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1. Geschichten aus der Geschichte - S. 115

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 115 — Einst wurde er von seinen Oberen mit einer Botschaft nach Rom gesandt. Er erwartete, daß er in dem Lande, wo der höchste Würdenträger der Kirche, der Papst, und so viele andere hohe Geistliche sich befanden, ein glänzendes Vorbild wahrer Heiligkeit schauen würde. Aber zu seinem höchsten Schmerz fand er mit jeder Tagereise die Sittenlosigkeit der Geistlichen größer und in Rom selbst erfuhr er die ärgerlichsten Geschichten von ihrem lasterhaften Leben. In der letzten Zeit hatten mehrere Päpste an der Spitze der Kirche gestanden, welche für die oberste Würde der Christenheit durchaus nicht geeignet waren, daher waren zu den schon lange beklagten Mißständen noch mehr und schlimmere gekommen. Der Eindruck, den Luther von Rom erhielt, ist nie aus seiner Erinnerung gewichen. Im Jahre 1517 erließ der Papst ein Schreiben an den Erzbischof von Mainz, worin ihm aufgetragen wurde, von den Deutschen zum Ausbau der prächtigen Peterskirche Geld einzutreiben. Diesen Zweck gab der Papst an, aber in Wirklichkeit wollte er das Geld zur Aussteuer seiner Schwester verwenden. Der Erzbischof übertrug das Geschäft der Einsammlung dem Dominikanermönch Johann Tetzel. Dieser reiste nun durch Sachsen von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, mit zwei Kasten, in dem einen waren die Zettel, worauf stand, daß, wer einen solchen kaufe, damit die Vergebung seiner begangenen oder künftigen Sünden erlange; in dem andern Kasten wurde das gelöste Geld aufbewahrt. Wo Tetzel hinkam, ließ er ein großes Feuer anzünden oder ein Kreuz aufrichten und pries seine Ware mit der Versicherung: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegfeuer springt." Das Volk lief ihm in Scharen zu, denn wer wollte nicht für ein paar Groschen die Vergebung seiner Sünden einhandeln? Er hatte auch Milch- und Butterbriefe feil, und wer sich einen solchen kaufte, durfte in den Fasten Milch und Butter genießen. Die Preise seiner Zettel waren billig; für 50 Pfennig z. B. konnte man die Seele eines Verstorbenen aus dem Fegseuer erlösen. Diese Ablaßkrämerei gab den Verständigen großen Anstoß. Die Fürsten beklagten sich bitter, daß ihre Unterthanen auf eine so plumpe Weise um das Ihrige gebracht und ihre Länder so schändlich ausgesogen würden. Gegen dies Unwesen, diesen Spott mit dem Heiligen trat nun Luther auf. Am 31. Oktober 1517 schlug er 95 Sätze an die Schloßkirche in Wittenberg an, worin er den schmählichen Ablaßhandel als ganz und gar wider die heilige Schrift erwies, und forderte auf, seine Sätze zu widerlegen, er wollte 8*

2. Geschichten aus der Geschichte - S. 118

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 118 — wesenden. Als der Kurfürst von Sachsen aus der Versammlung kam, sagte er zu einem Vertrauten: „O wie schön und mutig hat Pater Martin geredet vor Kaiser und Reich; er war mutig genug, vielleicht zu mutig." Mehrere hohe Mitglieder der Reichsversammlung, besonders Bischöfe, wollten den Kaiser bewegen, das freie Geleit nicht zu achten, da er doch ein Ketzer und man nicht verbunden sei, Ketzern ein gegebenes Wort zu halten, aber einen solchen Treubruch ließ der Kaiser nicht zu. Gleichwohl fürchtete der Kurfürst für Luthers Sicherheit und schaffte ihn an einen Ort, wo er verborgen leben konnte. In der Nähe des Schlosses Altenstein ward Luthers Wagen plötzlich von fünf verkappten Reitern angehalten, welche ihn herausrissen und mit ihm waldeinwärts jagten. Nachdem er eine Weile neben ihren Pserden hatte mitlaufen müssen, setzten sie ihn auf ein Pferd und trabten mehrere Stunden auf allerlei Holzwegen mit ihm umher, bis sie an das Bergschloß Wartburg bei Eisenach kamen. Hier wurde ihm ein Zimmer angewiesen, das mit allen Bequemlichkeiten, auch Büchern und Schreibmaterialien wohl versehen war, und ein zuverlässiger Diener besorgte seine Aufwartung. Die Leute in der Nachbarschaft erfuhren nicht, wer er sei, und wenn er aus-ritt oder sich sonst sehn ließ, wurde er für einen „Junker Georg" ausgegeben. Diesem Titel gemäß hatte er eine ritterliche Kleidung angelegt und sich nach Kriegsmannssitte den Bart wachsen lassen. Freunde und Feinde glaubten, er sei gestorben. Doch bald erfuhren sie, daß er noch lebe, denn er wurde nicht müde, seine Anhänger durch immer neue Schriften, welche im Druck erschienen, aufzurichten. Etwa ein Jahr verweilte er auf der- Wartburg. Als er erfuhr, daß einer von seinen Anhängern, der unverständige und eitle Karlstadt, es noch besser als Luther zu machen meinte, wenn er nicht bloß die Mißbräuche der alten Kirche abschaffe, sondern auch alle heiligen Gebräuche der Christenheit ausrotte, und daß er schon einen Teil des Volks mit wüsten Reden auf seine Seite gebracht hätte, da verließ er sofort sein sicheres Versteck, begab sich wieder nach Wittenberg und predigte gegen das eingerissene Unwesen acht Tage hintereinander mit solcher Kraft und Wirkung, daß die Verführten wieder auf den richtigen Weg zurückkehrten. Luthers Kampf gegen den Ablaßkram hatte ihm die ersten Anhänger gewonnen und wenige Jahre reichten hin, mehr und mehr Fürsten und einen immer größeren Teil des Volkes für seine Sache

3. Geschichten aus der Geschichte - S. 120

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 120 — so entkräftet an, daß ein dortiger Freund, der Prediger Dr. Jonas, es für nötig hielt ihn nach Eisleben zu begleiten. Trotz seiner Schwäche predigte er dort noch viermal und nahm alltäglich an den Verhandlungen über den Streit teil. Nach einigen Tagen sagte er: „Wenn ich die Grasen einig gemacht habe, will ich heimziehen, mich in meinen Sarg legen und den Würmern meinen Leib zu ' essen geben." Und an einem der nächsten Tage: „Ich bin hier zu Eis-lebeu getauft, wie, wenn ich hier bleiben sollte?" Als sein letztes Stündlein dawar, sprach Dr. Jonas zu ihm: „Ehrwürdiger Vater, wollt ihr aus die Lehre von Christo, wie ihr sie gepredigt, sterben?" Mit fester Stimme antwortete er: „Ja!" und entschlief eines sanften Todes. Es war am 17. Februar 1546, er war 63 Jahre alt geworden. Noch in derselben Nacht ward ein reitender Bote an seinen Landesherrn und Freund, den Kurfürsten von Sachsen, mit der Nachricht von seinem Tode gesandt; der Kursürst gab den Befehl, den Leichnam nach Wittenberg zu bringen. Zwei Tage darauf ging der Zug ab, von den mansfeldischen Grasen, vielen Edelleuten und fast allen Bürgern Eislebens begleitet. Unterwegs wurden in allen Dörfern die Glocken geläutet, und eine solche Menge schloß sich dem Zuge an, daß der Leichenwagen oft still halten mußte. In Wittenberg wurde der Sarg in die vom Kurfürsten bestimmte Gruft in der Schloßkirche hinabgelassen. Luther hinterließ seine Witwe und drei Söhne, sein letzter männlicher Nachkomme ist um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Dresden gestorben. Das große Werk, das Luther vollbracht, heißt die Reformation; seitdem hat sich die Christenheit in Katholiken und Protestanten (auch Evangelische oder Lutheraner genannt) geschieden. In Deutschland giebt es mehr Protestanten alfr Katholiken. Der große Kurfürst von Brandenburg. Er hieß Friedrich Wilhelm und war der Sohn des schwachen Kurfürsten Georg Wilhelm. Als er in das Jünglingsalter trat, schickte ihn der Vater zu seiner Ausbildung nach Holland, an dessen Spitze ein großer Kriegs- und Staatsmann stand. Unter den Adeligen der reichen Hauptstadt herrschte damals ein lasterhaftes Leben, in das sie auch den jungen Prinzen hineinzuziehn suchten; doch er war ihren Lockungen unzugänglich, sein reiner Charakter verabscheute jedes Laster. Dagegen erwarb er sich in einem Kriege der Holländer die erste Anerkennung seiner Tapferkeit und Kaltblütigkeit. Mit

4. Geschichten aus der Geschichte - S. 116

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 116 — jedem darüber Rede stehn. Die 95 Sätze verbreiteten sich schnell durch ganz Deutschland, wurden häufig gedruckt und abgeschrieben. Viele freuten sich und bewunderten den Mann, der den Mut hatte, so etwas öffentlich auszusprechen. Es war ein Funke in das Volk gefallen, der allmählich zu einer großen Flamme wurde. Die Ablaßkrämer wurden nun verhöhnt und beschimpft. Als Tetzel aus Jüterbogk zog, ritt ihm ein Edelmann im Walde nach und bat ihn um einen Ablaßbrief für eine künftige Sünde. Nachdem er den Zettel erhalten, nahm er ihm seinen vollen Geldkasten weg, rief lachend, dies sei die Sünde, die er habe begehen wollen, und brachte den Kasten nach Jüterbogk, wo er noch jetzt gezeigt wird. Zu dieser Zeit war Luther noch von der größten Ehrfurcht für das Papsttum erfüllt, nur den Ablaßhandel verdammte er. Aber durch sein stetes Studieren in der heiligen Schrift und durch die Angriffe seiner Gegner, die ihn nicht widerlegen konnten, wurde es ihm allmählich klar, daß noch vieles andere in dem damaligen Papsttum in Widerspruch mit der Bibel stehe. Nachdem der Papst mehrere vergebliche Versuche hatte machen lassen, Luther zum Widerruf seiner Behauptungen zu bewegen, erließ er eine Bannbulle (Verdammungsurteil) gegen ihn. Schon manchmal hatte ein Widersacher des Papsttums seine Offenheit mit dem Tode büßen müssen, aber zum Glück stand Luther bei seinem Landesherrn, dem Kurfürsten von Sachsen, in großer Achtung, und dieser ließ ihm kräftigen Schutz angedeihn. Doch hatte Luther keine Scheu vor dem Tode, in seinem festen Gottvertrauen fand er den unerschütterlichen Mut, für seine Überzeugung auch das Leben dranzusetzen. Er that nun einen Schritt, der einen vollständigen Bruch mit dem Papsttum zur Folge haben mußte. Er beschied die Mitglieder der Universität Wittenberg durch einen öffentlichen Anschlag ans den 10. Dezember 1520 vormittags vor das Elsterthor; dort errichtete man einen Scheiterhaufen und legte die Bücher des päpstlichen Rechts und die Verordnungen derpäpste daraus; dann ward derhausen angezündet, Luther trat hinzu und warf die Bannbulle in die Flamme, mit den biblischen Worten: „Weil du den Heiligen des Herrn betrübt hast, so betrübe und verzehre dich das ewige Feuer!" 1521 berief der neue Kaiser Karl V. eine Reichstagsversammlung nach Worms, schrieb auch au den Kurfürsten von Sachsen, daß er Luther mit sich auf den Reichstag bringen solle, und gab die Zusicherung freien Geleits für Luther, d. h. er würde für seine

5. Geschichten aus der Geschichte - S. 119

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 119 — zu entzünden. Dazu kam nun, daß er mit Hilfe mehrerer Freunde die Bibel ins Deutsche übersetzte, und zwar in solcher Sprache, wie die Mutter sie im Hause redet, die Kinder auf der Gasse, der gemeine Mann auf dem Markt. Das Alte Testament ist in hebräischer Sprache geschrieben, das Neue in griechischer, so daß die Bibel für das ungelehrte Volk wie ein verschlossenes Buch war; durch die Übersetzung wurde sie für jeden, der lesen gelernt, geöffnet, und nun vermochte das Volk, reich und arm, mit eigenen Augen zu erfahren, was in der Bibel steht, und sich daran zu erbauen. Luther hatte dieses schwierige Werk auf der Wartburg begonnen, nach sieben Jahren war es vollendet. Sein tüchtigster Gehilfe dabei und zugleich ein wertvoller Ratgeber für ihn in allen wichtigen Dingen war sein Freund Philipp Melanchthon, einer der bedeutendsten Gelehrten damaliger Zeit. Luther war hitzig und aufbrausend, er bedauerte selbst, daß ihm der liebliche, sriebsame und ruhige Geist mangele, boch er sagte: „Ich bin dazu geboren, daß ich mit den Rotten und Teufeln muß kriegen und zu Felbe liegen, barum meine Bücher viel stürmisch und kriegerisch sinb." So würde beim sein Ungestüm durch des Frennbes ratenbes Wort oft heilsam gemäßigt. Sein Familienleben warsehr glücklich; seine „liebe Käthe" war ihm eine getreue Hausfrau und im Laufe der Zeit sah er sich von fünf Kinbern umgeben, bte von Vater und Mutter sorgsam und liebreich erzogen würden. So ernst er war, wenn es sich um ernste und große Dinge hanbelte, so war er boch auch ein. heitrer Gesellschafter, zu Scherz geneigt und an brolligen Einfällen reich. Seine Zeit war durch feinen unermüblichen Fleiß in Geschäften mancherlei Art, befonbers in Abfassung zahlloser großer und kleiner Schriften fast ganz ausgefüllt, boch versäumte er barüber nicht feine Familie und fanb auch Muße sich mit Gartenbau, Drechseln uttb ähnlichem zu vergnügen. Eine seiner höchsten Frenben war die Musik, von der er sagte, sie sei eine so herrliche und eble Kunst, daß er nicht wisse, wo er biefelbe zu loben anfangen ober aufhören solle. Er war in bett letzten 20 Jahren feines Lebens beftänbig von schmerzhaften Krankheiten geplagt und mußte bisweilen mitten in einer Prebigt fast ohnmächtig die Kanzel verlassen, boch meistens siegte fein kräftiger Geist über die leiblichen Qualen. Seine letzte Reife war eine nach feinem Geburtsort Eisleben. Zwei Grafen von Mansfelb hatten einen Streit unter sich und baten ihn, bett Streit schlichten zu helfen. Es war Winter und er kam schon in Halle

6. Die allgemeine Weltkunde nebst der Geographie und Geschichte in Volksschulen - S. 443

1847 - Königsberg : Bon
443 war ein kluger und fleißiger Knaben darum beschloß der Vater> er solle ftudiren und ein Rechtsgelehrter werden. In dieser Ab- sicht brachte er ihn auf die lateinische Schule nach Magdeburg und dann nach Eisenach. Dort mußte er, um sein Brot zu verdienen, nach damaliger Sitte mit andern Knaben vor den Häusern singen. Eine wohlhabende Bürgersfrau, Namens Kotta, die sich an seinem andächtigen Gesänge erbaute, nahm ihn zu sich und unterstützte ihn. Schon in seinem 18. Jahre bezog ec die Universität zu Erfurt und wurde in seinem 22. Magister. Einst ging er mit seinem Freunde Alexius spazieren. Unterwegs über- raschte sie ein Gewitter, und Alexius wurde an Luthers Seite vom Blitze erschlagen. Dies bewog den jungen Luther, in ein Au- gustinerkloster zu gehen und die Gottesgelahrtheit zu studiren. Sein Vater, der von dem Mönschwesen nicht viel hielt, war an- fänglich sehr böse darüber, söhnte sich jedoch später wieder mit ihm aus. Unverdrossen verrichtete er die niedrigsten Dienste und sammelte sogar Almosen für das Kloster, studirte aber dabei flei- ßig die heilige Schrift. Er fand nämlich zu seiner großen Freude in der Kloster-Bibliothek eine lateinische Bibel, die erste in seinem Leben. Bisher hatte er das Buch mit den sonntäglichen Evange- lien und Episteln für die ganze heilige Schrift gehalten. Der !>r. Staupitz, Aufseher der Augustinerklöster in Sachsen, be- freite ihn von den niedrigen Geschäften, und auf dessen Empfeh- lung wurde Luther 1508 von dem Kurfürsten von Sachsen, Friedrich dem Weisen, an die neugestiftete Universität Witten- berg berufen. Freudig begab sich Luther nach dem dortigen Kloster, übernahm die Prosessorstelle und späterhin auch das Pce- digtamt an der Schloßkirche daselbst. In den letzten Zeiten war schon oft eine Kirchenverbesserung an Haupt und Gliedern gefordert worden; jetzt sollte sie auf ganz andere Weise, als man gedacht, allmälig ins Leben treten. Zur Vollendung der neuen Peterskirche in Rom, des herrlichsten Ge- bäudes der neuern Zeit, sollte ein allgemeiner Ablaß die erforder- lichen Summen schaffen. Die Kirche erließ die äußeren Buß- übungen (Fasten, Wallfahrten ?c.) gegen Geldbeiträge zu from- men Zwecken. Aber die Ablaßkramer wichen ab von der alten Kirchenlehre und lehrten unter Anderem, daß jegliches Verbrechen auch dasjenige, was man noch künftig zu begehen denke, hier auf Erden seine Loskaufung von Gottes Strafe finde. Dadurch wurde wahre Sittlichkeit und echte Frömmigkeit aufs höchste be- droht. Ulrich Zwingli in Zürich und I)r. Martin Luther er- eiferten sich sehr über eines Samsons sin der Schweiz) und eines Tetzels fin Sachsen) Ablaßhandel und predigten und schrie- den stark dagegen. Endlich schlug Luther am 31. Okt. 1517 nach akademischer Weise (wenn ein Gelehrter die übrigen zu ei- nem Streite — Disputation — herausforderte) 05 Theses oder Sätze an die Schloßkirchthüre zu Wittenberg, durch welche ec

7. Die allgemeine Weltkunde nebst der Geographie und Geschichte in Volksschulen - S. 445

1847 - Königsberg : Bon
445 das versprochene sichere Geleite aufhebe (wie Wenzel bei Huß); aber der Kaiser sagte: „Und wenn auch alle Treue aus der Welt gewichen wäre, so soll sie doch bei Kaiser Karl zu finden sein." Man ließ ihn ruhig abreisen, sprach aber dann die Reichsacht über ihn aus (d. h. die Reichsgesetze sollten ihn nicht mehr gegen Todt- schlag rc. schützen). Unterwegs überfielen ihn verkleidete Männer, vertraute Freunde des Kurfürsten von Sachsen, rissen ihn mit scheinbarer Gewalt aus dem Wagen und führten ihn nach der Wartburg bei Eisenach. Hier lebte er 10 Monate !lang ver- borgen unter dem Namen Junker Jörg. Seine Gegner glaub- ten ihn todt; er aber arbeitete fleißig, übersetzte das neue Testa- ment, beantwortete die Vorwürfe seiner Feinde und schrieb seinen Freunden Briefe des Trostes und der Ermunterung. Als er er- fuhr, daß mehrere seiner Freunde zu weit gingen in ihrem Eifer, erschien er unvermuthet in Wittenberg und predigte wider sie. Schon 1527 hatte Luther seine Kathechismen geschrieben, und 1534 war die ganze Bibel übersetzt und in vielen tausend Exempla- ren gedruckt. Durch diese und andere Schriften wurde Luthers Lehre weit verbreitet, und die Zahl seiner Anhänger wuchs von Tag zu Tage. Kaiser Karl V. — Die nächsten Folgen -er Reformation. Karl X. (1519— 1550) wurde im I 1500 zu Gent in Flandern (Holland) geboren und daselbst erzogen. Sein Vater war Philipp der Schone von Oesterreich, ein Sohn des Kai- sers Maximilian, seine Mutter Johanna, eine Tochter Ferdi- nands von Arragonien und Jsabellens von Kastilien. Von seiner Mutter erbte er die Königreiche Spanien, Neapel und Sardi- nien nebst dem jüngst entdeckten goldreichen Amerika, von seinem Vater die österreichischen und burgundischen Länder, so daß in seinem Reiche die Sonne nicht unterging. Dazu wurde er im I. 1519 zu Frankfurt noch zum deutschen Kaiser gewählt und das Jahr darauf mit großer Pracht zu Aachen gekrönt. Dieser mächtige Fürst wäre wohl im Stande gewesen, die Reformation zu unterdrücken, wenn er nicht an dem französischen König Franzi, in Westen und an den Türken im Osten die 1453 Konstantinopel erobert hatten, zwei schlimme Feinde gehabt hätte. Unter diesen günstigen Umständen verbreitete sich in weni- gen Jahren die Reformation über einen großen Theil des mitt- lern und nördlichen Deutschlands und in Preußen. Auf dem 8- 55- (Kdrfr. I. S. 265.) Reichstage zu Augsburg 1530 mußten die Protest""^" (so nennt man seitdem diejenigen, welche der Lehre der ka schon Kirche widersprechen) ihr Glaubensbekenntniß, das

8. Die allgemeine Weltkunde nebst der Geographie und Geschichte in Volksschulen - S. 442

1847 - Königsberg : Bon
442 selbe Schönheit der Gegenden, dieselbe Fruchtbarkeit des Bodens und Menschen, die weder von Kleidung noch von Arbeit einen Begriff hatten. Doch waren sie schon in Stämme eingetheilt und hatten Oberhäupter, Kaziken. Kolumbus konnte vorläufig keine Entdeckungsreisen weiter unternehmen: denn eins seiner Schiffe war eben gescheitert, und das zweite hatte sich heimlich entfernt, um das wahre Goldland für sich aufzusuchen. Er ließ daher in dem errichteten Fort eine Besatzung von 38 Spaniern zurück und segelte den 4. Jan. 1493 wieder nach Europa ab, wo ec mit großem Jubel empfangen wurde. Darauf unternahm er noch drei solcher Entdeckungsreisen und starb den 20. Mai 1500 zu Valladolid, wurde aber auf St. Domingo begraben. Der von ihm entdeckte Erdtheil erhielt von dem Florentiner Amerigo Vespucci, welcher eine Beschreibung desselben herausgab, den Namen Amerika. Dritter Abschnitt. Wie neuere Leit. Von der Reformation bis jetzt. Deutschland, Drandenburg-Preußen und das wichtigste von einigen andern Staaten. I. Von der Reformation bis zum westphäli- schen Frieden. (1517 — 1648) . (Kdrfr. I. S. 201.) §• 54. Fk artin Futh er. — Die Reformation. (Kdrfr. 1. S. 204 und Nr. 144 — 146.) In dem Dorfe Möhra bei Schmalkalden wohnte ein from- mer Bergmann, Hans Luther, mit seinem Weibe Margare- the, geborne Lindemann. Am >0. Nov. «483, als sie gerade in Eisleben auf dem Jahrmärkte waren, wurde ihnen ein Sohn geboren, und da ec sehr schwächlich war, den folgenden Tag ge- tauft und Martin genannt. Der Vater, der bald darauf nach Mansfeld zog, schickte das Söhnlein fleißig in die Schule und trug es bei schlechtem Wetter auf den Armen hinein. Martin

9. Die allgemeine Weltkunde nebst der Geographie und Geschichte in Volksschulen - S. 444

1847 - Königsberg : Bon
444 zu einer öffentlichen Disputation gegen den Ablaßkram auffor- derte. In kurzer Zeit waren diese Sätze gedruckt und durch ganz Europa verbreitet. Tetzel und mit ihm der ganze Orden der Dominikaner erklärten jeden Angriff auf den vom Papste an- geordneten Ablaß- für einen Angriff auf den Papst und' die Kirche selbst und schalten den Luther einen Ketzer (Ungläubigen). Hier- auf wurde Luthern in Augsburg von dem Cardinal Cajetan der Widerruf aufgefordert, zu dem er sich aber nicht verstand, weil man ihm, wie er forderte, seine Irrthümer aus der Bibel nicht beweisen konnte. Keinen bessern Erfolg hatte die Unter- redung mit dem freundlichen Kammerherrn von Miltitz und die Disputation zu Leipzig mit dem I)r. Johann Eck aus Ingol- stadt (1519), ja, als dieser endlich aus Rom eine päpstliche Bann- bulle gegen Luther nach Deutschland brachte, riß dem entrüsteten Luther die Geduld, und er verbrannte öffentlich vor dem Elsterthore zu Wittenberg (10. Dezbr. 1520) die Bannbulle und das päpstliche Recht mit den Worten: „Weil du den Heiligen des Herrn betrübt hast, so betrübe und verzehre dich das ewige Feuer!" Kaiser Karlv., welchem die Sache doch zu bedenklich wurde, berief 1521 die deutschen Fürsten und hohen Geistlichen zu einem Reichs- tage nach Worms. Dort wollte man überlegen, wie „diemön- che zu versöhnen seien." Luther, der auch vorgefordert wurde, machte sich getrost auf die ll-eise und dichtete unterwegs das Lied): „eine feste Burg ist unser Gott." Man erinnerte ihn an Hus- sens Schicksal, aber er sagte: „Und wenn sie ein Feuer machten, das zwischen Wittenberg und Worms bis an den Himmel reichte, wollte ich mich doch nicht fürchten." Kurz vor Worms warnte man ihn noch: „Gehe nicht hinein!" Ec antwortete: „Und wenn so viel Teufel in Worms wären, als Ziegel auf den Dächern, ich ginge doch hinein." In Worms mußte man ihn (17. Apr. 1521) durch unzähliges Volk in die Reichsversammlung führen, wo der Kaiser mit 1200 geistlichen und weltlichen Herren saß. Hier sollte er seine Lehre widerrufen; er wollte aus der heiligen Schrift widerlegt sein. Da man sich jedoch auf keine Disputation einlassen wollte, sondern eine kurze Antwort verlangte, so sprach Luther das mächtige Wort: „So will ich denn eine Antwort ge- den, die weder Hörner noch Zähne haben soll (eine schlichte Rede). Es sei denn, daß ich mit Zeugnissen der heiligen Schrift oder mit öffentlichen, hellen und klaren Gründen und Ursachen überwun- den und überwiesen werde, so kann ich nicht widerrufen, weil es weder sicher noch gerathen ist, etwas gegen das Gewissen zu thun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen." Darauf erklärte der Kaiser, ec sei fest entschlossen, alle seine Reiche, Länder und Freunde, ja selbst das Leben daran zu \ setzen, damit dieses gottlose, ihm und dem deutschen Volke zur -Schande gereichende Unternehmen keinen weitern Fortgang habe. Man versuchte auch bei Karl X., ihn dahin zu vermögen, daß ec

10. Die allgemeine Weltkunde nebst der Geographie und Geschichte in Volksschulen - S. 446

1847 - Königsberg : Bon
446 lanchthon, Luthers sanfter Freund, geschrieben hatte, öffentlich dem Kaiser und Reich übergeben. Als dagegen der Kaiser die Wiedervereinigung der Protestanten und Katholiken verlangte, schloffen sechs deutsche Fürsten, mehrere Grafen und viele Städte zu Schmalkalden einen Bund zur Vertheidigung der neuen Lehre (1531). Endlich war das Concil (Kirchenversammlung) zu Trient (1315) zusammenberufen worden; allein der schmal- kaldische Bund verweigerte die Beschickung, weil dort nur Ka- tholiken unter des Pabstes Vorsitze entscheiden sollten. Der er- zürnte Kaiser rüstete nun zum Kriege. Da rückten auch die Truppen des schmalkaldischen Bundes schnell an die Dona.u (1510). Schon hatte der Kaiser die Acht über die Bundesfürsten ausge- sprochen und ließ sie in des Kurfürsten Johann Friedrich Landen durch dessen Vetter, Herzog Moritz von Sachsen, vollziehen. Da trennten sich die Bundesfürsten.— Den Stifter der Reforma- tion hatte die gütige Vorsehung mit dem so lange gefürchteten Anblicke eines Religionskrieges verschonen wollen; denn Luther starb den 18. Febr. 1540 in seiner Geburtsstadt Eisleben, kurz vor dem schmalkaldischen Kriege, tief betrauert von seinen Freun- den, und wurde in der Schloßkirche zu Wittenberg begraben. Seine Frau, eine ehemalige Nonne Katharina v. Bora, über- lebte ihn mehrere Jahre. — Der Kurfürst eroberte zwar sein Land wieder, wurde aber den 24. Apr. 1517 bei Mühlberg geschlagen, selbst gefangen und mußte nun seinen Vetter Moritz mit dem Kurfürstenthum belehnen sehen. In Wittenberg zeigte man dem Kaiser Luthers Grab. Sein General, Herzog Alba (Kdrfr 11. Nr. 32.), der später die protestantischen Niederländer so grausam verfolgte, rieth: „Man lasse doch den Ketzer ver- brennen!^ Der Kaiser aber erwiederte: „Luther steht jetzt vor seinem Richter. Ich führe nicht Krieg mit den Todten, sondern mit den Lebendigen." Philipp von Hessen, einer der Bundes- fürsten, überlieferte sich selbst. So war der schmalkaldische Bund vernichtet, aber nicht der Protestantismus. Denn als nun Karl V. selbst eine vorläufige Religionsnorm (—Vorschrift, das Interim) den Protestanten vorschrieb, und man schon für Deutschlands ganze Freiheit fürchtete, trat eben jener bisher so zweideutige Kurfürst Moritz (er war Protestant) hervor und zeigte sich als Retter der neuen Lehre, wie der alten Reichsfreiheit. Nach heim- lich abgeschlossenem Bunde mit mehreren Fürsten brach er im Frühjahre 1552 plötzlich gegen den ungerüsteten und getäuschten Kaiser Karl in Jnsbruck auf, zwang den kranken Herrn zur ei- ligen Flucht und erreichte so zu Passau einen Vertrag (1552), in welchem die Protestanten völlige Religionsfreiheit zugesichert erhielten, die drei Jahre später im Augsburger Religions- srjeden (1555) bestätigt wurde. Kurfürst Johann Friedrich er- . hielt einige Länder wieder, in denen jetzt seine Nachkommen, die
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