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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Der Regierungsbezirk Lüneburg - S. 18

1895 - Lüneburg : Herold & Wahlstab
— 18 — der die Ämter unter sich hatte und die Einzelsachen seines Bezirks erledigte, die wichtigeren aber vom Ministerium in Hannover entscheiden ließ. Auf Georg Iv. folgte fein Bruder Wilhelm Iv. In das Jahr des Regentenwechsels (1830) fiel wie ein Donner- schlag die Julirevolution in Frankreich. Wäre die Unzu- friedenheit nicht schon hoch gestiegen, so hätte die revolu- tionäre Idee keinen Boden finden können. Von Südhannover pflanzten sich die Wellen der Bewegung in die Landdrostei Lüneburg fort, glücklicherweise ohne bemerkenswerte Störungen. Versprechungen des Königs stillten die Unzufriedenheit nicht mehr. Dazu brach im Oktober 1831 in Hamburg die Cbolera aus, die, gleich wie im Spätsommer 1892, auch im Norden des Lüneburgschen zahlreiche Opfer forderte. Nach mehr- jährigen Verhandlungen kam endlich das Staatsgrundgesetz zustande. Der Bauer konnte nun auch seine Abgeordneten in die Ständeversammlung senden und den Anmaßungen des Adels das Gleichgewicht halten. Leider wurden vom König Ernst August die Rechte des Volkes bald bedeutend ge- schmälert. Unter den erlassenen Gesetzen ist das vom Jahre 1843 für den Landmann von größter Bedeutung geworden, nämlich die Verkoppelung und Gemeinheitsteilung. Die Äcker wurden zusammengelegt, so daß der Bauer Zeit und Kraft sparte. Die Gemeinheiten verwandelten sich in Äcker, Wiesen und Gärten. Obwohl manches Gute geschaffen wurde, fühlte sich das Volk doch nie behaglich. Auch unter dem letzten Könige, Georg V., blieb eine geheime Erbitterung. Der König neigte überdies in seiner Politik zu Österreich, und diese Neigung besiegelte 1866 Hannovers Schicksal. Alle friedlichen Anerbietungen Preußens nach der Schlacht von Langensalza scheiterten an der Selbstverblendung des Königs. Und so kam es, daß Hannover eine preußische Provinz ward. Bei der Annexion Hannovers hatte König Wilhelm von Preußen feierlich versprochen, die bestehenden, bewährt gefundenen Einrichtungen der Provinz möglichst schonen und uns ein milder, gnädiger König sein zu wollen. Das han- noversche Gebiet blieb unverändert. Der Provinzialregiernng ward jährlich die Summe von Ivz Mill. Mark überwiesen

2. Leitfaden in zwei getrennten Lehrstufen für den geographischen Unterricht in höheren Lehranstalten - S. 75

1852 - Osnabrück : Rackhorst
75 2. Kirghisensteppe = 30,000 U!M. e. 2 Mill. E. in 3 Horden. 3. Kaukasien — c. 5000 Him. 3 Mill. E. Freie Bergvölker. Parsen od. Feueranbeter. — Transkaukasien od. Georgien (Tiflis 40, — deutsche Kolonien), Jmiretien (Kutais 6,), Mingrelien u. Ar- menien (Eriwan 15,). Caspische Prov. od. Schirwan u. Daghestan. Ii. Kaiserthum China (das himmlische Reich, — Reich der Mitte).— An 265,000 Ihm. mit c. 365 Mill. E. — 1. Das eigentliche China (sprich Schina) — c. 70,000 Um. u. dicht bevölkert. — Gegen W. u. N. durch hohe Gebirge u. Wüsten abgeschlossen (Große Mauer 300 M. l.), die Küsten abgewendet von Europa. Daher auch ganz eigenthümliche Entwickelung der Chinesen, in deren Charakter viele Widersprüche: — große Betriebsamkeit, Ausdauer im Unglück, kindliche Pietät, aber auch Haß gegen alles Fremde, nationale Selbstüberschätzung, und daher lange schon Stillstand der einst bedeutenden Bildung; — knechtische Kriecherei in Folge einer ins Kleinliche sich verlierenden, despotischen, bestechlichen Verwaltung; — nur Empfänglichkeit für finnliche Genüsse (Opiumrauchen), Habsucht, List, Falschheit. — Die vielen Niederlagen jedoch im (Opium-) Kriege mit England haben die Schwächen der Regierung aufgedeckt und ihre Auctorität geschmälert; seitdem lebhafte sociale Bewegung in den höheren Classen, offener Wi- derstand gegen Regierungs - Verfügungen, bewaffnete Aufstände. — Mandschu - Dynastie. Mandarinen. — Religionen des Confutse, des Lao, Buddhismus. Bedeutende Industrie, doch ohne Maschinen. (Weberei, Porcellan, Tusche rc.) -— Äußerst sorgfältiger Ackerbau; fast nur Reis gebaut. Dürre und Ueberschwemmungen vernichten oft die Ernten und richten furchtbares Elend an. — Viehzucht verhältnißmäßig gering; am be- liebtesten das Schwein. — Ausfuhr hauptsächlich nur Thee (Engl, bezieht jährlich c. 52, Ver. Staaten v. Nam. 16, Rußl. 8 Mill., Frankr. 600,000 Pf.) und rohe Seide (Engl, jährlich 2 Mill. Pf.). — Einfuhr: aus engl. Indien Opium für jährl. 120 Mill. Francs, Baumwolle für 30 Mill. Frcs., außerdem engl. Twist und Baum- wollenfabrkcate für 33, Wollenwaaren für 11 Mill. Frcs.; auch ruff. u. deutsche Fabricate über Kiächta. — Große Achtung vor den Wissen- schaften. — Schießpulver, Compaß, Buchdruckerkunst. — Lebhafter innerer Verkehr; viele Canäle, der Kaiser Canal 120 M. l. — Zunehmende Auswanderung nach dem ind. Archipel, Malacca, Siam, Kalifornien, Centro-America, Sandwich Zi. ic.— Lebhafterer Fremdenverkehr, seit- dem Engl, im Frieden v. 1842 größere Handelsfreiheit und Eröffnung der 5 Häfen v. Kanton, Amoi, Futschaufu, Ningpo, Schanghai für alle Nationen erzwungen; — Handelsverträge mit mehren europ. Nationen. Peking H. 2 Mill. E. — Nanking 1 Mill. E., Kanton. — In der Bocca Tigris die I. Macao 2v, E. portug., — ferner die günstig gelegene, aber nnfruchtb. u. ungesunde I. Hongkong mit der Stadt Victoria, engl. — Die Ii. Formosa, Hainan, Liemkkeu Gruppe. 2. Tübbet. Ackerbau, noch mehr Viehzucht. Höhere u. edlere Bil- dung, als in China. Buddhismus, Dalat Lama, 84,000 Priester. — H'laffa 25, — Ladak. — 3. Tatarek, kleine Bucharei: Kaschgar,

3. Teil 2 - S. 43

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Die Deutschseindschast in neutralen Ländern. 43 Stürme am Isonzo gemacht, aber es war alles ohne Erfolg. Sie stehen noch heute da, wo sie am Anfang standen, und ihr Erobe-rungsminister wartet noch immer vergeblich auf die Eroberungen. Ganz so leicht wie bei Italien ist es den Engländern in den andern Ländern ja nicht geworden, gegen uns zu Hetzen. Aber sie haben es verstanden, doch überall die demokratischen Parteien, die für die Freiheit kämpfen, gegen uns aufzureden. Wir werden später noch hören, wie sie das besonders auf der Balkanhalbinsel getrieben haben. And daß sie dort nicht grade viel Erfolg gehabt haben. Auch sonst haben die Neutralen sich von England nicht mehr viel vormachen lassen, seildem sie sahen, daß Deutschland und Österreich-Ungarn überall siegreich blieben. Wenn auch viele Leute auf uns geschimpft haben, die Staaten selber sind doch alle unparteiisch geblieben, nur von einem ganz großen Reich müssen wir noch reden, in dem allerdings die Englandfreunde gewaltige Macht errungen haben. Das sind die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Die Vereinigten Staaten sind eine Repubik, und zwar eine, in der sich die Bürger besonders viel auf ihre Freiheit einbilden. Und dazu kommt, daß die meisten Bewohner dieses riesigen Landes aus England stammen und englisch sprechen. Ihr wißt ja alle, wie die Staaten in Amerika entstanden sind. Sch.: Kolumbus hat Amerika entdeckt. Da wohnten bloß Indianer. Dann sind sehr viel Auswanderer aus Europa hingefahren und haben dort Staaten gegründet. Nun müßt ihr wissen, daß damals England bereits ein sehr mächtiger Seestaat war, aber Deutschland hatte noch gar keine Flotte und hatte auf dem Meere nichts zu sagen. Lind so ist es gekommen, daß die Engländer dort die Meisten waren und vor allen Dingen am meisten zu sagen hatten. Freilich sind auch damals schon, und mit der Zeit immer mehr, Deutsche nach Amerika gekommen. Aber die hatten selber so große Achtung vor den Engländern, daß sie gar nicht schnell genug englisch sprechen lernen und sich als Engländer ausspielen konnten. Und wenn da einer 'rüberging, der Eduard Schmidt hieß, dann dauerte es gewiß nicht 3 Wochen, dann nannte er sich Edward Smith. Und schon seine Kinder wußten gar nicht mehr, daß sie eigentlich von Rechts wegen Deutsche waren. So find die Engländer in Amerika immer mächtiger geworden, und von

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 17

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. 17 gewesen. Diese Befugnis der Partikularstaaten war um so mißlicher, als drei fremde Könige Mitglieder des Bundes waren, England für Hannover, Niederland für Luxemburg, Dänemark für Holstein. Ohne Zweifel wurde die Regierung dieser Bundeslande nicht nach deutschen, sondern nach fremden Interessen geführt, und bald genug sollte sich die Gefahr dieser Zwitterstellung nicht bloß für die darin befindlichen Territorien, sondern für das ganze öffentliche Leben Deutschlands zeigen. Daß die Präsidialmacht des Bundes, Österreich, bei dem Übergewicht ihrer außerbüudischeu Kroulande kaum ein wärmeres Herz als jene drei Höfe für die deutschen Interessen haben konnte, braucht nicht weiter erörtert zu werden. Vollendet wurde die Uusicherheit aller dieser Dinge dnrch die Aufnahme des deutschen Lersassuugsgesetzes in die Wiener Kongreßakte, welche die fünf Großmächte nebst Schweden, Spanien und Portugal zur Regelung des gesamten europäischen Zustandes vereinbarten. Österreich und Preußen hatten diese Maßregel in dem guten Glauben betrieben, daß damit die Sicherung des Bundes gegen fremde Eingriffe durch Europa gewährleistet sei. Ganz anderer Meinung aber war man in Petersburg, Paris und London; nachdem die Bundesakte als Teil der Kongreßakte unter den Schutz der Mächte gestellt sei, dürfe auch Deutschland ohne die Erlaubnis der Garanten daran nichts ändern, stehe also unter europäischer Vormundschaft, genau so wie im 18. Jahrhundert Polen unter der russischen gestanden hatte. Der Zweifel war um so gefährlicher, als vom ersten Tage an recht viele deutsche Fürsten keine Bedenken trugen, bei innern Nöten oder nachbarlichen Händeln den hohen Schutz vornehmlich des russischen Kaisers anzurufen; soweit wie auf diplomatischem Wege möglich, lehnten wohl die beiden Großmächte derartige Einmischung ab, aber erst als im Jahre 1831 gegen einen von jenen veranlaßten Bundesbeschluß die drei fremden Großmächte als Garanten der deutschen Verfassung einen förmlichen Protest anmeldeten, wies der Bundestag unter Preußens Vorgang die Anmaßung des Auslandes grundsätzlich zurück. Die Fremden ließen daraus den einzelnen Fall auf sich beruhen, hielten aber ihren Anspruch aufrecht, und haben ihn, wie wir sehen werden, noch oft in gefährlicher Weise durchzusetzen versucht. Die wichtigste Forderung eines großen Volkes, die nationale Unabhängigkeit, war somit für Deutschland, am Abschluß seines glorreichen Befreiungskriegs, aus einem anerkannten Rechtssatz zu einer offenen Machtfrage geworden. Müller, Geschichtliches Lesebuch. q

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 20

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
20 Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. tage, und dessen unbehülflichen und schleppenden Rechtsformen in so drängender Not nichts auszurichten sei. Man mußte auf andere Weise die Hände der den Bund leitenden Gewalten starken. Der Bundestag war eine durch die Paragraphen der Bundesakte organisierte Anarchie; nach der alten Regel sollte also die Anarchie durch den Staatsstreich abgelöst werden. Ein solcher aber war nicht möglich ohne Preußens Beihülfe, und ob diese zu erlangen wäre, konnte nach Preußens Stellung zum Bunde sehr fraglich erscheinen. Da geschah, daß aus einer kleinen, von der Mehrheit stets ab^ gewiesenen Gruppe der Burschenschaft zwei junge Fanatiker ausgingen, von denen der eine den Dichter Kotzebue als angeblichen Fürstenknecht und russischen Spion erdolchte und der andere gleich nachher einen Mordversuch gegen den Nassauer Präsidenten, Herrn von Jbell, machte. Das Aufsehen, welches diese Frevelthaten hervorriefen, war unermeßlich; auch König Friedrich Wilhelm und Hardenberg waren ebenso erzürnt wie erschrocken, und sehr begreiflich war es, daß der König eine strenge Untersuchung des Demagogentunis au allen preußischen Universitäten verfügte. Leider wurden aber die beiden Attentate auch der Vorwand für eine lärmende Bewegung aller alten Widersacher der von Stein 1808 eingeschlagenen und von Hardenberg fortgesetzten Reformpolitik. Jene Untersuchung geriet unter die Leitung bnrean-kratischer und feudaler Absolutisten, und auf die Gesinnung, mit welcher sie dann geführt wurde, wirft nicht bloß ihre überall angewandte Willkür und Roheit, sondern vor allem der Umstand ein grelles Licht, daß die Männer, die an erster Stelle den Geist der Befreiungskriege erweckt und genährt hatten, Stein und Gneisenan, Schon und Justus Grüner, Schleiermacher und Arndt, Jahn und Görres, von den Proceduren dieses Gerichts betroffen oder doch in seinen Akten verdächtigt wurden. Sodann aber erhob Metternich seine Stimme. In pompösen Erklärungen stellte er das rote Gespenst seinen geängsteten Bundesgenossen vor die Augen, eine ungeheuere, durch ganz Deutschland verzweigte Verschwörung, der nur mit vereinter Kraft und schnellstem Vorgehen begegnet werden könne. So gewann er Preußens Zustimmung zu dem Plane, eine kleine Zahl zuverlässiger Regierungen in Karlsbad zu versammeln, mit ihnen die nötigen Beschlüsse zu vereinbaren und dann den Bundestag zu sofortiger einstimmiger Annahme derselben zu zwingen. Neun Minister vereinten sich demnach 1) 23. März 1819.

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 22

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
22 Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. derselben in Eid und Pflicht der Bundesgewalt nehmen, alles zum Schutz der innern Sicherheit. Auf diesem Wege eröffnete sich für Kaiser Franz die Aussicht, nicht gerade, wie Metternich jubelte, die Stellung eines deutschen Kaisers zu gewinnen, wohl aber der Chef einer allmächtigen deutschen Polizei zu werden. Es war ein energisches Heilverfahren, welches Metternich zur Beschirmung der deutschen Souveräne gegen die demagogische Seuche anzuwenden gedachte. Die Frage war nur, ob den Patienten das Heilmittel nicht gefährlicher als die Krankheit erscheinen würde. In der That war eine große Anzahl der deutschen Höfe trotz ihres Abscheues gegen Demagogen und Zeitungsschreiber mit dem Karlsbader Staatsstreich wenig zufrieden. Mehrere mißbilligten den Inhalt der dort gefaßten Beschlüsse, fast alle zürnten über die Rücksichtslosigkeit und Rechtswidrigkeit des Verfahrens. Selbst Bayern und Württemberg, welche doch so tapfer in Karlsbad mitgearbeitet hatten, empfanden nachher Bedenken über die Tragweite der dort bethätigten Grundsätze und die möglichen Konsequenzen für die Unabhängigkeit der Einzelstaaten. Unter diesen Umständen wurde eine in Berlin sich vollziehende Wendung entscheidend. Nicht ans Abneigung gegen Österreich, sondern ans Momenten der innern Politik ging sie hervor. Zwei große Fragen kamen dabei in Betracht. Das berühmte Gesetz vom 22. Mai 1815 hatte Preußen eine reichsständische Verfassung in Aussicht gestellt, zeitgemäße Neugestaltung der Provinzialstände, und aus diesen hervorgehend eine Repräsentation des Volkes, Reichsstände mit beratender Stimme bei Gesetzen über Person und Eigentum, einschließlich der Besteuerung. Es war ein sehr mageres Gericht für den Hunger der liberalen Parteien: Volksvertreter, nicht vom Volke gewühlt, mit enger Kompetenz und innerhalb derselben nur mit beratender, nicht mit beschließender Stimme. Indessen, wie immer beschaffen, eine Verfassung hatte das Gesetz dem Volke verheißen; alle Liberalen warteten ungeduldig der Erfüllung der Zusage, und Hardenberg war fort und fort mit den Vorarbeiten dafür beschäftigt. Nun stieß er aber bei jedem Schritte auf den hartnäckigen Widerstand jener Adelspartei, die feit 1808 Steins und seine eignen Reformpläne bekämpfte, und vernahm aus Karlsbad, daß Metternich ganz nach deren feudalem Sinn die Verfassungen der Einzelstaaten zu gestalten wünsche. Sofort war er entschlossen, eine solche Einmischung der Bundesgewalt nimmermehr zu gestatten. Dazu kam, daß ein preußisches Gesetz von 1818 die Er-

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 136

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
136 Ix. Oncken, Die Trennung von Österreich und der preußische Erbkaiser. Gesamtstaates stehen werden. Dies ist nur möglich durch Wahl, nicht durch Erbgang. Hier war freies Feld, hier war offene Bahn für wahre und kühne Gedanken, und ich glaube, daß das deutsche Volk für solche Gedanken empfänglich ist. Man wendet wohl ein, was vermag ein einzelner Mann, ohne Hausmacht, ohne dynastischen Glanz? Aber, meine Herren, in jener Zeit, als wir noch im deutschen Volk einen volleren Rückhalt hatten, als die Staatsmänner noch nicht darauf verzichten mußten Volksmäuuer zu sein, wenn wir damals einen Mann gewählt hätten, einen solchen, der in der ganzen Größe bürgerlicher Einfachheit, durch den Adel freierer Gesinnung auch die rohe Gewalt zu bändigen, die verwilderte Leidenschaft in die rechte Strömung zu lenken verstanden hätte, einem solchen wäre das gesamte deutsche Volk eine Hausmacht gewesen." Bei diesen Worten dachte Uhland an Heinrich von Gagern, den er zum Reichsverweser, ja zum Reichsoberhaupt hatte haben wollen und auf den sich auch sein berühmtes Schlußwort bezog: „Glauben Sie, meine Herren, es wird kein Haupt über Deutschland leuchten, das nicht mit einem vollen Tropfen demokratischen Öls gesalbt ist." Auch bei dieser Abstimmung fiel für ihn alles entscheidend ins Gewicht, was er den Ausschluß Österreichs nannte, denn die österreichischen Brüder waren ihm ans Herz gewachsen: „Manchmal, wenn in diesem Saale österreichische Abgeordnete sprachen und wenn sie gar nicht in meinem Sinne redeten, war mir doch, als ob ich eine Stimme aus den Tiroler Bergen vernehme oder das adriatische Meer rauschen höre". Dahlmann sagte'), die Aufgabe, die erbliche Kaiserwürde zu verteidigen, komme ihm vor, wie wenn er den Auftrag übernommen hätte, auf das Einmaleins eine Lobrede zu halten: denn das Einmaleins der deutschen Dinge fordere die Vorherrschaft Preußens über Deutschland und eine Macht wie Preußen könne man nicht auf Probe berufen, nicht auf drei, sechs, zwölf Jahre anstellen. „Ich verdamme niemandes Abstimmung, allein ich würde glauben, gebrochen zu haben mit allem, was mir vaterländisch teuer und heilig ist, gebrochen zu haben mit meinem Vaterlande, wenn ich anders meine Stimme abgäbe als für die Einheit Deutschlands, für die erbliche Krone meines deutschen Vaterlandes. So bin ich gesonnen und werde so gesonnen bleiben und bis an mein Ende den Glauben festhalten, daß eine unbegreifliche Barmherzigkeit des Himmels uns vielgeprüften Deutschen 1) Vgl. Nr. X, 2.

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 140

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
140 Ix. Duden, Die Trennung von Österreich und der preußische Erbkaiser. alle Brücken hinter sich ab, verbrannte seine Schiffe und erklärte, er habe für seine Pflicht gehalten, alle Mittel zu erschöpfen, ehe das verhängnisvolle Wort der Trennung gesprochen werde. Jetzt seien sie erschöpft, die Minister Österreichs selbst hätten die Trennung vollzogen, denn ans ihrer „babylonischen Verfassung" gehe klar hervor, daß von lhnen die Vereinigung Österreichs in den Bundesstaat nicht zu erwarten sei, und nun dränge die Zeit, das übrige Deutschland desto fester, desto stärker, desto inniger zu verbinden. „Wenn ich hier Hinblicke auf meine alten Freunde, so werde ich vielleicht einem kleinen Triumph in Ihren Herzen, wenn nicht in Ihren Mienen begegnen, daß Sie schon vor Wochen und Monaten und ich erst so spät das Richtige erkannt hätte. Seien Sie stolz darauf, wenn Sie wollen, aber vergeben Sie mir, auch ich bin — obwohl jetzt mit traurigem Herren — stolz darauf, daß ich, so viel wie möglich war, mit allen Kräften eine Verzögerung der Trennung bewirkte. Wir haben viel dadurch gewonnen, und Sie selbst, gerade die eifrigsten Anhänger der preußischen ^aifeikroue müsseu mir danken ^ denn, meine Herren, denken Sie, wenn an dieser Krone ein Flecken geklebt hätte, ein Vorwurf, ein Schein einer Schuld, daß sie Deutschland zerrissen hätte, wenn der Gedanke entstanden wäre, durch voreilige oder eigennützige Beschlüsse wäre Österreich Hinausgetrieben worden, oh, dann wäre diese Krone nicht so viel wert, nicht so wohlthätig schützend." Erschloß unter stürmischem Beifall der Rechten und der Mitte: „Ich fage nichts weiter als: das Vaterland ist in Gefahr, retten Sie "das Vaterland." Dem Antrag Welcker war eine erdrückende Mehrheit gesichert, wenn jetzt wenigstens die Österreicher ausschieden aus einer Versammlung, in der sie schlechterdings nichts mehr zu suchen hatten. Diesen Österreichern hatte Dahlmann gleich nach dem Erscheinen des Erlasses vom 4. Februar durch die „Deutsche Zeitung" ernsten Vorhalt gemacht. Umsonst, sie waren geblieben, um mit der Linken weiter zu stimmen gegen den Erbkaiser und für alles, was einem König von Preußen die Annahme einer Kaiserwahl unannehmbar machte, und für das Unannehmbarste von der neuen Verfassung galt außer dem bloß aufschiebenden Veto das allgemeine, unmittelbare Wahlrecht, das sie mit hatten durchsetzen helfen. An die Deutschen aus Österreich richtete auch Welcker die ergreifendsten Sätze der ergreifenden Rede, die er am 17. März hielt als der Bericht des l) Vgl. Nr. X, 3.

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 158

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
158 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. eines deutschen Parlamentes soll unserem Volke nicht werden. Das national-staatsrechtliche Band, welches die zerrissenen Glieder des deutschen Vaterlandes einigen soll, soll aufgegeben werden. Aber was bietet uns nun diese neue Kabinettspolitik an, meine Herren? Ich weiß es nicht, habe ich eigentümliche Gefühle, beherrschen mich Idiosynkrasien, oder habe ich ein natürliches Gefühl, daß die deutsche Nationalehre, daß die vaterländische Ehre übereinstimmen, wenn Sie in den Ansichten von der hohen Ehre des Vaterlandes ebenso übereinstimmen rote in dem Gefühle, dafür zu leben und zu sterben, so müssen Sie mit Schamröte, mit Empörung erfüllt werden, wenn Sie lesen, was man Ihnen bietet. 38 Millionen Österreicher sind zu fünf Sechsteilen aus Feinden der Deutschen zusammengesetzt. Haßt der Pole nicht den Deutschen? Das Nationalgefühl der Italiener ist gegen den Deutschen wie das des Polen, und ebenso ist die slavische Eifersucht gegen Deutschland, die, wie ich aus dem Munde der Führer der Slavenpartei horte, klagt über eine halbtausendjährige Unterdrückung von Deutschland, die nun umgekehrt werden soll. — Mit diesen fünf Sechsteilen nicht sehr deutschgesinnter Bestandteile sollen wir verbunden sein, und diese 38 Millionen sollen alljährlich im Staatenhause re- präsentiert sein neben der Bevölkerung von 31 Millionen. Wir haben es aus dem Munde von unseren Abgesandten nach Wien gehört; wenn es aber nicht so wäre, es verstände sich ganz von selbst. Glauben Sie, die kaiserliche Regierung dürfte den anderen Nationen bieten, daß sie weniger gelten als die Deutschen? Das kann nicht sein nach dem Rechte der Gleichberechtigung. 38 Millionen sollen im Staatenhause repräsentiert sein neben den Repräsentanten von 31 Millionen; so, meine Herren, ist zum voraus das ganze übrige Deutschland in der Minorität gegen die von nichtdeutschen Sympathieen beherrschten Österreicher. Ja, was wir noch weiter gehört haben, was wir ausdrücklich vernommen haben von unseren Abgesandten, was Sie lesen können in den Blättern der Partei, welche für die österreichische Sache spricht, ist dieses: Uns übrigen Deutschen soll es verwehrt sein, uns ebenso zu einigen, wie die 38 Millionen Österreicher geeinigt sind. Sie sind einig durch einen Erbkaiser, uns will man ihn nicht gönnen, sie sind geeinigt durch ein Volkshaus, wir sollen es nicht haben. Die sechs übrigen Kreise, bestehend aus Sachsen, Bayern, Württemberg, Baden rc., die sollen getrennt bleiben, nur in privatlichen Dingen sich vereinen, auf eine Repräsentation nach außen, auf Kriegs- und Friedensrecht sollen sie mit dem Könige von Preußen verzichten, sich nicht politisch

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 160

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
160 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. auf gleichen Fuß setzen mit Österreich durch Volkshaus und Erb-rnonarchie. Nur so können wir auch auf gleichem Fuße einen Staatenbund für Trutz und Schutz, Zoll- und Handelsverhältnifse erringen und eingehen. Wenn Sie sich bei der Trennung unserer Staaten in sechs Kreise auf ein nngeeinigtes Deutschland mit Österreich einlassen wollen, ich würde nein sagen, denn es ist Gefahr, daß das Gesamtwohl von ganz Deutschland verschlungen wird von dem meist undeutschen Österreich. Wir müssen ebenso kräftig und einig sein wie das gesamte Österreich, um mit ihm auf gleichem Fuße zu unterhandeln. Sieben Millionen werden wir weniger haben, das werden wir aber dnrch innere Entwickelung zu ersetzen suchen. Aber wir können Österreich nicht zersplittert entgegentreten. Dann, meine Herren, wird die Stimme Deutschlands besser Gehör finden in Österreich, als jetzt unsere Abgeordneten gefunden haben. Das aber glauben Sie mir, abgesehen von allen anderen Gefahren wird dieser Gegensatz zwischen Österreich und Deutschland schon allein die feindlichen Gelüste aufrufen. Österreich hat uns erklärt, es wolle von feinem alten Bundesrechte nicht lassen; wir wissen seine Erklärung, es will dieses Erbkaisertnm nicht, es will ihm entgegentreten, — wie? das wird die Zeit lehren. Anders vielleicht, wenn es seine ungarische und italienische Armee disponibel hat, anders, wenn wir dem zuvorkommen. Aber es liegt hier eine so offenbare Verletzung des Rechtsverhältnisfes vor, daß ich nicht umhin kann, Sie darauf aufmerksam zu machen, wenn Sie jetzt noch neue Verhandlungen suchen. Meine Herren! Gestützt auf den alten deutschen Bund, verlangt Österreich, wir sollten uns nicht so ausbilden, wie wir es für des Vaterlandes Ehre, Freiheit und Kraft notwendig halten, und wer ist es, der diesen alten Bund völlig gebrochen? Österreich durch seine definitive Verfassung. Die deutschen Länder in der großen Minderheit untergeordnet den anderen außerdeutschen Nationen im Reichsparlamente, wie kann bei ihnen noch die Herrschaft der alten Bundesgesetzgebung, wie können die Beschlüsse des alten Bundes für innere und äußere Sicherheit, Militärorganisation, Preßfreiheit, wie können alle diese Beschlüsse in den deutsch-österreichischen Provinzen Kraft und Gewalt haben? Die österreichische Verfassung steht mit dürren Buchstaben entgegen, und nicht wie in der deutschen Verfassung steht an der Spitze, daß die Bundesgrundgesetze gelten und entscheidend und bindend sind. Nein, mit keinem Sterbenswort hat man ihrer gedacht, der Bund ist ganz aufgelöst. Ich will nicht mehr davon sprechen, ich könnte Verletzungen
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