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Ich bin mit dem Paten im Wirtshaus gewesen;
da hat man Speisen und Braten vollauf;
kein Mensch kann den ganzen Zettel durchlesen,
und das beste, die Knödel, steh'n doch nicht drauf.
6. Kurzum, die Stadt hat mir gut gefallen;
doch bin ich wie närrisch zum Wagen gerannt,
als ich hörte des Peters Pritsche knallen,
und als er rief: „Es ist angespannt!"
Und wie hinter mir war der Häuserhaufen,
da schrie und jauchzte ich laut vor Lust.
Jetzt, Vater, laß auf die Wiese mich laufen;
denn immer noch ist mir eng um die Brust.
3, Fr. Castelli.
103. Die Kieselsteinchen.
Florian war ein junger Fuhrknecht, der sich durch Brannt-
weintrinken eine gefährliche Krankheit zugezogen hatte. Der
Arzt sprach zu ihm: «Wenn du dem Branntwein nicht ganz
entsagst, mußt du bald sterben; denn er ist Gift für die Jugend.»
Florian sagte: «Das kann ich nicht; ich bin ihn schon zusehr
gewohnt. Ich muß täglich ein Fläschchen trinken.» Der Arzt
suchte nun ein anderes Mittel. Am andern Morgen brachte er
ein buntes Schächtelchen voll reinlicher Kieselsteinchen und
sprach: «Wirf alle Tage eines dieser Sternchen in dein Brannt-
weinfläschchen; laß es aber allemal darin, dann wird der Brannt-
wein unschädlich sein.» Florian glaubte, daß die Sternchen die
Kraft hätten, den Branntwein unschädlich zu machen; er tat
daher täglich eines in die Flasche. Auf diese Weise trank er
täglich, ohne es zu merken, einige Tropfen weniger. Die Flasche
wurde am Ende ganz voll Sternchen, und Florian hatte sich
das verderbliche Branntweintrinken abgewöhnt.
104. Kind und Dbstbäumchen.
Ein Kind gleicht in gar vielen Punkten einem jungen Obst-
baume. Wie nämlich das Bäumchen der Pflege des Gärtners
bedarf, so muß auch das Kind sorgfältig von den Eltern gepflegt
und erzogen werden. Ohne Tau und Sonnenschein wäre die
Mühe des Gärtners vergebens; ohne die Gnade und den Beistand
Gottes bleibt auch alles Sorgen und Erziehen der Eltern fruchtlos.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Tafel des Kaisers. Der Kurfürst von Böhmen war Mundschenk
des Reiches. Da der Kaiser selbst König von Böhmen war, bot
sein Vetter, Herzog Wenzel von Luxemburg, den Wein in goldener
Schale dar. Ein gewaltiges Wildschwein mrd ein starker Hirsch
wurden unter das Volk verteilt. So tafelten damals auf dem
Markte zu Metz die deutschen Fürsten, und alles war in Pracht
und Herrlichkeit. Nach Fr. o. Löher.
29. Unsere Heimat im Xiv. und Xv. Jahrhundert.
Im 14. Jahrhundert ereigneten sich große Unglücksfälle,
die nicht bloß schwer auf Lothringen lasteten, sondern auch
den größten Teil Europas trafen. Im Jahre 1348 war ein mäch-
tiges Erdbeben; Städte und Dörfer stürzten zusammen und
begruben die Einwohner unter den Schutthaufen. — Bald
darauf durchzog eine gräßliche Pest, der sogenannte schwarze
Tod, die Länder. Diese Krankheit war durch Schiffe aus dem
Morgenlande nach Italien gebracht worden und verbreitete
sich von dort besonders über Deutschland und Frankreich.
In Lothringen raffte sie ein Drittel der Menschen hin. — Da
trat plötzlich das Gerücht auf, die Juden hätten die Brunnen
vergiftet und das sei die Ursache des furchtbaren Elendes.
Infolge dieser wahnsinnigen Behauptung entstand an vielen
Orten eine gewaltige Judenverfolgung. Man erschlug die Juden,
wo man sie traf; man verbrannte sie auf großen Scheiterhaufen
und verteilte ihre Güter. — Es war, als ob in jener Zeit alle
möglichen Schrecknisse über die geplagten Menschen kommen
sollten. Am Rhein und in den Niederlanden zeigte sich 1373
die fürchterliche Krankheit des Veitstanzes, ohne daß ein
Mensch ein Heilmittel gewußt hätte. Im folgenden Jahre war
die Krankheit auch in Lothringen. Leute jedes Alters und
jedes Standes ergriff eine wahre Tanzwut. Sie sangen und
tanzten in den Häusern und auf den Straßen, bis sie vor Er-
mattung niederfielen.
Ein französischer Edelmann, welcher auf das Oberelsaß
Erbansprüche zu haben glaubte, nahm englische Banden in
Sold, um sein Erbe mit Gewalt an sich zu reißen. Ihr An-
führer, Arnold von Servolle, mit dem Beinamen der Erzpriester
von Verny, kam mit 60 000 Mann nach Lothringen und brand-
schatzte auf seinem Durchzuge nach dem Elsaß alle Orte.
Das Volk nannte diese Leute Schinder oder wilde Engländer;
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