Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 415

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
61. Barbarossa im Kyffhäuser. 62. Otto von Wittelsbach (1155). 415 61. Barbarossa im Kyffhäuser. Bon Friedrich Rückert. 1. Der alte Barbarossa, Der Kaiser Friederich, Im unterird'schen Schlosse Hält er verzaubert sich. 2. Er ist niemals gestorben. Er lebt darin noch jetzt; Er hat im Schloß' verborgen Zum Schlaf sich hingesetzt. 3. Er hat hinabgenommen Des Reiches Herrlichkeit Und wird einst wiederkommen Mit ihr zu seiner Zeit. 4. Der Thron ist elfenbeinern, Darauf der Kaiser sitzt; Der Tisch ist marmelsteinern, Worauf sein Haupt er stützt. 5. Sein Bart ist nicht von Flachse, Er ist von Feuersgluth, Ist durch den Tisch gewachsen, Worauf sein Kinn ausruht. 6. Er nickt, als wie im Traume, Sein Aug', halb offen, zwinkt; Und je nach langem Raume Er einem Knaben winkt. 7. Er spricht im Schlaf zum Knaben: „Geh' hin vor's Schloß, o Zwerg, Und sieh', ob noch die Raben Herfliegen um den Berg. 8. Und wenn die alten Raben Roch fliegen immerdar, So muß ich auch noch schlafen Verzaubert hundert Jahr." 62. Otto von Wittelsbach (1155). Von I. B. Gotzmann. 1. Ans Welschland kehrt mit Schild und Schwert, Gefolgt von treuen Mannen Der Kaiser heim, des Uumuths Keim Im deutschen Land zu bannen ; Und an des Rothbarts Seite ritt, Der stets an seiner Seite stritt, Sein Schirm und Hort auf Schritt und Tritt, Des Reiches Pfalzgraf Otto. 2. Auf K o n r a d s Schloß sein Spielgenoß War er mit Leib und Leben In Freud' und Leid von jener Zeit Dem Freunde treu ergeben. Er eilt mit ihm zum Tiberstrom, Er stund ihm an der Seit' in Rom, Als festlich in Sankt Peters Dom Der Papst den Kaiser krönte. 3. Es liegt zerstört, was sich empört, Mit Mailand siel Tortona; Da waffnet sich Herr Alberich, Ein Ritter aus Verona, Zu hemmen Friedrichs Siegesflug, Und jetzt an ihm und seinem Zug Durch ausgeheckten welschen Trug Die welsche Schmach zu rächen. 4. Wo schroff und stark an deutscher Mark Die Felsen hoch sich thürmen. Und eingezwängt der Pfad sich engt, Von keiner Macht zu stürmen. Da hat er auf der nackten Wand, Fünfhundert Kämpen an der Hand, Sich ausgewählt den sichern Stand, Die Deutschen zu verderben. 5. Und als die Schaar gedrungen war Bis an des Hohlwegs Pforte, Da ruft mit Hohn in Blick und Ton Der Frevler diese Worte: „Du Bettelkaiser, sonder Ehr', Erst Rachesold und Lösung her. Geraubtes Gold und Waff' und Wehr, So ziehst du frei von dannen!" 6. Ein Felfenstück im Augenblick Rollt zu des Rothbarts Füßen, Und dieser spricht: „Verweg'ner Wicht, Du sollst den Schimpf uns büßen!" Und dreht sich um: „Herr Pfalzgraf, späht, Ob ihr nicht uns're Majestät, Die dieser Bube höhnt und schmäht. Vermögt an ihm zu rächen! 7. Ihr scheint allein der Mann zu sein, Zn enden solche Fehde!" Gar inniglich erfreute sich Herr Otto dieser Rede; Jhm^kocht das Wittelsbacher Blut In Stolz und Zorn und Rachegluth, Er faßt das Banner wohlgemuth, Zweihundert Ritter folgen. 8. Er klimmt hinan die steile Bahn Auf unbetret'nen Wegen, Und wo's dem Feind unmöglich scheint. Da stürzt er ihm entgegen. Und an ein wildes Hetzen ging's, Die Hiebe flogen rechts und links. Aus Schlucht und Felsen halte rings Das grausenvolle Jagen.

2. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 423

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
71. Kaiser Karl auf der Martinswand. 423 71. Kaiser Max auf der Martinswand. Von Anast. Grün. 1. Willkommen, Tirolerherzen, die ihr so bieder schlagt! Willkommen, Tirolergletscher, die ihr den Himmel tragt! Ihr Wohnungen der Treue, ihr Thäler voller Duft, Willkommen, Quellen und Triften, Freiheit und Bergesluft! — 2. Wer ist der kecke Schütze im grünen Jagdgewand, Den Gemsbart auf dem Hütlein, die Armbrust in der Hand, Deß Aug' so flammend glühet, wie hoher Königsblick, Deß Herz so still sich freuet an kühnem Jägerglück? 3. Das ist der Max von Habsburg aus lust'ger Gemsenjagd; Seht ihn aus Felsen schweben, wo's kaum die Gemse wagt! Der schwingt sich auf und klettert in pfeilbeschwingtem Lauf, Hei, wie das geht so lustig durch Kluft und Wald hinauf! 4. Jetzt über Steingerölle, jetzt über tiefe Gruft, Jetzt kriechend hart am Boden, jetzt fliegend durch die Luft! Und jetzt? — Halt ein, nicht weiter! Jetzt ist er festgebannt, Kluft vor ihm, Kluft zur Seite, und oben jähe Wand! 5. Der Aar, der sich schwingt zur Sonne, hält hier die erste Rast, Des Fittigs Kraft ist gebrochen, und Schwindel hat ihn erfaßt; Wollt' Einer von hier zum Thale hinab ein Stieglein bau'n, Müßt', traun, ganz Tirol und Steier die Steine dazu behau'n. 6. Wohl hat die Amm' einst Maxen erzählt von der Martinswand, Daß schon beim leisen Gedanken das Aug' in Nebeln schwand; Jetzt kann er's seh'n, ob dem Bilde sie treue Farben geborgt? Daß er's nicht weiter plaud're, dafür ist schon gesorgt. 7. Da steht der Kaisersprosse, Fels ist sein Througezelt, Sein Scepter Moosgeflechte, an das er schwindelnd sich hält; Auch ist eine Aussicht droben, so weit und wunderschön, Daß ihm vor lauter Schauen die Sinne fast vergeh'n. 8. Tief unten liegt das Innthal, ein Teppich lustig grün, Wie Fäden durch's Gewebe, zieh'n Straß' und Strom dahin. Die Bergkolosse liegen rings eingeschrumpft zu Hanf' Und schau'n, wie Friedhofhügel, zu Maxen mahnend auf. 9. Jetzt stößt er, Hülfe rufend, mit Macht hinein in's Horn, Daß es in Lüften gellet, als dröhnte Gewitterzorn; Ein Teufelchen, das kichert im nahen Felsenspalt: Es dringt ja nicht zu Thale des Hülserufs Gewalt. 10. In's Horn nun stößt er wieder, daß es fast platzend bricht; Ho, ho, nicht so gelärmet! Da hilft das Schreien nicht! Denn liebte ihn sein Volk nicht, was er auch bieten mag, Herr Max, er bliebe sitzen bis an den jüngsten Tag! 11. Was nicht das Ohr vernommen, das hat das Aug' geseh'n; Die unten sah'n ihn schweben auf pfadlos steilen Höh'n; Gebet und Glocken rufen für ihn zum Himmelsdom; Von Kirche zu Kirche wallfahrt der bange Menschenstrom. ^ 12. Jetzt an dem Fuß des Felsens erscheint ein bunter Chor, Von Priester inmitten weiset das Sakrament empor. Max sieht nicht das bunten Wimmeln auf ferner Thalesslur, Er sieht das blitzende Glänzen der Goldmonstranze nur.

3. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 463

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
107. Aus dem Schauspiel: „Wilhelm Tell". 463 Attinghaufen (hat ihn lange mit den Augen gemustert). Ja, leider bistdu's! Leider ist die Heimat Zur Fremde dir geworden! Uly! Uly! Ich kenne dich nicht mehr. In Seide prangst du, Die Pfauenfeder trägst du stolz zur Schau Und schlägst den Purpurmantel um die Schultern; Den Landmann blickst du mit Verachtung an Und schämst dich seiner traulichen Begrüßung. Rudenz. Die Ehr', die ihm gebührt, geb' ich ihm gern; Das Recht, das er sich nimmt, verweigr' ich ihm. Atting hausen. Das ganze Land liegt unterm schweren Zorn Des Königs — jedes Biedermannes Herz Ist kummervoll ob der tyrannischen Gewalt, Die wir erdulden — dich allein rührt nicht Der allgemeine Schmerz — dich stehet man Abtrünnig von den Deinen auf der Seite Des Landesfeindes stehen, uns'rer Noth Hohnsprechend nach der leichten Freude jagen, Und buhlen um die Fürstengunst, indeß Dein Vaterland von schwerer Geißel blutet. Rudenz. Das Land ist schwer bedrängt — warum, mein Oheim? Wer ist's, der es gestürzt in diese Noth? Es kostete ein einzig leichtes Wort, Um Augenblicks des Dranges los zu sein Und einen gnäd'gen Kaiser zu gewinnen. Weh' ihnen, die dem Volk die Angen halten, Daß es dem wahren Besten widerstrebt! Um eig'nen Vortheils willen hindern sie, Daß die Waldstätte nicht zu Oest'reich schwören. Wie ringsum alle Lande doch gethan. Wohl thut es ihnen, aus der Herrenbank Zu sitzen mit dem Edelmann; den Kaiser Will man zum Herrn, um keinen Herrn zu haben! Atting hausen. Muß ich das hören, und aus deinem Munde! Rudenz. Ihr habt mich aufgefordert, laßt mich enden. Welche Person ist's, Oheim, die ihr selbst Hier spielt? Habt ihr nicht höhern Stolz, als hier Landammann oder Bannerherr zu sein Und neben diesen Hirten zu regieren? Wie? Ist's nicht eine rühmlichere Wahl, Zu huldigen dem königlichen Herrn, Sich an sein glänzend Lager anzuschließen, Als eurer eig'nen Knechte Pair zu sein Und zu Gericht zu sitzen mit dem Bauer? Attinghausen. Ach, Uly! Uly! Ich erkenne sie Die Stimme der Verführung! Sie ergriff Dein off'nes Ohr, sie hat dein Herz vergiftet! Rudenz. Ja, ich verberg es nicht: in tiefer Seele Schmerzt mich der Spott der Fremdlinge, die uns Den Bauernadel schelten! Nicht ertrag ich's, Indeß die edle Jugend rings umher Sich Ehre sammelt unter Habsbnrgs Fahnen, Auf meinem Erb' hier müßig still zu liegen Und bei gemeinem Tagewerk den Lenz Des Lebens zu verlieren! Anderswo Geschehen Thaten, eine Welt des Ruhms Bewegt sich glänzend jenseits dieser Berge: Mir rosten in der Halle Helm und Schild! Der Kriegstrommete muthiges Getön, Der Heroldsruf, der zum Turniere ladet, Er dringt in diese Thäler nicht herein; Nichts als der Kuhreih'n und der Herde- glocken Einförmiges Geläut vernehm ich hier! Attinghausen. Verblendeter, vom eitlen Glanz verführt! Verachte dein Geburtsland, schäme dich Der uralt frommen Sitte deiner Väter! Mit heißen Thränen wirst du dich dereinst Heim sehnen nach den väterlichen Bergen Und dieses Herdenreihens Melodie, Die du in stolzem Ueberdruß verschmähst, Mit Schmerzenssehnsucht wird sie dich er- greifen; Wenn sie dir anklingt auf der fremden Erde. O, mächtig ist der Trieb des Vaterlands! Die fremde, falsche Welt ist nicht für dich; Dort an dem stolzen Kaiserhof bleibst du Dir ewig fremd mit deinem treuen Herzen! Die Welt, sie fordert and're Tugenden, Als du in diesen Thälern dir erworben. Geh' hin, verkaufe deine freie Seele, Nimm Land zu Lehen, werd' ein Fürsten- knecht, Da du ein Selbstherr sein kannst und ein Fürst Auf deinem eig'nen Erb' und freien Boden. Ach, Uly! Uly! Bleibe bei den Deinen! Geh' nicht nach Altdorf —! O, verlaß' sie nicht Die heil'ge Sache deines Vaterlands! — Ich bin der letzte meines Stamms. Mein Name Endet mit mir. Da hangen Helm und Schild; Die werden sie mir in das Grab mitgeben. Und muß ich denken bei dem letzten Hauch, Daß du mein brechend Auge nur erwartest, Um hinzugeh'n vor diesen neuen Lehnhof Und meine edeln Güter, die ich frei Von Gott empfing, von Oest'reich zu em- pfangen ! Rudenz. Vergebens widerstreben wir dem König. Die Welt gehört ihm! wollen wir allein Uns eigensinnig steifen und verstocken, Die Länderkette ihm zu unterbrechen,

4. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 464

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
464 m. Auszüge aus dramatischen Dichtungen. Die er gewaltig rings um uns gezogen? Sein sind die Märkte, die Gerichte, sein Die Kaufmannsstraßen, und das Saumroß selbst. Das auf dem Gotthard ziehet, muß ihm zollen. Von seinen Ländern wie mit einem Netz Sind wir umgarnet rings und einge- schlossen —: Wird uns das Reich beschützen? Kann es selbst Sich schützen gegen Oestreichs wachsende Gewalt? Hilft Gott uns nicht, kein Kaiser kann uns helfen! Was ist zu geben auf der Kaiser Wort, Wenn sie in Geld- und Krieges-Noth die Städte, Die unter'n Schirm des Adlers sich ge- flüchtet, Verpfänden dürfen und dem Reich veräußern ? Nein, Oheim! Wohlthat ist's und weise Vorsicht In diesen schweren Zeiten der Partheiung, Sich anzuschließen an ein mächtig Haupt. Die Kaiserkrone geht von Stamm zu Stamm: Die hat für treue Dienste kein Gedächtniß. Doch um den mächt'gen Erbherrn wohl verdienen. Heißt Saaten in die Zukunft streu'n. Attinghausen. Bist du so weise? Willst heller seh'n, als deine edlen Väter, Die um der Freiheit kostbar'n Edelstein Mit Gut und Blut und Heldenkraft ge- stritten ? Schiss' nach Luzern hinunter, frage dort. Wie Oestreichs Herrschaft lastet auf den Ländern! Sie werden kommen, uns're Schaf' und Rinder Zu zählen, uns're Alpen abzumessen, Den Hochflug und das Hochgewilde bannen In unsern freien Wäldern, ihren Schlag- baum An uns're Brücken, uns're Thore setzen, Mit unserer Armuth ihre Länderkäufe, Mit uns'rem Blute ihre Kriege zahlen — Nein, wenn wir unser Blut d'ran setzen sollen, So sei's für uns! Wohlfeiler kaufen wir Die Freiheit als die Knechtschaft ein! Ru den z. Was können wir. Ein Volk der Hirten, gegen Albrechts Heere? Atting hausen. Lern' dieses Volk der Hirten kennen, Knabeb Ich kenn's, ich hab' es angeführt in Schlachten, Ich hab' es fechten sehen bei Favenz. Sie sollen kommen, uns ein Joch aufzwingen, Das wir entscblossen sind, nicht zu ertragen! — O, lerne fühlen, welches Stamms du bist! Wirf nicht für eiteln Glanz und Flitterschein Die ächte Perle deines Werthes hin! Das Haupt zu heißen eines freien Volks, Das dir aus Liebe nur sich herzlich weiht, Das treulich zu dir steht in Kampf und Tod, Das sei dein Stolz, des Adels rühme dich! Die augebornen Bande knüpfe fest, An's Vaterland, an's theure, schließ' dich an. Das halte fest mit deinem ganzen Herzen! Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft; Dort in der fremden Welt stehst du allein. Ein schwankes Rohr, das jeder Sturm zer- knickt. — O komm'! du hast uns lang nicht mehr geseh'n! Versuch's mit uns nur einen Tag — nur heute Geh' nicht nach Altdorf! Hörst du? heute nicht! Den einen Tag nur schenke dich den Deinen! (Er faßt seine Hand.) Rudenz. Ich gab mein Wort — Laßt mich! — Ich bin gebunden. Attinghausen (läßt seine Hand los). Du bist gebunden — Ja, Unglücklicher! Du bist's, doch nicht------ Rudenz. Genug hab' ich gehört! Gehabt euch wohl! (Er geht ab.) Attinghausen. Wahnsinnig Jüngling, bleib'! — Er geht dahin! Ich kann ihn nicht erhalten, nicht erretten. — So ist der Wolfenschießen abgefallen Von seinem Land, so werden and're folgen! Der fremde Zauber reißt die Jugend fort, Gewaltsam strebend über uns're Berge. — O unglücksel'ge Stunde, da das Fremde In diese still beglückten Thäler kam, Der Sitten fromme Unschuld zu zerstören! Das Neue dringt herein mit Macht, das Alte, Das Würd'ge scheidet, and're Zeiten kommen, Es lebt ein andersdenkendes Geschlecht! Was thu' ich hier? Sie sind begraben alle, Mit denen ich gewaltet und gelebt. Unter der Erde schon liegt meine Zeit! Wohl dem, der mit der neuen nicht mehr braucht zu leben!

5. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 23

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
14. Der Staar. 23 solche Weise benützt er seine Gewalt über die Herzen! — Er lebe hoch!" „Er lebe hoch!" wiederholte die ganze Menge. Dieser Vorfall wurde schnell in Warschau bekannt. Noch viele Andere kauften solche Reitpeitschen. Viele be- stellten auch sonst noch Arbeiten bei dem Sattler, und so gelangte er bald zu einem großen Wohlstände. Aber auch er vergaß in seinem Glücke der Armen nicht, und spendete ihnen reichliche „Kos- ciuszko's Hilfe", wie er nun seine Werke der Barmherzigkeit dankbar zu nennen pflegte. 14. Der Staar. Wer in Bayern gewesen ist, als Max Joseph das Land regierte, oder wer noch jetzt dahin kommt, der wird von diesem Könige Vieles vernehmen, woran er sich freuen kann. Er war aber auch recht die Freude und der Hort seiner Unterthanen, und sie liebten ihn, wie Kinder ihren Vater lieben. Auch war er Jedem zugänglich, und wer mit Thränen des Kummers bei ihm eintrat, der kam mit Thränen der Dankbarkeit von ihm heraus; denn auch wo er mit Thaten nicht helfen konnte, half er mit tröstenden Worten, die von dem Munde eines Königs noch bester zu Herzen gehn, als von andern. Früh schon und ehe er hoffen konnte irgend etwas zu regieren, außer dem Regimente, das ihm der König von Frankreich anvertraut hatte, galt er für den besten Mann im Lande, und gewann die Herzen aller, die ihm nahe kamen. Was aber gar oft geschieht, daß, wenn Stand, Macht und Reichthum wächst, das Herz sich zusammenzieht und wenn der äußere Mensch sich erhebt, der innere niedersinkt, das widerfuhr dem guten Max Joseph nicht: sein Herz blieb, wie es gewesen war, ehe die Krone sein Ha^pt schmückte, und der Strom mensch- liöster Gefühle ergoß sich bei ihm noch reicher, als zuvor, unter dem königlichen Purpurmantel. Darum ist er nie in ein Haus getreten und nie in eine Stadt, ohne die Liebe der Bewohner mit sich zu nehmen, und es war die Lust und der Stolz seines Volkes, ihm Zeichen der Liebe zu geben. Ich habe gesehen, wenn er von einer Reise oder sonst in die Hauptstadt zurückkam, und der offene Wagen langsam durch das Gedränge fuhr, daß Männer und Weiber geringen Standes durch die jubelnde Menge brachen, um dem Könige die Hand zu reichen, und er keine zurückwies, wie hart sie auch war. Gern mischte er sich uner- kannt und unbegleitet unter das Land- volk und hörte auf die Reden der Leute und fragte sie aus; denn er wußte, daß er so die Wahrheit besser erführe, als aus feilen Zeitungen, die Lob und Tadel nach den Launen ihrer Abnehmer aus- streuen. Oft, wenn er einsam ging, und ein bekanntes Gesicht von weitem sah, rief er ihm ein freundliches Wort zu, oder grüßte mit der Hand, und der Begrüßte fühlte sich geehrt und erzählte es den Seinigen wieder. Auch das er- freute alle Herzen, daß er ein so guter und liebevoller Hausvater war, seine Kinder immer gern um sich hatte und so häufig an der Seite seiner Gemahlin auf -einsamen Spaziergängen in vertrau- lichem Gespräche gesehen wurde. Sein Ausgang aus dem Leben war, wie er ihn selbst gewünscht hatte. Nur eine leise Ahnung von Unwohlsein ging vor ihm her; aber Niemand war besorgt, so wenig als er selbst: kein Arzt ward gerufen, kein Diener wachte bei ihm. Am Morgen, da er nicht zur gewöhn- lichen Frühzeit aufstand, und der Diener ungerufen in das Schlafzimmer trat, fand er ihn todt, in derselben Lage, die er beim Niederlegen genommen hatte, ohne ein Zeichen des Schmerzes auf seinem Angesichte. Schlummernd war er durch die dunkle Pforte des Todes gegangen. Die Bestürzung des Volkes war groß, die Trauer allgemein. Es war die Wehklage verwaister Kinder um einen geliebten Vater, ein aufrich- tiger Schmerz tiefer Liebe; und jede der zahllosen Thränen, die aus vollen Herzen um ihn flössen, war ein Opfer der Dank-

6. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 249

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
117. Kaiser Friedrich L, Barbarossa. 249 diesem Tage an war das Band der Freundschaft zwischen den beiden deut- schen Helden zerrissen. Nachdem Friedrich in Italien unter- legen und wieder nach Deutschland zu- rückgekehrt war, traten Heinrichs Feinde mit harter Anklage gegen diesen auf und derselbe fand nun an dem so schwer beleidigten Friedrich keinen freundlichen Vermittler, sondern einen strengen Richter. In Worms sollte sich Heinrich verantworten; er stellte sich nicht; ebensowenig auf eine zweite Vorladung nach Magdeburg. Nun mehrte sich die Zahl der Ankläger, und Heinrich, im Vertrauen auf des Kaisers altfreundliche Gesinnungen, bat um eine geheime Unterredung. Friedrich gewährte diese. Da aber Heinrich auf die Bedingungen des Kaisers nicht ein- ging, kam es nicht zur gehofften Ver- söhnung. Eine dritte Vorladung vor den Reichstag nach Goslar war eben- falls erfolglos und so wurde Heinrich geächtet, seiner Lehen und Würden für verlustig erklärt. Doch zögerte der Kaiser mit der Vollstreckung des Spruches und gab seine Zustimmung erst, als auch eine vierte Vorladung nach Ulm und eine fünfte nach Würzburg fruchtlos geblieben. Auf dem letztge- nannten Reichstage 1180 wurde die Vollziehung der Acht beschlossen. Nun kam es zu einem Kriege, in welchem Heinrich anfänglich namhafte Vortheile errang, zuletzt aber mehr und mehr in die Enge getrieben wurde. Das beugte seinen stolzen Sinn und er erklärte sich zur Unterwerfung unter den Spruch der Fürsten bereit. Nun erfüllte sich, was die Gemahlin Friedrichs in Chiavenna vorausgesagt. Auf dem Reichstage zu Erfurt 1181 warf sich Heinrich dem Kaiser zu Füßen, erfaßte dessen Kniee und flehte demüthig um Gnade. Solch ein Wechsel des Schicksals ergriff den edlen Friedrich auf's tiefste. Thränen traten in seine 117. Kaiser Friei 1. Wenn wir uns die alte stolze Zeit, wo das deutsche Reich alle andern Reiche der Christenheit an Größe und Macht Augen und er rief aus: „Du bist das eigne Werkzeug deines Unglücks!" Hier- auf ging der Spruch der Fürsten da- hin: das väterliche Erbe Braunschweig und Lüneburg, obgleich es nach dem Reichs- und Kriegsrecht auch verwirkt sei, solle dem Herzog verbleiben, jedoch müsse er 7 Jahre lang das Reich meiden. Der Kaiser setzte diese Verbannungsfrist auf 3 Jahre herab, mußte aber den be- sorgten Fürsten und Prälaten ver- sprechen, ohne ihre Zustimmung seine Milde nicht weiter auszudehnen. Im Frühling 1182 wanderte der einst so mächtige Löwe mit Weib und Kindern aus; und da, wo er sonst einem Könige gleich geherrscht hatte, zeigte man ihm nicht einmal Mitleid, ja der Geächtete wurde selbst durch bit- teren Hohn gekränkt. Als er z. B. in seiner ehemaligen Stadt Bardewick über Nacht bleiben wollte, verschloß man ihm die Thore und schmähte ihn auf höchst unwürdige Weise von den Mauern herab. Bei dem Vater seiner frommen und milden Gemahlin Mathilde, dem Könige von England, fand der Welse ehrenvolle Aufnahme. Sein großes, unter stolzen Plänen zusammengebrachtes Reich war zerstückelt und an seine Feinde vergeben. Später kehrte Heinrich wieder nach Deutschland zurück und starb zu Braun- schweig am 6. August 1195. Von ihm stammten das braunschweigische Herzogs- haus und das nun entthronte hanno- verische Königshaus, sowie die englische Regentenfamilie ab. — Von seinen Zeit- genossen wird er geschildert als herr- licher Held mit festem, durch ritterliche Uebungen aller Art gekräftigtem Körper. Er hatte ein offenes Gesicht, schwarze Augen, dunkle Haare und einen starken Bart. Feind aller Ueppigkeit und Träg- heit, war er streng, tapfer, ausdauernd und in Vielem seinem Vetter, dem Kaiser Friedrich ähnlich. — Wie dieser, lebt er auch heute noch fort in den Lie- dern und Sagen des Volkes. 'ich I., Barbarossa. und Glanz übertraf, in's Gedächtniß ! rufen und der gewaltigen Herrscher ge- ! denken, welche für Ordnung und Wohl-

7. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 231

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
107. Kaiser Heinrich und die Hunnen. 231 ansetten vmme den tyns, so worden - syne rede mit dem keyser eynich, so wol- | den bat weren. Do kam de keyser onde sande dem konigh to Vngheren eynen Hunt onde leyt dem de oren vnde steri afsneiden vnde dat hare afscheren, vnde bot öme darto: molde he eygen lude hebben, dat he dar eygen lude van ma- kede, wolde he mere tynses hebben, den scholde he komen vnde Halen vnde Min- nen mit dem swerde. Do dat de Vngeren Horden, dat öne de keyser eynen Hunt sande to schauernake, se worden alle so grymmich vnde worden rede mit kraft und macht, de se konden to samende krigen, alfe Wenden, Denen und Behem. De schrift holt vt, dat örer was hundert düsend reyseners, vnde toghen mit gemalt dorch Beyeren und Franken, vnde kemen in dat laut to Doringh vnde beleyden Jecheborch met veftich dusent, vnde mit den anderen veftich dusent toghen se in Sassen. De keyser samede ok syn Volk by twelf dusent. De schrift holt vt, dat van den twelf dusent acht asteten dorch forchten des velen volles, dat de keyser nicht mer enhadde man veer dusent man wol gewapent. De Vngeren de leghen ok in ungeste und leghen vppe der stidde an der Myssaw, vnde dar nu Scheyningh licht. Mente de keyser de trostede syn voll wol vnde meynde den stryd to wynnen. De Heren vnde for- sten de spreken: her keyser, dat wyll iuck nicht bescheeyn. De keyser sprack: dat schall scheyn, well got. Also wart dar eyn kleyn stabt gebuwet na dem stryde vnde wart geheten Scheyningh, so vant ick in itliken kroneken. De keyser truwede godde vnde trostede syn voll vnde febe: lenen lüde, we willen manliken vechten vor vnse laut, wente io is godde in der fase, wente se syn Heyden vnde wy syn cristen, got well vns wol helpen. De Sassen weren fro, de he nach by sic hadde, eyn deyls weren se bedrouet. So trostede se got. In der nacht was eyn grot reghen vnde des morgens eyn grot nefel. De Sassen weren gerauwet des nachtes in dem schüre, dar de Vngeren nat weren. So solle. Da wurden die Räthe mit dem Kaiser einig, daß sie dem wehren woll- ten. Und der Kaiser sandte dem König von Ungarn einen Hund, dem er hatte Ohren und Schwanz abschneiden und das Haar scheeren lassen, und entbot ihm dazu: wenn er Eigenleute haben wolle, so möge er sich daraus welche machen, und wolle er mehr Zins haben, so solle er kommen und ihn holen und mit dem Schwerte gewinnen. Als die Ungarn hörten, daß der Kaiser ihnen zum Spott einen Hund gesandt, wurden sie alle grimmig, und machten sich bereit mit aller Kraft und Macht, die sie zusammen kriegen konn- i ten, von Wenden, Dänen und Böhmen. Man findet geschrieben, daß ihrer hun- dert tausend Reisige waren. Sie zogen mit Gewalt durch Bayern und Franken und kamen in das Land Thüringen, und belegten Jecheburg mit fünfzigtau- send Mann, die andern fünfzigtausend zogen nach Sachsen. Da sammelte auch der Kaiser sein Volk, etwa zwölftausend Mann. Man findet geschrieben, daß von diesen noch achttausend abfielen durch Furcht vor dem vielen Volk der Ungarn, so daß der Kaiser nicht mehr als vier- tausend wohl Gewaffnete hatte. Die Ungarn waren auch in Angst; sie la- gerten an der Myssau, auf der Stätte, da jetzt Scheining liegt. Denn der Kaiser tröstete sein Volk, und hatte das Ver- trauen, den Streit zu gewinnen; die Herren und Fürsten aber sprachen: Herr Kaiser, das wird Euch nicht erscheinen. Da antwortete der Kaiser: Es wird scheinen, so Gott will. Also ward die kleine Stadt, die daselbst nach dem Streite gebauet ward, Scheining geheißen, wie ich in etlichen Chroniken finde. Der Kaiser vertrauete Gott und trö- stete sein Volk und sagte: Liebe Leute, wir wollen männlich fechten für unser Land, denn Gott ist bei unserer Sache, weil sie Heiden und wir Christen sind; Gott wird uns wohl helfen. Da waren die Sachsen, die er nahe bei sich hatte, fröhlich, der andere Theil war noch betrübt. Da tröstete sie Gott. In der Nacht war ein großer Regen und am Morgen ein dicker Nebel, die Sachsen hatten Nachts in den Scheuern geruhet,
   bis 7 von 7
7 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 7 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 2
6 0
7 1
8 0
9 0
10 4
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 1
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 1
37 7
38 0
39 0
40 0
41 0
42 1
43 2
44 0
45 0
46 0
47 0
48 1
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 5
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 0
17 5
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 1
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 1
38 0
39 1
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 1
58 2
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 1
69 0
70 0
71 0
72 0
73 0
74 0
75 0
76 0
77 5
78 0
79 0
80 0
81 0
82 1
83 2
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 0
92 0
93 0
94 1
95 0
96 0
97 0
98 3
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 9
1 9
2 22
3 2
4 2
5 5
6 50
7 0
8 2
9 5
10 18
11 1
12 23
13 22
14 4
15 0
16 2
17 5
18 0
19 11
20 0
21 9
22 0
23 0
24 16
25 16
26 6
27 0
28 13
29 1
30 4
31 4
32 31
33 77
34 32
35 1
36 7
37 0
38 0
39 3
40 3
41 4
42 24
43 15
44 0
45 0
46 6
47 5
48 7
49 1
50 22
51 89
52 6
53 0
54 4
55 6
56 3
57 0
58 1
59 87
60 0
61 0
62 5
63 0
64 4
65 10
66 0
67 6
68 3
69 2
70 22
71 7
72 7
73 0
74 1
75 6
76 1
77 4
78 4
79 3
80 9
81 266
82 13
83 12
84 11
85 0
86 0
87 0
88 6
89 6
90 8
91 6
92 3
93 8
94 2
95 4
96 2
97 8
98 0
99 0
100 55
101 3
102 61
103 0
104 4
105 1
106 4
107 11
108 0
109 20
110 8
111 10
112 26
113 1
114 7
115 0
116 15
117 1
118 9
119 21
120 1
121 32
122 4
123 8
124 8
125 14
126 7
127 30
128 1
129 12
130 1
131 44
132 6
133 14
134 5
135 0
136 40
137 2
138 0
139 19
140 13
141 0
142 10
143 38
144 0
145 3
146 0
147 3
148 1
149 0
150 2
151 7
152 39
153 4
154 9
155 3
156 19
157 1
158 2
159 7
160 3
161 1
162 0
163 0
164 2
165 5
166 17
167 2
168 4
169 7
170 1
171 30
172 9
173 31
174 1
175 95
176 2
177 31
178 2
179 4
180 0
181 0
182 25
183 27
184 1
185 6
186 0
187 4
188 5
189 1
190 0
191 4
192 6
193 11
194 1
195 21
196 39
197 4
198 2
199 8