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1. Biographische Geschichtsbilder aus alter und neuer Zeit für den vorbereitenden geschichtlichen Unterricht (Quinta) - S. 148

1883 - Heidelberg : Winter
148 Karl der Große. Fürsten ehrten, und selbst entfernte Fürsten, besonders der große Kalif von Bagdad, Harnn-al-Raschid, durch Gesandte und Geschenke ihn ehrten, so erfrischten und hoben sich noch späte Zeiten und Herrscher in bewundernder Erinnerung an seine Größe. Die Verbindung mit dem Kalifen unterhielt Karl besonders deshalb, um dadurch seinen Untertanen für den Handel nach dem Morgenlande Schutz zu verschaffen. Unter den Geschenken, die der Kalise dem Könige sandte, befand sich ein Elefant von außergewöhnlicher Größe mit Namen Abulabaz (der Verwüster) und eine künstliche Uhr, welche die Stunden dadurch anzeigte, daß auf ein metallenes Becken so viele goldene Kügelchen herabfielen, als es Stunden waren; zu gleicher Zeit traten oben an dem Werke aus Fensteröffnungen so viele Reiterfiguren heraus, als die Zeit Stunden angab. König Karl schenkte dem Kalifen dagegen große Jagdhunde, die zum Fang auf wilde Tiere abgerichtet waren, und kostbare friesische Mäntel von den feinsten Fellen. Karl war ein echt deutscher Mann, von hoher Gestalt und kräftigem Körperbau. Keiner kam ihm an Stärke gleich; einen gewaffneten Ritter hob er mit einer Hand von der Erde, und ein Hufeisen auseinander zu brechen war ihm ein leichtes. Er liebte Körperübungen, erholte sich gern am Reiten, Jagen und Baden, und im Schwimmen that er's allen zuvor. In Schlaf und Speise war er mäßig, in der Kleidung einfach. Zwar bei feierlichen Angelegenheiten, oder wenn Gesandte von fremden Fürsten da waren, ließ er seine kaiserliche Herrlichkeit sehen; eine goldene Krone schmückte sein Haupt, von Gold und Edelsteinen starrte sein Mantel, funkelte fein Schwert; aber für gewöhnlich trug er Kleider, die seine Frau oder feine Tochter selbst gesponnen und gewebt hatten. Von Leinwand waren seine Unterkleider, darüber trug er einen Rock mit seidenen Borden eingefaßt; im Winter verwahrte er Brust und Schultern mit einer Weste von Otternpelz; sein Oberkleid war ein dunkelgrüner Mantel. Seine Gesundheit war vorzüglich, außer daß er in den letzten vier Jahren vor seinem Tode öfter von Fieberanfällen geplagt wurde. Am Abend seiner Tage saß Kaiser Karl endlich in Ruhe in seiner schönen Pfalz zu Aachen, konnte an feinem Werke vollenden, was noch der Vollendung ermangelte, und konnte der Fülle feiner Herrlichkeit genießen. Aber nnabweislich drängte sich der Gedanke an die Vergänglichkeit aller irdischen Hoheit herzu. Seine beiden tapferen Söhne, Pipin und Karl, hatte er bald nach einander (810 und 811) ins Grab gelegt, seine eigene Kraft war im Verlöschen, und oft erwog er mit schwerem

2. Biographische Geschichtsbilder aus alter und neuer Zeit für den vorbereitenden geschichtlichen Unterricht (Quinta) - S. 4

1883 - Heidelberg : Winter
4 Lykurgos. vereinigte die Knaben gleichen Alters in Rotten, deren jede nach der Wahl der obrigkeitlichen Person, die mit der besonderen Aufsicht über das ganze Erziehungswesen beauftragt war, denjenigen aus ihrer Mitte zum Anführer bekam, welcher an Verstand und Mut sich vor den andern auszeichnete. Es war nun ihr ganzes Leben, ihr Unterricht, ihre Übungen und ihre Spiele, ja selbst auch ihr Nachtlager gemeinschaftlich. Man unterrichtete sie im Lesen und Schreiben, aber nur, damit sie im gewöhnlichen Leben davou Gebrauch machen könnten, nicht zur Vorbereitung auf eine wissenschaftliche Thätigkeit, welche bei den Spartanern durchaus nicht geachtet war. Sonst war aller Unterricht und die ganze Erziehung nur darauf berechnet, daß die Knaben willigen Gehorsam und Ausdauer lernen und einst dem Feinde mutig unter die Augen treten möchten. Schon kleinere Kinder führten zum Spiele einen kriegerischen Tanz auf. Die Knaben sodann mußten sich vornehmlich int Laufen, Ringen, Werfen üben; und zwar warfen sie teils mit runden metallenen Scheiben, teils mit dem Wurfspieß nach dem Ziele. Ihre Spiele waren wieder von derselben Art: sie rangen mit einander und suchten überhaupt iit der Gewandtheit und Stärke des Leibes einander den Vorrang abzugewinnen. Die älteren Männer waren gegenwärtig bei ihren Übungen und Spielen: keiner wollte unter ihren Augen erliegen oder der schwächere sein. Alle Tage badeten sie sich im Flusse Eurotas; warm zu baden und sich nach dem Bade zu salben war nur ein paarmal im Jahre gestattet. Sie hatten bis zum zwölften Jahr einen anliegenden Rock und darüber einen Mantel. Von diesem Jahre an durften sie nur noch den Mantel tragen, den sie alljährlich bekamen und der ein ganzes Jahr aushalten mußte. Schuhe waren ihnen nicht gestattet, wenngleich die Erwachsenen Sandalen trugen. Gingen sie ans der Straße, so mußten sie ihre Hände, was in jenen Zeiten auch bei anderen Völkern als ein Zeichen der Bescheidenheit angesehen wurde, mit ihrem Mantel bedeckt halten und gesenkten Blickes ihren Weg verfolgen. Umherzublicken war ihnen verboten. z Wie die Kinder überhaupt zur Bescheidenheit und zum Anstand in Worten und äußerer Haltung, so wurden sie insbesondere zur Ehrfurcht gegen das Alter, gegen die Götter und zu jeglicher bürgerlicher Tugend angehalten. Einst kamen zwei spartanische Gesandte zu Athen ins Theater; schon waren alle Plätze besetzt, als noch ein Greis eintrat, der keinen Sitz mehr fand. Sogleich erhoben sich die beiden Spartaner ehrerbietig, um ihm ihren Platz abzutreten. Die Athener riefen ihnen Beifall zu. Die Spartaner aber sprachen: „Die Athener wissen wohl, was gut ist, aber sie thun es nicht". Diese Antwort mag zugleich als ein

3. Biographische Geschichtsbilder aus alter und neuer Zeit für den vorbereitenden geschichtlichen Unterricht (Quinta) - S. 122

1883 - Heidelberg : Winter
122 Deutsche Heldensagen. dem Throne zu sitzen, berief er seine drei mächtigsten Lehnsträger, den sangeskundigen Horand, seinen Neffen, den starken Wate von Stormarn und den reichen Frute von Dänemark, und forderte sie auf, mit einem reichen Gefolge nach Irland zu fahren und für ihn um die Hand der schönen Hilde zu werben. Dazu waren die drei Helden bereit. Da sie aber die große Gefahr kannten, die mit solcher Werbung verbunden war, so beschlossen sie unter der Maske vou Landflüchtigen zu reisen, gleich als hätte sie der Zorn des Königs Hettel aus ihrer Heimat vertrieben; ihre Schiffe aber wollten sie mit reichen (Schätzen und Kausmaunsgüteru aller Art befrachten und in den unteren Schiffsräumen hundert wohlgesittete tapfere Helden verbergen, die ihnen, wenn es not wäre, beistehen tonnten. Hettel billigte ihren Plan, und als alles zur Abreise bereit war, nahmen die guten Helden Abschied von ihrem Könige, stachen in See und kanten nach einer langen und schweren Fahrt glücklich an den Strand von Irland vor die Feste Balian, in der Hagen seinen Königssitz hatte. Als sie ans Land gestiegen waren, glaubte man ihrer Aussage, daß sie Vertriebene wären, obgleich sie gar nicht darnach aussahen, daß sie sich leicht vou einem anderen vertreiben ließen. Allein sie stimmten von der gewaltigen Macht des Königs Hettel ein so langes und breites Lied au, daß man keinen Zweifel in ihre Rede setzte, sondern sie ruhig gewähren ließ, als sie am Strande ihre Zelte und Buden aufzuschlagen begannen. Frute von Dänemark spielte nämlich den reichen Kansherrn und ließ in seinen Buden, vor denen er behäbig aus und ab ging, die kostbarsten Kleinodien und die seltensten Warengiiter; auslegen, über welche die in Scharen herznströmenden Einwohner der Stadt uni so mehr staunten, je billiger er sie verkaufte; ja zum großen Teil verschenkte er sie ganz umsonst. Vor allen Dingen aber hatte er dem König des Landes eine große Anzahl der kostbarsten Geschenke übersendet und ihn um seine Hnld und seinen Schutz wider ihren Verfolger, den mächtigen König Hettel von Hegelingen, gebeten. In der ganzen Stadt wurde von nichts gesprochen als von den reichen Fremdlingen; der König kam selbst an den Strand und fand großes Gefallen an ihnen, namentlich au dem vielerfahrenen Frute und an dem alten Wate, dem das Haupt in vielen Kämpfen ergraut war, und der sich den ellenbreiten Bart mit vielen schönen Silberborten dnrchslochten hatte und ans seinen blitzenden Angen doch überaus klug und verständig und wiederum eben so gutmütig zu blicken verstand.

4. Biographische Geschichtsbilder aus alter und neuer Zeit für den vorbereitenden geschichtlichen Unterricht (Quinta) - S. 128

1883 - Heidelberg : Winter
128 Deutsche Heldensagen. ihrer Kammer, und es war ein schlimmes Wagestück die alte Teufelin zu wecken; doch trieb sie die Angst vor der Kälte und so faßten sich die beiden Mädchen ein Herz und gingen vor das Bett Gerlindeus und brachten ihre Bitte an. Gerlinde horte sie halb im Schlafe und fuhr sie an: „Was geht ihr nicht an den Strand, ihr faulen Mägde, und waschet meine Kleider?" Hildburg antwortete: „Es ist in der Nacht ein tiefer Schnee gefallen, und wenn wir nicht mit Schuhen hinausgehen dürfen, fo müssen wir beide eines jämmerlichen Todes sterben". „Nichts da von Schnhen", antwortete die teuflische Wölfin, „ihr müßt barfuß hinaus und wenn ihr nicht fleißig wascht, so wißt ihr, was euch erwartet. Solltet ihr aber erfrieren, so ist an eurem Tode nichts gelegen." Weinend nahmen die armen Königstöchter die Kleider und gingen fort. „Gebe Gott", rief Gudrun der Teufelin zu, „daß Ihr nicht an diese Grausamkeit zurückdenken müßt." Darauf liefen sie mit bloßen Füßen durch den Schnee an den Strand und wuschen die Kleider, daß ihnen die schönen Glieder vor Frost und Kälte zitterten. Oftmals aber schickten sie Blicke auf die Flut vor sich, ob nicht die Boten nahten, welche Hilde ausgesendet hatte, um sie auszusuchen. Nach langem Harren und Warten sah Hildburg auf dem Meere zwei Männer in einer Barke kommen. „Gndrun", sagte sie, „siehst du die beiden Männer, die auf uns zurudern? Sollten es wohl die Boten deiner Mutter sein?" Da klagte Gudrun: „Wehe mir Armen, daß mir alles Jammer schaffen muß, möge es nun Frende oder Leid sein. Denn wenn diese Männer Hildens Boten sind, so könnte ich nimmer die Schande überwinden, daß sie mich an dem Meeresstrande sollten waschen sehen. Was soll ich thun? Rate mir, liebe Hildburg, soll ich fliehen oder mich treffen lassen in schmachvoller Erniedrigung?" Hildburg antwortete: „In so hohen Dingen begehre nicht meinen Rat; was du auch thun wirst, ich folge dir und bleibe bei dir, es möge dir übel oder gut ergehen". Da machte sich Gudrun auf und floh davon, und Hildburg folgte ihr eilends nach. Doch waren die beiden Männer bereits fo nahe, daß sie der Frauen inne wurden und sahen, daß sie von ihren Kleidern flohen. Rasch sprangen sie aus der Barke, riefen den fliehenden Mädchen nach: „Ihr schönen Wäscherinnen, warum fliehet ihr doch? Fremde Leute sind wir, und wenn ihr den Strand verlasset, so werdet ihr die kostbaren Kleider verlieren". Erst nach Herwigs Vertrauen erweckendem Zureden kehrten die beiden Mädchen um. Ortwin aber sprach: „Nun lasset uns hören, gute Jungfrauen, wem diese kostbaren Kleider auf dem Strande gehören, oder in wessen Dienste ihr waschet. Möge es Gott

5. 1. Bd. - S. 83

1827 - Heidelberg : Engelmann
83 nehmen/ ihn schaukeln/ und ihn versuchen lassen wollte/ ob er sich einige der Verse im Schaukeln erinnern konnte; „denn Du weißt/ Mutter/" sagte er/ „dann kann ich meine Hand nicht los lassen ohne heraus zu fallen/ und ich will mich wohl in Acht nehmen." Aber seine Mutter antwortete / daß sie ihn nicht gerne schaukeln wollte, wenn sein Vater nicht dadey wäre/ und Franz sagte gleich darauf: „Willsi Du denn so gut seyn, Mutter/ und mir diesen Knopf abschneiden und dieses Knopfloch zunähe« / dann kann ich den Rock nicht auf- und zuknöpfen." Seine Mutter schnitt den Knopf ab und nähte das Knopfloch zu. • Mehrere Male griff er, als er die Verse hersagte, nach dem Knopf und dem Knopfloche; aber als er fand, daß der Knopf ab war und er seine Finger nicht ins Knopfloch flecken konnte/ hörte er nach und nach auf, dahin zu greifen. Sein Vater blieb eine Woche weg und in dieser Zeit heilte sich Franz gänzlich von der närrischen Gewohnheit/ die er angenommen hatte und konnte die Verse hersagen, während er seine Hand ganz still hielt. Er bat seine Mutter, an dem Tage, da sein Vater wieder kam/ den Knopf anzunähen und da§ Knopfloch zu öffnen, und sie that es. Als sein Vater zu Hause angekommen war, und er ihn nach seinem Befinden gefragt hatte, rieffranz: „Kann ich nun die Worte hersagen, Vater?" «Ja, mein Kind." . Er stand seinem Vater gegenüber, hielt die Hände ganz still, und sagte die Verse auf, ohne anzustoßen. Sein Vater war zufrieden und befahl seinem Diener, der eben einige Sachen aus dem Wagen brachte, in wel- chem er gekommen war, ihm ein Buch zu bringen, wel- ches in der vorder« Wagentasche steckte.

6. 1. Bd. - S. 95

1827 - Heidelberg : Engelmann
' 95 .Ich schmeichle Dir nicht, mein Kind, - antwortete die Mutter. «Was ist schmeicheln, Mutter?" «Dir schmeicheln, mein Kind, heißt, Dich mehr lo- den, als Du verdient hast." «Schmeichelte mir denn die Dame im Laden, Mutter?" «Ich weiß es nicht, denn ich bin nicht dabey gewe- sen; ich habe nicht gehört, was sie gesagt hat." «Sie sagte: — ich — ich weiß nicht warum, Mutter, aber ich fühle, daß ich mich schäme, Dir Alles zu erzäh- len, was sie mir gesagt hat. Sie sagte, ich wäre ein lie- des kleines Geschöpf und der niedlichste Knabe, den sie in ihrem Leben gesehen hätte; auch sagte sie, ich wäre wirk- lich ein recht geschickter kleiner Knabe, als ich ihr etwas über Tastet und Modewaaren vorlas, was aus ein Papier gedruckt war, in welches sie etwas Band wickelte, und als ich ihr die Verse hersagte, Mutter, da sagte sie, sie hätte nie in ihrem Leben etwas so schön hersagen hören." «Und glaubtest Du dies alles, Franz?» «Nicht ganz, Mutter; ich machte einige Fehler, als ich die Verse aufsagte, und sie gab nicht Acht darauf." «Und verstandest Du, was Du über Tastet und Mode- waaren lasest?" «O, Mutter, ich weiß, Du würdest diese Frage ge- than haben; wie kam es denn, daß die Dame mich dies nicht fragte? — Auch stand etwas darin, von einem mo- dernen Affortiffement. Sie küßte mich, weil ich das ge- lesen hatte, und doch verstand ich jene Worte nicht. Wenn Du mich küssest oder lobst, Mutter, so bin ich ganz ge- wiß, daß ich etwas recht oder gut gemacht habe; ich weiß, warum Du mit mir zufrieden bist, aber ich wußte nicht so recht, warum die Dame so sehr mit mir zufrieden war; weißt Du es, Mutter?" «Nein, mein Kind, und ich weiß nicht einmal gewiß, ob sie mit Dir wirklich so sehr zufrieden gewesen ist." i

7. 1. Bd. - S. 97

1827 - Heidelberg : Engelmann
97 hielt heute Franz schon besser/ nach den Bienen zu sehen/ als an dem Morgen , wo er zuerst hingekommen war/ ih- nen zuzusehen , weil er schon deutlicher bemerkte/ was sie thaten. Nachdem er den Bienen so lange zugesehen hatte/ als es ihm Vergnügen machte, ging er zu der Laube, wo seine Mutter saß. Er fragte sie, ob er hingehen und mit dem kleinen Knaben sprechen dürfte, der nun im Garten das Unkraut ausgätete. Seine Mutter sagte, sie wollte lieber, er möchte nicht mit diesem kleinen Knaben sprechen, aber sie ging selbst zu ihm und dankte ihm, daß er Franz seinen Bienenkorb hatte sehen lassen; auch sagte sie ihm, wenn er zu ihr käme, wollte sie ihm ein Paar starke Schuhe geben. Darauf nahm sie Franz bey der Hand und ging in die Hütte. Es sprach Jemand sehr eifrig mit der alten Frau, über ein Kleid, das gewaschen werden sollte. Die Person, welche mit der alten Frau sprach, war ein Dienstmädchen: sie hatte ein Musselin-Kleid in der Hand und sagte, ihre Madam hatte ihr befohlen, es wa- schen zu lassen. Die alte Frau war eine Wäscherin. „Seht hier," rief das Dienstmädchen, indem sie den Saum des Musselinkleides zeigte, an welchem die Spu- ren von Schuhen zu sehen waren, die darauf getreten hatten, auch war ein großes Loch darin gewesen, welches man ausgebessert hatte. „Seht her! was für ein Stück Arbeit ich diesen Morgen gehabt habe. Gestern kam meine Madam mit ihrem Kleide so zerrissen und beschmuzt nach Hause und sagte mir, dies alles hätte ein kleiner unarti- ger, zudringlicher und eingebildeter Balg von einem Kna- den gethan, den sie in dem Laden des Putzhändlers in Bonstreet getroffen hätte, wo sie gestern gewesen wäre." Als das Mädchen dies sagte, sah sie weder Franz noch I. 7

8. 1. Bd. - S. 175

1827 - Heidelberg : Engelmann
175 wie Du; aber dann könnte ich ja doch nicht im Per- spective zeichnen.» «Aber, liebe Rosamunde/ während Tu über Perspec- tive sprichst/ bemerkst Du nicht/ wie spät es wird/» sagte Laura; «warum stehst Du jetzt nicht auf?» «O/ weil es doch jetzt schon zu spät ist/ um früh auf- zustehen/" folgerte Rosamunde. Mit diesem Schluffe zufrieden/ schloß Rosamunde ihre Augen und drehte sich auf die andere Seite/ um wieder einzuschlafen. «Wenn Du bey der letzten Flechte bist/ Laura / so rufe mich noch einmal/» sagte sie/ «und dann will ich aufstehen.» Aber vergebens rief Laura sie noch einmal/ sie war- nend/ weil sie nun «bey der letzten Flechte wäre.» Rosamunde war schläfriger als je und fürchtete sich mehr noch als sonst vor der Kälte. Doch zuletzt wurde sie durch die Frühstücks-Glocke aufgeweckt. Sie sprang auf/ indem sie kläglich ausrief: «O Laura / was soll ich anfangen? Ich werde nicht fertig werden — mein Vater wird böse auf mich seyn und ich habe mein Schürband verloren — und mein Taschentuch kann ich auch nicht fin- den — es ist auch alles weg! Das wird ein Unglücksrag werden/ ich bin davon überzeugt; und die Schnalle ist aus meinem Schuh gefallen/» fügte sie hinzu/ und indem sie diese Worte in einem traurigen Tone sagte, setzte sie sich an der Seite des Bettes nieder und fing an zu weinen. «Rein/ weine nur nicht/« sagte Laura, «sonst wird es wirklich ein Unglückstag; sieh/ hier ist Dein Taschentuch.» «Aber mein Schürband!» klagte Rosamunde/ sich die Augen mit dem Tuche wischend; «wie kann ich zum Früh- stück fertig seyn / ohne mein Schürband? Und mein Va- ter wird sehr — » — «Was sehr?» sagte Laura munter; «hier ist Dein Schürband; sieh einen Augenblick auf, und ich will es

9. 1. Bd. - S. 194

1827 - Heidelberg : Engelmann
194 ten; ihre Augen waren von einem lebhaften Blau und ihr Flachshaar wogte in Locken über ihre Schultern. So klein sie auch war/ so konnte ich doch jede Falte in ihrem Gewände unterscheiden/ ja/ jede azurblaue Ader/ die unter ihrer schneeweißen Haut pulsirte. Als ich ihr so mit Aufmerksamkeit zusah, stieg sie von dem Schmetter- linge ab, den sie mit einem silbernen Zügel regierte/ und ließ ihn nach Gefallen sich im Garten hcrumtunimeln; sie selbst aber/ sich auf die Staubfäden einer Tulpe nieder- lassend/ fing an / sie mit den schönsten Mischungen zu überziehen. Sie nahm eine kleine Palette *) in ihren Schooß/ die mit zahllosen verschiedenartigen Farben be- deckt war/ und legte sie mit einem Pinsel/ der aus den feinsten Haaren gemacht war/ die man sich nur denken kann/ auf die Blätter der Tulpe, indem sie den Pinsel dann und wann mit den Thautropfen benetzte, die noch zerstreut an den Blättern hingen. Mir schien, als ich sie ansah, daß ich nie in meinem Leben ein schöneres Gemäl- de gesehen hatte, und letzt, als sie ihre Morgenarbeit eben vollendet hatte, nahm sie eine Hand voll Saamen- staub aus einer benachbarten Blume, und sing an, ihn über die noch feuchte Tulpe zu streuen, um ihr den sam- metartigen Glanz zu geben, der so besonders reizend ist. Als ich meinen Kopf zufällig umwandte, wurde ich meine jüngste Tochter gewahr, welche herbeylief und den Schmet- terling greifen wollte, den sie gerade auf dem Punkt war, zu sangen, als ihr Fuß ausglitt und sie durch ihren Fall auf einmal die Blume und den kleinen hübschen Gegen- stand ihrer Wünsche zerdrückte; selbst die Fee hatte nur eine enge Zufluchtsstätte, indem sie sich unter eine Mu- schel verbarg, die zufällig unter der Tulpe lag. ') Valette, ein kleines plattes , rundes, oder länglich rundes Stück Holz, worauf die Maler die verschiedenen Farben habe», womit sie die Gemälde malen. d. u c b e r s.

10. 1. Bd. - S. 201

1827 - Heidelberg : Engelmann
201 Freunde/ die Dich mit ihrer Erfahrung unterstützen könn- ten. Hier ist Laura/ z. B./ da sie immer die Wahrheit spricht/ so kannst Du glauben/ was sie sagt; kannst Du das nicht?" — «O ja/ gewiß!» ..Ich zog ihr gestern einen Dorn aus dem Finger.' «That e§ sehr weh/ Laura?» fragte Nosamunde. «Gehr wenig/» sagte Laura; »der Schmer; war nicht größer/ als ein Nadelstich.» «Einen Nadelstich könnte ich wohl aushalten/» sagte Rosamunde/ ihre Hand hinhaltend; «aber ich glaube/ Mutter/ der Dorn ist schon fort/ ich fühle ihn kaum mehr.» «Wenn er fort ist/ meinkind/ so will ich mich freuen/» erwiederte ihre Mutter/ «denn dann ist kein Grund vor- handen/ daß Du einen Nadelstich um nichts aushalten solltest. Ich rieth Dir nur/ von zwey Uebeln das kleinste zu wählen. — Aber warum hältst Du Deinen kleinen Fin- ger höher als alle übrigen?» fuhr ihre Mutter fort/ als sie bemerkte/ daß Rosamunde/ als sie ihr Nähkästchen ein- steckte/ diesen kleinen Finger nicht mit seinen Gefährten zusammenbog. «Weißt Du nicht/ Mutter/» sagte Rosamunde, «daß dies der Finger ist/ in welchem der Dorn sitzt?» «O dann ist der Dorn also noch darin!» rief ihre Mut- ter; ..ich glaubte eben/ er wäre schon fort. — Mmi ich glauben/ daß er beydes zu gleicher Zeit/ darin und nicht darin ist?» «Nein/Mutter/»antwortetenofamundelachend; «aber bevor ich meinen Finger zu biegen suchte/ fühlte ich den Dorn nicht; ich fühlte nicht den geringsten Schmerz / als jch ihn still und ganz ausgestreckt hielt/ so Mutter.» — «Und ist es Deine Absicht/ Rosamunde / Deinen Fin- ger während Deines ganzen übrigen Lebens ganz still und ganz ausgestreckt zu halten?»
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196 103
197 10
198 17
199 13