der Hauptmasse der Staaten ward dadurch hergestellt, und Friedrich nannte sich jetzt König von Preußen. Österreich bekam Ostgalizien und Lodomirien, Rußland den am besten bevölkerten Teil Litauens zwischen der oberen Düna, dem Drntsch und Dujepr.
B. Der bayrische Erbfolgekrieg (1778—1779).
Mit Maximilian Joseph, dem Sohne Kaiser Karls Vii., starb 1777 die jüngere Linie des Hauses Wittelsbach, von Kaiser Ludwig dem Bayern begründet, ans. Die Erbfolge ging ans die ältere Linie in der Psalz über, von der noch 2 Zweige übrig waren: Pfalz-Sulzbach und Pfalz-Zweibrück.
Bei dem Tode des Kurfürsten Maximilian Joseph machte der Kaiser Joseph Ii. Ansprüche auf Niederbayern und Teile der Oberpfalz, da Kaiser Sigmund einst das habsburgische Haus damit belehnt hatte, und der Erbe des Kurlaudes, Karl Theodor von Psalz-Snlzbach, ging darauf ein. Friedrich Ii. bewog aber den nächsten Erben, Einsprache zu erheben, und sandte selbst ein Heer nach Böhmen, um mit Waffengewalt den Vergrößerungsplänen Österreichs entgegenzutreten. Da auch Rußland eine feindselige Stellung einnahm, schloß Maria Theresia den Frieden zu Tescheu, 1779, in dem der Kaiser gegen Verzichtleistung auf Niederbayern das „Jnnviertel" erhielt.
C. Der Fürstenbund, 1785. Kaiser Joseph Ii. gab aber den Plan der Abrundung seines Reiches nicht auf und gewann den Kurfürsten Karl Theodor für den Plan, Bayern gegen die österreichischen Niederlande mit dem Titel eines Königreichs Burgund einzutauschen. Aber auch diesmal erhob Friedrich Ii. Widerspruch und gründete zur Erhaltung des Gleichgewichts den deutschen Fürstenbund, dem die meisten Reichsfürsten beitraten.
7. Resultat der Regierung Friedrichs des Großen. Ein
Jahr nach dem Abschlüsse des Fürstenbundes starb der große König (17. August 1786), nachdem er „seine Jugend dem Vater, seine Manneskraft der Größe des Staates, fein Alter dem Wohle seiner Landeskinder geopfert" hatte. Ans einem Lande von 129 000 qkm mit 2'/4 Millionen Einwohnern war ein Staat von 202 500 qkm mit 6 Millionen Bewohnern geworden. Friedrich hat Preußen zum Rechtsstaate entwickelt und zur Großmacht erhoben. Die Heerkraft und diplomatische Leitung Preußens, der Anbau des Landes und
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338
Auf den hier wie in Deutschland sich regenden nationalen Einheitsgedanken wurde keine Rücksicht genommen, f) Die „ewige" Neutralität der Schweiz wurde anerkannt.
Zweiter Abschnitt.
Entwickelung ntr Einheit, 1815—1871.
Allgemeiner Gharakter der Zeit.
Mit Beginne des 19. Jahrhunderts machte sich auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens ein ähnlicher Umschwung geltend, wie zur Zeit der Reformation. Reue Jdeeen bestimmten fortan den Gang der Geschichte. Entscheidend hierfür waren folgende Ereignisse:
1. Tie Losreißung der nordamerikanischen Kolonieen von England. In der Union hatte sich ein Staat ohne die Grundlage historischer Erinnerungen gebildet, der die Jdeeeu der Revolution praktisch ausführte und in die Förderung der materiellen Interessen den Schwerpunkt seiner Entwickelung legen konnte. Es bildete sich hier eine bedeutende Industrie; Kolonialgewächse wurden in Menge angebaut, der Handel erhielt einen ungeheuren Aufschwung. Die Paeisic-Bahu zog auch den großen Ocean in den Seeverkehr hinein. Dieser Aufschwung Amerikas blieb nicht ohne Einfluß auf Europa.
2. Die französische Revolution. Die segensreichen Jdeeen derselben durfte eine weise Regierung nicht mehr verleugnen (cf. die Reformen Steius in Preußen). Das Selbstvertrauen der Völker war gestiegen, und es machte sich bei ihnen das Streben nach Teilnahme an der Gesetzgebung und Regierung geltend. Daher wurden nach und nach in den Staaten konstitutionelle Verfassungen eingeführt. Der Bürger erhielt ferner für feine Gewerbsthätigkeit freie Bewegung, die Aufhebung der Leibeigenschaft hatte viele Tausende Arbeiter geschaffen, die nun Freude an der Thätigkeit hatten und, da sie ihren Besitz wachsen sahen, auch den Verbrauch aller Gegenstände vermehrten.
3. Der Aufschwung der Naturwissenschaften. Mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts beginnt auch ein neues Zeitalter der Entdeckungen, das die allgemeine Bildung vermehrte und den Wettkampf der Intelligenz ins Unglaubliche steigerte. Die billige und massenhafte Herstellung aller Produkte wurde das Ziel der Industrie und ermöglichte dem Armen ihm bisher unbekannte Genüsse. Die Dampf-
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland England Amerikas Europa
341
Die Union, 1817. Der preußische König, dem es für sein Land Ernst war, Gottesfurcht zu Pflegen, hob, um das evaugelische Volk zu einigen, bei Gelegenheit der 300 jährigen Feier des Reformationsfestes auf der Wartbnrg die Spaltnng zwischen Lutheranern und Reformierten auf (Uuiou). Eiuzelue Gemeinden schlossen sich derselben nicht an (Alt-Lutheraner).
^e) Umschwung der Politik, 1819. Seit den Tagen der Erhebung des deutschen Volkes und den siegreichen Kriegen gegen Napoleon hatte der deutsche Geist einen freudigen Aufschwung genommen. Das Verlangen des Volkes ging überall aus Anteil an der Gesetzgebung. Während einige deutsche Kleinstaaten mit der Einführung landständischer Verfassungen vorangingen, blieb Preußen, wo durch Aufhebung der Erbuuterthänigkeit und die Einführung der Städteordnung ein lebhaftes Interesse für die Staatsangelegenheiten geweckt worden war, gegen sie zurück. Die Ursache davon war der sich auch auf audere Staaten erstreckende Einfluß des österreichischen Ministers Metternich, der mit peinlicher Ängstlichkeit die freiheitlichen Bewegungen in Europa überwachte. In Berlin arbeitete eine russisch - österreichische Partei jeder Reform entgegen. Es entstand darum im Volke ein Mißtrauen gegen die Regierung. Die Hauptsitze der Unzufriedenheit waren die Universitäten. Als nun bei dem Wartburgfeste 1817 der russische Dichter und Staatsrat Kotzebue von einem Studenten ermordet wurde, ergriff Metternich diese Gelegenheit, um allgemeine Maßregeln gegen die freiheitlichen Jdeeen zu treffen. Er versammelte 1819 zu Karlsbad die Diplomaten, welche in den sogenannten „Karlsbader Beschlüssen" die Preßfreiheit aufhoben und in Mainz eine Kommission zur Aufspürung demagogischer Umtriebe einsetzten.
Dennoch hat auch Preußen beit Grund zu einer landständischen Verfassung gelegt, sowie die Anregung zu einer wenigstens dem Handel zu 'Ytute kommenden Einigung Deutschlands gegeben; dies geschah durch die Errichtung der Stände und durch den deutschen Zollverein.
cl) Das Gesetz über. Hie Errichtung der Stände für jede der acht Provinzen wurde 1823 erlassen. Die eine Hälfte der Stände bildeten die Vertreter der Standesherren und Rittergutsbesitzer,
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Extrahierte Personennamen: Ernst Napoleon Metternich
Extrahierte Ortsnamen: Europa Berlin Karlsbad Mainz Deutschlands
367
Sachsen, Hannover, die thringischen und einige andere Kleinstaaten den mitteldeutschen Handels verein. Die wirtschaftlichen Vorteile, die der Anschlu an das preuische Zollgebiet bot, bewog jedoch 1828 Hessen-Darmstadt zum Beitritt. Nachdem es gelungen war, die sd-deutsche und mitteldeutsche Zollvereiuiguug zum Anschlu an den preuisch-hessischen Zollverein zu bewegeu, trat am 1. Januar 1834 der Deutsche Zoll- und Haudelsvereiu" ius Leben. Nach und nach schlssen sich alle deutschen Staaten dem Zollverein an. Um sein Zustande-kommen erwarben sich die Finanzminister von Motz und Maaen groe Verdienste.
Im Gebiete des Zollvereins, das rund 400 000 qkm umfate, wurden die Grenzzlle der einzelnen Lnder aufgehoben und dadurch Handel und Verkehr sehr erleichtert. Dem Auslande gegenber bildeten die im Zollverein vereinigten Staaten ein einheitliches Zollgebiet mit einer gemeinschaftlichen Zollgrenze. Die Zolleinnahmen floffen in eine gemeinsame Kasse, ans der sie nach Magabe der Bevlkerung au die einzelnen Staaten verteilt wurden. Der Zollverein brachte seinen Mitgliedern, besonders den Kleinstaaten, nicht nur bedeutende wirtschaftliche Vorteile, fouderu bereitete auch die nationale (Einigung Deutschlands vor.
5. Der wirtschaftliche Wohlstand Preuens hob sich unter Friedrich Wilhelm Iii. bedeutend. berall wurden neue Chausseen gebaut. Handel und Gewerbe nahmen nach Grndung des Zollvereius einen groen Aufschwung. Auch die Landwirtschaft machte Fortschritte. Der König wandte seine Aufmerksamkeit besonders der Gewinnung des Zuckers aus Rben zu. Von ihm untersttzt, grndete Achard zu Anfang des 19. Jahrhunderts in Schlesien die erste Rben-Zuckerfabrik.
6. Die Union, 1817. Um den zwischen Lutheranern und Reformierten bestehenden Gegensatz zu beseitigen, suchte Friedrich Wilhelm Iii. eine Vereinigung der beiden Kirchen herbeizufhren. An der Jubelfeier der Reformation im Jahre 1817 empfing der König gemeinsam mit den Lutheranern das Abendmahl. Als aber die Gottesdienstordnung der evangelischen Landeskirche" durch eine Agende einheitlich geregelt werden sollte (1824), erhoben einzelne Kirchengemeinden Widerspruch und schlssen sich der evangelischen Landeskirche nicht an. Unter Friedrich Wilhelm Iv. wurde ihnen freie Religionsbung gestattet; sie bilden seitdem die lutherische Kirche" (Altlutheraner).
7. Das Schulwesen erfuhr unter dem Minister Altenstein eine groe Frderung. Die allgemeine Schulpflicht wurde eingefhrt. In allen Provinzen wurden Lehrerseminare (im ganzen 29)
Der deutsche Zollverein. Atzler, Qu. u. L. Iii,
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372
stellte er sich an die Spitze des Clner Dombauvereins und frderte in jeder Weise die Vollendung des stolzen Bauwerkes.
Als die Franzosen im Jahre 1840 wieder Ansprche auf das linke Rheinufer machten, erwachte das deutsche Natioualgefhl mchtig. Nikolaus Beckers Lied: Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein," fand begeisterte Aufnahme. Max Schnecken burger dichtete in dieser Zeit Die Wacht am Rhein" und Hoffmann von Fallersleben das Lied: Deutschland der alles". Von Jahr zu Jahr wuchs die Sehnsucht nach nationaler Einigung und grerer politischer Freiheit. Das deutsche Volk verlangte eine Befestigung der von Frankreich gefhrdeten Westgrenze, ein Heer mit einheitlicher Be-waffnung, einheitlichem Kommando und einheitlicher Leitung. Da der sich krftig entwickelnde Handel im Auslande ohne Schutz war, forderten die deutschen Kaufleute eine Kriegsflotte und eine tatkrftige diplomatische Vertretung der deutschen Handelsinteressen in den fremden Staaten. Auch auf wirtschaftlichen: Gebiete verlaugte man nach grerer Einheit. Denn Handel und Verkehr litten darunter, da es im Deutschen Buude 5 Mnzfe, 10 Gewichtssorten und 11 verschiedene Ellenmae gab. Ebenso wurde der Mangel eines einheitlichen Strafgesetzbuches bitter empfunden. Die groe Erregung, die das deutsche Volk erfllte, faud in den Gedichten und Schriften Heines, Herweghs, Freiligraths, Dingel-stedts. Hoffmanns von Fallersleben (das Junge Deutschland") lebhaften Ausdruck. Die wirtschaftliche Not, die in den vierziger Jahren herrschte (Elend der schleichen Weber, das Hungerjahr 184647), fhrte hier und da zu blutigen Auftritten (Weberunruhen 1844) und trug zur Verbreitung der aus Frankreich kommenden sozialistischen Ideen bei.
B. Die Revolution von 1848 und der Kampf um die Einigung Deutschlands.
1. Der Vereinigte andtag in Preußen. Dem Streben des Volkes nach Teilnahme an der Regierung suchte Friedrich Wilhelm Iv. zu entsprechen; doch konnte er sich nicht dazu entschlieen, Preußen eine Verfassung zu geben, da er, durchdrungen vom Gefhl seiuer hoheu Wrde, nicht wollte, da sich ein geschriebenes Blatt Papier zwischen ihn und sein Volk drnge". Der König berief jedoch am 3. Februar 1847 die einzelnen Provinziallandtage nach Berlin und verlieh diesem Vereinigten Landtage" das wichtige Recht, bei der Ein-fhrung neuer und der Erhhung alter Steuern die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern; der die ihm vorgelegten Gesetzentwrfe
Bekanntmachung, betreffend Einfhrung des Vereinigten Landtages. Atzle., Qu. u. L. Iii.
Biedermann, Dreiig Jahre deutscher Geschichte: Der deutfch-nationale Gedanke in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Atzler, a. a. O.
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Extrahierte Ortsnamen: Dombauvereins Rhein Rhein" Deutschland Frankreich Deutschen_Buude Heines Frankreich Deutschlands Berlin
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anwandte und die Lehre von der knstlichen Dngung wissenschaftlich begrndete. Diese Errungenschaften kamen anfangs allerdings nur dem landwirtschaftlichen Grobetriebe zugute und fanden erst nach und nach bei den kleineren Landwirten Ausnahme.
2. Aufschwung der Naturwissenschaften; Erfindungen, Verkehrs-Wesen und Industrie. Der eifrige Betrieb der Naturwissenschaften fhrte zu vielen Erfindungen, die im Erwerbs- und Verkehrslebeu groe Vernderungen hervorriefen. In immer weiterem Umfange wurde die Dampfmaschine verwendet; sie fand bald auch in den landwirtschaftlichen Betrieben Eingang. Im Jahre 1807 baute der Nordamerikaner Robert Fultou (sult'u) das erste zweckmige Dampf-schiff und richtete auf dem Hudson (hdfn) bei New-Aork eine regel-mige Dampfschiffahrt ein. Den Rhein besuhr das erste Dampfboot im Jahre 1816.
In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gelang es auch, den Dampf zur Fortbewegung von Lasten auf dem Lande zu verwerten. Der Englnder Stephenson (stesens'n) baute 1814 die erste leistungsfhige Lokomotive; 1830 wurde die erste fr den ffentlichen Berkehr bestimmte Eisenbahn zwischen Liverpool (liwwerpnhl) und Manchester (mantschestr) erffnet. 1835 wurden Nrnberg und Frth, 1837 Leipzig und Dresden und 1838 Berlin und Potsdam durch Eisenbahnen verbunden. Der preuische Staat begnstigte die entstehenden Eisenbahngesellschaften und baute selbst einige Bahnlinien. Immer mehr verdrngten die Eisenbahnen die Fahrposten, die bei der starken Vermehrung der Kunststraen an Ausdehnung und Schnelligkeit bedeutend zugenommen hatten. In den letzten Jahren der Regierung Friedrich Wilhelms Iv. betrug die Lnge der preuischen Schienenwege schon gegen 600 Meilen.
Der 1833 von Gan und Weber in Gttingen erfundene elektromagnetische Telegraph berwand fr wichtige Nach-richten Raum und Zeit. Einige Jahre spter erfand der Nordamerikaner Morse den noch hent gebruchlichen Schreibtelegraphen. Dem in Petersburg lebenden deutschen Physiker Jakobi gelang die Erfindung der Galvanoplastik, durch die der Bilderdruck und die Metall-Industrie eine auerordentliche Frderung erfuhren. In den zwanziger Jahren wurde die Photographie erfunden. Andere Erfindungen dieser Zeit find die der Phosphorzndhlzchen (1833), der Nhmaschine (1844) und des Zndnadelgewehrs (Dreyse 1827).
Die Folgen der zahlreichen Erfindungen zeigten sich besonders im wirtschaftlichen Leben. Es entstanden viele Fabriken, in denen mit Hilfe der Dampfkraft und der Maschinen die Gebrauchs-
Die Anfnge der Eisenbahnen. Atzler, Qu. u. L. Iii.
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Vorteil fr das Deutsche Reich nach seinen Worten nur als ehrlicher Makler" gehandelt hatte. Die pauslawistische Partei, die alle Slawen unter russischer Fhrung zu vereinigen beabsichtigt, fand immer mehr Anhnger, und die russische Diplomatie nherte sich Frankreich. Um gegen diese gefhrliche Verbindung gesichert zu sein, schlo das Deutsche Reich 1879 mit sterreich ein Bndnis zu gegenseitigem Schutz und Beistand; dem Bndnis trat 1883 auch Italien bei. Diese drei Mchte in der Mitte Europas haben seitdem als Dreibuud" den europischen Frieden zu erhalten gewut.
3. Reichsheer und Reichsflotte. Bald nach dem Kriege mit Frankreich wurden die bewhrten preuischen Heereseinrichtungen in der ganzen deutschen Armee eingefhrt. Da Frankreich feine Truppenzahl fortgefetzt vermehrte, um einen Rachekrieg beginnen zu knnen, erhhte auch das Deutsche Reich die Friedensstrke seines Heeres 1874 auf rund 400 000 Mann und arbeitete eifrig an der Ausbildung feiner Truppen. Einen Teil der franzsischen Kriegsentschdigung verwendete das Reich aus den Ausbau der Festungen. 120 Millionen Mark wurden als Reichskriegsschatz im Juliusturm zu Spandau niedergelegt. Die Friedensprsenzstrke, die ein Prozent der Bevlkerung betragen soll, wurde spter von sieben zu sieben Jahren erhht. Sie betrug 1888 rund 468 000 Mann. Die Rstungen Frankreichs und Rulands zwangen (1888) Deutschland, die Dienstpflicht der Landwehr und des Landsturms zu verlngern.
Der Aufschwung des deutschen Seehandels und die politische Machtstellung des Deutschen Reiches forderten auch eine Vergrerung der aus der preuischen Kriegsflotte hervorgegangenen Reichsflotte. Nach dem Flottengrndungsplan von 1873" sollten bis 1882 rund 100 Kriegsfahrzeuge fertiggestellt werden. Zwei Jahre darauf wurde mit der Beschaffung einer Torpedoflotille begonnen.
4. Die deutsche Kolouialpolitik. Sollte auch die Reichsflotte in erster Linie der Kstenverteidigung dienen, fo war sie doch auch bald imstande, die deutschen Interessen im Auslnde zu schtzen, und es war die Mglichkeit vorhanden, in fremden Erdteilen Gebiete zu er-werben, wie auch dem deutschen Handel und den deutschen Auswanderern neue Wege zu weisen. Der Gedanke, Kolonialbesitz zu erwerben, fand bei dem grten Teile des deutschen Volkes Anklang; denn man bedauerte, da so viele Auswanderer im Auslande ihrer Nationalitt verlustig gingen, da Deutschland die Kolonialprodukte erst aus zweiter H.iud kaufen mute, und da der sich mchtig entwickelnden deutschen Industrie ausreichende Absatzgebiete fehlten. Fürst Bismarck begann die kolonialen Bestrebungen damit, da er die in Afrika gelegenen
2bi5iicenu, Deutschlands Seemacht sonst und jetzt. 2. Aufl. Leipzig 1901.
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Faktoreien (Handelsniederlassungen) einiger deutschen Handelshuser unter den Schuh des Reiches stellte. Deutsche Kanonenboote erschienen an den Ksten der deutschen Niederlassungen, und zum Zeicheu der Besitz-ergreisung durch das Deutsche Reich wurde die deutsche Flagge gehit. Die auf diese Weise erworbeneu Gebiete sind folgende:
a. Deutsch-Sdwest-Afrika,
b. Kamerun und Togland am Golf von Guinea (ginea),
c. Deuts ch-O st afrika,
d. Kaiser-Wilhelmslaud auf Neu-Guiuea, der Bismarck-archipel, die Marschallinseln und die Salomouiuselu im Stillen Ozean. Die deutschen Kolonien umfassen jetzt ein Gebiet, das fast 5mal so groß ist wie das Deutsche Reich und 10 Millionen Einwohner zhlt, so da Deutschland unter den acht Kolonial-mchten der Erde die dritte Stelle einnimmt. Leider entspricht jedoch dem Umfange nicht der Wert des deutschen Kolonialbesitzes; denn die wertvollsten berseeischen Gebiete hatten sich die anderen Kolonialmchte gesichert, bevor Deutschland mit ihnen in Wettbewerb treten konnte.
5. Die deutsche Zollpolitik. In der Zollpolitik hielt das neue Deutsche Reich, das ein einheitliches Zoll- und Handelsgebiet bildet, anfnglich au den Grundstzen des Freihandels fest und ermigte oder beseitigte die Schutzzlle aus der Zeit des Zollvereius. Dadurch uahm der deutsche Handel einen groen Aufschwung. Als aber Frankreich und sterreich-Ungarn das Schutzzollsystem angenommen hatten, das in Rußland und in Nordamerika lngst bestand, waren die deutschen Erzeugnisse auf dem heimischen Markte der schrankenlosen Konkurrenz fremder Waren ausgesetzt, während ihnen der auslndische Markt durch die Schutzzlle der auerdeutschen Staaten versperrt war. Manche Industrien sowie die Land- und Forstwirtschaft erlitten dadurch groe Verluste. Dazu kam, da durch den bestehenden Zolltarif eine schwere Schdigung der Reichsfinanzen entstand und die Reichsregierung sich jedes Mittels beraubt sah, andere Staaten zu gnstigen Handelsvertrgen zu zwingen. Der Reichskanzler ging daher an die Riesenansgabe, das Zoll- und Steuerwesen vllig umzugestalten, und gab als Ziel der Reform an, durch Erhhung der Verbrauchssteuern nicht nur die eigenen Bedrfnisse des Reiches zu decken, sondern auch die Eiuzelstaaten durch berweisung eines Teils der Steuerertrge in den Stand zu setzen, drckende Steuern zu beseitigen oder zu ermigen". Im Jahre 1879 nahm der Reichstag die Regierungsvorlage der die Getreidezlle an, worauf er auch die brige landwirtschaftlichen und industriellen Schutzzlle bewilligte. An die Schutzzlle schlssen sich die Finanzzlle, die zur Vermehrung der Finanzen einzelne
Flotte und Kolonialbesitz. Atzler, Qu. u. L. Iii.
Hassert, Deutschlands Kolonien. Leipzig 1899.
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verlieh das neue Deutsche Reich feilten Angehrigen ein gemeinsames Heimatrecht. Infolgedessen ist jeder Deutsche innerhalb der Reichs-grenzen zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetriebe, zu ffentlichen mtern, zur Erwerbung von Grundstcken und zum Genuffe aller sonstigen brgerlichen Rechte zuzulassen und geniet berall denselben Rechtsschutz wie der Einheimische. Erst durch dieses Recht, das die Freizgigkeit in sich schlo, wurden die Deutschen wirklich zu Brger eines gemeinsamen Staates.
e. Rechtseinheit. Nachdem schon 1871 durch Einfhrung des Strafgesetzbuches des Norddeutschen Bundes die Einheit auf dem Gebiete des Strafrechts hergestellt worden war, trat am 1. Oktober 1879 eine Reihe von Gesetzen in Kraft, welche die Gerichtsverfassung und Prozeordnung des Reiches einheitlich gestalteten. Gleichzeitig wurde zur Whrung der Rechtseinheit das Reichsgericht zu Leipzig geschaffen.
Am 1. Januar 1876 wurde durch ein Gesetz die obligatorische Zivilehe und die Beurkundung des Personenstands eingefhrt. Die Beurkundung der Geburten, Eheschlieungen und Sterbeflle erfolgt seit dieser Zeit kostenfrei durch die vom Staate angestellten Standesbeamten.
pte Entwicklung Kreutzens unter Wilhelm I.
a. Der Ausbau der preuischen Selbstverwaltung. Die auf die Wohlfahrt des Deutschen Reiches gerichteten Bestrebungen der Regierung Kaiser Wilhelms kamen naturgem auch Preußen zugute. Doch entfaltete die preuische Regierung im Verein mit dem Landtage auch im besonderen eine reiche gesetzgeberische Ttigkeit. Die unter Friedrich Wilhelm Iii. von Stein begonnene Einfhrung der Selbstverwaltung wurde durch die Kreisordnung von 1872 und die Proviuzialorduuug von 1875 (anfangs nur fr die stlichen, spter fr alle Provinzen) vollendet. (der die Selbstverwaltung s. u.)
b. Der Ausbau der Verkehrswege. Bei dem groen wirtschaftlichen Aufschwnge nach den glcklichen Kriegen und der fort-gesetzten Verbesserung der Verkehrsmittel wurde in Preußen mit Eifer am Ausbau des Wegenetzes gearbeitet. Whrend der Staat die Anlage und Pflege der Landstraen und Chausseen den Gemeinden, Kreisen und Provinzen berlie, erwarb er durch Kauf fast smtliche Eisenbahnen und baute auf eigene Kosten neue, so da allmhlich alle greren Ortschaften dem Verkehr leicht zugnglich gemacht wurden. Auch auf den Ausbau der Wasserstraen verwendete Preußen groe Summen. Die Stromlufe mehrerer Flsse wurden reguliert; 1887 wurde der Bau des Nordostsee- oder Kaiser Wilhelm-Kanals begonnen.
Schubait, Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preuischen Staates. 18. Aufl. Breslau 1904.
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Unsere Gesamtausfuhr auf dem Seewege hatte 1902 einen Wert von etwa 3800 Millionen Mark. Da auch in den fremden Erdteilen riesige Summen deutschen Kapitals angelegt sind und unsere Kolonien eine groe Ausdehuuug gewonnen haben, so wachsen die Aufgaben unserer Kriegsmarine von Jahr zu Jahr. Unter Wilhelm Ii. wurde darum die Kriegsflotte bedeutend vergrert. Das Flottengesetz von 1900 bestimmt, da unsere Schlachtflotte aus 2 Flaggschiffen, 4 Ge-fchwaderu zu je 8 Linienschiffen, 4 Reservelinienschiffen, 38 Kreuzern und 8 Torpedoflotillen bestehen soll.
4. Kolonialpolitik. Bald nach dem Regierungsantritt Wilhelms Ii.
brach im Kstengebiet von Dentsch-Ostasrika ein gefhrlicher Ausstand aus. Die arabischen Sklavenhndler, die ihr schndliches Geschft nicht durch die deutsche Herrschaft beeintrchtigen lasfeil wollten, griffen unter ihrem Fhrer Buschiri die deutschen Stationen an. Der Kaiser er-nannte den bewhrten Afrikaforscher Wimann zum Reichskommissar und sandte mehrere Kriegsschiffe nach Ostasrika. Nach langen Kmpfen wurde Buschiri 1889 gefangen genommen und 1890 der Aufstand vollstndig unterdrckt. Nachdem im Jahre 1893 Emprungen der Eingeborenen in Kamerun und Dentfch-Sdwestafrika niedergeschlagen worden waren, entwickelten sich in unseren afrikanischen Kolonien friedliche Verhltnisse. In Dentsch-Ostasrika und Sdwestafrika wurden Eisen-bahnen gebaut; durch deutsche Postmter und regelmige Dampserver-bindnngen wird der Verkehr mit der Heimat unterhalten; deutsche Gesellschaften haben groe Summen in Plantagen angelegt.
Im Jahre 1890 tauschte Kaiser Wilhelm Ii. die seit 1807 den 1890 Englndern gehrende Insel Helgoland gegen einige ostafrikanische Besitzungen ein. So kam ein uraltes deutsches Gebiet wieder an das Mutterland, und es wurde dadurch verhtet, da die Jusel im Falle eines Krieges feindlichen Schiffen ein Sttzpunkt werden knne. Helgoland wurde wegen seiner die Mndungen der Elbe und Weser beherrschenden Lage in eine uneinnehmbare Felsenfestung umgewandelt.
Von groer Bedeutung fr unseren Handel in Ostasien und unsere Machtstellung zur See war es, da Deutschland 1897 in China 1897 festen Fu fate. Als in diesem Jahre zwei deutsche Missionare in Schantung ermordet worden waren, lie der Kaiser eine Anzahl Kriegs-schiffe in die Kiantschonbncht (kjaudscho-n) einlaufen, um die Shnung der Mordtat zu erzwiugeu. Nach verschiedenen Unterhandlungen ver-pachtete China jene Bucht mit dem Ufergelnde, zusammen 920 qkm, ans 99 Jahre an das Deutsche Reich. Ein die Bucht umgebendes Gebiet von der 7000 qkm wurde als neutrale Zone abgegrenzt, innerhalb deren die Chinesen keine behrdlichen Maregeln ohne deutsche Zustimmung treffen drfen. Zur Strkung des deutschen Ansehens sandte der Kaiser 1897 seine Bruder Heinrich mit einem Geschwader
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelms Wilhelms Afrikaforscher_Wimann Wilhelm Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Dentsch-Ostasrika Ostasrika Kamerun Dentfch-Sdwestafrika Dentsch-Ostasrika Sdwestafrika Helgoland Helgoland Ostasien Deutschland China Schantung China Deutsche_Reich