M Beförderung guter Gesinnungen rc. 5z
Kopf, und der Angstschweiß lief ihr von der Stirn.
Lange konnte sie es in dieser Lage nicht aushalten; sie
wagte es endlich, auf einen Augenblick den Kopf hervor-
zuziehen, und siehe da, die schreckliche weiße Gestalt
stand nicht nur immer noch an der Kammerthür, son-
dern bewegte sich auch. Jetzt sieng Wilhelmine laut an
zu schreien, und in dem Augenblicke trat ihre Mutter in
die Kammer. Aber Kind, was ist dir denn? rief sie
ihr zu; träumst du, "oder wachst du? Ach Mutter! Mut-
ter! die weiße Gestalt ! Ich glaube gar, du siehst Gespen-
ster, erwiederte die Mutter; ermuntere dich, und fasse
Muth. Was ängstigt dich denn ? Es kam nun heraus,
Laß Wilhelmine ein weißes Handtuch, das an der Kam-
merthür hieng, und worauf der Mond schien, für eine
weiße Gestalt gehalten hatte. Die Mutter hatte an der
Kammerthüre gehorcht, ob Wilhelmine schlief, und in-
dem sie die Thür öffnete, hatte sich das Handtuch bewegt.
Wilhelmine schämte sich ihrer kindischen Furchtsamkeit,
und sahe seit dieser Zeit nicht wieder Gespenster.
iy. Die gute Tochter;
^bi lhelm war sehr krank, und seine gute Mutter
hatte, aus zärtlicher Besorgniß, schon drei Nächte hin-
ter einander bei ihm gewacht. Marie, seine zwölfjähri-
ge Schwester, fürchtete, daß ihre Mutter von den vie-
len Nachtwachen endlich auch krank werden möchte. Da-
her bat sie ihre Mutter herzlich, sie möchte ihr doch er-
lauben, die vierte Nacht bei dem kranken Bruder zu wa-
chen. Aber die zärtliche Mutter wollte dieß nicht zuge-
den , theils weil Marie sehr schwächlich war, theils weil
sie fürchtete, sie möchte einschlafen , und Wilhelm dann
ganz ohne Hülfe seyn. Nun wurde es Abend, und die
abgemattete Mutter mußte sich doch endlich aufs Bette
legen, weil ihr die Augen zufielen. Maria hatte sich
zwar auch, auf Befehl ihrer Mutter, zu Bette gelegt,
aber aus Liebe und Besorgniß konnte sie nicht einschla-
fen. Als sie hörte, daß die Mutter fest schlief, stand
sie sachte auf, uahm ihr Strickzeug, und setzte sich ne-
den dem Berte ihres kranken Bruders auf die Erde.
Hier gab sie genau auf ihn Acht, und so bald er sich be-
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Extrahierte Personennamen: Wilhelmine Muth Wilhelmine Wilhelmine Wilhelmine Marie Marie Wilhelm Maria Maria
58
Erzählungen
Anken sehr gut kannte , da,; er sich jetzt mit seiner
Frau und drey fseinen Kindern in einer recht trau-
rigen Lage beende. Die armen Leute, sagte er, jam-
mern mich sehr, denn sie sind, ganz ohne ihre Schuld,
blos dadurch so herunter gekommen, daß sie von schlech-
ten Menschen, denen sie Redlichkeit zutrauten, um be-
trächtliche Summen betrogen wurden. Jeht^ekommt
der arme Mann gar keine Arbeit mehr, denn er hat
nicht einmal so viel Geld, um sich Leder zu kaufen,
und seine besten Sachen stnd bereits verkauft. Wenn
ich es nur einigermaßen übrig hatte, gern wollte ich
ihm Geld borgen , damit er sich n ieder helfen könnte.
Anton hatte dieß alles sehr aufmerksam angehört.
Nach Tische kam er „um Vater, und sagte: lieber Va-
ter ! wenn ich doch dem armen Martin (so hieß der
Schuhmacher) das Goldstück, welches mir mein Pathe
geschenkt hat, hintragen dürfte; erlaubst du es wohl?
Der Vater hatte anfangs einiges Bedenken , denn ei
war vorauszusehen, daß Martin auch diese paar Tha-
ler nie würde wieder bezahlen können. Doch Anton
hörte nicht eher auf, zu bitten, bis der Vater feine Er-
laubniß gab. Froher war der gute Anton noch nie ge-
wesen, als in dem Augenblick, da er sein Goldstück
dem armen Martin hintragen durfte. Martin konnte
nun einen kleinen Vorrath von Leder einkaufen, Antons
Vater verschaffte ihm durch Fürsprache Arbeit genug,
und bald war dem armen Manne so weit geholfen, daß
er seine Betten , welche er in der Noth hatte versetzen
müssen, wieder einlösen konnte, und von Nahrungs-
sorgen, frey war. Freilich hat nicht jedes Kind ein
Goldstück wegzuschenken, wieanton; aber jedes Kind
kann doch etwas thun, um Unglücklichen zu helfeu, und
sie zu erfreuen.
24. Was heißt schmollen.
August hatte eine große Untugend, das Schmollen
oder Maulen an sich; denn wenn er von jemand be-
leidigt zu ferm glaubte, so war er viele Tage lang un-
freundlich und mürrisch, svrach kein Wort mit ihm,
antworretls quch nicht, wenn man ihn fragte, und sahe
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Extrahierte Personennamen: Anton Martin Martin Anton Anton Martin Martin August
So
Erzählungen
Bette, und wollte zur Thür hinaus, als die weiße Ges
sialt vor ihn trat, und ihn packte. Ohnmächtig stürzte
Ferdinand auf die Erde, und gab keinen Laut von sich.
Endlich merkten die bösen Buben, was sie mit ihrem
unbesonnenen Spaße angerichtet hatten, und wollten
nun den armen Ferdinand aus seinem Irrthum reißen;
aber jetzt war es zu spat, Ferdinand lag leblos da.
Angstvoll riefen sie ihre Eitern herbei, und mtt großer
Mühe ward der ohnmächtige Ferdinand wieder ins Le-
den gebracht, aber er erholte sich so bald nicht wieder,
beim ein hitziges Fieber war die Folge der Angst,
weiche er ausgestanden hatte. Nun bereueten die bei-
den Knaben ihren Spaß, denn sie hatten sich nicht
vorgestellt, daß er so übe! ablaufen könnte. Der Va-
ter strafte sie sehr hart dafür, und bemühte sich, Fer-
dinanden von seiner thörichten Furchtsamkeit nach und
nach zu befreien.
41» Ehrlich währt am längstem
$
-Leonhard war zwölf Jahr alt, als er das Unglück
hatte, daß ihm sein Vater starb. Nun hatte er kei-
nen Versorger mehr, denn seine Mutter war so kränk-
lich , daß sie ihn unmöglich mit ihrer Hände Arbeit er-
nähren konnte. Leonhard faßte daher den Entschluß,
selbst sein Unterkommen zu suchen, um seiner Mutter
nicht zur Last zu fallen. Kann ich doch fertig lesen,
schreiben und rechnen, dachte er bei sich selbst; wie
sollte ich nicht durch die Welt kommen, wenn ich flei-
ßig und ehrlich bin. Er nahm von seiner Mutier Ab-
schied, und wanderte nach einer nahe gelegenen Stadt,
wo ein Freund seines Vaters wohnte, der ein wohlha-
bender Kaufmann war. Bei diesem meldete sich Leon-
hard, erzählte ihm sein trauriges Schicksal, und bat
ihn um Unterstützung. Gern will ich vom Morgen bis
zum Abend arbeiten, sagteer, wenn Sie sich um' mei-
ner annehmen wollen. Herr Schulz (so hieß der
Kaufmann) war bereit, den vaterlosen Knaben in sein
Heus und m seine Dienste zu nehmen, wenn er ver-
spräche, ihm treu und ehrlich zu dienen. T as versprach
Lepnhard mit so vieler Treuherzigkeit, daß Herr Schulz
Zu-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Ferdinand Ferdinand Leonhard Schulz Lepnhard Schulz
200 Gesundheitslehre.
vergoldete oder versilberte sie, und seine Fieberpulver
bestanden ans Zucker, Salz und Kreide. Und es war
noch gut, daß er seinen Kranken keine schädlichere Sa-
chen gab. Schlimmer macyte es ein anderer Quacksal-
der, der das alte Fieber durch Tropfen kurirte, zu wel-
chen er Arsenik oder Rattengift nahm. Davon vergieng
zwar das Fieber schnell, aber hinterher bekamen die
Leute von seinen Gifttropfen schlimmere Zufalle, als
das Fieber, und blieben Zeitlebens ungesund.
Es ist Aberglaube, daß Krankheiten durch Behexen
und Besprachen entstehen können. Alle Krankheiten
haben ihre n a t ü r l i ch e n Ursachen.
In H. waren noch viele einfältige Leute, welche
an Hexen und Hexereien glaubten, so oft iie auch vom
Prediger und von dem Schullehrer eines bessern be-
lehrt worden waren. Michelskind war verfüttert,
und wurde sehr elend. Anstatt lieh an einen vernünf-
tigen Arzt zu wenden, und das Kind massig und or-
dentlich zu halten , gebrauchte man allerlei thörichte
Mittel gegen die Hexerei, so lange, bis das arme Kind
zum Krüppel geworden war. — Konrads Kind war
von der ungesunden Milch seiner-Mutter» die sehr är-
gerlich war, krank und schwach, bekam Krämpfe, und
hatte heftige Verzuckungen, wobei es das Gesteht
schrecklich verzerrte. Die abergläubischen Eltern
glaubten steif und fest, ihr Kind sey behext, und be-
gnügten sich daher, es zu bekreuzen und zu segnen,
ohne einen Arzt herbei zu rufen, und Arzneimittel zu
gebrauchen. Es musste elend sterben. — Heine-
manns Kinder hatten beim Spielen im Garten den
giftigen Stechapfel gegessen; sie kamen schreiend,
unter heftigen Schmerzen, nach Haufe, und klagten
den Eltern ihre Noth. Bald bekamen sie schreckliche
Verzuckungen. Die Eltern, welche ihre Kinder noch
kurz zuvor so munter und froh gesehen hatten, konn-
ten diese plötzliche Veränderung nicht begreifen, und
ohne erst nach der Ursache zu forschen , waren sie
gleich darin einig, dass die armen Kinder behext seyn
müssten. Sie schickten daher eiligst nach dem Kuhhir-
ten in einem benachbarten Dorfe, der in dieser Gegend
als ein Wundermann berühmt war. Dieser kam, gab
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54
Erzählungen
bewegte, war sie sogleich bei der Hand, um sich zu er-
kundigen, was er verlange. So trieb sie es bis an den
Morgen, und wie groß war nun ihre Freude, daß sie
der guten Mutter eine ruhige Nacht hatte verschaffen
können!
Bald nachher wurde die Mutter auch krank, erholte
sich aber bald wieder; nur fehlte es ihr an Kräften.
Der Arzt hatte in Marien's Gegenwart gesagt: wenn die
Kranke nur täglich ein wenig Wein trinken könnte, so
würde sie bald wieder zu Kräften kommen. Aber wo
sollte die arme Frau das Geld zum Wein hernehmen?
Wilhelms Krankheit hatte gar zu viel gekostet. Marie
hörte, daß in dem Hause, wo sie wohnte, jemand gesucht
wurde, der das klein gehauene Holz im Keller aufschichten
könnte. Sie bat, daß man ihr diese Arbeit übertragen
möchte, und versprach, recht emsig dabei zu seyn. Nach
vier sauern Stunden hatte sie wirklich so viel verdient,
daß sie für ihre Mutter ein wenig Wein kaufen konnte.
Obgleich sie von der ungewohnten Arbeit sehr ermüdet
war, so lief sie doch so schnell, als ob sie heute noch gar
nicht gearbeitet hätte. Unbeschreiblich groß war ihre
Freude darüber, daß sie durch ihre Hände Arbeit der
guten Mutter diese Erquickung hatte verschaffen können.
Die Mutter war so gerührt über Marien's kindliche
Liebe, daß sie Freudenthranen vergoß. Wenn doch alle
Kinder so gesinnet waren, wie die gute Marie!
20. Der ungegründete Verdacht.
E^em Kaufmann Müller waren seit einiger Zeit
verschiedene Flaschen mit Wein aus dem Keller gestohlen
worden, und er konnte nicht herausbringen, wer wohl
der Dieb seyn möchte. Eines Tages kam sein Sohn
Ferdinand ganz außer Athem zu Hause, und erzähl-
ie, nun wisse er ganz gewiß, wer die Flaschen aus dem.
Keller geholt hatte. Nun, wer denn? fragte der Va-
ter begierig. Kein anderer, sagte Ferdinand, als der
kleine Ewald, denn ich habe ihn eben mit zwei Fla-
schen sehr ängstlich ans dem Keller schleichen sehen.
Der kleine Ewald war in dem Hause des Herrn Müller
bisher viel aus-und eingegangen, und hatte, als ein
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms Wilhelms Ferdinand Ferdinand Ferdinand Ewald Ewald
zur Beförderung guter Gesinnungen rc. 73
durfte. Noch waren die Körner unversehrt, und zum
Kennen geschickt. Von einer schweren Sorge war nun
doch der arme bekümmerte Valentin frei. Freudig ver-
kündigte er seinen Fund dem Nachbar, der sogleich
bereit war, ihm die Saar unterzueggen. Jetzt begab
er sich auf seinen Acker, um die Saar auszustreuen.
Er that es unter Thränen, .denn wie traurig war noch
immer seine Lage! „ Was wird aus dir, aus deiner al-
len Mutter, deinen Brüdern und Schwestern werden,
dachte er bei sich selbst, wenn die Saat nicht gedeihen
sollte! Vielleicht wäre es besser, du dientest bei guten
Leuten, als das; du ein Ackergut besitzest, dessen Schul-
denlast dich zu Boden drückt!" Auf einmal wurde er
heiter, und faßte Muth, denn ihm fiel ein tröstlicher
Denkspruch ein, den er in seinen Knabenjahren gelernt
hatte. Dieser Spruch hieß: „die mit Thränen
säen, werden mit Freuden ernten," oder mit
andern Worten: wer mit Sorge und Kummer eine
Unternehmung anfangt, wird Freudenthranen weinen,
wenn sie gelingt. Valentin fühlte sich getröstet und
gestärkt, indem er dachte: auch meine Kummer-Thränen
können ja durch Gottes Güte in Freudenthranen ver-
wandelt werden, wenn die Ernte kommt; ich will das
Beste hoffen, und redlich thun, was ich kann. Täglich
dachte er an seinen Trostspruch, und nun wurde er
nicht wieder muthlos. Er hatte wirklich das Glück,
eine sehr reiche Ernte zu machen, und bald half er sich
wieder so weit, daß er ein Pferd anschaffen konnte.
Damit bearbeitete er-den kleinen Acker, welcher noch un-
verschuldet war, und im Winter that er damit Fuhren
für Lohn. Das eine Pferd brachte ihm so viel ein,
daß er bald ein zweites, und endlich noch ein drittes
anschaffen, eine Schuld nach der andern bezahlen, und
sich nach Verlauf einiger Jahre ganz von Schulden frei
machen konnte. Noch lebt der brave Valentin in einem
hohen Alter, und im Wohlstände, nnb nie spricht er
von seinen ehemaligen traurigen Schicksalen, ohne hin-
zu zu fügen: „die mit Thränen säen, werden mit Freu-
den ernten."
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zur Beförderung guter Gesinnungen rc. 79
Geschicklichkeit hatte, nicht nur sehr deutlich, sondern
auch in dem rechten Tone zu lesen. Aber er schämte
sich, und wollte anfangs durchaus nicht vortreten, ob
er gleich sonst seinem Lehrer sehr gehorsam war. Erft
nach vielem Zureden, und als der Lehrer ihm ernstlich
drohete, sagte er seine Erzählung her, aber er that es
mit niedergesenktem Kopfe, und sprach dabei so leise und
undeutlich, daß der Lehrer unmöglich mit ihm zufrieden
seyn konnte. Jetzt, da er seine Sache so schlecht gemacht
hatte, durfte er sich wohl schämen, aber zuvor auch?
42. Der unbesonnene Spaß.
^8enn Ferdinand Gespenster Geschichten hatte er-
zahlen hören, so konnte er oft die ganze Nacht nicht
einschlafen, denn er war unglaublich furchtsam, und
ob ihm gleich seine Eltern und Lehrer oft genug gesagt
hatten, daß es thöricht sey, sich vor Gespenstern zu
fürchten, so konnte er doch die Furcht davor nicht un-
terdrücken. Als er zu einem Schlösser - Meister in die
Lehre gekommen war, mußte er mit den beiden Söh-
nen seines Meisters auf einer Boden-Kammer schla-
fen. Diese Knaben hatten es dem treuherzigen Ferdi-
nand bald angemerkt, daß er sich vor Gespenstern
fürchte, und beschlossen, sich einmal mit ihm einen
Spaß zu machen. Der eine gab daher eines Abends
vor, daß er sehr müde Ware, und früh zu Bette gehen
wollte. Er hatte aber mit seinem Bruder verabredet,
daß er sich unter Ferdinands Bette legen, und wenn
dieser im Bette wäre, erst mir Ketten raffeln, dann
plötzlich hervorkommen, und in ein weißes Bert-Tuch
gehüllt an sein Bette treten wolle; der Bruder sollte
die Thür der Schlafkammer verschließen, damit Fer-
dinand nicht entwischen könne. Was meynt ihr zu die-
ser Verabredung? — Alles geschahe, wie es verabre-
det war, und der furchtsame Ferdinand wurde auch
wirklich durch das Rasseln der Ketten unter seinem
Bette so getäuscht, daß er in das größte Schrecken
gerieth, und in seinem Bette Angstschweiß schwitzte.
Er rief endlich um Hülfe, bekam aber keine Antwort.
Nun stieg seine Angst aufs höchste; er sprang ans dem
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Gespenster Ferdinand Ferdinands Ferdinand
9° Erzählungen
bringen, und sehen, ob wir ein Recht haben, sie zu
tödten. Hier stehen erstlich zwei Körbe voll Karpfen.
Haben sie uns Schaden gethan?
Alle. Nein!
Vater. Nüht es uns, wenn wir sie tödten?
V e r n h a r d. Ich denke: ja ! Wir können sie essen,
und ih r Fleisch schmeckt gut.
Vater. So ist es ja wohl auch mit den Schleien,
den Schmerlen und den Krebsen? Mögt ihr sie wohl
essen?
Lotte. Versuch es nur, Mutter, und siede wel-
che; du sollst sehen, daß sie uns recht gut schmecken
werden.
Vater. Nun, so sollen sie alle sterben! Weil wir
sie aber doch nicht alle auf einmal essen können, so sorgt
dafür, Christoph! daß sie in den Kasten, den ich für
die Fische und Krebse habe, gethan werden. Die Mut-
ier wird schon darauf sehen, daß sie nicht Noth leiden,
und täglich ihr Futter haben. Nun kömmt die Reihe
an die Herren Frösche. Haben sie uns Schaden ge-
than?
Alle. Nein! Nein!
V a t e v. Nüht es uns, wenn wir sie tödten? Soll
sie euch die Mutter vielleicht braten?
Männchen. Fi! ich mag keinen Frosch essen.
Willst du, Lotte?
Lotte. Ich will andern die Frösche lassen. Ich lo-
be mir dafür die Krebse.
Vater. Nun, so mögen denn die Frösche leben!
Eben so sprach man auch die Larven und die Kaser
frei vom Tode. Herr Herbst nahm dann von jeder Art
dieser Thiere eins, zeigte es den Kindern, und sagte ih-
nen, wie es lebe, sich nähre, und was es nütze.
Da dieß vorbei war, sprach der Vater: nun Kin-
der, weil uns denn alle diese Thiere durch ihr Leben
nicht schaden, und durch ihren Tod nicht nützen: so
gebt ihnen die Freiheit!
Ja! ja! riefen alle, das wollen wir thun!
Nun gieng es wieder nach dem Teiche zu, und alle
Töpfe, in welchen drese Thiere waren, trugen sie da-
hin, und leerten sie aus. Das war ein Spaß über
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t}8 Erzählungen
chen konnte. Dennoch nöthigte er mich, aus dem Wege
z« fahren, indem er auf den Beistand seiner Gefährten
trotzte. Hätte ich ihn heute, da er allein war, nicht in
großer Noth angetroffen, er hätte es entgelten sollen!
Ab-er vielleicht wäre den ganzen Tag kein Fuhrmann die
Straße gekommen, der ihm hätte helfen können, und
das unschuldige Vieh jammerte mich! — Wie gefällt
euch die Denkungsart des Kutschers?
49. Traurige Folgen der Wildheit.
Ferdinand, der Sohn einer armen Wittwe, war
von seiner frühesten Zugend an ein wilder, ungehorsa-
mer und leichtsinniger Knabe. Sein Vater harte ihn
strenge gehalteir, starb aber, als er erst Z Jahr alt war,
und die Mutter war zu weichherzig, als daß sie sich hätte
entschließen können, den wilden Ferdinand zu züchti-
gen, wenn er ungehorsam gewesen war; sie wollte ihn
so gern blos durch liebreiche Ermahnungen und War-
nungen ziehen. Aber darauf achtete der Wildfang nicht.
Oft bat sie chn sehr rührend, er möchte doch nicht mehr
so gefährliche Sprünge machen, und sein Leben nicht
durch Klettern in Gefahr sehen; aber kaum war er ihr
aus den Augen, so sprang und kletterte er, wie zuvor,
und oft kam er dann so erhitzt nach Hause, daß die gute
Mutter über ihn erschrack. So viel sie ihn auch warnte,
daß er doch ja nicht kaltes Wasser trinken möchte, wenn
er erhitzt wäre, so ließ sich der Knabe doch nicht abhal-
ten, seinen Durst auch dann zu befriedigen, wenn er
von Schweiß triefte. Aber was geschahe? An einem
schwülen Tage kam er, äußerst erhitzt, nach Hause, und
klagte über Seitenschmerz und Uebelkeit. Die geäng-
stete Mutter suchte vergebene, ihm Linderung zu ver-
schaffen, und da seine Klagen immer stärker wurden,
so holte sic endlich einen Arzt herbei. Äls dieser Fer-
dinanden genau befragt, und seinen Körper untersucht
harre, fand cs sich, daß er sich durch heftiges Sprin-
gen einen gefährlichen Bruch zugezogen hatte. Zhr
könnt denken, lieben Kinder, welch einen Schreck die
arme Mutter hierüber hatte, und sie würde außerdem
noch durch die Unkosten gelitten haben, welche ihr diese
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Fuhrmann Ferdinand Ferdinand
10
tue Berge umhüllt, so erschallt das Horn von Neuem mit einem
trauliche»! „gute Nacht!" und in Frieden ziehen sich nun die Hirten
in ihre einsamen Wohnungen zurück, um auszuruhen von den Mühen
des Tages.
29. Wolf, Ziege und Kohl.
Ein Mann sollte in einem Kahn einen Wolf, eine Ziege und
einen Haufen Kohl über einen Fluß bringen. Der Kahn war aber
so klein und enge, daß er nur immer einen von diesen Gegenständen
aufnehmen.konnte. Es entstand nun die Frage, welchen der Mann
zuerst überschiffen sollte, ohne fürchten zu müssen, daß während der
Ueberfahrt der Wolf die Ziege, oder die Ziege den Kohl fresse.
Je nun, versetzte Hermann, ich hätte zuerst deu Wolf übergesetzt.
Der Vater. Aber darin hätte ja unterdeß die Ziege den
Kohl aufgefressen.
Bertha. Nein, ich würde zuerst die Ziege übersetzen, denn
der Wolf kann ja doch den Kohl nicht fressen.
Der Vater. Recht gut! Das würde das erste Mal wohl
gehen; aber was soll er nun zur zweiten Ueberfahrt nehmen? Den
Wolf? — so würde dieser während der dritten Ueberfahrt die Ziege
zerreißen. Den Kohl? dann würde dieser eine Beute der Ziege.
Bertha. Ja, da weiß ich wirklich den» armer» Manne keinen
Rath zu geben.
Hermann. Ich eben so wenig, denn wollte er auch zuerst
den Kohl einschiffen, so würde die arme Ziege von dem grausamem
Wolfe zerrissen werden. — Ist denn aber der Kahn wirklich so
schrnal und klein, daß er den Wolf und den Kohl nicht zugleich auf-
nehmen sonnte ?
Der Vater. Wenn dieß anging, so wäre in der That Alles
gerettet. Aber du hast gehört, daß dieß nicht geschehen kann.
Hermann. Nun, da kann ich weder rathen, noch helfen.
Da muß der Mann eins von den Sachen verlieren.
Bertha. Ich ließ die Ziege immer Etwas an dem Kohl
naschen. In der kurzen Zeit wird sie doch so viel nicht fressen. Wenn
ich dann den Wolf zuerst übergesetzt hätte, so holte ich den Kohl und
zuletzt die Ziege.
Der Vater. Das könnte dem armen Manne aber doch Ver-
druß zuziehen, wenn er seinem Herrn den angenagten Kohl über-
brächte.
Hermann. Ei Vater, nun weiß ich, wie ers machen muß.
Unterdeß er den Wolf übersetzt, muß er die Ziege anbinden, daß
sie den Kohl nicht erreichen kann.
Der Vater. Dein Vorschlag ist nicht übel! Aber es fehlt
sowohl an einem Stricke, als auch an einem Baume.
Hermann. Schlimm, daß auch Alles so unglücklich zusam-
mentreffen muß.
Bertha. Kounte aber airch der Mann nicht vorher daran
denken ur»d sich mit einem Knüppel und Strick versehen.
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Extrahierte Personennamen: Hermann Wolf Bertha Bertha Hermann Wolf Hermann Bertha Wolf Hermann Hermann Bertha