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61. Viertehalb Jahrhunderte - S. 898

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
898 Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätigen Staatskunst. Haber der Streitkräfte ernannte, möglichst ersetzt. Mit ausdauernder Geduld überwand er die in der Bevölkerung, in dem Congresse und im Heere sich zeigenden Hindernisse. Sein Verdienst war es, daß mittelst eines zum größten Theile vertheidigungsweise geführten Krieges den Engländern so lange widerstanden wurde, bis auswärtige Mächte Hülfe leisteten. Die Engländer mußten zwar noch im ersten Jahre des Krieges Boston räumen, aber als sie im folgenden Jahre von Halifax in Neu- schottland , wohin sie sich zurückgezogen, wieder vordrangen, mußte Washington eine rückgängige Bewegung machen und bis über den De- laware weichen, wie auch der Congreß sich für einige Zeit der Sicher- heit wegen in das südwärts jenes Flusses gelegene Baltimore, die Hauptstadt von Maryland, begab. Nichtsdestoweniger wurde die Unab- hängigkeit der vereinigten Landschaften in diesem Jahre förmlich ausge- sprochen. Während Washington im Süden den Vertheidigungskrieg fortsetzte, ward eine Unternehmung gegen Canada begonnen, dessen Be- völkerung man gewinnen zu müssen glaubte, um nicht einen Feind an der Seite zu haben. Die Engländer vereitelten nun zwar diese Unter- nehmung, so daß sie daran denken konnten, aus den Gegenden des Lo- renzstromes nach dem Champlainsee und dem Hudsonflusse vorzudringen. Doch während sie den Krieg aus Canada so nach Süden trugen, kam im Jahre 1777 ihr Heer in Neu-Iork bei Saratoga am Hudson in die Lage, sich ergeben zu müssen. 41. Jetzt wurde das englische Ministerium zum Nachgeben geneigt. In Amerika aber sah man durch die Hülfe Frankreichs den Weg zum Erringen der völligen Unabhängigkeit eröffnet. Franklin, der schon im Jahre 1776 von dem Congresse nach Paris gesandt worden war, brachte im Jahre 1778 ein Bündniß mit Frankreich zu Stande, worin dieses sich verpflichtete, die Amerikaner so lange zu unterstützen, bis England ihre Unabhängigkeit anerkannt habe. König Ludwig Xvi., der im Jahre 1774 seinem Großvater Ludwig Xv., nachdem der Gram über dessen Erniedrigung den Vater aufgerieben hatte, auf dem Throne gefolgt war, ließ sich zu diesem Bündnisse durch die Staatskunst bestimmen, welche jeden Vortheil zu ergreifen suchte. Diese mußte jetzt in Unterstützung der Amerikaner ein wirksames Mittel zur Schwächung Englands sehen. Ihr Rath wurde noch unterstützt durch die in Frankreich immer deut- licher hervortretenden Gelüste, jene Gedanken, welche von den Encpklo- pädisten angeregt und ausgebildet worden waren, zu verwirklichen. Co- lonieen, die durch Aufhebung aller Verbindung mit dem Mutterlande zugleich jede Abhängigkeit von der Vergangenheit verworfen hatten, er- schienen als der geeignetste Boden, auf dem ein von keinem gegebenen Verhältnisse beengtes, durch keine Ueberlieferung bestimmtes Staatswesen sich gründen ließe. In Amerika selbst hatte die Empörung zur Ausbil-

62. Viertehalb Jahrhunderte - S. 1035

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes. 1035 von Seiten der liberalen Partei und aller denjenigen Parteien, die mit ihren Wünschen über die liberale hinausgingen. Doch unbekümmert darum schritt Oestreich zur Wiederherstellung der Ruhe ein, und da dieses Geschäft schnell beendigt war, konnte Ludwig Philipp die kriegerisch Ge- sinnten damit beruhigen, daß die östreichischen Truppen bereits abgezogen seien. Im Kirchenstaate erhob der niedergeschlagene Aufruhr noch ein- mal sein Haupt, und während Oestreich von Neuem seine Truppen ein- rücken ließ, sandte der König der Franzosen, um der Stimmung in Frank- reich nicht gänzlich Trotz zu bieten, ein Geschwader von Toulon nach Ancona und ließ diese Stadt besetzen, ohne daß Oestreich, das seinerseits der französischen Kriegspartei keinen Anlaß zu heftigerem Drängen geben wollte, die Besatzung zu vertreiben suchte. Die von Oestreich vertretene Sache der alten Ordnung behauptete sich auch in den beiden Königreichen Italiens, obgleich gerade um diese Zeit in beiden Ländern Regierungswechsel vorgingen, die bei Vielen die Hoffnung erregten, in denselben den Geist der neuen Zeit zur Herrschaft gelangen zu sehen. Ferdinand Ii., der in Neapel seinem Vater Franz (1825—1830), dem Sohne Ferdinands I., folgte, leistete dem Streben nach Neuerung Wider- stand durch Milde in Behandlung von früher gegen den Staat verübten Vergehen und durch Sorge für Verbesserung der Einrichtungen. In Sardinien, wo im Jahre 1831 durch Karl Felir' Tod die von Karl Emanuels I. jüngstem Sohne abstammende Seitenlinie Savopen-Carignan mit Karl Albert auf den Thron gelangte, verhinderte oder vereitelte eine strenge Aufsicht jeden Umwälzungsversuch. Auch in Deutschland wurden alle Beschwerden, zu welchen man Anlaß hatte, jetzt lebhafter, und die. allgemein verbreitete Stimmung erleichterte denen, welche die deutschen Zustände den französischen genähert wünschten, die Verfolgung ihrer Zwecke durch Volksaufstände, zu deren Erregung sich die Anlässe, wenn sie gesucht wurden, leicht fanden. Herzog Karl von Braunschweig, der älteste Sohn des bei Quatrebraö gefallenen Herzogs Wilhelm, wurde von seinen Unterthanen, die er durch Willkühr erbittert hatte, im Sep- tember 1830 durch einen Aufstand zur Flucht genöthigt, und ein Beschluß des deutschen Bundes bewirkte die Uebertragung seiner Rechte auf seinen jüngeren Bruder Wilhelm, der die Negierung schon vorläufig über- nommen hatte. Im nämlichen Jahre fanden Unruhen in den Haupt- städten des Königreichs Sachsen und des Kurfürstenthums Hessen, im folgenden Jahre auch in der des Königreichs Hannover statt, die, in andern Städten dieser Länder nachgeahmt, Aenderungen der Verfassung und Wechsel in der Regierung nach sich zogen. Alle drei Länder er- hielten, die beiden ersten im Jahre 1831, das dritte im Jahre 1833, Verfassungen, mittelst deren das neue konstitutionelle Wesen sich an die Stelle der älteren landständischen Vertretung setzte. In Sachsen ernannte

63. Viertehalb Jahrhunderte - S. 1054

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
1054 Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes. Hauptstadt der christlichen Welt wieder, in welcher eine französische Be- satzung seinem Wunsche gemäß verblieb, bis die eigene Truppenmacht erneuert und die hergestellte Ordnung befestigt sein würde. 25. In die seltsamste Lage ward durch die Revolution Deutschland versetzt. Nach vorausgegangenen Zeichen begann die Erschütterung mit den im März zu Wien und zu Berlin erfolgten Aufständen, wodurch in den beiden Hauptstaaten für eine geraume Zeit den Negierungen Stärke und Sicherheit entzogen wurde. Die nächsten Ergebnisse waren, daß in beiden Städten Versammlungen zusammentraten, den beiden Staaten neue Verfassungen zu geben. Wie überall, drängte sich hinter den For- derungen auf Mitwirkung einer Volksvertretung bei der Regierung das Gelüste hervor, in stufenweisem Fortschritt die Regierung zu schwächen und jedem Erstarken derselben dadurch vorzubeugen, daß die Bewegung dauernd erhalten würde. Die Versammlungen traten mit den Bevöl- kerungen der Hauptstädte in eine Verbindung, wodurch die Aussicht auf Begründung von Verfassungen und auf Wiederkehr des Friedens in weiteste Ferne gerückt wurde. Dabei schien die östreichische Monarchie auseinanderfallen zu wollen, da zu derselben Zeit, wo ihre italienischen Länder verloren zu gehen drohten, Böhmen und Ungarn das Ziel der Absonderung immer deutlicher verfolgten. In gleicher Weise hatte Preußen den Aufstand der polnischen Bevölkerung der Provinz Po- sen zu bekämpfen. Während dieses Alles vorging, machten sich aber auch Forderungen geltend, welche auf Beseitigung der in Leitung der Gesammtangelegenheiten Deutschlands hervorgetretenen Uebelstände gerichtet waren. Eine Versammlung von Abgeordneten, die in allen deutschen Staaten gewählt waren, sollte in Frankfurt eine Ver- fassung für das gesammte Deutschland schaffen. Es war vor Allem eine größere Einheit, welche herbeigeführt werden sollte. Mit den Einheits- bestrebungen verbanden sich aber theils innerhalb, theils außerhalb jener Versammlung Bestrebungen zu Vernichtung der fürstlichen Gewalt. Bald trat auch das Bedürfniß hervor, schon vor Begründung einer neuen Bundesgewalt eine vorläufige Behörde einzusetzen, damit auch während der Verfassungsarbeit Deutschland als Ganzes der Leitung und Ver- tretung nicht entbehre. Hierzu ward am 29. Juni 1848 der Erz- herzog Johann von Oestreich ausersehen, der sein Amt unter dem Na- men eines Reichsverwesers antrat, und dessen Anerkennung die letzte Handlung des Bundestages war. Unsicher und unbestimmt, wie das Ver- hältniß der Frankfurter Versammlung zu denen von Wien und Berlin, mußte auch das Verhältniß der für Deutschland neu geschaffenen Behörde zu den Fürsten Deutschlands sein, zumal jene Behörde auch der Frankfur- ter Versammlung gegenüber ihre Stellung erst zu finden hatte. Wäh- rend so Deutschlands Verhältnisse in ärgster Verwirrung lagen, war

64. Viertehalb Jahrhunderte - S. 1058

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
1058 Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes. Preußen ein Heer in die Gegenden des Mittel- und Oberrheins, und da hier die einheimischen Truppen von den Aufwieglern verführt waren, kostete es einen förmlichen Feldzug, der mit der Bezwingung der jüngst erst erbauten neuen Bundesfeftung Rastadt endete. Vorher schon war die Versammlung zu Frankfurt eine Beute der äußersten Zerrissenheit geworden und die Gewalt des Neichsverwesers erloschen. Viele Abge- ordnete verließen Frankfurt, theils aus freiem Antriebe, theils von ihren Regierungen abberufen. Ein Nest, aus Männern der Linken bestehend, verlegte seine Sitzungen nach Stuttgart, ward aber von dort durch die würtembergische Negierung weggewiesen. Dagegen hatte Preußen einen Versuch gemacht, dem Vedürfniß nach größerer Einigung Deutschlands eine theilweise Befriedigung zu schaffen, indem es mit den Königreichen Sachsen und Hannover, sowie einigen kleineren Staaten Norddeutschlands, eine Union schloß, deren Leitung es übernahm. Daraus drohte ein neues Zer- würfniß für Deutschland zu entstehen, da Oestreich in Besorgniß vor einem Verhältnisse, das auf jenem Wege von Preußen begründet werden würde, beharrlich das Ziel der Herstellung des früheren Bundesverhältnisses ver- folgte, die Königreiche Baiern und Würtemberg sich ihm anschlossen und in der Union bald eine Neigung zum Rücktritte merkbar wurde. Im Jahre 1850 steigerte sich die Spannung zwischen den beiden Hauptmächten in bedenklicher Weise, da iin Kurfürstenthum Hessen, das ein Mitglied der Union gewesen war und sich nachher davon getrennt hatte, in Folge einer von dem Kurfürsten bewirkten Verfassungsänderung ein allgemei- ner Widerstand gegen die Negierung sich bildete. Der inzwischen in Frankfurt wieder ins Leben getretene Bundestag sagte dem Kurfürsten seine Hülfe zu, während Preußen die Verwirklichung dieser Zusage zu hindern suchte. Vermittelnde Bemühungen des Kaisers von Rußland lösten die Spannung, und die beiden deutschen Hauptstaaten ließen durch beiderseitige Bevollmächtigte die Angelegenheiten Kurhessens so ordnen, daß den Absichten des Kurfürsten der Sieg blieb. Auf gleiche Weise ließen beide in den Herzogthümern Dänemarks, wo Preußen mit Hülfe anderer deutschen Staaten im Jahre 1849 den Krieg erneuert hatte, wo aber nach dessen bald erfolgtem Rücktritte jetzt nur ein einheimisches Heer noch unter den Waffen stand, den Zustand, der vor Beginn der Revolution bestanden hatte, wieder einführen. Deutschland war aus einer großen Gefahr gerettet, da die beiden Staaten, deren Eintracht eine Hauptbedingung seiner Wohlfahrt ist, in ein freundliches Verhält- niß zu einander traten.

65. Viertehalb Jahrhunderte - S. 899

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätigen Staatskunst. 899 düng der Ansicht von einer Rückkehr zu dem Naturgemäßesten und ur- sprünglichsten Zustande der Menschheit, den kein aus geschichtlichem Ver- laufe entsprungenes Recht trübe, mitgewirkt. Schon hatten viele Fran- zosen, unter denen Lafayette sich auszeichnete, sich zu dem amerikanischen Heere begeben, um an der Herstellung dessen, was ihnen so reizend vor- schwebte, sich zu betheiligen. Indem nun Frankreich in Folge jenes Bündnisses die Waffen für den amerikanischen Aufstand ergriff, gewährte es dem auf ähnliche Ziele gerichteten einheimischen Verlangen eine mächtige Unterstützung, und das Gelingen, zu dem es jenseits des Meeres beitrug, war eine Aufmunterung, zu Hause einen Zustand, dem das dortige Staatswesen zum Muster diente, einzuführen. Durch die Theilnahme Frankreichs, dem sich im Jahre 1779 und im Jahre 1780 Spanien und die Niederlande anschlossen, wurde der Krieg über die amerikanischen und die europäischen Gewässer sowie über Ostindien aus- gedehnt, aber sein Gang auf dem festen Lande von Amerika nicht er- heblich geändert, da einerseits die Amerikaner auch nach mehrjähriger Dauer desselben keine Kriegstüchtigkeit entwickelten und die Engländer vermöge der großen Ueberlegenheit, welche sie zur See besaßen, den- selben die fremde Hülfe nur in geringem Maße zu Statten kommen ließen, anderseits aber einem Washington gegenüber auch die Engländer unter ungeschickten Feldherren nicht zu erheblichen Vortheilen gelangten. Das Endergebniß war, daß die Engländer den Amerikanern ihre Unab- hängigkeit lassen mußten, aber aus dem auf den anderen Schauplätzen geführten Kriege ohne bedeutenden Verlust hervorgingen. Neu-Iork und das wieder zum Sitze des. Congresseö gewordene Philadelphia blie- den lange die Hauptpunkte, jenes der englischen, dieses der amerikani- schen Stellung. Eine neue Wendung erhielt der Krieg erst durch das seit dem Jahre 1778 begonnene Vordringen der Engländer von Florida her. Bis zum Jahre 1781 waren auch Georgien, Süd-Carolina und Nord-Carolina in den Händen des von Cornwallis befehligten englischen Heeres. Doch gelang cs einen: von Greene befehligten Heere der Ame- rikaner, die südlichen Landschaften wieder zu erobern, und das um seine Vortheile gebrachte englische Heer begab sich nordwärts, um sich mit englischen Truppen, die in Virginien standen, zu vereinigen. Jetzt ver- ließ Washington die Gegend von Neu-Iork und zog, während er lange den ihm dort gegenüberstehenden Heerführer Clinton über seine Absicht in Täuschung erhielt, gegen Süden, um sich auf das Heer des Coru- wallis zu werfen. Diese Bewegung, die er mit Hülfe eines im Jahre 1780 angekommenen von Nochambeau befehligten französischen Hülfs- heeres ausführte, erreichte ihren Zweck, da sie von einer in die Chesa- peak-Bai eingelaufenen französischen Flotte unterstützt wurde. Cornwallis fand es unmöglich, sich durch die Landschaften Maryland, Pennsilvanien

66. Viertehalb Jahrhunderte - S. 866

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
866 Die Zeit verfälschen Aufklärung und der gewalttätigen Staatskunst. das Bedürfuiß gefühlt, sich für kommende Fälle durch ein Bündniß zu stärken. Da er in Oestreich immer noch seinen Feind und in Frankreich dessen Verbündeten sah, von einem Bündniß mit England, wo die Schwankungen des Parlaments auch die Richtung der Negierung änder- ten, wenig Hülfe erwarten konnte, schloß er sich an die Kaiserin Katha- rina an. Für ihn und sie war die Frage nach der Wiederbesetzung des Thrones in dem zwischen ihren Staaten gelegenen Lande von Wich- tigkeit. Man war schon daran gewöhnt, dem Lande eine Selbstständig- keit gar nicht mehr einzuräumen, und im siebenjährigen Kriege hatten Preußen und Rußland den Boden Polens nach Umständen wie eigenes Gebiet behandelt. Das Land in dieser Weise weiter zu behandeln, schien daun am möglichsten, wenn es ein Mitglied des einheimischen Adels zum Könige erhielte, da ein solches bei denjenigen, die seines Gleichen gewesen, am wenigsten Unterwürfigkeit finden und daher am meisten bei den Nachbarmächten Hülfe zu suchen genöthigt sein würde. Dieser Ansicht gemäß einigten sich Katharina und Friedrich im Jahre 1764, als sie ein Schutz- und Trutzbündniß auf acht Jahre schlossen, über Maßregeln, welche die Wahl des von Katharina persönlich ge- schätzten, feinen und gewandten Stanislaus Poniatowski sichern sollten. Das Erscheinen russischer Truppen in der Nähe von Warschau und preußischer in dem polnischen Preußen erreichte diesen Zweck. Sehr bald bildete sich in Polen eine Partei, die dem Könige verwandte Fa- milie Czartoriski an der Spitze, welche dem Staate durch Verbesserung seiner Verfassung eine größere Unabhängigkeit zu verschaffen suchte. Da aber die Unabhängigkeit nach Außen von Seiten vieler Einzelnen Opfer zu Gunsten des Ganzen erheischt hätte, fehlte es nicht an heftigem Widerstreben. Dieses Widerstreben fand Schutz bei den beiden Nach- barmächten, die nun als Erhalter der polnischen Verfassung auftraten, weil dieselbe ihnen gegenüber das Land wehrlos zu erhalten diente. Eine fernere Gelegenheit zur Einmischung ergab sich durch die Verhält- nisse der Dissidenten, zu welchen auch die nicht unirten oder nicht zur Kirche zurückgekehrten Griechen gerechnet wurden. Diese hatten in Bezug aus den Antheil an dein Staatsleben immer mehr Beschränkun- gen erfahren, und da sie jetzt bei der Partei zweckmäßiger Verfassungs- änderung Widerspruch gegen ihre Forderungen fanden, verstärkten sie die Partei derjenigen, die sich an das Ausland anschlossen. Während der König ohne alle Haltung war, spielte der russische Gesandte Repnin, der eine große Anzahl russischer Truppen im Lande hatte, den Gebieter. Zugleich kam die alte Sitte der Polen, für besondere Parteizwecke förmliche Verbindungen oder Conföderationen zu schließen, in sehr aus- gedehnter Weise in Anwendung. Eine zu Radom geschlossene Conföde- ration diente dem russischen Gesandten zum Mittel, einen Reichstag zu

67. Viertehalb Jahrhunderte - S. 1014

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
1014 Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes. ausgerufen, worauf Victor Emanuel die Krone seinem Bruder Karl Felir übergab. Solchen Bewegungen zu begegnen, eröffnten die Be- herrscher von Rußland, Preußen und Oeftreich im Jahre 1820 eine Berathung zu Troppau, welche im Jahre 1821, ohne daß der König von Preußen dahin folgte, nach Laibach verlegt wurde. Es ward be- schlossen, in den Staaten, deren Ordnung erschüttert war, den alten Zustand mit Waffengewalt herzustellen. Die Glieder des Bundes hatten indessen nicht nöthig, eine große Truppenmacht zu entfalten, da die Da- zwischenkunft Oeftreichs schon ausreichte, den Beschluß im Jahre 1821 in Neapel und Sardinien in Vollzug zu bringen. Neue Berathungen, die im Jahre 1822 in Verona ftattfanden, befestigten die Mächte des heiligen Bundes in ihren gegen das Revolutionswesen gerichteten Ent- schlüssen. Frankreich erhielt den Auftrag, die Revolution in Spanien, wo sie begonnen hatte, zu unterdrücken. Es entledigte sich dieses Auf- trages ohne große Schwierigkeit. Das Heer, das unter lebhaftem Widerspruche der dem. Königthume in Frankreich entgegenstehenden Parteien der Herzog von Angoulöme im Jahre 1823 über die Bi- dassoa nach Spanien führte, bahnte sich leicht den Weg nach Cadiz, wohin sich die Cortes mit dem Könige zurückgezogen hatten. Das Glück der französischen Waffen versetzte die Cortes in die Nothwendigkeit sich aufzulösen und gab dem Könige die volle Negierungsgewalt zurück. Einzelne von den Liberalen ausgehende Aufstandsversuche wurden unter- drückt. Gleiches Schicksal traf ähnliches Beginnen, das von der die alte Ordnung Spaniens vertretenden Partei, der apostolischen, ausging, als dieselbe sich einem im neueren Sinne, ohne Rücksicht auf die kirch- lichen Ansprüche mit unbedingter Herrschergewalt auftretenden König- thume widersetzte. Das französische Heer griff in diesen Verlauf nicht ein, da in der Absicht des heiligen Bundes nur Bekämpfung der demo- kratischen Bestrebungen lag, von denen man befürchtete, daß sie sich an- steckungsweise über Europa verbreiten und durch Erschütterung der Throne allen staatlichen Bestand in Frage stellen möchten. Die franzö- sischen Siege in Spanien hoben aber zugleich auch die Sache des König- thums in Frankreich, dessen Gegner ein Mißlingen des Heereszuges gehofft hatten, um der Sache, die man jenseits der Pyrenäen vergeblich angreife, auch diesseits derselben zum Siege zu verhelfen. In Portugal trat unter dem Eindrücke der spanischen Vorgänge ohne fremde Mit- wirkung ein Rückschlag ein. Des Königs zweiter Sohn Dom Miguel vernichtete im Jahre 1823 die im Aufstande erschaffene Constitution mit Hülfe einer ihm ergebenen Heeresabtheilung. Die Verfolgung des ein- geschlagenen Weges führte ihn zu dem Bestreben, sich an die Spitze der Regierung zu stellen, damit er die der Krone und der Religion feindliche Partei, von der er seinen Vater beherrscht glaubte, gänzlich

68. Mancherlei für Jung und Alt - S. 37

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
37 Mauerwerk, im Gezweig und Genist, so dag er einer Maus ähnlicher erscheint, als einem Vogel. Dank dieser Behendigkeit entgeht er den vielen Feinden, welche auch ihn bedrohen, kriechend und durch das Dickicht huschend; aber das Fliegen versteht er bloß in geringem Grade. Gewöhnlich schwirrt er nur über kurze Räume niedrig und in gerader Linie fort, und bei aller Anstrengung bringt er es höchstens zu flachen, kurzen Bogen, deren Höhen er mühselig zu erklimmen scheint. Im Freien ist er verloren, trotz seiner Flügel; ein Mensch kann ihn in kürzester Zeit so ermüden, daß er sich willig gefangen giebt. Sein Reich ist das Buschdickicht: je undurchdringlicher, um so besser. Hier bekundet er auch sein eigentliches Wesen. Stolz und keck zeigt er sich ab und zu auf den höchsten Spitzen der Gebüsche, den kleinen Stnmpfschwanz kühn in die Höhe gerichtet, mutvollen Auges um sich blickend und aufmerksam seine Umgebung betrachtend. Sobald er etwas Merkwürdiges bemerkt, macht er schnelle Bücklinge und stelzt den Schwanz noch höher als gewöhnlich. Den Menschen rechnet er nicht zu seinen Feinden; denn er beweist ihm viel Vertrauen und treibt sich ohne Scheu in seiner Rühe umher; dagegen stößt ihm der Anblick einer Katze oder eines Raubvogels große Furcht ein, und er giebt dieser dann sofort durch ein schnell wiederholtes „Zeck- zeck" Ausdruck. Seinen Gatten lockt er durch ein weitschallendes „Zerrrr", und diesen Ton wendet er auch zur Begrüßung befreundeter Wesen an. Der ebenso reichhaltige als angenehme Gesang besteht ans vielen hell- pfeifenden Tönen, welche ab und zu durch einen kunstvollen Triller unterbrochen werden. Ein gut schlagender Kanarienvogel kommt dem Zaunkönig im Gesang noch am nächsten; aber dieser hat weit mehr Feuer und singt auch viel fleißiger, nicht bloß im Frühling und Sommer allein, sondern auch im Winter bei strenger Külte. Sofort nach dem Singen stürzt er sich von dem gewählten höhern Zweige senkrecht in das Buschdickicht herab, huscht in diesem fort und erscheint dann gelegent- lich an einer andern Stelle, ungefähr in der gleichen Höhe, zu neuem Singen. Schon Ende März beginnt das Paar mit dem Bau seines Nestes, denn hierzu braucht es Zeit. Das Nest ist nach dem Standorte sehr verschieden, immer aber prachtvoll und ganz unverhältnismäßig groß. Seine äußere Lage besteht gewöhnlich ans dürrem Laub, welches mit größter Sorgfalt ausgewählt wird, damit es der nächsten Umgebung des Nestes entspricht; darauf folgt eine dicht gefilzte Lage von grünem Moos und innen zur Ansfütternng ein wirkliches Bett von Federn, welche aber alle sehr glatt gelegt werden. Immer ist es bedeckt und mit einem seit- lichen Eingangsloche versehen. Es steht in Reisighanfen und Holzstößen, in Zäunen, zwischen dein Gewnrzel der Stämme, in Vaumhöhlen, Klüften
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