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wohl der ältesten Kirche der Christenheit; soll sie doch Mitte des vierten
Jahrhunderts bereits gebaut sein. Durch eine niedrige, enge Öffnung
treten wir in das schöne, große, mit verschiednen Säulenreihen geschmückte
Schiff der Kirche. Doch nicht Lichterglanz strahlt uns entgegen; keine an-
dächtige Menschenmenge nimmt uns in ihrer Mitte auf. Der große Raum
ist nur notdürftig beleuchtet, und in dem ungewissen Lichte sehen wir
Männer auf dem Boden hocken, vor sich ausgebreitet Kreuze aus Oliven-
holz, Peclmutterschalen, in die mit großer Kunst Darstellungen aus der
Geschichte Jesu eingeschnitten sind, Albums mit Bildern von Bethlehem,
Kerzen für die Besucher der Messe. Ein schwunghafter Handel wird hier
in der Weihnachtsnacht betrieben; man meint auf einem Jahrmärkte zu
sein. Wo feiert man aber Weihnachten? Orgelklänge, die plötzlich an
unser Ohr schlagen, führen uns auf die richtige Spur. Wir gehen ihnen
nach und treten in eine Seitenkapelle der alten Kirche. Überrascht bleiben
wir stehen. Der ganze Raum ist hell erleuchtet; dort am Altar unter
einem zur Seite aufgeschlagnen Baldachin sitzt der Patriarch in kost-
barer Amiskleidung, zu seiner Seite zwei Bischöfe, Priester zur Rechten
und Linken des Altars, Chorknaben vor ihm, die Weihrauchgefäße schwen-
kend : man feiert die Messe. Welch ein buntes, farbenprächtiges Bild!
Und die Schar der Andächtigen? Da kauern auf der einen Seite der
Kapelle die Frauen Bethlehems auf dem Boden in ihren weißen, so male-
rischen Kopftüchern, auf der andern Seite sitzt der männliche Teil der
Bevölkerung, ebenfalls auf dem kalten Boden; Stühle stehen nur für
die Europäer vorne am Altar. Es ist zwölf Uhr geworden, der Weih-
nachtsmorgen bricht an. Eine Pause tritt im Singen der Mönche, dem
Spiel der Orgel, dem Vorlesen der liturgischen Gebete ein. Was wird
kommen? Ein seidner Vorhang, der bis dahin einen oberhalb des Altars
befestigten Glaskasten verhüllt hatte, wird zur Seite gezogen; man er-
blickt eine Wachspuppe, das Iesuskindkein darstellend. Gewaltig setzt der
Chor der Mönche ein, und brausend klingt es in lateinischer Sprache durch
die Räume der Kapelle: ,,Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf
Erden und den Menschen ein Wohlgefallen." Die Messe geht weiter,
es ist bereits drei Uhr; wohin man blickt, müde und matte Gesichter, die
Augen wollen fast zufallen; die Luft wird immer schwüler, der Weih-
rauch steigt immer dichter empor. Da ein neues Bild am Altar: Der
Patriarch erhebt sich, tritt an den Altar, und in seine ausgebreiteten Arme
legt man die Wachspuppe. In feierlicher Prozession geht es zur Geburts-
grotte hinab, voran Franziskaner, einen Hymnus anstimmend, hinter ihnen
der Patriarch; ihm unmittelbar folgt der französische Konsul mit seinem
Personal und dann die Schar der Priester und Mönche Bethlehems. Hin-
unter geht es in die Geburtsgrotte, dem eigentlichen Heiligtum der alten
Kirche. Dort legt der Patriarch die Wachspuppe in die sogenannte Krippe,
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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wohl der ältesten Kirche der Christenheit; soll sie doch Mitte des vierten
Jahrhunderts bereits gebaut sein. Durch eine niedrige, enge Öffnung
treten wir in das schöne, große, mit verschiednen Säulenreihen geschmückte
Schiff der Kirche. Doch nicht Lichterglanz strahlt uns entgegen, keine an-
dächtige Menschenmenge nimmt uns in ihrer Mitte auf. Der große Raum
ist nur notdürftig beleuchtet, und in dem ungewissen Lichte sehen wir
Männer auf dem Boden hocken, vor sich ausgebreitet Kreuze aus Oliven-
holz, Perlmutterschalen, in die mit großer Kunst Darstellungen aus der
Geschichte Jesu eingeschnitten sind, Albums mit Bildern von Betlehem,
Kerzen für die Besucher der Messe. Ein schwunghafter Handel wird hier
in der Weihnachtsnacht betrieben; man meint auf einem Jahrmärkte zu
sein. Wo feiert man aber Weihnachten? Orgelklänge, die plötzlich an
unser Ohr schlagen, führen uns auf die richtige Spur. Wir gehen ihnen
nach und treten in eine Seitenkapelle der alten Kirche. Überrascht bleiben
wir stehen. Der ganze Raum ist hell erleuchtet; dort am Altar unter
einem zur Seite aufgeschlagnen Baldachin sitzt der Patriarch in kost-
barer Amtskleidung, zu seiner Seite zwei Bischöfe, Priester zur Rechten
und Linken des Altars, Chorknaben vor ihm, die Weihrauchgefäße schwen-
kend : man feiert die Messe. Welch ein buntes, farbenprächtiges Bild!
Und die Schar der Andächtigen? Da kauern auf der einen Seite der
Kapelle die Frauen Bethlehems auf dem Boden in ihren weißen, so male-
rischen Kopftüchern, auf der andern Seite sitzt der männliche Teil der
Bevölkerung, ebenfalls auf dem kalten Boden; Stühle stehen nur für
die Europäer vorne am Altar. Es ist zwölf Uhr geworden, der Weih-
nachtsmorgen bricht an. Eine Pause tritt im Singen der Mönche, dem
Spiel der Orgel, dem Vorlesen der liturgischen Gebete ein. Was wird
kommen? Ein seidner Vorhang, der bis dahin einen oberhalb des Altars
befestigten Glaskasten verhüllt hatte, wird zur Seite gezogen; man er-
blickt eine Wachspuppe, das Iesuskindlein darstellend. Gewaltig setzt der
Chor der Mönche ein, und brausend klingt es in lateinischer Sprache durch
die Räume der Kapelle: ,,Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf
Erden und den Menschen ein Wohlgefallen." Die Messe geht weiter,
es ist bereits drei Uhr; wohin man blickt, müde und matte Gesichter, die
Augen wollen fast zufallen; die Luft wird immer schwüler, der Weih-
rauch steigt immer dichter empor. Da ein neues Bild am Altar: Der
Patriarch erhebt sich, tritt an den Altar und in seine ausgebreiteten Arme
legt man die Wachspuppe. In feierlicher Prozession geht es zur Geburts-
grotte hinab, voran Franziskaner, einen Hymnus anstimmend, hinter ihnen
der Patriarch; ihm unmittelbar folgt der französische Konsul mit seinem
Personal und dann die Schar der Priester und Mönche Bethlehems. Hin-
unter geht es in die Geburtsgrotte, dem eigentlichen Heiligtum der alten
Kirche. Dort legt der Patriarch die Wachspuppe in die sogenannte Krippe,
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vom Bischof und den Gläubigen feierlich begrüßt und der Leichenzug
setzt sich in Bewegung. Durch die stillen Räume tönt mild der
Psalmengesang und verklingt geheimnisvoll in den Galerien. Die Lich-
ter in den Händen der Waller zünden an den glitzernden roten Tuffstein-
wänden tausend und aber tausend Sternlein an, und die gelben Ziegel
und weißen Marmorplatten, welche die Gräber schließen, strahlen
in dem wogenden Lichtschein. Manch rührende Inschrift, manch zar-
tes Sinnbild, kunstlos von schlichter Hand gefertigt, kündet Himmels-
frieden und gibt die frohe Antwort auf den Chor der Psalmensänger.
Rings um die Tafeln aber blinken im Mörtel, wie ein Kranzschmuck,
Merkzeichen liebender Erinnerung. Hier blitzt eine Münze oder Muschel,
dort eine funkelnde Gemme oder Glasscherbe mit goldener Verzierung.
Dort fassen Spiegelabdrücke mit christlicher Inschrift und in Form
der Fußsohle den Grabstein ein, und wo ein Blutzeuge die stille Gruft
bewohnt, da prangt der edelste Juwel, eine Glas-, Ton- oder Onyx-
phiole. Schon hat der Trauerzug manche Galerie durchschritten. So
oft er in eine neue biegt, grüßt ihn wie ein stiller Wächter aus traulicher
Felsnische ein Lämpchen, das bald mit einem Sinnbild versehen, bald
selber wie eine Taube, ein Fisch oder eine Barke gestaltet, sein
dürftiges Licht fröhlich in den reichen Kerzenglanz mischt. Die Ruhe-
stätte ist erreicht." Dr. Hermens.
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vom Bischof und den Gläubigen feierlich begrüßt und der Leichenzug
setzt sich in Bewegung. Durch die stillen Räume tönt mild der
Psalmengesang und verklingt geheimnisvoll in den Galerien. Die Lich-
ter in den Händen der Waller zünden an den glitzernden roten Tuffstein-
wänden tausend und aber tausend Sternlein an, und die gelben Ziegel
und weißen Marmorplatten, welche die Gräber schließen, strahlen
in dem wogenden Lichtschein. Manch rührende Inschrift, manch zar-
tes Sinnbild, kunstlos von schlichter Hand gefertigt, kündet Himmels-
frieden und gibt die frohe Antwort auf den Chor der Psalmensänger.
Rings um die Tafeln aber blinken im Mörtel, wie ein Kranzschmuck,
Merkzeichen liebender Erinnerung. Hier blitzt eine Münze oder Muschel,
dort eine funkelnde Gemme oder Glasscherbe mit goldener Verzierung.
Dort fassen Spiegelabdrücke mit christlicher Inschrift und in Form
der Fußsohle den Grabstein ein, und wo ein Blutzeuge die stille Gruft
bewohnt, da prangt der edelste Juwel, eine Glas-, Ton- oder Onyx-
phiole. Schon hat der Trauerzug manche Galerie durchschritten. So
oft er in eine neue biegt, grüßt ihn wie ein stiller Wächter aus traulicher
Felsnische ein Lämpchen, das bald mit einem Sinnbild versehen, bald
selber wie eine Taube, ein Fisch oder eine Barke gestaltet, sein
dürftiges Licht fröhlich in den reichen Kerzenglanz mischt. Die Ruhe-
stätte ist erreicht.“ Dl’. Hermeus.
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Hände fiel, ward grausam hingemordet. Die Straßen waren voll von
Leichen, und in den Kirchen drängten sich mit lautem Jammer die ge-
flüchteten Weiber und Kinder zu den Altären. Die Schätze der reichen
Stadt fielen den Soldaten zur Beute; die Kirchengeräte aber, ja selbst
die Kirchenfenster, ließ Heinrich der Löwe in den Dom zu Ratzeburg
bringen, den er gegründet hatte. Die Stadtmauern und Türme wurden
geschleift und mit den Trümmern die Gräben ausgefüllt. Was sonst
noch übrig geblieben war, wurde den Flammen geopfert. Um den Wieder-
aufbau der Stadt zu hindern, wurden Quadersteine der niedergerissenen
Gebäude nach Lüneburg und Hamburg fortgeführt, wo sie neue Verwen-
dung fanden. In Vardowiek blieb nur ein Teil der Kirchen stehen, und
auch diese waren arg beschädigt und verwüstet. Über der Haupttür des
Domes aber wurde die Figur eines Löwen aufgestellt und darunter die
Worte gesetzt: „Vestigium Leonis“ (die Spur des Löwen).
Jetzt ist Vardowiek nichts als ein großes Dorf, und bei dem An-
blick der niedrigen, strohgedeckten Häuser mit den Pferdeköpfen am Giebel
kann man sich in den Ort versetzt glauben, der hier stand, bevor christliche
Apostel in unser Land kamen. Die Kirchen sind alle, mit Ausnahme des
Domes, vom Erdboden verschwunden. Aber die Kirchhöfe sind geblieben
und erinnern mit ihren Kreuzen und Leichensteinen an Tod und Unter-
gang. Fünf Kirchhöfe zählt man in dem Orte, für den ein einziger ge-
nügen würde.
Gern berichten die Vardowieker vom alten Glanze der untergegan-
genen Stadt. Sie weisen den Fremden zurecht und zeigen den Löwen
über der Tür des Domes. Einen Punkt aber gibt es, den man ihnen
gegenüber nicht berühren darf. Sie können den Gedanken nicht ertragen,
daß ein Ochse sie zugrunde gerichtet habe. Und wenn ein Fremder vor-
witzig fragt: „Wat makt jue Bull?" dann soll er gar fühlbare Andenken
mitnehmen von Bardowiek.
Robert Kohlrausch.
63. Der Demant-Tisch im Drunnen der Durg zu Holte.
1. Sieben Jahre lang hatte der Bischof von Osnabrück mit seinem Ver-
bündeten, Grafen Otto von Ravensberg, die Burg der Edlen von Holte
vergeblich belagert. Sicher stand sie auf hoher Bergesspitze, umzogen von
dreifachen Gräben, woran senkrechte Felswände und künstliche Mauern
sich lehnten und eine unersteigliche Wehr bildeten. Es waren aber die
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_der_Löwe Heinrich Apostel Bardowiek Robert_Kohlrausch Osnabrück Otto_von_Ravensberg Otto
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vom Bischof und den Gläubigen feierlich begrüßt und der Leichenzug
setzt sich in Bewegung. Durch die stillen Räume tönt mild der
Psalmengesang und verklingt geheimnisvoll in den Galerien. Die Lich-
ter in den Händen der Waller zünden an den glitzernden roten Tuffstein-
wänden tausend und aber tausend Sternlein an, und die gelben Ziegel
und weißen Marmorplatten, welche die Gräber schließen, strahlen
in dem wogenden Lichtschein. Manch rührende Inschrift, manch zar-
tes Sinnbild, kunstlos von schlichter Hand gefertigt, kündet Himmels-
frieden und gibt die frohe Antwort auf den Chor der Psalmensänger.
Rings um die Tafeln aber blinken im Mörtel, wie ein Kranzschmuck,
Merkzeichen liebender Erinnerung. Hier blitzt eine Münze oder Muschel,
dort eine funkelnde Gemme oder Glasscherbe mit goldener Verzierung.
Dort fassen Spiegelabdrücke mit christlicher Inschrift und in Form
der Fußsohle den Grabstein ein, und wo ein Blutzeuge die stille Gruft
bewohnt, da prangt der edelste Juwel, eine Glas-, Ton- oder Onyx-
phiole. Schon hat der Trauerzug manche Galerie durchschritten. So
oft er in eine neue biegt, grüßt ihn wie ein stiller Wächter aus traulicher
Felsnische ein Lämpchen, das bald mit einem Sinnbild versehen, bald
selber wie eine Taube, ein Fisch oder eine Barke gestaltet, sein
dürftiges Licht fröhlich in den reichen Kerzenglang mischt. Die Ruhe-
stätte ist erreicht.** £>r. Hermen,
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Neueste Seit. (1830-1880.)
563
Du aber, Herz, das weinen
Will bei versunknen Steinen,
Bei schöner Vorzeit Runen,
Bei alter Helden Schrein,
Komm, eh' mit Morgenwinden
Die Träume alle schwinden, —
Die Stadt in den Lagunen
Ist auch ein Traum von Stein.
2.
Wenn auf den bleichen Höhen
Der fernen Euganeen
Des Südens Abendsonne
Ihr Gold vergossen hat,
Dann jubelt, wie ein tolles,
Phantastisch-wundervolles
Gedicht, im Rausch und Wonne
Die alte braune Stadt.
Auf allen Kuppeln brennt es
Wie Glut des Orientes,
Es wachen in den Fresken
Die alten Heil'gen auf;
Im wundersamen Scheine
Beleben sich die Steine
Mit allen Arabesken
Bis zu dem höchsten Knauf.
Dann blicken vom Altane
Die Frau'n der Titiane,
Halb Teufel und halb Engel
Im weißen Nachtgewand,
So schön und treulos alle
Wie die, die in der Halle
Vollendet, ohne Mängel
Der Palma hingebannt.
Dann geht das schöne Laster
Stolz übers Marmorpflaster,
Es winkt mit seidnen Wimpern,
Es rauscht im Kleid von Samt;
Es hallen die Arkaden
Von Liebesserenaden,
Die Mandolinen klimpern
Und jedes Auge flammt.
O Schmerz! das kaun nicht dauern,
Die Abendwinde schauern,
Der Mond sieht blaß und blässer
Ins wirre Bild hinein.
Es gähnen die Portale
Am mächtigen Kanäle,
Ins schweigende Gewässer
Fällt langsam Stein um Stein.
3.
Und wenn das Volk mit Toben
Verstummt ist und zerstoben.
Dann wird es still am Platze,
Es dunkelt weit und breit;
Doch hoch auf seiner Säule
Erwacht mit Klaggeheule
Und hebt die starke Tatze
Der Leu der alten Zeit.
Sankt Markus auch daneben
Erwacht zum kurzen Leben,
Das alte Steingebilde
Lebt auf im Mondenlicht;
Dreimal in weilen Kreisen
Schwingt er sein Schwert von Eisen,
Er klirrt mit seinem Schilde,
Er hebt's empor und spricht:
Wo sind die stolzen Tage,
Als wie lebend'ge Sage
Venedig lichtumflossen
Gelebt im Ruhmesglanz;
Als Dandalo der Blinde
Hertrieb mit gutem Winde,
Mit seinen ehrnen Rossen
Vom Sturme von Byzanz?
O Tag der Lorbeerleiser,
Als dort der Papst, der Kaiser
An Falieri's Seite
Hinschritten stolz und stark!
Wie duftete von Ambra
Italiens Alhambra,
Wie strahlte die geweihte
Domkirche von Sankt Mark!
Giebt's denn für alles Große
Nur Tod zum letzten Lose?
Sinkt, was man ewig glaubte,
Wie eine Sage hin?
Venedig, nachtgeborgen,
Für dich giebt's keinen Morgen,
Stirb mit verhülltem Haupte,
Entthronte Königin!
Der alte Riese schweiget,
Den Kopf zur Brust geneiget,
Der Seerab' ächzt und stöhnet,
Frühdämm'rung überall!
Das Wasser kocht und brauet,
Stier hin der Löwe schauet,
Vor dem Palaste dröhnet
Der deutschen Trommel Schall.
Alfred Meißner,
36 *
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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wohl der ältesten Kirche der Christenheit) soll sie doch Mitte des vierten
Jahrhunderts bereits gebaut sein. Durch eine niedrige, enge Öffnung
treten wir in das schöne, große, mit verschiednen Säulenreihen geschmückte
Schiff der Kirche. Doch nicht Lichterglanz strahlt uns entgegen; leine an-
dächtige Menschenmenge nimmt uns in ihrer Mitte auf. Der große Raum
ist nur notdürftig beleuchtet, und in dem ungewissen Lichte sehen wir
Männer auf dem Boden hocken, vor sich ausgebreitet Kreuze aus Oliven-
holz, Perlmutterschalen, in die mit großer Kunst Darstellungen aus der
Geschichte Jesu eingeschnitten sind, Albums mit Bildern von Bethlehem,
Kerzen für die Besucher der Messe. Ein schwunghafter Handel wird hier
in der Weihnachtsnacht betrieben; man meint auf einem Jahrmärkte zu
sein. Wo feiert man aber Weihnachten? Orgelklänge, die plötzlich an
unser Ohr schlagen, führen uns auf die richtige Spur. Wir gehen ihnen
nach und treten in eine Seitenkapelle der alten Kirche. Überrascht bleiben
wir stehen. Der ganze Raum ist hell erleuchtet; dort am Altar unter
einem zur Seite aufgeschlagnen Baldachin sitzt der Patriarch in kost-
barer Amtskleidung, zu seiner Seite zwei Bischöfe, Priester zur Rechten
und Linken des Altars, Chorknaben vor ihm, die Weihrauchgefäße schwen-
kend: man feiert die Messe. Welch ein buntes, farbenprächtiges Bild!
Und die Schar der Andächtigen? Da kauern auf der einen Seite der
Kapelle die Frauen Bethlehems auf dem Boden in ihren weißen, so male-
rischen Kopftüchern, auf der andern Seite sitzt der männliche Teil der
Bevölkerung, ebenfalls auf dem kalten Boden; Stühle stehen nur für
die Europäer vorne am Altar. Es ist zwölf Uhr geworden, der Weih-
nachtsmorgen bricht an. Eine Pause tritt im Singen der Mönche, dem
Spiel der Orgel, dem Vorlesen der liturgischen Gebete ein. Was wird
kommen? Ein seidner Vorhang, der bis dahin einen oberhalb des Altars
befestigten Glaskasten verhüllt hatte, wird zur Seite gezogen; man er-
blickt eine Wachspuppe, das Fesuskindlein darstellend. Gewaltig setzt der
Chor der Mönche ein, und brausend klingt es in lateinischer Sprache durch
die Räume der Kapelle: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf
Erden und den Menschen ein Wohlgefallen." Die Messe geht weiter,
es ist bereits drei Uhr; wohin man blickt, müde und matte Gesichter, die
Augen wollen fast zufallen; die Luft wird immer schwüler, der Weih-
rauch steigt immer dichter empor. Da ein neues Bild am Altar: Der
Patriarch erhebt sich, tritt an den Altar, und in seine ausgebreiteten Arme
legt man die Wachspuppe. In feierlicher Prozession geht es zur Geburts-
grotte hinab, voran Franziskaner, einen Hymnus anstimmend, hinter ihnen
der Patriarch; ihm unmittelbar folgt der französische Konsul mit seinem
Personal und dann die Schar der Priester und Mönche Bethlehems. Hin-
unter geht es in die Geburtsgrotte, dem eigentlichen Heiligtum der alten
Kirche. Dort legt der Patriarch die Wachspuppe in die sogenannte Krippe,
Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. Teil Iii A. 22
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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wohl der ältesten Kirche der Christenheit; soll sie doch Mitte des vierten
Jahrhunderts bereits gebaut sein. Durch eine niedrige, enge Öffnung
treten wir in das schöne, große, mit verschiednen Säulenreihen geschmückte
Schiff der Kirche. Doch nicht Lichterglanz strahlt uns entgegen; leine an-
dächtige Menschenmenge nimmt uns in ihrer Mitte auf. Der große Raum
ist nur notdürftig beleuchtet, und in dem ungewissen Lichte sehen wir
Männer auf dem Boden hocken, vor sich ausgebreitet kreuze aus Oliven-
holz, Perlmutterschalen, in die mit großer Kunst Darstellungen aus der
Geschichte Jesu eingeschnitten sind, Albums mit Bildern von Bethlehem,
Kerzen-für die Besucher der Messe. Ein schwunghafter Handel wird hier
in der Weihnachtsnacht betrieben; man meint auf einem Jahrmärkte zu
sein. Wo feiert man aber Weihnachten? Orgelklänge, die plötzlich an
unser Ohr schlagen, führen uns auf die richtige Spur. Wir gehen ihnen
nach und treten in eine Seitenkapelle der alten Kirche. Überrascht bleiben
wir stehen. Der ganze Raum ist hell erleuchtet; dort am Altar unter
einem zur Seite aufgeschlagnen Baldachin sitzt der Patriarch in kost-
barer Amtskleidung, zu seiner Seite zwei Bischöfe, Priester zur Rechten
und Linken des Altars, Chorknaben vor ihm, die Weihrauchgefäße schwen-
kend : man feiert die Messe. Welch ein buntes, farbenprächtiges Bild!
Und die Schar der Andächtigen? Da kauern auf der einen Seite der
Kapelle die Frauen Bethlehems auf dem Boden in ihren weißen, so male-
rischen Kopftüchern, auf der andern Seite sitzt der männliche Teil der
Bevölkerung, ebenfalls auf dem kalten Boden; Stühle stehen nur für
die Europäer vorne am Altar. Es ist zwölf Uhr geworden, der Weih-
nachtsmorgen bricht an. Eine Pause tritt im Singen der Mönche, dem
Spiel der Orgel, dem Vorlesen der liturgischen Gebete ein. Was wird
kommen? Ein seidner Vorhang, der bis dahin einen oberhalb des Altars
befestigten Glaskasten verhüllt hatte, wird zur Seite gezogen; man er-
blickt eine Wachspuppe, das Iesuskindlein darstellend. Gewaltig setzt der
Chor der Mönche ein, und brausend klingt es in lateinischer Sprache durch
die Räume der Kapelle: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf
Erden und den Menschen ein Wohlgefallen." Die Messe geht weiter,
es ist bereits drei Uhr; wohin man blickt, müde und matte Gesichter, die
Augen wollen fast zufallen; die Luft wird immer schwüler, der Weih-
rauch steigt immer dichter empor. Da ein neues Bild am Altar: Der
Patriarch erhebt sich, tritt an den Altar, und in seine ausgebreiteten Arme
legt man die Wachspuppe. In feierlicher Prozession geht es zur Geburts-
grotte hinab, voran Franziskaner, einen Hymnus anstimmend, hinter ihnen
der Patriarch; ihm unmittelbar folgt der französische Konsul mit seinem
Personal und dann die Schar der Priester und Mönche Bethlehems. Hin-
unter geht es in die Geburtsgrotte, dem eigentlichen Heiligtum der alten
Kirche. Dort legt der Patriarch die Wachspuppe in die sogenannte Krippe,
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]