-«.Mas
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I
Vierter Abschnitt.
Geschichte des römischen Reichs von Augustus
bis zum Untergang des abendländischen Kaiser-
thums. 30 v. Chr. bis 476 n. Chr.
(Fünfter Zeitraum, bis iño n. Chr., blühender Zu-
stand der äußeren Macht.)
§. 34.
Morn wir- eine Monarchie, Lo v. Chr.
Octavia uns, nun Cäsar Augustus (Imperator),
vereinigt die ersten Staatsämter in seiner Person, und regiert,
unter dem Schein der Republik, als Oberherr nach Mäcenas
und Agrippa's Rath. Prätorische Cohorten. Heere in den
Provinzen vertheilt. Verminderter Einfluß des Senats. Glück-
liche Kriege. Anlegung neuer Städte in Spanien, Gallien
u. s. w. (Niederlage des Varus, vergl. §. 41.)
Goldnes Zeitalter der römischen Sprache.
Sallust, Corn. Nepos, Livius, Virgil, Horaz, Ovid, Catull,
Tibull, Proper; u. a. Frieden und Ruhe im Reiche, der
Janustempel zum dritten Male geschlossen. Verschlimmerung
der Sitten August's (Sitlengesetze), zunehmende Pracht und
Verschwendung.
Des Augustus muthmaßlicher Nachfolger Marcellus,
der Gemahl der Julia, stirbt eines verdächtigen Todes. Eben
so nach dem Tode des Drusus (H. 41.), des Sohns der Livia,
auch des Augustus Enkel, Söhne der Julia, welche selbst
verbannt wird: so daß endlich der Lieblingssohn der Livia,
Tiberius, des Augustus Nachfolger werden muß. Augu-
stus stirbt zu Nola, 14 n. Chr. Geb.
tz. 35.
Die Mniftt -es Mugnstifchen Hanfes,
14— 68*.
Tiberius (14—37 n. Chr.) erschleicht sich erst bei dem
knechtischen Senate die Gewalt, welche er nachher durch die
grausamste Tyrannei erhält und befestigt (Gesetz über Maje-
stätsverbrechen), indem er den edlen Germanicus, den er
als Nachfolger annehmen müssen (vergl. §. 41.), aus dem
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Extrahierte Personennamen: Augustus Cäsar_Augustus Cäsar Augustus Varus Nepos Livius Ovid Catull Augustus Marcellus Julia Augustus Julia Livia Tiberius Augustus Tiberius Germanicus
37
Wege räumt, die Prätorianer in eine Caserne zusammenzieht,
und zuleht seinen Günstling Sejanus, der in des Kaisers
Abwesenheit nach der Herrschaft trachtet, außer einer großen
Menge der Edelsten in Nom ermordet, ss 37 n. Chr.
Caligula (37 — 41), Sohn des Germaniens, giebt erst
gute Hoffnung; nach einer Krankheit aber befleckt er seine Ne-
gierung durch die schändlichsten Gewaltthaten stnuloser Grau-
samkeit, der Wollust, des Geizes und der Verschwendung.
Er wird 41 getödtet.
Claudius (41 — 54), von den Prätorianern erhoben,
ein schwaches Spielwerk der Messa lina und Agripp ina,
welche Letztere ihn vergiftet, um dem Nero die Herrschaft zu
verschaffen, 54. (Britanniens Eroberung begonnen.)
Nero (54 — 68) erregt 5zahr lang unterburrhus und
Seneca's Leitung gute Erwartung; vergiftet daun aber, von
seiner herrschsüchtigen Mutter gereizt, den Britanniens, laßt
Erstere, seine Gemahlin Octavia, seinen Lehrer Seneca
und viele edle Römer ermorden, und ergötzt sich an dem von
ihm selbst verursachten Brande Noms (Christenverfolgung des-
wegen, §. 36.). Wahrend er als Tonkünstler und Wagen-
lenker glänzt, wählt das Heer den Galba und zwingt Nero
zur Flucht. Von Allen verlassen, tödtet er sich, 68 n. Chr.
Mit ihm endet das Haus des Augustus.
tz. 36.
Nom unte? Kaisern, 68—180 n. Chr.
An der folgenden Zeit macht meist das Heer
die Kaiser, nicht selten mehrere zugleich, welche
sich bekriegen, bis nur einer übrig bleibt; oft
tödtet es Dieselben, um einen Neuen zu Wahlen,
der ihm mehr zusagt. Doch wir-durch eine Reihe
guter Regenten -er Untergang des Reichs noch
um ein Aahrhundert abgewehrt.
Galba, ein alter Heerführer, als Kaiser strenge, nach
6 Monaren verdrängt und von der Leibwache ermordet. (69
n. Chr.)
Otho, welcher den Galba stürzt, ist kaum 3 Monate
Kaiser, während das Heer in Deutschland den
Vitellins ausruft. Otho bei Bedriacum bezwungen,
dankt ab und ersticht sich, 69 n. Chr.
Vitellins, der größte Fresser, schwelgt kurze Zeit (er ver-
zehrte 42 Millionen Thaler in 4 Monaten), wahrend
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Extrahierte Personennamen: Günstling_Sejanus Claudius_( Galba Augustus Galba Galba
Extrahierte Ortsnamen: Germaniens Britanniens Britanniens Deutschland
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Vespafian (69 — 79), von den Legionen im Orient
erhoben, heranzieht. Schlacht bei Cremona; Nom von
Antonius angegriffen. Vitellius getödtet (December 69).
Vespasian stellt Ordnung und Ruhe im Reiche her, und re-
giert weise und kräftig, doch sparsam, (Colosseum). Sein
Sohn Titus zerstört Zer usa lem. — Nach I29jahriger
Beherrschung des jüdischen Staats, ist das Geschlecht der
Maccabäer (Asmonaer) durch Hero des den Großen ver-
drängt, unter dessen despotisch grausamer Herr-
schaft C h r i st u s geboren wird.
Nach ihm Theilung des Landes unter seine Söhne Ar-
chelaus, Herodesantipas und P h i l i p p u s; doch wird
des Archelaus Theil bald römische Provinz (6 n. Chr.). Unter
Herodis Enkel Agrippa noch einmal vereinigt (41) wird
nach 44 der ganze jüdische Staat durch römische Statthalter
regiert. Ueberhandnehmendcr Parteikampf, Mord und Auf-
ruhr erregen dann den jüdischen Krieg (66), der mit
dem Untergange des Staats endet. 70 n. Chr.
Titus (79 — 81), die Liebe und Wonne des mensch-
lichen Geschlechts, regiert nur zwei Jahre, wahrend großes
ì Unglück Italien betrifft. Herculanum, Pompeji, (Plinius).
Domitian (81—96), des Titus ungleicher Bruder,
eitel, verschwenderisch, feige und grausam; durch Verschworne
ermordet. Unter ihm wird das Reich schon von aus-
wärtigen Völkern bedrängt, (Datier, Marcomannen).
Britannien bezwungen (Agricola).
Nerv a (96—98), ein edler Greis, regiert löblich, doch
schwach, und adoptirt den
Trajan (98 —117), welcher mit Gerechtigkeit und
Kraft dem Reiche vorsteht, in Europa und Asien in eigener
Person siegt (Dacien, Armenien römische Provinzen), Stra-
ßen, Schulen u. s. w. anlegt, und sein Andenken in großen
Ehren zurückläßt (optima).
Hadrian (117 —138), ein unterrichteter Mann, von
bewunderungswürdigem Gedächtniß. Er durchreiset alle Lan-
der des Reichs, und verschönert Rom durch sein Grabmal
(Engclsburg).
Antoninus Pius (138—161) beglückt mit der Men-
schenfreundlichkeit eines Titus sein Reich. Seine kindliche Ge-
sinnung gegen seinen Vorfahr erwarb ihm den Namen Pius.
Marcus Aurelius, auch Antoninus Phi lo so -
phus genannt (161 —180), einer der edelsten und weisesten
Regenten aller Zeiten (L. Verus), macht die vielen Unglücks-
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Extrahierte Personennamen: Antonius Titus Agrippa Domitian Agricola Hadrian Marcus_Aurelius
Extrahierte Ortsnamen: Cremona Italien Pompeji Marcomannen Europa Asien Armenien Rom Engclsburg
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falle seiner Negierung unschädlich. Tapfer widersteht er den g
Marcomannen (legio fulminatrix), und stirbt im Kriege gegen
sie 160 n. Chr. (tz. 41.)
S- 37.
Sinken Herr römischen Macht.
(Sechster Abschnitt der römischen Geschichte bis
zumuntergang des abendländischen Reichs, 476.)
Mit M. Aurelius endet das g o l d n e Z e i t a l t e r
der römischen Kaiserherrschaft und das Reich senkt
sich von nun an immer mehr zu seinem Sturze. Die schon
früher begonnene Verderbnis hat sich des ganzen Reichs be-
mächtigt. Die Heere bestehen meist aus Barbaren, stets zur
Empörung bereit; an allen Gränzen brechen unaufhörlich
feindliche Völker ein; alle Kraft ist entwichen.
Das Reich in feinet* größten Ausdehnung
enthält folgend e P rov inz en : Italien mit den um-
liegenden Inseln, Portugal (Lusitania), Spanien (Ui-
spania), Frankreich (Gallia), England und den süd-
lichen Theil von Schottland (Britannia), Holland
(Belgia, Batavia), D eutschland (Germania), westwärts
vom Rhein und südwärts von der Donau, die Schweiz
(Helvetia), Ungarn, südlich von der Donau (Paimonia),
Moldau und Wallachei (Dacia), die ganze euro-
päische Türkei, nebst allen Inseln des mittelländischen
Meeres, die Küstenländer des schwarzen Meeres, Kleinasien
bis zum Euphrat, die Küste des mittelländischen Meeres; Sy-
rien, Phönicien, Palästina, Aegypten, Algier,
Tunis u. s. w. bis zur Meerenge von Gibraltar.
C ommo d us (180 —192), des Vorigen Sohn (H. 41.),
ein Tyrann wie Nero, findet am Morden seine Lust, und tritt
öffentlich als Fechter auf. Durch seine Hausbedienten ermor-
det, 192 n. Chr.
Pertinax, ein alter braver Feldherr, wird schon nach
2 Monaten von den Prätorianern erschlagen, da er Ordnung
und Sparsamkeit herstellen will, 193 n. Chr.
Didius Iulianus erkauft sich darauf von ihnen das
Kaiserthum.
Septimius Severus (163 — 211), von einem an-
dern Heere erhoben, erhält die Oberhand über Didius, Niger
und Albinus, deren Anhänger er grausam verfolgt. Empörung
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Extrahierte Personennamen: Aurelius Britannia Didius_Iulianus
Extrahierte Ortsnamen: Italien Portugal Spanien Frankreich England Schottland Holland Batavia Rhein Donau Ungarn Donau Moldau Kleinasien Palästina Algier Tunis Niger
41
seine letzten Gegner überwindet er durch Mnnahme des
Christenthums. Dieses wie- dadurch
Staats-Weligion, 312. (Er selbst, nur dem Na-
men nach Christ, laßt sich erst vor seinem Tode taufen.) Er
verlegt 350 den Sitz der Negierung nach Constantinopel
und sucht durch das Christenthum und veränderte Regierungs-
form dem Staate vergebens neuen Halt zu geben.
§. 38.
Erste Schiusale des Christenthums,
m—337 n. Chr.
Sesus Christus, unter Augustus geboren, hatte
unter Tiberius drei Jahre gelehrt. Gleich nach ihm breiteten
die Apostel seine Lehre in allen Theilen des römischen Reichs
aus. (Erste Einrichtungen: Episcopen, Presbyter.) Sie wur-
den von den Juden und Römern verfolgt. (Letztere hielten
sie für Genossen der aufrührerischen Juden. Die erbitterten
Priester hetzten durch Verläumdung das Volk auf.)
Hauptsächlichste Christenversolgun-
gen:
Unter Nero zu Nom, kurz und grausam (64);
unter Trajan; bald mildere Befehle an die Statthalter
(101); Hadrian gewährt ihnen sogar Schutz;
unter Maximinus, nur kurze Zeit (233);
unter Decius, hart und heftig (249 — 275);
unter Diokletian, nicht sowohl gegen die Christen, als
gegen die Bibel und die Kirchen (303).
Ga lerius schenkt ihnen zuerst Ruhe (511), welchefreude
Constanti» vollendet. Unter allen Verfolgungen hatte sich in-
deß die Lehre reißend ausgebreitet, und der Tod eines Mär-
tyrers bekehrte oft Schaaren von Heiden.
Veränderungen imchristeuthume. Als
Landesreligion soll es mit aller Pracht verbunden seyn. Con-
siantin schmückt Constantinopel, die neue Hauptstadt, mit
prächtigen Kirchen. Kirchenornate, vornehme Geistlichkeit,
Weihrauch, großes gottesdienstliches Gepränge lenkt den Sinrr
der Christen von der Demuth Jesu zur Herrsch - und Streit-
sucht.— Heidenverfolgung. Bitterer Glaubensstreit seit der
Kirchenversammlung zu Nicäa, 325, (Arianer). Eifersucht
der Patriarchen von Nom, Constantinopel, Antio-
chien und Alexandrien. Anfang der Ketzerverfolgungen.
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Extrahierte Personennamen: Sesus_Christus Augustus Tiberius Apostel
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V
9
kommt Nichts hin." Und so war es auch bei ihm. Er blieb sein
Leben lang der arme Bruder Wo-nichts-ist, weil es ihm nie der
Mühe werth war, mit einem kleinen Ersparnisse den Anfang zu
machen, um nach und nach zu einem größeren Vermögen zu kommen.
So dachte der jüngere Bruder nicht. Der pflegte zu sagen:
„Was nicht ist, das kann noch werden." Er hielt das Wenige,
was ihm von der Verlassenschaft der Eltern zu Theil geworden
war, zu Rath und vermehrte es nach und nach durch eigenes Er-
sparnis indem er fleißig arbeitete und eingezogen lebte. Anfäng-
lich ging es hart und langsam; aber sein Sprichwort: „Was
nicht ist, kann noch werden," gab ihm innner Muth und Hoffnung.
Mit der Zeit ging es besser. Er wurde durch unverdrossenen
Fleiß und Gottes Segen noch ein reicher Mann und ernährte so
gar die Kinder des armen Bruders Wo-nichts-ist, der selber Nichts
zu beißen und zu nagen hatte.
13. Der gerettete Handwerksbursche.
Ein Landwerksbursche ging unweit Preßburg in der grim
migsten Kälte, mit seinem Bündel ans dem Rücken, über die Haide.
Seine Kleider waren dünn und seine Strümpfe zerrissen. * Ach,
da fror es ihn sehr! Er weinte, und die hellen Thränen froren
ihm an den Augenwimpern. „Lieber Gott!" seufzte er, „weit
und breit kein Dorf, keine Stadt, nicht einmal eine Hütte! Ich
werde erfrieren; ach, was wird meine arme Mutter sagen!
Mein Vater ist gestorben und nun hat sie Niemanden, der für
ihren Unterhalt sorgt!" Er wollte laufen, um sich zu erwärmen;
aber seine Glieder waren starr. Er wurde schläfrig, legte sich in
den Schnee ans sein Bündel und schlief ein.
Ein Postknecht ritt vorbei und sah ihn starr da liegen; als
er jedoch einige Lebenszeichen an ihm bemerkte, ritt er schneller
und zeigte es unter dem Thore der nächsten Stadt an. — „Was
hilfts? Bis wir hinauskommen, ist er längst todt!" sagten die
Gefühllosen. Ein armer Tagelöhner, welcher gerade in der Wacht
stnbe war, sich zu wärmen, hörte es, und ihm brach das Herz
vor Mitleid. .Ohne ein Wort zu sagen, eilte er auf die Land
straße, trug den erstarrten Handwcrksburschen in das nächste Dorf,
rieb ihn mit Schnee, brachte ihn der Wärme immer näher und
erweckte ihn endlich wieder. Darauf nahm er ihn mit sich in die
Stadt und theilte seine Wohnung und seinen Tisch, ob er gleich
selbst nicht viel hatte, so lange mit ihm, bis letzterer im Stande war,
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79
Am Tag, da selbiges Jahr sich schloß,
Da fauste der Äbt ein schwarz wild Noß;
Ncchberger sollt' es zäumen,
Und es that sich stellen und bäumen.
Es schlug den Junker mitten anf's Herz,
Daß er sank in bitterem Todesschmerz.
Es ist im Walde verschwunden,
Man hat's nicht wieder gefunden.
Um Mitternacht, an Junkers Grab
Da stieg ein schwarzer Reitknecht ab,
Einem Rappen hält er die Stangen,
Reithandschnh' am Sattel hangen.
Rcchbcrger stieg anö dem Grab herauf, • '
Er nahm die Handschuh vom Sattelknauf,
Er schwang sich in Sattels Mitte,
Der Grabstein diente zum Tritte.
Dies Lied ist Junkern zur Lehr' gemacht,
Daß sic geben ans ihre Handschuh' Acht,
Und daß sie sein bleiben lassen,
In der Rächt am Wege zu passen.
<»!). Die Nrezcftalt des Schweizerlandes.
Im Norden des Landes Italien stellen sich die Alpen dar:
voll Piemont biö nach Istrien, in Form eines "großen halben Mon-
deö, eine himmelhohe weiße Mauer mit unersteigbaren Zinnen,
dritthalbtansend Klaftern über dem Mittelmeerc. Man weiß nur
einzelne Menschen, die den weißen Berg, wenig oder keine, welche
das Schreckhorn oder Finsteraarhorll erstiegen hätten; man sieht
ihre pyrainidalischen Spitzen mit unvergänglichem Eise bepanzcrt
lind von Klüften umgeben, deren unbekannten Abgrund grauer
Schnee trügerisch deckt. In unzugänglicher Majestät glänzen sic,
hoch über den Wolken, weit in die Länder der Menschen hinaus.
Ihre Eislast trotzt den Sonnenstrahlen, sie vergolden sie nur;
diese Gipfel werden von dem Eise wider die Lüfte geharnischt,
welche im Lauf der Jahrtausende die kahlen Höhen deö Boghdo
und Ural in Trümmer verwittert haben. Welin in verschlossenen
Gewölben der nie erforschte Kern deö Erdballs noch glühet, so
liegt auch diesem Feuer daö Eis der Gletscher zu hoch. In der
Erde schmilzt Wasser unter demselben hervor und rinnt in Thäler,
wo es überfriert, und seit Jahren, deren Zahl Niemand weiß, in
unergründliche Lasten, Tagereisen weit, gehärtet und aufgehäuft
worden ist. In den Tiefen arbeitet ohne Unterlaß die wohlthätige
Wärme der Natur; anö den finstern Eiskammern ergießen sich
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feil, denn auf dem Herd in der Hätte lag nur noch ein Kohlen-
haufe, der unter seiner leichten Aschendecke ruhig fortglinunte.
Aber die heiligen Engel sind gehorsamer und nicht vorwitzig, wie
die Menschenkinder, llnd der auf der Bank des Fischers sprach
in seinem Herzen: „Weiß ich auch nicht, was ich hier schassen
oder hüten soll, so weiß es doch der Herr Herr, der mich hieher
gesandt hat."
Dieweil wurde es dem Beelzebub, dem obersten der bösen
Engel, draußen im Reiche immer schwüler und enger. Nahte er
sich einer Kirche, so spielte die Orgel, und die Leute darinnen sangen
dazu: „Ehre sei Gott in der Höhe, Friede ans Erden und den Men-
schen ein Wohlgefallen!" Schaute er durch das schwitzende Fen-
ster in eine helle Stube'hinein, so sah er weiter nichts als Krip-
pelein und goldene Engel und unschuldige Kindlein, welche vor
Freude darüber in die Hände schlugen und zu gleichen Füßen einen
Sprung nach dem andern machten. Steckte er seinen Kopf in
eine Wirthsstube so wars darin so öd und wüste, daß Käuzlein
und Uhu hätten einkehren mögen. Darüber ward er nach und
nach so unwirsch, daß er sich auf den Rücken des Nachtwindes
setzte und von demselben das Thal hinauf tragen ließ, um in den
unterirdischen Klüften des Arber seinen Ingrimm zu verbergen.
Nicht weit von der Fischerhütte stieg er ab und hinkte weiter. Als
er aber um einen Felsen bog, und das hell erleuchtete Waidhans
erblickte, da änderte er seinen melancholischen Borsatz, und sprach
bei sich: „Hier will ich bleiben, so wahr sie mich Belial heißen.
Alle Lichter, welche da droben angezündet sind, vom ersten bis
zum letzten, brennen für mich."
Wiederum trotzig geworden, wollte er auch au dein Eugel
vor der Fischerhütte nicht geradezu vorübergehen, sondern sagte
zu ihm: „Freund, welche Lichter werden heut länger brennen,
die deinen oder die meinen?"
Der Engel des Herrn erwiederte sanft: „Der Ewige weiß
es," und setzte nach diesem seine Hut wieder fort.
Im Waidhans mischte sich Belial ungesehen unter seine Leute,
wie der Geist, des Glühweins, der neben dem Saal ans dem
Schenktische in großmächtigen Näpfen dampfte und dann den Puls-
schlag in den Adern der Gäste beschleunigte, wie der Takt der
Musikanten auf dem Orchester. Die Tanzenden wirbelten im
Kreise umher, wie Blätter und Federn in der Windsbraut, die'
einer Gewitterwolke vorausläuft. Die Kerzen schneuzte dabei Sa-
tanas selbst mit unsichtbarer Hand. Denn seine Lichter sollten
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41
wurde unter Siegel gelegt^ und dem armen Gruit nebst seiner
Familie blieb nur das kleine Stübchen, wo sonst der Hausknecht
geschlafen, links am Haupteingange des Hauses. Die Versteige-
rung begann; sie geschah in dem geräumigen Schreibzimmer, jenem
Stübchen gegenüber; man konnte hier die laute Stimme des Aus-
rufers deutlich hören. Mit jedem Niederfallen deö Hammers fuhr
es dem Herrn Hermann wie ein Schwert durchs Herz. Er saß
tiefsinnig am Fenster und starrte das Schild seines Nachbars, des
Wirths zum Westindienfahrer, an. Die Frau saß in der Tiefe
der Stube mit rothgeweinten Augen. Die Knaben aber spielten
mit dem großen Hunde.. Da trat der Rathsdiener herein und
sagte mitleidig: .»Herr Senator, den Lehnsessel soll ich holen."
Herr Hermann seufzte und Thränen traten in seine Angen. In
diesem, mit grünem Sammet beschlagenen Lehnsessel war sein se-
liger Vater sanft entschlafen, und er war darum als ein Heilig-
thnm im Hanse gehalten. Doch er wurde nun herausgetragen,
und die ganze Familie folgte ihm nach, als könnte sie sich nicht
von ihm trennen. Der Versteigerer rief: „Ein noch guter Lehn-
sessel, mit Sammet beschlagen!" — und eine lange Panse folgte,
weil sich alle Blicke nach den jammernden Hausbewohnern wandten.
Endlich bot Jemand darauf mit vier Mark an und derauctiona-
tor ries mißmuthigj-: „Also vier Mark zum Ersten!"
In diesem Augenblicke rief eine starke Baßstimme zum offenen
Fenster hinein: „Vierhundert Mark zum Ersten!" Alles staunte;
der Hund drängte sich gewaltsam und freudig bellend vor das
Haus. Jetzt trat ein Miaun in Schiffertracht ins Zimmer und
rief nachdrücklich, indem er mit seinem spanischen Rohre ans den
Tisch schlug: „Vierhundert Mark zum andern, zum dritte» und
letzten Mal!"
„Gott, unser Jansen!" rief Herr Hermann — und fiel ihm
um den Hals. Der aber fuhr fort: „Ja, ich bin's, und unser
Schiff liegt voll Gold und Waaren im Hafen. Die Auction ist
jetzt ans! Fort jetzt, ihr Alle, morgen kommt auf's Rathhaus,
da soll Alles sammt den Interessen bezahlt werden; denn wissen
sollt ihr, unser Herr Gott lebt noch, und das Hans Hermann
Gruit van Steen steht noch! — Und nun erst seid freudig gegrüßt
in der Heimath, mein Herr Hermann und Frau Elisabeth , von
eurem alten Jansen!"
Psalm 37. 5. Befiehl dem Herrn deine Wege und hoff auf
ihn; er wird's wohl machen.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Hermann Hermann Hermann_— Hans_Hermann
Gruit Hermann Elisabeth