9
Der Prüfungsausschuß hat das Ergebnis der Prüfung in dem
Lehrzeugnis oder Lehrbrief zu beurkunden. Wird die Prüfung nicht
bestanden, so hat der Prüfungsausschuß den Zeitraum zu bestimmen,
vor dessen Ablauf die Prüfung nicht wiederholt werden darf.
Die Prüfungszeugnisse sind Porto- und stempelfrei.
Der Geselle.
Nach Beendigung der Lehrzeit tritt der junge Geselle meist in
eine andere Werkstatt ein. Da wird er gar bald erkennen, daß es
wahr ist, was ein alter Meister spricht: „In einer Werkstatt hat
noch keiner ausgelernt". Für den strebsamen Gehilfen beginnt noch
einmal eine neue Lehrzeit, und es ist ihm sehr anzuraten, weniger
nach einer Arbeitsstätte mit hohem Lohn,als nach einer Arbeits-
stätte mit guter Gelegenheit zur Vervollkommnung zu trachten. Der
kleine Verlust kommt später doppelt wieder ein. Auch das ist klug
und wohlgetan, wenn sich der Geselle auf die Wanderschaft begibt,
um zugleich andere Menschen und Länder kennen zu lernen.
Die gesetzlichen Bestimmungen, die den Gesellen betreffen
und die er in eigenem Interesse kennen muß, sind folgende:
8 121 R.-G.-O. Gesellen und Gehilfen sind verpflichtet, den
Anordnungen der Arbeitgeber in Beziehung auf die ihnen über-
tragenen Arbeiten Folge zu leisten; zu häuslichen Arbeiten sind sie
nicht verbunden.
8 122. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Gesellen oder Ge-
hilfen und ihren Arbeitgebern kann, wenn nicht ein anderes ver-
abredet ist, durch eine jedem Teile freistehende, 14 Tage vorher
erklärte Aufkündigung gelöst werden. Werden andere Aufkündigungs-
fristen vereinbart, so müssen sie für beide Teile gleich sein. Verein-
barungen, welche dieser Bestimmung zuwiderlaufen, sind nichtig.
8 123. Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Auf-
kündigung können Gesellen und Gehilfen entlassen werden:
1. Wenn sie bei Abschluß des Arbeitsvertrages den Arbeit-
geber durch Vorzeigung falscher oder gefälschter Arbeitsbücher
oder Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen
eines anderen, sie gleichzeitig verpflichtenden Arbeitsverhült-
nisses in einen Irrtum versetzt haben;
2. wenn sie eines Diebstahls, einer Entwendung, einer Unter-
schlagung^ eines Betruges oder eines liederlichen Lebens-
wandels sich schuldig machen;
3. wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst
sich den nach dem Arbeitsvertrag ihnen obliegenden Ver-
pflichtungen nachzukommen beharrlich weigern;
4. wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht
unvorsichtig umgehen;
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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28
Aufsicht über die Kammer. Die Aufsicht über die Handwerks-
kammer führt die Regierung. Diese ernennt einen Kommissar,
welcher zu jeder Sitzung der Handwerkskammer, ihres Vorstandes
und der Ausschüsse eingeladen werden muß. Er kann jederzeit
von den Schriftstücken der Kammer Einsicht nehmen, die Einberufung
der Handwerkskammer verlangen und Beschlüsse, welche ihre Befug-
nisse überschreiten, beanstanden. In Deutschland bestehen 48 Hand-
werkskammern.
v;.
Gewerbegericht und Innungs-
schiedsgericht.
Zweck der Gewerbegerichte. Die Gewerbegerichte sind kommunale
Behörden, welche gewerbliche Streitigkeiten unter Mitwirkung von
Gewerbetreibenden entscheiden. Gesetzlich sind Orte mit mehr als 20 000
Einwohnern verpflichtet, Gewerbegerichte zu errichten; kleinere Orte
können gemeinsam ein Gewerbegericht einführen. Im Deutschen Reiche
gibt es über 400 Gewerbegerichte.
Zuständigkeit der Gewerbegerichte. Die Gewerbegerichte sind
zuständig für Streitigkeiten über Antritt, Fortsetzung und Auflösung
des Arbeitsverhältnisses, über die Aushändigung und den Inhalt
des Arbeitsbuches, Zeugnisses, Lohnbuches. Sie treffen Entscheidungen
über die Rückgabe von Zeugnissen, Büchern, Urkunden, Gerätschaften,
Kleidungsstücken, welche ans Anlaß des Arbeitsverhältnisses über-
geben worden sind. Über Ansprüche wegen unrichtiger Eintragungen in
Arbeitsbücher, Lohnbücher, Zeugnisse, Krankenkassenbücher, Qnittungs-
karten der Invalidenversicherung wird von ihnen entschieden. Außer-
dem kann das Gewerbegericht zur Verhütung oder zur Beilegung
von Ausständen, Streiks, angerufen werden.
Wie setzen sich die Gewerbegerichte zusammen? Der Gerichts-
hof ist gebildet aus sachverständigen Personen; ersetzt sich zusammen
aus einem Vorsitzenden, der von dem Magistrat oder der
Gemeindevertretung ans mindestens ein Jahr gewählt wird, und in
der Regel aus mindestens vier Beisitzern. Der Vorsitzende darf
weder/Arbeitgeber noch Arbeitnehmer sein; die Beisitzer sind zur
Hälfte Arbeitgeber und zur Hälfte Arbeitnehmer. Wählbar ist jeder,
der das 30. Lebensjahr vollendet hat, zum Amte eines Schöffen
fähig ist und in dem Bezirke des Gerichts mindestens seit zwei
Jahren wohnt oder beschäftigt ist. Das Amt der Beisitzer ist ein
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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29
Ehrenamt; doch erhalten sie für jede Sitzung, der sie beiwohnen,
eine Vergütung ihrer Reisekosten und eine Entschädigung für Zeit-
versäumnis.
Aufgaben der Gewerbegerichte. Die Aufgabe der Gewerbe-
gerichte ist eine dreifache. Als Schiedsgerichte schlichten sie Streitig-
keiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, als Einigungsämter
suchen sie drohende oder bereits begonnene Arbeitseinstellungen zu
beseitigen, als Auskunftsbehörden erstatten sie für den Staat
Gutachten über gewerbliche Fragen.
Das Gerichtsverfahren. Das Verfahren vor dem Gewerbe-
gerichte geht schnell und ohne viele Kosten vor sich. Rechtsanwälte
und Rechtsagenten werden nicht zugelassen. Ist die Klage mündlich
oder schriftlich vorgebracht, so hat der Vorsitzende einen möglichst
nahen Termin zur Verhandlung anzusetzen. Die Ladung der Par-
teien erfolgt durch einen Gerichtsschreiber des Amtsgerichtes am
Orte. Bleiben beide Parteien aus, so wird ein neuer Termin an-
beraumt; erscheint der Kläger nicht, so ist derselbe auf Antrag des
Beklagten abzuweisen. Bleibt der Beklagte ans, so beantragt der
Kläger ein Versäumnis urteil; es werden damit die in der
Klage behaupteten Tatsachen als zugestanden angenommen. Gegen
dieses Urteil kann innerhalb dreier Tage Einspruch erhoben werden.
Vor der Eröffnung des Gerichtsverfahrens sucht das Gewerbe-
gericht die Klagen auf gütlichem Wege zu erledigen. Kommt ein
Vergleich nicht zustande, so wird über den Rechtsstreit verhandelt.
Das Urteil ist endgültig, wenn der Streitwert 100 Mark nicht
übersteigt; ist er höher, so kann Berufung bei dem zuständigen
Landgerichte durch einen Rechtsanwalt erhoben werden. Eine Gebühr
wird nur dann erhoben, wenn eine Entscheidung herbeigeführt wird;
der Verurteilte trägt die Kosten; diese betragen bei einem Wert-
gegenstände bis 20 Mark 1 Mark, bei 20 bis 50 Mark 1,50 Mark
und bei 50 bis 100 Mark 3 Mark. Schreibgebühren werden nicht
berechnet.
Jnnungsschiedsgericht. Auch die Innungen können Schieds-
gerichte errichten, um Streitigkeiten zwischen Meistern und Gesellen zu
entscheiden. Diezuständigkeit der Gewerbegerichteist dann ausgeschlossen.
Der Vorsitzende des Schiedsgerichtes wird von der Aufsichtsbehörde
ernannt. Die Beisitzer werden je zur Hälfte aus den Jnnungsmit-
gliedern und den bei denselben beschäftigten Gesellen gewählt. Das
Verfahren ist entsprechend demjenigen der Gewerbegerichte. Die Ent-
scheidungen des Jnnungsschiedsgerichtes werden rechtskräftig, wenn
nicht innerhalb vier Wochen eine der Parteien Klage bei dem ordent-
lichen Gerichte erhebt. Wenn das Jnnungsschiedsgericht binnen acht
Tagen nach Eingang einer Klage keinen Verhandlungstermin an-
beraumt, so kann der Kläger verlangen, daß dann das Gewerbe-
gericht entscheidet.
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31
zur öffentlichen Wohlfahrt, für Heer oder Flotte dienen, kann das
Reich gegen eine angemessene Entschädigung an sich ziehen. Einem
Patentinhaber, welcher seine Bedürftigkeit nachweist, können die Ge-
bühren für das erste und zweite Jahr gestundet und, wenn das
Patent im dritten Jahre erlischt, erlassen werden.
Gebrauchsmusterschutz. Der Gebrauchsmusterschutz ist ein
leichter zu erreicheuder Schutz für kleinere Erfindungen. Es werden
nach dem Gesetze vom Jahre 1891 gegen Nachahmung geschützt
Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenstände, welche ihrem Zwecke
durch eine neue Gestaltuug, Anordnung oder Vorrichtung dienen
sollen; hierher gehören beispielsweise ein neu erfundenes Werkzeug,
das zugleich als Hammer, Zange, Meißel dienen soll, Zeitungshalter,
Aufhängevorrichtungen für Karten usw. Der Schutz wird zunächst
aus drei Jahre vom Pateutamte erteilt; doch prüft dasselbe nicht
die Neuheit der Erfindung. Für die Eintragung sind 20 Mark
zu zahlen. Die Erfindung wird dann in das bei dem Patentamte
geführte Mnsterregister unter D.-R.-G.-M. Nr... eingetragen. Bis
jetzt sind im Deutschen Reiche über eine halbe Million Gebrauchs-
muster geschützt.
Geschmacksmusterschutz. Der Gebrauchsmusterschutz ist nicht zu
verwechseln mit dem Schutz von Mustern und Modellen;
der letztere bezieht sich nur auf die künstlerische Form eines Gegen-
standes. So können neue gewerbliche Muster und Modelle, wie
Formen und Zeichnungen von Ringen, Trinkgefäßen, Broschen oder-
neue Muster von Stoffen, gesetzlichen Schutz gegen Nachbildung er-
halten, indem sie unter Übergabe von Zeichnungen oder von Exem-
plaren der betreffenden Ware in das bei jedem Amtsgericht geführte
Musterregister eingetragen werden. Eine Prüfung der Neuheit findet
nicht statt; die Muster können sogar verschlossen übergeben werden.
Der Schutz wird auf ein bis drei Jahre erteilt.
Markenschutz oder Warenzeichenrecht. Viele Gewerbetreibende,
deren Waren bekannt und beliebt sind, sichern den Absatz ihrer
Erzeugnisse dadurch, daß die Umhüllung oder Verpackung mit einem
besonderen Namen (Sanatogen, Odol, Salvatorbier) oder einer beson-
deren Fabrik- o d e r S ch u tz m a r k e (z. B. Glühkörper-Marke Pfeil,
Casseler Haferkakao rc.) versehen wird. Dadurch füllt der Ursprung
der Waren einem jeden, der den Namen oder das Zeichen kennt, in
die Augen. Eine solche Warenbezeichnung genießt gesetzlichen
Schutz gegen Nachahmung, wenn sie in die bei dem Kaiserlichen
Patentamte zu Berlin geführte Zeichenrolle eingetragen ist; der
Markenschutz wird auf 10 Jahre erteilt und kann verlängert werden.
Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Urheberrecht).
Nicht nur die industriellen Erzeugnisse können geschützt werden, sondern
auch die Erzeugnisse geistigen wissenschaftlichen Inhalts.
Schriftwerke, musikalische Kompositionen, Zeichnungen, Gemälde und
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
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33
wenn z. V. Waren mit niedrigeren Preisen ausgeboten oder aus-
gelegt, als später verkauft werden. Eine unrichtige Angabe der
Bezugsquellen liegt vor, wenn angepriesene Ware z. B. aus
Konkurs, Nachlaß, infolge Brandes, plötzlichen Todesfalles, Umzuges,
Wohnungswechsels des Vorbesitzers erworben sein soll. Unter Aus-
zeichnungen sind nicht allein Orden und andere Ehrenzeichen,
deren unbefugtes Tragen nach dem Strafgesetzbnche verboten ist,
sondern besonders die auf Ausstellungen verliehenen Medaillen, Di-
plome und Ehrenurkunden, sowie Belobigungs- und Anerkennungs-
schreiben der Behörden zu verstehen. Unrichtige Angaben über Anlaß
und Zweck des Verkaufes („Aufgabe des Geschäftes", „Abbruch
des Hauses", „Fortzug", „Beschädigung durch Feuer oder Wasser",
„umzugshalber") sind ebenfalls nach dem Gesetze strafbar.
Warenmengeverschleierung. Des unlauteren Wettbewerbes macht
sich auch derjenige schuldig, welcher die Menge oder Quantität ver-
schleiert. Solche Quantitätsverschleierung kommt im Handel
mit Garn, Kerzen, Zucker, Seife, Schokolade vor, wenn beispielsweise
Schokolade nach Pfunden verkauft wird, während die Tafeln zu-
sammen 800 Gramm wiegen. Es ist daher seitens des Bundesrates
festgesetzt worden, daß bestimmte Waren im Einzelverkehr nur in
vorgeschriebenen Maßen und Gewichten mit einer auf der Ware
anzubringenden Angabe über Zahl, Länge oder Gewicht gewerbsmäßig
verkauft oder feilgehalten werden dürfen.
Kreditschädiglmg und Firmenmißbrauch. Über die üble Nach-
rede gegenüber den Konkurrenten (Kreditschüdigung) bestimmt
das Gesetz folgendes:
Wer zu Zwecken des Wettbewerbes über das Erwerbsgeschäst
eines anderen, über die Person des Inhabers Behauptungen aufstellt,
welche geeignet sind, ihn zu schädigen, ist dem Verletzten zum Ersätze
des entstandenen Schadens verpflichtet. Der Verletzte kann den
Anspruch geltend machen, daß die Wiederholung oder Verbreitung
der Behauptungen unterbleibt; auch macht sich derjenige strafbar,
welcher im geschäftlichen Verkehr einen Namen, eine Firma oder die
sonstige Bezeichnung eines gewerblichen Unternehmens oder einer
Druckschrift in einer Weise benutzt, welche darauf berechnet und ge-
eignet ist, Verwechselungen mit dem Namen, der Firma oder der
besonderen Bezeichnung hervorzurufen.
So unternahm es ein Nürnberger Bleistiftfabrikant, einen Berliner
Schlossergesellen namens Friedrich Wilhelm Albert Faber zu veran-
lassen, in Berlin ein Bleistiftgeschäst unter der Firma A. W. Faber
zu gründen, welches handelsgerichtlich eingetragen und von ihm über-
nommen wurde. Das Geschäft siedelte dann nach Nürnberg über,
um unter genauer Nachbildung des Formates, der Ausstattung und
des Namenszuges der weltbekannten Firma A. W. Faber in Stein
bei Nürnberg Konkurrenz zu machen. Ebenso wurde mit den Namen
3
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Albert_Faber Friedrich Wilhelm
71
Dagegen haben sie in der Landwirtschaft vielfach Eingang
gesunden. (Molkerei-, Zuchtvieh-, Winzer-, Wald-, Mühlen-und
Meliorationsgenossenschaften.) Die Mitglieder liefern oft die Roh-
stoffe. die dann in dem Betriebe, dem die besten Maschinen zur
Verfügung stehen, verarbeitet werden. Alsdann sorgt die Genossen-
schaft auch für den Verkauf ihrer Produkte.
Einziehungsgenossenschaften. Das Borgunwesen, das so manchem
Handwerker Jahr für Jahr schweren Schaden zufügt und das dem
gesamten Handwerkerstande zu berechtigten Klagen und zu lauten
Anklagen gegen unser Volk Ursache gibt, soll durch diese Genossen-
schaften bekämpft werden. Ihre Mitglieder verpflichten sich, Forde-
rungen, die innerhalb einer bestimmten Frist nicht beglichen sind,
durch die Genossenschaft einziehen zu lassen. Sie kann aber nur
dann Erfolg haben, wenn ihr die Handwerker und Kleingewerbe-
treibenden einer Stadt geschlossen beitreten, damit die „Borger"
nicht doch bei dem einen oder anderen Gelegenheit finden, ihren Hang
zum Borgen zu befriedigen.
Durch die Einziehungsgenossenschast einer Stadt kann das
kaufende Publikum zur pünktlichen Zahlung seiner Rechnungen er-
zogen werden. Dagegen kann durch die Selbstsucht eines abseits
stehenden Geschäftsmannes der Gesamtheit viel Schaden zugefügt
werden; ihm selbst bringt der Fang solcher Kunden selten einen
Gewinn.
Die Submissionsgenosseuschasten. Sie sind in gewissem Sinne
eine Unterart der Magazingenossenschasten und haben den Zweck, auch
den mittleren und kleinen Gewerbetreibenden die Beteiligung an Sub-
nlissionen zu ermöglichen. Die Vorteile dieser Genossenschaften
sind folgende: „Zunächst ist eine solche Genossenschaft ein Unternehmer,
der in der Lage ist, einen größeren Teil der ausgeschriebenen Arbeit
(eins oder mehrere Lose) zu übernehmen; dann hat die Behörde für
die Submission einen Unternehmer, mit dem sie leichter arbeiten
kann, der ihr vor allem die Kontrolle der kleinen Arbeitslose ab-
nimmt und ihr gute Arbeit bei pünktlicher Einhaltung des Termins
sichert. Eine gerechte Verteilung der Arbeit ist verbürgt und ein
zuverlässig berechnetes Gebot. Die Mitglieder der Genossenschaft
treten nicht als Konkurrenten hervor, die gegenseitig den Preis
drücken, sondern überlassen ihre Vertretung der Genossenschaft."
Für die Leistungsf ähigkeit und für die Zuverlässigkeit
einer solchen Genossenschaft ist es von Wichtigkeit, daß ihre Mit-
glieder sämtliche Spezialgebiete des betreffenden Geschäftszweiges ver-
treten. Durch eine mit peinlicher Sorgfalt und gutem Überblick
ausgearbeitete Geschäftsanweisung ist die Verteilung der Arbeiten ans
die einzelnen Genossenschaftsmitglieder, die Ausübung der Kontrolle
bei der Anfertigung der Arbeiten, die Verteilungen der Abschlags-
zahlungen, auch vielleicht der gemeinschaftliche Bezug von Rohstoffen
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
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113
übernehmen durch die Gegenzeichnung der Kgl. Erlasse die Verant-
wortung für diese. Der König steht demnach über den Parteien
und kann nicht in ihre Streitigkeiten hineingezogen werden. Auch
strafrechtlich ist er unverletzlich, denn kein Gerichtshof kann^ ihn
wegen irgend einer Handlung zur Rechenschaft ziehen. Majestäts-
beleidigungen werden aufs strengste bestraft. Hinsichtlich der Gesetz-
gebung ist der König an die Zustimmung der beiden Häuser des
Landtages gebunden; aber die vollziehende Gewalt und die
Verkündigung der Gesetze steht nur ihm zu. Auf die
Rechtspflege, die zwar „im Namen des Königs" geschieht, hat
der Monarch keinen Einstuß. Die Richter fällen die Urteile ohne
Rücksicht auf den König nur nach den bestehenden Gesetzen.
Der König beruft die Minister, entläßt sie, führt den Ober-
befehl über das preußische Heer und als deutscher Kaiser auch über
die Flotte, sowie vom Tage der Mobilmachung an über die gesamte
deutsche Heeresmacht; er besetzt die Stellen im Heere, hat das Recht
der Begnadigung und Strafmilderung, läßt Münzen prägen und
Papiergeld anfertigen, verleiht Orden, beruft die Kammern, eröffnet
und schließt sie oder erklärt sie für aufgelöst. Der König kann
Verträge mit fremden Negierungen schließen; sobald aber durch die
Verträge dem Staate Lasten erwachsen oder den Staatsbürgern
Verpflichtungen auferlegt werden, bedürfen sie der Zustimmung
des preußischen Landtages.
Von den Kammern. In Preußen wird die gesetzgebende Gewalt
vom Könige und den beiden Kammern, dem Herrenhause und dem
Abgeordnetenhause, ausgeübt.
Die 1. Kammer oder das Herrenhaus zählt gegenwärtig
365 Mitglieder, die entweder erblich berechtigt, oder vom Könige
aus Lebenszeit, bezw. auf eine bestimmte Zeit (Amtsdauer der Ober-
bürgermeister), berufen sind. Erblich berechtigte Mitglieder sind z. B.
die volljährigen Prinzen des Kgl. Hauses und einzelne Fürsten und
Herren. Durch das Vertrauen des Königs werden z. B. berufen
Vertreter der Universitäten, der großen Städte, des Großgrundbesitzes,
des Handels, der Industrie, des Handwerkes. Das Volk hat keinen
Einfluß auf die Besetzung des Herrenhauses.
Das Abgeordnetenhaus, zu dem 443 Mitglieder gehören,
bildet die Vertretung des preußischen Volkes. Derjenige
preußische Staatsbürger, der das 24. Lebensjahr vollendet hat, sich
im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, keine Armenunter-
stützung bezieht und seit sechs Monaten am Wohnorte ansässig ist,
kann wählen. Bei Militärpersonen ruht während ihrer Dienstzeit das
Wahlrecht. Zum Abgeordneten kann jeder Preuße gewühlt werden,
der das 30. Lebensjahr überschritten hat, die bürgerlichen Ehren-
rechte besitzt, keine Armenunterstützung empfängt und wenigstens
drei Jahre dem preußischen Staatsverbande angehört.
8
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung]]
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116
und Salinen und aus Gebühren, die der Staatsbürger entrichten
muß, wenn er eine staatliche Einrichtung in seinem Interesse benutzt
sz. B. bei Erlaß eines Zahlungsbefehles, für die Hinterlegung eines
Testamentes beim Gericht).
Rechte und Pflichten des preußischen Staatsbürgers. Die
preußische Staatsangehörigkeit erwirbt man entweder durch die
Geburt oder durch die Aufnahme in den preußischen Staats-
verband. Wer auswandert, oder sich länger als 10 Jahre im
Auslande aushält, verliert das Staatsbürgerrecht, wenn er die
Frist nicht verlängern läßt. Es ist jedem Staatsbürger gestattet,
freiwillig aus dem preußischen Untertanenverbande auszuscheiden.
Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte
gibt es nicht. Die öffentlichen Ämter sind für alle dazu Befähigten
gleich zugänglich. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet (Freiheits-
beraubung. — Verhaftung durch die Polizei, auf richterlichen Befehl).
Die Wohnung ist unverletzlich (Hausfriedensbruch). Niemand darf
seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Die Freiheit der Aus-
wanderung kann von Staats wegen nur in bezug auf die Wehr-
pflicht beschränkt werden. Das Eigentum ist unverletzlich (Enteignung
im öffentlichen Interesse, z. B. bei Eifenbahnbauten). Die Freiheit
des religiösen Bekenntnisses wird gewährleistet. Die Wissenschaft
und ihre Lehre ist frei. Für die Bildung der Jugend soll durch
öffentliche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern und deren
Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne
den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen Volksschulen vor-
geschrieben ist. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift,
Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern.
Die Zensur darf nicht eingeführt werden. Das Briefgeheimnis ist
unverletzlich. Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vorherige obrig-
keitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen
zu versammeln. Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versamm-
lungen unter freiem Himmel. Politische Versammlungen oder solche,
in denen öffentliche Angelegenheiten besprochen werden sollen, müssen
spätestens 24 Stunden vorher bei der Polizeibehörde angemeldet sein.
Der Staatsbürger erfreut sich demnach einer Reihe von Rechten,
die ihm niemand nehmen darf. Der Staat erwartet aber auch von
ihm, daß er die ihm auferlegten Pflichten gern und freudig er-
füllt, zu seinem eigenen Besten und zum Wohle des ganzen Staates.
Jeder Staatsbürger soll die bestehenden Landesgesetze beachten und
befolgen, dem Herrscher und seiner Regierung Ehrerbietung und
Gehorsam entgegenbringen, die ihm auferlegten Steuern entrichten,
öffentliche Ehrenämter gern übernehmen und gewissenhaft führen,
nach bestem Wissen Zeugnis vor Gericht ablegen, das ihm verliehene
Wahlrecht so ausüben, wie er es vor seinem Gewissen verantworten
kann und daß die Wahl dem Wohle des Staates dient. Das
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
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Pflichten der Familienglieder. Der Mann ist der Haus-
haltungsvorstand und hat durch Ausübung seines Berufes für
den Unterhalt der Familie zu sorgen; der Frau liegt die Leitung
des gemeinsamen Hauswesens ob (Schlüsselgewalt). In den gemein-
schaftlichen Angelegenheiten hat der Mann die entscheidende Stimme;
von ihm werden, was das Gesetz ausdrücklich hervorhebt, insbesondere
Wohnort und Wohnung bestimmt. Die Eltern haben die gemein-
same Pflicht, ihre Kinder sorgfältig zu erziehen und ihnen vom
6. Lebensjahre ab geordneten Schulunterricht zuteil werden zu lassen,
damit sie brauchbare Glieder des Staates, treue Christen und gute
Menschen werden. Die Kinder sind, solange sie dem elterlichen Haus-
stände angehören und von den Eltern erzogen und unterhalten werden,
verpflichtet, in einer ihren Kräften und ihrer Lebensstellung ent-
sprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäfte
Dienste zu leisten (B. G.-B. § 1617).
Elterliche Gewalt. Das Kind steht, solange es minderjährig
ist, unter elterlicher Gewalt (B. G.-B. § 1626). Der Vater hat
sein Kind in allen persönlichen Angelegenheiten zu vertreten, z. B.
einen Lehrvertrag abzuschließen. Auch die entscheidende Stimme bei
der Wahl des Berufes gehört dazu. Die Sorge für die Person des
Kindes enthält insbesondere „das Recht und die Pflicht, das Kind
zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthaltsort zu bestimmen".
Vater und Mutter können angemessene Zuchtmittel anwenden.
Wenn der Vater tot ist oder die elterliche Gewalt verwirkt hat,
dann steht sie der Mutter zu. Die Mutter verliert die elterliche
Gewalt, nicht aber die Pflicht, für das Kind zu sorgen, wenn sie
eine neue Ehe eingeht.
Vormundschaft. Ein Minderjähriger erhält einen Vormund,
wenn er nicht unter elterlicher Gewalt steht, wenn z. B. die Eltern
tot sind oder sich die Mutter, die verwitwet oder geschieden ist,
wieder verheiratet. Dasselbe geschieht, wenn die Eltern zwar leben
und auch die elterliche Gewalt haben, sie aber beide aus bestimmten
Gründen nicht ausüben können, z. B. wenn sie taubstumm sind.
Der Vater (die Mutter) hat das Recht und die Pflicht, für die
Person und für das Vermögen des Kindes zu sorgen. Ist ihm
für einen Teil dieser Befugnisse, die in der elterlichen Gewalt liegen,
die Vertretung des Kindes entzogen (z. B. für die Vermögensver-
waltung), so wird kein Vormund, sondern ein Pfleger bestellt. Auch
für Volljährige, die mit körperlichen oder geistigen Gebrechen behaftet
sind, werden Pflegschaften errichtet.
Zweck der Vormundschaft ist, die elterliche Gewalt bei geschäfts-
unfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Personen zu ersetzen. Der
Vormund ist der gesetzliche Vertreter des Mündels. Er allein schließt
die Rechtsgeschäfte im Namen des Mündels ab (Lehrvertrag). Neben
dem Vormunde kann auch für bestimmte Angelegenheiten ein Pfleger
7
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
98
bestellt werden, der dann für diese gesetzlicher Vertreter ist. Geschwister
haben in der Regel einen gemeinschaftlichen Vormund. Wenn es
das Vormundschaftsgericht für zweckmäßig hält, daß noch ein Gegen -
Vormund bestellt wird, z. B. wenn der Mündel ein bedeutendes
Vermögen besitzt, so wird ein solcher berufen. Er hat darauf zu
achten, daß der Vormund die Vormundschaft pflichtmäßig führt, hat
aber nicht das Recht der gesetzlichen Vertretung des Mündels, wodurch
er sich wesentlich vom Pfleger unterscheidet. Nach 8 1833 B. G.-B.
haften Vormund und Gegenvormnnd dein Mündel für jegliche
Sorgfalt, „haften also strenger wie die Eltern".
Der Vormund hat das Vermögen, das bei der Anordnung der
Vormundschaft vorhanden ist oder dem Mündel später zufällt, zu
verzeichnen und das Verzeichnis, nachdem er die Nichtigkeit und Voll-
ständigkeit bescheinigt hat, dem Vormundschaftsgerichte einzureichen.
Das Verzeichnis ist auch vom Gegenvormunde mit der Versicherung
der Nichtigkeit und Vollständigkeit zu versehen, daher hat er bei Auf-
stellung des Verzeichnisses mitzuwirken. Der Vormund hat das Ver-
mögen des Mündels in mündelsicheren Werten anzulegen. Dazu
gehören:
1. Forderungen, für die eine sichere Hypothek an einem in-
ländischen Grundstücke besteht, oder in sicheren Grundschulden
oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken;
2. verbriefte Forderungen gegen das Reich oder einen Bundes-
staat sowie Forderungen, die in das Reichsschuldbuch oder
das Staatsschuldbuch eines Bundesstaates eingetragen sind;
3. Wertpapiere, insbesondere Pfandbriefe, sowie verbriefte
Forderungen jeder Art, sofern sie vom Bundesrate zur
Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind, z. B.
Provinzanleihen, Stadtanleihen. (Obligationen der Landes-
kreditkasse zu Cassel, Casseler Stadtanleihe.) Auch bei Spar-
kassen können Mündelgelder niedergelegt werden.
Die Vormundschaft wird unentgeltlich geführt. Der Vormund
sowie der Gegenvormund hat dem Vormundschaftsgerichte auf Ver-
langen jederzeit über die Führung der Vormundschaft und über die
persönlichen Verhältnisse des Mündels Auskunft zu erteilen.
Waisenrat. Der G e m e i n d e w a i s e n r a t hat dem Vormund-
schaftsgerichte die Personen vorzuschlagen, die sich im einzelnen Falle
zum Vormunde oder Gegenvormunde eignen. Er hat darüber zu
wachen, daß die Vormünder sich der im Bezirk des Waisenrates sich
aufhaltenden Mündel gewissenhaft annehmen, insbesondere für ihre
Erziehung und körperlrche Pflege Sorge tragen.
Zum Vormunde kann nicht bestellt werden, wer nicht im Besitze
der bürgerlichen Ehrenrechte, geschäftsunfähig oder wegen Geistes-
schwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist. Jeder Deutsche
hat die Vormundschaft, für die er von dem Vormundschaftsgerichte
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