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brüdern die beste Unterstützung. Die auf uus gekommenen Aufzeichnungen
der Brüderschaften berichten mit rührender Gewissenhaftigkeit, worüber man
sich an dem und dem Tage unterhalten hat. Wir erfahren oon Stadt-
klatsch, von Verlobung und Heirat, Getreide- und Heringspreisen und Krieg,
oon den absonderlichen Wetten, die die Herren beim Bier abschlössen (darüber
gibt es eigeue „Wettbücher"), und was man bei feierlichen Gelegenheiten
getrunken und gegesfen hat. Zu den Mahlzeiten spielten die Hofpfeifer anf,
fremde Gaukler zeigteu ihre Künste. Ja, eine Zeitlang scheint man einen
„Hof"narren gehalten zu habeu. Während des Karnevals durchtanzte man
hier die Nächte. Aber die Halle war nicht nur ein Ort des Vergnügens.
Wo man am Abend kneipte, tagte am Morgen das Bürgergericht; erst in der
Mitte des 16. Jahrhunderts richtete man ein Nachbarhaus zum Schöppeu-
haus ein. Mit der Zeit änderte sich die Zusammeusetzuug der Artnsbrüder.
Anfangs hatte in dem „Junkerhof" eine aristokratische Luft geweht. Die
Patrizier hielten darauf, daß ihre Kaste von keinem Unebenbürtigen entweiht
wurde. Die jungen Kanslente pflegten ritterliche Gebräuche. Sie hielten
ein regelrechtes Turnier auf dem Langen Markt ab. Aber, wie es gewöhn-
lich geht, fremde Elemente wußten sich in die Gesellschaft zu drängen. Leute,
die eben reich geworden waren, fingen an, mit den alten Geschlechtern zu
wetteifern Das Emporkommen breiterer bürgerlicher Schichten am Ende
des Mittelalters spiegelt sich in den neuen Gesichtern an den Biertischen.
Eine Folge davon war, daß die vornehmste Vereinigung, die Georgsbrüder,
den plebejischen Staub vou den Schnabelschuhen schüttelte und sich 1494 in
ein eigenes Haus zurückzog.
Die heutige Artushalle stammt aus dem letzten Viertel des 15. Jahr-
huuderts. Das, was wir in den kirchlichen Räumen als weltlich empfinden,
kommt hier uatürlich noch stärker zum Ausdruck. Hier ist schon der erdeu-
frohe Sinu der Renaissance zu spüren. Dieses Zusammenwirken repräsen-
tativer Weiträumigkeit, die die deutsche Renaissance später oon sich aus uie-
mals besessen hat, mit einer unfeierlichen, bürgerlichen Heiterkeit, die einer
ihrer wesentlichen Züge ist, das gibt dem Raum seinen Charakter. Die
Stimmung der ueuen Zeit verkündet vornehmlich das in Fülle von zwei
Seiten zugeführte Licht, wobei das Überwiegen der Südquelle vom Laugen
Markt her über das Nordlicht, das jenes nur zu reflektieren scheint, von hervor-
ragender Wirkung ist. Eine ähnliche Form der Gewölbe, deren Rippen wie
Palmwedel von den schlanken Pfeilerschäften sich hinüberbiegen, gibt es in den
Sälen der Marienburg. Vielleicht hat es auch im Danziger Ritterschloß,
das eiu Meuscheualter vorher zerstört wurde, einen ähnlichen Raum gegeben,
den man nun als Verkörperung bürgerlicher Herrlichkeit wieder erstehen
ließ. Die jetzige Ausstattung der Halle gehört wie die der Kirchen im
wesentlichen späterer Zeit. Anfangs waren Turnierrüstungen, abwechselnd
mit gemalten Wappen, der Hauptschmuck der Wände. Von dem noch vor-
handenen Inventar des ausgehenden 15. Jahrhuuderts sind allein die beiden
Gemälde „Das Schiff der Kirche" und „Die Belagerung der Marienburg"
bemerkenswert. — Die später völlig umkostümierte Marktfront war möglicher-
weise mit Zinnen gekrönt wie die Georgshalle. Jedenfalls darf man ihre
ursprüngliche Gestalt nicht aus der heutigen Rückfassade rekonstruieren, die,
in deu vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgefrischt, eiueu sehr
verdächtigen Eindruck macht.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
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31. Städte im Mittelalter und die Hansa. 71
Wandspiegel kamen jetzt auf; der Handspiegel au§> Glas war schon länger besannt. An den Wänden zogen sich 33 ä n f e hin, die eigentlichen Sitzmöbel, die mit Kissen belegt waren. Daneben gab^es noch Schemel und meist einen als Ehrensitz bestimmten Stuhl. Fest und unbewegbar wie die Bänke stand auch in der Regel der Tisch. Truhen, aufrechtstehende Schränke, Wandbretter mit Krügen und Gläsern vervollständigten die Einrichtung des Zimmers. Im ganzen herrschte eine gewisse Steifheit; die Reinigung und Lüftung war erschwert. Das B e t't in dem Schlafzimmer zeigte verschiedene Formen, von dem einfachen Spannbett, einer Art Sofa, das als Lotter- oder Faulbett auch in den Wohnräumen vorkam, bis zu dem großen Bett mit Himmel, das häufig ein kunstvoll geschnitztes Bettdach hatte. Viel Wert legte der reichere Bürger auf schöne Bettdecken; Bettzeug galt überhaupt als besonders wertvolle Habe. Auch die Tisch-t ü cher wurden allgemeiner verwendet und immer feiner. Jetzt kamen auch große Stand- und Wanduhren auf. Vogelkäfige fand man sowohl im Bauern- wie im Bürgerhause und auf der Burg, ebenso auch wohl in „Scherben" gepflegte Blumen. Beleuchtungsgeräte waren Kerze und Lampe. Für kirchliche Zwecke benutzte man die Wachskerze, für den häuslichen Bedarf diente die Talg-kerze, die in die Tülle einer Laterne gesteckt oder auf Hänge- und Waumeuchtern angebracht wurde. Gewöhnlicher als die Kerze war die mit Fett, Talg oder in Niederdeutschland mit Tran gefüllte Lampe.
4. Die Hansa. Groß geworden waren die Städte durch Handel und Gewerbe. Zunächst bildete der Handel in der Stadt die Hauptbeschäftigung der Bewohner und gab der ganzen totabt ein bezeichnenbes Aussehen. Aber auch nach außen hin erstreckte sich der Handel, oft in die weiteste Ferne. Und hier war er manchen Gefahren ausgesetzt, überall auf Straßen und Strömen lauerten raublustige Ritter, die dem friedlichen Kaufmann die Waren abnahmen oder ihn zur Zahlung hoher Abgaben zwangen. Da schlossen die großen Handelsstädte zu gemeinsamem Schutze ihres Handels Bündnisse untereinander. Die größte und wichtigste dieser Städteverbiuduugen war die norddeutsche Hans a*), die im 13. Jahrhundert aus kleinen Anfängen entstand. Ihr Wahlspruch lautete: Die See zu^befahren ist notwendig, zu leben ist nicht notwendig. Sie rüstete ein Heer und eine Flotte aus, und für die Raubritter begannen nun üble Tage. Die Hansa brach ihre Burgen und zierte mit ihren Besitzern die Galgen; sie vernichtete die Schiffe der Seeräuber und ersäufte deren Mannschaften. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts zählte die Hansa 85 Städte; Lübeck war das Haupt, urtb bort würden die Bnnbesver-sammlungen gehalten. Großen Einfluß befaßen die Hanseaten in England; hier hießen sie „the Easterlings" (die Ostleute); ihr Gelb hieß Easterling ober Sterling (noch heute eine englische Münze, 1 Pfb. Sterling = 20,43 Mark), ihr großes Lagerhaus in London der (Stahlhof. Dreihundert Jahre blühte die Hanfa urtb
*) Hansa, d. i. Vereinigung, besonders der Kaufleute.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
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Extrahierte Personennamen: Hans
Extrahierte Ortsnamen: Burg Niederdeutschland England London Stahlhof