§ 5. Der Domplatz.
1. Der Domplatz, der schönste und größte freie Platz in der
Stadt, hat fünf Zugänge: die Burgtreppe im Osten, das Tränke-
thor und die Peterstrepp e im Norden, das Drachen loch im Westen,
den Zwicken im Süden. Er war mit den schönen und großen Häusern,
die ihn einschließen und die meist den Domherren zur Wohnung dienten,
der Anfang der Stadt; die weiteren Theile und Straßen entstanden nach
und nach später, die Borstädte am spätesten. Von den Mauern, die ihn
umgaben, steht noch ein großer Theil im lichten und düstern Graben
und am Gruden berge. Die Thore sind längst entfernt, aber in un-
ruhigen, kriegerischen Zeiten wurden die Zugänge noch später oft durch
große Ketten gesperrt.
2. Der Domplatz hieß ehemals die Burg (oder die Stadt), daher
der Name des Zugangs im Osten. Von hier an der Nordseite hingehend,
kommen wir zunächst an ein Haus, über dessen Thür eine Tafel hängt
mit den Worten:
Hier wohnte u. dichtete Joh. Wilh. Ludw. Gleim, gst. 18. Febr. 1803.
Das war seiner Zeit ein beliebter Dichter und edler Dichterfreund. Ihr
kennt wohl von ihm die Liedchen: eine kleine Biene flog — eine kleine
Wespe stach — gehörig aufgeschürzt, mit starken Schritten, den Milch-
topf auf dem Kopf, ging Martha nach der Stadt — eine faule Grille
sang — ein Esel trug einst eine große Last — da spielt ein Würmchen
um mich her —. Aber er hat auch Kriegslieder gedichtet aus die Siege
unsers Königs Friedrichs des Großen, des alten Fritzen, wie die Leute
ihn gewöhnlich nennen. In einem Saale jenes Hauses sind mehr als
hundert schöne Oelbilder, lauter Portraits berühmter Dichter und Fürsten,
die mit Gleim, von dem die Sammlung auch zwei große Portraits ent-
hält, in freundschaftlicher Verbindung gestanden. Darum hat Gleim selber
den Saal den Freundschaftstempel genannt. In einem Zimmer
daneben befinden sich die Briefe, die er mit seinen Freunden gewechselt,
sorgfältig gesammelt und nach Jahren und Namen zusammengebunden;
darunter mancher köstliche Schatz. Auch ein Hut, den der Dichter Klop-
slock getragen, wird gezeigt, u. a. m. In dem daran grenzenden Saal
ist Gleim's Bibliothek. An der Peterstreppe steht ein Haus, das er auch
besessen und lange bewohnt hat. — Wir kommen weiter zu mehreren
großen Gebäuden, die früher Wohnungen der Domherren waren; die
Buchstaben an den Thoren A. B. C. D. kennzeichnen sie noch als solche.
In dem Hause A. ist gegenwärtig das Appellationsgericht. Das ist
ein Gerichtshof, vor welchem größere streitige Sachen verhandelt und
entschieden werden, oft auch solche, über welche schon das niedere Gericht,
das Kreis- oder Land- und Stadtgericht, einen Spruch gefällt hat. Es
giebt solcher Gerichte bei uns (in unserer Provinz) drei, nämlich außer
Halberstadt in Magdeburg und Naumburg. — Wir kommen weiter zum
Tränkethor, durch welches das Vieh auf den Domplatz zur Tränke
geführt wurde, daher der Name. Die Peterstreppe hat ihren Namen
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TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
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lichell Eid ab, Niemandem die Geheimnisse der Vehme zu offenbaren
und legten dabei die Hand auf ein Schwerdt, das das Schwerdt Kaiser
Karls genannt wurde; sie hielten ihre Versammlungen bei Nacht, im
Freien, im Dunkeln, vermummt, und richteten schwere Verbrechen, wie
Raub und Mord. Erschien der Angeklagte auf mehrmalige Einladung
nicht und ward schuldig befunden, so war er dem Gericht verfallen, ver-
vehmt und jeder der Wissenden (so nannten sich die Schöppen) konnte
den Vervehmten todten, aufhängen oder erstechen, wo er ihn fand. Es
gab solcher Gerichte im Mittelalter in ganz Deutschland und es waren
an 100,000 Mitglieder. — Von Städten des Reg.-Bez. merken wir
uns: Minden, Bielefeld, Paderborn. Minden liegt in weiter-
fruchtbarer Ebene auf der linken Seite der Weser, über die eine lange
Brücke führt, ist eine Festung und ein wichtiger Platz für den Weser-
handel, hat eine Regierung und einen schönen Dom. Bielefeld (S. 91),
am Teutoburger Wald gelegen, ist weltberühmt durch seine Garnspinne-
reien, Baumwollenkvaaren und Leinwand, besonders die sogenannte „klare
Bielefelder Leinwand (Schleine)". Aus ^ Loth Flachs spinnt man einen
Faden von 1200 Ellen. Ueberall in der Umgebung der Stadt wird der
zarte, blaublüthige Flachs gebaut und die Bleichen auf den weiten, großen
Wiesen beschäftigen an 500 Menschen. Es giebt der Orte, die diesen
in weite Ferne, ja bis Amerika gehenden Handel treiben und diese
Waaren schaffen, in Westphalen mehr; aber Bielefeld ist der Hauptort
dafür. So hat der Norden an dem Ackerbau und Flachs seine Quelle
der Arbeit und des Erwerbes, wie der Süden an seinen Steinkohlen
und Eisen. Gott läßt es Keinem fehlen. Paderborn, auf der Grenze
des Münsterlandes und des Wesergebirges, hat glänzendere Tage gesehen
als heute, es war eine große und reiche Bischofsstab, es wurden in ihr
viele Reichstage und Fürstenversammlungen gehalten, namentlich zu Karls
d. Gr. Zeiten, sie gehörte zu dem großen Städtehandelsbuud der Hansa.
Einen katholischen Bischof hat die Stadt noch jetzt. — Der Mindner
Bezirk hat mehrere Salz- und Heilquellen, die bedeutendste darunter die
große Saline Rehme bei Minden, mit einem Soolbad, das von seinem
Finder und Gründer Oeynhausen heißt. Die Badegebäude sind pracht-
voll und die Umgegend sehr unmuthig. — Zu dem Reg.-Bez. Minden
wirv auch das Gebiet des Jahdebusens au der Nordsee gerechnet,
das durch einen Vertrag vom Großherzog von Oldenburg 1853 erworben,
zu einem großen preußischen Kriegshafeu umgeschasfen wird. Der Bau
kostet zwar viele Millionen Thaler und vieler tausend Menschen schwere
und kunstvolle Arbeit. Aber wenn er vollendet, ist er auch für unser
Vaterland ein großer Gewinn.
2. Der Reg.-Bez. Arnsberg wird durch die Ruhr in einen
nördlichen Theil getheilt mit dem Hellweg und Haarstrang, und einen
südlichen mit dem Sauerland. Hierher gehört die Grafschaft Mark,
deren Bewohner sich von je durch ihre treue Anhänglichkeit an Preußen
und seinen König ausgezeichnet haben. Der Arnsberger Bezirk hat auf
Waldbergen viele Ruinen alter Burgen. Von seinen betriebsamen Städten
und Ortschaften ist S. 93 geredet. Wir merken: Arnsberg, Hamm,
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Extrahierte Personennamen: Schwerdt Karls Karls Karls
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Bielefeld Paderborn Bielefeld Amerika Bielefeld Paderborn Karls Minden Oeynhausen Nordsee Oldenburg Arnsberg Arnsberg Hamm
i
Europa. Die süddeutsche freie Stadt Frankfurt. 1005
Klaffe. Blindenanstalt. Wöhlerstiftung zur Unterstützung von Handels- und Geiverblehrlingen;
physikalischer Verein für Physik und Chemie seit 1824 mit physikalischem Cabinet, chemi-
scher Werkstätte. Profcffiir für Chemie und Physik; geographischer Verein seit 1836.
Lesegesellschaft seit 1788; Frankfurter Bibelgesellschaft seit 1816. evang. Misstonsverein seit
1819, Sendverein für deutsche Protestanten in Nord-Amerika seit 1847; evang. Verein zur
Förderung christl. Erkenntnis, seit >837. evang. Verein der Gustav-Adolphstiftung seit
1842; Kunstverein zur Förderung bildender Kunst seit 1829, Cäcilienverein zur Aus-
sührung größerer, klassischer Tonwerke; Jnstrumentalmnsikvereln, Liedertafel. Liederkranz. Mozart-
stiftung zur Ausbildung musikalischer Talente, zahlreiche Männergesangsvereine, mehrere Vereine
zur sittlichen Besserung, zur Verbreitung von Volks- und Jugendschriften, Volksiesebibliothek
von 1029 Bänden, Pestalozziverein; 24 verschiedene Zeitungen und Zeitschriften.
Die ausübende Gewalt und die Stadt- und Justizverwaltung hat der
Senat mit einem ältern von den Schöffen, einem jüngern von den Senatoren gewähl-
ten Bürgermeister; die gesetzgebende Versammlung besteht aus 20 Senatsmit-
gliedern, 20 Mitgliedern der städtischen Bürgervertretung, 45 der übrigen christlichen
Bürgerschaft, 11 Abgeordneten der Dorfschaften; die vom 1848 erwählten Verfaffungs-
ausschuß entworfene neue Verfaffung trng der große Rath Bedenken, anzunehmen; für
die spezielle Justizverfaffung bestehen das Oberappellationsgericht in Lübeck, das Appel-
lationsgericht in Frankfurt, Stadtgericht, Curatelamt, Polizeigericht, Stadt-und Land-
justizamt als peinliches Verhöramt. — Die Staatseinnahmen 1846: 1,850,977
Fl. oder 1,057,701 rthl., 1851 : 1,499,020 Fl. oder 856,582 rthl. Staatsausgaben
1846: 1,405,276 Fl. 1851: 1,613,506 Fl. oder 922,003 rthl. Staatsschuld
1847: 13,226,000, auf den Kopf 190, 1851: 15,724,000, auf den Kopf 218 Fl.
1848—51 fand ein großer Ausfall der Staatseinnahmen, eine Vermehrung der Staats-
ausgaben statt. — Soldaten: 1 Bataillon Fußvolk 683 Mann, 227 Mann Re-
serve, 114 Ersatzmannschaft, im Ganzen 1024 Mann mit Einschluß von 132 Schü-
tzen; die Stadtwehr und das Freikorps 5278 Mann. In enger Bundesversammlung
mit den übrigen freien Städten gemeinsam, in der vollen 1 alleinige Stimme. 1 Stadt,
Frankfurt mit der Vorstadt Sachsenhausen und den Stadtgärten, 1847 mit 2980,
504 und 643 Wohnhäusern und 10,862 Wohnungen, 8 Dorfschaften, Bornheim,
Oberrad, Niederrad, Hausen, Niederursel, Bonames, Niedererlenbach, Dortelweil mit
1147 Wohnhäusern, jene durchschnittlich von 14—15, diese von gegen 9 Köpfen bewohnt.
Frankfurt, berühmte Handelsstadt, reich an geschichtlichen Erinnerungen, überaus lieblich
aus der rechten Mainseite gelegen, mit der jenseits liegenden Vorstadt Sachsenhausen durch eine
steinerne, auf 14 Pfeilern ruhende. 380 Schritt lange. 11 Schritt breite Bogenbrücke verbunden,
ringsum von den prächtigsten Gärten und Landhäusern umgeben, die alten Häuser zum großen
Theil mit hervorspringenden Erkern und Thürmchen versehen, zumeist von riesengroßen Karyatiden
getragen-, 20 große und kleine Plätze, 16 Kirchen und Bethäuser, 220 meist enge und krumme
Gaffen, besonders im Innern der Stadt, auf allen lebendiger Verkehr, die Zeil unter allen die
prachtvollste Straße. 760 Schritt lang, die Fahrgasse zur Mainbrücke die belebteste, längs
des Mains die schöne Aussicht, eine prachtvolle Häuserreihe, stromabwärts die von präch-
tigen Baumgruppen^ beschattete Mainlust, statt der früher vorhandenen engen, finstern Thore
schlanke, zierliche Säulcndurchgänge. das Bibliothekgebände mit schöner Säulencolonnade,
1825 erbaut, studiis übe;täte reddita civitas, in der Vorhalle die sitzende lebensgroße Bild-
säule von Göthe aus Marmor durch Marchest in Mailand gemeißelt, unweit davon Denkmal
der 1792 hier gefallenen Hessen; das Denkmal des Senators Guiollet, der die alten Wälle in
schone Spaziergänge verwandelte, das früher Thurn- und Taxissche Palais jetzt Versammlungs-
Ort des deutschen Bundestages, das Thurn- und Taxissche Postamtsgebäude, früher Gasthaus
zum rothen Hause, der Römer oder das Rathhaus mit dem Platze, auf dem die Festlich-
keiten der Kaiserkrönung begangen wurden (Göthes Schilderung in Dichtung und Wahrheit),
der Römer selbst wenig stattlich im Aeußern, unten Kramgewälbe. früher ausschließlich von
llaliknlschen Kaufleuten; der Kaisersaal mit der goldenen Bulle und früher mit den kunstlosen
Bildnissen der Kaiser von Kaiser Karl dem Großen dis Franz Ii., die durch neuere, treffliche
Bilder, zum Theil von den berühmtesten Meistern gemalt, durch Fürsten. Städte, Künstler.
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Extrahierte Personennamen: Karl_dem_Großen_dis_Franz_Ii Karl Franz
Europa. Das bereinigte Königreich Großbritannien und Jrelaud. 1443
der Aeldermanner, Aldermen, mit dem Bürgermeister, Mayor, an der Spitze. In den Graf-
schaften ruht die oberste vollziehende Gewalt und untere richterliche Gewalt in den Händen
deö Sherifes, den Oberbefehl der Miliz, Ueomanry, hat der Lord-Lieutenant. Ein Zu-
viel-Regieren von Oben findet nicht statt; alle Corporationen wachen eifersüchtig über ihre
Rechte, ihre Selbstständigkeit. Paßpolizei ist unbekannt, die Polizei nur Handlangcrin der
Justiz, in den größern Städten trefflich eingerichtet. Besoldet sind nur die Beamten der
Zollverwaltung, deö Heeres und der Kriegbflotte, der Central-Staatöverwaltung.
Eigenthümlich die Rechtspflege, sehr von der deutschen verschieden, ohne all-
gemeine Gerichtsordnung, ohne allgemeines Gesetzbuch, das Recht wird bei einem
allgemein verbreiteten tiefen Gerechtigkeitssinn nach Gewohnheitsrechten gesprochen,
Bagatellsachen werden von selbst gewählten Ortsobrigkeiten, von Friedensrichtern
ohne juristische Vorbildung entschieden. Nur 4 große Gerichtshöfe, die ihren Sitz in
London haben, von Zeit zu Zeit zur Rechtspflege in den Grafschaften Mitglieder entsenden,
die Reichskanzlei, court os chancellery, das Oberlandesgericht, court of common pleas,
der Lehnshof, court of exchequer, und das Ober-Kriminalgericht, court os kings or
Queens Bench; sehr hoch waren bis auf die neueste Zeit die Honorare der Advokaten.
Die Kriminalgerichtspflege ist im Allgemeinen sehr schnell, die Urtheile werden
vom Geschwornengericht gefällt, die Todesurtheile schnell vollzogen; die Vorbildung
zum Iuristenstand ist sehr kostspielig; die Gefängnisse haben strenge Zucht, gute
Verpflegung. —
Die Verwaltung in den auswärtigen Besitzungen ruht in der Hand
der von der Krone ernannten Gouverneure, denen dem Parlament entsprechend, der
Rath und die Generalversammlung zur Seite steht. Der Generalgou-
verneur von Ostindien wird wie die unter ihm stehenden 3 Gouverneure vom ost-
indischen Direktorenhofe, court os directors, von den 24 Direktoren ernannt und von
der Krone durch das ostindifche Kontrolamt, board of control, bestätigt.
§. 35. Das Finanzwesen Englands ist trotz der überwiegend unentgeltlichen
Amtsführung dennoch großartig und verwickelt, zum größten Theil wegen der großen
auf dem Lande lastenden Staatsschuld, welche durch Englands eigenthümliche Welt-
stellung und seine zahlreichen und kostspieligen Kriege veranlaßt worden.
1851—52 belief sich die Jahreseinnahme auf fast 52 '/2 Mill. Pfd. Sterb, die
Ausgabe auf fast 50 '/3 Mill., der Ueberschuß demnach mehr als l V* Mill. Pfd. St.
Für das Jahr 1852—53 war die Einnahme auf 51,625,000, die Ausgabe auf
51,163,979 Pfd. St. veranschlagt. — Frankreich hatte 1851 einen Staatsaufwand
von 60 Mill. Pfd. St. bei einem Deficit von 4 Mill. Pfd.; 1850 kamen auf den
Kopf Staatsausgaben in Frankreich 31, in England 20 Shilling. Die ganze Civil-
verwaltung in England beschäftigt 24,000, in Oesterreich 100,000, in Frankreich
500,000 Beamte.
Einnahme 1851-32. Einnahme 1852—53.
Zölle 20,669,589 Pfd. St., 20,572,000 Pfd. St.
Accise 14,511,468 - 14,604,000
Stempel 6,363,860 - 6,339,000
direktesteuern 3,691,226 - 3,090,000
Einkommen - 5,283,799 - 5,187,000
Post 1,051,000 - 938,000
Kronländereien 200,000 - 235,000
Verschiedenes 697,375 - 660,000 - , u
Die größten Zollsummen zahlen geistige Getränke, besonders Branntweins Malz, Thee,
Zucker, Tabak, Kaffee. Stempel werden von gerichtlichen Urkunden, See- und Feuerver-
sicherungen, Wechseln, Zeitungen, Anzeigen, Reisekutschen erhoben, von unmittelbaren
Steuern sind Land- und Einkommensteuer, Fenster-, Bedienten-, Pferde-,Kutscher-,
Hunde-Steuer zu nennen; Salz ist im ganzen Lande steuerfrei.
Ausgabe.
Jnterereffen der
Staatsschuld 30,550,000 Pfd. St.
Heer 6,491,893
Marine 6,493,000 -
Feldzeugmeisteramt2,437,000 -
Civildienst 4,182,086
Kaffernkrieg 660,000
Miliz 350,000
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TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa London Ostindien Englands Englands Frankreich Frankreich England England Oesterreich Frankreich
692
Europa. Deutschlands politische Verhältniffe.
der Mehrheit der Stimmen gefaßt, so daß in der erstem die absolute, in der letztem
eine auf 2/3 der Abstimmung beruhende Mehrheit entscheidet.
Die Bundesversammlung hat ihren Sitz zu Frankfurt a. M. Alle Mit-
glieder des Bundes versprechen sowohl ganz Deutschland als jeden einzelnen Bundes-
staat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen, und garanticen sich gegenseitig ihre
sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen. Bei einem einmal erklärten
Bundeskriege darf kein Mitglied einseitige Unterhandlungen mit dem Feinde eingehen,
noch einseitig Waffenstillstand oder Frieden schließen. Die Bundesglieder behalten
zwar das Recht der Bündniffe aller Art, verpflichten sich jedoch, keine Verbindungen
einzugehen, welche gegen die Sicherheit des Bundes oder einzelner Bundesstaaten ge-
richtet waren.
Die Bundesglieder machen sich ebenfalls verbindlich, einander unter keinerlei
Vorwand zu bekriegen, noch ihre Streitigkeiten zu verfolgen, sondern sie bei der Bundes-
versammlung zur Vermittlung oder Entscheidung anzubringen. — In allen Bundes-
staaten wird eine landständische Verfassung stattfinden.
Weiter ausgebildet sind diese Grundlagen in der Schlußakte vom 8. Juni 1820,
welche Rechte und Pflichten der einzelnen Bundesstaaten zu einander und zum Bunde,
die Verhältnisse der Unterthanen zu ihren Fürsten, und die Fälle des Einschreitens und
der Hülfleistung von Seiten des Bundes erörtern und feststellen, z. B. wenn in einem
Staate Unruhen ausgebrochen sind, welche derselbe nicht zu dämpfen vermag, wenn in
einem Staate der Fall einer Justizverweigerung eintritt, und auf gesetzlichem Wege
ausreichende Hülfe nicht erfolgt. Der Bund hat als Gesammtmacht das Recht, Krieg,
Frieden, Bündnisse und andere Verträge zu beschließen, aber nur zu seiner Selbstver-
theidigung, zur Erhaltung der Selbständigkeit und äußern Sicherheit Deutschlands
und der Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit der einzelnen Bundesstaaten. — In Bezug
auf die auswärtigen Verhältnisse überhaupt liegt der Bundesversammlung ob, für die
Aufcechthaltung friedlicher und freundschaftlicher Verhältnisse mit den auswärtigen
Staaten Sorge zu tragen. — Ein weiteres Eingehen gestattet der Raum nicht.
tz. 80. Ueber die Gerichtsverfassung bestimmt der 12. Artikel der Bun-
desakte, daß diejenigen Bundesglieder, die nicht eine Einwohnerzahl von 300,000 be-
sitzen, sich mit verwandten oder andern Bundesgliedern zur Bildung eines gemeinsamen
obersten Gerichts vereinen sollen; Staaten von 150,000 E., die solche Obergerichte schon
besitzen, sollen sie behalten; die 4 freien Städte ein gemeinsames oberstes Gericht bilden.
Gemeinschaftliche Appellationsgerichte sind zu Jena für die sächsisch-ernestinifchen
und für die reußischen Länder, Wolfenbüttel für Braunschweig, beide Lippe und
Waldeck, Parchim für beide Meklenburg, Zerbst für Anhalt und Schwarzburg, Lü-
beck für die freien Städte; die übrigen Staaten haben eigene Appellationsgerichte;
Homburg hat sich dem zu Darmstadt, die beiden Hohenzollern dem würtembergischen
Obertribunal und Liechtenstein an das österreichische zu Jnsbruck angeschlossen; es be-
stehen in ganz Deutschland 20 Appellationsgerichte.
§. 81. Zum Schutz gegen innere und äußere Feinde ist ein deutsches Bun-
des Heer gebildet, zu welchem jeder Staat von je 100 E. I Mann, von je 200 E. aber
1 Mann zur Reserve stellt. Das gewöhnliche Bundeskontingent muß auch im Frie-
den vollzählig erhalten werden; dadurch ist der Bund in Stand gefetzt, 303,500 Mann
mit 592 Geschützen sogleich auftreten zu lassen; er kann dieselben aber gleichzeitig auf
342,000 M. mit 690 Geschützen erhöhen, da % % der Bevölkerung oder V3 der
Ersatzmannschaften immer vollzählig und zum Eintreten bereit vorhanden sein muß;
erfordert es die Noth, so muß die ganze Reserve eintreten, wodurch das Bundesheer
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TM Hauptwörter (200): [T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschlands Frankfurt Deutschland Deutschlands Parchim Zerbst Schwarzburg Homburg Darmstadt Liechtenstein Deutschland
737
Europa. Das Königreich Preußen. Provinz Preußen.
Das indirekte Steuerwesen steht in den Provinzen unter den Provin-
zialsteuerdirektoraten mit 1 Provinzialfteuerdirektor an der Spitze, dem
die Haupt-Z oll- und Steuerämter und Stempelfiskale und die Unter-
steuer ämter u. s. w. untergeordnet sind.
Die Provinzial-Leitung des Berg- und Hüttenwesens ist 5 Ober-Berg -
ämtern unter der Oberberghauptmannschaft in Berlin untergeordnet, das
brandenburg-preußische zu Berlin, das schlesische zu Brieg, das nieder-
sächsisch - thüringische zu Halle, das westphälische zu Dortmund, das
rheinische zu Bonn mit den ihnen untergeordneten Berg-, Hütten- und Sa-
linenämtern und Bergwerkkommissionen.
Die Generalkommissionen reguliren die Auseinandersetzung der gutsherr-
lichen und bäuerlichen Berhältniffe, sie sind zum Theil schon aufgelöst und mit den
betreffenden Regierungen verbunden.
Die obersten Gerichtshöfe sind das Obertribunal und der rheinische
Revisions- und Kassationshof zu Berlin, dieser für die Rheinprovinz, jenes
für die übrigen Provinzen. Die obern Provinzialgerichtshöfe sind: in
Preußen das Tribunal zu Königsberg, die Oberlandesgerichte zu Königsberg,
Insterburg und Marienwerder; in Brandenburg das Kammergericht zu
Berlin, das Oberlandesgericht zu Frankfurt; in Pommern die Oberlandesgerichte
zu Stettin, Köslin, das Ober-Apellationsgericht zu Greifswald, das Hofgericht von
Pommern und Rügen; in Schlesien die Oberlandesgerichte zu Ratibor, Breslau,
Glogau; in P osen das Ober-Apellationsgericht zu Posen, die Oberlandesgerichte zu
Posen und Bromberg; in Sachsen die Oberlandesgerichte zu Magdeburg, Naum-
burg, Halberstadt; in Westphalen die Oberlandesgerichte zu Münster, Paderborn,
Hamm, Arnsberg; in der Rheinprovinz der Apellationsgerichtshof zu Köln mit
den Landgerichten zu Aachen, Kleve, Koblenz, Köln, Düffeldorf, Elberfeld, Saar-
brücken, Trier und das Justizamt zu Ehrenbreitstein. In den östlichen Provinzen be-
stehen standesherrliche, Land- und Stadtgerichte; in der Rheinprovinz Friedensgerichte.
1 Die Provinz Preußen
§. 51. ist die östliche preußische Ostseeprovinz, die Memel-Weichselprovinz, die
nordöstlichste Provinz des Staates; sie hat dem ganzen Staat den Namen gegeben,
gehört, wie früher nicht zum deutschen Reiche, jetzt nicht zu den deutschen Bundesstaaten
und umfaßt das eigentliche Preußen, einen Theil von Litthauen, Theile von Polen und
die Gebiete der bis 1793 freien Städte Danzig und Thorn. Bis zum 9. Jahrhundert
bildete es den nordwestlichen Theil von Sarmatien; Bischof Adalbert von Prag siel am
23. April 998 als erster, Erzbischof Bruno 1008 als zweiter Märtyrer in ihren Be-
mühungen, das Christenthum unter den heidnischen Preußen zu verbreiten; Herzog Bo-
leslaus Iv. wollte in der Mitte des 12. Jahrhunderts die Preußen mit Gewalt zum
Christenthum zwingen, erst gegen das Ende dieses und den Anfang des folgenden Jahr-
hunderts fand das Christenthum durch die Predigt des Wortes, durch den Abt Gott-
fried und den Cisterziensermönch Christian aus Oliva einen gesegnetem Eingang und
Fortgang; dieser wurde 1215 zum ersten Bischof von Preußen erhoben. Die Ritter-
brüder von Dobrin oder die Ritter von Preußen suchten anfänglich, der deutsche Orden
später die Schirmwehr gegen die Einfälle der heidnischen Preußen zu bilden, diese zu
bekämpfen; deutsche Einwanderer wurden herbeigezogen, durch sie deutsche Bildung all-
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern]]
TM Hauptwörter (200): [T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T57: [Orden Polen Preußen Land Hochmeister Ritter Marienburg Stadt deutsch Jahr], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
Extrahierte Personennamen: Bruno Christian
Extrahierte Ortsnamen: Europa Hüttenwesens Ober-Berg Berlin Berlin Brieg Dortmund Bonn Berlin Königsberg Insterburg Marienwerder Brandenburg Berlin Frankfurt Pommern Stettin Greifswald Pommern Ratibor Breslau Glogau Bromberg Sachsen Magdeburg Halberstadt Paderborn Hamm Arnsberg Aachen Kleve Koblenz Düffeldorf Elberfeld Ehrenbreitstein Rheinprovinz_Friedensgerichte Polen Danzig Thorn Oliva