15
die Städte einen starken Handel in's Ausland und ver-
dienten viel Geld. Darum war ,hier Wohlstand, aber
auch zugleich Pracht, Aufwand, Üppigkeit und Schwel-
gerei. Die Jugend recht fleißig unterrichten zu lassen,
daran dachte man nicht; es war selten, daß ein Bürger
lesen, und noch seltener, daß er schreiben konnte.
In der übelsten Lage befand sich der Landmann.
Wehrlos, wie er war, mußte er Alles über sich ergehen
lassen. Er war Eigenbehöriger der Adlichen, der Städte,
oder der Klöster, und mußte für die arbeiten, welche
seine Herren waren. Er selbst hatte von dem Ackerbaue
und der Viehzucht wenig. Daher fristete er auch nur
kümmerlich sein Leben. Manche Menschen beschäftigten
sich mit dem Heringsfange in der Ostsee, denn zu der
damaligen Zeit konnte man dieser Fische dort so viele fan-
gen, daß ein ganzer Wagen voll nur zwei Pfennige kostete.
Wenn Angelegenheiten verhandelt werden sollten,
die das ganze Land betrafen, so versammelte der Fürst
die Abgeordneten des Adels, der Geistlichkeit und der
Städte. Man besprach hier, wie am besten das Land
verwaltet werden könnte, man bestimmte die Abgaben,
man beschloß gute Einrichtungen für den Ackerbau, für
die Viehzucht und für den Handel. Zu einer andern
Zeit kam man zusammen, um Gericht zu halten und
Recht zu sprechen. Dann versammelten sich die Abge-
ordneten unter freiem Himmel, blieben an vier Wochen
dort und schlichteten alle Streitsachen der Gegend. Der
Bauer wurde von Bauern, der Bürger von Bürgern,
der Edelmann von Edelleuten gerichtet, und wenn auch
ein Gesetzbuch da war, welches das Recht bestimmte, so
wurde doch vielfach nach Herkommen, Gebräuchen un-
Freiheitsbriefen entschieden.
Zur damaligen Zeit hatte man auch schon Münzen.
Sie hießen Brakteaten, Hohlpfennige, Blechpfennige,
Finkenaugen und Schillinge. Diese Münzen aber galten
nur für Ein Jahr. Acht Tage vor Jacobi wurden sie
alle ungültig, man lieferte sie ab und, bekam neues
Geld wieder, jedoch nicht ganz so viel, um die Münz-
kosten zu decken. Wer 14 Pfennige ablieferte, bekam
12 neue zurück.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
20
Königreiche zu Sigismund, der immer in Geldnoth war.
Das Land zu regieren, daran wurde nicht gedacht.
Ordnung und Gesetz und Recht galten nicht. Jeder
hausete nach Belieben. Und alle dieses Unglück erreichte
noch einen höhern Grad, als Sigismund seinem Vetter,
dem Markgrafen Jobst von Mähren, das ganze Chur-
fürstenthum Schulden halber verpfändete. Jobst war ein
harter, geldgieriger Mann. Zweimal kam er in die
Mark, um das zusammengescharrte Geld und Gut in
Empfang zu nehmen und um Ländereien, Forsten und
Zölle zu verkaufen. Hatte er große Summen zusam-
qeschlagen. dann zog er nach Mähren und überließ das
Land sich selbst. Es hat gewiß niemals in einem Reiche
größere Unordnung und schrecklicherer Wirrwarr ge-
herrscht, als damals in Brandenburg. Ob die Menschen
zu Dutzenden an den Landstraßen lagen und ermordet
waren, ob Dörfer und Städte, angezündet von Raub-
gesindel, in lichten Flammen standen, darum kümmerte
man sich nicht. Das waren Dinge, die alle Tage vor-
sielen. Nur Gewalt galt. Die Edelleute waren unter
den Räubern die tollsten. Sie überfielen Städte und
Dörfer, Reifende und Unterthanen und plünderten aus,
wer ihnen vorkam. Es ist wirklich nicht Alle zu beschrei-
best, wie unglücklich unser Vaterland damals war.
Im Jahre 1411 starb Jobst, und da er keine Kinder
hatte, so siel das Land an Sigismund zurück. Dieser
war unterdeß deutscher Kaiser geworden, und die Bran-
denburger, die der guten Negierung des Kaisers Karl
gedachten, freuten sich, daß Sigismund jetzt ihr Chur-
fürst sei, denn sie hofften von ihm Errettung aus ihrer
grenzenlosen Noth. Er versprach auch den Abgeordneten
alles Mögliche, aber nicht durch ihn sollte dem Lande
Erlösung werden. Ein ganz anderer Mann war von
der Vorsehung dazu' ausersehen, Ruhe und Frieden,
Sicherheit und Ordnung in die Mark zurückzuführen.
Ein anderes Fürstenhaus sollte unter Gottes sichtbarem
Beistände unser Vaterland nach und nach zu einer Höhe
erheben, die Niemand geahnet hatte.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Sigismund Sigismund Jobst_von_Mähren Jobst Sigismund Karl Karl Sigismund
23
Friedrich ließ sich darauf in Berlin huldigen.
Diese Stadt wurde von nun an die Residenz der Re-
genten und die Hauptstadt des Landes.
Friedrich Vi. wird in der Geschichte unsers Vater-
landes Churfürst Friedrich I. genannt. Mit ihm fängt
die Reihe der hohenzollerischen Fürsten in Brandenburg
an, und er ist der Stammvater der jetzigen lieben könig-
niglichen Regentenfamilie, welche nach und nach unser
Land zu solcher Macht und zu solchem Glanze und
Wohlstände erhoben hat, daß die Welt das Königreich
Preußen nur mit Achtung nennt.
Die Churfürsten von Brandenburg aus dem
Hause Hohenzollern.
Elfte Erzählung. '
Die Churfürsten Friedrich I. und Friedrich Ii.
88enn wir jetztlesen, daß der Burggraf von Nürnberg
das ganze Churfürstenthum Brandenburg für 400,000
Dukaten kaufte, so sollten wir wohl glauben, daß dies
ein wahrer Spottpreis sei. Und doch ist es nicht so.
Zur damaligen Zeit brachte jene Summe an 72,000
Thaler Zinsen; die Einkünfte unsers Vaterlandes trugen
dem Fürsten aber nicht einmal 50,000 Thaler ein. So
sehr war das Land heruntergekommen. Nur die Mittel-
mark war noch da. Von der Altmark, Priegnitz und
Ukermark hatten die Nachbarn große Stücke inne, und
die übrigen Landestheile waren ganz verloren. Die
Acker hatten sich in Wüsteneien verwandelt, viele Dörfer
lagen in Schutthaufen. Der Adel gehörte größtentheils
zum Raubgesindel, die Städte verarmten, denn der Han-
del stockte, und der unglückliche Landmann wußte nicht,
woher er Brot in dieser Wüste nehmen sollte. An Recht
und Gerechtigkeit wurde nicht gedacht, an Unterricht für
die Jugend fehlte es ganz, und die Religion? Man
kannte sie kaum dem Namen nach. Es gab wohl kein
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich_Vi Friedrich Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Brandenburg Brandenburg Nürnberg Brandenburg Altmark
31
gaben wurden abgeschafft und die Einkünfte sehr sparsam
zusammengehalten. Die Schuldenlast war aber dem
Churfürsten noch ein Gräuel. Sie zu tilgen, hatte er
sich fest vorgenommen. Und als er selbst davon einen
Theil übernahm und das Übrige willig und gern Adel,
Geistlichkeit und Städte bezahlten, so war diese Last
dem Lande abgenommen. Nun konnten viele Steuern
den Unterthanen erlassen werden, und doch war der Fürst
nicht in Geldnoth. Er ließ jetzt vielmehr noch Festungen
bauen, Jagdschlösser errichten und Künstler aller Art
beschäftigen. In das Land wunderten aus fernen Ge-
genden Menschen ein, die sich an der Havel und Oder
niederließen und slssßig Gewerbe und sonstige Hand-
thierungen trieben. Der Handel blühte, die Städte
wurden mehr und mehr wohlhabend, und der Landmann
erwarb sich durch den eifrigen Betrieb seines Ackerbaus
das, was er zur Nahrung und Nothdurft des Leibes
gebrauchte. Im Jahre 1593 kostete ein Schaf 16, ein
Scheffel Korn 12, ein Schock Eier 4 und 1 Pfund Butter
2 Pfennige. Für eine Kuh zahlte man 3 Groschen, und
ein Tagelöhner bekam 2 Pfennige Tagelohn. Abergläu-
bische Leute meinten, es habe Getreide geregnet, und das
Wieh sei aus der Erde gewachsen. Man wußte sonst
nicht, wie dieser Segen entstanden sei.
Joachim Friedrich, des vorigen Churfürsten Sohn,
war schon 32 Jahr Erzbischof von Magdeburg gewesen
und hatte hier eine sehr gute Regierung geführt, als er
in? 52sten Jahre den brandenburgischen Thron bestieg. Er
hatte also schon viele Erfahrungen gesammelt, wie ein
Fürst sein Land wohl regieren und glücklich machen
müsse, und in unserm Vaterlande setzte er sein Werk
fort, wie er es in Magdeburg angefangen. Er erhielt
dem Lande den Frieden, und die Unterthanen konnten
sicher ihren Handthierungen nachgehen. Thätigkeit und
Betriebsamkeit nahm man überall wqhr, und sichtlich
vermehrte sich der Wohlstand. Mit ihm kam leider aber
auch Üppigkeit, Pracht, Aufwand, und dies ging so weit,
daß gewöhnliche Leute sich an den Wochentagen in Sam-
met und seidene Zeuge kleideten. Der Churfürst mußte
strenge Gesetze gegen solche Verschwendung Unfalles
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Extrahierte Personennamen: Joachim_Friedrich Friedrich
67
Dreißigste Erzählung.
Das dritte und vierte Jahr des siebenjährigen -
Krieges.
^as dritte Jahr. Je mehr Friedrich siegte, desto
wüthender wurden seine Feinde. Sie rüsteten sich auf's
neue, denn, so dachten sie, auf die Länge der Zeit kann
er es doch mit uns nicht aushalten, und endlich muß er,
wenn auch nur aus Erschöpfung, unterliegen. Und darin
halten sie auch recht. > So leicht sollte dies Unterliegen
aber nicht gehen. Friedrich rüstete sich ebenfalls. Sein
Land gab Truppen, und Sachsen Geldsummen und Klei-
dungsstücke^ Die Engländer sendeten ihm 4 Millionen
Thaler — aus diesen ließ er 10 bis 12 Millionen schlech-
teres Geld schlagen—, außerdem ein Heer von 12,000
Mann, und brachten die hannoversche Armee wieder in
Stand. Als dazu die Truppen der Hessen und Braun-
schweiger stießen, waren 30,000 Mann zusammen. Der
treffliche Herzog Ferdinand von Braunschweig erhielt
darüber den Oberbefehl und sollte die Franzosen vertrei-
den. Er that es heldenmäßig. Die Feinde flohen eilig
über den Rhein, Ferdinand eilte ihnen nach, griff sie bei
.Crefeld an und schlug sie aufs Haupt. Das war ein
guter Anfang auf dieser Seite.
Friedrich selbst zog den Russen entgegen, die bis
Eüstrin vorgedrungen waren und diese Stadt schrecklich
verwüstet hatten. Bei Zorndorf trafen 30,000preußen
auf 80,000 Russen. Der Kampf war gräßliche Vom
frühen Morgen bis spät am Abend stand die Schlacht:
Die Russen wichen nicht. Der General Seidlitz that an
diesem Tage Wunder der Tapferkeit. Wo Gefahr war;
da eilte er hin und trieb die Feinde in die Flucht. End-
lich mußten diese weichen. Sie verloren 103 Kanonen,
27 Fahnen und die ganze Kriegeskaffe. Der russische
General zog sich nach Polen zurück, der König eilte aber
nach Sachsen; denn Daun drängte dort den Prinzen
Heinrich hart und ließ die Festung Neiße in Schlesien
belagern. Es war also hier überall Hülfe nöthig. Kaum
hörte Daun: Friedrich kommt, so bezog er schnell ein
5*
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Ferdinand_von_Braunschweig Ferdinand Ferdinand Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich
77
waltet, und weil Friedrich Alles sehr zweckmäßig benutzte,
was die Einnahme vermehren konnte, so stieg diese von
Jahr zu Jahr. Dazu führte der'könig die Accise ein,
weil er glaubte, dadurch würde Jeder im Staate gleich-
mäßig besteuert, und es ginge für ausländische Maaren
nicht so viel Geld aus dem Lande. Leider nahm er Fran-
zosen, die die Steuer einrichten und auch nachher auf-
passen mußten, daß Keiner Maaren einschmuggele.
Darüber murrten vielfach die Unterthanen, so wie wir
es überhaupt beklagen müssen, daß Friedrich so viel auf
die Franzosen hielt und die Deutschen, als roh und un-
gebildet, oft verachtete. — Die Landeseinnahme wurde
aber durch alle diese Einrichtungen auf 28 Millionen
Thaler jährlich gebracht. Dies Geld gab man jedoch bei
weitem nicht gleich wieder aus. Ein Theil wurde zu-
rückgelegt, um bei Unglücksfällen, oder zu nützlichen
großen Unternehmungen, oder in Kriegszeiten den nö-
thigen, baaren Bedarf zu haben. In den Kellern des
Schlosses verwahrte man diesen Schatz in großen Fässern,
und man sagt, daß er an 80 bis 100 Millionen Thaler
enthalten habe. Ein anderer Theil wurde zum Besten
des Landes verwendet. Es gab fast kein Dorf, das nicht
Beweise der väterlichen Sorge des Königs erhalten hätte.
Als der siebenjährige Krieg zu Ende war, sah es schreck-
lich im Lande aus. An 15,000 Häuser waren zerstört,
Aschenhaufen sah man an Aschenhaufen, die Felder lagen
unbebaut, und die sonst blühenden Fluren glichen jetzt
Wüsteneien. Kaum war aber der Frieden da, so dachte
auch gleich der König daran, dem Unglücke abzuhelfen.
Er gab Brotkorn für die Menschen, Getreide zur Saat,
Pferde, Ochsen und Ackergeräthe zur Bearbeitung des
Bodens her. Die abgebrannten und sonst verwüsteten
Häuser ließ er auf seine Kosten wiederaufbauen, ganze
Provinzen wurden auf längere Zeit von Abgaben befreit,
und diejenigen, welche Manufacturen und Fabriken an-
legen wollten, erhielten bedeutende Geldsummen. In
den wüsten, sumpfigen Gegenden des Reichs wurden
Dämme, Graben, Kanäle gemacht, damit man das Wasser
ableite und Ackerland gewinne. Viele tausend Familien
wanderten aus andern Ländern ein, ließen sich an diesen
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Alles Friedrich Friedrich Friedrich
der Kanzel in der Garnisonkircbe zu Potsdam beigesetzt.
Da ruht die Asche des trefflichen Königs in einem
schlichten Sarge, an welchem nur die einfachen Worte
stehen: Friedrich der Zweite. Die Welt hat ihm aber
einstimmig den Namen gegeben: Der Große.
Unser Vaterland war bei Friedrichs Tode 3600
^Meilen groß, hatte 6 Millionen Einwohner, brachte
28 Millionen Lhaler Einkünfte und wurde durch
200,000 Krieger beschützt.
Vier und dreißigste Erzählung.
König Friedrich Wilhelm Ii.
dieser König hat nur 11 Jahr regiert, und es ist
an Kriegsthaten und Einrichtungen im Lande nicht .so
viel von ihm zu erzählen, als von dem vorigen Regen-
ten. Dennoch können wir von Friedrich Wilhelm sa-
gen, daß er ein guter Fürst war, denn was er wäl),
rend.seiner kurzen Regierung unserm Vaterlande Gutes
thun konnte, das that-er. Besonders freuten sich dir
Unterthanen, daß er die Franzosen fortschickte, die so
lange das Land geplagt hatten; daß er Inländer
nahm und diese anstellte, und daß er so manche ver-
haßte Steuer aufhob. Die Fabriken und Manufactu-
ren wurden begünstigt, der Handel befördert. Viele
Menschen fanden nützliche Beschäftigung bei den Bau-
ten, die ausgeführt wurden, von welchen das prächtige
Brandenburger Thor zu Berlin vorzüglich bemerkens-
werth ist. Insbesondere muß aber erzählt werden,
daß Friedrich Wilhelm seinen Unterthanen ein ganz
neues Gesetzbuch gab, welches man bis auf den heu-
tigen Tag unter dem Namen: Das preußische Land-
recht allgemein im Lande kennt. Dies Gesetzbuch war
in deutscher Sprache verständlich und einfach abgefaßt,
und wenn es auch in den folgenden Jahren viel ver-
bessert wurde, so diente es doch schon damals dazu,
dem Unterthan Recht und Gerechtigkeit zu verschaffen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrichs Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
83
Fünf und dreißigste Erzählung.
König Friedrich Wilhelm Iii., der Vielgeliebte.
1!nser jetzt regierender König ist am 3. August 1770
geboren. Er wird mit Recht der Vielgeliebte genannt.
Schon als Kronprinz wurde er von seinem Volke auf's
höchste verehrt. Denn er und seine schöne, vortreffliche
Gemahlin»Luise führten einsolches häuslichesleben, wie
man es noch nie von Fürsten gesehen hatte. Friedrich Wil-
helm war ein wahrer Hausvater unter den Seinen. Ein
Kreis blühender Kinder umgab das königliche Paqr, und
man konnte nichts Schöneres, als diese Familie sehen.
Die Unterthanen waren stolz auf dieselbe und sahen
mit Freude und Wonne auf sie hin. Dabei zeigte der
junge Fürst eine große Thätigkeit, Ordnung und Spar-
samkeit. Der eitle Glanz der Welt galt ihm Nichts.
Und in allen diesen Stücken ist sich der hochgeliebte
Regent bis auf den heutigen Tag treu geblieben. Was
war daher natürlicher, als daß das Volk jubelte, da
Friedrich Wilhelm den 16. November 1797 den Thron
bestieg. Und wohl hatte es dazu große Ursache. Denn
der junge König führte Sparsamkeit und Ordnung in
das Land zurück, er verlangte Thätigkeit und Redlichkeit
von Allen, £>ie dem Reiche dienten. Manche Steuern
erließ er, mit dem Heere nahm er sehr zweckmäßige Ver-
änderungen vor, und damit die heranwachsendejugend zu
guten, frommen und nützlichen Menschen gebildet werde,
sorgte er so für die Schulen aller Art, wie noch nie ein
König gesorgt hatte. In den Jahren 1797 bis 1806
verwendete Friedrich Wilhelm an Landesverbesserungen,
an Wiederausbauung abgebrannter L)rter, an Bauten
von Kirchen und Schulen fast 26 Millionen Thaler,
und dazu tilgte er von den vom Vater nachgelassenen
49 Millionen Thaler Schulden an 23 Millionen. Das
Alles sah das Volk und freute sich. Es hing aber auch
mit solcher Liebe an seinem Landesvater, daß es gar
nicht auszufprechen ist. Ja, diese Hiebe ist in Freud
und Leid gleich stark geblieben, sie ist mit jedem Tage
gewachsen und wächst noch mit jedem Tage und knüpft
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
TM Hauptwörter (100): [T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm August Friedrich_Wil- Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
91
dafür hergeben solle. Mit seiner Weisheit hatte er
erkannt, daß Vieles im Lande anders sein müsse, ehe
es wieder glücklich werden könne. Deshalb wollte Fried-
rich Wilhelm dadurch das Vaterland wiederherstellen,
daß er dasselbe durch zweckmäßige Gesetze neu einrichte
und verbessere. Er zog weise Männer zu Nathe, und
nun ging man eifrig an's Werk. Zuerst hob man die
Leibeigenschaft auf, welche bisher die Landleute fast zu
Sclaven der reichen Gutsbesitzer gemacht hatte; dann
den Dienstzwang, welcher Gutsherren und Beamten
das Recht gab, zu sagen, wo und für welchen Preis
ein Knecht, oder eine Magd dienen sollten. Nun er-
schien ein Gesetz, daß die Bauern zu freien Bauern
machte. Bisher hatten die Landleute oft mit Menschen
und Vieh dem Edelmanne 4 Tage lang umsonst Hand-
und Spanndienste thun müssen und kaum für sich 2
Tage gehabt, um ihr Land zu bestellen. Dies schasste
man ab. Die Bauern gaben einen Theil ihrer Lände-
reien dem Gutsherrn zurück, und das Übrige behielten
sie als ganz freies Eigenthum. Das war eine große
Wohlthat für das Land und hat viel Segen gebracht.
Den Mühlenzwang und die Zünfte hob man auf, es
trat eine völlige Gewerbefreiheit ein, und jeder Hand-
werker konnte nach seinem Gefallen sich niederlassen.
Die Adlichen und alle die Andern, welche bisher Steuer-
freiheit genossen hatten, mußten jetzt auch Steuern tra-
gen; es war Jeder vor dem Gesetze gleich. Selbst der
König schloß sich nicht aus. Er bezahlte für sich und
seine Güter die Abgaben, wie der Geringste im Lande.
Ja, er gab sogar sein ganzes Gold- und Silbergeschirr
her, ließ es verkaufen und verwendete das daraus gelö-
sete Geld zum Besten des Landes.
Mit dem Kriegsheere nahm man eine völlige Umän-
derung vor. Die Ausländer im Heere entließ man und
nahm nur die vaterländische Jugend. Die, Prügel und
Spießrushen schaffte man ab, und wer Tapferkeit und
Geschicklichkeit besaß, konnte zu den höchsten Ehrenstellen
steigen. Durch solche Einrichtung gewann der Solda-
tenstand an Achtung. Und um das herrische Gesetz
Napoleons: Preußen soll nur 42,000 -Skarm Truppen
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
56
von 80,000 Mann hatte. Davon war das Leib- oder
Garde-Regiment wirklich merkwürdig und weltberühmt.
Es zählte an 4000 Mann, und diese waren fast lauter
Riesen. Baumlange Menschen wurden aus allen Län-
dern in Europa zusammengeschleppt und kamen nach
Potsdam unter dieses Regiment. Die Herbcischaffung
mancher der Riesensoldaten kostete an 6000, 7000,
8000 Rthlr. Wiele erhielten täglich zwei Thaler Sold,
die meisten doch einen Gulden. Wer aber diese Masse
großer Menschen sah, der erstaunte und gestand, nie
etwas Schöneres gesehen zu haben. Denn diese Gar-
disten- so wie die übrigen Regimenter des Heeres, exer-
zirten mit einer solchen Genauigkeit und Schnelligkeit,
wie man fast nirgends fand, und ihr Anzug war so
reinlich, so passend, so nett, daß man hätte glauben
sollen, es wären Puppen. Das preußische Heer gehörte
zu den besten in Europa. Der König hatte es aber
auch so lieb, daß er es höchst ungern in den Krieg
schickte, Zwei Mal konnte er jedoch nicht umhin, in
diesen sauren Apfel zu beißen. Das erste Mal verband
er sich mit Rußland und Polen gegen den schwedischen
König Karl den Xii. Cs war für Friedrich Wilhelm
keine kleine Freude, als Jedermann eingestand, die
preußischen Soldaten find nicht allein schön, sie sind
auch tapfer. Denn in allen Schlachten und Belage-
rungen zeichneten sie sich durch ihren Muth aus. Bei
Beendigung des Krieges erhielt Preußen Vorpommern
bis an den Peenefluß nebst den Inseln Usedom und
Wollin. — Das zweite Mal schickte der König 10,000
Mann zu dem deutschen Reichsheere gegen die Franzo-
sen, die in Deutschland eingefallen waren. Man rich-
tete jedoch in diesem Feldzuge wenig aus.
Das ist das Merkwürdigste von dem zweiten preußi-
schen Könige. Er regierte über unser Vaterland 27 Jahr.
Als er starb, hinterlicß er ein schönes Heer von 80,000
Mann, einen baaren Schatz von beinahe 20 Millionen
Thaler und ein Land, welches in trefflicher Ordnung
und 2187 ^Meilen groß war, jährlich 7l/2 Million
Thaler einbrachte und von V/g Million Menschen be-
wohnt wurde.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Europa Potsdam Europa Wollin Deutschland