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Ehe aber noch dieser Krieg recht zum Ausbruche kam, liess die Königin Mutter, die bei dem wirren Spiel der Parteien ihren Einfluss zu verlieren fürchtete, mit den Empörern einen schmählichen Frieden (zu Chastenoy) schliessen, worin den Hugenotten volle Glaubensfreiheit, Zutritt zu allen Aemtern, gemischte halb aus Katholiken und Reformirten bestehende Kammern (chambres miparties) und 8 Festungen als Sicherheitsplätze bewilligt wurden. Der Empörer Franz von Alengon erhielt sogar Anjou und Berry. Da mit diesen übermässigen Zugeständnissen das Parlament und die Katholiken sehr unzufrieden waren, so stiftete Heinrich von Guise, welcher nach der Ermordung seines Vaters das ehrgeizige Streben seines Hauses weiter verfolgte, die heilige Ligue zur Vertretung der katholischen Sache. Wenngleich die Guisen dabei eigensüchtige Zwecke im Auge hatten, so beruhte doch dieser Bund grösstenteils auf der Gleichheit religiöser Ueberzeugungen. Die Regierung beendete nun zwar den Krieg der h. Ligue, indem sie die zu Gunsten der Hugenotten gemachten Zugeständnisse (im Frieden zu Bergerac 1577) beschränkte; aber nichtsdestoweniger strebte jetzt Heinrich von Guise, als der inuthmassliche Thronerbe Franz von Alengon gestorben war, offen nach der Krone. Mit Zustimmung Philipps Ii. von Spanien schloss er einen Vertrag mit dem bejahrten Kardinal Karl von Bourbon, wonach diesem die Thronfolge zugesagt wurde, um nach dessen Tode selbst die Hand nach der Krone auszustrecken. Eine mächtige Unterstützung für seinen Plan fand er an der Ligue der Sechszehner (la ligue des seize), welche sich aus den eifrigsten Anhängern der heiligen Ligue in Paris gebildet und sich nach den 16 Quartieren der Stadt benannt hatten. Nun entbrannte der Kampf der Ligue und der Sechszehner unter Heinrich von Guise gegen den Hugenotten Heinrich von Navarra und den König Heinrich Iii. In diesem „Kriege der drei Heinriche“ vernichtete Guise ein deutsches, die Hugenotten unterstützendes Heer und zog, auf den Beistand der Sechszehner vertrauend, gegen Paris. Der König versammelte seine Schweizergarden in der Hauptstadt, aber das Volk bauete Barrikaden in den Strassen und zwang die Garde das Gewehr zu strecken. Der König musste an dem
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a. Die Pulververschwörung. Bei seinem Regierungsantritt hatte er den Katholiken insgeheim Duldung verheissen, aber bald trieb er, um das nöthige Geld zu seiner verschwenderischen Hofhaltung zu erlangen, eine bedeutende Kopfsteuer von den Recusanten oder Verweigerern des Suprematseides ein. Diese Härte veranlasste eine Verschwörung mehrerer Katholiken, um den König während der Parlamentssitzung in die Luft zu sprengen. Aber die Verschwörung wurde entdeckt und die Theilnehmer büssten ihr Unterfangen mit dem Tode.
b. Beginnender Widerstand des Parlaments. Obwohl der König bei seiner beständigen Geldnoth, der er vergebens durch Einrichtung des käuflichen Baronetsadels abzuhelfen suchte, zu einer öfteren Berufung des Parlaments gezwungen war, so sprach er dennoch das Recht Abgaben aufzulegen und die Leitung der Staatsangelegenheiten lediglich der Krone zu. Als das Parlament hiergegen das Recht der Gesetzgebung und der Berathung bei schwierigen Staatsangelegenheiten als das Geburtsrecht jedes Engländers in Anspruch nahm, schickte er die kühnsten Sprecher zur Haft in den Tower. Ihm folgte sein Sohn
2. Karl L, 1625—1649. Er war ein Gegenstück seines Vaters, begabt, von königlichem Aeussern und tadellosem Privatleben ; aber seinem Vater gleich in dem Ansprüche auf eine völlig unumschränkte Regierung.
a. Streitigkeiten mit dem Parlament. Da ihm seine Heirath mit der katholischen Prinzessin Henriette von Frankreich und die gelindere Behandlung der Recusanten in den Verdacht der Hinneigung zum Katholicismus brachten, so bewilligte das argwöhnische Parlament das Pfund- und Tonnengeld, einen seit langer Zeit bestehenden Waarenzoll, gegen den früheren Brauch nicht für die ganze Regierungszeit. Die Missstimmung steigerte sich, als ein Krieg gegen Spanien, sowie die Unterstützung der in La Rochelle belagerten französischen Hugenotten einen unglücklichen Ausgang nahm. Der König hatte sich in diese Kriegsunternehmungen insbesondere auf den Rath des Herzogs von Buckingham eingelassen. Daher wandte sich gegen diesen der ganze Hass des Volkes. Um ihn vor der Anklage zu retten, musste der König die vom Parlament
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1. 1648—1740. Die Zeit des französischen Ueber-gewichts. Frankreich wird durch Ludwig Xiv. die vorherrschende Macht nicht bloss in politischer Hinsicht, sondern auch in allen Theilen des bürgerlichen und literarischen Lebens. An die Stelle Schwedens tritt Russland als Grossmacht ein.
2. 1740—1789. Die Zeit Friedrichs des Grossen bis zur französischen Revolution. Friedrich d. G. führt Preussen in die Reihe der Grossmächte ein, deren Zahl sich jetzt auf fünf: Frankreich, Oesterreich, Russland, Preussen und das zur See mächtige England beschränkt.
Erster Abschnitt.
Die Zeit des französischen Uebergewichts, 1648—1740.
Frankreich unter Ludwig Xiv., 1643—1715. *)
§.24. I. Vormundschaftliche Regierung, 1643 —1661. Da Ludwig Xiv. beim Tode seines Vaters erst fünf Jahre alt war, so wurde aus der Königin Anna und einigen Prinzen des königlichen Hauses eine vormundschaftliche Regierung bestellt, während ein Staatsrath, an dessen Spitze der von Richelieu empfohlene Italiener Mazarin stand, die wichtigsten Staatsgeschäfte besorgte. Mazarin besass zwar Ge-schäftskenntniss und Staatsklugheit, aber da er sich nicht durch Vaterlandsliebe, sondern durch Ehrgeiz und Habsucht leiten liess, so fehlte ihm Richelieus moralisches Ansehn. Indem er die Politik seines grossen Vorgängers gegen das Haus Habsburg fortsetzte, suchte er den Krieg in Deutschland zu verlängern und gewann endlich im Westfälischen Frieden für Frankreich wichtige Erfolge. Indess blieben die Nachtheile einer stellvertretenden Regierung nicht aus. Die ehrgeizigen Bestrebungen des Adels, welcher dem verhassten Italiener seinen Einfluss auf die Regierung missgönnte, und der Anspruch des Parlaments oder des obersten Gerichtshofes von Paris auf das Recht der Steuerbewilligung erregten bald Misstimmung. Als die Regierung einige freisinnige Sprecher des Parlaments verhaften liess, erhob dieses, von einem Theile des Adels unter-
*) Ranke, Französische Gesch. des 16. und 17. Jahrhunderts. E. A. Schmidt, Gesch. von Frankreich.
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Russland Frankreich Oesterreich Russland Preussen England Frankreich Haus_Habsburg Deutschland Westfälischen Frankreich Paris Frankreich
im westfälischen Frieden ausdrücklich bestimmt war, dass die Reichsstädte in den abgetretenen Landschaften im Verbände des deutschen Reiches bleiben sollten, so wurde doch das wichtige Strassburg, die Grenzwehr Deutschlands und eine alte Ruhmesstätte deutscher Kunst und deutscher Bildung, durch Bestechung des Stadtrathes und Mitwirkung des französisch gesinnten Bischofs Franz Egon von Fürstenberg mitten im Frieden durch einen Handstreich genommen. Um nun von Seiten des Kaisers bei diesen Vergrösserungsplänen ungestört zu sein, verwickelte er diesen in einen Krieg mit den Ungarn und Türken.
2. Die Türkenkriege und das Ende der Reunionen. Der Sultan Mahmud Iv., welcher Siebenbürgen in eine türkische Provinz zu verwandeln wünschte, hatte schon 1663, als die Siebenbürgen sich gegen seinen Willen einen einheimischen Fürsten wählten, welcher sich im Anschluss an Oesterreich zu behaupten suchte, einen Krieg gegen den Kaiser begonnen. In diesem ersten Türkenkriege (1663—1664) gewann zwar der kaiserliche Feldherr Montecuculi, von Reichstruppen und einem französischen Heere unterstützt, durch seinen Sieg bei St. Gotthard glänzende Erfolge, aber in dein Frieden (zu Vasvar 1664) genehmigte der Kaiser doch die Einsetzung eines vom Sultan empfohlenen Fürsten in Siebenbürgen. — In Ungarn entstand über diesen ungünstigen Frieden eine Missstimmung. Mehrere ungarische Magnaten benutzten die allgemeine Unzufriedenheit, um den Plan des Kaisers, die ungarische Krone erblich zu machen, zu durchkreuzen und traten sogar mit Ludwig Xiv. in Verbindung. Der Kaiser entdeckte zwar diese verräthe-rische Verbindung und strafte die Uebelthäter; aber die Strenge, womit er in Ungarn schaltete, veranlasste jetzt auch die dortigen Protestanten eine vollständige Glaubensfreiheit zu verlangen und sich mit dem unzufriedenen Adel zu verbinden. Die Aufständischen erhoben sich unter dem Grafen Emmerich Töcköly, welcher sich mit Hülfe Frankreichs zum Herrn von Ungarn machte, und ' das Land vom Sultan zu Lehen nahm. Auf diese Weise in die deutschen Verhältnisse verwickelt und von Ludwig Xiv. angetrieben liess der Sultan ein Heer von 200,000 Mann unter seinem Gross-
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dere der bischöflichen Aufsicht entzogene Priesterseminarien, beschränkte den freien Verkehr der Bischöfe mit Rom und gab den päpstlichen Bullen nur, wenn sie die landesherrliche Genehmigung erhielten, in seinem Reiche Gültigkeit. Obwohl der milde Papst Pius Vi. sich selbst zu einer Reise nach Wien verstand, so beharrte doch der Kaiser auf seinen kirchlichen Neuerungen.
b) Im bürgerlichen Leben. Begeistert von der Philosophie der französischen Freidenker, welche die Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte besonders betonte, schaffte er die Leibeigenschaft ab, hob die Todesstrafe bei den gerichtlichen Erkenntnissen auf, beseitigte die Censur und führte eine, freilich einseitig gehandhabte Pressfreiheit ein.
c) In der auswärtigen Politik und in der Staatsverwaltung. Den Grundsätzen jener Zeit folgend strebte er besonders dahin, seinen Staat durch neue Erwerbungen zu vergrößern und abzurunden. Diesem Bestreben stellte sich Friedrich der Grosse in dem bäuerischen Erbfolgekriege und in der Einrichtung des Fürstenbundes entgegen (vgl. §. 46, 2). Durch straffe Centralisation suchte der Kaiser in seinem vielgegliederten Reiche eine möglichst grosse Gleichförmigkeit herzustellen. Daher führte er in Ungarn eine neue Bezirkseintheilung ein und verbot den Gebrauch der ungarischen Sprache bei allen amtlichen Handlungen. Aber manche seiner Verordnungen musste er bald nach ihrem Erlasse zurücknehmen. Als er auch in den österreichischen Niederlanden durch eine neue Provinzenein-theilung sowie durch Aenderungen in der Gerichtsbarkeit die alten Rechte des Landes vielfach antastete, entstand eine Gährung unter dem Volke, welche sich zu offenem Widerstande steigerte, 11. Jan. 1790, als sich die Regierung auch auf dem kirchlichen Gebiete Uebergriffe erlaubte.*) Der Kaiser hob nun die Verfassung von Brabant und Hennegau auf. Die Folge dieser vorschnellen Massregel war ein Aufstand des vereinigten Belgiens. Erst Josephs Nachfolger Leopold Ii., 1790—1792, legte den Aufruhr durch Nachgiebigkeit und Einstellung der kirchlichen Neuerungen bei.
*) 0. Lorenz, Joseph Ii. und die belg. Revolution, 1862.
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zum allmächtigen Minister emporzuschwingen. In dieser Stellung suchte er die neuen Ideen der Volksbeglückung durchzuführen. Er gewährte Pressfreiheit, führte eine strenge Verwaltung im Staatshaushalte ein, beschränkte die grossen Gehälter der hohen Beamten, verminderte die bäuerlichen Lasten und gestattete auch den Bürgerlichen Zutritt zu allen Staatsämtern. Weil er aber, selbst ein Deutscher, bei der Beförderung zu den hohem Aemtern die Deutschen zu sehr begünstigte, verlor er die Zuneigung des Volkes. Der Adel, durch diese Neuerungen in seiner bevorrechteten Stellung bedroht, stiftete, indem er sich auf die Missstimmung im Heere stützte, eine Verschwörung gegen ihn. Struensee wurde verhaftet und legte im Gefängnisse ein Geständniss ab, welches seine Verurtheilung zur Folge hatte. Er starb mit seinem Freunde Brandt auf dem Blutgerüste, 1772.
5. Schweden. Unter dem ersten Könige aus dem Hause Holstein Gottorp (Adolf Friedrich) litt das Land durch das Parteigetriebe des Adels, dessen einer Theil, die Mützen genannt, von Russland begünstigt, eine Schwächung der Königsmacht anstrebte, während die Hüte unter dem Einflüsse Frankreichs die königliche Macht zu verstärken suchten. Diesen Schwankungen setzte sein Sohn und Nachfolger Gustav Iii. (1771 — 1792) ein Ziel, indem er mit Zustimmung und Beihülfe des Heeres die Adelsherrschaft stürzte, dem Reichsrathe das Entscheidungsrecht in den wichtigsten Staatsangelegenheiten entriss und den König nur bei einem Angriffskriege an die Zustimmung des Reichsraths band. Nachdem er so die königliche Macht verstärkt, führte er eine bessere Ordnung des Gerichtswesens ein, gründete eine Academie zur Hebung der Wissenschaften und förderte den Handel durch Anlage von Land- und Wasserstrassen. Um die im Frieden zu Nystädt an Russland verlorenen Gebiete wieder zu erobern begann er auf ein mit der Türkei (1773) abgeschlossenes Bündniss gestützt einen Krieg mit Russland. Indess ein Theil des Heeres weigerte den Gehorsam, weil der Krieg ohne Bewilligung des Reichstags geführt werde. Der König setzte nun zwar auf einem Reichstage mit Zustimmung des Bürger- und Bauernstandes trotz des heftigsten Widerstandes des Adels das Recht durch
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man sie doch durch Parlamentsbeschlüsse zur Zahlung einer Abgabe zu zwingen. Das Ministerium Greenville erliess daher die Stempelbill (März 1765). Aber gegen die Einführung des Stempelpapiers vereinigte sich eine Ständeversammlung der 13 Provinzen in New - York zu einem gemeinsamen Congress. Die Stempelacte wurde, besonders auf das Anrathen des alten William Pitt, von dem Ministerium (Rockingham) zurückgenommen. Indess das neue Ministerium (Grafton) legte jetzt einen Einfuhrzoll auf Glas, Papier und Malerfarben. Da einigten sich die amerikanischen Colonien, welche dem Mutterlande das Recht ihren Handel durch Abgaben zu beschränken, bestritten, allgemein dahin, keine Waaren fortan aus England zu beziehen. Daher ermässigte das Ministerium des Lord North durch die Theeacte (1773) den Zoll auf die Einfuhr des Thees. Aber auch diese Ermässigung erschien den freiheitsliebenden Colonien als eine willkürliche Verkürzung ihrer Rechte. Im Hafen von Boston versenkte das ergrimmte Volk drei mit Thee beladene Schiffe. Die englische Regierung liess nun zwar durch ihre Beamten in Massachusets den Hafen von Boston sperren, aber ein nach Philadelphia berufener Congress sämmtlicher 13 Staaten beschloss jetzt den Handel mit England ganz abzubrechen und zum Kriege zu rüsten. Während England sich durch Anwerbungen in Deutschland namentlich in Hannover, Braunschweig und Hessen verstärkte, richtete der ebenso edle, als umsichtige und tapfere amerikanische Oberfeldherr Washington, von einem dritten Congress mit der Führung des Krieges betraut, eine Art Landwehr ein, welche freilich anfangs nur 15,000 Mann stark war und an dem Nöthigsten Mangel litt.
Georg Washington stammte aus einer altenglischen nach Amerika ausgewanderten Adelsfamilie und war 1732 zu Bridges Creek in Virginien geboren. In dem siebenjährigen Kriege zwischen England und Frankreich zeichnete er sich zuerst durch sein militairisches Geschick aus und trug zum Siege der englischen Waffen nicht wenig bei. Nach Beendigung des Krieges zog er sich auf sein Landgut Mount Vernon zurück, bis ihn die Stimme des Volkes in den Congress zu Philadelphia und bald darauf an die Spitze des Heeres berief. Die Virginische Land' miliz rüstete er auf eigene Kosten aus; sein Feldherrnamt bekleidete er ohne Gehalt.
Zwar gelang es den Engländern Washington über den
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1. Die gedrückte Lage der ärmeren Volksklassen. Der ländliche Besitz war grösstenteils in der Hand des Adels und der Geistlichkeit. Da der Adel seine grossen Güter nicht selbst bewirthschaftete, so hatte er das Land zu kleinen Theilen an Meier ausgethan, welche die Hälfte des Reinertrages an Pacht zahlten und den grössten Theil der auf das Gut fallenden Steuerlast zu tragen hatten. Der Gutsherr, welcher die längste Zeit des Jahres hindurch in den Genüssen der Hauptstadt lebte, wurde seinen Bauern ganz entfremdet. Da der Adel, von der neuen Aufklärung angesteckt, seinen sittlichen Halt verloren hatte, so büsste er auch seine frühere Achtung ein. Nur in einzelnen Landschaften, besonders in der Vendee, bestand noch das alte patriarchalische Verhältnis zwischen dem Gutsherrn und seinen Bauern. Dabei ruhte die Steuerlast fast ganz auf der ländlichen Bevölkerung, indem der hohe Adel keine Grundsteuer, sondern nur den zwanzigsten des Einkommens zahlte. Die Gewerbtreibenden in den Städten litten unter dem Druck des Zunftzwanges und der immer steigenden Zahl der Monopole.
2. Die Unterdrückung der ständischen Freiheiten durch die Regierung. Dem Parlamente von Paris war der frühere Antheil an der Gesetzgebung durch Ludwig Xiv. entzogen; die richterliche Befugniss wurde den Parlamenten durch Ludwig Xv. entrissen. Die Auflösung dieser zum. grossen Theile aus dem früheren Bürgerstande zusammengesetzten Körperschaften liess den Rechtszustand des Staates als schwankend erscheinen.
3. Die gegen die bestehenden Zustände im Staat und in der Kirche vielfach ankämpfenden Schriften Voltaires, Rous-seaus, Montesquieus und der Encyclopädisten.
4. Die Unordnung im Heerwesen und in der Verwaltung der Staatsgelder. Seit den letzten Regierungsjahren Ludwigs Xiv. hatte Frankreich seinen alten Kriegsruhm und seine
(bis 1792). 3. Aufl. 1853. v. Sy bei, Gesch. der Revolutionszeit von 1789—1795. 1—3. Bd. 3. Aufl. 1865. Ed. Arnd, Gesch. der franz.
Revolution. 6 Bde. 1870. Häusser, Gesch. der franz. Revolution Herausgeg. v. Oncken. 1867. Wachsmuth, Gesch. Frankreichs im Revolutionszeitalter (bis 1830). 4 Bde. In Heeren u. Uckerts Sammlung. 1840.
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Leiter der Bewegung an sich, um im Bunde mit den konstitutionellen das Aufkommen der Demokraten zu verhindern. Selbst der Bundestag zu Frankfurt genehmigte das Zusammentreten mehrerer patriotischer Männer zur Vorberathung über ein gemeinsames deutsches Parlament. Aber es fehlte in diesem Vorparlament von vorn herein an der nöthigen Einheit der Bestrebungen. Die republikanische Partei, welche besonders im Badischen sehr verbreitet war, suchte ihre Ziele, für die sie im Vorparlament keinen Anklang fand, durch Gewalt zu erreichen. Der General Friedrich von Gagern, den der Bund gegen die Aufrührer sandte, wurde von Heckers wilden Schaaren während der Unterhandlung erschossen. Indess wurde der Aufstand bald unterdrückt und die Führer Hecker und Herwegh zur Flucht gezwungen. Am 18. Mai 1848 versammelten sich dann 330 Abgeordnete des deutschen Volks als erstes deutsches Parlament im Römer zu Frankfurt. Unter dem Vorsitze Heinrichs von Gagern berieth die Versammlung über die „Grundrechte der deutschen Nation“ und wählte den Erzherzog Johann von Oesterreich zum Reichs Verweser, welcher bis zur Wahl eines deutschen Kaisers an der Spitze des Reiches stehen sollte. Da aber die Nationalversammlung ohne alle Verbindung mit den deutschen Fürsten handelte, so fehlte es ihr an eint r Macht, um ihren Beschlüssen Geltung zu verschaffen.
2. Die Aufstände in Preussen und in Oesterreich. a) Preussen. Hier hatte sich der Wunsch nach einer allgemeinen Volksvertretung schon seit dem Regierungsantritte Friedrich Wilhelms Iv. so lebhaft geäussert, dass der König durch Patent vom 3. Februar 1847 einen Ausschuss der Provinziallandtage unter dem Namen des vereinigten Landtages nach Berlin berief. Da sich indess die liberale Partei durch eine solche Ständevertretung nicht befriedigt fühlte, so verhiess der König am 17. März 1848 eine constitutioneile Verfassung. Schon zum 2. April sollte der (dritte und letzte) vereinigte Landtag zur Berathung dieser Angelegenheit berufen werden. Mit diesem Zugeständnisse nicht zufrieden, verlangte die demokratische Partei Bewaffnung der Bürgerschaft. Bei dem Gedränge der aufgeregten Massen, welche
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Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt Frankfurt Preussen Oesterreich Preussen Berlin
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weise und seine Lossagung von allem Uebersinnlichen und Christlichen entfremdeten ihm die Gemüther Vieler. Sein ehrgeiziger Plan ganz Europa unter seinen Scepter zu bringen misslang, als die bedrohten Herrscher sich gegen ihn vereinigten und in den unterdrückten Völkern das nationale Bewusstsein erwachte. Wenngleich er in seiner trostlosen Verbannung auf St. Helena sein Herz dem milden Einflüsse der Religion öffnete, so scheint er doch die sittlichen Fehler seiner Politik weniger erkannt, als gebüsst zu haben.
In der Ueberzeugung, dass der Sturz des einst so gewaltigen Weltbeherrschers seiner Nichtachtung der allgemeinen menschlichen und göttlichen Rechte beizumessen sei, schlossen der Kaiser Alexander von Russland, Kaiser Franz I. von Oesterreich und König Friedrich Wilhelm Iii. von Preussen zu Paris am 16. Septbr. 1815 die heilige Allianz, indem sie sich gegenseitig Beistand gelobten, wenn der Friede und das Recht gegen sie verletzt würde, und die Vorschriften der christlichen Religion zur Richtschnur ihrer gemeinsamen Politik erklärten. Fast alle Mächte Europas traten diesem Bunde bei. England nahm die Grundsätze desselben an ohne seinen förmlichen Beitritt zu erklären; der Papst und die Türkei wurden zur Theilnahme nicht aufgefordert.
Zweiter Abschnitt.
Die neueste Zeit vom Wiener Congress bis auf die Gegenwart.
§.67. Da die Fürsten Europas die Gewaltherrschaft Napoleons, der sie sich nur mit der grössten gemeinsamen Anstrengung erwehrt hatten, als eine unmittelbare Folge der französischen Revolution auffassten, so ging das Bestreben der Regierenden jetzt naturgemäss dahin, durch eine Verstärkung der Staatsgewalt jeder revolutionären Bewegung, vorzubauen. Dagegen machte sich bei den Völkern immer mehr das Verlangen nach Theilnahme an der Gesetzgebung und Regierung geltend. Dieses Verlangen fand nach der französischen Februarrevolution (1848) in den meisten europäischen Staaten durch die Einführung constitutioneller Verfassungem seine Befriedigung. Nachdem durch die Erhebung Napoleons Iii. auf den französischen Thron die Grundlage der Wiener Verträge mächtig erschüttert war, erlitt auch die bisherige Cabinets-
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