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1. 2 - S. 92

1913 - Grünstadt : Riedel
92 Erst in neuerer Zeit, unter dem Einflüsse der medizinische!: Wissenschaft einerseits und der Einführung einer Reihe neuer Genuß- mittel andrerseits, ist der Gebrauch der Gewürze auf ein vernünftiges Maß zurückgeführt worden. Damit ist die Möglichkeit wiedergekehrt ihrem natürlichen Zwecke gerecht zu werden, der darin besteht die Speisen schmackhafter, genießbarer und leichter verdaulich zu machen. Unsere gebräuchlichsten ausländischen Gewürze sind Pfeffer, Gewürznelken, Muskatnuß, Zimmet und Vanille. Der P f e f f e r st r a u ch hat seine Heimat in Vorderindien, auf Borneo, Java und Sumatra. Von hier wurde er später nach den westindischen Antillen und nach Cayenne in Südamerika verpflanzt. Der Blütenstand ist eine Traube, ähnlich dem der Jo- hannisbeeren und hat oft 30 bis 50 Blütchen. Unreif getrocknet, ergeben die Beerenfrüchte den schwarzen, ausgereift und vom Fruchtfleische befreit, liefern die darin enthaltenen hartschaliqen Samen den weißen Pfeffer. Die Gewürznelken liefert einer der schönsten Bäume des Pflanzenreichs, dessen Ausbreitungsgebiet die Molukken sind. Die traubenförmigen Blüten haben rosa gefärbte Blütenblätter und einen dunkelroten, fleischigen Kelch. Die unentfalteten Blütenkelche mit ihren geschlossenen Kronen werden getrocknet und geben dann die Gewürznelken, im Volksmund „Nägelchen" genannt wohl wegen der Ähnlichkeit derselben mit einem kleinen Nagel. Ebenfalls ein Kind der Molukken ist der Muskatbaum. Man hat ihn indes auch auf den Antillen heimisch gemacht. Der nahezu 16 m hohe Baum liefert eine walnußgroße Beerenfrucht, die als Samenkern die wohlriechende Muskatnuß enthält. Der Zimmet bäum hat auf der Insel Ceylon seine Heimat. Er erreicht eine Höhe von 10 bis 11 m. Doch wird er in der Jugend so beschnitten, daß er strauchartig mehrere 3 bis 4 m hohe Stämmchen alljährlich austreibt. Diese werden im Mai und Juni abgeschnitten. Die innere, braunrote Rinde gibt, getrocknet, die wohl- riechenden Zimmetrollen. Ein amerikanisches Gewächs ist die Vanille. Als Schling- pflanze windet sie sich an den Riesenstämmen des tropischen Ur- waldes Süd- und Mittelamerikas, besonders auch Mexikos, empor. Ihr Früchte sind schotenartige, etwa handlange Kapseln von feinem gewürzhaften Geschmack. Zu wohlriechendem Gewürz gemahlen, finden sie in Bäckereien, Konditoreien re. vielfach Verwendung. Auch wird die Vanille meist der Schokolade beigesetzt.

2. 2 - S. 98

1913 - Grünstadt : Riedel
Der Kakao. Als die Spanier im Jahre 1519 Mexiko eroberten, fanden sie zu ihrem nicht geringen Erstaunen, daß auch die „neue Welt" ihr Nationalgetränk besaß, rot von Aussehen wie die Hautfarbe seiner Trinker. Sie bereiteten den Trank aus einer Art braunroter Bohnen, den Kakaobohnen, die zugleich als Münzen den bescheidenen Handels- verkehr der indianischen Eingeborenen vermittelten. Manchmal mischte man der Flüssigkeit Honig bei, häufig auch Gewürze, namentlich mexikanischen Pfeffer. Dem spanischen Geschmack wollte die „rote Brühe" zunächst nicht munden. Erst nachdem mit dem Gebrauche des Zuckers die Herbe des Getränkes der schokoladeartigen Süßigkeit gewichen war, hielten es die Herren Kastilianer doch für wünschenswert ihren Lands- leuten in der Heimat den Gebrauch des Kakaos zu empfehlen und die Herstellung und Nutzbarmachung der nunmehr erfundenen Scho- kolade als vorteilhaft für den heimischen Handel dringend anzu- raten. Dies geschah um das Jahr 1620. Es begann damit die Kakaoausfuhr nach Spanien, wo bald eine blühende Schokoladefa- brikation sich entwickelte, die sich rasch vervollkommnete und ver- seinerte, namentlich hinsichtlich der Beimischung von Gewürzen. Aber die Italiener waren bereits zuvorgekommen. Der Florentiner Antonio Carletti, der sich längere Zeit in Westindien aufgehalten, hatte den Wert der Kakaobohnen rascher erkannt als die spanischen Machthaber. Schon 1606 führte er sie in Italien ein, wo deren Gebrauch zu dem bekannten Getränke sich namentlich in vornehmen Kreisen einbürgerte, vor allem aber die Schokoladefabri- kation mächtig aufblühte. Nach Frankreich kamen der Kakao und die daraus erzielten Produkte von Spanien aus. Anna von Oesterreich, die Gemahlin Ludwig Xiii., soll den französischen Hof zum ersten Male mit dem westindischen Fremdling bekannt gemacht haben. Die spanischen Mönche beschenkten damit ihre gallischen Kollegen und unter Ludwig Xiv. wurde dem Genuß von Kakao und Schokolade in den höheren Ständen ziemlich allgemein gehuldigt. Zur Zeit des spanischen Erb- folgekrieges führten des Sonnenkönigs Offiziere schon Schokolade mit sich, die in französischen Fabriken aus Kakao westindischer Kolo- nien Frankreichs hergestellt worden war. In England finden wir die mexikanischen Bohnen und ihr Produkt um das Jahr 1657. Ihre Einführung in Deutschland ist dem begeisterten Lobredner des Tees, dem Leibarzt des großen Kurfürsten, Bontekoe, zu verdanken, der ihrer Vorzüglichkeit nebst dem Tee das beste Zeugnis ausstellte. Seitdem hat der Kakao seinen Einzug in allen Kulturländern gehalten, doch ist er gleich dem Tee mehr ein Genußmittel für die bevorzugten Stände geblieben, während

3. 2 - S. 79

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79 ralsubstanzen hinzu, das aus den Wurzeln auf die bereits bekannte Weise heraufbefördert wird. Kohlenstoff und Wasser vereinigen sich nun zu verschiedenen neuen Bildungen, den sogenannten „Kohlen- hydraten" (Kohlenwasserverbindungen), deren wichtigste unter dem Namen „Stärke" bekannt ist und die aus winzigen, glänzend weißen Körnchen besteht. Ihre Geschwister, also gleichfalls Kohlenhydrate, sind „Zucker" und „Zellstoff." Die „Stärke" wird nun verschiedenen Zwecken dienstbar gemacht. Bei der Bildung der Zellwände ist sie beteiligt, desgleichen bei der Entstehung des Zellinhaltes, des Protoglasmas. Wie diese Bildung aber vor sich geht, ist ein von der Wissenschaft noch nicht völlig geklärtes Rätsel. Das Protoplasma setzt sich in der Hauptsache aus Eiweißstoffen zusammen, die aber wieder Stickstoff, Schwefel und Phosphor enthalten, Substanzen, die sämtlich nur aus dem Boden aufgenommen werden. Es wird daher vermutet, daß die Eiweiß- körper auch in anderen Zellen, sogar schon in den Wurzeln entstehen und hier ihren Zusatz an Stärke bekommen könnten. Man muß sich eben mit der wunderbaren Tatsache abfinden, daß verschiedene Pflanzen und verschiedene Teile der- selben P fl a n z e aus demselben Nahrungsmittel außerordentlich verschiedene Stoffe bereiten können. „Die Blüten, Blätter und Samen einiger Gewächse liefern flüchtige Oele, deren Duft uns ergötzt; die Samen anderer geben fette Oele, welche wir als Speise- und Schmieröle benutzen. Aus den Wurzeln, Knollen und Stengeln einer ganzen Anzahl von Kräutern ziehen wir tödliche Gifte, die wieder als Heilmittel von großem Werte sind. Die Rinde des Chinabaumes gibt uns das Fieber besänftigende Chinin und aus dem Safte der Mohnkapsel gewinnen wir das schmerzstillende Opium." Neben dem süßen Zucker (Traubenzucker) unserer Trauben und herrlichen Obstarten finden sich nicht minder angenehme und wertvolle Pflanzensäuren (Apfel-, Wein-, Zitronensäure). Die Farbenpracht der Blüte wie den grünen Blätterschmuck bewirken Farbstoffe, die nur in geringen Mengen in den Zellgeweben verbreitet sind. So werden dieselben Baustoffe innerhalb der Pflanze in der verschiedensten Weise ver- wendet. Nicht uninteressant ist es einen Blick zu werfen auf die Art und Weise, wie so ein Bildungsstoff seinen Weg durch den Pflanzen- körper wandert. Die Stärkekörner, die sich unter dem Einflüsse des Sonnenlichtes den Tag über bilden, können nicht alle an ihrem Entstehungsorte bleiben. Sie müssen den nachfolgenden Neubildungen Platz machen. Nun besitzt aber die Stärke die Eigenschaft unlöslich zu sein und durch die Zellwände hindurch finden die Körner trotz ihrer Winzigkeit keinen Weg. Aber sie sind kleine Verwandlungs- künstler. Sie. werden zu flüssigem Zuckersaft (Traubenzucker), der mit Leichtigkeit die Zellhaut zu durchdringen vermag. „Diese Um-

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105 Verwendung, aber auch Getreide, Obst, Wein 2c. werden zur Her- stellung feinerer Sorten benützt. Die Verwendung des Spiritus zu Heiz- und Leuchtzwecken hat in den letzten Jahren eine bedeutende Steigerung erfahren. Die Nahrungsmittelindustrie erzeugt Konserven, Gelees, Säfte, Graupen, Grütze, Backwaren usw. Auch die Tabak- fabrikation darf nicht unerwähnt bleiben. Sie zählten Deutschland nahezu 20 000 Betriebe, in welchen über 140 000 Personen be- schäftigt sind. Neben den einheimischen Gewächsen verarbeitet man Tabaksblätter, die aus der Türkei, Nordamerika, Brasilien und von den Sunda-Jnseln eingeführt werden. Pflanzliche Kleiderstoffe. Die ersten Gewandstücke, womit Menschen ihres Körpers Blöße deckten, werden wohl Tierfelle geivesen sein. Aber schon in grauester Urzeit lernten einzelne Völker die Kunst — die Griechen und andere Völker des Altertums betrachteten sie als ein Geschenk der Götter — aus den Fasern gewisser Pflanzen Gewebe herzustellen, wovon sie sich schützende Gewänder verfertigten. Am frühesten mag wohl die Verwendbarkeit des Flachses zu Bekleidungszwecken erkannt worden sein, da schon die aufge- fundenen Pfahlbauten Zeugnisse für das Vorhandensein von Flachs- geweben aufweisen, das alte Aegypten und die vorderasiatischen Kulturstaaten aber bereits eine blühende Leinenindustrie besaßen, die sich dann nach Griechenland verpflanzte. Auch der Gebrauch der Baumwolle scheint wenigstens in Amerika (Peru, Mexiko) in die graueste Urzeit hinaufzureichen. Nach den strengen Ansichten der Spartaner galten Leinen- gewänder als „üppige weibische, der Prunksucht dienende Tracht", weshalb die alten Griechen durchweg die Fasern des Hanfes zur Kleiderbereitung bevorzugten. Anders die Römer, welche die Flachsverarbeitung gleichfalls im Orient kennen gelernt hatten. Sie trieben schon ein halbes Jahr- hundert vor Christi Geburt einen bedeutenden Luxus mit Leinen- waren, der sich gegen das Ende der Kaiserzeit fast bis ins Lächerliche steigerte. Im Mittelalter fanden Flachsbau und Flachsverarbeitung in ganz Europa die weiteste Verbreitung und namentlich die deutsche Frauenwelt zeichnete sich in den Künsten des Spinnens, Webens und Nähens ganz besonders aus. Selbst Königinnen hielten es nicht unter ihrer Würde am Spinnrocken und Webstuhle zu sitzen oder Schere und Nadel zu handhaben.

5. 2 - S. 106

1913 - Grünstadt : Riedel
—' 106 Die moderne Zeit hat zwar die B a u m w o l l i n d u st r i e auf Kosten der Flachsverarbeitung bis ins Riesige gesteigert. Indes hat auch die Leinenfabrikation bedeutende Fortschritte gemacht und Schlesien, Westfalen, Hannover und Thüringen haben ihr blühende Sitze geschaffen. Rußland, Oesterreich-Ungarn, Belgien und die Niederlande erzeugen und verarbeiten ebenfalls große Mengen von Flachs. Auch der Hanf ist schon seit ältester Zeit bekannt, doch nur die Griechen benützten ihn zu Geweben für ihre Kleidung, während H e r o d o t von den Skyten erzählt, daß sie aus den Samen ein berauschendes Getränke herstellten. Gegenwärtig wird nur der edlere italienische Hanf zu Klei- dungsstoffen benützt, die übrigen rauheren Sorten aber finden nur zu gröberen Geweben (Sackleinen, Segeltuch 2c.), sowie zu Tauen, Stricken, Bindfaden 2c. Verwendung. Dieselbe ist aber eine derart ausgedehnte, daß der Hanfanbau in einigen Gegenden Deutschlands (Elsaß, Baden, Hessen, Westfalen, Hannover, Thüringen) immer noch erfolgreich betrieben wird, wenn er auch gegen früher etwas zurück- gegangen ist. Am ausgedehntesten und ertragreichsten ist der Hanf- bau in Rußlands unerschöpflichen Humusböden. Aber auch Frank- reich, die Niederlande, Nordamerika und Ostindien stehen in der Hanfproduktion nicht zurück. Die Gewinnung der Hanf- und Flachsfasern geschieht aus bei- nahe gleiche Weise. Die Stengel beider Pflanzenarten bestehen aus der dünnen Oberhaut, dem aus lauter Fasern sich zusammensetzenden Baste und dem holzigen Kern. Ein Gummistoff verbindet diese Teile miteinander. Die Trennung des Bastes von Oberhaut und Holz, ebenso wie die Auflösung des Bastes in Fasern wird daher erst dann möglich, wenn der alles verkittende Pflanzenleim verschwunden ist. Diesem Zwecke dient ein chemischer Prozeß, die sogenannte Röste, ein Gärungs- oder Fäulnisvorgang, der auf verschiedene Weise herbeigeführt wird. Wo man über genügende Mengen Wasser verfügen kann, wendet man die Was ser röste an. Hierbei legt man die in Bündel gebundenen Flachs- und Hanfstengel in fließendes oder stehendes Wasser oder wässert sie in Gruben ein. Nach kurzer Zeit geht die Oberhaut in Fäulnis über, das bindende Gummi zer- setzt sich und löst sich im Wasser auf, und hierdurch wird die Mög- lichkeit gegeben Bast und Holz zu trennen. Dieselbe Absicht wird beim Flachs noch häufiger durch die Luft-, Tau- oder S ch n ee r ö st e erreicht. Die Bauersleute breiten einfach die Pflanzenstengel auf Wiesen oder Stoppelfeldern aus und lassen sie hier wochenlang liegen. Regen, Tau, Schnee, wenn nötig, häufiges Begießen üben, etwas langsamer als die Wasserröste, die gleiche zersetzende Wirkung aus. Hanf muß jedoch unter allen Um- ständen auch bei diesem Verfahren erst einige Tage unter Wasser stehen.

6. 2 - S. 91

1913 - Grünstadt : Riedel
91 wonnen. Die Vorzüge einer feinen weißen Wäsche lernten wir erst dann so recht kennen, als man die Bereitung und Verwendung der wertvollen „Reisstärke" verstand. Selbst Stengel und Stroh der Pflanze finden eine recht ausgiebige Benützung zu den ver- schiedenartigsten Geflechten, sowie zur Bereitung des Papieres. Siam und die großen S u n d a i n s e l n besitzen zwei Palmen- arten, deren Mark ein Stärkemehl liefert, das in ähnlicher Weise als Nährmittel verwendet werden kann wie der Reis. Diese so- genannten „Sagopalmen" fällt man vor dem Blühen,spaltet ihre Stämme und entnimmt ihnen das sehr dichte Mark. Zerrieben, und mit Wasser angerührt, durch ein Tuch geseiht, setzt sich das Stärke- mehl ab, das als „Sagomehl" in den Handel kommt und aus dem ein gern gegessenes Brot sich herstellen läßt. Indes wird das Sago- stärkemehl durch verschiedene einander folgende Waschungen und Er- hitzungen auch zu kleinen durchscheinenden Körnern verarbeitet, die unter dem Namen „Perlsago" durch den Handel zu uns gebracht werden. Singapore ist der Hauptausfuhrplatz für das Sagomehl wie für das daraus gewonnene Produkt, das auch bei uns häufig als Suppenbeilage Verwendung findet. Gewürze. Aller irdischen Sorgen vordringlichste ist die Sorge für die Befriedigung des nagenden Hungers. So wie dieses Bedürfnis in genügendem Maße gestillt werden konnte, machte schon auf den tiefsten Stufen der Menschheit der Geschmack seine Rechte geltend, eine verfeinerte Zubereitung der Speisen verlangend. So finden wir denn schon bei den Naturvölkern, die am niedrigsten stehenden Men- schenfresser nicht ausgenommen, eine mehr oder weniger starke Ver- wendung von Gewürzen. Die alten Kulturvölker Asiens, Aegypter, Griechen und Römer machten von den Gewürzen Ostindiens, die sie durch Kara- wanen bezogen, nicht nur den ausgiebigsten Gebrauch, sie bildeten die Kochkunst gerade hinsichtlich des Würzens mit ganz besonderer Rafinesse aus. Im Mittelalter artete die Zuhilfenahme der ver- schiedenen Gewürzarten bei der Bereitung der Speisen geradezu zu einem gesundheitsschädlichen Mißbrauch aus. „Selbst sehr teure Ge- würze, wie Safran und Ambra, letztere für Fleischspeisen, wurden im Uebermaße verwendet. Der Pfeffer stieg im 13. und 14. Jahr- hundert zu einem solchen Preise, daß er für die ärmeren Klassen unerschwinglich wurde und fast als Zahlungsmittel dienen konnte. „Teuer wie Pfeffer" wurde damals eine sprichwörtliche Redensart".

7. 2 - S. 93

1913 - Grünstadt : Riedel
93 Der Kaffee. Der Wintersturm pfeift um das Dach und jagt die wirbelnden Flocken ans Fenster. Frierende Gestalten huschen draußen eilig vor- über, weiß überschneit, mit blaugefrorenen Gesichtern. Garstig ist's draußen in Schnee und Kälte. Aber gemütlich und traulich sitzt sich's bei uns im warmen Zimmer. Das Feuer im Ofen surrt eine gar angenehme Weise und auf dem Tische dampft aus Tassen und Kannen der duftende Nachmittagskaffee. Wie er nun von Großen und Kleinen mit Behagen geschlürft wird, denkt kaum jemand daran, daß so ein Morgen- oder Nach- mittagsschlückchen des braunen Trankes vor hundert Jahren zu den verbotenen Genüssen zählte. Napoleon I. hatte die Kontinentalsperre gegen England verhängt um dessen Handel lahm zu legen, die Quellen seines Reichtums zum Versiegen zu bringen. Das ganze europäische Festland sollte von den angelsächsischen Krämern keinen Ballen Ware mehr beziehen. Mochten sie ihren Kaffee, ihren Zucker, ihre Baum- wolle, ihre Gewürze, 2c. für sich selber behalten! Wehe dem Fein- schmecker, den die „Kaffeeriecher", die napoleonischen Polizisten, bei der verpönten Leckerei ertappten! Ihm drohte sichere Gefängnisstrafe. Da war es denn gut, daß der Gebrauch des Kaffees auf dem Lande kaum noch bekannt war. Nur in den Städten, und auch hier nur in den Kreisen der wohlhabenden Bürger, erlaubte man sich den damals noch ziemlich teueren Genuß. Auf dem Lande geschah dies noch sehr selten. Nur allmählich hat das fremdländische Getränk die Morgensuppe verdrängt, die ehemals die ganze Familie, Herrschaft und Gesinde, um den Tisch vereinigte. Gibt es doch heute noch Ortschaften in unserer Pfalz, wo die Kartoffel- oder Wassersuppe noch immer ihr altes Recht behauptet. Wie bei uns, so hat der Kaffee überall in der Welt seinen Platz sich erst erobern müssen, selbst in seinem Heimatland Arabien. G e m a l E d d i n, ein arabischer Oberpriester, hatte auf einer Reise das ihm noch fremde Getränk kennen gelernt. Heimgekehrt, erkrankte er, verwendete es als Heilmittel und siehe da, es vertrieb ihm die Kopf- schmerzen, ermunterte seine Lebensgeister und erwies sich in jeder Beziehung aíé nützlich. Nun empfahl er den Trank allen ihm unter- gebenen Derwischen (mohammedanische Mönche) und setzte sie dadurch in Stand nachts leichter wachen und ihre Gebete verrichten zu können. K h a i r Bei, ein türkischer Emir (Statthalter) in Mekka, wollte die Vorzüge des Kaffeegenusses nicht einsehen und verbot ihn daher 1511 als mit dem „Koran" nicht vereinbar. Die verfolgten Kaffeetrinker wandten sich aber an den Sultan und der „Beherrscher aller Gläu- bigen" entschied zu ihren Gunsten. Nun war dem Kaffeegenuß im Orient freie Bahn geöffnet. Muhammedaner, Juden und Christen genossen ihn und unter Sultan Solimán Ii. kam er 1534 auch

8. 2 - S. 96

1913 - Grünstadt : Riedel
96 Der Tee. Der gefährlichste Konkurrent der Kaffeekanne war seit je der Teekessel. Aber nur bei den Holländern und Engländern, bei den Russen und im germanischen Norden ist der Gebrauch des Samo- wars allgemeine Volkssitte geworden. Im Reiche des Zopfes, bei den schlitzäugigen Chinesen, und bei den Briten des Ostens, den Japanern, gilt der Tee seit mehr als einem Jahrtausend als Nationalgetränk. In den übrigen Kulturländern aber haben die Kaffeekanne und ihr Inhalt sich siegreich behauptet, wenn es auch da und dort als vornehm gilt einen Teeabend oder Teezirkel ver- anstalten zu können. Es ist wohl ein symbolischer Hinweis auf die nervenanregende Wirkung des asiatischen Getränkes, wenn eine japanische Mythe die Entstehung des Teestrauches dein buddhistischen Heiligen Darma (450 n. Chr.) zuschreibt. Um beim Gebete nicht in Schlaf zu ver- fallen schnitt er sich die Augenlider ab. Sie fielen zur Erde und aus ihnen wuchs der Teestrauch empor. Von diesem Verdienste des wunderlichen Heiligen mochten die eifersüchtigen Chinesen jedoch nichts wissen. Sie behaupten, schon zwei Jahrhunderte vor ihm (250 n. Chr.) sei der Tee im „himmlischen Reiche" allgemeines Volksgetränk gewesen. Die kulturgeschichtliche Forschung bestätigte denn auch, daß China die eigentliche Heimat des Tees sei. Aber auch hier soll die allgemeine Einführung nur sehr langsam vor sich gegangen sein. Erst im 6. Jahrhundert n. Chr. kam das Getränk bei der Gesamtbevölkerung in Aufnahme. Ein chinesischer Kaiser soll durch den Tee von einem heftigen Kopfschmerz befreit worden sein und nun den Gebrauch seinen getreuen Untertanen befohlen haben. Die strenge und eifersüchtige Abschließung des großen „Reiches der Mitte" mag die merkwürdige Tatsache erklären, daß die Sitte des Teetrinkens im 15. Jahrhundert erst in Asien sich ausbreitete und daß erst um das Jahr 1559 die Kenntnis davon durch die Portugiesen und Holländer nach Europa gebracht wurde. Trotzdem dauerte es nochmals ein volles halbes Jahrhundert bis sie die ersten Proben in ihre Heimat bringen konnten. Während 1635 die Kriegsfurie die deutschen Gaue "verheerend heimsuchte, brauten sich die reichen Pariser den ersten Tee, den sie von Amsterdam bezogen. 1650 fand das „Heuwasser", wie es spottweise genannt wurde, auch den Weg von Holland nach England. „Die ersten Proben sielen seltsam genug aus, eine Folge der herrschenden Unkenntnis. So sandte z. B. die Herzogin von Mon- mouth 1685 ein Pfund Tee an ihre Verwandten in Schottland, bekam aber die Nachricht, daß das Geschenk wenig Beifall gefunden habe. Man hatte den Tee gekocht, den Ausguß weggeschüttet und die Blätter als Gemüse bei der Tafel serviert." Solcherlei Zufällen

9. 2 - S. 97

1913 - Grünstadt : Riedel
97 mag es zuzuschreiben sein, daß der Teegenuß viele Bekämpfer fand und nur langsame Fortschritte machen konnte. In Deutschland wurde der Tee durch Bo nteko e, den Leibarzt des großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, bekannt, der ihn in über- schwenglichen Lobreden als Erhalter der Gesundheit und des Froh- sinns anpries und es durchsetzte daß er am kurfürstlichen Hofe und in den vornehmen Kreisen Berlins in Benützung kam. Von der Reichshauptstadt nahm das chinesische Getränk seinen Weg durch das deutsche Vaterland. Der Anbau des Tees hat seit einem Jahrhundert rund um den Aequator sich verbreitet. Schon im Jahre 1812 machte Brasilien damit den Anfang, 1825 folgten Java und Vorderindien. Auch Mittelamerika und Australien besitzen Teepflanzungen, wenn auch ohne größere Bedeutung. Die Versorgung des Weltmarktes mit Tee oblag lange Jahrzehnte dem Heimatlande desselben, China, allein und noch heute liefert es wohl die Hälfte des ganzen Bedarfs. Seit ungefähr 40 Jahren traten Japan und Ostindien als Lieferanten auf, was die chinesische Ausfuhr bedeutend schwächte. Der indische Tee geht in der Hauptsache nach England, während Rußland die größte Menge des chinesischen Tees aufnimmt. Japan liefert sein Erzeugnis meist nach Nordamerika. Von diesen Hauptabnehmern nimmt der Teeversand seinen Weg durch alle Kulturländer. Zur Herstellung des Getränks werden bekanntlich die Blätter des Teestrauches benützt, deren Einsammlung im April, Mai und September stattfindet. Die Aprillese liefert die zärtesten Blätter, welche den besten und feinsten Tee geben, den „Kaiser-oder Blu- mentee." Je älter und härter das Laub der Pflanze wird, desto geringwertigerer Tee ergibt sich daraus, weshalb die zweite und dritte Ernte tiefer im Werte stehen. Durch verschiedenartige Behandlung der Blätter erzielt man den „grünen und schwarzen Tee." Werden die geernteten Blätter nämlich schnell getrocknet, am besten in heißen Pfannen geröstet, so behalten sie ihre grüne Farbe. Der Handel bezeichnet sie dann als „grünen Tee." Hierzu gehört der „Kaisertee", der „Hysan" (d. h. vor dem Regen gepflückt). Die Namen deuten an, daß diese Sorten der ersten Ernte angehören. Werden die Blätter nach dem Pflücken auf Haufen zusammen- geschüttet und einige Tage liegen gelassen, dann beginnen sie zu gären und schwärzen sich wie naß zusammengeschichteter Klee. Dabei ent- wickelt sich auch der den frischen Blättern nicht eignende Wohlgeruch. Sodann folgt das Rösten und Trocknen. Gegenwärtig verwendet man zur Zubereitung des Tees auch Maschinen, die das ganze Ver- fahren sehr abkürzen. Die getrocknete Ware wird zuletzt noch gesiebt und sortiert um sodann dem Handel übergeben zu werden. 7

10. 2 - S. 99

1913 - Grünstadt : Riedel
99 er in Spanien und in den mittelamerikanischen Staaten als National- getränk gilt. Die Kakaobohne ist der Same des Kakaobaumes, welcher ursprünglich nur in Mexiko, Westindien und Südamerika vorkam. Man hat ihn aber auch in die Tropengegenden der „Alten Welt" verpflanzt. Heute gedeiht er auf den Philippinen, den Inseln des ostindischen Archipels, und neuerdings baut man ihn auch mit vielversprechendem Erfolge in den deutschen Kolonien „Togo" und „Kamerun" an. Der Kakaobaum kommt nur in Küstenniederungen und Fluß- tälern mit feuchtheißem Klima fort und liebt gleich dem Kaffeestrauche den Schatten höherer, dicht belaubter Bäume. Aus den roten Blüten, welche das ganze Jahr hindurch austreiben, aber nur zum kleinsten Teile fruchtbar sind, entwickeln sich Früchte, die nach Form und Größe unsern Gurken ähnlich sehen. Im Innern liegen in 5 Reihen ungefähr 25 bis 30 weiße Samenkörner, die in getrocknetem Zustande eine rotbraune Farbe erhalten. Nach der Reife befreit man die Bohnen von dem Fruchtfleische und trocknet sie. Vielfach werden sie aber auch vor dem Trocknen in die Erde vergraben oder in großen Fässern eingemacht. Sie geraten hier in eine mehr oder minder starke Gärung, wodurch sie eine dunklere Farbe gewinnen und ganz oder teilweise von dem ihnen in frischem Zustande anhaftenden herben, bitteren Geschmack befreit werden. Zuletzt werden die Kakaobohnen wie Kaffee geröstet und zermahlen um endlich in den Handel zu gelangen. Die Zubereitung für den Handel kann indes eine mehrfache sein: 1. „K a k a o p u l v e r" oder „K a k a o m e h l", worunter man weiter nichts zu verstehen hat als die zermahlenen Bohnen. 2. „Entölter Kakao", der dadurch gewonnen wird, daß man der Bohne einen Teil ihres Fettes entzieht, wodurch der Kakao einen hohen Grad von Verdaulichkeit erlangt. 3. „S ch o k o l a d e", welche aus Kakaomehl besteht, dem Zucker, vermischt mit Vanille, auch Zimmet oder Gewürznelken, bei- gegeben werden. Amerikaner, Engländer, Franzosen und Holländer sind seither die Hauptversender von Kakao geworden. Jedoch ist auf dem Gebiete der Schokoladefabrikation Deutschland keineswegs zurückgeblieben. Die großen Schokoladefabriken in Berlin, Dresden, Köln re. haben zumteile Weltruf erlangt (Stollwerk), und wenn nicht alle Anzeigen trügen, wird auch der Anbau von Kakao in unsren Kolonien sich immerhin einen bescheidenen Platz erobern.
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