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1. Das erste Geschichtsbuch - S. 114

1892 - Gera : Hofmann
— 114 — Hagen, ihr Verwandter, Abschied von ihr nahm, da bar sie ihn, ihren kühnen Mann, der keiner Gefahr achte, im Streit zu schirmen. Hagen sprach: „Was kann Siegsried geschehen, da er am ganzen Leibe unverwundbar ist?" Sie aber sprach: „Wohl ist er das bis aus eine Stelle zwischen den Schultern. Wie leicht könnte ihn hier ein Speerwurs treffen!" Der arge Mann sprach: „Wohl will ich in seiner Nähe reiten und ihn schirmen, aber dann müßte ich die Stelle genau kennen!" Und sie sprach arglos in ihrer Angst: „Ich will dahin mit Seide ein Kreuz auf sein Gewand nähen!" Fröhlich ging der grimme Hagen von dannen. Die Heerfahrt war nun unnötig und wurde abgesagt, weil Friedensboten gekommen seien; dagegen ward eine Jagd im Odenwalde angesagt. Als Siegfried in der Frühe Abschied von seinem Weibe nahm, da fiel sie ihm weinend um den Hals und bat ihn, heute daheim zu bleiben. Sie habe geträumt, wie ihn zwei wilde Eber über die blutige Heide verfolgt und dann zwei Berge ihn begraben hätten. Er aber sprach: „Liebes Weib, wer sollte mir etwas zuleide thun? Ich bin ja unter Verwandten und Freunden!" Er küßte sie auf den Mund und zog den Jagdgenossen zu, sie aber sah ihm lange in Thränen nach. Die Jagd tobte fröhlich durch Berg und Thal. Viel Wild wurde erlegt. Einen Bären sing Siegfried lebendig und ließ ihn dann im Lager los. Das Tier sprang durch die Küche und warf alles wild durcheinander. Die Hunde jagten ihm bellend nach, aber Siegfried war allen voran im Laufe und schlug den Bären mit dem Schwerte tot. Beim Mittagsmahle war ein guter Trunk vergessen. Hagen entschuldigte sich, er habe den Wein an einen andern Ort gesandt, es sei aber in der Nähe ein kühler Quell unter einer breiten Linde, da könnten sie den Durst löschen. Alles brach dahin auf. Hagen aber sprach zu Siegfried: „Wollen wir nicht im Wettlauf den Brunnen erreichen?" Und das geschah. Wie wilde Panther sprangen Hagen und Günther ohne Waffen und Oberkleid über die Heide, Siegfried aber in Gewand und Waffen kam doch früher zum Brunnen. Hier legte er die Waffen ab, trank aber nicht vor dem Könige, wiewohl er sehr dürstete. Erst als Günther getrunken hatte, bückte er sich nieder, um den heißen Durst zu löschen. Darauf hatte der tückische Hagen gewartet. Schnell trug er Siegfrieds Waffen beiseite, ergriff den Speer und stieß ihn durch das Kreuzzeichen dem Helden in den Rücken, so daß das Blut hoch aufsprang. Zum Tode getroffen, sprang Siegsried auf, fand aber nur seinen Schild, ereilte den flüchtigen Hagen und schlug ihn damit nieder. Aber seine Kraft schwand, seine Farbe verblich, und nieder sank er in die Blumen. Sterbend sprach er: „Weh euch, ihr bösen Feiglinge! Ist das der Lohn für meine Dienste und meine Treue? Mit Schmach wird fortan euer Name bedecket sein!" Da ihn die Ritter und König Günther beklagten, sprach er: „Was weint ihr um den Schaden, den ihr selbst angerichtet?" Hagen aber sprach: „Warum klagt ihr? Nun hat all' unsre Sorge ein Ende. Niemand kann uns fortan bestehen!" Der Todwunde erwiderte: „Hätte ich euern tückischen Sinn erkannt, hätte ich mich wohl schüfen mögen! Mich jammert nichts mehr als Kriemhild, mein liebes Weib, und mein armer Sohn. Mit Schanden wird man ihm nachsagen, daß seine nächsten Verwandten seinen Vater erschlagen haben." Zuletzt sprach er zu Günther: „Vergiß nicht, daß mein liebes Weib deine Schwester ist! Ach, wie müssen nun mein Vater und meine Mannen lange auf mich warten!" Endlich kam der Todeskampf. Alle Blumen färbte sein Blut rot. Dann lag er still und tot. Die Leiche aber hoben die Jäger auf, brachten sie in dunkler Nacht nach Worms und stellten sie vor Kriemhilds Gemach.

2. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 179

1899 - Gera : Hofmann
179 Könige feindlich gesinnt. In der größten Not kam wunderbare Hilfe durch eine Jungfrau. 3. Die begeisterte Jungfrau verhieß Hilfe. In dem lothringischen Dorfe Domremy lebte der Bauer Thibaut d'arc. Seine Tochter Jo- hanna war ein stilles, schwärmerisches Mädchen. Als sie von der Not des Königs und des Vaterlandes hörte, flehte sie Gott inbrünstig um Rettung an und hing beim Weiden ihrer Herden unablässig dem Gedanken nach, wie dem Könige in seiner Not zu helfen sei. Da sah sie in ihren Träumen unter ihrem Lieblingsbaume den Erzengel Michael erscheinen, der sie zur rettenden That auf- forderte; ihre Gedanken und Träume wurden ihr zu göttlichen Offenbarungen. Sie verließ ihre Herden, ließ sich von einem Oheim zu dem Befehlshaber der nächsten Stadt führen und teilte ihm die göttliche Botschaft mit (1429). Dieser verlachte sie anfangs, wurde aber dann durch ihre unerschütterliche Festigkeit besiegt und beschloß, sie zum Könige geleiten zu lassen. Das begeisterte Volk gab der Jungfrau ein Pferd, Waffen und männliche Kleidung, und zwei Rittex geleiteten sie unter vielen Gefahren zu dem Könige. Diesem sagte sie, daß Gott sie berufen habe, Orleans zu befreien und den Karf König zur Krönung nach Reims zu führen. einemminiatur- Der König stellte sie vielfach auf die Probe, um sich zu Gemälde. W. überzeugen, ob sie nicht eine Betrügerin oder Zauberin sei, aber sie bestand in allen Stücken die Prüfung. 4. Sie verrichtete Thaten des Mutes und Edelsinns. Nun stellte sich die Jungfrau mit einer weißen Fahne in der Hand an die Spitze eines Heerhaufens, den sie in strenger Zucht hielt, und zog gegen die Engländer vor Orleans. Sie begann den Sturm auf die Boll- werke, und obgleich ein Pfeil sie traf, trieb sie doch die Feinde zurück und entsetzte das halbverhungerte Orleans. Diese That hob den ge- sunkenen Mut der Franzosen; Gelder und Truppen strömten zur Hilfe herbei; der Jungfrau küßte man dankbar Kleider und Füße. Sie bewog nun den König, mitten durch das von Engländern besetzte Gebiet nach Reims zu ziehen und sich krönen zu lassen. Viele Städte und Schlösser auf dem Wege nahm sie mit Sturm. Einmal wurde ihr der Helm zerschmettert und sie selbst in einen Graben gestürzt, aber ihr Heldenmut blieb unerschütterlich. Dabei ließ sich ihr rein menschliches Gefühl, ihr kindliches Wesen auch im Kriegsgetümmel nicht ersticken. Beim Anblick der vielen Leichen brach sie in Thränen aus. Ein Soldat hieb neben ihr unbarmherzig einen Engländer nieder, der um Gnade flehte. „Böser Franzose!" rief Johanna erschüttert aus. Sie sprang vom Pferde, richtete dem Verwundeten den Kopf auf, pflegte und tröstete ihn und erleichterte ihm seine Sterbestunde. So heldenhaft sie war, so weich und weiblich empfand sie doch. Bei der Krönung stand sie mit ihrer Fahne an der Seite des Königs. Nach der Feier umfaßte sie seine 12* 1429 *

3. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 187

1899 - Gera : Hofmann
187 fleisch, genannt Gutenberg, in Straßburg (geb. 1399 in Mainz) auf den Gedanken, die Buchstaben einzeln in Metall, als sogenannte Typen, herzustellen. Statt des Pergaments nahm er das schon im 14. Jahr- hundert erfundene Leinenpapier. Von Straßburg ging er nach Mainz, wo er sich mit Peter Schösser und dem Goldschmied Johann Faust vereinigte. Letzterer schoß das Geld zu einer Druckerei vor, in der die Arbeiter eidlich Verschwiegenheit geloben mußten. 1455 erschien das erste große Buch, eine lateinische Bibel. Zum Ärger der Mönche und zum Erstaunen des Volkes verkaufte man die Bücher für den zehnten Teil des bisherigen Preises. Unwissenheit und Brotneid nannten die Kunst ein Höllenwerk und Faust einen Bundesgenossen des Satans. Gutenberg wurde noch vor 1455 von Faust und Schösser aus ihrem Verbände gestoßen. Mit Hilfe des Mainzer Kurfürsten legte er zwar in Mainz eine Druckerei an, doch überlebte er den Undank nicht lange. Der Krieg zerstreute später die Buchdruckergesellen und machte die Er- findung zum Gemeingute. Fragen: Warum sind die Erfindungen das Morgenrot einer neuen Zeit? — Welche Folgen hatte jede? 58. Die Ursachen -er Reformation oder jlirchenverbessernng. 1. Die verweltlichte Geistlichkeit. Im Laufe des Mittelalters waren allerlei Mißbräuche in der christlichen Kirche eingerissen. Immer mehr Stimmen erhoben sich, welche die weltliche Herrschsucht der Päpste, das verweltlichte Leben der Geistlichen, das Überhand- nehmen der Klöster, die Entartung des Klosterlebens und einzelne Lehren der Kirche hart angriffen. Durch weltliche Mittel suchte der Papst diese Stimmen zum Schweigen zu bringen. Da sollten Bann und Interdikt, Scheiterhaufen, Ketzerkreuzzüge und In- quisition das Ansehen der christlichen Kirche erhalten. Der kleine Bann schloß von der Teilnahme an den Sakramenten aus, der große Bann verband mit der Verfluchung die Ausstoßung aus der kirchlichen Gemeinschaft. Das fürchterlichste aller kirchlichen Strafmittel war aber das Interdikt, d. h. das Verbot gottesdienstlicher Handlungen in einem bestimmten Bezirke oder ganzen Lande. Die Kirchen wurden geschlossen, die Glocken nicht mehr geläutet, kein Ehebund kirchlich eingesegnet und die Toten ohne Sang und Klang zur Gruft getragen; die Taufen fanden nur auf ausdrückliches Verlangen statt, und nur den Sterbenden wurde das heilige Abendmahl gereicht. 2. Die römische Habgier. Es erfüllte viele Deutsche mit tiefem Groll, daß durch listige Veranstaltungen des römischen Hofes so viel deutsches Gold und Silber aus kirchlichen Stiftern oder aus den Händen der Gläubigen nach Italien floß. So läßt der fromme, aber auch deutsch- gesinnte Walther von der Vogelweide in einem seiner schneidigen Lieder den Papst sprechen: „Ich Hab' zwei Deutsche unter eine Krön' a gebracht, damit das Reich sie stören und belasten, und mittlerweile füllen wir den Kasten. Ich Hab' zum Opferstock gedrängt sie, all ihr Gut ist

4. Die Geographie in der Volksschule - S. I

1897 - Gera : Hofmann
Gtwnphie in der Dolksschnlc. Ei» methodologisches Hilfsbnch für den erdkundlichen Unterricht. Von Adolf Hromnau. Zweite, neu bearbeitete Auflage. ^ mit mehreren Skizzen und Aarten in Farbendruck Aufpiii'i Iii Krissel Georg-Eckert-Instttut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig Georg-Ecfceri-Institiif tur internationale Schulbuchforscl * Wiss. Handbibliothel Gera. Lmhxi ruc^ un^ Ödn Theodor £>ofmaot:aunschwgig 1897. ^ — Bibliothek — . inventarisiert: ünfeü

5. Deutsche Prosa - S. 201

1900 - Gera : Hofmann
Hermann Hettner. 201 stimmte Instrument der Seele sich wieder herstellte und zerrissene Saiten wieder angeknüpft würden; als ob in seiner Gegenwart sich die Unruhe der aufgeregten Triebe stille, wie vor der Musik der Natur. Aber die Erinnerung, daß er mit der Transfiguration sein Lebens- werk schloß, lenkt unsern Blick noch einmal auf die Hauptgestalt. Es giebt Momente im Leben, wo sich der Gedanke einstellt, daß das Da- sein auf seinem Höhepunkt angelangt sei. Und während der Sterbliche oft auch da, wo das Leben nur noch eine Kette von Schmerzen für ihn und eine Pein für andere ist, sich an dies Leben anklammert: so wird er in jenen Momenten sich fürchten vor der Leerheit, in die ihm nun allgemach herabzusinken bestimmt ist; und wo der Strom des Lebens am höchsten geht, scheint es nicht so schwer zu vergehen. So hat Raphael, nach Vasaris Worten, nachdem er das Antlitz seines Christus vollendet hatte, den Pinsel nicht weiter berührt. Ernst Metfchet. 1861. Hermann Hettner, Kleine Schriften. (Braunschweig. F. Vieweg & Sohn.) Ernst Rietschel war am 15. Dezember 1804 zu Pulsnitz geboren. Pulsnitz, die Geburtsstätte des Schöpfers der Lessing-Statue, ist von Kamenz, der Geburtsstütte Lessings, nur zwei Stunden entfernt. Rietschel stammte aus eiuer braven, aber armen Handwerkerfamilie. Sein Großvater war Seilermeister in Pulsnitz gewesen, sein Vater war Beutler oder Handschuhmacher; in späteren Jahren erhielt er zu diesem Erwerb, der in dem kleinen Landstädtchen kümmerlich genug war, das Küsteramt. Im Vater waren die Züge des Sohnes bereits ganz bestimmt vorgezeichnet; Rietschel pflegte oft in dankbarster Er- innerung von ihm zu erzählen. Es ist ein rührendes Bild schlicht deutscher Bürgerlichkeit, wenn wir hören, wie der arme bildungsbe- dürftige Mann, der in seiner Jugend große Lust zum Studieren ge- habt hatte, dies aber wegen seiner Mittellosigkeit hatte aufgeben müssen, überall nach Büchern herumsucht und sich zu diesem Behuf sogar eine kleine Leihbibliothek anlegt, wie er seinen Freunden und Nachbarn ein vorsichtiger Ratgeber und Helfer ist, und wie er fern von jeder Frömmelei, aber voll tiefen Gottvertrauens nicht bloß allsonntäglich in die Kirche geht, sondern auch stille Hausandachten hält und jeden Morgen und Abend sein geistlich Lied singt, in welches Frau und Kinder freudig miteinstimmen. Die Mutter war sanft und in sich ge- kehrt, bescheiden und unermüdlich thätig; emsig darauf bedacht, durch

6. Deutsche Prosa - S. 266

1900 - Gera : Hofmann
266 Ferdinand Cohn. (Miete der Botanik stehen die chips from a German Workshop, die Schnitzel aus beutscher Werkstatt, in höchster Achtung bei dem Aus- lanbe, und gern ergreife ich die Gelegenheit, wenigstens die ersten der Meister zu nennen, bereu Werke zu den bebeutenbsten Schöpfungen beutscher Wissenschaft zählen: zuerst Matthias Schleiben, der durch seine Forschungen über die Entstehungen der Zelle im allgemeinen, und des Pflanzenkeims insbesonbere, im Jahre 1837 den mächtigsten Impuls gegeben, neben ihm Hugo Mohl von Tübingen, Johannes Haustein von Bonn, Karl Nägeli von München, Anton be Vary von Straß- burg, die alle nicht mehr unter den Lebenben weilen; dann Julius Sachs in Würzburg, Pringsheim und Schwenbener in Berlin, Pfeffer in Leipzig, Göbel in München, Strasburger in Bonn, Wiesner in Wien; unter der Führung dieser und noch vieler anberer Meister hat sich, nachbem in den letzten breißig Jahren fast auf allen deutschen und außerbeutschen Universitäten öffentliche botanische Laboratorien, pflanzenphysiologische Institute errichtet worben, eine Schule jüngerer Forscher herangebilbet, welche die Entwickelungsgeschichte der Pflanzen so beharrlich und erfolgreich bearbeiteten, daß gegenwärtig kaum noch eine wichtige Pflanzenart existiert, bei der nicht die Kette ihrer Ent- wickelung, Glieb an Glieb aneinanber gereiht und zum geschlossenen Ringe zusammengefügt ist. Und ba zu gleicher Zeit auch die Ent- wickelung der Tierwelt nicht minber vollstänbig beobachtet und erforscht wirb, so sinb wir gegenwärtig im staube, die Entwickelung der gesamten lebenben Welt von den einfachsten Pflanzen bis zum höchsten Wesen, dem Menschen, zu verfolgen und durch Vergleichung ihrer Ähnlichkeiten und Verschiebenheiten die allgemeinen Entwickelungsgesetze des Lebens zu ergrünben. Aber in der Entwickelungsgeschichte ist die Bebeutung nicht er- schöpft, welche das Mikroskop für die wissenschaftliche Botanik gewonnen hat. Denn die Zellen, beren Gestaltung und Entwickelung das Mikroskop uns vorführt, sinb nicht bloß die Bausteine, durch bereu Aufeinanberlegung der Pflanzenleib sich aufbaut; jebe Zelle ist auch ein lebenbes Wesen für sich, ja sie ist das eigentlich Lebenbige in der Pflanze. Denn wenn der Baum aus der Erbe seine Nahrung auf- nimmt, so sinb es die Zellen seiner Wurzeln, die sich mit dem Wasser sättigen, welches in den Poren des Bobens verborgen rinnt; wenn die Laubwipfel im Sonnenlicht Lebenslust ausatmen, so sinb es die grünen Zellen des Blattgewebes, welche aus der Atmosphäre Kohlensäure ein- schlürfen und aus dieser Luftart durch eine von der Sonne auf sie übertragene Kraft grünes Pigment, Stärke und anbere Stoffe erzeugen, wührenb sie den Sauerstoff in die Luft wieber ausstoßen. Wächst die Pflanze, so sinb es ihre Zellen, die sich infolge ihrer Ernährung behnen

7. Deutsche Prosa - S. 210

1900 - Gera : Hofmann
210 Hermann Hettner. liegt. In der Darstellung unserer Dichter und Denker war immer nur die freieste Idealisierung oder die althergebrachte Manteldrapierung üblich gewesen; hier in der unplastischen, malerisch barocken Rokoko- tracht erschien sie um so unerläßlicher. Zwar war Rauch mit seinem gewaltigen Friedrichdenkmal vorangegangen und hatte Kant und Lessing in der vollen Naturtreue ihres unmittelbarsten Zeitkostüms hingestellt; aber was für ein bedeutender Unterschied zwischen einer an festem Hintergründe gelehnten Sockelfigur und einer freien, runden, von allen Seiten schaubaren und umgehbaren Monumentalstatue! Man sieht diesem ersten Entwurf die Freude an, mit welcher Rietschel in den Gewandmotiven auf seinen Entdeckerzug ausging. Dagegen ist dieser erste Entwurf in der Haltung und Physiognomiken Durchbildung noch ganz allgemein; das Haupt ist ruhig vorwärts blickend, die gemessene Schrittstellung ohne Leben und Bedeutung, die Stütze ist der her- gebrachte nichtssagende Baumstamm. Der zweite Entwurf ist bereits lebendiger; der Kopf hat bereits jene sprechende Seitenwendung, welche das aufmerksam Ausschauende, das lebhaft Erwägende, das allzeit Schlagfertige und Kampfbereite so höchst treffend bezeichnet; die Haltung des Körpers und die Fußstellung hat folgerichtig gesteigerten Ausdruck gewonnen; aber doch fehlt noch das unwiderstehlich Durchschlagende, wie denn auch immer noch der leidige Baumstamm unangetastet ge- blieben ist. Der dritte und letzte Entwurf ist Leben und Ausdruck durch und durch. Auch die Stütze hat sich in eine abgebrochene griechische Säule verwandelt, bedeutungsvoll das Gesamtbild Lessings vollendend. Es ist die gewaltigste Monnmentalstatue, welche die ge- samte neuere Kunst geschaffen hat. Wie frei und tapfer, hell und scharf ausschauend, kühn vorschreitend, fest und unverrückbar auf sich selbst gestellt steht Lessing vor uns, echt plastisch und doch naturwüchsig in seiner Zeit wurzelnd, durch welche sein ganzes Leben und Kämpfen bedingt und bestimmt war. Man muß eine französische Statue aus der Rokokozeit oder selbst eine Statue Gottfried Schadows mit diesem Lessing vergleichen, um sich schlagend zu überzeugen, wie unverständig das Gerede derer ist, welche hier von Naturalismus zu sprechen wagen. Das Lebensgeheimnis dieser genialen Schöpfung ist vielmehr das innige Zusammengehen von vollster Naturwahrheit und feinsinnigster Stili- sierung. Es ist von neueren Knnstforschern die Forderung aufgestellt worden, daß es darauf ankomme, die schönheitsvolle Formengroßheit der italienischen Renaissance mit der derberen Individualisierung der altdeutschen Meister zu erfüllen und zu durchdringen. Hier ist diese Forderung geschichtliche Thatsache. Die Lessingstatue ist, wie sich die Schulsprache ausdrückt, die vollendetste Einheit der idealistischen und realistischen Richtung. Weil diese Lessingstatue innerhalb aller strengsten

8. Deutsche Prosa - S. 228

1900 - Gera : Hofmann
228 Hermann von Helmholtz. sinnigen Lehrers, des Physiologen Johannes Müller, desselben, der in gleicher Zeit auch du Bois-Reymond, Brücke, Ludwig und Virchow der Physiologie und Anatomie zugeführt hat. Johannes Müller kämpfte noch in den Rätselfragen über die Natur des Lebens zwischen der alten wesentlich metaphysischen, und der neu sich ent- wickelnden naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise; aber die Über- zeugung, daß die Kenntnis der Thatsachen durch nichts anderes zu ersetzen sei, trat bei ihm mit steigender Festigkeit auf; und daß er selbst noch rang, machte seinen Einfluß auf seine Schüler vielleicht um so größer. Junge Leute greifen am liebsten gleich von vornherein die tiefsien Probleme an, so ich die Frage nach dem rätselhaften Wesen der Lebens- kraft. Die Mehrzahl der Physiologen hatte damals den Ausweg G. E. Stahls ergriffen, daß es zwar die physikalischen und chemischen Kräfte der Organe und Stoffe des lebenden Körpers seien, die in ihm wirkten, daß aber eine in ihm wohnende Lebensseele oder Lebenskraft die Wirksamkeit dieser Kräfte zu binden und zu lösen imstande sei, daß das freie Walten dieser Kräfte nach dem Tode die Fäulnis Hervorrufe, daß dagegen während des Lebens ihre Aktion fortwährend durch die Lebensseele reguliert werde. In dieser Erklärung ahnte ich etwas Widernatürliches; aber es hat mir viel Mühe gemacht, meine Ahnung in eine präcise Frage umzugestalten. Endlich, in meinem letzten Studien- jahr, fand ich, daß Stahls Theorie jedem lebenden Körper die Natur eines perpetuum mobile beilegte. Mit den Streitigkeiten über daz letztere war ich ziemlich bekannt. Ich hatte sie in meiner Schulzeit von meinem Vater und unserem Mathematiker oft besprechen hören. Dann hatte ich als Eleve des Friedrich Wilhelm-Instituts in der Bibliothek desselben Assistenz geleistet und in unbeschäftigten Minuten die Werke von Daniel Bernouilli, d'alembert und anderen Mathematikern des vorigen Jahrhunderts mir herausgesucht und durch- mustert. So stieß ich auf die Frage: „Welche Beziehungen müssen zwischen den verschiedenen Naturkräften bestehen, wenn allgemein kein perpetuum mobile möglich sein soll?" und die weitere: „Bestehen nun thatsächlich alle diese Beziehungen?" Meiner Absicht nach wollte ich in meinem Büchlein über die Erhaltung der Kraft nur eine kritische Untersuchung und Ordnung der Thatsachen im Interesse der Physio- logen geben. Ich wäre vollkommen darauf gefaßt gewesen, wenn mir die Sach- verständigen schließlich gesagt hätten: „Das ist uns ja alles wohlbe- kannt. Was denkt sich der junge Mediziner, daß er meint, uns dies so ausführlich auseinandersetzen zu müssen?" Zu meinem Erstaunen nahmen aber die physikalischen Autoritäten, mit denen ich in Berührung

9. Geschichts-Leitfaden für Bürger- und Mittelschulen - S. 207

1892 - Gera : Hofmann
20.7 eingefhrt. Das Handwerk suchte er durch die Einwanderung ge-schicker Handwerker zu heben. Er legte Straen und Kanle an, so den Friedrich-Wilhelms-Kanal zwischen Spree und Oder. Er fhrte eigene Posten ein, zum groen rger des Grafen Thurn und Taxis, der das ganze Postwesen des Reiches in den Hnden hatte, grndete eine Bibliothek und viele Schulen, lie Bauten auffhren, Fabriken fr Gewehre, Stahl-, Blech-, Zinn-, Seiden-, Leinen- und Wollwaren einrichten und sogar den Anfang zu einer Flotte machen. An der Goldkste in Afrika und am Senegal lie er Kolonien unter dem Schutze kleiner Festungen anlegen. 5. Sein kriegerischer Helfer. Sein treuester Helfer in milit-tischen Dingen war der Feldmarschall Derfflinger. Es wird erzhlt, da dieser in seiner Jugend Schneider gewesen sei. Als Gesell kam er einst auf der Wanderung an die Elbe, aber der Fhrmann wollte ihn nicht bersetzen, weil er kein Geld hatte; einen Trupp Kriegsleute dagegen lie er frei passieren. Da warf Derfflinger fein Bndel in die Elbe und lie sich als Dragoner anwerben. Erst in schsischen, dann in schwedischen und zuletzt in brandenburgischen Diensten zeichnete er sich durch schneidige Tapferkeit und militrische Einsicht ans, erregte aber auch nicht selten durch seine Strrigkeit Verdru. Er hatte seine Studien auf den Schlachtfeldern und nicht hinter den Bchern gemacht. So hielt er einst auf einem Berichte das Wort raptim, d. h. in Eile, fr einen Ortsnamen und rief nach langem Suchen auf der Karte rgerlich aus: Ich habe den Rittmeister nach Neudorf geschickt, und der Teufel hat ihn nach Raptim gefhrt." An der kurfrstlichen Tafel fragte einft der franzsische Gesandte, ob es wahr sei, da der Kurfürst einen General habe, der Schneider gewesen sei. Da sprang Derfflinger heftig auf und donnerte: Hier ist der Mann, von dem das gesagt wird, und hier ist die Elle (wobei er auf den Degen schlug), mit der er Hundsftter in die Lnge und Breite mit." 6. Sein prunkliebender Gegner berm Rhein.-) In Frank- 1643 reich herrschte Ludwig Xiv. mit kniglicher Allgewalt. Der Staat bin ich!" war sein Wahlspruch. Sein Finanzminister lieferte durch weise Sparsamkeit die Mittel zu dem ppigsten, prunkvollsten Hof-leben und zu endlosen Raubkriegen mit den Nachbarn. In den Werken der Dicher Corneille, Racine und Molire kam die franzsische Litteratur zur hchsten Entfaltung. Das Leben am Hofe zu Versailles trug uerlich einen ceremoniellen Anstand, Liebe zu Kunst und Wissenschaft und eine kirchliche Frmmigkeit zur Schau, aber 165. Derfflinger. W. 1715 *) Mnchener Bilderbogen Nr. 203.

10. Geschichts-Leitfaden für Bürger- und Mittelschulen - S. 138

1892 - Gera : Hofmann
138 fo viel Spiee, als er mit den Armen umspannen konnte und begrub sie in seine Brust. Im Falle ri er die Ritter nieder; durch die Lcke drangen die Schweizer in das eherne Viereck und metzelten alles nieder. Da die Trobuben mit den Rossen entflohen waren, so kamen die meisten Ritter auf der Flucht um, oder erstickten bei der Sommer-glut in ihren Harnischen. Unter den Toten war auch Leopold, der die Niederlage nicht berleben mochte. Die Tapferkeit der Schweizer wurde sprichwrlich, und die meisten Fürsten suchten sie in ihren Dienst zu nehmen. Die Hellebarte (Helm ober Halm = Stiel, Barte = Axt), wrtlich Skelaxt, em Spie mit Beil zum Hauen urtb Stechen, Die Hellebarte ent-wickelte sich aus der alten germanischen Streitaxt. 2) Morgensterne, Keulen, bte nach allen Seiten mit eisernen Spitzen besetzt waren. Fragen: Weshalb whlten bte Fürsten Adolf von Nassau und nicht so-gleich Albrecht? Was versteht man unter Schirmvogtei" und Landes-hoheit" (Gegensatz: Reichshoheit)? Was verschaffte den Schweizern den Sieg? Was erstrebten die Kaiser seit Rudolf von Habsburg? Wilhelm Tell" von Schiller. Tell und sein Kind" von Arnim und Brentano. Wilhelm 1 Tell" von Zedlitz. " * 52. Ludwig It. von Bayern. 1. Er folgte dem edlen Luxemburger Heinrich Vii. Nach js'nig Albrechts Ermorbung (1309) wurde der edle Luxemburger Heinrich Vii. zum Könige gewhlt. Auf seinem Rmerzuge ereilte ihn ein frher Tod. Nach dem Gercht vergiftete ihn ein Mnch beim 1313 Abendmahle. Die Habsburgische Partei whlte jetzt Friedrich den Schnen von sterreich, Albrechts Sohn, und die Gegenpartei Ludwig von Bayern. 2. Er kmpfte mit Friedrich dem Schnen Jim die Krone. Ein achtjhriger Brgerkrieg verheerte nun Deutschland,^bis bte Schlacht bei Mhldorf (am Inn, stlich von Mnchen) endlich die Entscheidung brachte. Ludwig gewann sie durch das rechtzeitige Eingreifen Fried-richs von Hohenzollern. Er bekam sogar Friedrich den Schnen in seine Gewalt. Derselbe war nach bermenschlicher Waffenarbeit von seinem todwunden Rosse zur Erde geworfen und von dem Ritter Rindsmaul berwltigt worden. Ludwig empfing ihn mit den Worten: Vetter, wir sehen euch gern!" und nahm ihn in frstliche Hast auf dem Schlosse Transnitz an der Nab (stlich von Nrnberg). Die sptere Volkssage hat den Sieg der Kriegskunst des tapfern Nrnberger Feldhauptmanns Schweppermann zugeschrieben, dessen Teilnahme an dieser Schlacht jedoch nicht sicher verbrgt ist. Ludwig soll, als nach der Schlacht nur wenige Eier zur Stillung des Hungers ausgetrieben werden konnten, diesen Feldherrn durch das Wort geehrt haben: Jedem Mann ein Ei, dem braven Schweppermann zwei!" 3. Er entzweite sich mit dem Papste und vershnte sich mit Friedrich. Leopold, der Bruder des Besiegten derselbe, den die j
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