinsternisse Voraus-
sagen. Sie waren aber auch berüchtigte Astrologen, wahrscheinlich
Urheber dieses Aberglaubens, dessen Spuren noch heute nicht ver-
schwunden sind. Er wurzelte in ihrer Religion; diese enthielt (wie die
Fragmente des Berossus beweisen) manche Anklänge an die wahre Re-
ligion, z. B. in der Sage von der Schöpfung, der Sündfluth, ging
aber frühe in die Vergötterung der Naturmächte über. Höchster Gott
war Baal oder Bel, höchste Göttin Baaltis oder Mylitta mit unzüch-
tigem Kult; unter den Gestirnen wurden besonders die Planeten verehrt.
Z 103. Die Schrift der Babylonier (auch der Affyrer, Meder,
Perser) war eine sogenannte Keilschrift oder Nagelschrift,
d. h. zugespitzte Striche in verschiedener Zahl und Lage bezeichnten
die Laute. Diese grub man (wenigstens sehr häufig bei Urkunden)
in weiche Thoncylinder ein, welche hierauf gebrannt wurden und
demnach vielen Gefahren der papiernen oder pergamentnen Schriftstücke
nicht ausgesetzt waren. Von der Skulptur und Malerei der Babylo-
nier geben die Ausgrabungen Zeugniß, welche man in neuester Zeit
in den Schutthügeln der babylonischen Ebene veranstaltete; auch Nini-
vehs Reste werden erforscht und die Ergebnisse bezeugen die nahe Ver-
wandtschaft des assyrischen und babylonischen Volkes. In den großen
Städten herrschte ein Luxus in Putz, Kleidung und Wohnung und eine
üppige Lebensweise, wie ste noch heute bei den reichen Orientalen ge-
wöhnlich ist; und wie man heute persische Teppiche, Säbel, Arbeiten in
Gold und Silber, Leder, in Europa hochschätzt, so lieferte Babylon
schon in ältester Zeit seine Leinwand, wollene prächtig gefärbte Ge-
wänder und Teppiche, Schmucksachen aus edeln Metallen, Steinen,
Elfenbein re. Keine von den jetzigen Städten des Orients hat aber solch'
ein Verkehrsleben wie vor Zeiten Babylon, wohin aus dem persischen
Meerbusen die Erzeugnisse Ostindiens und des glücklichen Arabiens,
Armeniens und des arischen Hochlandes, sowie die vielartigen Waaren
der Phönikier als auf einem Hauptmarkte zusammentrafen.
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Extrahierte Personennamen: Nebukadnezar Baal
Extrahierte Ortsnamen: Gebirgsland_Chaldäa Griechenland Italien Europa Arabiens Armeniens
Gustav Adolf.
65
tiere, gab ihnen leichtere Musketen und fhrte die Patrontaschen ein, daher feuerte sein Fuvolk schneller und wirksamer als jedes andere. Den Nehmt nahm er die berflssige schwere Rstung ab und lie ihnen nur Helm und Kra; er gewhnte sie, die Pistolen (mit Radschlssern) ganz nahe auf den Feind abzubrennen und dann von der blanken Waffe Gebrauch zu machen. Bei den Kanonen verkrzte er die bermig langen Rohre, fhrte die Patronenladung ein, verdreifachte die Anzahl der Ge-schtze fr den Feldgebrauch und gab berdies jedem Regiments wenigstens zwei so leichte Geschtze bei, da sie dem Gange des Gefechtes folgen konnten. Aus allen diesen Umstnden war sein Heer jedem andern gleich starken im Kampfe auf offenem Felde berlegen und daher konnte er den Einfall in Deutschland wagen, ohne sich dem Vorwurf der Toll-khnheit auszusetzen.
Gustav Adolf kannte die Schwche Deutschlands so gnt wie Richelieu. An der Ostsee war ein kaiserliches Corps in weit auseinandergelegenen Quartieren verteilt, das dem schwedischen Angriffe nicht gewachsen war. Die Liga hatte keine Lust, demselben rasche Hilfe zu leisten, denn sie wollte die Kriegslast soviel als mglich auf den Kaiser wlzen. Gustav stand darum anfangs weder einem Tilly noch einem Wallenstein gegenber, durfte aber auch, bevor er feine Hauptschlacht gewonnen hatte, auf keine frstlichen Bundesgenossen rechnen; die einen Fürsten frchteten nmlich den Kaiser und die Liga, die andern waren gegen Gustav selbst mit Mi-trauen erfllt, denn da er sich in Deutschland fr seine Kriegskosten durch Eroberungen bezahlt zu machen gedenke, sah jedermann ein. In einem gedruckten Manifeste rechtfertigte Gustav seinen Krieg gegen den Kaiser mit den Beleidigungen, die ihm zugefgt worden seien; mit der Untersttzung der Polen durch Wallensteinsche Truppen; mit der Absicht des Kaisers, sich zum Herrn der Ostsee zu machen; mit der Be-raubung der Herzoge von Mecklenburg, und endlich erklrte sich der Schwedenknig zum Beschtzer der deutschen Freiheit, welche von dem Kaiser unter dem Vorwande, Aufrhrer zu bestrafen und Kirchengut wiederherzustellen, schmhlich unterdrckt werde. Von der Religio oder von der Verteidigung des bedrohten Protestantismus steht in dem Manifeste kein Wort, wohl aber sorgte er dafr, da dem prote-stantischen Volke berall in Deutschland verkndet wurde, der Schweden-fnig komme nur als Streiter fr das Evangelium", zu dessen Ver-solgnng sich der Kaiser mit dem Papste verbunden habe. Dem König kann auch Eifer fr seine Religion" nicht abgesprochen werden, die eigentliche Triebfeder in seinem Kriege mit Deutschland war aber Eroberungssucht.
Bumller. berblick. Iii. 3. Aufl. 5
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Richelieu Gustav Gustav Gustav Gustav Gustav Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschlands Ostsee Deutschland Mecklenburg Deutschland Deutschland
174 § 88. Belagerung und Belagerungswerke.
auf einer Längeseite gedeckt, ruhten ebenfalls auf Rädern (Walzen). Man stellte oft mehrere vineae hinter einander und bildete so einen Laufgang
(porticus) und schob sie allmählich gegen die Mauer vor (vi-neas agere, pro-ferre) 1. Siehe Fig. 32.
3. Die Geschütze , tor-menta. Für die Feldschlacht hatten die Alten gewöhnlich keine Geschütze , sondern nur bei Belagerungen sowohl zum Angriff als zur Verteidigung. Der allgemeine Name für Wurfmaschinen ist tormenta (von torquere, weil sie vorzüglich mittelst gespannter Seile, also durch Torsionselasticität regiert wurden). Bei allen wurden gewaltige Pfeile, Steine, Balken u. s. f., die auf eine Bahn über einer Sehne gelegt waren, durch Anziehen und Losschnellen der Sehne fortgeschleudert. So schlugen die Wurfgeschosse
mit grofser Perkussionskraft und auf weite Entfernung gegen das feindliche Ziel. Die Schufsma-schine bestand aus einem Gestell oder Ständer, darüber eine Bahn, in welche das Greschofs gelegt wurde, und einem Spanung. 33. Katapult kästen. Die Seh-
nen (nervi, vsupcu), wozu man elastische Stränge aus Rofshaar oder gedrehten Därmen nahm, wurden mittelst Winden (Haspeln) aufgezogen. Arten von tormenta:
1 Caes. b. G. 2, 12.
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140. Reisen, Verkehrsmittel und Postwesen.
297
Paulus fuhr von Rhegium in einem Tage nach Puteoli. — Vom Spätherbst bis etwa März war das Meer für die Schiffahrt geschlossen (mare clausum).
In Rom selbst war der Gebrauch des Wagens verboten, Frauen bisweilen gestattet, im Wagen nach den Theatern und Tempeln zu fahren; auch Priester, Triumphatoren und besonders die Vestalinnen, sowie Personen des kaiserlichen Hauses erhielten das Recht des Fahrens. Sonst vertrat die Sänfte den Wagen.
Wirtshäuser oder Hotels im heutigen Sinne, wo der Reisende Verpflegung' und Nachtquartier gefunden hätte, kannte man lange Zeit nicht. Das im Altertume geübte Gastrecht (ins hospitii) und die Gastfreundschaft ersetzte die Wirtshäuser. Denn das Gastrecht galt dem Römer noch heiliger und höher als die Pflicht gegen Verwandte und Klienten (Cic. div. in Caecil. 20, 66. pro Flacc. 20, 48). Die Gastfreundschaft, die zwei Familien oder Personen, oder auch zwei Gemeinden (hospitium publicum) oder eine Person mit einer Gemeinde gegenseitig schlossen, vererbte sich auf Kinder und Enkel, und als Zeichen derselben gab man sich eine tessera liospitalis, nämlich ein bestimmtes Zeichen zur Erkennung der geschlossenen Gastfreundschaft; oft wurde ein schriftlicher Gastvertrag geschlossen und derselbe durch Handschlag besiegelt (Liv. 30, 13: recordatio hospitii dextraeque
datae). Der hospes erhielt freie Wohnung, Unterhalt und beim Scheiden ein Gastgeschenk. Aber auch ohne förmliche Freundschaft fand der Fremde leicht Aufnahme. Vornehme Reisende pflegten wohl auch alles Notwendige und selbst Überflüssige an Reiseeffekten, als Zelte, Speisen, Aveine, Tafel- und Kochgeschirr und darum auch einen großen Trofs von Sklaven und Bagagewagen mit sich zu führen. Staatsbeamte übernachteten in den staatlichen Stationshäusern (mansiones), seit es solche gab. An den großen Heerstrafsen, wo reger Verkehr herrschte, schritt man allmählich dazu, Privathäuser zu Reiseherbergen (deversorium, taberna deversoria oder meritoria und caupona) einzurichten, deren innere Einrichtung freilich viel zu wünschen übrig liefs. Bereits trugen sie auch Schilde (ad ursum, ad aquilam, ad elephantum u. a., vgl. die Reisebeschreibung bei Hör. sat. 1, 5).
2. Die Post. Ein Institut zur Beförderung von Privatbriefen von Staatswegen, wie die Post seit dem 16. Jahrhundert, war im Alteitume nicht vorhanden. Während der Republik beförderten reiche Privatleute durch eigene Sklaven (tabellarii) ihre Briefe, während die Staatsbeamten in der Provinz oder in der Hauptstadt öffentliche Boten (tabellarii pubhci) als Staatskuriere benützten, um Depeschen zu befördern, oder sie hielten sich besondere Or-
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298
141. Veröffentlichungen und Zeitungen.
donnanzen ('statores), gaben wohl auch den Briefboten der publi-cani ihre Depeschen mit (Cic. ad Attic. 5, 15. 2 de prov. cons. 7, 15). Die erste Postanstalt richtete Augustus ein, indem er an den Hauptstrafsen des Reiches in Entfernungen von je einer Tag-i eise X osthaltereien mit Tv ohnung, Stallung und Scheuern zum Übernachten (mansio) und in kürzeren Entfernungen Stationen zum Pferde- und Wagenwechsel (mutatio) anlegte. So zählte die Strecke der appischen Strafse von Rom bis Kapua 9 mansiones und 14 mutationes. Auf diesen Stationen besorgte eine militärisch organisierte Schar von Kurieren (speculatores. Tac. hist. 2, 11. 73; später die veredarii, vom keltischen veredns = „Pferd“) die Staatspost, cursus publicus genannt, indem sie die Regierungsdepeschen an die Beamten und umgekehrt in einem Felleisen auf ihrem Pferde übermittelten. Traian hat die Staatspost noch vervollkommnet. Das ganze Reich ward in Postbezirke eingeteilt und je einem Postdirektor (praefectus vehiculorum) unterstellt. Privatpersonen durften die kaiserliche Post nur mit staatlicher Geneh-migung, die sehr selten erteilt ward, benützen und bekamen in diesem Falle einen Erlaubnisschein (diploma).
§ 141. Veröffentlichungen und Zeitungen.
1. Bei dem Mangel an öffentlichen Blättern war die Publikation von amtlichen Erlassen, Bekanntmachungen, Gesetzen etc. schwierig. Man half durch ein doppeltes Mittel ab; einmal durch die Ausrufer (praecones), welche Bürgerversammlungen u. a. ansagten, und zweitens durch die Maueranschläge oder Ausstellung von Tafeln. Für Verkündigung wichtiger Dinge benützte man die solideren tabidae publicae, so für Bekanntmachung von Gesetzen, Bündnissen u. a.; bei minder wichtigen Dingen die Anschläge, teils indem man Tafeln aufhing, oder ein Stück Mauer mit einem weifsen Überzüge bekleidete (album, Xsuxajua) und darauf schrieb. Solche Anschläge (Affichen), welche mancherlei öffentliche Akte, Erlasse, Verkäufe, Programme (libelli) für Theater und Siege in denselben, Proskriptionen etc. enthielten, brachte man an öffentlichen Plätzen, an Säulen, Tempeln und Portiken an; bisweilen gab man der Mauerwand, wo man regelmäfsig affichirte, eine entsprechende architektonische Einrahmung.
2. Zeitungen waren ungekannt. Nur einen Ansatz dazu kann man die acta diurna (acta pojndi, urbis) nennen, welche Cäsar 59 v. Chr. in seinem ersten Konsulate gründete, eine Art Stadtchronik, die von den Kaisern erweitert a) öffentliche Ereignisse,
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142. Schriftwesen, Buchhandel und Bibliotheken.
299
Handlungen der Fürsten, Reden der Magistrate, Auszüge aus den acta senatus, Reden der Kaiser; b) Ereignisse aus dem kaiserlichen Hause (Greburten, Verlobungen, Sterbefälle) und c) ,,diversa“, allerlei Stadtneuigkeiten enthielt. Diese Zeitung war für die Beamten in den Provinzen von hohem Interesse. Die Art, wie sie redigiert wurde und wie lange sie bestand, ist unbekannt.
§ 142. Schriftwesen, Buchhandel und Bibliotheken.
1. Die ältesten Stoffe, auf welche man schrieb, waren Blätter (folia), Lindenbast (Uber) und Leinwand (linteum); daher die
Fig. 57. Wachstafel. Fund im Hause des L. Caecilius Iucundus in Pompeji.
libri lintei, d. i. die ältesten, auf Leinwand geschriebenen Beamtenverzeichnisse in Rom. Natürlich wurden zu gewissen Zwecken auch Holz; (tabula oder album, weil mit Gryps überzogen), Stein und Metall verwendet. Ankus Marcius liefs die Kultusgesetze des Numa auf weifsen Tafeln veröffentlichen. So schrieb man Militärdiplome (tabulae honestae missionis) und Bürgerschaftsbriefe auf bronzene Tafeln oder Diptychen, d. i. zwei am Rücken mit Ringen zusammengeheftete Tafeln. Sehr gebräuchlich aber wurden und blieben es lange die Wachstafeln (tabulae cereae, ceratae, siehe
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Extrahierte Personennamen: Ankus_Marcius
Extrahierte Ortsnamen: L._Caecilius_Iucundus Pompeji Rom
300
§ 142. Schriftwesen, Buchhandel und Bibliotheken.
Fig. 57), indem man dünne Holztäfelehen mit "Wachs überzog und je eine Seite beschrieb, hierauf die Täfelchen so zusammenfaltete, dafs die nicht beschriebenen Seiten nach aufsen kamen. Um das Beschriebene nicht zu verwischen, gab man den Tafeln einen erhöhten Rand, so dafs das Geschriebene hohl lag. Diese zusammengeklappten Tafeln hiefsen codex (caudex), griechisch o-.-tu/ov, diptychon, oder wtenn mehrere Täfelchen zusammengelegt waren, triptychon, polyptychon (d. i. zweimal, dreimal, vielmal gefaltet). Statt Holz nahm man auch Elfenbein (tabulae eburneae). Jede Tafel hatte oben eine Öffnung, durch welche man eine Schnur zog, die Tafeln damit umwickelte und siegelte (obsignare). Diese Wachstafeln dienten vielen Zwecken: als Notiz- und Geschäftsbücher, um öffentliche Urkunden, Briefe, Rechnungen darauf zu schreiben, auch zu Schulübungen. Die Istotizbüchlein (pugillares sc. cerae und codicilli) bestanden aus mehreren kleinen Tafeln. Um das Greschriebene auszulöschen, brauchte man nur den oben stumpfen Griffel umzuwenden (stilum vertere, Hör. sat. 1, 10. 72) und das Wachs wieder zu glätten. In älterer Zeit waren auch Tierfelle (oupöspa), denen man einen Firnisüberzug gab, im Gebrauche. Seit der Zeit Alexanders d. Gr. wraren die Römer mit dem ägyptischen Papiere (papyrus, carta aegyptiaca) bekannt geworden. Dasselbe wurde aus der im Nildelta wachsenden Papyrusstaude, einer bis 5 m hohen Schilfpflanze mit dreikantigem Stile, gewonnen. Man löste nämlich die feinen Bastschichten (byblos) unter der Rinde ab, legte die dünnen Streifen (schedae, paginae) aneinander und tränkte sie mit Nil- oder Leimwasser, um sie so fest zusammenzukleben, worauf die Blätter an der Sonne getrocknet und dann geprefst wurden.
Die Römer fabrizierten mehrere Sorten Papier; das beste war die (carta) ,Augusta‘ und ,Livia‘, ersteres als „Post- oder Briefpapier“; später die „Claudia“. Von den Streifen oder Blättern wurden nun mehrere aneinandergeklebt, woraus eine lange Rolle (volumeyi, bis 8' lang und 6—13" breit) entstand, die man nur im innern beschrieb und nachher um einen Stab rollte (daher evolvere volumen = ein Buch lesen, Cic. ad Att. 10, 10), die Rolle an den Seiten
beschnitt, mit Bimsstein glättete und färbte; mittelst einer Schnur wurde ein Zettel mit Titelangabe an der Rolle befestigt und letztere in ein Futteral (scrinium) Fig. 58. Buchrolle (volumen). gethan. S. Fig. 58.
Zu wertvollen Urkunden nahm man das 185 v. Chr. in Per-gamum erfundene Pergament (carta pergamena, membrana) aus
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142. Schriftwesen, Buchhandel und Bibliotheken. 301
den zartesten Tierhäuten. Es war nicht nur haltbarer als Papier, sondern konnte doppelt beschrieben und in Form unserer Bücher, d. i. als codex statt volumen (wie das alte Papier) herausgegeben werden. Rollen, Tafeln und codices, d. h. paginierte, unseren Quartanten ähnliche Bände waren die Buchformen bei den Römern. Der Name codex bezeichnete ursprünglich nur die Holztafeln und ging dann auf die Schriften von Papier und Pergament über. Man schrieb (ritzte, exarare, scribere) auf Pelle und den cerae mit eisernen Griffeln (stilus, gra/phium), auf erstere malte (linere) man auch die Buchstaben; auf Papier und Pergament
Fig. 59. Schreibmaterialien der Alten.
schrieb man mit Rohrfedern (arundo, calamus), die von orientalischem, namentlich ägyptischem Schilfe genommen, wie unsere Gänsefedern geschnitten wurden. Die Tinte ('atramentum) war eine aus Rufs und Gummi bereitete Tusche (Cie. ad Quint, fr. 2, 15: calamo et atramento temperato, carta etiam dentata res agetur). Titel wurden auch mit roter Tinte geschrieben. Auf der langen Papierrolle zog man gewöhnlich senkrechte Linien und schrieb dann zwischen die Kolumnen. Nicht selten radierte oder wischte man die alte Schrift aus und beschrieb aufs neue denselben Stoff (Uber palimpsestus). Um die Rollen vor Motten zu bewahren, bestrich man die Rückseite mit Cedernöl.
2. Buchhandel. Die Vervielfältigung literarischer Erzeugnisse ging verhältnismäfsig, und vornehmlich seit man ein gutes Papier
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143. Das Briefwesen.
303
sehr hoch sind. Schriftstellerhonorar wurde keines bezahlt. Prachtausgaben der kaiserlichen Bibliotheken waren mit goldener und silberner Schrift auf purpurrotes Pergament geschrieben.
§ 143. Das Brief wesen.
1. Zu Briefen (epistula, litterae) pflegte man vorzugsweise die im vorigen Paragraphen genannten Wachstäfelchen (tabellae) zu gebrauchen, woher auch der Briefbote, tabellarius, seinen Namen erhielt. War der Brief auf das Wachs geschrieben, so wurden die Täfelchen, wie oben angegeben, zusammengeklappt, mit einem Bindfaden kreuzweise gebunden und gesiegelt. Zum Siegeln nahm man Wachs oder Siegelerde (terra Asiatica, creta, cretula) und drückte den Siegelring darauf. Beim Öffnen der Briefe wurde das Siegel genau geprüft (Cie. Catil. 3, 5). Auf die Aufsenseite des Briefes ward eine Adresse gesetzt. Öfters übersandte der Briefsteller ein kleines, Notizbuchartiges Täfelchen (tabella, codi-cillus, pugillaris), besonders an vertraute Freunde, und liefs sich die Antwort in demselben Täfelchen gleich zurückschreiben (Senec. ep. 56: adeo tecum sum, ut dubitem an incipiam non epistulas, sed eodicillis tibi scriberem). Zuweilen stack im Rücken der Tafel ein Griffel, damit der Empfänger sofort die Rückantwort schreiben konnte. Dafs man Briefe schon zu Ciceros Zeit auch auf Papier schrieb, zeigt die oben zitierte Stelle Cie. ad Quint, fr. 2, 15. In diesem Falle wurden die zusammengefalteten Blätter mit einem Faden durchnäht und die Enden desselben geknüpft und gesiegelt. Seitdem es Papier gab, schrieb man an Entfernte nur mittelst Papier, an Einheimische mittelst Täfelchen (codicilli). So die Stelle Seneca 1. c. Die Sklaven, welche als Sekretäre die Korrespondenz des Herrn besorgten, hiefsen ab epistulis, a manu, amanuenses. In den Schulen der Kaiserzeit wurden die Schüler eigens im Briefschreiben unterrichtet.
Was die Form des Briefes betrifft, so setzte der Schreiber seinen Namen zuerst, dann den des Adressaten (im Dativ): Cicero Attico. oder mit Erweite-rungen : Cicero imperator M. Caelio aedili curuli; ferner Zusätze wie: Cicero Sempronio suo (optimo, dulcissimo, animae suae = Leben), oder die Grufs-formel. s(alutem), s(alutem) pl(urimam) d(icit), griechisch: ycu'peiv, E'j rrpcctteiv. Bisweilen folgte obigem noch ein S. Y. B. E. V. (si vales bene'[est], ego valeo). Am Schlüsse stand: vale oder salve (griechisch wieder: ycupetv oder eppwao oder eüt6-/ei), öfters auch das Datum; hingegen niemals unsere Unterschrift. Gebildete Männer wie Cicero, Attikus, Asinius Pollio führten eine sehr rege Korrespondenz, zumal wenn sie sich mit Politik befafsten. Denn die Briefe mufsten teilweise die öffentlichen Blätter ersetzen und beispielshalber brauchte ein Statthalter in einer entlegenen Provinz eine umfangreiche Korrespondenz
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