Xxii. §. 6. Erstes Hervvrtreten Frankreichs als Feind und Dränger rc. 443
nackte Eigennutz, die selbstsüchtige Vereinzelung, kühle Berechnung, ver-
standesmäßige Abwägung des Maßes der zu gewährenden Freiheiten und
Wohlthaten — vergebens sehnt man sich nach einem warmen Hauch
der gegenseitigen Liebe und anhänglichen Vertrauens. Von Frank-
reich ist die neuere kalte, selbstsüchtige, herzlose Staatskunst ausgegan-
gen, und Philipp Iv. war ihr Vater. Er zuerst hatte ein Christen-
reich losgelöst aus dem großen Verbände der ganzen Christenheit, nur
dieses einigen Landes und seines Beherrschers Vortheil gesucht, unbe-
kümmert um das Wohl und Wehe der gesammten übrigen Welt oder
um die höheren sittlichen Güter der eignen Unterthanen. Mit schnel-
len Schritten begann Frankreich der traurigen Rolle zuzueilen, den
westlichen Staaten Europa's ein Führer zu werden zum Unglauben, zur
Politik der Selbstsucht, zur Sittenlosigkeit, zum Abfall von Allem, was
heilig und ehrwürdig ist. Es lagen zwar noch Zeiten schwerer Demü-
thigung für Frankreich selber dazwischen, aber Philipp Iv. hat das
Ziel klar genug für seine Nachfolger gewiesen, und sie haben seine Wei-
sungen später wohl begriffen und angenommen.
§. 6. Erstes Hervortreten Frankreichs als Feind und
Dränger Deutschlands.
Schon Philipp Iv. hatte die Gelegenheit benutzt, und während
die Deutschen wieder durch innere Zerwürfnisse behindert waren, das
Gebiet von Lyon, welches den Lehenrechten nach zum deutschen Reiche
gehörte, an sich gerissen und damit den Anfang gemacht aller jener
kleinlichen Veruntreuungen und Beraubungen, durch welche die deut-
schen Grenzen im Laufe der Jahrhunderte von den Ufern der Rhone
bis an die Ufer des obern Rheins zurückgeschoben wurden. Ebenso
machte er es in Flandern und Lothringen. Sodann hatte er den Papst
gedrängt, einem französischen Prinzen, seinem Bruder, nach Albrech t's
Tode die deutsche Königskrone zu verschaffen, und so sehr war da-
mals schon der päpstliche Hof in der Gewalt des Franzosenkönigs,
daß der Papst es gar nicht mehr wagte, die Forderung offen abzu-
schlagen. Nur durch unwürdige List wußte er, den Wünschen des
Königs zuwider, die Wahl auf den tapfern und unternehmenden
Heinrich Vii. aus dem Hause Luremburg zu lenken (1308—1313).
Nach dessen baldigem Tode trat in Deutschland anfangs durch eine
zwiespältige Kaiserwahl (neben Ludwig von Bayern wurde Fried-
rich von Oestreich erwählt), dann nach Fried rieh's Ueberwindung
und Rücktritt durch die Unbeständigkeit, Charakterlosigkeit und das
unweise Benehmen des Kaisers Ludwig eine Zeit ein, welche recht
dazu gemacht schien, um das ganze Elend des päpstlich-französischen
Uebermuths mit voller Wuth auf unser Vaterland fallen zu lassen.
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Iv Philipp Philipp_Iv Philipp Philipp_Iv Philipp Heinrich_Vii Heinrich Ludwig_von_Bayern Ludwig Oestreich Fried Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Frankreich Frankreich Frankreichs Deutschlands Lyon Rheins Flandern Lothringen Albrech Franzosenkönigs Deutschland
Xxiii. §. 8. Die Wiedertäufer.
501
§. 8. Die Wiedertäufer.
Nach dem Nürnberger Religionsfrieden hatten die Protestanten
länger als ein Jahrzehend hindurch vollkommene Ruhe, und die Re-
formation konnte stch ungestört über alle Gebiete des niedern Deutsch-
lands ausbreiten. Nur der Kurfürst von Brandenburg, Herzog
Heinrich von Braunschweig und Herzog Georg von Sachsen hiel-
ten sich noch streng zur katholischen Partei. Auch in Oberdeutschland
gewann die Reformation immer großem Raum. Das Herzogthum
Württemberg, welches König Ferdinand an sich gebracht hatte,
wurde ihm in einem günstigen Augenblicke durch den Landgraf Phi-
lipp von Hessen wieder abgenommen und dem angestammten Her-
zog Ulrich zurückgegeben. Der vollzog sofort die Reformation in
dem wiedergewonnenen Erbland, und König Ferdinand mußte sie
nicht bloß geschehen lassen, sondern den protestantischen Fürsten noch
etliche wichtige Zugeständnisse machen. Die Macht wie die Gunst,
deren sich der protestantische Bund erfreute, wuchs von Tage zu Tage.
Doch hatte der Herr auch jetzt dafür gesorgt, daß es an schweren
Aergernissen, an einem Pfahl im Fleische nicht fehle. Wie schon bald
nach dem Anbruch der Reformation, so erhüben sich auch jetzt wieder,
da sie sich in äußerer Ruhe vor allen ihren Feinden gedeihlich weiter
entwickeln konnte, aus ihrem eignen Schooße böse Mißgeburten, un-
gerathene Söhne, welche Schmach auf das Haupt ihrer Mutter luden
und Vieler Herzen und Augen von ihr hinwegwandten. Das waren
die Wiedertäufer. In der Schweiz begegnen wir ihnen zuerst.
Schon Zwingli hatte mit ihnen zu kämpfen. Ihr Name besagt, daß
sie die Kindertaufe verwarfen; und das war das Allen gemeinsame Er-
kennungszeichen. Aber sonst bildeten sie nicht im mindesten eine ge-
schlossene Gemeinschaft, waren durchaus nicht einig in ihren religiösen
Anschauungen, in ihren gottesdienstlichen Gebräuchen, ihren politischen
Forderungen. Es war eben die ganze Masse Derer, welche weder in
der lutherischen noch in der zwinglischen Form der Reformation sich
befriedigt fanden, welche etwas Anderes, Neues, Ungewöhnliches suchten
und erwarteten, und eine völlige Umgestaltung aller menschlichen Ver-
hältnisse, eine sichtliche Wiederkehr Christi, ein tausendjähriges Reich
jetzt gleich, sofort, erwarteten und herbeiführen wollten. Uebrigens hatten
sie die widersprechendsten Meinungen. Die Einen leugneten, daß
Christus Gottes Sohn, daß er der Erlöser der Welt sei, die Anderen
sahen in ihm den ewigen Gottesgeist, der nur scheinbar von einem
menschlichen Leibe umhüllt war. Hier waren Etliche, welche die strengste
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Braunschweig Heinrich Georg_von_Sachsen Ferdinand Ulrich Ferdinand Christus_Gottes
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Oberdeutschland Württemberg Hessen Christi
Xxni. §. 12. Krieg wider die Protestanten. 513
mehr, wenn sie nicht ihr eignes Dasein aufgeben wollten. So kam es
denn zum Kriege. Aber schon die Vorbereitungen der Protestanten
zum Feldzug wider den Kaiser waren fehlerhaft. Wie konnte es auch
anders sein, da ein Krieg gegen das anerkannte Oberhaupt unmöglich
mit reinem Gewissen unternommen werden konnte? Auch die Füh-
rung selbst war unsicher; die Entscheidung aber höchst unglücklich.
Erst wurde das ganze Oberland vom Kaiser unterworfen, Württem-
berg und die Städte von Augsburg bis Straßburg; dann ging die
Schlacht bei Mühlberg für die Protestanten verloren und die beiden
Führer der Evangelischen, der Kurfürst von Sachsen und der Land-
graf von Hessen, wurden gefangen und geriethen in des Kaisers
Gewalt.
Was sagte Luther zu diesem Angriff auf den rechtmäßigen Kaiser,
in den sein Landesherr um der Religion willen sich stürzte? Er würde
jetzt ihn schwerlich mehr gebilligt haben, als sechzehn Jahre früher, wo
er solche Gedanken weit von sich wies. Aber sein Mund war ver-
stummt. Der Herr hatte den Gerechten weggenommen vor dem Un-
glück. Am 18. Februar 1546 war er zu Eisleben gestorben. Als nach der
Schlacht von Mühlberg auch Wittenberg von den kaiserlichen Truppen
erobert wurde, verlangten die fanatischen Spanier, daß der Leib dieses
Erzketzers wieder ausgegraben und verbrannt würde. Aber der Kaiser
ließ es nicht zu. Er suchte vielmehr auf alle Weise diesem Kriege den
Charakter eines Religionskrieges zu nehmen. Er ließ den unterwor-
fenen evangelischen Ländern und Städten wenigstens so viel Freiheit
des Gottesdienstes und der Predigt, daß die evangelische Wahrheit da-
bei bestehen konnte, wenn auch nur kümmerlich. Er suchte die Deut-
schen glauben zu machen, daß er nur den Ungehorsam der beiden
Fürsten von Sachsen und Hessen und ihrer Bundesgenossen habe strafen
wollen, nicht ihren Glauben. Er hatte auch wohl Ursache, so zu
thun. Ein Kampf gegen die Gesammtmacht der Evangelischen wäre
denn doch über seine Kräfte gegangen. Da war es ein Meisterstreich
seiner Politik, daß er die Protestanten trennte, etliche von aller Theil-
nahme am Kriege fern hielt, wie z. V. den mächtigen Kurfürsten
Joachim von Brandenburg und sämmtlichc evangelische Fürsten des
Nordens, andere aber geradezu in seine Dienste nahm und selber gegen
ihre protestantischen Glaubensbrüder in's Feld führte, wie namentlich
den kühnen und angesehenen Herzog Moritz von Sachsen. An diesem
klugen, ehrgeizigen, kalt berechnenden, gewissenlosen Fürsten, derglei-
chen es glücklicherweise nicht viele in der ältern deutschen Geschichte
giebt, hatte der arge Feind aller Wahrheit und Gotlseligkeit einen
schrecklichen Gewinn gemacht. Mit einer Verstellung, einem Undank,
einer Treulosigkeit und Hinterlist, die ihres Gleichen sucht, fiel dieser
Moritz seinem blutsverwandten Vetter, der ihm arglos und vertrauend
den Schutz und die Obhut seines Kurfürstenthums übertragen hatte,
in's Land, während er selbst, Johann Friedrich, im Schwäbischen
v. Rohden, Leitfaden. 33
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Extrahierte Personennamen: Luther Mühlberg Joachim_von_Brandenburg Moritz_von_Sachsen Moritz Johann_Friedrich Johann Friedrich
Xxiv. §. 8. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, 1618. 547
Glatz, in Mahren. Auch die friedliche Genossenschaft der mährischen
Brüder wurde zersprengt, der Strom des Katholicismus erfüllte alle
östreichischen Lande an allen Enden. Und, müssen wir hinzusetzen,
in Folge des sich weiter spinnenden Kriegs erfüllte er bald auch das
ganze obere Deutschland; ja schon sind die mittleren, schon werden
die norddeutschen protestantischen Stifter bedroht, Halberstadt, Mag-
deburg sind wieder in katholischen Händen, Bremen, Verden, Minden,
Camin, Havelberg, Schwerin werden von ihnen zurückgefordert; ganz
Deutschland scheint dem Andrang des waffengewaltigen Katholicismus
und der kaiserlichen Uebermacht rettungslos unterliegen zu müssen.
Da fing es an, sich zu erfüllen, was die weiseren Kurfürsten dem
unbesonnenen Friedrich v. d. Pfalz vor der Annahme der böhmischen
Königskrone warnend und weissagend geschrieben hatten: es würde aus
seinem Unterfangen ein Bruderkrieg entstehen, der die deutsche Freiheit
in Knechtschaft verwandeln, fremde Völker zu Herren in Deutschland
machen und ein unabsehbares Elend über das Vaterland herbeiführen
würde. Denn nicht ging mit der Wiedereroberung Böhmens der un-
selige Krieg zu Ende. Dreißig lange, schwere Jammerjahre hat die in
Böhmen entzündete Flamme fortgelodert, hat ihre dunkeln, verzehren-
den Gluthen von Osten nach Westen, von Süden nach Norden fortge-
wälzt, hat Dänemark, Schweden, Frankreich, Italien, Spanien, hat
allmälig ganz Europa mit ergriffen und einen ungeheuren Brand er-
nährt, dessen Heerd und Mittelpunkt unser unglückliches Vaterland
bleiben mußte. Da ist das Grab der deutschen Herrlichkeit gegraben
worden, und die einstmals eine Fürstin war unter den Völkern, ward
jetzt zur Magd, ein Raub und Spott der Fremden. Es haben aber
beide Confesfionen mit gleichem Fleiß an solcher Selbstzersteischung
unseres Landes mit geholfen. War von den protestantischen Böhmen
und vom reformirten Friedrich v. d. Pfalz der erste Schritt gethan,
so that Herzog Maximilian von Bayern mit seiner katholischen Liga
den zweiten Schritt. Er wollte sich den Kurfürstenhut erwerben und hat
ihn auch erworben. Dazu mußte er den pfälzischen Friedrich, ihn selbst
und alle seine Nachkommen ihres Kurfürstenthumes berauben. Das that
er, sobald Böhmen bezwungen war. Da ließ er zuerst die Oberpfalz *)
wegnehmen, dann die Unterpfalz. Alles wurde wieder katholisch; in Hei-
delberg wurde wieder die Messe gelesen, die berühmte Heidelberger Bi-
bliothek als Geschenk nach Rom an den Papst geschickt. Und nun
wäre vielleicht der Krieg zu Ende gewesen, wenn nicht etliche unberu-
fene, kriegslustige, kleine protestantische Fürsten in thörichtervermessen-
heit und kurzsichtiger Beutelust die Truppen der Liga und die Spanier,
die am Oberrhein standen, noch länger im Felde gehalten und hinter
*) Das jetzt bayerische Gebiet an der böhmischen Grenze von Regenöburg nörd-
lich bis in die Gegend des Fichtelgebirges.
35*
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_v Friedrich Friedrich_v Friedrich Maximilian_von_Bayern Maximilian Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Halberstadt Bremen Minden Havelberg Schwerin Deutschland Deutschland Schweden Frankreich Italien Spanien Europa Hei- Rom Regenöburg
516 Xxiii. §. 13. Krieg wider den Kaiser. Religionsfriede.
und 1547 die Protestanten und somit ganz Deutschland unter dìe Gewalt
des Kaisers gebracht war. Er war nun Kurfürst von Sachsen ge-
worden. Mit Ausnahme einiger kleinen thüringischen Landschaften
(sächsische Herzogthümer) hatte er Alles, was wir jetzt noch Sachsen
zu nennen gewohnt sind (Provinz und Königreich Sachsen), unter seine
Herrschaft vereinigt. Aber was mit Unrecht und Frevel gewonnen ist,
das bleibt ein unsicherer und mühseliger Besitz. Wie hätte die Bevöl-
kerung, die mit deutscher Treue an ihrem angestammten Fürsten Jo-
hann Friedrich hing, diesen Verräther lieben können? Wie hätten
seine protestantischen Unterthanen einen Herrscher ehren können, der
durch seine Treulosigkeit ihre Sache bis an den Untergang gebracht,
der sie jetzt mit dem kaiserlichen Interim bedrängte, der seine Theolo-
gen nach dem Concilium zu Trient schickte, und sein ganzes Land zu
den katholischen Gottesdiensten wieder zurückführen zu wollen schien.
Moritz war ein viel zu kluger Mann, um nicht zu fühlen, daß der
Boden unter seinen Füßen ihm gitterte ; daß er etwas thun müsse, um
sein Land, um seine Nachbarn, um seine Glaubensgenossen zu versöh-
nen. Er war viel zu vorschauend, um nicht zu erkennen, daß nach-
dem er durch seine Schuld den Kaiser so mächtig gemacht, er selbst
sammt allen übrigen Fürsten von der kaiserlichen Macht werde erdrückt
werden. Es empörte ihn nicht minder als jedes andere fürstliche Ge-
müth der freche Uebermuth der Spanier, mit denen jetzt der Kaiser
Deutschland regieren wollte. Es wurmte ihn insonderheit die gegen
ihn persönlich begangene Treulosigkeit des Kaisers, der seinen Schwie-
gervater, den Landgrafen von Hessen, trotz des gegebenen Wortes und
der persönlichen Bürgschaft des Kurfürsten gefangen hielt.
So beschloß er loszubrechen. Aber leider wieder in derselben treu-
losen, verrätherischen Weise wie sechs Jahre vorher. Während der
Kaiser glaubte, keinen ergebenern Fürsten im Reiche zu haben als
Moritz, während er ihm die Vollstreckung der Reichsacht gegen die
Stadt Magdeburg anvertraute, die das Interim nicht hatte annehmen
wollen, sammelte Moritz in der Stille Verbündete gegen seinen Wohl-
thäter, und schloß einen Vertrag ab mit dem Reichsfeind, dem Fran-
zosen, durch welchen diesem die drei mächtigen deutschen Städte und
Visthümer Metz, Tul und Verdun in die Hände gespielt wurden. Die
hat der Franzose sogleich eingenommen und nie wieder herausgegeben.
So ward jetzt der Kaiser selber ein Opfer desselben Verräthers, durch
dessen Hülfe er wenig Jahre zuvor Herr im Reich geworden war. Jetzt
wäre er beinahe von ihn: in Jnnfpruck, von wo Karl das Concil zu
Trient leitete, gefangen genommen. Der alternde Kaiser mußte eilendö
in's hohe Gebirg entweichen, das Concil stob auseinander (1552).
Nirgend her erschien dem eben noch so mächtigen Herrscher eine Hülfe.
Kein deutscher Fürst, auch selbst sein Bruder nicht wollte es zulassen,
daß Karl innerhalb der deutschen Grenzen den Krieg erneuern dürfe.
Von Westen her drohten die Franzosen, die schon im Elsaß standen,
von Osten nahten wieder ihre alten Bundesgenossen, die Türken, Ita-
lien war mit Kriegswirren erfüllt, das Mittelmeer in der Gewalt der
türkischen Flotte — da war es eine Nothwendigkeit, es mußte den
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Moritz Moritz Moritz Metz Karl_das_Concil Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Sachsen Sachsen Deutschland Hessen Magdeburg Verdun Jnnfpruck
574
Xxv. §. 4. Nachäffung des französischen Wesens.
dern zum Widerstand, zum Fels, an welchem sich der wilde Ansturm
der wühlerischen Politik des Westens brechen sollte.
Die politische Abhängigkeit, in welche das deutsche Reich von
den Franzosen gerathen war, hing auf das Engste zusammen, war
eigentlich erst möglich geworden durch den grundverderblichen morali-
schen Einfluß, den Ludwig's Xiv. Hof und Beispiel auf die deut-
schen Reichsfürsten gewann. Es wird jetzt allgemein den Deutschen
nachgesagt, daß sie das Fremde vorziehen und bewundern. Das ist je-
doch keineswegs so ganz allgemein hin wahr. So lange es in Deutsch-
land etwas zu bewundern gab, hat es gewiß keine eifrigeren Bewun-
derer gegeben, als eben die Deutschen. Erst als die deutsche Herrliche
keit auf allen Seiten zusammenbrach und iin ganzen weiten Vaterland
sich kaum noch ein Punkt finden ließ, der Achtung, Ehrfurcht, Anhäng-
lichkeit, Vertrauen erweckte, wandte sich das deutsche Gemüth am
eignen Heerde verzweifelnd den großartigen Gestalten des Auslandes
zu. Und das war wiederum ein Meisterstreich des bösen Feindes, daß
er eben in jener Zeit des deutschen Elends die französische Herrlichkeit
mit einem solchen Schimmer von Anmuth, Lieblichkeit und verlocken-
dem Reiz zu umkleiden wußte, daß die unbewachten deutschen Herzen
sich schaarenweise blenden und fangen ließen, daß sie wie die Mücken
die gefährliche Lichtflamme der falschen Sonne französischer Bildung so
lange umkreisten, bis sie elendiglich sich versengten. Schaarenweise strömte
die Jugend des deutschen Adels, die Prinzen und Fürstensöhne an ihrer
Spitze, nach Paris, um dem neuen Abgott ihre Huldigungen zu brin-
gen, um sich zu zieren und zu schmeicheln und zu lügen und zu lästern
und ausschweifen zu lernen, wie es in jenem greulichen Sodom Mode
war. Als ausgelernte Lasterknechte, Gottesleugner und Menschenschin-
der pflegten die Meisten zurückzukehren, und von tausend einzelnen Gift-
brunnen aus ergoß sich ein Strom des Verderbens über unser unglück-
liches Land, daß man blutige Thränen weinen möchte über die Triumphe
des Seelenmörders in den deutschen Städten und Schlössern, vor Allem
an den deutschen Höfen (doch bildeten der preußische und der wie-
ner Hof fast durchgängig eine ehrenvolle Ausnahme). Es ist besser,
einen Schleier über die Einzelheiten zu decken. Wie viel Greuel und
Laster und Schande wären sonst zu erzählen von Kursachsen und Kur-
bayern, von Kurpfalz und Hannover, von Kurköln, von Württemberg
u. s. w. Die Unterthanen wurden nach französischem Muster nur als
Puppen betrachtet, die zum Vergnügen des Fürsten da seien, und es
wurde ein gottloses, himmelschreiendes Spiel mit ihnen getrieben.
Nicht bloß ausgepreßt bis auf's Mark, verhöhnt in ihren heiligsten
Rechten, vergewaltigt, geschändet wurden sie, sondern verkauft, um
große Summen verkauft an fremde Regierungen als Kanonenfutter.
jsind hätten die Unglücklichen nur noch den süßen liebewarmenhauch
wahrhaft evangelischen Trostes schmecken können. Aber leider hatte
der größte Theil der protestantischen Geistlichen noch immer selber
nicht den rechten Frieden wiedergefunden. Sie glaubten noch immer
zu Felde liegen zu müssen gegen die Katholiken oder Reforiuirten, oder
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Extrahierte Ortsnamen: Ludwig's Paris Sodom Hannover Württemberg
— 181 —
Jerome von Westfalen abgesehen hatte; aber der von ihm geführte Hansen war des Krieges zu ungewohnt und zerstob bei dem ersten Angriffe der Feinde. Dörnberg kam, als Bauer verkleidet, nach mancherlei Abenteuern zum Herzoge Friedrich Wilhelm von Braunschweig, den er eine Zeit lang begleitete, bis er sich zuletzt in preußischen Militärdiensten eine ehrenvolle Stellung errang. Major Ferdinand von Schill, ein tapferer Held, der sich bei der Verteidigung von Kolberg besonders hervorgethan hatte, führte fein Regiment aus Berlin und erließ einen feurigen Aufruf, um das Volk zu einer allgemeinen Erhebung zu begeistern, doch ohne Erfolg. Nach vielen planlosen Kreuz- und Querzügen schlug er sich mit feiner Freischar bis nach Stralsund durch, um sich dort gegen die Feinde zu verteidigen. Er wurde aber nach einem harten Kampfe von der feindlichen Übermacht überwältigt und starb den Heldentod. Der Rest feiner Waffengefährten geriet in Gefangenschaft. Die Offiziere wurden in Wesel erschossen, die Gemeinen auf französische Galeeren gebracht. Ebenso erfolglos wie das Unternehmen des Majors von Schill erwies sich der von dem Herzoge Friedrich Wilhelm von Braunschweig mit einer tapferen Schar schwarzer Husaren auf eigene Hand unternommene Krieg gegen Sachsen. Der heldenmütige Herzog schlug sich mit feiner „schwarzen Schar" zwar bis an die Nordsee durch, wurde dann aber genötigt, sich mit seinen Gefährten nach England einzuschiffen, um dort bessere Zeiten abzuwarten. So hatte denn das kühne Unternehmen der vorgenannten Männer einen unglücklichen Ausgang genommen, aber dessenungeachtet war dasselbe nicht ohne Bedeutung; es gab ein schönes Beispiel der Thatkraft, die in dem deutschen Volke schlummerte und die nur angefacht zu werden brauchte, um zur mächtigen Flamme der Begeisterung emporzulodern.
Erzwungenes Bündnis mit Frankreich. Die Stunde der Befreiung unseres Vaterlandes war indessen noch nicht gekommen. Friedrich Wilhelm hätte sich zwar gerne mit dem Kaiser Alexander zum Kampfe gegen den kühnen Eroberer verbündet, aber mit Rücksicht darauf, daß die gewaltigen Heere der Franzosen schon an feinen Grenzen standen, die Russen dagegen noch zu entfernt waren, nm ihn gegen den ersten Stoß jener Übermacht zu unterstützen, ließ er sich durch die Drohungen Napoleons zu einem Bündnis mit Frankreich nötigen, das am 5. März 1812 in Paris geschlossen wurde. In demselben verpflichtete er sich, den Durchzug der französischen Truppen durch sein Land zu gestatten und außerdem ein Hilfscorps von 20000 Mann zu stellen. Nach kurzer Zeit erfüllten die französischen Heere unser schwergeprüftes Vaterland und lebten darin ganz nach Feindes Art.
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Extrahierte Personennamen: Hansen Friedrich_Wilhelm_von_Braunschweig Friedrich Wilhelm Ferdinand_von_Schill Ferdinand Schill Friedrich_Wilhelm_von_Braunschweig Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Alexander Alexander Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Westfalen Dörnberg Kolberg Berlin Stralsund Wesel Sachsen Nordsee England Frankreich Napoleons Frankreich Paris
— 43 —
auf dem Reichstage zu Augsburg die Gottesgelehrten das Bekenntnis allein unterschrieben, um ihre Herren nicht in Gefahr zu bringen, sprach er das schöne Wort: „Das wolle Gott nicht, daß Ihr mich ausschließt; ich will meinen Christus auch mit bekennen!" Johann des Beständigen Sohn, Johann Friedrich der Großmütige, war der Hauptverteidiger des Reformationswerkes im schmalkaldischen Kriege, wodurch er sogar sein Kurfürstentum verlor. Ebenso standhaft war der Landgraf Philipp von Hessen, der voll Glaubensmut bekannte: „Ich will lieber Land und Leute verlieren als vom göttlichen Worte lassen". — Außer den vorgenannten Fürsten sind noch zu erwähnen die Ritter Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen, welche die neue Lehre mit Freuden begrüßten und ihre Ausbreitung wirksam unterstützten.
Der eifrigste Gegner der Reformation war der Kaiser; außerdem nahmen auch Herzog Georg der Bärtige von Sachsen, sowie der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg (S. n.) der neuen Lehre gegenüber eine ablehnende Stellung ein. Vor allem aber wurde die Ausbreitung der Reformation gehindert durch den Jesuitenorden, der 1534 von Ignatius von Loyola gestiftet wurde und den Zweck verfolgte, den Protestantismus auszurotten und die unbeschränkte Macht des Papstes auch gegen die Ansprüche der weltlichen Fürsten und der Bischöfe sicher zu stellen. Um dieses Ziel zu erreichen, bemächtigte er sich der Jugend durch Anlegung vou Schulen und der Erwachsenen durch Umgang, Beichtstuhl und Predigtamt. Dieser Orden, der 1773 vom Papst aufgehoben, 1814 aber wieder eingesetzt worden war, wurde wegen seiner agitatorischen Thätigkeit im Jahre 1872 aus dem Deutschen Reiche ausgewiesen.
Die wichtigsten Reichstage während der Reformation.
Als trotz des Wormser Ediktes, das die Verbreitung der neuen Lehre ausdrücklich verbot, der evangelische Glaube schon in vielen Ländern eine feste Gestalt angenommen hatte, traten eine Anzahl katholischer Fürsten zu einem Bunde zusammen, in welchem sie sich gegenseitig zu schützen und ihre Länder der religiösen Neuerung zu verschließen versprachen. Infolgedessen vereinigten sich die Häupter der Lutherischen zu einem Gegenbündnis, und auf dem Reichstage zu Speier (1526) wußten sie es durchzusetzen, daß der für sie günstige Beschluß gefaßt wurde: „Hinsichtlich der Religion solle es jeder Stand so halten, wie er es vor Gott und Kaiserlicher Majestät zu verantworten sich getraue". Als jedoch der damalige Kaiser, Karl V., seinen Gegenkaiser Franz I. besiegt und vom Papste Clemens Vii. zu Bologna die Kaiserkrone empfangen hatte, wurde
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Extrahierte Personennamen: Christus Johann Johann Johann_Friedrich_der_Großmütige Johann Friedrich Philipp_von_Hessen Philipp Ulrich_von_Hutten Franz_von_Sickingen Franz Georg Joachim_I._von_Brandenburg Ignatius_von_Loyola Karl_V. Karl_V. Franz_I. Clemens_Vii
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und Bernhard Kuipperdollings Führung 1534 in Münster trieb. Auch dieser Aufruhr wurde niedergedrückt, hatte aber die völlige Unterdrückung der Reformation und die Wiederherstellung des Katholizismus im Münsterlande zur Folge.
Der schnmlkaldische Krieg.
Ursache. Auf Veranlassung des Kaisers Karl V., der die Ausbreitung der Reformation in Deutschland gerne gehindert hätte, war vom
Papste ein allgemeines Konzil nach Trient (S. 44) berufen worden, auf dem eine Einigung der gespaltenen Kirche versucht werden sollte. Die Protestanten aber weigerten sich, an dieser Versammlung teil zu nehmen, und verlangten ein deutsches Konzil, da die Reformation eine deutsche Sache sei. Da der Kaiser diese Weigerung als Ungehorsam ansah, beschloß er, die protestantische Kirche mit Gewalt zu unterdrücken und die Mitglieder des schmalkaldischen Bundes durch das Schwert zum Gehorsam zu zwingen. So begann ein Jahr nach Luthers Tode der schmal-kaldische Krieg.
Kampf in Süddeutschland. Noch ehe der Kaiser, der von dem
Papste mit 12000 Mann Fußvolk, 500 Reitern und bedeutenden Geldbeträgen unterstützt wurde, seine Streitkräfte gesammelt hatte, waren die Fürsten und Städte des schmalkaldischen Bundes schon kampfbereit. Ein stattliches Herr von 40000 Mann unter der Führung des klugen und kriegserfahrenen Sebastian Schärtlin von Bnrtenbach konnte gegen den Kaiser ins Feld rücken. Die protestantischen Fürsten, die vom Kaiser „als Rebellen und Verbrecher des gemeinen Landfriedens" in die Acht erklärt worden waren, wagten es aus ängstlicher Scheu jedoch nicht, den Kaiser anzugreifen, der bei Ingolstadt eine feste Stellung eingenommen hatte. So fand derselbe Zeit, seine Hilfstruppen aus Italien, Spanien und den Niederlanden heranzuziehen. Da erhielt der Kurfürst von
Sachsen, Johann Friedrich, plötzlich die Nachricht, daß sein Vetter Moritz, der vom Kaiser mit der Vollziehung der Reichsacht beauftragt worden war, in Kursachsen eingefallen sei, das ihm der Kaiser für seine Beihilfe versprochen hatte. Sofort verließ Johann Friedrich mit seinem Heere den Kriegsschauplatz, um seinem bedrängten Lande zu Hilfe zu eilen. Da auch Philipp von Hessen bald abzog, so war es dem Kaiser leicht, ganz Süddeutschland zu unterwerfen. Durch große Geldsummen erkauften die erschrockenen Städte die Gnade des Kaisers.
Der Krieg in Sachsen. Unterdessen hatte der Kurfürst sein Land zurückerobert und Moritz selbst hart bedrängt. Da bat letzterer den Kaiser
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: Bernhard_Kuipperdollings Karl_V. Karl_V. Sebastian_Schärtlin_von_Bnrtenbach Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritz Johann_Friedrich Johann Friedrich Philipp_von_Hessen Philipp Moritz
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zu erhoffen war, säumte er nicht länger, dem Wunsche des ganzen Landes und den ausdrücklichen Bitten der Stände nachzugeben. Am 1. November 1539 empfing Joachim in der Schloßkirche zu Spandau in Anwesenheit seiner Mutter — die nach Joachims I. Tode von ihren Söhnen feierlich heimgeholt worden war — und der Stände des Landes mit seiner ganzen Familie das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Ihm folgten viele Hof- und Staatsbeamte, eine große Anzahl von Edelleuten und alle, welche sonst noch Verlangen danach trugen. Gleichzeitig erließ der Kurfürst eine Verordnung, wodurch es den Gemeinden freigestellt wurde, ihren Gottesdienst nach evangelischer Weise einzurichten. Um den Zustand der Gemeinden und Geistlichen zu erforschen, ließ Joachim kurz nach seinem Übertritte eine Kirchenvisitation in seinem Lande abhalten. Hierbei zeigte sich nicht nur bei dem Volke, sondern auch bei den Geistlichen eine große Unwissenheit. Aus diesem Grunde ließ der Kurfürst nach Luthers Rat einen kurzen Begriff der christlichen Lehre und eine neue Kirchenordnung abfasfen. Die Klöster wurden aufgehoben, die Gebäude und die Klostergüter zum Besten des Staates eingezogen oder zu Schulen und Krankenhäusern verwandt. Die Mönche wurden entlassen und durften ihre Habseligkeiten mitnehmen. Zur Förderung besserer religiöser Erkenntnis gründete man mit großem Eifer überall neue Schulen. Auch die Universität zu Frankfurt suchte der Kurfürst durch Heranziehung tüchtiger Lehrkräfte wieder zu heben. So hatte sich in ganz -Brandenburg der Übergang zur Reformation in friedlicher und wahrhaft christlicher Weise vollzogen. Nicht die geringste Gewaltthätigkeit war vorgefallen, und die Milde und Schonung gegen Andersgläubige, wie sie zu Joachims Ii. Zeiten in Brandenburg geübt wurde, ist ein Erbteil der preußischen Regenten und des preußisches Volkes geblieben.
Kurfürst Joachim Ii., Hektor (1535—1571).
Persönlichkeit. Die beiden Söhne Joachims I., die sich nach dem Tode ihres Vaters in die Regierung teilten, hatten von ihrem den Wissenschaften mit ganzer Seele ergebenen Vater eine sehr sorgfältige Erziehung erhalten. Joachim, der ältere der beiden Brüder, erwarb sich schon in der Jugend eine hohe wissenschaftliche und gesellige Bildung, welche ihm die Achtung und Bewunderung seiner Zeitgenossen verschaffte. Von festem, kräftigem Körperbau und einnehmendem Äußeren, war er auch mit allen ritterlichen Tugenden geziert, weshalb er den Beinamen „Hektor" erhielt. Er besaß einen durchaus versöhnlichen und wohlwollenden Charakter, sowie ein mildes, weiches Herz, das zarter Frennd-
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Extrahierte Personennamen: Joachim Joachim Joachim_Ii Joachim